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Richtlinie (EG) 2007/59

Richtlinie (EG) 2007/59

Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen

ANHANG VI

ANHANG VI

Infrastrukturbezogene Inhalte

1.   BREMSPROBE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, vor Fahrtantritt zu überprüfen und zu berechnen, dass die Bremsleistung des Zuges der anhand der Wagenpapiere für die Strecke vorgeschriebenen Bremsleistung entspricht.

2.   FAHRSTUFE UND HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT DES ZUGES IN BEZUG AUF DIE STRECKENMERKMALE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

die erhaltenen Informationen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder eventuelle Änderungen der Signalgebung zur Kenntnis zu nehmen;
die Fahrstufe und die Höchstgeschwindigkeit des Zuges auf der Grundlage der Streckenmerkmale festzulegen.

3.   KENNTNIS DER STRECKE

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein, vorausschauend zu fahren und in Bezug auf Sicherheit und andere Elemente der Aufgabenerfüllung, wie Pünktlichkeit und wirtschaftliche Aspekte, angemessen zu reagieren. Daher muss er über gute Kenntnisse der Strecken und Bahnanlagen sowie der gegebenenfalls vereinbarten alternativen Streckenführungen verfügen.

Folgende Aspekte sind wichtig:

Betriebsführung (Gleiswechsel, Richtungsbetrieb usw.),
Streckenüberprüfung anhand der relevanten Unterlagen,
Identifizierung der für die jeweilige Betriebsart nutzbaren Gleise,
geltende Verkehrsvorschriften und Bedeutung des Signalsystems,
Betriebssystem,
Blocksystem und diesbezügliche Regelungen,
Bezeichnung der Bahnhöfe sowie Lage und Fernerkennung von Bahnhöfen und Stellwerken im Sinne des vorausschauenden Fahrens,
Anzeige von Übergängen zwischen Betriebssystemen oder Energieversorgungssystemen,
Geschwindigkeitsbegrenzungen für die verschiedenen Zugklassen,
topografische Streckenprofile,
besondere Bremsbedingungen wie beispielsweise bei Strecken mit starkem Gefälle,
betriebliche Besonderheiten wie Sondersignale, Schilder, Bedingungen für die Abfahrt usw.

4.   SICHERHEITSVORSCHRIFTEN

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

den Zug nur dann in Bewegung zu setzen, wenn alle vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind (Fahrplan, Abfahrtbefehl oder -signal, erforderlichenfalls Betätigung von Signalen usw.);
die Signale an der Strecke und Signale im Führerraum zu beachten, sie unverzüglich und fehlerfrei zu erkennen und entsprechend zu handeln;
den Zug gemäß den spezifischen Betriebsarten sicher zu fahren: spezielle Fahrstufen auf Anweisung, vorübergehende Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verkehr in Gegenrichtung, Genehmigung zum Überfahren von Signalen in Gefahrensituationen, Rangieren, Wenden, Verkehr in Baustellenbereichen usw.;
die fahrplanmäßigen oder zusätzlichen Halte zu beachten und erforderlichenfalls bei diesen Halten Leistungen für Fahrgäste zu erbringen, insbesondere Öffnen und Schließen der Türen.

5.   FÜHREN DES ZUGES

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

jederzeit die Position des Zuges auf der befahrenen Strecke zu kennen;
die Bremsen zur Verlangsamung und zum Anhalten ohne Schädigung von Fahrzeugen und Anlagen einzusetzen;
die Fahrstufe des Zuges gemäß Fahrplan sowie möglicher Energiesparanweisungen und unter Berücksichtung der Merkmale des Triebfahrzeugs, des Zuges, der Strecke und der Umwelt zu regeln.

6.   STÖRUNGEN

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

soweit das Führen des Zuges es gestattet, ungewöhnliche Vorkommnisse in Bezug auf die Infrastruktur und das Umfeld (Signale, Gleise, Energieversorgung, Bahnübergänge, Gleisumgebung, sonstiger Verkehr) zu registrieren;
die Entfernung zu sichtbaren Hindernissen einzuschätzen;
den Infrastrukturbetreiber schnellstmöglich über den Ort und die Art der beobachteten Störungen zu unterrichten und sicherzustellen, dass diese Informationen richtig verstanden wurden;
unter Berücksichtigung der Infrastruktur die Sicherheit von Zugverkehr und Personen zu gewährleisten oder darauf gerichtete Maßnahmen zu treffen, wann immer es erforderlich ist.

7.   BETRIEBSBEDINGTE STÖRFÄLLE UND UNFÄLLE, BRÄNDE UND UNFÄLLE MIT PERSONENSCHADEN

Der Triebfahrzeugführer muss in der Lage sein,

bei Unfällen mit Personenschaden Maßnahmen zur Sicherung des Zuges zu ergreifen und Hilfe anzufordern;
im Falle eines Brandes den Haltepunkt des Zuges zu bestimmen und erforderlichenfalls bei der Evakuierung der Fahrgäste zu helfen;
schnellstmöglich alle nützlichen Informationen über den Brand weiterzuleiten, wenn er den Brand nicht selbst unter Kontrolle bringen kann;
den Infrastrukturbetreiber so rasch wie möglich über diese Bedingungen zu unterrichten;
zu beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen das Fahrzeug angesichts des Zustands der Infrastruktur weiterfahren kann.

8.   SPRACHPRÜFUNGEN

1.
Triebfahrzeugführer, die sich mit dem Infrastrukturbetreiber über kritische Sicherheitsfragen austauschen müssen, müssen über Kenntnisse mindestens einer der vom betreffenden Infrastrukturbetreiber angegebenen Sprachen verfügen. Ihre Sprachkenntnisse müssen ihnen eine aktive und effiziente Kommunikation bei Normalbetrieb, gestörtem Betrieb und in Notsituationen erlauben. Sie müssen in der Lage sein, die Mitteilungen und die Kommunikationsmethode gemäß der TSI „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“ zu verwenden.
2.
Um die in Absatz 1 vorgesehenen Anforderungen zu erfüllen, müssen Triebfahrzeugführer in der Lage sein, auf dem Niveau „B1“ des vom Europarat festgelegten Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERF)  (hörend und lesend) zu verstehen und sich (mündlich und schriftlich) zu verständigen.
3.
Triebfahrzeugführer von Zügen, die von einem Eisenbahnunternehmen in Abschnitten zwischen den Grenzen und den grenznahen, für den grenzüberschreitenden Verkehr bestimmten Bahnhöfen betrieben werden, können vom Infrastrukturbetreiber nach folgendem Verfahren von den Anforderungen des Absatzes 2 ausgenommen werden:a) Das Eisenbahnunternehmen beantragt beim Infrastrukturbetreiber eine Freistellung für die betreffenden Triebfahrzeugführer. Im Interesse einer fairen und gleichen Behandlung der Antragsteller wendet der Infrastrukturbetreiber auf jeden eingereichten Freistellungsantrag dasselbe Prüfverfahren an und beschreibt dieses in seinen Schienennetz-Nutzungsbedingungen;b) der Infrastrukturbetreiber gewährt eine Freistellung, wenn das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass es ausreichende Vorkehrungen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die betreffenden Triebfahrzeugführer und die Mitarbeiter des Infrastrukturbetreibers bei Normalbetrieb, gestörtem Betrieb und in Notsituationen gemäß Absatz 1 miteinander kommunizieren können;
c) die Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber müssen sicherstellen, dass die betreffenden Mitarbeiter über diese Vorschriften und Vorkehrungen unterrichtet sind und im Rahmen ihrer Sicherheitsmanagementsysteme ausreichend geschult werden.