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Prospektrichtlinie

Prospektrichtlinie

Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG

  • KAPITEL I: ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Art. 2 Begriffsbestimmungen

(1) 

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

a)
„Wertpapiere“ übertragbare Wertpapiere im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 93/22/EWG mit Ausnahme von Geldmarktinstrumenten im Sinne von Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie 93/22/EWG mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten. Für diese Instrumente können einzelstaatliche Rechtsvorschriften gelten;
b)
„Dividendenwerte“ Aktien und andere, Aktien gleichzustellende Wertpapiere sowie jede andere Art übertragbarer Wertpapiere, die das Recht verbriefen, bei Umwandlung des Wertpapiers oder Ausübung des verbrieften Rechts die erstgenannten Wertpapiere zu erwerben; Voraussetzung hierfür ist, dass die letztgenannten Wertpapiere vom Emittenten der zugrunde liegenden Aktien oder von einer zur Unternehmensgruppe dieses Emittenten gehörenden Stelle begeben wurden;
c)
„Nichtdividendenwerte“ alle Wertpapiere, die keine Dividendenwerte sind;
d)
„öffentliches Angebot von Wertpapieren“ eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden. Diese Definition gilt auch für die Platzierung von Wertpapieren durch Finanzintermediäre;

e)
„qualifizierte Anleger“ die in Anhang II Abschnitt I Nummern 1 bis 4 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente  beschriebenen Personen oder Einrichtungen sowie Personen oder Einrichtungen, die gemäß Anhang II der Richtlinie 2004/39/EG auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden oder gemäß Artikel 24 der Richtlinie 2004/39/EG als geeignete Gegenparteien anerkannt sind, sofern sie nicht eine Behandlung als nichtprofessionelle Kunden beantragt haben. Die Wertpapierfirmen und Kreditinstitute teilen ihre Einstufung unbeschadet der einschlägigen Vorschriften über den Datenschutz auf Antrag dem Emittenten mit. Wertpapierfirmen, die bestehende professionelle Kunden gemäß Artikel 71 Absatz 6 der Richtlinie 2004/39/EG auch weiterhin als solche behandeln können, können diese Kunden als qualifizierte Anleger im Sinne dieser Richtlinie behandeln;

f)
„kleine und mittlere Unternehmen“ Gesellschaften, die laut ihrem letzten Jahresabschluss bzw. konsolidierten Abschluss zumindest zwei der nachfolgenden drei Kriterien erfüllen: eine durchschnittliche Beschäftigtenzahl im letzten Geschäftsjahr von weniger als 250, eine Gesamtbilanzsumme von höchstens 43 000 000 EUR und ein Jahresnettoumsatz von höchstens 50 000 000 EUR;
g)
„Kreditinstitute“ Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a) der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute ;
h)
„Emittent“ eine Rechtspersönlichkeit, die Wertpapiere begibt oder zu begeben beabsichtigt;
i)
„Person, die ein Angebot unterbreitet“ („Anbieter“) eine juristische oder natürliche Person, die Wertpapiere öffentlich anbietet;
j)
„geregelter Markt“ einen Markt im Sinne von Artikel 1 Absatz 13 der Richtlinie 93/22/EWG;
k)
„Angebotsprogramm“ einen Plan, der es erlauben würde, Nichtdividendenwerte ähnlicher Art und/oder Gattung, wozu auch Optionsscheine jeder Art gehören, dauernd oder wiederholt während eines bestimmten Emissionszeitraums zu begeben;
l)
„dauernd oder wiederholt begebene Wertpapiere“ Daueremissionen oder zumindest zwei gesonderte Emissionen von Wertpapieren ähnlicher Art und/oder Gattung während eines Zeitraums von zwölf Monaten;
m)
„Herkunftsmitgliedstaat“
i)
für alle Gemeinschaftsemittenten von Wertpapieren, die nicht in Ziffer ii) genannt sind, den Mitgliedstaat, in dem der Emittent seinen Sitz hat;
ii)
für jede Emission von Nichtdividendenwerten mit einer Mindeststückelung von 1 000 EUR sowie für jede Emission von Nichtdividendenwerten, die das Recht verbriefen, bei Umwandlung des Wertpapiers oder Ausübung des verbrieften Rechts übertragbare Wertpapiere zu erwerben oder einen Barbetrag in Empfang zu nehmen, sofern der Emittent der Nichtdividendenwerte nicht der Emittent der zugrunde liegenden Wertpapiere oder eine zur Unternehmensgruppe des letztgenannten Emittenten gehörende Stelle ist, je nach Wahl des Emittenten, des Anbieters bzw. der die Zulassung beantragenden Person den Mitgliedstaat, in dem der Emittent seinen Sitz hat, oder den Mitgliedstaat, in dem die Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind oder zugelassen werden sollen, oder den Mitgliedstaat, in dem die Wertpapiere öffentlich angeboten werden. Dieselbe Regelung gilt für Nichtdividendenwerte, die auf andere Währungen als auf Euro lauten, vorausgesetzt, dass der Wert solcher Mindeststückelungen annähernd 1 000 EUR entspricht;

iii)
für alle Drittstaatsemittenten von Wertpapieren, die nicht in Ziffer ii genannt sind, je nach Wahl des Emittenten, des Anbieters bzw. der die Zulassung beantragenden Person entweder den Mitgliedstaat, in dem die Wertpapiere erstmals nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, sowie der Richtlinie 2007/14/EG der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG  öffentlich angeboten werden sollen, oder den Mitgliedstaat, in dem der erste Antrag auf Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt gestellt wird, vorbehaltlich einer späteren Wahl durch den Drittstaatsemittenten in den folgenden Fällen:
wenn der Herkunftsmitgliedstaat nicht gemäß seiner Wahl bestimmt wurde oder
gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe i Ziffer iii der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind ;

n)
„Aufnahmemitgliedstaat“ den Staat, in dem ein öffentliches Angebot unterbreitet oder die Zulassung zum Handel angestrebt wird, sofern dieser Staat nicht der Herkunftsmitgliedstaat ist;
o)
„Organismen für gemeinsame Anlagen eines anderen als des geschlossenen Typs“ Investmentfonds und Investmentgesellschaften,
i)
deren Zweck es ist, die vom Publikum bei ihnen eingelegten Gelder nach dem Grundsatz der Risikomischung gemeinsam anzulegen, und
ii)
deren Anteile auf Verlangen des Anteilinhabers unmittelbar oder mittelbar zulasten des Vermögens dieser Organismen zurückgekauft oder abgelöst werden;
p)
„Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen“ Wertpapiere, die von einem Organismus für gemeinsame Anlagen begeben werden und die Rechte der Anteilinhaber am Vermögen dieses Organismus verbriefen;
q)
„Billigung“ die positive Handlung bei Abschluss der Vollständigkeitsprüfung des Prospekts durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats — einschließlich der Kohärenz und Verständlichkeit der vorgelegten Informationen;
r)
„Basisprospekt“ einen Prospekt, der alle in den Artikeln 5, 7 und — im Falle eines Nachtrags — 16 bezeichneten notwendigen Angaben zum Emittenten und zu den öffentlich anzubietenden oder zum Handel zuzulassenden Wertpapieren sowie, nach Wahl des Emittenten, die endgültigen Bedingungen des Angebots enthält;

s)
„Schlüsselinformationen“ grundlegende und angemessen strukturierte Informationen, die den Anlegern zur Verfügung zu stellen sind, um es ihnen zu ermöglichen, Art und Risiken des Emittenten, des Garantiegebers und der Wertpapiere, die ihnen angeboten werden oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden sollen, zu verstehen und unbeschadet von Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b zu entscheiden, welchen Wertpapierangeboten sie weiter nachgehen sollten. Unter Berücksichtigung des jeweiligen Angebots und der jeweiligen Wertpapiere schließen die Schlüsselinformationen folgende Aspekte ein:
i)
eine kurze Beschreibung der Risiken und wesentlichen Merkmale, die auf den Emittenten und einen etwaigen Garantiegeber zutreffen, einschließlich der Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und der Finanzlage;
ii)
eine kurze Beschreibung der mit der Anlage in das betreffende Wertpapier verbundenen Risiken und der wesentlichen Merkmale dieser Anlage einschließlich der mit den Wertapieren verbundenen Rechte;
iii)
die allgemeinen Bedingungen des Angebots einschließlich einer Schätzung der Kosten, die dem Anleger vom Emittenten oder Anbieter in Rechnung gestellt werden;
iv)
Einzelheiten der Zulassung zum Handel;
v)
Gründe für das Angebot und Verwendung der Erlöse;
t)
„Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung“ ein auf einem geregelten Markt notiertes Unternehmen, dessen durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende für die vorangegangenen drei Kalenderjahre weniger als 100 000 000 EUR betrug.

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(4) 

Um den technischen Entwicklungen auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen und die Anforderungen dieses Artikels zu präzisieren, erlässt die Kommission durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 24a und unter den in den Artikeln 24b und 24c genannten Bedingungen unter Berücksichtigung der Situation auf den verschiedenen nationalen Märkten, einschließlich der von den Betreibern geregelter Märkte verwendeten Einstufung, der Rechtsvorschriften und Empfehlungen der Union sowie der wirtschaftlichen Entwicklungen die Begriffsbestimmungen in Absatz 1, wozu auch die Anpassung der Beträge, die für die Definition von KMU verwendet werden, und die Schwellenwerte für geringe Marktkapitalisierung zählen.