Verordnung (Euratom) 2016/52
Verordnung (Euratom) 2016/52 des Rates vom 15. Januar 2016 zur Festlegung von Höchstwerten an Radioaktivität in Lebens- und Futtermitteln im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls und zur Aufhebung der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates und der Verordnungen (Euratom) Nr. 944/89 und (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission
Erwägungen
- (1)
- In der Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates sind grundlegende Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung festgelegt.
- (2)
- Nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986 wurden beträchtliche Mengen radioaktiver Stoffe in die Atmosphäre freigesetzt, was in mehreren europäischen Ländern zu einer aus gesundheitlicher Sicht erheblichen Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat. Es wurden Maßnahmen erlassen, mit denen sichergestellt werden sollte, dass bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse nur nach gemeinsamen Modalitäten in die Union eingeführt werden, die die Gesundheit der Bevölkerung schützen und gleichzeitig die Einheit des Marktes erhalten und Verkehrsverlagerungen verhindern.
- (3)
- In der Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates sind Höchstwerte an Radioaktivität in Lebens- und Futtermitteln festgelegt, die im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls anzuwenden sind, der/die zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird. Diese Höchstwerte entsprechen noch immer den neuesten international verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Grundlage für die Festlegung der in der vorliegenden Verordnung enthaltenen Höchstwerte wurde überprüft und ist in der Veröffentlichung 105 der Kommission zum Strahlenschutz (nach einem Unfall anzuwendende EU-Kriterien für Einschränkungen bei Lebensmitteln) beschrieben. Diese Werte basieren im Besonderen auf einem Referenzwert von 1 mSv pro Jahr für die individuelle effektive Dosis durch Ingestion sowie auf der Annahme, dass 10 % der jährlich konsumierten Nahrung kontaminiert sind. Für Säuglinge unter einem Jahr gelten jedoch andere Annahmen.
- (4)
- Nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima am 11. März 2011 wurde die Kommission darüber unterrichtet, dass die Radionuklidgehalte bestimmter Lebensmittelerzeugnisse mit Ursprung in Japan die in Japan für Lebensmittel geltenden Grenzwerte überschreiten. Eine solche Kontamination könnte eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tieren in der Union darstellen, weshalb im Einklang mit der Stellungnahme des mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates eingerichteten Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Maßnahmen erlassen wurden, die besondere Bedingungen für die Einfuhr von Lebens- und Futtermitteln mit dem Ursprungs- oder Herkunftsland Japan vorsehen.
- (5)
- Es sollte ein System eingerichtet werden, das es der Gemeinschaft ermöglicht, die zum Schutz der Bevölkerung erforderlichen Höchstwerte an Radioaktivität für Erzeugnisse, die in Verkehr gebracht werden sollen, festzulegen, wenn ein nuklearer Unfall oder ein anderer radiologischer Notfall zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder voraussichtlich führen wird.
- (6)
- Trinkwasser wird wie andere Lebensmittel direkt oder indirekt aufgenommen und spielt daher eine Rolle bei der Gesamtexposition der Verbraucher gegenüber radioaktiven Stoffen. Die Kontrolle der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch hinsichtlich radioaktiver Stoffe, mit Ausnahme von Mineralwässern und Wässern, die Arzneimittel sind, ist bereits in der Richtlinie 2013/51/Euratom des Rates geregelt. Die vorliegende Verordnung sollte für Lebensmittel, Lebensmittel von geringerer Bedeutung und Futtermittel, die nach einem nuklearen Unfall oder einem anderen radiologischen Notfall in Verkehr gebracht werden können, gelten und nicht für Wasser für den menschlichen Gebrauch, für das die Richtlinie 2013/51/Euratom gilt. Die Mitgliedstaaten können jedoch in einem radiologischen Notfall beschließen, sich auf die in dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte für flüssige Lebensmittel zu beziehen, um die Nutzung von Wasser für den menschlichen Gebrauch zu verwalten.
- (7)
- Die Höchstwerte der Radioaktivität sollten für Lebens- und Futtermittel gelten, die aus der Union stammen oder aus Drittländern eingeführt werden, wobei Ort und Umstände des nuklearen Unfalls oder anderen radiologischen Notfalls zu berücksichtigen sind.
- (8)
- Die Kommission ist bei einem nuklearen Unfall oder bei außerordentlich hohen Strahlungswerten gemäß der Entscheidung 87/600/Euratom des Rates oder im Rahmen des Übereinkommens der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) vom 26. September 1986 über die schnelle Unterrichtung bei nuklearen Unfällen zu unterrichten.
- (9)
- Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Ernährungsweise von Säuglingen sich in ihren ersten sechs Lebensmonaten stark unterscheiden kann und Unsicherheiten hinsichtlich des Stoffwechsels von Säuglingen in den zweiten sechs Lebensmonaten bestehen, ist es angezeigt, die für Säuglingsnahrung geltenden niedrigeren Höchstwerte auf die ersten zwölf Lebensmonate auszuweiten.
- (10)
- Um eine Anpassung der geltenden Höchstwerte insbesondere an die Umstände eines nuklearen Unfalls oder anderen radiologischen Notfalls zu erleichtern, sollten die Verfahren zur Überprüfung der Durchführungsverordnungen auch eine Konsultation der Sachverständigengruppe gemäß Artikel 31 des Vertrags durch die Kommission umfassen. des Vertrags durch die Kommission umfassen.
- (11)
- Um sicherzustellen, dass Lebens- und Futtermittel, die die geltenden Höchstwerte überschreiten, in der Gemeinschaft nicht in Verkehr gebracht werden, sollte die Einhaltung dieser Höchstwerte angemessen überprüft werden.
- (12)
- Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung hinsichtlich der Verfahren zu gewährleisten, mit denen die Höchstwerte Gültigkeit erlangen, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates ausgeübt werden, die für die Zwecke der vorliegenden Verordnung anzuwenden ist, ungeachtet der Tatsache, dass darin nicht ausdrücklich Bezug auf Artikel 106a des Vertrags genommen wird. des Vertrags genommen wird.
- (13)
- Die Kommission sollte durch den Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel unterstützt werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass ihre Vertreter über angemessene Fachkenntnisse zu Strahlenschutz verfügen oder darauf zurückgreifen können, wenn in diesem Ausschuss über Entwürfe von Durchführungsrechtsakten auf Grundlage der vorliegenden Verordnung beraten wird.
- (14)
- Für die Annahme von Rechtsakten, mit denen Höchstwerte der radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln Gültigkeit erlangen, sollte das Prüfverfahren angewandt werden.
- (15)
- Die Kommission sollte sofort geltende Durchführungsrechtsakte erlassen, wenn in angemessen begründeten Fällen im Zusammenhang mit bestimmten radiologischen Notfällen, die zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt haben oder wahrscheinlich führen werden, Gründe äußerster Dringlichkeit dies zwingend erforderlich machen.
- (16)
- Diese Verordnung sollte eine „lex specialis“ für das Verfahren zur Annahme und späteren Änderung von Durchführungsverordnungen zur Festlegung von geltenden Höchstwerten an Radioaktivität im Falle eines radiologischen Notfalls darstellen. Ist davon auszugehen, dass Lebens- oder Futtermittel, die aus der Union stammen oder aus Drittländern eingeführt werden, wahrscheinlich eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit von Menschen oder Tieren oder für die Umwelt darstellen und dass dieser Gefahr durch Maßnahmen des betroffenen Mitgliedstaats bzw. der betroffenen Mitgliedstaaten nicht auf zufriedenstellende Weise begegnet werden kann, so kann die Kommission zusätzliche Notfallmaßnahmen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erlassen. Die Kommission sollte sicherstellen, dass die vorliegende Verordnung und die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 harmonisiert durchgeführt werden. Soweit möglich, sollten geltende Höchstwerte und zusätzliche Notfallmaßnahmen in einer einzigen Durchführungsverordnung auf Grundlage der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zusammengefasst werden.
- (17)
- Darüber hinaus sind allgemeine Regeln für die Ausübung amtlicher Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung von Bestimmungen, die unter anderem zum Ziel haben, Gefahren für die Gesundheit von Menschen und Tieren zu verhüten, zu beseitigen oder auf ein akzeptables Maß zu senken, in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 festgelegt.
- (18)
- Beim Erstellen oder Überprüfen der Durchführungsverordnungen sollte die Kommission unter anderem den folgenden Umständen Rechnung tragen: Ort, Art und Ausmaß des nuklearen Unfalls oder anderen radiologischen Notfalls innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft; Art, Umfang und Verbreitung der festgestellten oder voraussichtlichen Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Luft, das Wasser und den Boden sowie in Lebens- und Futtermittel innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft; Strahlenrisiken der festgestellten oder potenziellen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln und die daraus resultierenden Strahlendosen; Art und Menge der kontaminierten Lebens- und Futtermittel, die in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden könnten; in Drittländern für kontaminierte Lebens- und Futtermittel festgelegte Höchstwerte; die Bedeutung dieser Lebens- und Futtermittel für eine angemessene Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln; die Erwartungen der Verbraucher im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit und mögliche Änderungen der Essgewohnheiten der Verbraucher als Folge eines radiologischen Notfalls.
- (19)
- In hinreichend begründeten Fällen sollte jeder Mitgliedstaat die Erlaubnis beantragen können, in Bezug auf bestimmte Lebens- oder Futtermittel, die in seinem Hoheitsgebiet konsumiert werden, von den Höchstwerten radioaktiver Kontamination von Lebens- und Futtermitteln vorübergehend abzuweichen. In Durchführungsverordnungen sollten die Lebens- und Futtermittel, für die die Ausnahmen gelten, die betroffenen Arten von Radionukliden sowie der räumliche Geltungsbereich und die Dauer der Ausnahmen bestimmt werden —
Art. 1 Gegenstand
Diese Verordnung enthält Höchstwerte für die radioaktive Kontamination von:
- a)
- Lebensmitteln gemäß Anhang I,
- b)
- Lebensmitteln von geringerer Bedeutung gemäß Anhang II und
- c)
- Futtermitteln gemäß Anhang III,
die nach einem nuklearen Unfall oder einem anderen radiologischen Notfall, der/die zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird, in Verkehr gebracht werden dürfen.
Diese Verordnung legt auch das Verfahren zur Annahme und späteren Änderung von Durchführungsverordnungen zur Festlegung anwendbarer Höchstwerte fest.
Art. 2 Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
- 1.
- „Lebensmittel“ bezeichnet alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.Zu „Lebensmitteln“ zählen auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung, Verarbeitung oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden.
Zu den „Lebensmitteln“ zählen nicht:
b) | lebende Tiere, soweit sie nicht für das Inverkehrbringen zum menschlichen Verzehr vorbereitet worden sind; |
c) | Pflanzen vor dem Ernten; |
g) | Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe im Sinne des Einheitsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe und des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Stoffe; |
h) | Rückstände und Kontaminanten; |
- 2.
- „Lebensmittel von geringerer Bedeutung“ bezeichnet Lebensmittel von geringerer diätetischer Bedeutung, auf die nur ein geringfügiger Anteil des Lebensmittelverbrauchs der Bevölkerung entfällt;
- 3.
- „Futtermittel“ bezeichnet Stoffe oder Erzeugnisse einschließlich Zusatzstoffen in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind;
- 4.
- „Inverkehrbringen“ bezeichnet das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Zwecke des Verkaufs, einschließlich des Anbietens zum Verkauf und jeder anderen Form der entgeltlichen oder unentgeltlichen Weitergabe, sowie den Verkauf, den Vertrieb und andere Formen der Weitergabe an sich;
- 5.
- „radiologischer Notfall“ bezeichnet eine nicht routinemäßige Situation oder ein nicht routinemäßiges Ereignis, bei der/dem eine Strahlungsquelle vorhanden ist und die/das unverzügliche Maßnahmen erfordert, um schwerwiegende nachteilige Folgen für Gesundheit, Sicherheit, Lebensqualität und Eigentum von Menschen sowie für die Umwelt zu mindern, oder eine Gefahr, die solche schwerwiegenden nachteiligen Folgen nach sich ziehen könnte.
Art. 3 Geltende Höchstwerte
(1)
Erhält die Kommission — insbesondere gemäß dem Gemeinschaftssystem für den beschleunigten Informationsaustausch im Falle einer radiologischen Notstandssituation oder gemäß dem IAEO-Übereinkommen über die schnelle Unterrichtung bei nuklearen Unfällen vom 26. September 1986 — eine offizielle Mitteilung über einen nuklearen Unfall oder einen anderen radiologischen Notfall, der zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird, so erlässt sie eine Durchführungsverordnung, mit der Höchstwerte für die potenziell kontaminierten Lebens- oder Futtermittel, die in Verkehr gebracht werden könnten, Gültigkeit erlangen.
²Unbeschadet des Artikels 3 Absatz 4 dürfen die in einer solchen Durchführungsverordnung festgelegten geltenden Höchstwerte die in den Anhängen I, II und III festgelegten Höchstwerte nicht übersteigen. ³Diese Durchführungsverordnung wird nach dem in Artikel 5 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 5 Absatz 3 eine sofort geltende Durchführungsverordnung, wenn dies in angemessen begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit im Zusammenhang mit den Umständen des nuklearen Unfalls oder sonstigen radiologischen Notfalls zwingend erforderlich ist.
(2)
Die Gültigkeitsdauer der gemäß Absatz 1 erlassenen Durchführungsverordnungen ist so kurz wie möglich. ²Die Dauer der ersten Durchführungsverordnung im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls darf drei Monate nicht überschreiten.
Die Durchführungsverordnungen werden von der Kommission regelmäßig überprüft und auf Grundlage von Art und Ort des Unfalls sowie der Entwicklung der tatsächlich gemessenen Werte der radioaktiven Kontamination gegebenenfalls geändert.
(3)
Beim Erstellen oder Überprüfen der Durchführungsverordnungen trägt die Kommission den gemäß den Artikeln 30 und 31 des Vertrags festgelegten grundlegenden Normen Rechnung, einschließlich des Grundsatzes der Rechtfertigung und des Grundsatzes der Optimierung, um die Höhe der Individualdosen, die Wahrscheinlichkeit einer Exposition sowie die Anzahl der exponierten Personen unter Berücksichtigung des jeweils gegenwärtigen technischen Erkenntnisstandes sowie wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktoren so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar zu halten.
²Beim Überprüfen der Durchführungsverordnungen konsultiert die Kommission die in Artikel 31 des Vertrags genannte Sachverständigengruppe, im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls, der eine so umfassende Kontamination von in der Gemeinschaft konsumierten Lebens- oder Futtermitteln verursacht, dass die Überlegungen und Annahmen, die hinter den Höchstwerten gemäß den Anhängen I, II und III der vorliegenden Verordnung stehen, nicht mehr gültig sind. ³Die Kommission kann in jedem anderen Fall einer Kontamination von in der Gemeinschaft konsumierten Lebens- oder Futtermitteln eine Stellungnahme dieser Sachverständigengruppe einholen.
(4) Unbeschadet des mit dieser Verordnung verfolgten Ziels des Gesundheitsschutzes kann die Kommission einem Mitgliedstaat auf dessen Antrag hin und angesichts der in diesem Mitgliedstaat herrschenden außergewöhnlichen Umstände mittels Durchführungsverordnungen erlauben, von den Höchstwerten für bestimmte Lebens- und Futtermittel, die in seinem Hoheitsgebiet konsumiert werden, vorübergehend abzuweichen. ²Diese Ausnahmen müssen auf wissenschaftlichen Nachweisen beruhen und durch die in dem betreffenden Mitgliedstaat herrschenden Umstände, insbesondere gesellschaftliche Faktoren, hinreichend begründet sein.
Art. 4 Restriktive Maßnahmen
(1)
Wenn die Kommission eine Durchführungsverordnung erlässt, mit der Höchstwerte Gültigkeit erlangen, dürfen Lebens- und Futtermittel, die diese Höchstwerte überschreiten, ab dem in dieser Durchführungsverordnung bestimmten Tag nicht mehr in Verkehr gebracht werden.
Für die Anwendung der vorliegenden Verordnung gelten aus Drittländern eingeführte Lebens- oder Futtermittel als in Verkehr gebracht, wenn sie im Zollgebiet der Union in ein anderes Zollverfahren als dem Versandverfahren überführt werden.
(2) Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission alle Informationen über die Anwendung dieser Verordnung. ²Die Kommission übermittelt diese Informationen den anderen Mitgliedstaaten. ³Jeder Fall, in dem die geltenden Höchstwerte nicht eingehalten worden sind, wird über das Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) mitgeteilt.
Art. 6 Berichterstattung
Im Falle eines nuklearen Unfalls oder eines anderen radiologischen Notfalls, der zu einer erheblichen radioaktiven Kontamination von Lebens- und Futtermitteln geführt hat oder wahrscheinlich führen wird, legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor. ²Dieser Bericht umfasst die Durchführung der gemäß dieser Verordnung ergriffenen und der Kommission nach Artikel 4 Absatz 2 mitgeteilten Maßnahmen.Art. 7 Aufhebung
Die Verordnung (Euratom) Nr. 3954/87 des Rates, die Verordnungen (Euratom) Nr. 944/89 und (Euratom) Nr. 770/90 der Kommission werden aufgehoben.
Bezugnahmen auf die aufgehobenen Verordnungen gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang IV zu lesen.
Art. 8 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
ANHANG I
HÖCHSTWERTE RADIOAKTIVER KONTAMINATION VON LEBENSMITTELN
Die für Lebensmittel verbindlich festzulegenden Höchstwerte dürfen folgende Werte nicht überschreiten:
Isotopengruppe/Lebensmittelgruppe | Lebensmittel (Bq/kg) |
Lebensmittel für Säuglinge | Milcherzeugnisse | Sonstige Lebensmittel (sofern nicht von geringerer Bedeutung) | Flüssige Lebensmittel |
Summe der Strontium-Isotope, insbesondere Sr-90 | 75 | 125 | 750 | 125 |
Summe der Jod-Isotope, insbesondere I-131 | 150 | 500 | 2 000 | 500 |
Summe der Alpha-teilchen emittierenden Plutonium-Isotope und Transplutonium-elemente, insbesondere Pu-239 und Am-241 | 1 | 20 | 80 | 20 |
Summe aller übrigen Nuklide mit einer Halbwertzeit von mehr als 10 Tagen, insbesondere Cs-134 und Cs-137 | 400 | 1 000 | 1 250 | 1 000 |
Der Wert für konzentrierte Erzeugnisse und Trockenerzeugnisse wird auf der Grundlage des für den unmittelbaren Verbrauch rekonstituierten Erzeugnisses berechnet. Die Mitgliedstaaten können Empfehlungen hinsichtlich der Verdünnungsbedingungen abgeben, um die Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte zu gewährleisten.
Lebensmittel für Säuglinge sind Lebensmittel für die Ernährung von Säuglingen während der ersten zwölf Lebensmonate, die für sich genommen deren Nahrungsbedarf decken und in Packungen für den Einzelhandel dargeboten werden, die eindeutig als ein derartiges Lebensmittel gekennzeichnet und etikettiert sind.
Milcherzeugnisse sind die Erzeugnisse folgender KN-Codes einschließlich späterer Anpassungen: 0401 und 0402 (außer 0402 29 11).
Lebensmittel von geringerer Bedeutung und die für diese Lebensmittel jeweils geltenden Höchstwerte sind in Anhang II aufgeführt.
⁷ Flüssige Lebensmittel sind Erzeugnisse gemäß Code 2009 und Kapitel 22 der Kombinierten Nomenklatur. ⁸Die Werte werden unter Berücksichtigung des Verbrauchs von Leitungswasser berechnet; für die Trinkwasserversorgungssysteme könnten nach dem Ermessen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten identische Werte gelten.
Diese Gruppe umfasst nicht Kohlenstoff-14, Tritium und Kalium-40.
ANHANG II
HÖCHSTWERTE RADIOAKTIVER KONTAMINATION VON LEBENSMITTELN VON GERINGERER BEDEUTUNG
| 1. | Lebensmittel von geringerer BedeutungKN-Code | Beschreibung | 0703 20 00 | Knoblauch (frisch oder gekühlt) | 0709 59 50 | Trüffeln (frisch oder gekühlt) | 0709 99 40 | Kapern (frisch oder gekühlt) | 0711 90 70 | Kapern (vorläufig haltbar gemacht, zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet) | ex 0712 39 00 | Trüffeln (getrocknet, auch in Stücke oder Scheiben geschnitten, als Pulver oder sonst zerkleinert, jedoch nicht weiter zubereitet) | 0714 | Wurzeln oder Knollen von Maniok, Maranta und Salep, Topinambur, Süßkartoffeln und ähnliche Wurzeln und Knollen mit hohem Gehalt an Stärke oder Inulin, frisch, gekühlt, gefroren oder getrocknet, auch in Stücken oder in Form von Pellets; Mark des Sagobaums | 0814 00 00 | Schalen von Zitrusfrüchten oder von Melonen (einschließlich Wassermelonen), frisch, gefroren, getrocknet oder zum vorläufigen Haltbarmachen in Salzlake oder in Wasser mit einem Zusatz von Schwefeldioxid oder anderen Stoffen eingelegt | 0903 00 00 | Mate | 0904 | Pfeffer der Gattung „Piper“; Früchte der Gattungen „Capsicum“ oder „Pimenta“, getrocknet oder gemahlen oder sonst zerkleinert | 0905 00 00 | Vanille | 0906 | Zimt und Zimtblüten | 0907 00 00 | Gewürznelken, Mutternelken und Nelkenstiele | 0908 | Muskatnüsse, Muskatblüte, Amomen und Kardamomen | 0909 | Anis-, Sternanis-, Fenchel-, Koriander-, Kreuzkümmel- und Kümmelfrüchte; Wacholderbeeren | 0910 | Ingwer, Safran, Kurkuma, Thymian, Lorbeerblätter, Curry und andere Gewürze | 1106 20 | Mehl, Grieß und Pulver von Sagomark und von Wurzeln oder Knollen des KN-Code 0714 | 1108 14 00 | Stärke von Maniok | 1210 | Hopfen (Blütenzapfen), frisch oder getrocknet, auch gemahlen, sonst zerkleinert oder in Form von Pellets; Lupulin | 1211 | Pflanzen, Pflanzenteile, Samen und Früchte der hauptsächlich zur Herstellung von Riechmitteln oder zu Zwecken der Medizin, Insektenvertilgung, Schädlingsbekämpfung und dergleichen verwendeten Art, frisch oder getrocknet, auch geschnitten, gemahlen oder ähnlich fein zerkleinert, ausgenommen Pflanzen oder Pflanzenteile, die zur Lebensmittelerzeugung verwendet werden | 1301 | Schellack; natürliche Gummen, Harze, Gummiharze und Oleoresine (z. B. Balsame) | 1302 | Pflanzensäfte und Pflanzenauszüge; Pektinstoffe, Pektinate und Pektate; Agar-Agar und andere Schleime und Verdickungsstoffe von Pflanzen, auch modifiziert | 1504 | Fette und Öle sowie deren Fraktionen, von Fischen oder Meeressäugetieren, auch raffiniert, jedoch nicht chemisch modifiziert | 1604 31 00 | Kaviar | 1604 32 00 | Kaviarersatz | 1801 00 00 | Kakaobohnen und Kakaobohnenbruch, roh oder geröstet | 1802 00 00 | Kakaoschalen, Kakaohäutchen und anderer Kakaoabfall | 1803 | Kakaomasse, auch entfettet | 2003 90 10 | Trüffeln (ohne Essig oder Essigsäure zubereitet oder haltbar gemacht) | 2006 00 | Gemüse, Früchte, Nüsse, Fruchtschalen und andere Pflanzenteile, mit Zucker haltbar gemacht (durchtränkt und abgetropft, glasiert oder kandiert) | 2102 | Hefen (lebend oder nicht lebend); andere Einzeller-Mikroorganismen, nicht lebend (ausgenommen Impfstoffe des KN-Code 3002); zubereitete Backtriebmittel in Pulverform | 2936 | Natürliche, auch synthetisch hergestellte Provitamine und Vitamine (einschließlich natürlicher Konzentrate) und ihre hauptsächlich als Vitamine gebrauchten Derivate, auch untereinander gemischt, auch in Lösemitteln aller Art | 3301 | Ätherische Öle (auch terpenfrei gemacht), einschließlich „konkreter“ oder „absoluter“ Öle; Resinoide; extrahierte Oleoresine; Konzentrate ätherischer Öle in Fetten, nichtflüchtigen Ölen, Wachsen oder ähnlichen Stoffen, durch Enfleurage oder Mazeration gewonnen; terpenhaltige Nebenerzeugnisse aus ätherischen Ölen; destillierte aromatische Wässer und wässrige Lösungen ätherischer Öle |
|
| 2. | Die für die in Nummer 1 genannten Lebensmittel von geringerer Bedeutung verbindlich festzulegenden Höchstwerte dürfen folgende Werte nicht überschreiten:Isotopengruppe | (Bq/kg) | Summe der Strontium-Isotope, insbesondere Sr-90 | 7 500 | Summe der Iod-Isotope, insbesondere I-131 | 20 000 | Summe der Alphateilchen emittierenden Plutonium-Isotope und Transplutoniumelemente, insbesondere Pu-239 und Am-241 | 800 | Summe aller übrigen Nuklide mit einer Halbwertzeit von mehr als 10 Tagen, insbesondere Cs-134 und Cs-137 | 12 500 |
|
Diese Gruppe umfasst nicht Kohlenstoff-14, Tritium und Kalium-40.
ANHANG III
HÖCHSTWERTE RADIOAKTIVER KONTAMINATION VON FUTTERMITTELN
Die für die Summe von Cäsium-134 und Cäsium-137 verbindlich festzulegenden Höchstwerte dürfen folgende Werte nicht überschreiten:
Futtermittel für | Bq/kg |
Schweine | 1 250 |
Geflügel, Lamm, Kalb | 2 500 |
Sonstige | 5 000 |
Mit diesen Werten soll zur Einhaltung der zulässigen Höchstwerte für Lebensmittel beigetragen werden; sie allein gewährleisten jedoch nicht unter allen Umständen eine Einhaltung der Höchstwerte und schmälern auch nicht die Verpflichtung, die Radioaktivitätswerte in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zu kontrollieren.
Diese Werte gelten für zum unmittelbaren Verbrauch bestimmte Futtermittel.
ANHANG IV
ENTSPRECHUNGSTABELLE
© freiRecht.deQuelle: © Europäische Union, http://eur-lex.europa.eu, 1998–2018