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Richtlinie (EG) 2002/47

Richtlinie (EG) 2002/47

Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten

Art. 1 Gegenstand

(1) Diese Richtlinie legt eine Gemeinschaftsregelung für die Finanzsicherheiten fest, die den Anforderungen der Absätze 2 und 5 genügen bzw. gemäß den Absätzen 4 und 5 bestellt wurden.

(2) 

Sowohl der Sicherungsnehmer als auch der Sicherungsgeber muss einer der folgenden Kategorien angehören:

a)
öffentlich-rechtliche Körperschaften, mit Ausnahme von Unternehmen, die mit einer öffentlichen Garantie ausgestattet sind, sofern sie nicht durch die Buchstaben b) bis e) erfasst werden, einschließlich
i)
der öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten, die für die Verwaltung der Schulden der öffentlichen Hand zuständig sind oder daran mitwirken, und
ii)
der öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten, die berechtigt sind, Konten für Kunden zu führen,

b)
Zentralbanken, die Europäische Zentralbank, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, multilaterale Entwicklungsbanken gemäß Anhang VI Teil 1 Abschnitt 4 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung) , der Internationale Währungsfonds und die Europäische Investitionsbank,

c)
beaufsichtigte Finanzinstitute, einschließlich der

i)
Kreditinstitute im Sinne von Artikel 4 Nummer 1 der Richtlinie 2006/48/EG einschließlich der in Artikel 2 derselben Richtlinie bezeichneten Institute,
ii)
Wertpapierfirmen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente ,
iii)
Finanzinstitute im Sinne von Artikel 4 Nummer 5 der Richtlinie 2006/48/EG,
iv)
Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung)  und Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen ,

v)
Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) ,
vi)
Verwaltungsgesellschaften im Sinne von Artikel 1a Absatz 2 der Richtlinie 85/611/EWG,
d)
zentrale Vertragsparteien, Verrechnungsstellen und Clearingstellen im Sinne von Artikel 2 Buchstabe c) bzw. Buchstabe d) bzw. Buchstabe e) der Richtlinie 98/26/EG und vergleichbare Einrichtungen, die einer Aufsicht nach dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen und für Terminkontrakt-, Options- und Derivatemärkte fungieren, soweit sie nicht bereits von der genannten Richtlinie erfasst werden sowie juristische Personen, die als Treuhänder oder Vertreter für eine oder mehrere Personen tätig sind, insbesondere für Anleihegläubiger oder Inhaber sonstiger verbriefter Forderungen oder für eine Einrichtung im Sinne der Buchstaben a) bis d),
e)
andere als natürliche Personen sowie Einzelkaufleute und Personengesellschaften, sofern die andere Vertragspartei eine Einrichtung im Sinne der Buchstaben a) bis d) ist.

(3) 

Die Mitgliedstaaten können Finanzsicherheiten aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnehmen, wenn eine der Vertragsparteien der Kategorie unter Absatz 2 Buchstabe e) angehört.

Wenn ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, teilt er dies der Kommission mit, welche die übrigen Mitgliedstaaten unterrichtet.

(4) 

a)
Finanzsicherheiten sind eine Barsicherheit, Finanzinstrumente oder Kreditforderungen.
b)
Die Mitgliedstaaten können Finanzsicherheiten aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnehmen, wenn es sich dabei um eigene Anteile des Sicherungsgebers, Anteile an verbundenen Unternehmen im Sinne der Richtlinie 83/349/EWG vom 13. Juni 1983 über den konsolidierten Abschluss  oder Anteile an Unternehmen handelt, die ausschließlich dazu dienen, das Eigentum an zentralen Produktionsmitteln für den Geschäftsbetrieb des Sicherungsgebers oder an Immobilien innezuhaben.

c)
Die Mitgliedstaaten können vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie Kreditforderungen ausschließen, bei denen der Schuldner ein Verbraucher im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge  oder ein Kleinstunternehmen oder kleines Unternehmen im Sinne von Artikel 1 und Artikel 2 Absätze 2 und 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen  ist, sofern es sich bei dem Sicherungsnehmer oder dem Sicherungsgeber dieser Kreditforderungen nicht um ein Institut gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b dieser Richtlinie handelt.

(5) 

Diese Richtlinie gilt für besitzgebundene Finanzsicherheiten, bei denen die Besitzverschaffung schriftlich nachgewiesen werden kann.

²Der Nachweis der Besitzverschaffung muss die Identifizierung der betreffenden Finanzsicherheit ermöglichen. ³Hierfür gilt u. a. als ausreichend, wenn im Effektengiro übertragbare Wertpapiere dem maßgeblichen Konto gutgeschrieben wurden oder ein entsprechendes Guthaben in solchen Wertpapieren besteht oder wenn die Barsicherheit einem bezeichneten Konto gutgeschrieben wurde oder ein entsprechendes Barguthaben besteht.  Bei Kreditforderungen ist die Aufnahme in eine Liste von Kreditforderungen, die dem Sicherungsnehmer in schriftlicher oder rechtlich gleichwertiger Form übermittelt wird, ausreichend, um die Forderung zu identifizieren und ihre Bestellung als Finanzsicherheit zwischen den Parteien nachzuweisen.

Unbeschadet des Unterabsatzes 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Aufnahme in eine Liste von Kreditforderungen, die schriftlich oder in rechtlich gleichwertiger Form dem Sicherungsnehmer übermittelt wird, ebenfalls ausreicht, um die Forderung zu identifizieren und ihre Bestellung als Finanzsicherheit gegenüber dem Schuldner und/oder Dritten nachzuweisen.

Diese Richtlinie gilt für Finanzsicherheiten, deren Bestellung schriftlich oder in rechtlich gleichwertiger Form nachgewiesen werden kann.

(6) 

Die Artikel 4 bis 7 dieser Richtlinie gelten nicht für Beschränkungen der Durchsetzung von Sicherheitsvereinbarungen oder Beschränkungen der Wirksamkeit von Finanzsicherheitsvereinbarungen in Form eines beschränkten dinglichen Rechts, Glattstellungs-Saldierungsvereinbarungen oder Aufrechnungsvereinbarungen, die aufgrund des Titels IV Kapitel IV bzw. Kapitel V der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates auferlegt werden, oder für vergleichbare Beschränkungen, die durch ähnliche Befugnisse im Recht eines Mitgliedstaats auferlegt werden, damit Institute gemäß Absatz 2 Buchstabe c Ziffer iv sowie Institute gemäß Absatz 2 Buchstabe d, für die mindestens den in Titel IV Kapitel VI der Richtlinie 2014/59/EU genannten Garantien gleichwertige Sicherheiten vorgesehen sind, ordentlich aufgelöst werden können .