Verordnung über die Verbraucherschlichtungsstellen im Finanzbereich nach § 14 des Unterlassungsklagengesetzes und ihr Verfahren
Abschnitt 1: Behördliche Verbraucherschlichtungsstellen bei der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(1) Die Verbraucherschlichtungsstelle für die Streitigkeiten, die der Deutschen Bundesbank durch § 14 Absatz 1 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes zur Schlichtung zugewiesen sind, ist am Sitz der Deutschen Bundesbank einzurichten.
(2) Die Verbraucherschlichtungsstelle für die Streitigkeiten, die der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht durch § 14 Absatz 1 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes zur Schlichtung zugewiesen sind, ist am Sitz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einzurichten.
(3) Für die Verbraucherschlichtungsstelle sind von der Trägerin mindestens zwei Schlichter zu bestellen. ²Für jeden Schlichter ist ein anderer Schlichter als Vertreter zu bestellen. Zu Schlichtern kann die Trägerin nur eigene Bedienstete bestellen, die
(4) Für die Verbraucherschlichtungsstelle ist eine Geschäftsstelle einzurichten.
(5) Die Schlichtungsverfahren sind von einem Schlichter durchzuführen, der dabei von der Geschäftsstelle unterstützt wird. ²Vor jedem Geschäftsjahr haben die Schlichter gemeinsam ihre Zuständigkeit für die Schlichtungsverfahren schriftlich festzulegen. ³Diese Geschäftsverteilung kann während des Geschäftsjahres nur aus wichtigem Grund geändert werden.
(6) Für die Verbraucherschlichtungsstelle muss eine Webseite und ein Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente, insbesondere auch für elektronische Schlichtungsanträge, eingerichtet werden. ²Die Übermittlung der elektronischen Dokumente muss direkt über die Webseite oder über eine auf der Webseite angegebene E‑Mail-Adresse möglich sein.
(1) Die Schlichter müssen unabhängig sein und dürfen nicht an Weisungen gebunden werden.
(2) Die Schlichter müssen fair und unparteiisch schlichten. ²Ein Schlichter darf eine Streitigkeit nicht schlichten, wenn Gründe vorliegen, die Misstrauen gegen seine Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit rechtfertigen. ³Anstelle des Schlichters wird sein Vertreter tätig.
(3) Ein Schlichter kann von der Trägerin abberufen werden, wenn
(1) Der Schlichter lehnt die Durchführung des Schlichtungsverfahrens ab, wenn
(2) Der Schlichter kann die Durchführung des Schlichtungsverfahrens ablehnen, wenn
(3) Eine Ablehnung nach Absatz 1 oder Absatz 2 ist nur bis drei Wochen nach dem Zeitpunkt möglich, zu dem dem Schlichter alle Informationen für das Schlichtungsverfahren vorlagen.
(1) Die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist in Textform bei der Verbraucherschlichtungsstelle in deutscher Sprache zu beantragen. ²In dem Antrag ist die Streitigkeit, die geschlichtet werden soll, zu schildern und ein konkretes Begehren darzulegen. ³Dem Antrag sind gegebenenfalls weitere zum Verständnis der Streitigkeit erforderliche Unterlagen beizufügen. Der Antragsteller hat zu versichern, dass
(2) Der Antragsteller kann seinen Antrag bis zur Beendigung des Verfahrens zurücknehmen. ²Mit der Rücknahme des Antrags endet das Schlichtungsverfahren.
(3) Die Beteiligten können sich in dem Verfahren vertreten lassen. ²Die Geschäftsstelle unterrichtet die Beteiligten zu Beginn des Verfahrens, dass sie sich in jeder Lage des Verfahrens von einem Rechtsanwalt oder anderen Personen, die zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen befugt sind, beraten oder vertreten lassen können.
(1) Ist die Verbraucherschlichtungsstelle für den Antrag nicht zuständig und ist der Antrag nicht nach § 24 abzugeben, lehnt der Schlichter die Durchführung des Schlichtungsverfahrens ab.
(2) Ist die Verbraucherschlichtungsstelle für den Antrag zuständig, bestätigt die Geschäftsstelle dem Antragsteller den Eingang seines Antrags. ²Entspricht ein Antrag nicht den Anforderungen des § 7 Absatz 1, weist die Geschäftsstelle den Antragsteller auf die Mängel seines Antrags hin und fordert ihn auf, diese innerhalb einer angemessenen Frist von mindestens zwei Wochen zu beseitigen. ³Der Antragsteller ist darüber zu unterrichten, dass die Durchführung des Schlichtungsverfahrens vom Schlichter abgelehnt werden muss, wenn innerhalb der Frist die Mängel des Antrags nicht beseitigt werden.
(3) Ist die Verbraucherschlichtungsstelle für den Antrag zuständig und entspricht er den Anforderungen des § 7 Absatz 1, leitet die Geschäftsstelle den Antrag dem Antragsgegner zu und fordert ihn zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Zugang des Antrags auf. ²Die Geschäftsstelle leitet dem Antragsteller die Stellungnahme des Antragsgegners zu. ³Wenn der Antragsgegner nach seiner Stellungnahme nicht bereit ist, dem Begehren des Antragstellers zu entsprechen, dann stellt die Geschäftsstelle dem Antragsteller anheim, sich innerhalb eines Monats zur Stellungnahme des Antragsgegners zu äußern. ⁴Die Fristen nach den Sätzen 1 und 3 können auf Antrag um einen Monat verlängert werden. ⁵Nach Ablauf der Stellungnahmefrist des Antragstellers legt die Geschäftsstelle dem Schlichter den Antrag sowie die dazu eingegangenen Stellungnahmen und Unterlagen vor, es sei denn, der Antragsgegner hat dem Anliegen des Antragstellers entsprochen oder das Schlichtungsverfahren hat sich auf andere Weise erledigt.
(4) Wenn der Schlichter eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für geboten hält, kann er die Beteiligten zu ergänzenden Stellungnahmen auffordern oder Auskünfte bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der Deutschen Bundesbank oder bei einer für die außergerichtliche Beilegung vergleichbarer Streitigkeiten zuständigen Stelle in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einholen.
(5) Eine Beweisaufnahme führt der Schlichter nur durch, wenn der Beweis durch die Vorlage von Urkunden angetreten werden kann.
(6) Benötigt der Schlichter keine weiteren Stellungnahmen, Unterlagen oder sonstigen Informationen mehr, ist den Beteiligten unverzüglich der Zeitpunkt mitzuteilen, zu welchem alle Informationen für das Schlichtungsverfahren vorlagen.
(1) Der Schlichter hat den Beteiligten spätestens 90 Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem alle Informationen für das Schlichtungsverfahren vorlagen, einen Schlichtungsvorschlag in Textform zu übermitteln, es sei denn, diese Frist konnte verlängert werden. ²Der Schlichter kann die Frist nach Satz 1 ohne Zustimmung der Beteiligten nur für Streitigkeiten verlängern, die sehr umfangreich sind oder bei denen sich schwierige Rechtsfragen stellen. ³Die Beteiligten sind über die Fristverlängerung unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Schlichtungsvorschlag ist ein Vorschlag, wie die Streitigkeit von den Beteiligten nach geltendem Recht, insbesondere unter Beachtung von zwingenden Verbraucherschutzgesetzen und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben, angemessen beigelegt werden kann. ²Er ist kurz und verständlich zu begründen. ³Der Schlichtungsvorschlag kann einen Vorschlag zur Übernahme von Auslagen enthalten, wenn dies zur angemessenen Beilegung des Streits der Beteiligten geboten erscheint.
(3) Der Schlichtungsvorschlag kann von den Beteiligten innerhalb von sechs Wochen nach Zugang durch eine Erklärung in Textform gegenüber der Verbraucherschlichtungsstelle angenommen werden. Die Beteiligten sind auf diese Frist sowie darauf hinzuweisen,
(1) Das Verfahren vor der Verbraucherschlichtungsstelle ist für Verbraucher kostenfrei. ²Auslagen werden nicht erstattet.
(2) Die Verbraucherschlichtungsstelle erhebt von den am Verfahren beteiligten Unternehmen eine Gebühr von 200 Euro, es sei denn, die Verbraucherschlichtungsstelle lehnt den Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach § 6 ab oder gibt den Antrag nach § 24 Absatz 1 an eine andere Verbraucherschlichtungsstelle ab. ²Die Gebühr kann auf Antrag des Unternehmens erlassen oder gemindert werden, wenn die Erhebung der Gebühr ganz oder teilweise unangemessen wäre.
Abschnitt 2: Anerkannte Verbraucherschlichtungsstellen
(1) Eine private Schlichtungsstelle ist als Verbraucherschlichtungsstelle für Streitigkeiten nach § 14 Absatz 1 des Unterlassungsklagengesetzes anzuerkennen, wenn
(2) Wenn die Anerkennung wirksam geworden ist, hat das Bundesamt für Justiz die anerkannte Schlichtungsstelle in die Liste der Verbraucherschlichtungsstellen nach § 33 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes einzutragen.
(1) Die Schlichtungsstelle muss im Inland eingerichtet werden.
(2) Für die Schlichtungsstelle müssen eine Webseite und ein Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente, insbesondere auch für elektronische Schlichtungsanträge, eingerichtet werden. ²Die Übermittlung elektronischer Dokumente muss direkt über die Webseite oder an eine auf der Webseite angegebene E-Mail-Adresse möglich sein.
(3) Für die Schlichtungsstelle muss der Träger mindestens zwei Schlichter bestellen. ²Die Schlichter müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Zum Schlichter kann nicht bestellt werden, wer in den letzten drei Jahren vor der Bestellung beschäftigt war
(4) Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. ist vor der Bestellung entsprechend § 2 Satz 3 und 4 zu beteiligen. ²Die Schlichter sind für mindestens drei Jahre zu bestellen. ³Ihre Bestellung kann wiederholt werden. ⁴Für jeden Schlichter ist ein anderer Schlichter als Vertreter zu bestellen.
(5) Für die Schlichtungsstelle ist eine Geschäftsstelle einzurichten.
(1) Der Träger muss für die Schlichtungsstelle eine Verfahrensordnung erlassen, die die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle für Streitigkeiten nach § 14 Absatz 1 Satz 1 des Unterlassungsklagengesetzes begründet. ²Die Zuständigkeit kann auf einzelne dieser Streitigkeiten oder auf diese Streitigkeiten mit bestimmten Unternehmern beschränkt werden. ³Die Schlichtungsstelle kann daneben auch für Streitigkeiten zuständig sein, die nicht unter § 14 Absatz 1 Satz 1 des Unterlassungsklagengesetzes fallen.
(2) Die Organisation der Schlichtungsstelle und das Schlichtungsverfahren sind in der Verfahrensordnung entsprechend § 1 Absatz 5 und den §§ 2 bis 10 Absatz 1 auszugestalten. ²Abweichend von § 9 Absatz 3 kann bestimmt werden, dass Schlichtungsvorschläge für die an dem Schlichtungsverfahren teilnehmenden Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen oder bis zu einer bestimmten Höhe verbindlich sind. ³In der Verfahrensordnung ist anzugeben, ob und in welcher Höhe Entgelte für ein Schlichtungsverfahren von den Beteiligten verlangt werden.
(1) Eine Änderung der Verfahrensordnung einer Verbraucherschlichtungsstelle bedarf der Zustimmung des Bundesamts für Justiz.
(2) Dem Antrag des Trägers der Verbraucherschlichtungsstelle auf Zustimmung zur Änderung der Verfahrensordnung ist eine Abschrift der Verfahrensordnung beizufügen, in der die geplanten Änderungen kenntlich gemacht sind. ²Das Bundesamt für Justiz bestätigt dem Träger in Textform den Eingang des Antrags unter Angabe des Tages, an dem der Antrag eingegangen ist.
(3) Die beantragte Zustimmung des Bundesamts für Justiz gilt als erteilt, wenn das Bundesamt für Justiz der Änderung der Verfahrensordnung nicht innerhalb von sechs Wochen, nachdem der Antrag auf Zustimmung eingegangen ist, widerspricht.
(1) Erfüllt die Verbraucherschlichtungsstelle die für ihre Anerkennung notwendigen Voraussetzungen nicht mehr oder verstößt sie bei ihrer Tätigkeit gegen gesetzliche Vorschriften oder ihre Verfahrensordnung, so hat das Bundesamt für Justiz den Träger der Verbraucherschlichtungsstelle in Textform aufzufordern, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Widerrufsgründe innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Aufforderung zu beseitigen.
(2) Das Bundesamt für Justiz hat die Anerkennung zu widerrufen, wenn der Träger die Widerrufsgründe innerhalb der gesetzten Frist nicht beseitigt.
(3) Wenn die Anerkennung widerrufen wurde, ist die Eintragung der Schlichtungsstelle in der Liste der Verbraucherschlichtungsstellen nach § 33 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes zu löschen.
Abschnitt 3: Berichts- und Informationspflichten
(1) Auf der Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sind die Informationen zur Verbraucherschlichtungsstelle und ihrem Verfahren entsprechend § 3 der Verbraucherstreitbeilegungs-Informationspflichtenverordnung klar und verständlich zu veröffentlichen. ²An die Stelle der Vorschriften des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes treten die entsprechenden Vorschriften dieser Verordnung. ³Die Informationen müssen stets aktuell sein.
(2) Auf Anfrage sind die auf der Webseite zu veröffentlichenden Informationen jedermann in Textform zu übermitteln.
Abschnitt 4: Zusammenarbeit mit anderen Streitbeilegungsstellen
(1) Wird eine Schlichtung wegen einer Streitigkeit nach § 14 Absatz 1 des Unterlassungsklagengesetzes bei einer unzuständigen Verbraucherschlichtungsstelle beantragt, gibt diese den Schlichtungsantrag unter Benachrichtigung des Antragstellers an die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ab.
(2) Hat der Antragsgegner keine inländische Niederlassung, besteht aber eine Niederlassung in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, unterrichtet die Verbraucherschlichtungsstelle den Antragsteller über die Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung in diesem Vertragsstaat. ²Auf Antrag des Antragstellers leitet die Verbraucherschlichtungsstelle den Antrag an eine für außergerichtliche Streitbeilegung zuständige Stelle in dem anderen Vertragsstaat weiter.
(1) Für die Schlichtungsverfahren bei den behördlichen Verbraucherschlichtungsstellen, die am 31. Januar 2017 noch nicht beendet waren, sind die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.
(2) Werden Schlichtungsstellen, die nach § 16 Absatz 2 des Unterlassungsklagengesetzes als anerkannte private Verbraucherschlichtungsstellen gelten, nach den Vorschriften dieser Verordnung als private Verbraucherschlichtungsstellen anerkannt, führen diese Verbraucherschlichtungsstellen die Schlichtungsverfahren, die noch nicht beendet waren als die Anerkennung wirksam wurde, noch nach den Verfahrensordnungen durch, die aufgrund der Schlichtungsstellenverfahrensverordnung oder der Kapitalanlageschlichtungsstellenverordnung genehmigt wurden.
(1) Die §§ 11 bis 20 treten am Tag nach der Verkündung in Kraft. ²Im Übrigen tritt diese Verordnung am 1. Februar 2017 in Kraft.
(2) Die Schlichtungsstellenverfahrensverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 2002 (BGBl. I S. 2577), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. April 2016 (BGBl. I S. 720) geändert worden ist, tritt am 31. Januar 2017 außer Kraft.
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