Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger
KAPITEL I: ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
(1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.
(2) Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden:
(3) Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf Personen, die das Gemeinschaftsrecht auf freien Personenverkehr nach Artikel 2 Absatz 5 des Schengener Grenzkodex genießen.
— | deren Herkunftsland oder |
— | ein Transitland gemäß gemeinschaftlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder |
— | ein anderes Drittland, in das der betreffende Drittstaatsangehörige freiwillig zurückkehren will und in dem er aufgenommen wird; |
(1) Von dieser Richtlinie unberührt bleiben günstigere Bestimmungen von
(2) Von dieser Richtlinie unberührt bleibt jede im gemeinschaftlichen Besitzstand auf dem Gebiet Asyl und Einwanderung festgelegte Bestimmung, die für Drittstaatsangehörige günstiger sein kann.
(3) Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, Vorschriften zu erlassen oder beizubehalten, die für Personen, auf die die Richtlinie Anwendung findet, günstiger sind, sofern diese Vorschriften mit der Richtlinie im Einklang stehen.
(4) In Bezug auf die nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommenen Drittstaatsangehörigen verfahren die Mitgliedstaaten wie folgt; sie:
Bei der Umsetzung dieser Richtlinie berücksichtigen die Mitgliedstaaten in gebührender Weise:
und halten den Grundsatz der Nichtzurückweisung ein.
KAPITEL II: BEENDIGUNG DES ILLEGALEN AUFENTHALTS
(1) Unbeschadet der Ausnahmen nach den Absätzen 2 bis 5 erlassen die Mitgliedstaaten gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung.
(2) Drittstaatsangehörige, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten und Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaats sind, sind zu verpflichten, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats zu begeben. ²Kommen die betreffenden Drittstaatsangehörigen dieser Verpflichtung nicht nach, oder ist die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit geboten, so findet Absatz 1 Anwendung.
(3) Die Mitgliedstaaten können davon absehen, eine Rückkehrentscheidung gegen illegal in ihrem Gebiet aufhältige Drittstaatsangehörige zu erlassen, wenn diese Personen von einem anderen Mitgliedstaat aufgrund von zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie geltenden bilateralen Abkommen oder Vereinbarungen wieder aufgenommen wird. ²In einem solchen Fall wendet der Mitgliedstaat, der die betreffenden Drittstaatsangehörigen wieder aufgenommen hat, Absatz 1 an.
(4) Die Mitgliedstaaten können jederzeit beschließen, illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen wegen Vorliegen eines Härtefalls oder aus humanitären oder sonstigen Gründen einen eigenen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung zu erteilen. ²In diesem Fall wird keine Rückkehrentscheidung erlassen. ³Ist bereits eine Rückkehrentscheidung ergangen, so ist diese zurückzunehmen oder für die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels oder der sonstigen Aufenthaltsberechtigung auszusetzen.
(5) Ist ein Verfahren anhängig, in dem über die Verlängerung des Aufenthaltstitels oder einer anderen Aufenthaltsberechtigung von illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältigen Drittstaatsangehörigen entschieden wird, so prüft dieser Mitgliedstaat unbeschadet des Absatzes 6, ob er vom Erlass einer Rückkehrentscheidung absieht, bis das Verfahren abgeschlossen ist.
(6) Durch diese Richtlinie sollen die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert werden, entsprechend ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unbeschadet der nach Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthalts sowie eine Rückkehrentscheidung und/oder eine Entscheidung über eine Abschiebung und/oder ein Einreiseverbot zu erlassen.
(1)
Eine Rückkehrentscheidung sieht unbeschadet der Ausnahmen nach den Absätzen 2 und 4 eine angemessene Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise vor. ²Die Mitgliedstaaten können in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorsehen, dass diese Frist nur auf Antrag der betreffenden Drittstaatsangehörigen eingeräumt wird. ³In einem solchen Fall unterrichtet der Mitgliedstaat die betreffenden Drittstaatsangehörigen davon, dass die Möglichkeit besteht, einen solchen Antrag zu stellen.
Die Frist nach Unterabsatz 1 steht einer früheren Ausreise der betreffenden Drittstaatsangehörigen nicht entgegen.
(2) Die Mitgliedstaaten verlängern — soweit erforderlich — die Frist für die freiwillige Ausreise unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls — wie etwa Aufenthaltsdauer, Vorhandensein schulpflichtiger Kinder und das Bestehen anderer familiärer und sozialer Bindungen — um einen angemessenen Zeitraum.
(3) Den Betreffenden können für die Dauer der Frist für die freiwillige Ausreise bestimmte Verpflichtungen zur Vermeidung einer Fluchtgefahr auferlegt werden, wie eine regelmäßige Meldepflicht bei den Behörden, die Hinterlegung einer angemessenen finanziellen Sicherheit, das Einreichen von Papieren oder die Verpflichtung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten.
(4) Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen.
(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen zur Vollstreckung der Rückkehrentscheidung, wenn nach Artikel 7 Absatz 4 keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder wenn die betreffende Person ihrer Rückkehrverpflichtung nicht innerhalb der nach Artikel 7 eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nachgekommen ist.
(2) Hat ein Mitgliedstaat eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß Artikel 7 eingeräumt, so kann die Rückkehrentscheidung erst nach Ablauf dieser Frist vollstreckt werden, es sei denn, innerhalb dieser Frist entsteht eine der Gefahren im Sinne von Artikel 7 Absatz 4.
(3) Die Mitgliedstaaten können eine getrennte behördliche oder gerichtliche Entscheidung oder Maßnahme erlassen, mit der die Abschiebung angeordnet wird.
(4) Machen die Mitgliedstaaten — als letztes Mittel — von Zwangsmaßnahmen zur Durchführung der Abschiebung von Widerstand leistenden Drittstaatsangehörigen Gebrauch, so müssen diese Maßnahmen verhältnismäßig sein und dürfen nicht über die Grenzen des Vertretbaren hinausgehen. ²Sie müssen nach dem einzelstaatlichen Recht im Einklang mit den Grundrechten und unter gebührender Berücksichtigung der Menschenwürde und körperlichen Unversehrtheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen angewandt werden.
(5) Bei der Durchführung der Abschiebungen auf dem Luftweg tragen die Mitgliedstaaten den Gemeinsamen Leitlinien für Sicherheitsvorschriften bei gemeinsamen Rückführungen auf dem Luftweg im Anhang zur Entscheidung 2004/573/EG Rechnung.
(6) Die Mitgliedstaaten schaffen ein wirksames System für die Überwachung von Rückführungen.
(1) Die Mitgliedstaaten schieben die Abschiebung auf,
(2) Die Mitgliedstaaten können die Abschiebung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls um einen angemessenen Zeitraum aufschieben. Die Mitgliedstaaten berücksichtigen insbesondere
(3) Wird eine Abschiebung gemäß den Absätzen 1 und 2 aufgeschoben, so können dem betreffenden Drittstaatsangehörigen die in Artikel 7 Absatz 3 vorgesehenen Verpflichtungen auferlegt werden.
(1) Vor Ausstellung einer Rückkehrentscheidung für unbegleitete Minderjährige wird Unterstützung durch geeignete Stellen, bei denen es sich nicht um die für die Vollstreckung von Rückkehrentscheidungen zuständigen Behörden handelt, unter gebührender Berücksichtigung des Wohles des Kindes gewährt.
(2) Vor Abschiebung von unbegleiteten Minderjährigen aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates vergewissern sich die Behörden dieses Mitgliedstaats, dass die Minderjährige einem Mitglied ihrer Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Rückkehrstaat übergeben werden.
(1)
Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher,
In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.
(2) Die Dauer des Einreiseverbots wird in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. ²Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.
(3)
Die Mitgliedstaaten prüfen die Aufhebung oder Aussetzung eines Einreiseverbots, wenn Drittstaatsangehörige, gegen die ein Einreiseverbot nach Absatz 1 Unterabsatz 2 verhängt wurde, nachweisen können, dass sie das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter uneingeschränkter Einhaltung einer Rückkehrentscheidung verlassen haben.
Gegen Opfer des Menschenhandels, denen nach Maßgabe der Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren ein Aufenthaltstitel erteilt wurde, wird unbeschadet des Absatzes 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b kein Einreiseverbot verhängt, sofern die betreffenden Drittstaatsangehörigen keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellen.
Die Mitgliedstaaten können in Einzelfällen aus humanitären Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbots absehen oder ein Einreiseverbot aufheben oder aussetzen.
Die Mitgliedstaaten können in Einzelfällen oder bestimmten Kategorien von Fällen ein Einreiseverbot aus sonstigen Gründen aufheben oder aussetzen.
(4) Erwägt ein Mitgliedstaat, einen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung für Drittstaatsangehörige auszustellen, gegen die ein Einreiseverbot eines anderen Mitgliedstaats besteht, so konsultiert er zunächst den Mitgliedstaat, der das Einreiseverbot verhängt hat, und berücksichtigt dessen Interessen gemäß Artikel 25 des Schengener Durchführungsübereinkommens.
(5) Die Absätze 1 bis 4 berühren nicht das Recht, in den Mitgliedstaaten um internationalen Schutz nach Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes nachzusuchen.
KAPITEL III: VERFAHRENSGARANTIEN
(1)
Rückkehrentscheidungen sowie — gegebenenfalls — Entscheidungen über ein Einreiseverbot oder eine Abschiebung ergehen schriftlich und enthalten eine sachliche und rechtliche Begründung sowie Informationen über mögliche Rechtsbehelfe.
Die Information über die Gründe kann begrenzt werden, wenn nach einzelstaatlichem Recht eine Einschränkung des Rechts auf Information vorgesehen ist, insbesondere um die nationale Sicherheit, die Landesverteidigung, die öffentliche Sicherheit oder die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten zu gewährleisten.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen den betreffenden Drittstaatsangehörigen auf Wunsch eine schriftliche oder mündliche Übersetzung der wichtigsten Elemente einer Entscheidung in Bezug auf die Rückkehr nach Absatz 1 einschließlich von Informationen über mögliche Rechtsbehelfe in einer Sprache zur Verfügung, die die Drittstaatsangehörigen verstehen oder bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass sie sie verstehen.
(3)
Die Mitgliedstaaten können beschließen, Absatz 2 nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die illegal in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist sind und die in der Folge nicht die Genehmigung oder das Recht erhalten haben, sich weiterhin dort aufzuhalten.
In solchen Fällen ergehen Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr nach Absatz 1 anhand des in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Standardformulars.
Die Mitgliedstaaten halten allgemeine Informationsblätter mit Erläuterungen zu den Hauptelementen des Standardformulars in mindestens fünf der Sprachen bereit, die von den illegal in den betreffenden Mitgliedstaat eingereisten Migranten am häufigsten verwendet oder verstanden werden.
(1) Die betreffenden Drittstaatsangehörigen haben das Recht, bei einer zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder einem zuständigen Gremium, dessen Mitglieder unparteiisch sind und deren Unabhängigkeit garantiert wird, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr nach Artikel 12 Absatz 1 einzulegen oder die Überprüfung solcher Entscheidungen zu beantragen.
(2) Die in Absatz 1 genannte Behörde oder dieses Gremium ist befugt, Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr nach Artikel 12 Absatz 1 zu überprüfen, und hat auch die Möglichkeit, ihre Vollstreckung einstweilig auszusetzen, sofern eine einstweilige Aussetzung nicht bereits im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften anwendbar ist.
(3) Die betreffenden Drittstaatsangehörigen können rechtliche Beratung, rechtliche Vertretung und — wenn nötig — Sprachbeistand in Anspruch nehmen.
(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass auf Antrag die erforderliche Rechtsberatung und/oder -vertretung gemäß einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Bestimmungen zur Prozesskostenhilfe kostenlos gewährt wird, und sie können vorsehen, dass kostenlose Rechtsberatung und/oder -vertretung nach Maßgabe der Bestimmungen nach Artikel 15 Absätze 3 bis 6 der Richtlinie 2005/85/EG bereitgestellt wird.
(1) Die Mitgliedstaaten stellen außer in Fällen nach Artikel 16 und 17 sicher, dass innerhalb der nach Artikel 7 für die freiwillige Ausreise gewährten Frist und der Fristen, während derer die Vollstreckung einer Abschiebung nach Artikel 9 aufgeschoben ist, die folgenden Grundsätze in Bezug auf Drittstaatsangehörige soweit wie möglich beachtet werden:
(2) Die Mitgliedstaaten stellen den in Absatz 1 genannten Personen eine schriftliche Bestätigung gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Verfügung, der zufolge die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß Artikel 7 Absatz 2 verlängert worden ist oder die Rückkehrentscheidung vorläufig nicht vollstreckt wird.
KAPITEL IV: INHAFTNAHME FÜR DIE ZWECKE DER ABSCHIEBUNG
(1)
Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, und zwar insbesondere dann, wenn
Die Haftdauer hat so kurz wie möglich zu sein und sich nur auf die Dauer der laufenden Abschiebungsvorkehrungen erstrecken, solange diese mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden.
(2)
Die Inhaftnahme wird von einer Verwaltungs- oder Justizbehörde angeordnet.
Die Inhaftnahme wird schriftlich unter Angabe der sachlichen und rechtlichen Gründe angeordnet.
Wurde die Inhaftnahme von einer Verwaltungsbehörde angeordnet, so gilt Folgendes:
Ist die Inhaftnahme nicht rechtmäßig, so werden die betreffenden Drittstaatsangehörigen unverzüglich freigelassen.
(3) Die Inhaftnahme wird in jedem Fall — entweder auf Antrag der betreffenden Drittstaatsangehörigen oder von Amts wegen — in gebührenden Zeitabständen überprüft. ²Bei längerer Haftdauer müssen die Überprüfungen der Aufsicht einer Justizbehörde unterliegen.
(4) Stellt sich heraus, dass aus rechtlichen oder anderweitigen Erwägungen keine hinreichende Aussicht auf Abschiebung mehr besteht oder dass die Bedingungen gemäß Absatz 1 nicht mehr gegeben sind, so ist die Haft nicht länger gerechtfertigt und die betreffende Person unverzüglich freizulassen.
(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. ²Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf.
(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
(1) Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. ²Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht.
(2) In Haft genommenen Drittstaatsangehörigen wird auf Wunsch gestattet, zu gegebener Zeit mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen und den zuständigen Konsularbehörden Kontakt aufzunehmen.
(3) Besondere Aufmerksamkeit gilt der Situation schutzbedürftiger Personen. ²Medizinische Notfallversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten wird gewährt.
(4) Einschlägig tätigen zuständigen nationalen und internationalen Organisationen sowie nicht-staatlichen Organisationen wird ermöglicht, in Absatz 1 genannte Hafteinrichtungen zu besuchen, soweit diese Einrichtungen für die Inhaftnahme von Drittstaatsangehörigen gemäß diesem Kapitel genutzt werden. ²Solche Besuche können von einer Genehmigung abhängig gemacht werden.
(5) In Haft genommene Drittstaatsangehörige müssen systematisch Informationen erhalten, in denen die in der Einrichtung geltenden Regeln erläutert und ihre Rechte und Pflichten dargelegt werden. ²Diese Information schließt eine Unterrichtung über ihren nach einzelstaatlichem Recht geltenden Anspruch auf Kontaktaufnahme mit den in Absatz 4 genannten Organisationen und Stellen ein.
(1) Bei unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Minderjährigen wird Haft nur im äußersten Falle und für die kürzestmögliche angemessene Dauer eingesetzt.
(2) Bis zur Abschiebung in Haft genommene Familien müssen eine gesonderte Unterbringung erhalten, die ein angemessenes Maß an Privatsphäre gewährleistet.
(3) In Haft genommene Minderjährige müssen die Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten und, je nach Dauer ihres Aufenthalts, Zugang zur Bildung erhalten.
(4) Unbegleitete Minderjährige müssen so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht werden, die personell und materiell zur Berücksichtigung ihrer altersgemäßen Bedürfnisse in der Lage sind.
(5) Dem Wohl des Kindes ist im Zusammenhang mit der Abschiebehaft bei Minderjährigen Vorrang einzuräumen.
(1) Führt eine außergewöhnlich große Zahl von Drittstaatsangehörigen, deren Rückkehr sicherzustellen ist, zu einer unvorhersehbaren Überlastung der Kapazitäten der Hafteinrichtungen eines Mitgliedstaats oder seines Verwaltungs- oder Justizpersonals, so kann der betreffende Mitgliedstaat, solange diese außergewöhnliche Situation anhält, die für die gerichtliche Überprüfung festgelegten Fristen über die in Artikel 15 Absatz 2 Unterabsatz 3 genannten Fristen hinaus verlängern und dringliche Maßnahmen in Bezug auf die Haftbedingungen ergreifen, die von den Haftbedingungen nach den Artikeln 16 Absatz 1 und 17 Absatz 2 abweichen.
(2) Ein Mitgliedstaat, der auf diese außergewöhnlichen Maßnahmen zurückgreift, setzt die Kommission davon in Kenntnis. ²Er unterrichtet die Kommission ebenfalls, sobald die Gründe für die Anwendung dieser außergewöhnlichen Maßnahmen nicht mehr vorliegen.
(3) Dieser Artikel ist nicht so auszulegen, als gestatte er den Mitgliedstaaten eine Abweichung von ihrer allgemeinen Verpflichtung, alle geeigneten — sowohl allgemeinen als auch besonderen — Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass sie ihren aus dieser Richtlinie hervorgehenden Verpflichtungen nachkommen.
KAPITEL V: SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat alle drei Jahre Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten und schlägt gegebenenfalls Änderungen vor.
²Erstmals erstattet sie bis spätestens zum 24. Dezember 2013 Bericht und legt dabei den Schwerpunkt auf die Anwendung von Artikel 11, Artikel 13 Absatz 4 und Artikel 15 in den Mitgliedstaaten. ³In Bezug auf Artikel 13 Absatz 4 untersucht die Kommission insbesondere, welcher zusätzliche finanzielle und administrative Aufwand den Mitgliedstaaten entsteht.
(1)
Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie bis spätestens zum 24. Dezember 2010 nachzukommen. ²In Bezug auf Artikel 13 Absatz 4 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie bis spätestens zum 24. Dezember 2011 nachzukommen. ³Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.
⁴Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. ⁵Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
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