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SeeArbG

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Seearbeitsgesetz

  • Abschnitt 3: Beschäftigungsbedingungen
    • Unterabschnitt 7: Heimschaffung und Imstichlassen

§ 76a Pflicht zur finanziellen Absicherung für Fälle des Imstichlassens

(1) Der Reeder eines Schiffes, das kein Fischereifahrzeug ist, hat nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 für Fälle des Imstichlassens eines Besatzungsmitglieds eine Versicherung oder eine sonstige finanzielle Sicherheit aufrechtzuerhalten. ²Die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit ist der Berufsgenossenschaft bei Überprüfungen nachzuweisen. Ein Besatzungsmitglied ist insbesondere im Stich gelassen, wenn der Reeder

1.
die Kosten für die Heimschaffung nach § 76 Absatz 2 Satz 2 nicht übernimmt,
2.
den Anspruch des Besatzungsmitglieds auf medizinische Betreuung nach den §§ 99 bis 103 nicht erfüllt,
3.
mit der Heuerzahlung nach § 37 mindestens zwei Monate in Verzug ist,
4.
gesundheitsschädliche Unterkunftsräume bereithält,
5.
verdorbene oder für die Schiffsbesatzung ungenügende Verpflegungs- oder Trinkwasservorräte zur Verfügung stellt oder
6.
keinen ausreichenden Kraftstoff für das Überleben an Bord des Schiffes zur Verfügung stellt.

(2) Die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit muss die gesetzlichen Ansprüche der Besatzungsmitglieder und solche Leistungen, die nach dem Heuervertrag mit dem in § 28 vorgeschriebenen Inhalt, nach dem Berufsausbildungsvertrag mit dem in § 82 vorgeschriebenen Inhalt oder nach dem anwendbaren Tarifvertag geschuldet sind, finanziell absichern. ²Der Versicherungsvertrag oder der Vertrag über die sonstige finanzielle Sicherheit kann die finanzielle Absicherung von ausstehenden Leistungen aus dem Heuerverhältnis auf vier Monate beschränken. ³Das gilt nicht für Ansprüche, bei deren Nichterfüllung durch den Reeder ein Besatzungsmitglied nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6 im Stich gelassen ist.

(3) Der Versicherungsvertrag oder der Vertrag über die sonstige finanzielle Sicherheit muss vorsehen, dass

1.
Besatzungsmitglieder ihre Ansprüche unmittelbar gegen den Versicherer oder den Sicherungsgeber geltend machen können,
2.
der Versicherungsschutz oder der Schutz durch die sonstige finanzielle Sicherheit nicht vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer endet, es sei denn, der Versicherer oder der Sicherungsgeber informiert die Berufsgenossenschaft mindestens 30 Tage zuvor.

(4) Der Versicherer oder der Sicherungsgeber übermittelt nach Maßgabe des Absatzes 5 dem Reeder eines Schiffes im Sinne des § 130 Absatz 1 oder 8 eine Bescheinigung über die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit in deutscher Sprache, begleitet von einer englischen Übersetzung. ²Der Reeder hat die Bescheinigung an Bord mitzuführen. ³Eine Kopie der Bescheinigung ist an geeigneter Stelle an Bord in einer für die Besatzungsmitglieder geeigneten Sprache auszuhängen.

(5) Die Bescheinigung hat mindestens den folgenden Inhalt:

1.
Name des Schiffes,
2.
Heimathafen des Schiffes,
3.
Rufzeichen des Schiffes,
4.
IMO-Schiffsidentifikationsnummer,
5.
Name und Anschrift des Versicherers oder des Sicherungsgebers,
6.
Kontaktinformationen der Personen oder der Stelle, die für die Behandlung von Hilfeersuchen der Seeleute zuständig sind,
7.
Name des Reeders,
8.
Gültigkeitsdauer der Versicherung oder der sonstigen finanziellen Sicherheit sowie
9.
eine Erklärung des Versicherers oder des Sicherungsgebers, dass die Versicherung oder die sonstige finanzielle Sicherheit den Anforderungen der Norm A2.5.2 des Seearbeitsübereinkommens genügt.

(6) Soweit der Versicherer oder der Sicherungsgeber das Besatzungsmitglied oder im Falle des § 77 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 die Berufsgenossenschaft befriedigt, geht der Anspruch des Besatzungsmitglieds gegen den Reeder auf ihn über. ²Der Reeder hat den Anspruch in Geld zu erfüllen. ³Steht dem Reeder ein Ersatzanspruch zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer oder den Sicherungsgeber über, soweit er die Leistung erbringt.

(7) Der Anspruch eines Besatzungsmitglieds gegen den Versicherer oder den Sicherungsgeber auf Zahlung der vom Reeder geschuldeten Heuer mindert sich insoweit, als diese Heueransprüche nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit übergehen.