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Richtlinie (EG) 1998/26

Richtlinie (EG) 1998/26

Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen

Erwägungen

(1)
Im Lamfalussy-Bericht von 1990 an die GlO-Zentralbankpräsidenten wurde das nicht zu unterschätzende Systemrisiko in Zahlungssystemen aufgezeigt, die auf der Grundlage verschiedener — insbesondere multilateraler — Formen der Aufrechnung (netting) von Zahlungsaufträgen arbeiten. Die Verringerung der rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit der Teilnahme an Systemen, die auf der Basis der Bruttoabwicklung in Echtzeit („Real Time Gross Settlement“) arbeiten, ist eine vorrangige Aufgabe, da diese Systeme immer mehr an Bedeutung gewinnen.
(2)
Es ist ferner überaus wichtig, das mit der Teilnahme an Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen verbundene Risiko zu vermindern, insbesondere wenn enge Beziehungen zwischen derartigen Systemen und Zahlungssystemen bestehen.
(3)
Diese Richtlinie soll zur effizienten und kostengünstigen Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungsvereinbarungen in der Europäischen Gemeinschaft beitragen, was die Freiheit des Kapitalverkehrs im Binnenmarkt stärkt. Sie stellt damit einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Vollendung des Binnenmarktes dar, insbesondere in bezug auf den freien Dienstleistungsverkehr und die Liberalisierung des Kapitalverkehrs, und leistet einen Beitrag zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion.
(4)
Es ist wünschenswert, daß die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten darauf gerichtet sind, die Beeinträchtigung eines Systems im Fall von Insolvenzverfahren gegen einen Teilnehmer des betreffenden Systems so gering wie möglich zu halten.
(5)
Ein Vorschlag für eine Richtlinie über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten, der 1985 vorgelegt und am 8. Februar 1988 geändert wurde, liegt noch beim Rat. Das Übereinkommen über Insolvenzverfahren der im Rat vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten vom 23. November 1995 schließt Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen ausdrücklich aus.
(6)
Diese Richtlinie soll sowohl inländische als auch grenzüberschreitende Zahlungssysteme und Wertpapierliefer- und -abrechnungssysteme erfassen. Unter die Richtlinie fallen alle Systeme der Gemeinschaft sowie die von den Teilnehmern im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an diesen Systemen geleisteten dinglichen Sicherheiten. Dabei ist es unwesentlich, ob es sich um Teilnehmer aus der Gemeinschaft oder aus Drittländern handelt.
(7)
Die Mitgliedstaaten können diese Richtlinie auf ihre eigenen Institute, die direkte Teilnehmer von Systemen dritter Länder sind, sowie auf die im Zusammenhang mit der Teilnahme an solchen Systemen geleisteten dinglichen Sicherheiten anwenden.

ABSCHNITT I: ANWENDUNGSBEREICH UND DEFINITIONEN

Art. 1

Diese Richtlinie gilt
a)
für Systeme im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a), die dem Recht eines Mitgliedstaates unterliegen und in einer beliebigen Währung, in  Euro oder in verschiedenen Währungen, die das System gegenseitig konvertiert, arbeiten;
b)
für Teilnehmer eines solchen Systems;
c)
für dingliche Sicherheiten im Zusammenhang mit— der Teilnahme an einem System oderMaßnahmen der Zentralbanken der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Zentralbank im Rahmen ihrer besonderen Aufgabenstellung als Zentralbanken.

Art. 2

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)
„System“ eine förmliche Vereinbarung,— die — ohne den Betreiber dieses Systems, einer etwaigen Verrechnungsstelle, zentralen Vertragspartei oder Clearingstelle oder eines etwaigen indirekten Teilnehmers — zwischen mindestens drei Teilnehmern getroffen wurde und gemeinsame Regeln und vereinheitlichte Vorgaben für das Clearing, mit oder ohne Einschaltung einer zentralen Vertragspartei, oder die Ausführung von Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen zwischen den Teilnehmern vorsieht,
— die dem Recht eines von den Teilnehmern gewählten Mitgliedstaats unterliegt; die Teilnehmer können sich jedoch nur für das Recht eines Mitgliedstaats entscheiden, in dem zumindest einer von ihnen seine Hauptverwaltung hat, und
— die unbeschadet anderer, weitergehender einzelstaatlicher Vorschriften von allgemeiner Geltung als System angesehen wird und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde von dem Mitgliedstaat, dessen Recht maßgeblich ist, gemeldet worden ist, nachdem der Mitgliedstaat sich von der Zweckdienlichkeit der Regeln des Systems überzeugt hat.
Unter den in Unterabsatz 1 genannten Voraussetzungen kann ein Mitgliedstaat ferner eine förmliche Vereinbarung, in deren Rahmen Übertragungsaufträge im Sinne von Buchstabe i) sowie in beschränktem Umfang andere Anlageinstrumente betreffende Aufträge ausgeführt werden, als System ansehen, wenn er dies unter dem Aspekt des Systemrisikos als gerechtfertigt erachtet.
Ein Mitgliedstaat kann im Einzelfall auch eine förmliche Vereinbarung, die — ohne Mitrechnung einer etwaigen Verrechnungsstelle, zentralen Vertragspartei oder Clearingstelle oder eines etwaigen indirekten Teilnehmers — zwischen nur zwei Teilnehmern getroffen wurde, als System ansehen, wenn er dies unter dem Aspekt des Systemrisikos als gerechtfertigt erachtet.
Eine Vereinbarung zwischen interoperablen Systemen stellt kein System dar;
b)
„Institut“— Kreditinstitute im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung)  einschließlich der in Artikel 2 derselben Richtlinie bezeichneten Institute,
— Wertpapierfirmen im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente , mit Ausnahme der in Artikel 2 Absatz 1 derselben Richtlinie bezeichneten Institute,
— öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie Unternehmen, die mit einer öffentlichen Garantie ausgestattet sind, oder
— Unternehmen mit Hauptverwaltung außerhalb der Gemeinschaft, deren Tätigkeit der eines Kreditinstituts oder einer Wertpapierfirma der Gemeinschaft im Sinne des ersten und zweiten Gedankenstrichs entspricht,
die Teilnehmer eines Systems sind und für die Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen aufgrund von Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen innerhalb dieses Systems haften.
Unterliegt ein System der Aufsicht nach einzelstaatlichem Recht und führt nur Übertragungsaufträge im Sinne von Buchstabe i) sowie die zugehörigen Zahlungsaufträge aus, kann ein Mitgliedstaat bestimmen, daß Unternehmen, die Teilnehmer dieses Systems sind und für die Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen aufgrund von Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen innerhalb des Systems haften, als Institute angesehen werden können, wenn dem System mindestens drei Teilnehmer angehören, die unter eine der in Unterabsatz 1 genannten Kategorien fallen, und diese Entscheidung unter dem Aspekt des Systemrisikos als gerechtfertigt erachtet wird;
c)
„zentrale Vertragspartei“ eine Stelle, die in einem System zwischen den Instituten eingeschaltet ist und in bezug auf die Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge dieser Institute als deren ausschließliche Vertragspartei fungierte;
d)
„Verrechnungsstelle“ eine Stelle, die Instituten und/ oder einer zentralen Vertragspartei, die Teilnehmer von Systemen sind, Konten, über die die Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge innerhalb des Systems abgewickelt werden, zur Verfügung stellt und die diesen Instituten und/oder zentralen Vertragsparteien gegebenenfalls Kredit zum Zweck des Zahlungsausgleichs sowie des Ausgleichs von Verpflichtungen zur Lieferung von Wertpapieren gewährt;
e)
„Clearingstelle“ eine Organisation, die für die Berechnung der Nettopositionen der Institute, einer etwaigen zentralen Vertragspartei und/oder einer etwaigen Verrechnungsstelle zuständig ist;
f)
 „Teilnehmer“ ein Institut, eine zentrale Vertragspartei, eine Verrechnungsstelle, eine Clearingstelle oder ein Systembetreiber.Je nach den Regeln des Systems kann ein und derselbe Teilnehmer als zentrale Vertragspartei, als Verrechnungsstelle oder als Clearingstelle auftreten oder alle diese Funktionen ganz oder teilweise ausüben.Ein Mitgliedstaat kann entscheiden, dass ein indirekter Teilnehmer für die Zwecke dieser Richtlinie als Teilnehmer betrachtet werden kann, wenn dies unter dem Gesichtspunkt des Systemrisikos gerechtfertigt ist. Gilt ein indirekter Teilnehmer unter dem Gesichtspunkt des Systemrisikos als Teilnehmer, wird die Verantwortlichkeit des Teilnehmers, über den der indirekte Teilnehmer Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge in das System einbringt, hierdurch nicht eingeschränkt;
g)
„indirekter Teilnehmer“ ein Institut, eine zentrale Vertragspartei, eine Verrechnungsstelle, eine Clearingstelle oder ein Systembetreiber mit einer vertraglichen Beziehung zu einem Teilnehmer eines Systems zur Ausführung von Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen, wodurch der indirekte Teilnehmer in die Lage versetzt wird, Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge in das System einzubringen, sofern der indirekte Teilnehmer dem Systembetreiber bekannt ist;
h)
„Wertpapiere“ alle in Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2004/39/EG genannten Instrumente;

i)
„Zahlungs- bzw. Übertragungsauftrag“— eine Weisung eines Teilnehmers, einem Endbegünstigten einen bestimmten Geldbetrag mittels Verbuchung auf dem Konto eines Kreditinstituts, einer Zentralbank, einer zentralen Vertragspartei oder einer Verrechnungsstelle zur Verfügung zu stellen, oder eine Weisung, die die Übernahme oder Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung im Sinne der Regeln des Systems nach sich zieht (Zahlungsauftrag), oder
— eine Weisung eines Teilnehmers, die auf die Übertragung des Eigentums an Wertpapieren oder eines Anspruchs auf Übereignung von Wertpapieren im Wege der Verbuchung oder auf sonstige Weise gerichtet ist (Übertragungsauftrag);
j)
„Insolvenzverfahren“ eine Kollektivmaßnahme gemäß dem Recht eines Mitgliedstaats oder eines Drittlandes, die ergriffen wird, um den betreffenden Teilnehmer entweder zu liquidieren oder zu sanieren, sofern die Maßnahme zur Aufhebung oder Einschränkung der Befugnis des Teilnehmers führt, Zahlungen oder sonstige Verfügungen vorzunehmen;
k)
„Aufrechnung“ (netting) die Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten aus Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen, die ein oder mehrere Teilnehmer an einen oder mehrere Teilnehmer erteilt haben oder von einem oder mehreren Teilnehmern erhalten haben, zu einer einzigen Nettoforderung bzw. -Verbindlichkeit pro Teilnehmer mit der Folge, daß nur diese Nettoforderung bzw. -Verbindlichkeit besteht;

l)
„Verrechnungskonto“ ein bei einer Zentralbank, einer Verrechnungsstelle oder einer zentralen Vertragspartei geführtes Konto für das Halten von Geldern oder Wertpapieren oder die Abwicklung von Geschäften zwischen den Teilnehmern eines Systems;
m)
„dingliche Sicherheit“ einen verwertbaren Vermögensgegenstand (einschließlich Guthaben), wozu auch Finanzsicherheiten im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten  ohne Einschränkung gehören, der zur Besicherung von Rechten und Verbindlichkeiten, die sich in Verbindung mit einem System ergeben können, als Pfand, im Rahmen einer Rückkaufsvereinbarung (Pensionsgeschäft), einer vergleichbaren Vereinbarung oder in anderer Form bereitgestellt oder der Zentralbank eines Mitgliedstaats oder der Europäischen Zentralbank zur Verfügung gestellt wird;

n)
„Geschäftstag“ umfasst Tag- und Nachtabrechnungen und beinhaltet alle Ereignisse innerhalb des Geschäftszyklus eines Systems;
o)
„interoperable Systeme“ zwei oder mehr Systeme, deren Systembetreiber eine Vereinbarung untereinander geschlossen haben, die eine Ausführung von Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen zwischen den betreffenden Systemen beinhaltet;
p)
„Systembetreiber“ die Stelle oder Stellen, die in rechtlicher Hinsicht für den Betrieb eines Systems verantwortlich sind. Ein Systembetreiber kann auch als Verrechnungsstelle, zentrale Vertragspartei oder Clearingstelle agieren.



ABSCHNITT II: AUFRECHNUNGEN UND ZAHLUNGS- BZW. ÜBERTRAGUNGSAUFTRÄGE

Art. 3

(1) 

Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge und Aufrechnungen (netting) sind rechtlich verbindlich und auch im Fall eines Insolvenzverfahrens gegen einen Teilnehmer Dritten gegenüber wirksam, sofern die Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge vor dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß Artikel 6 Absatz 1 in das System eingebracht wurden. ²Dies gilt auch im Fall eines Insolvenzverfahrens gegen einen Teilnehmer (des betreffenden Systems oder eines interoperablen Systems) oder gegen den Betreiber eines interoperablen Systems, der selbst nicht Teilnehmer des Systems ist.

Werden Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge nach dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in ein System eingebracht und an dem gemäß den Regeln des Systems definierten Geschäftstag ausgeführt, in dessen Verlauf das Verfahren eröffnet wird, sind sie nur dann rechtlich verbindlich und Dritten gegenüber wirksam, wenn der Systembetreiber nachweisen kann, dass er zu dem Zeitpunkt, an dem die betreffenden Aufträge unwiderruflich wurden, weder Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte noch Kenntnis davon hätte haben müssen.

(2) Rechtsvorschriften, Regeln oder Gepflogenheiten betreffend die Aufhebung von Verträgen oder Geschäften, die vor dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß Artikel 6 Absatz 1 abgeschlossen wurden, dürfen nicht zur Folge haben, daß die Aufrechnung rückgängig gemacht wird.

(3) 

Der Zeitpunkt des Einbringens eines Zahlungs- bzw. Übertragungsauftrags in ein System wird nach den Regeln des betreffenden Systems bestimmt. ²Enthält das für das System maßgebliche einzelstaatliche Recht Bestimmungen über den Zeitpunkt des Einbringens, so müssen die Regeln des Systems mit diesen Bestimmungen in Einklang stehen.

(4) 

Bei interoperablen Systemen legt jedes System in seinen eigenen Regeln den Zeitpunkt des Einbringens in das betreffende System fest, um — soweit möglich — sicherzustellen, dass die Regeln aller beteiligten interoperablen Systeme in dieser Hinsicht aufeinander abgestimmt sind. ²Die Regeln eines Systems bezüglich des Zeitpunkts des Einbringens in das System werden von den Regeln der anderen Systeme, mit denen es interoperabel ist, nicht berührt, es sei denn, dies ist in den Regeln aller beteiligten inoperablen Systeme ausdrücklich vorgesehen.

Art. 4

Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass ungeachtet der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen Teilnehmer oder gegen den Betreiber eines interoperablen Systems Guthaben oder Wertpapiere auf dem Verrechnungskonto des Teilnehmers dazu verwendet werden können, die am Geschäftstag der Verfahrenseröffnung in dem System oder in einem interoperablen System bestehenden Verbindlichkeiten des betreffenden Teilnehmers zu begleichen. ²Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine Kreditfazilität, die dem betreffenden Teilnehmer im Hinblick auf das System eingeräumt wurde, auf der Grundlage bereitstehender dinglicher Sicherheiten genutzt wird, um die Verbindlichkeiten des Teilnehmers aus dem System oder einem interoperablen System zu begleichen.

Art. 5

Ein Zahlungs- bzw. Übertragungsauftrag kann von dem in den Regeln des Systems bestimmten Zeitpunkt an weder von einem Teilnehmer an einem System noch von einem Dritten widerrufen werden.

²Bei interoperablen Systemen legt jedes System in seinen eigenen Regeln den Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit fest, um — soweit möglich — sicherzustellen, dass die Regeln aller beteiligten interoperablen Systeme in dieser Hinsicht aufeinander abgestimmt sind. ³Die Regeln eines Systems bezüglich des Zeitpunkts der Unwiderruflichkeit werden von den Regeln der anderen Systeme, mit denen es interoperabel ist, nicht berührt, es sei denn, dies ist in den Regeln aller beteiligten interoperablen Systeme ausdrücklich vorgesehen.



ABSCHNITT III: BESTIMMUNGEN BETREFFEND INSOLVENZVERFAHREN

Art. 6

(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie gilt als Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung des zuständigen Gerichts bzw. der zuständigen Behörde ergangen ist.

(2) 

Sobald eine Entscheidung gemäß Absatz 1 ergangen ist, setzt das Gericht bzw. die Behörde unverzüglich die jeweilige Behörde, die von seinem/ihrem Mitgliedstaat benannt worden ist, von dieser Entscheidung in Kenntnis.

(3) 

Der in Absatz 2 genannte Mitgliedstaat setzt unverzüglich den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken, die anderen Mitgliedstaaten und die durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates  eingesetzte Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (im Folgenden „ESMA“) in Kenntnis.

Art. 7

Ein Insolvenzverfahren greift nicht rückwirkend in die Rechte und Pflichten eines Teilnehmers, die sich aus seiner Teilnahme an einem System oder in Verbindung damit ergeben, ein und wirkt insoweit nicht vor dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gemäß Artikel 6 Absatz 1. Dies gilt unter anderem für die Rechte und Pflichten eines Teilnehmers an einem interoperablen System oder die eines Betreibers eines interoperablen Systems, der selbst nicht Teilnehmer des Systems ist.

Art. 8

Im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen Teilnehmer eines Systems werden die Rechte und Pflichten, die sich aus der Teilnahme des betreffenden Teilnehmers an diesem System oder in Verbindung damit ergeben, durch das für das System maßgebliche Recht bestimmt.



ABSCHNITT IV: SCHUTZ DER RECHTE DER DINGLICH GESICHERTEN GLÄUBIGER VOR DEN AUSWIRKUNGEN EINER INSOLVENZ DES SICHERHEITSLEISTENDEN

Art. 9

(1) 

Die Rechte von Systembetreibern oder von Inhabern dinglicher Sicherheiten, die ihnen im Rahmen eines Systems oder eines interoperablen Systems geleistet wurden, sowie die Rechte der Zentralbanken der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Zentralbank an dinglichen Sicherheiten, die ihnen geleistet wurden, werden durch ein Insolvenzverfahren gegen

a)
den Teilnehmer (des betreffenden Systems oder eines interoperablen Systems),
b)
den Betreiber eines interoperablen Systems, der nicht Teilnehmer des Systems ist,
c)
eine Vertragspartei der Zentralbanken der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Zentralbank, oder
d)
einen die Sicherheit leistenden Dritten nicht berührt.

Dingliche Sicherheiten dieser Art können zur Befriedigung der betreffenden Forderungen verwertet werden.

Hat ein Systembetreiber einem anderen Systembetreiber im Rahmen eines interoperablen Systems eine dingliche Sicherheit geleistet, so werden die Rechte des die Sicherheit leistenden Systembetreibers an dieser Sicherheit von Insolvenzverfahren gegen den die Sicherheit empfangenden Systembetreiber nicht berührt.

(2) 

Wird Teilnehmern, Systembetreibern oder Zentralbanken der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Zentralbank eine dingliche Sicherheit in Form von Wertpapieren, einschließlich Rechten an Wertpapieren, gemäß Absatz 1 geleistet und ist deren Recht an diesen Wertpapieren, das auch durch einen etwaigen Bevollmächtigten, Beauftragten oder sonstigen Dritten in ihrem Namen ausgeübt werden kann, mit rechtsbegründender Wirkung in einem Register eingetragen oder auf einem Konto oder bei einem zentralen Verwahrsystem verbucht, das sich in einem Mitgliedstaat befindet, so bestimmen sich die Rechte dieser natürlichen oder juristischen Personen als dinglich gesicherte Gläubiger an diesen Wertpapieren nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats.



ABSCHNITT V: SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Art. 10

(1) 

Die Mitgliedstaaten benennen die Systeme und die jeweiligen Systembetreiber, für die die Richtlinie gilt, und teilen diese der ESMA mit; sie informieren die ESMA ferner darüber, welche Behörde sie gemäß Artikel 6 Absatz 2 benannt haben. ²Die ESMA veröffentlicht diese Angaben auf ihrer Website.

Der Systembetreiber gibt dem Mitgliedstaat, dessen Recht er unterliegt, an, welches seine Teilnehmer, einschließlich etwaiger indirekter Teilnehmer, sind, und teilt jede diesbezügliche Änderung mit.

Über die Angabe- und Mitteilungspflicht nach Unterabsatz 2 hinaus können die Mitgliedstaaten Systeme, die unter ihre Zuständigkeit fallen, einer Beaufsichtigung oder Genehmigungspflicht unterwerfen.

Ein Institut hat auf Antrag jedem, der ein berechtigtes Interesse hat, Auskunft über die Systeme zu erteilen, an denen es beteiligt ist, sowie über die wesentlichen Regeln für das Funktionieren dieser Systeme.

(2) 

Ein System, das vor dem Inkrafttreten der einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2009/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen und der Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen  benannt wurde, gilt für die Zwecke dieser Richtlinie weiterhin als benannt.

Ein Zahlungs- und Transferauftrag, der vor dem Inkrafttreten der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2009/44/EG in ein System eingebracht, aber erst nach ihrem Inkrafttreten abgewickelt wurde, wird als Zahlungs- und Transferauftrag im Sinne dieser Richtlinie betrachtet.

Art. 10a

(1) Die zuständigen Behörden arbeiten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 für die Zwecke dieser Richtlinie mit der ESMA zusammen.

(2) 

Die zuständigen Behörden stellen der ESMA gemäß Artikel 35 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 unverzüglich alle für die Ausführung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen zur Verfügung.

Art. 11

(1) 

Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie vor dem 11. Dezember 1999 nachzukommen. ²Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

³Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2) 

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. ²Sie legen hierzu eine Aufstellung vor, aus der hervorgeht, welche bereits vorhandenen oder neu eingeführten innerstaatlichen Vorschriften den einzelnen Artikeln dieser Richtlinie entsprechen.

(3) 

Bis zum 18. März 2015 beschließen und veröffentlichen die Mitgliedstaaten die Maßnahmen, die zur Einhaltung des Artikels 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a dritter Gedankenstrich erforderlich sind, und teilen sie der Kommission mit.

Art. 12

Spätestens drei Jahre nach dem in Artikel 11 Absatz 1 genannten Zeitpunkt unterbreitet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie sowie gegebenenfalls Vorschläge zu ihrer Änderung.

Art. 13

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Art. 14

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.


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