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Wasserrahmenrichtlinie

Wasserrahmenrichtlinie

Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik

Art. 11 Maßnahmenprogramm

(1) Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass für jede Flussgebietseinheit oder für den in sein Hoheitsgebiet fallenden Teil einer internationalen Flussgebietseinheit unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Analysen gemäß Artikel 5 ein Maßnahmenprogramm festgelegt wird, um die Ziele gemäß Artikel 4 zu verwirklichen. ²Diese Maßnahmenprogramme können auf Maßnahmen verweisen, die sich auf Rechtsvorschriften stützen, welche auf nationaler Ebene erlassen wurden, und sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken. ³Die Mitgliedstaaten können gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, die für alle Flussgebietseinheiten und/oder für alle in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Teile internationaler Flussgebietseinheiten gelten.

(2) Jedes Maßnahmenprogramm enthält die „grundlegenden“ Maßnahmen gemäß Absatz 3 und gegebenenfalls „ergänzende“ Maßnahmen.

(3) „Grundlegende Maßnahmen“ sind die zu erfüllenden Mindestanforderungen und beinhalten

a)
Maßnahmen zur Umsetzung gemeinschaftlicher Wasserschutzvorschriften einschließlich der Maßnahmen gemäß den Rechtsvorschriften nach Artikel 10 und Anhang VI Teil A;
b)
Maßnahmen, die als geeignet für die Ziele des Artikels 9 angesehen werden;
c)
Maßnahmen, die eine effiziente und nachhaltige Wassernutzung fördern, um nicht die Verwirklichung der in Artikel 4 genannten Ziele zu gefährden;
d)
Maßnahmen zur Erreichung der Anforderungen nach Artikel 7, einschließlich Maßnahmen zum Schutz der Wasserqualität, um den den bei der Gewinnung von Trinkwasser erforderlichen Umfang der Aufbereitung zu verringern;
e)
Begrenzungen der Entnahme von Oberflächensüßwasser und Grundwasser sowie der Aufstauung von Oberflächensüßwasser, einschließlich eines oder mehrerer Register der Wasserentnahmen und einer Vorschrift über die vorherige Genehmigung der Entnahme und der Aufstauung. Diese Begrenzungen werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert. Die Mitgliedstaaten können Entnahmen oder Aufstauungen, die keine signifikanten Auswirkungen auf den Wasserzustand haben, von diesen Begrenzungen freistellen;
f)
Begrenzungen, einschließlich des Erfordernisses einer vorherigen Genehmigung von künstlichen Anreicherungen oder Auffüllungen von Grundwasserkörpern. Das verwendete Wasser kann aus Oberflächengewässern oder Grundwasser stammen, sofern die Nutzung der Quelle nicht die Verwirklichung der Umweltziele gefährdet, die für die Quelle oder den angereicherten oder vergrößerten Grundwasserkörper festgesetzt wurden. Diese Begrenzungen sind regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren;
g)
bei Einleitungen über Punktquellen, die Verschmutzungen verursachen können, das Erfordernis einer vorherigen Regelung, wie ein Verbot der Einleitung von Schadstoffen in das Wasser, oder eine vorherige Genehmigung oder eine Registrierung nach allgemein verbindlichen Regeln, die Emissionsbegrenzungen für die betreffenden Schadstoffe, einschließlich Begrenzungen nach den Artikeln 10 und 16, vorsehen. Diese Begrenzungen werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert;
h)
bei diffusen Quellen, die Verschmutzungen verursachen können, Maßnahmen zur Verhinderung oder Begrenzung der Einleitung von Schadstoffen. Die Begrenzungen können in Form einer Vorschrift erfolgen, wonach eine vorherige Regelung, wie etwa ein Verbot der Einleitung von Schadstoffen in das Wasser, eine vorherige Genehmigung oder eine Registrierung nach allgemein verbindlichen Regeln erforderlich ist, sofern ein solches Erfordernis nicht anderweitig im Gemeinschaftsrecht vorgesehen ist. Die betreffenden Begrenzungen werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert;
i)
bei allen anderen nach Artikel 5 und Anhang II ermittelten signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserzustand insbesondere Maßnahmen, die sicherstellen, dass die hydromorphologischen Bedingungen der Wasserkörper so beschaffen sind, dass der erforderliche ökologische Zustand oder das gute ökologische Potential bei Wasserkörpern, die als künstlich oder erheblich verändert eingestuft sind, erreicht werden kann. Die diesbezüglichen Begrenzungen können in Form einer Vorschrift erfolgen, wonach eine vorherige Genehmigung oder eine Registrierung nach allgemein verbindlichen Regeln erforderlich ist, sofern ein solches Erfordernis nicht anderweitig im Gemeinschaftsrecht vorgesehen ist. Die betreffenden Begrenzungen werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert;
j)
das Verbot einer direkten Einleitung von Schadstoffen in das Grundwasser nach Maßgabe der nachstehenden Vorschriften:Die Mitgliedstaaten können gestatten, dass geothermisch genutztes Wasser in den Grundwasserleiter, aus dem es stammt, wiedereingeleitet wird.Sie können ferner unter Festlegung der entsprechenden Bedingungen folgendes gestatten:
die Einleitung von Wasser, das Stoffe enthält, die bei der Exploration und Förderung von Kohlenwasserstoffen oder bei Bergbauarbeiten anfallen, sowie die Einleitung von Wasser zu technischen Zwecken in geologische Formationen, aus denen Kohlenwasserstoffe oder andere Stoffe gewonnen worden sind, oder in geologische Formationen, die aus natürlichen Gründen für andere Zwecke auf Dauer ungeeignet sind. Solche Einleitungen dürfen keine anderen Stoffe als solche enthalten, die bei den obengenannten Arbeitsvorgängen anfallen;
die Wiedereinleitung des aus Bergwerken oder Steinbrüchen abgepumpten Wassers oder des wegen Wartungs und Bauarbeiten abgepumpten Wassers;
die Einleitung von Erdgas oder Flüssiggas (LPG) zu Speicherungszwecken in geologische Formationen, die aus natürlichen Gründen für andere Zwecke auf Dauer ungeeignet sind;
die Injektion von Kohlendioxidströmen zur Speicherung in geologische Formationen, die aus natürlichen Gründen für andere Zwecke auf Dauer ungeeignet sind, vorausgesetzt eine solche Injektion erfolgt im Einklang mit der Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid  oder ist gemäß Artikel 2 Absatz 2 jener Richtlinie aus ihrem Geltungsbereich ausgenommen;
Einleitung von Erdgas oder Flüssiggas (LPG) zu Speicherungszwecken in andere geologische Formationen, sofern die Sicherheit der Gasversorgung dringend gewährleistet werden muss und hierbei allen derzeit bestehenden oder künftigen Gefahren einer Verschlechterung der Qualität des aufnehmenden Grundwassers vorgebeugt wird;
Hoch- und Tiefbauarbeiten und ähnliche Arbeiten über oder unter der Erdoberfläche, bei denen ein Kontakt zum Grundwasser entsteht. Hier können die Mitgliedstaaten festlegen, dass solche Arbeiten als genehmigt betrachtet werden müssen, wenn sie im Einklang mit allgemein verbindlichen Regeln, die die Mitgliedstaaten für solche Arbeiten erstellt haben, durchgeführt werden;
die Einleitung geringfügiger Mengen von Stoffen für wissenschaftliche Zwecke zum Studium, zum Schutz oder zur Sanierung der Wasserkörper, wobei diese Mengen auf das zu diesen Zwecken unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränkt bleiben müssen,
sofern derartige Einleitungen das Erreichen der für den betreffenden Grundwasserkörper festgelegten Umweltziele nicht gefährden;
k)
im Einklang mit den Maßnahmen, die gemäß Artikel 16 getroffen werden, Maßnahmen zur Beseitigung der Verschmutzung von Oberflächenwasser durch Stoffe, die in der gemäß Artikel 16 Absatz 2 vereinbarten Liste prioritärer Stoffe aufgeführt sind, und der schrittweisen Verringerung der Verschmutzung durch andere Stoffe, die sonst das Erreichen der gemäß Artikel 4 für die betreffenden Oberflächenwasserkörper festgelegten Ziele durch die Mitgliedstaaten verhindern würden;
l)
alle erforderlichen Maßnahmen, um Freisetzungen von signifikanten Mengen an Schadstoffen aus technischen Anlagen zu verhindern und den Folgen unerwarteter Verschmutzungen, wie etwa bei Überschwemmungen, vorzubeugen und/oder diese zu mindern, auch mit Hilfe von Systemen zur frühzeitigen Entdeckung derartiger Vorkommnisse oder zur Frühwarnung und, im Falle von Unfällen, die nach vernünftiger Einschätzung nicht vorhersehbar waren, unter Einschluss aller geeigneter Maßnahmen zur Verringerung des Risikos für die aquatischen Ökosysteme.

(4) 

„Ergänzende Maßnahmen“ sind Maßnahmen, die zusätzlich zu den grundlegenden Maßnahmen geplant und ergriffen werden, um die gemäß Artikel 4 festgelegten Ziele zu erreichen. ²Anhang VI Teil B enthält eine nichterschöpfende Liste solcher Maßnahmen.

Die Mitgliedstaaten können ergänzende Maßnahmen auch ergreifen, um für einen zusätzlichen Schutz der unter die vorliegende Richtlinie fallenden Gewässer oder eine Verbesserung ihres Zustands zu sorgen; dies gilt auch im Rahmen der Durchführung der einschlägigen internationalen Übereinkommen gemäß Artikel 1.

(5) 

Geht aus den Überwachungsdaten oder sonstigen Daten hervor, dass die gemäß Artikel 4 für den Wasserkörper festgelegten Ziele voraussichtlich nicht erreicht werden, so sorgt der betreffende Mitgliedstaat dafür, dass

den Gründen hierfür nachgegangen wird und
die entsprechenden Zulassungen und Genehmigungen geprüft und gegebenenfalls revidiert werden,
die Überwachungsprogramme überprüft und gegebenenfalls angepasst werden,
die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Zusatzmaßnahmen festgelegt werden, gegebenenfalls einschließlich der Erstellung strengerer Umweltqualitätsnormen nach den Verfahren des Anhangs V.

Wenn diese Gründe auf Umständen natürlicher Art oder höherer Gewalt beruhen, die außergewöhnlich sind oder nach vernünftiger Einschätzung nicht vorhersehbar waren, wie insbesondere starke Überschwemmungen oder lang anhaltende Dürren, kann der Mitgliedstaat feststellen, dass vorbehaltlich des Artikels 4 Absatz 6 Zusatzmaßnahmen in der Praxis nicht durchführbar sind.

(6) Die Mitgliedstaaten treffen bei der Durchführung der Maßnahmen gemäß Absatz 3 alle geeigneten Vorkehrungen, damit die Meeresgewässer nicht zusätzlich verschmutzt werden. ²Unbeschadet der bestehenden Rechtsvorschriften darf die Durchführung von Maßnahmen gemäß Absatz 3 unter keinen Umständen direkt oder indirekt zu einer erhöhten Verschmutzung der Oberflächengewässer führen. ³Diese Anforderung gilt nicht, wenn sie eine stärkere Verschmutzung der Umwelt insgesamt bewirken würde.

(7) 

Die Maßnahmenprogramme müssen spätestens neun Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie aufgestellt sein; alle Maßnahmen müssen spätestens zwölf Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie in die Praxis umgesetzt sein.

Als Fristen gemäß Unterabsatz 1 werden für Mayotte der 22. Dezember 2015 bzw. der 22. Dezember 2018 festgelegt.

(8) 

Die Maßnahmenprogramme werden spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie und danach alle sechs Jahre überprüft und nötigenfalls aktualisiert. ²Neue oder im Rahmen eines aktualisierten Programms geänderte Maßnahmen sind innerhalb von drei Jahren, nachdem sie beschlossen wurden, in die Praxis umzusetzen.

Als Frist gemäß Unterabsatz 1 wird für Mayotte der 22. Dezember 2021 festgelegt.