Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen
Erster Abschnitt: Sachliche Zuständigkeit und Einrichtung der Gerichte
(1) In den in § 1 bezeichneten Verfahren sind im ersten Rechtszug die Amtsgerichte als Landwirtschaftsgerichte zuständig. ²Die Zuständigkeit ist auch in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten des § 1 Nr. 1a ausschließlich. ³Im zweiten Rechtszug sind die Oberlandesgerichte, im dritten Rechtszug der Bundesgerichtshof zuständig.
(2) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ist das Amtsgericht in der Besetzung von einem Richter beim Amtsgericht als Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern,
das Oberlandesgericht in der Besetzung von drei Mitgliedern des Oberlandesgerichts mit Einschluß des Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern,
der Bundesgerichtshof in der Besetzung von drei Mitgliedern des Bundesgerichtshofes mit Einschluß des Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern
tätig.
(1) Die ehrenamtlichen Richter werden auf die Dauer von fünf Jahren berufen; wiederholte Berufung ist zulässig.
(2) Für das Recht, die Berufung zum ehrenamtlichen Richter abzulehnen, gelten die §§ 35 und 53 des Gerichtsverfassungsgesetzes sinngemäß, jedoch entscheidet über das Gesuch der Präsident des Oberlandesgerichts, bei Gesuchen ehrenamtlicher Richter des Bundesgerichtshofes der Präsident des Bundesgerichtshofes; der Anhörung der Staatsanwaltschaft bedarf es nicht.
(1) Die ehrenamtlichen Richter der Amtsgerichte und des Oberlandesgerichts beruft der Präsident des Oberlandesgerichts auf Grund einer Vorschlagsliste. ²Er bestimmt für jedes Gericht die erforderliche Zahl der ehrenamtlichen Richter.
(2) Die Länder bestimmen, wie die Vorschlagsliste aufzustellen ist. ²Die Liste ist dem Präsidenten des Oberlandesgerichts mindestens drei Monate vor Ablauf der Amtszeit der ehrenamtlichen Richter für jedes Gericht getrennt vorzulegen.
(3) Als ehrenamtliche Richter sind nur Deutsche vorzuschlagen,
(4) Die Zahl der vorzuschlagenden Personen soll das Eineinhalbfache der erforderlichen Zahl der ehrenamtlichen Richter betragen.
(5) Scheidet ein ehrenamtlicher Richter nach seiner Berufung aus, so kann der Präsident des Oberlandesgerichts für die restliche Amtszeit des ausgeschiedenen ehrenamtlichen Richters einen neuen ehrenamtlichen Richter auf Grund der Vorschlagsliste berufen.
(6) Diese Vorschriften gelten für die ehrenamtlichen Richter des Bundesgerichtshofes entsprechend mit der Maßgabe, daß diese von dem Präsidenten des Bundesgerichtshofes auf Grund einer Vorschlagsliste berufen werden, die von dem Zentralausschuß der Deutschen Landwirtschaft aufgestellt wird.
(1) Die ehrenamtlichen Richter sollen zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden, die der Vorsitzende des Gerichts vor Beginn des Geschäftsjahres aufstellt. ²Hierbei kann er bestimmen, daß einzelne dieser ehrenamtlichen Richter bei Verhinderung eines anderen herangezogen werden (stellvertretende ehrenamtliche Richter). ³Würden hiernach bei der Verhandlung in Pachtsachen zwei ehrenamtliche Richter, die beide Pächter oder beide Verpächter sind, oder in einer in § 1 Nr. 4 bezeichneten Sache zwei ehrenamtliche Richter, die beide dem Personenkreis des § 35 des Bundesvertriebenengesetzes angehören oder nicht angehören, teilnehmen, so gilt der auf Grund der Liste als zweiter heranstehende ehrenamtliche Richter für die Sitzung als verhindert.
(2) Im übrigen ist der Vorsitzende zu einer Änderung der Reihenfolge nur befugt, wenn ehrenamtliche Richter während des Geschäftsjahres ausscheiden, wenn neue ehrenamtliche Richter eintreten oder wenn die Teilnahme an einer früheren Verhandlung in derselben Sache oder die Wahrnehmung eines Termins an Ort und Stelle eine Änderung geboten erscheinen läßt.
(3) Für die Entbindung eines ehrenamtlichen Richters von der Dienstleistung an bestimmten Sitzungstagen gilt § 54 des Gerichtsverfassungsgesetzes sinngemäß.
(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist seines Amtes zu entheben, wenn das Fehlen einer in § 4 Abs. 3 bezeichneten Voraussetzung nachträglich bekannt wird oder eine solche Voraussetzung nachträglich wegfällt oder wenn er sich einer groben Verletzung seiner Amtspflicht schuldig macht.
(2) Über die Amtsenthebung eines ehrenamtlichen Richters des Amtsgerichts oder des Oberlandesgerichts entscheidet der Erste Zivilsenat des Oberlandesgerichts, über die Amtsenthebung eines ehrenamtlichen Richters des Bundesgerichtshofes der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofes. ²Vor der Entscheidung ist der ehrenamtliche Richter zu hören.
Zweiter Abschnitt: Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit
(1) Hält das Gericht sich für unzuständig, so hat es die Sache an das zuständige Gericht abzugeben. ²Der Abgabebeschluß kann nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen. ³Er ist für das in ihm bezeichnete Gericht bindend. ⁴Im Falle der Abgabe an ein Gericht der streitigen Gerichtsbarkeit gilt die Rechtshängigkeit der Sache in dem Zeitpunkt als begründet, in dem der bei dem für Landwirtschaftssachen zuständigen Gericht gestellte Antrag dem Beteiligten bekanntgemacht worden ist, der nach der Abgabe Beklagter ist. ⁵§ 167 der Zivilprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.
(2) Wird in einem Rechtsstreit eine Angelegenheit des § 1 Nr. 1 oder Nr. 2 bis 6 anhängig gemacht, so hat das Prozeßgericht die Sache insoweit an das für Landwirtschaftssachen zuständige Gericht abzugeben. ²Absatz 1 Satz 2, 3 ist anzuwenden.
(3) (weggefallen)
(1) Als Bevollmächtigte sind, soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, auch berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder vertretungsbefugt. ²Sie handeln durch ihre Organe und mit der Verfahrensvertretung beauftragten Vertreter.
(2) Ehrenamtliche Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. ²Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. ³Verfahrenshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. ⁴Die Sätze 1 und 2 gelten für Beistände entsprechend.
(1) Das Verfahren wird, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, nur auf Antrag eingeleitet.
(2) Das Gericht hat vor seiner Entscheidung den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zur Sache zu äußern. ²Für die Vorbereitung der Entscheidung gelten die Vorschriften des § 139 und des § 273 Abs 1, 2, 3 Satz 1 und Abs. 4 der Zivilprozeßordnung sinngemäß.
(1) Das Gericht hat auf Antrag eines Beteiligten eine mündliche Verhandlung anzuordnen. ²Dies gilt nicht für Verfahren vor dem Bundesgerichtshof.
(2) Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, so sind die Beteiligten zu laden.
(3) Bei einer Beweisaufnahme sind § 279 Abs. 2, §§ 357, 367 Abs. 1, §§ 397, 402 der Zivilprozeßordnung sinngemäß anzuwenden.
(4) Über das Ergebnis einer Beweisaufnahme ist stets mündlich zu verhandeln, wenn die Beteiligten nicht übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichten.
(5) Die Vorschriften der §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung über die Niederschrift gelten sinngemäß.
(1) Das Gericht kann ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter über
entscheiden.
(2) Ein gerichtlicher Vergleich kann beim Amtsgericht vor dem Vorsitzenden, beim Oberlandesgericht und beim Bundesgerichtshof vor dem Vorsitzenden oder einem beauftragten Richter geschlossen werden; die Zuziehung ehrenamtlicher Richter ist nicht erforderlich.
(3) Die Länder können bestimmen, daß die Entscheidung über die Erteilung eines Erbscheins ebenfalls ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter erfolgen kann und daß insoweit § 14 Absatz 2 und § 30 dieses Gesetzes sowie § 38 Abs. 3, §§ 39, 41 Abs. 1 Satz 2, §§ 58 und 66 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Anwendung finden; das gleiche gilt für die Einziehung und die Kraftloserklärung eines Erbscheins.
(1) Die gerichtlichen Entscheidungen in der Hauptsache werden erst mit dem Eintritt der Rechtskraft wirksam.
(2) Hat der Beschluß einen vollstreckbaren Inhalt, so kann das Gericht ihn gegen oder ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklären, dem Schuldner auf Antrag auch nachlassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.
(1) In den Verfahren wegen Beanstandung eines Landpachtvertrages ist die nach Landesrecht zuständige Behörde, in den Verfahren wegen Genehmigung einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung die Genehmigungsbehörde und die land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretung zu hören und zu einer mündlichen Verhandlung zu laden.
(2) Soweit nach Absatz 1 die Landwirtschaftsbehörde oder die Genehmigungsbehörde zu hören ist, sind ihr die Entscheidungen in der Hauptsache bekannt zu geben. ²Die der Landwirtschaftsbehörde oder Genehmigungsbehörde übergeordnete Behörde ist insoweit berechtigt, gegen diese Entscheidungen die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde, zu erheben. ³Erhebt sie eine solche Beschwerde, so gilt sie als Beteiligte.
(3) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung, welche Organisationen als land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretungen gelten.
(1) Sind an einem Verfahren mehrere Personen beteiligt, so hat das Gericht nach billigem Ermessen zu entscheiden, wer die Kosten zu tragen hat und wie sie zu verteilen sind.
(2) Bei einem Verfahren, das von der nach Landesrecht zuständigen Behörde, der Genehmigungsbehörde, der übergeordneten Behörde (§ 32 Absatz 2) oder der Siedlungsbehörde eingeleitet ist oder auf ihrem Antrag oder ihrer Beschwerde beruht, ist nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, ob und inwieweit anderen am Verfahren Beteiligten die Kosten aufzuerlegen sind.
Dritter Abschnitt: Streitige Landwirtschaftssachen
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten des § 1 Nr. 1a findet die Zivilprozeßordnung Anwendung. ²Jedoch treten die §§ 10 und 20 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes an die Stelle der entsprechenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung; § 315 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß es der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter nicht bedarf.
(2) Die §§ 13 und 19 dieses Gesetzes sind entsprechend anzuwenden.
Vierter Abschnitt: Zusatz-, Übergangs- und Schlußbestimmungen
(1) (entfallen)
(2) Die Länder können bestimmen, daß die Vorschriften dieses Gesetzes auf Verträge über die Pacht von Fischereirechten sowie in den auf Grund des § 11 des Landpachtverkehrsgesetzes geregelten Verfahren ganz oder teilweise anzuwenden sind; sie können zusätzliche Vorschriften erlassen, die den Besonderheiten dieser Verfahren entsprechen.
(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1953 in Kraft.
(2) Folgende Vorschriften treten außer Kraft:
12.: § 32 Abs. 2, §§ 33 bis 50, 57 des Ersten Ausführungsgesetzes des Landes Württemberg-Hohenzollern zum Kontrollratsgesetz Nr. 45 vom 2. Mai 1949 (Regierungsblatt für das Land Württemberg-Hohenzollern S. 143);
13. bis 16. (entfallen)(3) Aufgehoben werden die bisher geltenden kostenrechtlichen Vorschriften, soweit sie für das Verfahren der Gerichte mit landwirtschaftlichen Beisitzern gelten, einschließlich der Vorschriften über Rechtsanwaltsgebühren. Die bisher geltenden Vorschriften über die Höhe des Geschäftswertes und der gerichtlichen Kosten gelten jedoch fort
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