freiRecht
Verordnung (EU) 2013/1308

Verordnung (EU) 2013/1308

Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007

  • TEIL II: BINNENMARKT
    • TITEL II: VORSCHRIFTEN FÜR DIE VERMARKTUNG UND DIE ERZEUGERORGANISATIONEN
      • KAPITEL III: Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen und Branchenverbände
        • Abschnitt 5: Systeme für den Abschluss von Verträgen

Art. 168 Vertragsbeziehungen

(1) 

Wenn ein Mitgliedstaat unbeschadet des Artikels 148 betreffend den Sektor Milch und Milcherzeugnisse sowie des Artikels 125 betreffend den Zuckersektor im Hinblick auf landwirtschaftliche Erzeugnisse aus einem in Artikel 1 Absatz 2 genannten Sektor mit Ausnahme der Sektoren Milch und Milcherzeugnisse sowie Zucker Folgendes beschließt:

a)
dass für alle Lieferungen dieser Erzeugnisse auf seinem Hoheitsgebiet durch einen Erzeuger an einen verarbeitenden Betrieb oder ein Vertriebsunternehmen ein schriftlicher Vertrag zwischen den beteiligten Parteien geschlossen werden muss; und/oder
b)
dass die Erstankäufer ein schriftliches Angebot für einen Vertrag über die Lieferung dieser landwirtschaftlichen Erzeugnisse in seinem Hoheitsgebiet durch den Erzeuger vorlegen müssen,

so gilt, dass dieser Vertrag oder dieses Angebot den in den Absätzen 4 und 6 festgelegten Bedingungen entsprechen muss.

(1a)  Nutzen Mitgliedstaaten die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Möglichkeiten nicht, kann ein Erzeuger, eine Erzeugerorganisation oder eine Vereinigung von Erzeugerorganisationen in Bezug auf landwirtschaftliche Erzeugnisse aus einem in Artikel 1 Absatz 2 genannten Sektor — mit Ausnahme der Sektoren Milch und Milcherzeugnisse sowie Zucker — fordern, dass für die Lieferung der Erzeugnisse an einen verarbeitenden Betrieb oder ein Vertriebsunternehmen ein schriftlicher Vertrag zwischen den Parteien geschlossen und/oder ein schriftliches Vertragsangebot von den Erstankäufern unterbreitet werden muss, und zwar unter den in den Absatz 4 und Absatz 6 Unterabsatz 1 dieses Artikels festgelegten Bedingungen.

Ist der Erstankäufer ein Kleinstunternehmen oder ein kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG, so ist der Vertrag und/oder das Vertragsangebot nicht obligatorisch, unbeschadet der Möglichkeit, dass die Parteien einen von einem Branchenverband erstellten Mustervertrag verwenden.

(2) 

Beschließt ein Mitgliedstaat, dass für Lieferungen der von diesem Artikel erfassten Erzeugnisse durch einen Erzeuger an einen verarbeitenden Betrieb ein schriftlicher Vertrag zwischen den beteiligten Parteien abzuschließen ist, so muss er ebenfalls festlegen, für welche Stufen der Lieferung ein solcher Vertrag abzuschließen ist, wenn die Lieferung der betreffenden Erzeugnisse durch mehrere Dritte vorgenommen wird.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Vorschriften, die sie nach diesem Artikel erlassen, nicht das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen.

(3) 

In dem in Unterabsatz 2 beschriebenen Fall kann der Mitgliedsstaat eine Mediationsstelle einrichten, die sich der Fälle annimmt, in denen keine Einigung über den Abschluss eines solchen Vertrags erzielt werden kann, um faire Vertragsbeziehungen zu gewährleisten.

(4) 

Der Vertrag bzw. das Vertragsangebot gemäß den Absätzen 1 und 1a

a)
ist vor der Lieferung abzuschließen bzw. vorzulegen,
b)
ist schriftlich abzuschließen bzw. vorzulegen und
c)
hat insbesondere die folgenden Bestandteile zu enthalten:
i)
den Preis für das gelieferte Erzeugnis, der
fest und im Vertrag genannt sein muss und/oder
als Kombination verschiedener im Vertrag festgelegter Faktoren errechnet wird, etwa auf der Grundlage von Marktindikatoren, die Veränderungen der Marktbedingungen, die Liefermengen sowie die Qualität und Zusammensetzung der gelieferten landwirtschaftlichen Erzeugnisse widerspiegeln,
ii)
die Menge und die Qualität der betreffenden Erzeugnisse, die geliefert werden können und/oder müssen, und den Zeitplan für diese Lieferungen,
iii)
die Laufzeit des Vertrags, der auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsklauseln abgeschlossen werden kann,
iv)
Angaben zu Zahlungsperioden und -verfahren,
v)
die Abhol- oder Liefermodalitäten für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sowie
vi)
die im Falle höherer Gewalt anzuwendenden Regelungen.

(5) 

Abweichend von den Absätzen 1 und 1a ist bei der Lieferung der betreffenden Erzeugnisse von einem Mitglied einer Genossenschaft an die Genossenschaft, der das Mitglied angehört, kein Vertrag bzw. Vertragsangebot erforderlich, wenn die Satzung dieser Genossenschaft oder die sich aus dieser Satzung ergebenden oder darin vorgesehenen Regeln und Beschlüsse Bestimmungen enthalten, mit denen eine ähnliche Wirkung erzielt wird wie mit den in Absatz 4 Buchstaben a, b und c genannten Bestimmungen.

(6) 

Sämtliche Bestandteile von Verträgen über Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die von Erzeugern, Abholern, verarbeitenden Betrieben oder Vertriebsunternehmen abgeschlossen werden, einschließlich der in Absatz 4 Buchstabe c genannten, sind zwischen den beteiligten Parteien frei verhandelbar.

Ungeachtet des Unterabsatzes 1 gilt mindestens eine der beiden folgenden Bestimmungen:

a)
Schreibt ein Mitgliedstaat den Abschluss eines schriftlichen Vertrags für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse gemäß Absatz 1 verbindlich vor, so kann er eine lediglich für schriftliche Verträge zwischen einem Erzeuger und einem Erstankäufer landwirtschaftlicher Erzeugnisse geltende Mindestlaufzeit festlegen. Diese Mindestlaufzeit beträgt mindestens sechs Monate und darf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigen;
b)
beschließt ein Mitgliedstaat, dass Erstankäufer landwirtschaftlicher Erzeugnisse gemäß Absatz 1 dem Erzeuger ein schriftliches Angebot für einen Vertrag zu unterbreiten haben, so kann er vorschreiben, dass das Angebot auch eine Mindestlaufzeit des Vertrags entsprechend den diesbezüglichen nationalen Vorschriften beinhalten muss. Diese Mindestdauer beträgt mindestens sechs Monate und darf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigen.

Unterabsatz 2 lässt das Recht des Erzeugers, eine solche Mindestlaufzeit in schriftlicher Form abzulehnen, unberührt. In diesem Falle steht es den beteiligten Parteien offen, Verhandlungen über alle Bestandteile des Vertrags, auch über die in Absatz 4 Buchstabe c aufgeführten, zu führen.

(7) 

Mitgliedstaaten, die die in diesem Artikel genannten Möglichkeiten nutzen, stellen sicher, dass die Vorschriften, die sie erlassen, nicht das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, wie sie die Maßnahmen, die sie nach diesem Artikel getroffen haben, anwenden.

(8) 

Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen die für die einheitliche Anwendung von Absatz 4 Buchstaben a und b sowie Absatz 5 erforderlichen Maßnahmen sowie die Maßnahmen bezüglich der von den Mitgliedstaaten vorzunehmenden Benachrichtigungen gemäß diesem Artikel festgelegt werden.

Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 229 Absatz 2 erlassen.

 —————