freiRecht
Richtlinie (EU) 2014/59

Richtlinie (EU) 2014/59

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates

  • TITEL V: GRENZÜBERSCHREITENDE GRUPPENABWICKLUNG

Art. 88 Abwicklungskollegien

(1) 

Die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden richten Abwicklungskollegien ein, die die in den Artikeln 12, 13, 16, 18, 45, 91 und 92 genannten Aufgaben wahrnehmen und gegebenenfalls die Zusammenarbeit und Koordinierung mit Abwicklungsbehörden in Drittländern sicherstellen.

Insbesondere geben die Abwicklungskollegien einen Rahmen für die Wahrnehmung folgender Aufgaben durch die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde, die übrigen Abwicklungsbehörden und gegebenenfalls die betroffenen zuständigen Behörden und konsolidierenden Aufsichtsbehörden vor:

a)
Austausch von Informationen, die relevant sind für die Ausarbeitung von Gruppenabwicklungsplänen, für die Ausübung vorbereitender und präventiver Befugnisse in Bezug auf Gruppen und für die Gruppenabwicklung;
b)
Ausarbeitung von Gruppenabwicklungsplänen gemäß den Artikeln 12 und 13;
c)
Bewertung der Abwicklungsfähigkeit von Gruppen gemäß Artikel 16;
d)
Ausübung von Befugnissen zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit von Gruppen gemäß Artikel 18;
e)
Entscheidung über die Erforderlichkeit der Ausarbeitung eines Gruppenabwicklungskonzepts gemäß Artikel 91 oder Artikel 92;
f)
Abschluss der Vereinbarung über ein Gruppenabwicklungskonzept, das gemäß Artikel 91 oder Artikel 92 vorgeschlagen wird;
g)
Koordinierung der öffentlichen Kommunikation von Gruppenabwicklungsstrategien und -konzepten;
h)
Koordinierung der Inanspruchnahme der gemäß Titel VII geschaffenen Finanzierungsmechanismen;
i)
Festlegung der Mindestanforderungen, die für Gruppen auf konsolidierter Ebene und auf der Ebene der Tochterunternehmen nach Artikel 45 gelten.

Zudem können Abwicklungskollegien als Diskussionsforen für alle Fragen im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Gruppenabwicklung genutzt werden.

(2) Mitglieder des Abwicklungskollegiums sind

a)
die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde,
b)
die Abwicklungsbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten, in denen ein der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis unterliegendes Tochterunternehmen niedergelassen ist,
c)
die Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen ein Mutterunternehmen eines oder mehrerer Institute der Gruppe, d. h. ein Unternehmen im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe d, niedergelassen ist,
d)
die Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen sich bedeutende Zweigstellen befinden,
e)
die konsolidierende Aufsichtsbehörde und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen die Abwicklungsbehörde Mitglied des Abwicklungskollegiums ist. Wenn es sich bei der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats nicht um die Zentralbank des Mitgliedstaats handelt, kann die zuständige Behörde entscheiden, sich von einem Vertreter der Zentralbank des Mitgliedstaats begleiten zu lassen,
f)
die zuständigen Ministerien, wenn es sich bei den Abwicklungsbehörden, die Mitglieder des Abwicklungskollegiums sind, nicht um die zuständigen Ministerien handelt,
g)
die Behörde, die für das Einlagensicherungssystem eines Mitgliedstaats zuständig ist, wenn die Abwicklungsbehörde dieses Mitgliedstaats Mitglied eines Abwicklungskollegiums ist,
h)
die EBA vorbehaltlich des Absatzes 4.

(3) Wenn ein in der Union niedergelassenes Mutterunternehmen oder Institut ein Tochterinstitut oder eine Zweigstelle in einem Drittland hat, die als bedeutend angesehen würde, wenn sie in der Union niedergelassen wäre, können die Abwicklungsbehörden der betreffenden Drittländer auf ihr Ersuchen eingeladen werden, als Beobachter am Abwicklungskollegium teilzunehmen, sofern diese Abwicklungsbehörden Geheimhaltungspflichten unterliegen, die nach Auffassung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde den in Artikel 98 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.

(4) Die EBA trägt dazu bei, eine effiziente, effektive und kohärente Arbeitsweise von Abwicklungskollegien gemäß den internationalen Standards sicherzustellen. ²Sie wird aus diesem Grund zu den Sitzungen des Abwicklungskollegiums eingeladen. ³Die EBA verfügt über keine Stimmrechte für etwaige Abstimmungen in den Abwicklungskollegien.

(5) 

Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde führt den Vorsitz im Abwicklungskollegium. ²In dieser Eigenschaft

a)
legt sie nach Anhörung der anderen Mitglieder des Abwicklungskollegiums die Modalitäten und Verfahren für die Arbeitsweise des Abwicklungskollegiums schriftlich fest;
b)
koordiniert sie sämtliche Tätigkeiten des Abwicklungskollegiums;
c)
beruft sie dessen Sitzungen ein, führt in diesen Sitzungen den Vorsitz und informiert die Mitglieder des Abwicklungskollegiums vorab umfassend über die Anberaumung der Sitzungen des Abwicklungskollegiums, die wichtigsten Tagesordnungspunkte und die zu erörternden Fragen;
d)
teilt sie den Mitgliedern des Abwicklungskollegiums mit, welche Sitzungen geplant sind, damit diese um Teilnahme ersuchen können;
e)
entscheidet sie ausgehend vom konkreten Bedarf, welche Mitglieder und Beobachter zur Teilnahme an bestimmten Sitzungen des Abwicklungskollegiums eingeladen werden, wobei sie der Bedeutung der zu erörternden Frage für die betreffenden Mitglieder und Beobachter, insbesondere den möglichen Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität der betreffenden Mitgliedstaaten, Rechnung trägt;
f)
informiert sie alle Mitglieder des Kollegiums rechtzeitig über die Entscheidungen und Ergebnisse im Rahmen der betreffenden Sitzungen.

Die Mitglieder des Abwicklungskollegiums arbeiten eng zusammen.

Unbeschadet des Buchstaben e sind die Abwicklungsbehörden immer dann zur Teilnahme an Sitzungen des Abwicklungskollegiums berechtigt, wenn Angelegenheiten auf der Tagesordnung stehen, die der gemeinsamen Beschlussfassung unterliegen oder die im Zusammenhang mit dem Unternehmen einer Gruppe stehen, das sich in ihrem Mitgliedstaat befindet.

(6) Die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden sind nicht verpflichtet, ein Abwicklungskollegium einzurichten, wenn bereits andere Gruppen oder Kollegien die in diesem Artikel genannten Funktionen und Aufgaben wahrnehmen und sämtliche in diesem Artikel und in Artikel 90 festgelegten Bedingungen und Verfahren, einschließlich der für die Mitgliedschaft und die Teilnahme an Abwicklungskollegien geltenden Bedingungen und Verfahren, erfüllen bzw. einhalten. ²In einem solchen Fall sind sämtliche in dieser Richtlinie enthaltenen Bezugnahmen auf Abwicklungskollegien als Bezugnahmen auf diese anderen Gruppen oder Kollegien zu verstehen.

(7) 

Die EBA arbeitet unter Berücksichtigung der internationalen Standards Entwürfe für Regulierungsstandards aus, in denen die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien zur Wahrnehmung der in Absatze 1 genannten Aufgaben spezifiziert wird.

Die EBA übermittelt der Kommission die entsprechenden Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 3. Juli 2015.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten Regulierungsstandards nach den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu erlassen.