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Verordnung (EU) 2012/236

Verordnung (EU) 2012/236

Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps

  • KAPITEL V: EINGRIFFSBEFUGNISSE DER ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDEN UND DER ESMA
    • ABSCHNITT 1: Befugnisse der zuständigen Behörden

Art. 23 Befugnis zur befristeten Beschränkung des Leerverkaufs von Finanzinstrumenten bei signifikantem Kursverfall

(1) 

Ist der Kurs eines Finanzinstruments an einem Handelsplatz innerhalb eines einzigen Handelstages im Vergleich zur Schlussnotierung des Vortags signifikant gefallen, so prüft die für diesen Handelsplatz zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats, ob es angebracht ist, an diesem Handelsplatz den Leerverkauf des betreffenden Finanzinstruments für natürliche oder juristische Personen zu verbieten oder zu beschränken oder Transaktionen mit diesem Finanzinstrument am Handelsplatz anderweitig zu beschränken, um einen ungeordneten Kursverfall des Finanzinstruments zu verhindern.

Kommt die zuständige Behörde nach der Prüfung gemäß Unterabsatz 1 zu dem Schluss, dass dies angebracht ist, so verbietet oder beschränkt sie im Falle von Aktien oder Schuldinstrumenten den Leerverkauf durch natürliche oder juristische Personen an diesem Handelsplatz und beschränkt im Falle anderer Arten von Finanzinstrumenten Transaktionen mit dem betreffenden Finanzinstrument an jenem Handelsplatz, um einen ungeordneten Kursverfall des Finanzinstruments zu verhindern.

(2) Die in Absatz 1 genannte Maßnahme gilt längstens bis zum Ende des auf den Handelstag des Kursverfalls folgenden Handelstags. ²Ist am Ende des auf den Handelstag des Kursverfalls folgenden Handelstages trotz der Verhängung der Maßnahme ein weiterer signifikanter Verfall des Werts des Finanzinstruments in Höhe von mindestens der Hälfte des in Absatz 5 genannten Betrags im Vergleich zur Schlussnotierung des ersten Handelstages zu verzeichnen, kann die zuständige Behörde die Maßnahme um einen weiteren Zeitraum verlängern, der zwei Handelstage nach Ende des zweiten Handelstages nicht überschreitet.

(3) Die in Absatz 1 genannte Maßnahme gilt in Situationen oder vorbehaltlich von Ausnahmen, die von der zuständigen Behörde festgelegt werden. ²Ausnahmen können insbesondere für Market-Making-Tätigkeiten und Primärmarkt-Aktivitäten festgelegt werden.

(4) 

Eine Behörde des Herkunftsmitgliedstaates, die für einen Handelsplatz zuständig ist, an dem der Kurs eines Finanzinstruments innerhalb eines einzigen Handelstages um den in Absatz 5 genannten Wert gefallen ist, meldet der ESMA die gemäß Absatz 1 getroffene Entscheidung spätestens zwei Stunden nach Ende des betreffenden Handelstages. ²Die ESMA informiert unverzüglich die Behörden der Herkunftsmitgliedstaaten, die für Handelsplätze zuständig sind, an denen dasselbe Finanzinstrument gehandelt wird.

Ist eine zuständige Behörde mit der von einer anderen zuständigen Behörde ergriffenen Maßnahme in Bezug auf ein Finanzinstrument, das an unterschiedlichen, von unterschiedlichen zuständigen Behörden geregelten Handelsplätzen gehandelt wird, nicht einverstanden, kann die ESMA diese Behörden gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 dabei unterstützen, eine Einigung zu erzielen.

Die Schlichtung wird am Ende desselben Handelstages vor Mitternacht abgeschlossen. Erzielen die betreffenden zuständigen Behörden innerhalb der Schlichtungsphase keine Einigung, so kann die ESMA gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 einen Beschluss fassen. Der Beschluss wird vor Beginn des nächsten Handelstages gefasst.

(5) Gemäß Artikel 22 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 beträgt die Wertminderung im Falle liquider Aktien 10 % oder mehr und im Falle illiquider Aktien und anderer Arten von Finanzinstrumenten eine von der Kommission festzulegende Höhe.

(6) 

Die ESMA kann unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf den Finanzmärkten eine Stellungnahme über die Anpassung des in Absatz 5 genannten Schwellenwertes an die Kommission abgeben.

Die Kommission ist unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf den Finanzmärkten befugt, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 42 zur Änderung der in Absatz 5 des vorliegenden Artikels genannten Schwellenwerte zu erlassen.

(7) Die Kommission erlässt delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 42, in denen festgelegt wird, was eine signifikante Wertminderung für andere Finanzinstrumente als liquide Aktien darstellt, wobei die Besonderheiten jeder Art von Finanzinstrumenten berücksichtigt werden.

(8) 

Um eine konsequente Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten, entwickelt die ESMA Entwürfe technischer Regulierungsstandards, in denen die Methode zur Berechnung der Wertminderung liquider Aktien um 10 % sowie die Wertminderung in der von der Kommission gemäß Absatz 7 festgelegten Höhe beschrieben wird.

Die ESMA legt der Kommission bis 31. März 2012 Entwürfe dieser technischen Regulierungsstandards vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die technischen Regulierungsstandards im Sinne von Unterabsatz 1 gemäß dem in den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 festgelegten Verfahren zu erlassen.