freiRecht
Richtlinie (EU) 2014/65

Richtlinie (EU) 2014/65

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU

  • TITEL IV: POSITIONSLIMITS UND POSITIONSMANAGEMENTKONTROLLEN BEI WARENDERIVATEN UND POSITIONSMELDUNGEN

Art. 57 Positionslimits und Positionsmanagementkontrollen bei Warenderivaten

(1) 

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden in Übereinstimmung mit der von der ESMA entwickelten Berechnungsmethodologie Positionslimits für die Größe der Nettopositionen festlegen und anwenden, die eine Person jederzeit in Warenderivaten, die an Handelsplätzen gehandelt werden, und in wirtschaftlich gleichwertigen OTC-Kontrakten halten darf. Die Positionslimits werden auf der Grundlage aller Positionen festgelegt, die von einer Person oder aggregiert auf Gruppenebene für diese Person gehalten werden, um

a)
Marktmissbrauch zu verhindern,
b)
zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen, dies beinhaltet marktverzerrende Positionen zu verhindern und insbesondere eine Konvergenz zwischen den Preisen von Derivaten im Monat der Lieferung und den Spotpreisen für die zugrundeliegende Ware sicherzustellen, ohne dass die Preisbildung am Markt für die zugrundeliegende Ware davon berührt wird.

Positionslimits gelten nicht für Positionen, die von oder für eine nichtfinanzielle Stelle gehalten werden und objektiv messbar die direkt mit der Geschäftstätigkeit dieser nichtfinanziellen Stelle verbundenen Risiken verringern.

(2) Die Positionslimits legen eindeutige quantitative Schwellenwerte für die maximale Größe einer Position in einem Warenderivat fest, die eine Person halten darf.

(3) 

Die ESMA erarbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards, um die Berechnungsmethodologie zu bestimmen, nach der die zuständigen Behörden die Positionslimits in Spot-Monaten und anderen Monaten für effektiv gelieferte oder bar abgerechnete Warenderivate auf der Grundlage der Eigenschaften der entsprechenden Derivate festzulegen haben. Die Berechnungsmethodologie berücksichtigt mindestens die folgenden Faktoren:

a)
die Laufzeit der Warenderivatkontrakte,
b)
die lieferbare Menge der zugrundeliegenden Ware,
c)
die Gesamtheit der offenen Positionen bei diesem Kontrakt und die Gesamtheit der offenen Positionen bei anderen Finanzinstrumenten, denen dieselbe Ware zugrunde liegt,
d)
die Volatilität an den jeweiligen Märkten einschließlich Ersatzderivaten und der zugrundeliegenden Warenmärkte,
e)
die Anzahl und Größe der Marktteilnehmer,
f)
die Merkmale des zugrundeliegenden Warenmarkts, einschließlich Produktions- und Verbrauchsmodellen sowie Modellen für den Transport zum Markt,
g)
die Entwicklung neuer Kontrakte.

Die ESMA berücksichtigt die Erfahrungen von Wertpapierfirmen oder Marktbetreibern, die einen Handelsplatz betreiben, und von anderen Rechtsordnungen in Bezug auf die Positionslimits.

Die ESMA legt die in Unterabsatz 1 genannten Entwürfe technischer Regulierungsstandards der Kommission bis zum 3. Juli 2015 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

(4) 

Eine zuständige Behörde legt auf der Grundlage der von der ESMA im Einklang mit Absatz 3 entwickelten Berechnungsmethodologie für jeden Kontrakt auf Warenderivate, die an Handelsplätzen gehandelt werden, Positionslimits fest. ²Diese Positionslimits gelten auch für wirtschaftlich gleichwertige OTC-Kontrakte.

Eine zuständige Behörde überprüft die Positionslimits im Falle einer erheblichen Änderung der lieferbaren Menge oder der offenen Kontraktpositionen oder im Falle sonstiger erheblicher Änderungen auf dem Markt auf der Grundlage der von ihr ermittelten lieferbaren Menge und offenen Kontraktposition und berechnet die Positionslimits im Einklang mit der von der ESMA entwickelten Methodologie neu.

(5) 

Die zuständigen Behörden unterrichten die ESMA über die genauen Positionslimits, die sie in Übereinstimmung mit der von der ESMA gemäß Absatz 3 entwickelten Berechnungsmethodologie festzulegen beabsichtigen. ²Binnen zwei Monaten nach Erhalt der Meldung gibt die ESMA eine Stellungnahme gegenüber der betroffenen zuständige Behörde ab, in der die Vereinbarkeit der Positionslimits mit den Zielen nach Absatz 1 und der von der ESMA gemäß Absatz 3 entwickelten Berechnungsmethodologie bewertet wird. ³Die ESMA veröffentlicht die Stellungnahme auf ihrer Website. Die betreffende zuständige Behörde passt die Positionslimits entsprechend der Stellungnahme der ESMA an oder begründet der ESMA gegenüber, warum die Änderung als unnötig erachtet wird. Werden von einer zuständigen Behörde Positionslimits verhängt, die der Stellungnahme der ESMA zuwiderlaufen, so veröffentlicht sie auf ihrer Website umgehend eine Bekanntmachung, in der sie die Gründe für ihr Vorgehen vollständig darlegt.

Stellt die ESMA fest, dass ein Positionslimit nicht der Berechnungsmethodologie nach Absatz 3 entspricht, ergreift sie Maßnahmen in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010.

(6) 

Wird dasselbe Warenderivat an Handelsplätzen in mehreren Hoheitsgebieten in erheblichem Volumen gehandelt, legt die zuständige Behörde des Handelsplatzes, an dem das größte Volumen gehandelt wird (die zentrale zuständige Behörde) das einheitliche Positionslimit fest, dass für den gesamten Handel mit diesem Kontrakt gilt. ²Die zentrale zuständige Behörde konsultiert im Hinblick auf das anzuwendende einheitliche Positionslimit und jede Überarbeitung dieses einheitlichen Positionslimits die zuständigen Behörden der anderen Handelsplätze, an denen große Volumen dieses Derivats gehandelt werden. ³Falls sich die zuständigen Behörden nicht einigen können, legen sie die vollständigen und ausführlichen Gründe dar, warum aus ihrer Sicht die in Absatz 1 festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Meinungsverschiedenheiten zwischen den zuständigen Behörden legt die ESMA in Ausübung ihrer Befugnisse nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 bei.

Die zuständigen Behörden der Handelsplätze, an denen dasselbe Warenderivat gehandelt wird, und die für die Inhaber von Positionen in diesem Warenderivat zuständigen Behörden treffen Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit, einschließlich des Austauschs einschlägiger Daten, um die Überwachung und Durchsetzung der einheitlichen Positionslimits zu ermöglichen.

(7) Die ESMA überprüft mindestens einmal im Jahr, wie die zuständigen Behörden die Positionslimits umgesetzt haben, die mit der von der ESMA gemäß Absatz 3 entwickelten Berechnungsmethodologie festgelegt wurden. ²Dabei stellt die ESMA sicher, dass ein einheitliches Positionslimit gemäß Absatz 6 tatsächlich für denselben Kontrakt gilt, ungeachtet dessen, wo dieser gehandelt wird.

(8) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die einen Handelsplatz betreiben, an dem Warenderivate gehandelt werden Positionsmanagementkontrollen durchführen. ²Diese Kontrollen umfassen zumindest die Befugnis des Handelsplatzes,

a)
die offenen Kontraktpositionen jeder Person zu überwachen,
b)
von jeder Person Zugang zu Informationen, einschließlich aller einschlägigen Unterlagen, über Größe und Zweck einer eingegangenen Position oder offenen Forderung sowie Informationen über wirtschaftliche oder tatsächliche Eigentümer, etwaige Absprachen sowie alle zugehörigen Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten am Basismarkt zu erhalten,
c)
von jeder Person je nach Einzelfall die zeitweilige oder dauerhafte Auflösung oder Reduzierung einer Position zu verlangen und — falls der Betreffende dem nicht nachkommt — einseitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Auflösung oder Reduzierung sicherzustellen, und
d)
von jeder Person gegebenenfalls zu verlangen, zeitweilig Liquidität zu einem vereinbarten Preis und in vereinbartem Umfang eigens zu dem Zweck in den Markt zurückfließen zu lassen, die Auswirkungen einer großen oder marktbeherrschenden Position abzumildern.

(9) Die Positionslimits und Positionsmanagementkontrollen sind transparent und diskriminierungsfrei, legen fest, wie sie auf Personen anzuwenden sind, und tragen der Art und der Zusammensetzung der Marktteilnehmer sowie deren Nutzung der zum Handel zugelassenen Kontrakte Rechnung.

(10) 

Die Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die den Handelsplatz betreiben, informieren die zuständige Behörde über die Einzelheiten der Positionsmanagementkontrollen.

Die zuständige Behörde leitet diese Informationen sowie die Einzelheiten der von ihr festgelegten Positionslimits an die ESMA weiter, die auf ihrer Website eine Datenbank mit Zusammenfassungen der Positionslimits und der Positionsmanagementkontrollen veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert.

(11) Die Positionslimits nach Absatz 1 werden von den zuständigen Behörden gemäß Artikel 69 Absatz 2 Buchstabe p vorgeschrieben.

(12) 

Die ESMA erarbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards, in denen Folgendes spezifiziert wird:

a)
die Kriterien und Methoden für die Bestimmung, ob eine Position als Position gelten kann, die direkt mit der Geschäftstätigkeit verbundene Risiken verringert,
b)
die Methoden zur Bestimmung, wann die Positionen einer Person auf Gruppenebene aggregiert werden,
c)
die Kriterien zur Bestimmung, ob ein Kontrakt ein zu dem an dem Handelsplatz gehandelten Kontrakt nach Absatz 1 wirtschaftlich gleichwertiger OTC-Kontrakt ist, auf eine Art und Weis, die die Meldung von in gleichwertigen OTC-Kontrakten eingegangenen Positionen an die entsprechende zuständige Behörde gemäß Artikel 58 Absatz 2 ermöglicht,
d)
die Festlegung, was „dasselbe Warenderivat“ und „erhebliches Volumen“ gemäß Absatz 6 dieses Artikels bedeutet,
e)
die Methodologie für die Aggregierung und Saldierung von OTC-Positionen und an Handelsplätzen gehandelten Positionen in Warenderivaten, um die Nettoposition für die Bewertung der Einhaltung der Positionslimits festzulegen. Diese Methodologie legt Kriterien fest, um zu bestimmen, welche Positionen gegeneinander saldiert werden können, und ermöglicht nicht den Aufbau von Positionen auf eine Weise, die nicht den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Zielen entspricht,
f)
das Verfahren zur Festlegung, wie Personen die Ausnahme gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 dieses Artikels beantragen können und wie die entsprechende zuständige Behörde derartige Anträge genehmigen wird,
g)
die Berechnungsmethode zur Bestimmung des Handelsplatzes, an dem das größte Volumen eines Warenderivats gehandelt wird, und zur Festlegung der „erheblichen Volumen“ gemäß Absatz 6 dieses Artikels.

Die ESMA legt die in Unterabsatz 1 genannten Entwürfe technischer Regulierungsstandards der Kommission bis zum 3. Juli 2015 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

(13) 

Die zuständigen Behörden verhängen keine Limits, die restriktiver sind als die gemäß Absatz 1 eingeführten Limits, außer in Ausnahmefällen, wenn sie unter Berücksichtigung der Liquidität und der geordneten Funktionsweise des spezifischen Markts sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. ²Die zuständigen Behörden veröffentlichen auf ihrer Website die Einzelheiten der von ihnen verhängten restriktiveren Positionslimits; diese treten zunächst für einen Zeitraum in Kraft, der sechs Monate ab dem Datum ihrer Veröffentlichung auf der Website nicht überschreitet. ³Die restriktiveren Positionslimits können in der Folge jeweils für einen Zeitraum verlängert werden, der sechs Monate nicht überschreiten darf, sofern die Gründe hierfür weiterhin bestehen. Werden sie nach Ablauf dieser sechs Monate nicht verlängert, treten sie automatisch außer Kraft.

Wenn die zuständigen Behörden beschließen, restriktivere Positionslimits zu verhängen, teilen sie dies der ESMA mit. Dieser Mitteilung ist eine Begründung für die restriktiveren Positionslimits beizufügen. Die ESMA gibt innerhalb von 24 Stunden eine Stellungnahme darüber ab, ob aus ihrer Sicht die restriktiveren Positionslimits zur Bewältigung des Ausnahmefalls erforderlich sind. Die Stellungnahme wird auf der Website der ESMA veröffentlicht.

Werden von einer zuständigen Behörde Positionslimits verhängt, die der Stellungnahme der ESMA zuwiderlaufen, so veröffentlicht sie auf ihrer Website umgehend eine Mitteilung, in der sie die Gründe für ihr Vorgehen vollständig darlegt.

(14) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zuständigen Behörden ihre Sanktionsbefugnisse gemäß dieser Richtlinie für Verstöße gegen die gemäß diesem Artikel festgelegten Positionslimits ausüben können im Hinblick auf:

a)
Positionen, die von Personen gehalten werden, die sich in ihrem Hoheitsgebiet oder im Ausland aufhalten oder dort tätig sind, und die die Limits für die Warenderivatkontrakte überschreiten, die die zuständige Behörde für Kontrakte an Handelsplätzen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden oder dort betrieben werden, oder für wirtschaftlich gleichwertige OTC-Kontrakte festgelegt hat,
b)
Positionen, die von Personen gehalten werden, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten oder dort tätig sind, und die die Limits für Warenderivatkontrakte überschreiten, die von den zuständigen Behörden in anderen Mitgliedstaaten festgelegt wurden.