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Richtlinie (EG) 2004/35

Richtlinie (EG) 2004/35

Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff
1.„Umweltschaden“
a)
eine Schädigung geschützter Arten und natürlicher Lebensräume, d. h. jeden Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen in Bezug auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands dieser Lebensräume oder Arten hat. Die Erheblichkeit dieser Auswirkungen ist mit Bezug auf den Ausgangszustand unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Anhang I zu ermitteln;Schädigungen geschützter Arten und natürlicher Lebensräume umfassen nicht die zuvor ermittelten nachteiligen Auswirkungen, die aufgrund von Tätigkeiten eines Betreibers entstehen, die von den zuständigen Behörden gemäß den Vorschriften zur Umsetzung von Artikel 6 Absätze 3 und 4 oder Artikel 16 der Richtlinie 92/43/EWG oder Artikel 9 der Richtlinie 79/409/EWG oder im Falle von nicht unter das Gemeinschaftsrecht fallenden Lebensräumen und Arten gemäß gleichwertigen nationalen Naturschutzvorschriften ausdrücklich genehmigt wurden;
b)
eine Schädigung der Gewässer, d. h. jeden Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen aufi) den ökologischen, chemischen und/oder mengenmäßigen Zustand und/oder das ökologische Potenzial der betreffenden Gewässer im Sinne der Definition der Richtlinie 2000/60/EG hat, mit Ausnahme der nachteiligen Auswirkungen, für die Artikel 4 Absatz 7 jener Richtlinie gilt, oderii) den Umweltzustand der betroffenen Meeresgewässer im Sinne der Richtlinie 2008/56/EG hat, sofern bestimmte Aspekte des Umweltzustands der Meeresumwelt nicht bereits durch die Richtlinie 2000/60/EG abgedeckt sind;
c)
eine Schädigung des Bodens, d.h. jede Bodenverunreinigung, die ein erhebliches Risiko einer Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit aufgrund der direkten oder indirekten Einbringung von Stoffen, Zubereitungen, Organismen oder Mikroorganismen in, auf oder unter den Grund verursacht;
2.„Schaden“ oder „Schädigung“eine direkt oder indirekt eintretende feststellbare nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource oder Beeinträchtigung der Funktion einer natürlichen Ressource;
3.„geschützte Arten und natürliche Lebensräume“
a)
die Arten, die in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 79/409/EWG genannt oder in Anhang I jener Richtlinie aufgelistet sind oder in den Anhängen II und IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgelistet sind,
b)
die Lebensräume der in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 79/409/EWG genannten oder in Anhang I jener Richtlinie aufgelisteten oder in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG aufgelisteten Arten und die in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG aufgelisteten natürlichen Lebensräume sowie die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgelisteten Arten und,
c)
wenn ein Mitgliedstaat dies vorsieht, Lebensräume oder Arten, die nicht in diesen Anhängen aufgelistet sind, aber von dem betreffenden Mitgliedstaat für gleichartige Zwecke wie in diesen beiden Richtlinien ausgewiesen werden;
4.„Erhaltungszustand“
a)
im Hinblick auf einen natürlichen Lebensraum die Gesamtheit der Einwirkungen, die einen natürlichen Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, innerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats oder innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets des betreffenden Lebensraums auswirken können.Der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums wird als „günstig“ erachtet, wenn— sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen,
— die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft weiter bestehen werden und
— der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten im Sinne des Buchstabens b) günstig ist;
b)
im Hinblick auf eine Art die Gesamtheit der Einwirkungen, die die betreffende Art beeinflussen und sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Art im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, innerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats oder innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der betreffenden Art auswirken können.Der Erhaltungszustand einer Art wird als „günstig“ betrachtet, wenn— aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraums, dem sie angehört, bildet und lanfristig weiterhin bilden wird,
— das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und
— ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern;
5.„Gewässer“alle Gewässer, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/60/EG fallen;
6.„Betreiber“jede natürliche oder juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die die berufliche Tätigkeit ausübt oder bestimmt oder der — sofern dies in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist — die ausschlaggebende wirtschaftliche Verfügungsmacht über die technische Durchführung einer solchen Tätigkeit übertragen wurde, einschließlich des Inhabers einer Zulassung oder Genehmigung für eine solche Tätigkeit oder der Person, die die Anmeldung oder Notifizierung einer solchen Tätigkeit vornimmt;
7.„berufliche Tätigkeit“jede Tätigkeit, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit, einer Geschäftstätigkeit oder eines Unternehmens ausgeübt wird, unabhängig davon, ob sie privat oder öffentlich und mit oder ohne Erwerbszweck ausgeübt wird;
8.„Emission“die Freisetzung von Stoffen, Zubereitungen, Organismen oder Mikroorganismen in die Umwelt infolge menschlicher Tätigkeiten;
9.„unmittelbare Gefahr eines Schadens“die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass ein Umweltschaden in naher Zukunft eintreten wird;
10.„Vermeidungsmaßnahmen“jede Maßnahme, die nach einem Ereignis, einer Handlung oder einer Unterlassung, das/die eine unmittelbare Gefahr eines Umweltschadens verursacht hat, getroffen wird, um diesen Schaden zu vermeiden oder zu minimieren;
11.„Sanierungsmaßnahmen“jede Tätigkeit oder Kombination von Tätigkeiten einschließlich mildernder und einstweiliger Maßnahmen im Sinne des Anhangs II mit dem Ziel, geschädigte natürliche Ressourcen und/oder beeinträchtigte Funktionen wiederherzustellen, zu sanieren oder zu ersetzen oder eine gleichwertige Alternative zu diesen Ressourcen oder Funktionen zu schaffen;
12.„natürliche Ressource“geschützte Arten und natürliche Lebensräume, Gewässer und Boden;
13.„Funktionen“ und „Funktionen einer natürlichen Ressource“die Funktionen, die eine natürliche Ressource zum Nutzen einer anderen natürlichen Ressource oder der Öffentlichkeit erfüllt;
14.„Ausgangszustand“den im Zeitpunkt des Schadenseintritts bestehenden Zustand der natürlichen Ressourcen und Funktionen, der bestanden hätte, wenn der Umweltschaden nicht eingetreten wäre, und der anhand der besten verfügbaren Informationen ermittelt wird;
15.„Wiederherstellung“ einschließlich „natürlicher Wiederherstellung“im Falle von Gewässern, geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen die Rückführung von geschädigten natürlichen Ressourcen und/oder beeinträchtigten Funktionen in den Ausgangszustand und im Falle einer Schädigung des Bodens die Beseitigung jedes erheblichen Risikos einer Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit;
16.„Kosten“die durch die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen und wirksamen Durchführung dieser Richtlinie gerechtfertigten Kosten, einschließlich der Kosten für die Prüfung eines Umweltschadens, einer unmittelbaren Gefahr eines solchen Schadens, von alternativen Maßnahmen sowie der Verwaltungs- und Verfahrenskosten und der Kosten für die Durchsetzung der Maßnahmen, der Kosten für die Datensammlung, sonstiger Gemeinkosten und der Kosten für Aufsicht und Überwachung.