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Richtlinie (EG) 2002/47

Richtlinie (EG) 2002/47

Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten

Art. 2 Begriffsbestimmungen

(1) 

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)
„Finanzsicherheit“ ist eine Sicherheit, die in Form der Vollrechtübertragung oder in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts bestellt wird; hierbei ist unerheblich, ob diese Geschäfte einem Rahmenvertrag oder allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen oder nicht.

b)
„Finanzsicherheit in Form der Vollrechtsübertragung“ ist die vollständige Übereignung bzw. Zession eines Finanzaktivums oder die Übertragung aller Rechte daran zum Zwecke der Besicherung oder anderweitigen Deckung von Verbindlichkeiten; hierzu gehören auch Wertpapierpensionsgeschäfte.
c)
„Finanzsicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Rechts“ ist ein Sicherungsrecht an einem Finanzaktivum durch einen Sicherungsgeber, wobei das volle oder bedingte/beschränkte Eigentum oder die Inhaberschaft an der Sicherheit zum Zeitpunkt der Bestellung beim Sicherungsgeber verbleibt.

d)
„Barsicherheit“ ist ein in beliebiger Währung auf einem Konto gutgeschriebener Betrag oder vergleichbare Geldforderungen, beispielsweise Geldmarkt-Sichteinlagen.
e)
„Finanzinstrumente“ sind Aktien und andere, diesen gleichzustellende Wertpapiere, Schuldverschreibungen und sonstige verbriefte und unverbriefte Schuldtitel, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, und alle anderen üblicherweise gehandelten Titel, die zum Erwerb solcher Aktien, Schuldverschreibungen oder anderer Wertpapiere durch Zeichnung, Kauf oder Austausch berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, einschließlich Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, Geldmarktinstrumenten sowie jegliche Rechte oder Ansprüche im Zusammenhang mit irgendeinem der vorgenannten Aktiva.
f)
„Maßgebliche Verbindlichkeiten“ sind Verbindlichkeiten, die durch Finanzsicherheiten besichert sind und ein Recht auf Barzahlung und/oder Lieferung von Finanzinstrumenten begründen.

Maßgebliche Verbindlichkeiten können ganz oder teilweise bestehen aus

i)
gegenwärtigen oder künftigen, bedingten oder unbedingten, fälligen oder betagten Verbindlichkeiten (einschließlich solcher, die aus einem Rahmenvertrag oder einer ähnlichen Vereinbarung erwachsen),
ii)
Verbindlichkeiten einer anderen Person als der des Sicherungsgebers gegenüber dem Sicherungsnehmer oder
iii)
Verbindlichkeiten, die lediglich allgemein oder ihrer Art nach bestimmt oder bestimmbar sind und gelegentlich entstehen.
g)
„Im Effektengiro übertragbare Wertpapiere“ sind Finanzsicherheiten in Form von Finanzinstrumenten, bei denen die Eigentumsverhältnisse durch einen Registereintrag oder eine Buchung auf einem von einem Intermediär oder für den Intermediär selbst geführten Depotkonto nachgewiesen werden.
h)
„Maßgebliches Konto“ ist in Bezug auf im Effektengiro übertragbare Wertpapiere, die als Finanzsicherheit gestellt werden, das Register oder Depotkonto — das auch vom Sicherungsnehmer selbst geführt werden kann —, in dem der maßgebliche Eintrag bzw. auf dem die maßgebliche Buchung erfolgt, aufgrund deren der Sicherungnehmer die Sicherheit erlangt.
i)
„Sicherheit derselben Art“ ist
i)
in Bezug auf Barsicherheiten die Zahlung eines Betrags in gleicher Höhe und gleicher Währung;
ii)
in Bezug auf Finanzinstrumente ein anderes Finanzinstrument desselben Emittenten oder Schuldners, das Bestandteil derselben Emission oder Serie ist, auf den gleichen Nennwert und die gleiche Währung lautet und das gleiche Recht verbrieft; hierzu zählen, sofern vereinbart, auch Vermögenswerte, die infolge eines Ereignisses, das die als Finanzsicherheit gestellten Finanzinstrumente betrifft, an die Stelle des Finanzinstruments treten.
j)
„Liquidationsverfahren“ ist ein Gesamtverfahren, bei dem das Vermögen verwertet und der Erlös in angemessener Weise unter den Gläubigern, Anteilseignern oder Mitgliedern verteilt wird, wozu das Tätigwerden einer Behörde oder eines Gerichts erforderlich ist; dazu zählen auch Gesamtverfahren, die durch einen Vergleich oder eine ähnliche Maßnahme abgeschlossen werden; es ist unerheblich, ob das Verfahren infolge Zahlungsunfähigkeit eröffnet wird oder nicht oder ob es freiwillig oder zwangsweise eingeleitet wird.
k)
„Sanierungsmaßnahmen“ sind Maßnahmen, die das Tätigwerden einer Behörde oder eines Gerichts mit dem Ziel beinhalten, die finanzielle Lage zu sichern oder wieder herzustellen, und die die bestehenden Rechte Dritter beeinträchtigen; dazu zählen unter anderem auch Maßnahmen, die die Aussetzung der Zahlungen, die Aussetzung der Vollstreckungsmaßnahmen oder eine Kürzung der Forderungen beinhalten.
l)
„Verwertungs- bzw. Beendigungsfall“ ist eine Vertragsverletzung oder jedes Ereignis, das die Vertragsparteien kraft Vereinbarung einer Vertragsverletzung gleichstellen, bei deren/dessen Eintreten der Sicherungsnehmer vertraglich oder kraft Gesetzes zur Verwertung bzw. Aneignung der Finanzsicherheit bzw. zur Aufrechnung infolge Beendigung („close out netting“) berechtigt ist.
m)
„Verfügungsrecht“ ist das Recht des Inhabers eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts an einem Finanzaktivum, über dieses Aktivum vereinbarungsgemäß als Eigentümer zu verfügen.
n)
„Aufrechnung infolge Beendigung“ („close out netting“) ist eine vertragliche Bestimmung im Rahmen der Bestellung einer Finanzsicherheit bzw. einer Vereinbarung, die die Bestellung einer Finanzsicherheit umfasst, oder — sofern nichts vereinbart wurde — eine Rechtsvorschrift, wonach der Eintritt eines Verwertungs- bzw. Beendigungsfalls (im Wege der Verrechnung, Aufrechnung oder auf andere Weise) Folgendes nach sich zieht:
i)
die entsprechenden Verpflichtungen werden entweder sofort fällig und in eine Zahlungsverpflichtung in Höhe ihres geschätzten aktuellen Werts umgewandelt oder beendigt und durch einen entsprechenden Zahlungsanspruch ersetzt und/oder
ii)
der Wert der beiderseits fälligen finanziellen Verpflichtungen wird ermittelt, wobei die Partei mit den höheren Verbindlichkeiten den errechneten Nettosaldo an die andere Partei zu zahlen hat.

o)
„Kreditforderungen“ sind Geldforderungen aus einer Vereinbarung, aufgrund derer ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 4 Nummer 1 der Richtlinie 2006/48/EG, einschließlich der in Artikel 2 jener Richtlinie bezeichneten Institute, einen Kredit in Form eines Darlehens gewährt.

(2) „Bestellung“ bzw. „bestellt“ im Sinne dieser Richtlinie bedeutet, dass dem Sicherungsnehmer oder seinem Vertreter eine Finanzsicherheit geliefert oder im Wege des Effektengiros gutgeschrieben wurde oder ihnen auf sonstige Weise der Besitz oder die Kontrolle daran verschafft wurde, sofern er den Besitz oder die Kontrolle nicht bereits innehatte. ² Der Besitzverschaffung gemäß dieser Richtlinie steht nicht entgegen, dass der Sicherungsgeber Anspruch auf Rückgewähr bestellter Sicherheiten im Austausch gegen andere Sicherheiten oder auf Rückgewähr überschüssiger Sicherheiten hat oder im Falle von Kreditforderungen bis auf Weiteres die Erträge aus diesen Forderungen einziehen kann.

(3) „Schriftlich“ im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet auch die elektronische Aufzeichnung sowie jede andere Art der Aufzeichnung mittels eines dauerhaften Datenträgers.