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KKG

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Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz

§ 1 Kinderschutz und staatliche Mitverantwortung

(1) Ziel des Gesetzes ist es, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu schĂŒtzen und ihre körperliche, geistige und seelische Entwicklung zu fördern.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder und Jugendlichen sind das natĂŒrliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. ²Ăœber ihre BetĂ€tigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft ist es, soweit erforderlich, Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstĂŒtzen, damit

1.
sie im Einzelfall dieser Verantwortung besser gerecht werden können,
2.
im Einzelfall Risiken fĂŒr die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen frĂŒhzeitig erkannt werden und
3.
im Einzelfall eine GefÀhrdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen vermieden oder, falls dies im Einzelfall nicht mehr möglich ist, eine weitere GefÀhrdung oder SchÀdigung abgewendet werden kann.

(4) Zu diesem Zweck umfasst die UnterstĂŒtzung der Eltern bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsrechts und ihrer Erziehungsverantwortung durch die staatliche Gemeinschaft insbesondere auch Information, Beratung und Hilfe. ²Kern ist die Vorhaltung eines möglichst frĂŒhzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebots im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren fĂŒr MĂŒtter und VĂ€ter sowie schwangere Frauen und werdende VĂ€ter (FrĂŒhe Hilfen).

§ 2 Information der Eltern ĂŒber UnterstĂŒtzungsangebote in Fragen der Kindesentwicklung

(1) Eltern sowie werdende MĂŒtter und VĂ€ter sollen ĂŒber Leistungsangebote im örtlichen Einzugsbereich zur Beratung und Hilfe in Fragen der Schwangerschaft, Geburt und der Entwicklung des Kindes in den ersten Lebensjahren informiert werden.

(2) Zu diesem Zweck sind die nach Landesrecht fĂŒr die Information der Eltern nach Absatz 1 zustĂ€ndigen Stellen befugt, den Eltern ein persönliches GesprĂ€ch anzubieten. ²Dieses kann auf Wunsch der Eltern in ihrer Wohnung stattfinden. ³Sofern Landesrecht keine andere Regelung trifft, bezieht sich die in Satz 1 geregelte Befugnis auf die örtlichen TrĂ€ger der Jugendhilfe.

§ 3 Rahmenbedingungen fĂŒr verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz

(1) In den LĂ€ndern werden insbesondere im Bereich FrĂŒher Hilfen flĂ€chendeckend verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit der zustĂ€ndigen LeistungstrĂ€ger und Institutionen im Kinderschutz mit dem Ziel aufgebaut und weiterentwickelt, sich gegenseitig ĂŒber das jeweilige Angebots- und Aufgabenspektrum zu informieren, strukturelle Fragen der Angebotsgestaltung und -entwicklung zu klĂ€ren sowie Verfahren im Kinderschutz aufeinander abzustimmen.

(2) In das Netzwerk sollen insbesondere Einrichtungen und Dienste der öffentlichen und freien Jugendhilfe, Einrichtungen und Dienste, mit denen VertrĂ€ge nach § 75 Absatz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, GesundheitsĂ€mter, SozialĂ€mter, Schulen, Polizei- und Ordnungsbehörden, Agenturen fĂŒr Arbeit, KrankenhĂ€user, SozialpĂ€diatrische Zentren, FrĂŒhförderstellen, Beratungsstellen fĂŒr soziale Problemlagen, Beratungsstellen nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, Einrichtungen und Dienste zur MĂŒttergenesung sowie zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen, FamilienbildungsstĂ€tten, Familiengerichte und Angehörige der Heilberufe einbezogen werden.

(3) Sofern Landesrecht keine andere Regelung trifft, soll die verbindliche Zusammenarbeit im Kinderschutz als Netzwerk durch den örtlichen TrĂ€ger der Jugendhilfe organisiert werden. ²Die Beteiligten sollen die GrundsĂ€tze fĂŒr eine verbindliche Zusammenarbeit in Vereinbarungen festlegen. ³Auf vorhandene Strukturen soll zurĂŒckgegriffen werden.

(4) Dieses Netzwerk soll zur Beförderung FrĂŒher Hilfen durch den Einsatz von Familienhebammen gestĂ€rkt werden. ²Das Bundesministerium fĂŒr Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstĂŒtzt den Aus- und Aufbau der Netzwerke FrĂŒhe Hilfen und des Einsatzes von Familienhebammen auch unter Einbeziehung ehrenamtlicher Strukturen durch eine zeitlich auf vier Jahre befristete Bundesinitiative, die im Jahr 2012 mit 30 Millionen Euro, im Jahr 2013 mit 45 Millionen Euro und in den Jahren 2014 und 2015 mit 51 Millionen Euro ausgestattet wird. ³Nach Ablauf dieser Befristung wird der Bund einen Fonds zur Sicherstellung der Netzwerke FrĂŒhe Hilfen und der psychosozialen UnterstĂŒtzung von Familien einrichten, fĂŒr den er jĂ€hrlich 51 Millionen Euro zur VerfĂŒgung stellen wird. ⁎Die Ausgestaltung der Bundesinitiative und des Fonds wird in Verwaltungsvereinbarungen geregelt, die das Bundesministerium fĂŒr Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen mit den LĂ€ndern schließt.

§ 4 Beratung und Übermittlung von Informationen durch GeheimnistrĂ€ger bei KindeswohlgefĂ€hrdung

(1) Werden

1.
Ärztinnen oder Ärzten, Hebammen oder Entbindungspflegern oder Angehörigen eines anderen Heilberufes, der fĂŒr die BerufsausĂŒbung oder die FĂŒhrung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2.
Berufspsychologinnen oder -psychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher AbschlussprĂŒfung,
3.
Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -beratern sowie
4.
Beraterinnen oder Beratern fĂŒr Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
5.
Mitgliedern oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6.
staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder -arbeitern oder staatlich anerkannten SozialpÀdagoginnen oder -pÀdagogen oder
7.
Lehrerinnen oder Lehrern an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten Schulen
in AusĂŒbung ihrer beruflichen TĂ€tigkeit gewichtige Anhaltspunkte fĂŒr die GefĂ€hrdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sollen sie mit dem Kind oder Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten die Situation erörtern und, soweit erforderlich, bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

(2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur EinschĂ€tzung der KindeswohlgefĂ€hrdung gegenĂŒber dem TrĂ€ger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. ²Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser Person die dafĂŒr erforderlichen Daten zu ĂŒbermitteln; vor einer Übermittlung der Daten sind diese zu pseudonymisieren.

(3) Scheidet eine Abwendung der GefĂ€hrdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten die in Absatz 1 genannten Personen ein TĂ€tigwerden des Jugendamtes fĂŒr erforderlich, um eine GefĂ€hrdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwenden, so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen in Frage gestellt wird. ²Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen.

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