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Verordnung (EU) 2014/806

Verordnung (EU) 2014/806

Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010

  • TEIL II: BESONDERE BESTIMMUNGEN
    • TITEL I: FUNKTIONEN INNERHALB DES EINHEITLICHEN ABWICKLUNGSMECHANISMUS UND VERFAHRENSVORSCHRIFTEN
      • KAPITEL 6: Sanktionen

Art. 38 Geldbußen

(1) 

Stellt der Ausschuss fest, dass ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 vorsätzlich oder fahrlässig einen der in Absatz 2 aufgeführten Verstöße begangen hat, so fasst er im Sinne des Absatzes 3 einen Beschluss über die Verhängung einer Geldbuße.

Ein Verstoß eines dieser Unternehmen gilt als vorsätzlich begangen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Unternehmen oder sein Leitungsorgan oder seine Geschäftsleitung den Verstoß absichtlich begangen hat.

(2) Gegen Unternehmen im Sinne des Artikels 2 werden bei folgenden Verstößen Geldbußen verhängt:

a)
wenn sie die gemäß Artikel 34 angeforderten Informationen nicht vorlegen,
b)
wenn sie sich einer allgemeinen Untersuchung gemäß Artikel 24 oder einer Prüfung vor Ort gemäß Artikel 36 nicht unterziehen,
c)
wenn sie einen gemäß Artikel 29 an sie gerichteten Beschluss des Ausschusses nicht einhalten.

(3) 

Der Grundbetrag der Geldbußen nach Absatz 1 dieses Artikels wird als Prozentsatz des jährlichen Gesamtnettoumsatzes, einschließlich des Bruttoeinkommens aus Zinserträgen und ähnlichen Erträgen, Erträgen aus Aktien und anderen nicht festverzinslichen oder festverzinslichen Wertpapieren sowie Erträgen aus Provisionen und Gebühren im Sinne des Artikels 316 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, den das Unternehmen im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielt hat, bzw. in Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, in entsprechender Höhe in Landeswährung am 19. August 2014 innerhalb folgender Grenzwerte veranschlagt:

a)
Bei Verstößen im Sinne von Absatz 2 Buchstaben a und b beläuft sich der Grundbetrag auf mindestens 0,05 % und darf 0,15 % nicht übersteigen.
b)
Bei Verstößen im Sinne von Absatz 2 Buchstabe c beläuft sich der Grundbetrag auf mindestens 0,25 % und darf 0,5 % nicht übersteigen.

³Wenn der Ausschuss festlegt, ob der Grundbetrag einer Geldbuße an den in Unterabsatz 1 genannten Untergrenzen, in der Mitte oder an den dort genannten Obergrenzen liegen sollte, berücksichtigt er den Jahresumsatz des betroffenen Unternehmens im vorangegangenen Geschäftsjahr. Der Grundbetrag liegt für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 1 000 000 000 EUR an den Untergrenzen, mit einem Jahresumsatz zwischen 1 000 000 000 und 5 000 000 000 EUR in der Mitte und mit einem Jahresumsatz von mehr als 5 000 000 000 EUR an den Obergrenzen.

(4) 

Die in Absatz 3 genannten Grundbeträge werden erforderlichenfalls unter Berücksichtigung der erschwerenden Umstände gemäß Absatz 5 oder der mildernden Umstände gemäß Absatz 6 durch Anwendung der relevanten Koeffizienten gemäß Absatz 9 angepasst.

²Jeder relevante mildernde Koeffizient wird einzeln auf den Grundbetrag angewendet. ³Ist mehr als ein mildernder Koeffizient anzuwenden, wird die Differenz zwischen dem Grundbetrag und dem Betrag, der sich aus der Anwendung jedes einzelnen mildernden Koeffizienten ergibt, vom Grundbetrag abgezogen.

Jeder relevante erschwerende Koeffizient wird einzeln auf den Grundbetrag angewendet. Ist mehr als ein erschwerender Koeffizient anzuwenden, wird die Differenz zwischen dem Grundbetrag und dem Betrag, der sich aus der Anwendung jedes einzelnen erschwerenden Koeffizienten ergibt, zum Grundbetrag hinzugerechnet.

(5) In Bezug auf die Geldbußen gemäß Absatz 1 gelten als erschwerende Umstände:

a)
Der Verstoß wurde vorsätzlich begangen.
b)
Der Verstoß wurde wiederholt begangen.
c)
Der Verstoß wurde während eines Zeitraums von mehr als drei Monaten begangen.
d)
Durch den Verstoß sind systemimmanente Schwachstellen in der Organisation des Unternehmens, insbesondere in seinen Verfahren, Verwaltungssystemen oder internen Kontrollen, erkennbar geworden.
e)
Seit der Feststellung des Verstoßes wurden keine Abhilfemaßnahmen getroffen.
f)
Die Geschäftsleitung des Unternehmens hat nicht mit dem Ausschuss bei der Durchführung von dessen Ermittlungen zusammengearbeitet.

(6) In Bezug auf die Geldbußen gemäß Absatz 1 gelten als mildernde Umstände:

a)
Der Verstoß wurde während eines Zeitraums von weniger als zehn Arbeitstagen begangen.
b)
Die Geschäftsleitung des Unternehmens kann nachweisen, dass sie alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung des Verstoßes ergriffen hat.
c)
Das Unternehmen hat den Ausschuss zügig, wirkungsvoll und umfassend von dem Verstoß in Kenntnis gesetzt.
d)
Das Unternehmen hat freiwillig Maßnahmen getroffen, damit ein ähnlicher Verstoß künftig nicht mehr begangen werden kann.

(7) 

Ungeachtet der Absätze 2 bis 6 dürfen die auferlegten Geldbußen 1 % des im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielten Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens im Sinne von Absatz 1 nicht übersteigen.

Abweichend von Unterabsatz 1 beläuft sich die Geldbuße in Fällen, in denen dem Unternehmen direkt oder indirekt ein finanzieller Vorteil aus dem Verstoß entstanden ist und in denen festgestellt werden kann, dass wegen des Verstoßes Gewinne erzielt oder Verluste abgewendet wurden, mindestens auf die Höhe dieses finanziellen Vorteils.

Hat ein Unternehmen im Sinne von Absatz 1 als Folge einer Handlung oder Unterlassung mehr als einen der in Absatz 2 aufgeführten Verstöße begangen, wird nur die höhere der gemäß diesem Artikel berechneten Geldbußen für einen der zugrunde liegenden Verstöße verhängt.

(8) In Fällen, die nicht unter Absatz 2 fallen, kann der Ausschuss den nationalen Abwicklungsbehörden empfehlen, mit geeigneten Maßnahmen dafür zu sorgen, dass angemessene Sanktionen nach Maßgabe der Artikel 110 bis 114 der Richtlinie 2014/59/EU und den einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften verhängt werden.

(9) 

Bei der Berechnung der Geldbußen wendet der Ausschuss folgende Berichtigungskoeffizienten auf erschwerende Umstände an:

a)
Wenn der Verstoß wiederholt begangen wurde, gilt für jede Wiederholung ein zusätzlicher Koeffizient von 1,1.
b)
Wenn der Verstoß während eines Zeitraums von mehr als drei Monaten begangen wurde, gilt ein Koeffizient von 1,5.
c)
Wenn durch den Verstoß systemimmanente Schwachstellen in der Organisation des Unternehmens, insbesondere in seinen Verfahren, Verwaltungssystemen oder internen Kontrollen, erkennbar geworden sind, gilt ein Koeffizient von 2,2.
d)
Wenn der Verstoß vorsätzlich begangen wurde, gilt ein Koeffizient von 2.
e)
Wenn seit der Feststellung des Verstoßes keine Abhilfemaßnahmen getroffen wurden, gilt ein Koeffizient von 1,7.
f)
Wenn die Geschäftsleitung des Unternehmens nicht mit dem Ausschuss bei der Durchführung von dessen Ermittlungen zusammengearbeitet hat, gilt ein Koeffizient von 1,5.

Bei der Berechnung der Geldbußen wendet der Ausschuss folgende Berichtigungskoeffizienten auf mildernde Umstände an:

a)
Wenn der Verstoß während eines Zeitraums von weniger als zehn Arbeitstagen begangen wurde, gilt ein Koeffizient von 0,9.
b)
Wenn die Geschäftsleitung des Unternehmens nachweisen kann, dass sie alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung des Verstoßes ergriffen hat, gilt ein Koeffizient von 0,7.
c)
Wenn das Unternehmen den Ausschuss zügig, wirkungsvoll und umfassend von dem Verstoß in Kenntnis gesetzt hat, gilt ein Koeffizient von 0,4.
d)
Wenn das Unternehmen freiwillig Maßnahmen getroffen hat, damit ein ähnlicher Verstoß künftig nicht mehr begangen werden kann, gilt ein Koeffizient von 0,6.