freiRecht
Richtlinie (EG) 2009/28

Richtlinie (EG) 2009/28

Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG

Art. 17 Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Brennstoffe

(1) 

Ungeachtet der Frage, ob Rohstoffe innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft angebaut wurden, wird Energie in Form von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen für die in den Buchstaben a, b und c genannten Zwecke nur dann berücksichtigt, wenn sie die in den Absätzen 2 bis 6 dieses Artikels festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen:

a)
Bewertung der Einhaltung der die nationalen Ziele betreffenden Anforderungen der Richtlinie,
b)
Bewertung der Einhaltung der Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energie,
c)
Möglichkeit der finanziellen Förderung für den Verbrauch von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen.

Aus Abfällen und Reststoffen mit Ausnahme von land- und forstwirtschaftlichen Reststoffen und Reststoffen aus der Aquakultur und Fischerei hergestellte Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe müssen jedoch lediglich die in Absatz 2 dieses Artikels festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, um für die in den Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt zu werden.

(2) 

Die durch die Verwendung von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen erzielte Minderung der Treibhausgasemissionen, die für die in Absatz 1 genannten Zwecke berücksichtigt wird, muss bei Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen, die in Anlagen hergestellt werden, die den Betrieb nach dem 5. Oktober 2015 aufnehmen, mindestens 60 % betragen. ²Es wird davon ausgegangen, dass eine Anlage in Betrieb ist, wenn die physische Herstellung von Biokraftstoffen oder flüssigen Biobrennstoffen erfolgt ist.

Für die Zwecke des Absatzes 1 gilt im Fall von Anlagen, die am 5. Oktober 2015 oder davor in Betrieb waren, dass die Biokraftstoffe und flüssigen Biobrennstoffe bis zum 31. Dezember 2017 eine Treibhausgasemissionseinsparung von mindestens 35 % und ab dem 1. Januar 2018 von mindestens 50 % erzielen müssen.

Die durch die Verwendung von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen erzielte Einsparung bei den Treibhausgasemissionen wird im Einklang mit Artikel 19 Absatz 1 berechnet.

(3) 

Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die für die in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt werden, dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen mit hohem Wert hinsichtlich der biologischen Vielfalt gewonnen werden, das heißt auf Flächen, die im oder nach Januar 2008 folgenden Status hatten, unabhängig davon, ob die Flächen noch diesen Status haben:

a)
Primärwald und andere bewaldete Flächen, das heißt Wald und andere bewaldete Flächen mit einheimischen Arten, in denen es kein deutlich sichtbares Anzeichen für menschliche Aktivität gibt und die ökologischen Prozesse nicht wesentlich gestört sind;
b)
ausgewiesene Flächen:i) durch Gesetz oder von der zuständigen Behörde für Naturschutzzwecke oderii) für den Schutz seltener, bedrohter oder gefährdeter Ökosysteme oder Arten, die in internationalen Übereinkünften anerkannt werden oder in den Verzeichnissen zwischenstaatlicher Organisationen oder der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur aufgeführt sind, vorbehaltlich ihrer Anerkennung gemäß dem Verfahren des Artikels 18 Absatz 4 Unterabsatz 2,
sofern nicht nachgewiesen wird, dass die Gewinnung des Rohstoffs den genannten Naturschutzzwecken nicht zuwiderläuft;
c)
Grünland mit großer biologischer Vielfalt, das heißt:i) natürliches Grünland, das ohne Eingriffe von Menschenhand Grünland bleiben würde und dessen natürliche Artenzusammensetzung sowie ökologische Merkmale und Prozesse intakt sind, oderii) künstlich geschaffenes Grünland, das heißt Grünland, das ohne Eingriffe von Menschenhand kein Grünland bleiben würde und das artenreich und nicht degradiert ist, sofern nicht nachgewiesen wird, dass die Ernte des Rohstoffs zur Erhaltung des Grünlandstatus erforderlich ist.

 —————

(4) 

Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die für die in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt werden, dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand gewonnen werden, das heißt auf Flächen, die im Januar 2008 einen der folgenden Status hatten, diesen Status aber nicht mehr haben:

a)
Feuchtgebiete, d. h. Flächen, die ständig oder für einen beträchtlichen Teil des Jahres von Wasser bedeckt oder durchtränkt sind;
b)
kontinuierlich bewaldete Gebiete, d. h. Flächen von mehr als einem Hektar mit über fünf Meter hohen Bäumen und einem Überschirmungsgrad von mehr als 30 % oder mit Bäumen, die auf dem jeweiligen Standort diese Werte erreichen können;
c)
Flächen von mehr als einem Hektar mit über fünf Meter hohen Bäumen und einem Überschirmungsgrad von 10 bis 30 % oder mit Bäumen, die auf dem jeweiligen Standort diese Werte erreichen können, sofern nicht nachgewiesen wird, dass die Fläche vor und nach der Umwandlung einen solchen Kohlenstoffbestand hat, dass unter Anwendung der in Anhang V Teil C beschriebenen Methode die in Absatz 2 dieses Artikels genannten Bedingungen erfüllt wären.

Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Gewinnung des Rohstoffs die Flächen denselben Status hatten wie im Januar 2008.

(5) Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die für die in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt werden, dürfen nicht aus Rohstoffen hergestellt werden, die auf Flächen gewonnen werden, die im Januar 2008 Torfmoor waren, sofern nicht nachgewiesen wird, dass der Anbau und die Ernte des betreffenden Rohstoffs keine Entwässerung von zuvor nicht entwässerten Flächen erfordern.

(6) In der Gemeinschaft angebaute landwirtschaftliche Rohstoffe, die für die Herstellung von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen, die für die in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt werden, verwendet werden, müssen gemäß den in Anhang II Teil A der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe  unter der Überschrift „Umwelt“ und den in Anhang II Nummer 9 jener Verordnung genannten Anforderungen und Standards und gemäß den Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 jener Verordnung gewonnen werden.

(7) 

Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat in Bezug auf Drittländer und Mitgliedstaaten, die eine bedeutende Quelle für in der Gemeinschaft verbrauchte Biokraftstoffe oder Rohstoffe für Biokraftstoffe darstellen, alle zwei Jahre einen Bericht über die einzelstaatlichen Maßnahmen, die diese Länder zur Einhaltung der in den Absätzen 2 bis 5 genannten Nachhaltigkeitskriterien und zum Schutz von Boden, Wasser und Luft getroffen haben. ²Der erste Bericht wird 2012 vorgelegt.

³Die Kommission berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat alle zwei Jahre über die Folgen einer erhöhten Nachfrage nach Biokraftstoff im Hinblick auf die soziale Tragbarkeit in der Gemeinschaft und in Drittländern sowie über die Folgen der Biokraftstoff-Politik der Gemeinschaft hinsichtlich der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln zu erschwinglichen Preisen, insbesondere für die Menschen in Entwicklungsländern, und über weitergehende entwicklungspolitische Aspekte. In den Berichten ist auf die Wahrung von Landnutzungsrechten einzugehen. Zu Drittländern und zu Mitgliedstaaten, die eine bedeutende Rohstoffquelle für in der Gemeinschaft verbrauchte Biokraftstoffe darstellen, ist in den Berichten jeweils anzugeben, ob das betreffende Land alle der folgenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert und umgesetzt hat:

Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (Nr. 29),
Übereinkommen über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts (Nr. 87),
Übereinkommen über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (Nr. 98),
Übereinkommen über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (Nr. 100),
Übereinkommen über die Abschaffung der Zwangsarbeit (Nr. 105),
Übereinkommen über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (Nr. 111),
Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (Nr. 138),
Übereinkommen über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (Nr. 182).

Zu Drittländern und zu Mitgliedstaaten, die eine bedeutende Rohstoffquelle für in der Gemeinschaft verbrauchte Biokraftstoffe darstellen, ist in den Berichten jeweils anzugeben, ob das betreffende Land folgende Übereinkommen ratifiziert und umgesetzt hat:

das Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit,
das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen.

Der erste Bericht wird 2012 vorgelegt. Die Kommission schlägt gegebenenfalls Korrekturen vor, insbesondere dann, wenn nachgewiesen wird, dass sich die Biokraftstoffherstellung in erheblichem Maße auf die Nahrungsmittelpreise auswirkt.

(8) 

Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstaben a, b und c dürfen die Mitgliedstaaten Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die in Übereinstimmung mit diesem Artikel gewonnen werden, nicht aus sonstigen Nachhaltigkeitsgründen außer Acht lassen.

(9) Die Kommission berichtet über Anforderungen an ein Nachhaltigkeitskonzept für die energetische Nutzung von Biomasse, mit Ausnahme von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen, bis zum 31. Dezember 2009. Gegebenenfalls fügt sie dem Bericht Vorschläge für ein Nachhaltigkeitskonzept für die sonstige energetische Nutzung von Biomasse für das Europäische Parlament und den Rat bei. ²Dieser Bericht und die darin enthaltenen Vorschläge müssen auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und neuen Entwicklungen bei innovativen Prozessen Rechnung tragen. ³Ergibt die zu diesem Zweck durchgeführte Analyse, dass es angebracht wäre, im Zusammenhang mit Forstbiomasse Änderungen an der Berechnungsmethodik in Anhang V oder an den Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und flüssige Brennstoffe in Bezug auf Kohlenstoffbestände vorzunehmen, legt die Kommission hierfür gegebenenfalls dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig Vorschläge vor.