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Verordnung (EU) 2012/648

Verordnung (EU) 2012/648

Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

  • TITEL I: GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1.
„CCP“ eine juristische Person, die zwischen die Gegenparteien der auf einem oder mehreren Märkten gehandelten Kontrakte tritt und somit als Käufer für jeden Verkäufer bzw. als Verkäufer für jeden Käufer fungiert;
2.
„Transaktionsregister“ eine juristische Person, die die Aufzeichnungen zu Derivaten zentral sammelt und verwahrt;
3.
„Clearing“ den Prozess der Erstellung von Positionen, darunter die Berechnung von Nettoverbindlichkeiten, und die Gewährleistung, dass zur Absicherung des aus diesen Positionen erwachsenden Risikos Finanzinstrumente, Bargeld oder beides zur Verfügung stehen;
4.
„Handelsplatz“ ein System, das von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 bzw. Nummer 13 der Richtlinie 2004/39/EG, ausgenommen systematische Internalisierer im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 7 der genannten Richtlinie, betrieben wird, in dem die Interessen am Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten so zusammengeführt werden, dass sie in Geschäfte gemäß Titel II oder III jener Richtlinie münden;
5.
„Derivat“ oder „Derivatekontrakt“ eines der in Anhang I Abschnitt C Nummern 4 bis 10 der Richtlinie 2004/39/EG, durchgeführt durch die Artikel 38 und 39 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006, genannten Finanzinstrumente;
6.
„Derivatekategorie“ eine Untergruppe von Derivaten, denen allgemeine und wesentliche Eigenschaften gemeinsam sind, darunter mindestens das Verhältnis zu dem zugrundeliegenden Vermögenswert, die Art des zugrundeliegenden Vermögenswertes und die Währung des Nominalwerts. Derivate derselben Kategorie können unterschiedliche Fälligkeiten haben;

7.
„OTC-Derivate“ oder „OTC-Derivatekontrakte“ Derivatekontrakte, deren Ausführung nicht an einem geregelten Markt im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG oder an einem Markt eines Drittstaats erfolgt, der gemäß Artikel 2a dieser Verordnung als einem geregelten Markt gleichwertig angesehen wird;

8.
„finanzielle Gegenpartei“ gemäß der Richtlinie 2004/39/EG zugelassene Wertpapierfirmen, gemäß der Richtlinie 2006/48/EG zugelassene Kreditinstitute, gemäß der Richtlinie 73/239/EWG zugelassene Versicherungsunternehmen, gemäß der Richtlinie 2002/83/EG zugelassene Versicherungsunternehmen, gemäß der Richtlinie 2005/68/EG zugelassene Rückversicherungsunternehmen, gemäß der Richtlinie 2009/65/EG zugelassene OGAW und gegebenenfalls deren gemäß jener Richtlinie zugelassenen Verwaltungsgesellschaften, Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Artikels 6 Buchstabe a der Richtlinie 2003/41/EG und alternative Investmentfonds, die von gemäß der Richtlinie 2011/61/EU zugelassenen oder eingetragenen Verwaltern alternativer Investmentfonds (AIFM) verwaltet werden;
9.
„nichtfinanzielle Gegenpartei“ ein in der Union niedergelassenes Unternehmen, das nicht zu den in den Nummern 1 und 8 genannten Einrichtungen gehört;
10.
„Altersversorgungssystem“
a)
Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Artikels 6 Buchstabe a der Richtlinie 2003/41/EG, einschließlich der zugelassenen Stellen nach Artikel 2 Absatz 1 jener Richtlinie, die für die Verwaltung solcher Einrichtungen verantwortlich und in ihrem Namen tätig sind, sowie die juristischen Personen, die für die Anlagezwecke solcher Einrichtungen gegründet werden und ausschließlich in deren Interesse handeln;
b)
Geschäfte der betrieblichen Altersversorgung von Einrichtungen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2003/41/EG;
c)
unter die Richtlinie 2002/83/EG fallende Geschäfte der betrieblichen Altersversorgung von Lebensversicherungsunternehmen, sofern für alle dem jeweiligen Geschäft entsprechenden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten ein separater Abrechungsverband eingerichtet wird und sie ohne die Möglichkeit einer Übertragung getrennt von den anderen Tätigkeiten des jeweiligen Versicherungsunternehmens verwaltet und organisiert werden;
d)
sonstige zugelassene und beaufsichtigte Einrichtungen oder Systeme, die auf nationaler Ebene tätig sind, sofern
i)
sie nach innerstaatlichem Recht anerkannt sind und
ii)
ihr primärer Zweck in der Bereitstellung von Altersversorgungsleistungen besteht.
11.
„Gegenparteiausfallrisiko“ das Risiko des Ausfalls der Gegenpartei eines Geschäfts vor der abschließenden Abwicklung der mit diesem Geschäft verbundenen Zahlungen;
12.
„Interoperabilitätsvereinbarung“ eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr CCPs über die systemübergreifende Ausführung von Transaktionen;
13.
„zuständige Behörde“ die zuständige Behörde im Sinne der Rechtsvorschriften, die in Nummer 8 dieses Artikels genannt werden, die zuständige Behörde gemäß Artikel 10 Absatz 5 oder die Behörde, die von jedem Mitgliedstaat gemäß Artikel 22 benannt wird;
14.
„Clearingmitglied“ ein Unternehmen, das an einer CCP teilnimmt und für die Erfüllung der aus dieser Teilnahme erwachsenden finanziellen Verpflichtungen haftet;
15.
„Kunde“ ein Unternehmen, das eine Vertragsbeziehung mit einem Clearingmitglied einer CCP unterhält, die es diesem Unternehmen ermöglicht, seine Transaktionen durch diese CCP zu clearen;
16.
„Gruppe“ die aus einem Mutterunternehmen und dessen Tochterunternehmen bestehende Gruppe von Unternehmen im Sinne der Artikel 1 und 2 der Richtlinie 83/349/EWG oder die Gruppe von Unternehmen gemäß Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 80 Absätze 7 und 8 der Richtlinie 2006/48/EG;
17.
„Finanzinstitut“ ein Unternehmen, das kein Kreditinstitut ist und dessen Haupttätigkeit darin besteht, Beteiligungen zu erwerben oder eines oder mehrere der Geschäfte zu betreiben, die in Anhang I Nummern 2 bis 12 der Richtlinie 2006/48/EG aufgeführt sind;
18.
„Finanzholdinggesellschaft“ ein Finanzinstitut, dessen Tochterunternehmen ausschließlich oder hauptsächlich Kreditinstitute oder andere Finanzinstitute sind, wobei mindestens eines dieser Tochterunternehmen ein Kreditinstitut ist, und das keine gemischte Finanzholdinggesellschaft im Sinne des Artikels 2 Absatz 15 der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats  ist;
19.
„Anbieter von Nebendienstleistungen“ ein Unternehmen, dessen Haupttätigkeit im Besitz oder der Verwaltung von Immobilien, in der Verwaltung von Datenverarbeitungsdiensten oder einer ähnlichen Tätigkeiten besteht, die im Verhältnis zur Haupttätigkeit eines oder mehrerer Kreditinstitute den Charakter einer Nebentätigkeit hat;
20.
„qualifizierte Beteiligung“ das direkte oder indirekte Halten von mindestens 10 % des Kapitals oder der Stimmrechte einer CCP oder eines Transaktionsregisters nach den Artikeln 9 und 10 der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind  unter Berücksichtigung der Voraussetzungen für das Zusammenrechnen der Beteiligungen nach Artikel 12 Absätze 4 und 5 jener Richtlinie oder die Möglichkeit der Ausübung eines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung der CCP oder des Transaktionsregisters, an dem diese Beteiligung gehalten wird;
21.
„Mutterunternehmen“ ein Mutterunternehmen im Sinne von Artikel 1 und 2 der Richtlinie 83/349/EWG;
22.
„Tochterunternehmen“ ein Tochterunternehmen im Sinne von Artikel 1 und 2 der Richtlinie 83/349/EWG, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens;
23.
„Kontrolle“ die Verbindung zwischen einem Mutterunternehmen und einem Tochterunternehmen im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 83/349/EWG;
24.
„enge Verbindung“ eine Situation, in der zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen verbunden sind durch
a)
Beteiligung, d. h. das direkte Halten oder die Kontrolle von mindestens 20 % der Stimmrechte oder des Kapitals an einem Unternehmen, oder
b)
Kontrolle oder ein ähnliches Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen oder Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens; jedes Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens wird ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens angesehen, das an der Spitze dieser Unternehmen steht.

Eine Situation, in der zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen mit ein und derselben Person durch ein Kontrollverhältnis dauerhaft verbunden sind, gilt ebenfalls als enge Verbindung zwischen diesen Personen;

25.
„Eigenkapital“ gezeichnetes Kapital im Sinne von Artikel 22 der Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten , sofern es eingezahlt wurde, zuzüglich des Emissionsagiokontos, sofern es Verluste in Normalsituationen vollständig auffängt und sofern es im Konkurs- oder Liquidationsfall gegenüber allen anderen Forderungen nachrangig ist;
26.
„Rücklagen“ Rücklagen gemäß Artikel 9 der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen  sowie die unter Zuweisung des endgültigen Ergebnisses vorgetragenen Ergebnisse; des Vertrags über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen  sowie die unter Zuweisung des endgültigen Ergebnisses vorgetragenen Ergebnisse;
27.
„Leitungsorgan“ den Verwaltungs- oder Aufsichtsrat oder beide, gemäß dem nationalen Gesellschaftsrecht;
28.
„unabhängiges Mitglied des Leitungsorgans“ ein Mitglied des Leitungsorgans, das keine geschäftliche, familiäre oder sonstige Beziehung unterhält, die zu einem Interessenkonflikt in Bezug auf die betreffende CCP oder ihre kontrollierenden Aktionäre, ihre Verwaltung oder ihre Clearingmitglieder führt, und das in den fünf Jahren vor seiner Mitgliedschaft in dem Organ keine solche Beziehung unterhalten hat;
29.
„Geschäftsleitung“ die Personen, die die Geschäfte der CCP oder des Transaktionsregisters tatsächlich leiten, und das oder die geschäftsführende(n) Mitglied(er) des Leitungsorgans.