Gesetz über die Verarbeitung von Fluggastdaten zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/681
Abschnitt 1: Fluggastdatenzentralstelle und Zweck des Fluggastdaten-Informationssystems
(1) Das Bundeskriminalamt ist nationale zentrale Stelle für die Verarbeitung von Fluggastdaten (Fluggastdatenzentralstelle). ²Die Fluggastdatenzentralstelle unterhält ein Fluggastdaten-Informationssystem nach Maßgabe dieses Gesetzes.
(2) Das Fluggastdaten-Informationssystem dient der Verhütung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität.
(3) Das Bundesverwaltungsamt verarbeitet Fluggastdaten im Auftrag und nach Weisung der Fluggastdatenzentralstelle.
Abschnitt 2: Übermittlung von Fluggastdaten an die Fluggastdatenzentralstelle
(1) Luftfahrtunternehmen übermitteln nach Maßgabe des Absatzes 3 im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit erhobene Fluggastdaten von Fluggästen, einschließlich von Transfer- und Transitfluggästen, die von ihnen in einem Luftfahrzeug befördert werden oder befördert werden sollen, an die Fluggastdatenzentralstelle.
(2) Fluggastdaten sind folgende Daten:
(3) Fluggastdaten sind für alle Flüge des Linien-, Charter- und Taxiverkehrs zu übermitteln, die nicht militärischen Zwecken dienen und die
(4) Bei Flügen mit Code-Sharing zwischen mehreren Luftfahrtunternehmen übermittelt dasjenige Luftfahrtunternehmen, das den Flug durchführt, die Fluggastdaten aller Fluggäste des Fluges an die Fluggastdatenzentralstelle.
(5) Die Luftfahrtunternehmen haben die Fluggastdaten der Fluggastdatenzentralstelle nach Absatz 7 Satz 1 zu folgenden Zeitpunkten zu übermitteln:
(6) Zusätzlich zu den in Absatz 5 genannten Zeitpunkten sind in Einzelfällen die Fluggastdaten auf Anforderung der Fluggastdatenzentralstelle unverzüglich zu übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Begehung einer Straftat nach § 4 Absatz 1 unmittelbar bevorsteht und dies zur Erfüllung der in § 6 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Aufgaben erforderlich ist. ²Satz 1 gilt bei Ersuchen nach § 7 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 entsprechend.
(7) Die Fluggastdaten werden elektronisch übermittelt. ²Bei der Übermittlung zu verwenden sind die gemeinsamen Protokolle und die unterstützten Datenformate, die jeweils festgelegt worden sind durch Durchführungsrechtsakte der Europäischen Kommission nach Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/681 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 132). Die Luftfahrtunternehmen teilen der Fluggastdatenzentralstelle mit, welches konkrete Protokoll und Datenformat für die Übermittlung der Fluggastdaten verwendet wird. ³Bei technischen Störungen erfolgt die Übermittlung der Fluggastdaten in Abstimmung mit der Fluggastdatenzentralstelle ausnahmsweise auf andere geeignete Weise, die ein angemessenes Datensicherheitsniveau gewährleistet.
Abschnitt 3: Verarbeitung von Fluggastdaten durch die Fluggastdatenzentralstelle
(1) Die Fluggastdatenzentralstelle verarbeitet die von den Luftfahrtunternehmen übermittelten Fluggastdaten und gleicht sie mit Datenbeständen und Mustern nach Maßgabe der Absätze 2 und 5 ab, um Personen zu identifizieren, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie eine der folgenden Straftaten begangen haben oder innerhalb eines übersehbaren Zeitraumes begehen werden:
(2) Ein automatisierter Abgleich von Fluggastdaten durch die Fluggastdatenzentralstelle ist vor der Ankunft eines Luftfahrzeuges auf einem Flughafen in der Bundesrepublik Deutschland oder vor dem Abflug eines Luftfahrzeuges von einem Flughafen der Bundesrepublik Deutschland zulässig
(vorzeitiger Abgleich). ²Treffer, die aus einem vorzeitigen Abgleich resultieren, werden von der Fluggastdatenzentralstelle individuell überprüft.
(3) Die Muster für den Abgleich nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 werden von der Fluggastdatenzentralstelle unter Einbeziehung der oder des Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle erstellt und in Zusammenarbeit mit den in § 6 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Behörden sowie mit der oder dem Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle regelmäßig, mindestens alle sechs Monate, überprüft. ²Die Muster enthalten verdachtsbegründende und verdachtsentlastende Prüfungsmerkmale. ³Verdachtsbegründende Prüfungsmerkmale beruhen auf den Tatsachen zu bestimmten Straftaten, die den in § 6 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 genannten Behörden vorliegen. ⁴Sie müssen geeignet sein, Personen zu identifizieren, die für die Verhütung oder Verfolgung der in Absatz 1 genannten Straftaten bedeutsame Prüfungsmerkmale erfüllen. ⁵Verdachtsentlastende Prüfungsmerkmale dienen dazu, Personen, die unter verdachtsbegründende Prüfungsmerkmale fallen, als Nichtverdächtige auszuschließen. ⁶Bei den Mustern sind verdachtsbegründende Prüfungsmerkmale mit verdachtsentlastenden Prüfungsmerkmalen so zu kombinieren, dass die Zahl der unter ein Muster fallenden Personen möglichst gering ist. ⁷Angaben zur rassischen oder ethnischen Herkunft, zu den politischen Meinungen, zu den religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, zur Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, zum Gesundheitszustand, zum Sexualleben oder zur sexuellen Orientierung einer Person dürfen nicht Gegenstand eines Prüfungsmerkmals sein. ⁸Die oder der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit kontrolliert die Erstellung und Anwendung der Muster mindestens alle zwei Jahre. ⁹Sie oder er erstattet der Bundesregierung alle zwei Jahre Bericht.
(4) Die Fluggastdatenzentralstelle kann Fluggastdaten analysieren, um Muster für den vorzeitigen Abgleich zu erstellen oder zu aktualisieren.
(5) Die Fluggastdatenzentralstelle kann im Einzelfall auf ein begründetes Ersuchen einer in § 6 Absatz 1 Satz 1 genannten zuständigen Behörde die von der ersuchenden Behörde übermittelten Daten in besonderen Fällen mit den im Fluggastdaten-Informationssystem gespeicherten Daten zu den in § 1 Absatz 2 genannten Zwecken abgleichen. ²Satz 1 gilt mit Blick auf die in § 6 Absatz 2 Satz 1 genannten Behörden entsprechend mit der Maßgabe, dass der Abgleich zum Zweck der Erfüllung von deren Aufgaben im Zusammenhang mit Straftaten nach Absatz 1 erfolgen kann.
(1) Nach Ablauf von sechs Monaten ab Übermittlung der Fluggastdaten an die Fluggastdatenzentralstelle werden die Fluggastdaten durch Unkenntlichmachung der folgenden Datenelemente, mit denen die Identität einer Person nach § 2 Absatz 1 festgestellt werden könnte, von der Fluggastdatenzentralstelle depersonalisiert:
(2) Die Aufhebung der Depersonalisierung von Fluggastdaten durch die Fluggastdatenzentralstelle ist nur zulässig, wenn die Aufhebung
Abschnitt 4: Übermittlung von Fluggastdaten durch die Fluggastdatenzentralstelle
(1) Soweit dies zur Erfüllung von deren Aufgaben zur Verhütung oder Verfolgung von Straftaten nach § 4 Absatz 1 erforderlich ist, kann die Fluggastdatenzentralstelle die aus einem Abgleich nach § 4 Absatz 2 oder Absatz 5 resultierenden Fluggastdaten und die Ergebnisse der Verarbeitung dieser Daten zur weiteren Überprüfung oder zur Veranlassung geeigneter Maßnahmen übermitteln an
(2) Soweit dies zur Erfüllung von deren Aufgaben im Zusammenhang mit Straftaten nach § 4 Absatz 1 erforderlich ist, kann die Fluggastdatenzentralstelle die aus einem Abgleich nach § 4 Absatz 2 oder Absatz 5 resultierenden Fluggastdaten und die Ergebnisse der Verarbeitung dieser Daten zudem übermitteln an
(3) Die in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Behörden dürfen die übermittelten Daten nur zu den Zwecken, zu denen sie ihnen übermittelt worden sind, verarbeiten.
(4) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Behörden können, soweit sie Aufgaben der Strafverfolgung wahrnehmen, die übermittelten Daten zu anderen Zwecken verarbeiten, wenn Erkenntnisse, auch unter Einbezug weiterer Informationen, den Verdacht einer bestimmten anderen Straftat begründen.
(1) Der Fluggastdatenzentralstelle obliegt der Austausch von Fluggastdaten und von Ergebnissen der Verarbeitung dieser Daten mit den Fluggastdatenzentralstellen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Mitgliedstaaten).
(2) Die Fluggastdatenzentralstelle kann die Fluggastdatenzentralstelle eines anderen Mitgliedstaates aufgrund eines begründeten Ersuchens einer in § 6 Absatz 1 Satz 1 genannten Behörde ersuchen um
(3) Die Fluggastdatenzentralstelle kann Fluggastdaten und die Ergebnisse der Verarbeitung dieser Daten an die Fluggastdatenzentralstellen anderer Mitgliedstaaten übermitteln, wenn
(4) Die Fluggastdatenzentralstelle kann Fluggastdaten und die Ergebnisse der Verarbeitung dieser Daten, die ihr von den Fluggastdatenzentralstellen anderer Mitgliedstaaten übermittelt werden, verarbeiten und an die in § 6 Absatz 1 Satz 1 genannten Behörden übermitteln, wenn
(5) Die Vorschriften über die internationale Rechtshilfe in strafrechtlichen Angelegenheiten bleiben unberührt.
(1) Unter Beachtung der §§ 78 bis 80 des Bundesdatenschutzgesetzes kann die Fluggastdatenzentralstelle Fluggastdaten und die Ergebnisse der Verarbeitung dieser Daten im Einzelfall auf Ersuchen an die Behörden von Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind (Drittstaaten) übermitteln, wenn
(2) Die Fluggastdatenzentralstelle kann die Fluggastdaten eines anderen Mitgliedstaates unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 an die Behörden von Drittstaaten übermitteln, wenn die Fluggastdatenzentralstelle dieses Mitgliedstaates in die Übermittlung einwilligt. Liegt keine Einwilligung vor, ist die Übermittlung nur dann zulässig, wenn
(3) Die Fluggastdatenzentralstelle unterrichtet die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle über jede Datenübermittlung nach den Absätzen 1 und 2. Die Datenübermittlung nach Absatz 2 Satz 2 ist nachträglich durch die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle zu überprüfen.
Abschnitt 5: Datenschutzrechtliche Bestimmungen
(1) Die Aufgaben der oder des Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle nimmt die oder der Datenschutzbeauftragte des Bundeskriminalamtes wahr.
(2) Die oder der Datenschutzbeauftragte der Fluggastdatenzentralstelle kann eine Angelegenheit an die nationale Kontrollstelle verweisen, wenn sie oder er eine Verarbeitung von Fluggastdaten für rechtswidrig hält.
(1) Fluggastdaten sind nach Ablauf von fünf Jahren ab ihrer Übermittlung an die Fluggastdatenzentralstelle durch die Fluggastdatenzentralstelle aus dem Fluggastdaten-Informationssystem zu löschen. ²Die Löschung von Fluggastdaten, die den in § 6 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 genannten Behörden übermittelt wurden, richtet sich nach den jeweiligen für diese Behörden geltenden Vorschriften.
(2) Daten, die der Fluggastdatenzentralstelle von den Luftfahrtunternehmen übermittelt wurden und die nicht Fluggastdaten nach § 2 Absatz 2 sind, werden unverzüglich nach ihrem Eingang bei der Fluggastdatenzentralstelle durch die Fluggastdatenzentralstelle gelöscht.
(3) Fluggastdaten nach § 2 Absatz 2, die Angaben zur rassischen oder ethnischen Herkunft, zu den politischen Meinungen, zu den religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, zur Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, zum Gesundheitszustand, zum Sexualleben oder zur sexuellen Orientierung einer Person beinhalten, werden unverzüglich nach ihrem Eingang bei der Fluggastdatenzentralstelle durch die Fluggastdatenzentralstelle gelöscht.
(4) Die Ergebnisse der Verarbeitung von Fluggastdaten sind durch die Fluggastdatenzentralstelle zu löschen, sobald sie nicht mehr erforderlich sind, um die in § 6 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 genannten Behörden, die Fluggastdatenzentralstellen anderer Mitgliedstaaten, Europol oder die Behörden von Drittstaaten zu informieren. ²Verarbeitungsergebnisse, die aus Analysen von Fluggastdaten resultieren, sind von der Fluggastdatenzentralstelle zu löschen, sobald sie nicht mehr für die Erstellung oder Aktualisierung von Mustern für den vorzeitigen Abgleich oder zur Information der Fluggastdatenzentralstellen anderer Mitgliedstaaten benötigt werden. ³Die Löschung von Ergebnissen der Verarbeitung von Fluggastdaten, die den in § 6 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 genannten Behörden übermittelt wurden, richtet sich nach den jeweiligen für diese Behörden geltenden Vorschriften.
(5) Ergibt die individuelle Überprüfung nach § 4 Absatz 2 Satz 2 nach einem vorzeitigen Abgleich, dass kein Treffer vorliegt, so ist dieses Ergebnis spätestens dann zu löschen, wenn die dazugehörigen Daten nach Absatz 1 Satz 1 gelöscht werden.
(1) § 76 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt mit der Maßgabe, dass die Protokolle der oder dem Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle oder der nationalen Kontrollstelle in elektronisch auswertbarer Form für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zur Verfügung stehen.
(2) Abweichend von § 76 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes dürfen die Protokolle ausschließlich für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten der Fluggastdatenzentralstelle sowie die nationale Kontrollstelle sowie für die Eigenüberwachung, für die Gewährleistung der Integrität und Sicherheit der personenbezogenen Daten und für Audits verwendet werden.
(3) Die Protokolldaten sind fünf Jahre lang aufzubewahren und anschließend zu löschen.
(1) Die Fluggastdatenzentralstelle dokumentiert alle Verarbeitungssysteme und Verarbeitungsverfahren, die in ihre Zuständigkeit fallen.
(2) Die Dokumentation enthält zumindest folgende Angaben:
(3) Die Fluggastdatenzentralstelle stellt der nationalen Kontrollstelle auf Anfrage alle verfügbaren Dokumentationen zur Verfügung.
Abschnitt 6: Geltung des Bundeskriminalamtgesetzes
Abschnitt 7: Schlussvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Bundesverwaltungsamt.
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