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Verordnung (EU) 2017/578

Verordnung (EU) 2017/578

Delegierte Verordnung (EU) 2017/578 der Kommission vom 13. Juni 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente durch technische Regulierungsstandards zur Angabe von Anforderungen an Market-Making-Vereinbarungen und -Systeme

Art. 1 Verpflichtung der Wertpapierfirmen zum Abschluss einer Market-Making-Vereinbarung

1.  Die Wertpapierfirmen müssen in Bezug auf das Finanzinstrument bzw. die Finanzinstrumente, mit dem bzw. denen sie eine Market-Making-Strategie verfolgen, mit dem Handelsplatz bzw. den Handelsplätzen, auf dem bzw. denen diese Strategie umgesetzt wird, eine Market-Making-Vereinbarung schließen, wenn sie während der Hälfte der Handelstage über einen Zeitraum von einem Monat bei der Umsetzung der Market-Making-Strategie

a)
feste, zeitgleiche Geld- und Briefkursofferten vergleichbarer Größe zu wettbewerbsfähigen Preisen stellen;
b)
für eigene Rechnung an einem Handelsplatz zumindest während 50 % der täglichen Handelszeiten des fortlaufenden Handels an dem betreffenden Handelsplatz mit mindestens einem Finanzinstrument handeln, ausgenommen Eröffnungs- und Schlussauktionen.

2.  Für die Zwecke des Absatzes 1:

a)
gilt eine Kursofferte dann als eine feste Kursofferte, wenn sie Aufträge und Kursofferten umfasst, die laut den Regeln eines Handelsplatzes mit einem Gegenauftrag oder einer Gegenkursofferte abgeglichen werden können;
b)
gelten Kursofferten dann als zeitgleiche Geld- und Briefkursofferten, wenn sie so gestellt werden, dass sowohl der Geld- als auch der Briefkurs gleichzeitig im Orderbuch aufgeführt sind;

c)
gelten zwei Kursofferten als Kursofferten vergleichbarer Größe, wenn ihre Größen um nicht mehr als 50 % voneinander abweichen;
d)
gelten Kursofferten als Kursofferten zu wettbewerbsfähigen Preisen, wenn sie zur oder innerhalb der maximalen Geld-Brief-Spanne gestellt werden, die vom Handelsplatz festgesetzt und jeder Wertpapierfirma auferlegt wird, die mit diesem Handelsplatz eine Market-Making-Vereinbarung unterzeichnet hat.

Art. 2 Inhalt der Market-Making-Vereinbarungen

1.  Eine in Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b und Artikel 48 Absatz 2 der Richtlinie 2014/65/EU genannte rechtlich bindende schriftliche Vereinbarung umfasst zumindest:

a)
das bzw. die Finanzinstrument(e), auf das bzw. die sich die Vereinbarung bezieht;

b)
die von der Wertpapierfirma hinsichtlich Präsenz, Größe und Spread zu erfüllenden Mindestverpflichtungen, nach denen zumindest das Stellen fester, zeitgleicher Geld- und Briefkursofferten vergleichbarer Größe zu wettbewerbsfähigen Preisen für mindestens ein Finanzinstrument auf dem Handelsplatz während mindestens 50 % der täglichen Handelszeiten im Rahmen des fortlaufenden Handels vorgeschriebenen ist, ausgenommen Eröffnungs- und Schlussauktionen und berechnet für jeden Handelstag;

c)
gegebenenfalls die Bestimmungen des geltenden Market-Making-Systems;
d)
die Verpflichtungen der Wertpapierfirma in Bezug auf die Wiederaufnahme des Handels nach Volatilitätsunterbrechungen;

e)
die Überwachungs-, Konformitäts- und Rechnungsprüfungsverpflichtungen der Wertpapierfirma, die diese in die Lage versetzen, ihre Market-Making-Tätigkeit zu überwachen;

f)
die Pflicht zur Kennzeichnung fester Kursofferten, die laut der Market-Making-Vereinbarung dem Handelsplatz unterbreitet werden, damit diese Kursofferten von anderen Auftragsaufkommen unterschieden werden können;
g)
die Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen über feste Kursofferten und Geschäften in Bezug auf die Market-Making-Tätigkeiten der Wertpapierfirma, die eindeutig von anderen Handelstätigkeiten abgegrenzt werden, sowie die Pflicht, diese Aufzeichnungen dem Handelsplatz und der zuständigen Behörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

2.  Die Handelsplätze müssen kontinuierlich kontrollieren, ob die betreffenden Wertpapierfirmen die Market-Making-Vereinbarungen auch tatsächlich einhalten.

Art. 3 Außergewöhnliche Umstände

Die in Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2014/65/EU geregelte Pflicht der Wertpapierfirmen, regelmäßig und vorhersehbar Liquidität zuzuführen, gilt nicht, wenn einer der folgenden außergewöhnlichen Umstände vorliegt:

a)
eine Situation extremer Volatilität, durch die bei den meisten Finanzinstrumenten oder bei Basiswerten von Finanzinstrumenten, die auf dem Handelsplatz in einem Handelssegment gehandelt werden, für das die Pflicht zur Unterzeichnung einer Market-Making-Vereinbarung gilt, Volatilitätsmechanismen ausgelöst werden;
b)
Krieg, Arbeitskampfmaßnahmen, innere Unruhen oder Cyber-Sabotage;
c)
 marktstörende Handelsbedingungen, durch welche die weitere faire, ordnungsgemäße und transparente Durchführung von Handelsgeschäften beeinträchtigt wird, sofern Nachweise für das Vorliegen einen der folgenden Umstände erbracht werden:
i)
die Leistung des Systems des Handelsplatzes wird durch Verzögerungen und Unterbrechungen erheblich beeinträchtigt;
ii)
mehrere fehlerhafte Aufträge oder Geschäfte;
iii)
ein Handelsplatz ist nicht mehr hinreichend in der Lage, Dienstleistungen zu erbringen;
d)
wenn die Fähigkeit der Wertpapierfirma, weiterhin solide Risikomanagementverfahren zu verfolgen, durch einen der folgenden Umstände verhindert wird:
i)
technologische Aspekte, wie beispielsweise Probleme mit einem Datenversorgungs- oder einem anderen System, das für die Umsetzung einer Market-Making-Strategie unerlässlich ist;
ii)
Risikomanagementprobleme in Bezug auf aufsichtsrechtliche Eigenmittel, Einschussverfahren und den Zugang zu Clearingsystemen;

iii)
die Unfähigkeit zur Absicherung einer Position aufgrund des Verbots von Leerverkäufen;

e)
bei Nichteigenkapitalinstrumenten während des in Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates  genannten Aussetzungszeitraums.

Art. 4 Ermittlung außergewöhnlicher Umstände

1.   Die Handelsplätze müssen das Eintreten der in Artikel 3 Buchstaben a, b, c und e genannten außergewöhnlichen Umstände sowie — sobald dies technisch möglich ist — die Wiederaufnahme ihrer üblichen Handelsgeschäfte veröffentlichen, sobald diese außergewöhnlichen Umstände nicht mehr vorliegen.

2.  Die Handelsplätze müssen eindeutige Verfahren für die Wiederaufnahme der üblichen Handelsgeschäfte festlegen, sobald die außergewöhnlichen Umstände nicht mehr vorliegen, was auch den Zeitpunkt dieser Wiederaufnahme mit einschließt, und diese Verfahren öffentlich zugänglich machen.

3.  Die Handelsplätze dürfen die Erklärung außergewöhnlicher Umstände nicht über den Handelsschluss hinaus ausdehnen, es sei denn, dies ist unter den in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b, c und e genannten Umständen erforderlich.

Art. 5 Verpflichtung der Handelsplätze zur Aufrechterhaltung von Market-Making-Systemen

1.  Die Handelsplätze sind nicht dazu verpflichtet, über ein in Artikel 48 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 2014/65/EU geregeltes Market-Making-System zu verfügen, es sei denn, über ein Orderbuchhandelssystem basierend auf einer fortlaufenden Auktion wird eine der folgenden Klassen von Finanzinstrumenten gehandelt:

a)
Aktien und börsengehandelte Fonds, für die ein liquider Markt im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Ziffer 17 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 besteht, wie in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/567 der Kommission  geregelt;
b)
Optionen und Terminkontrakte (Futures), die sich direkt auf die in Buchstabe a genannten Finanzinstrumente beziehen;
c)
Aktienindex-Futures und Aktienindex-Optionen, für die ein liquider Markt im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c sowie Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Delegierten Verordnung (EU) 2017/583 der Kommission  besteht.

2.  Für die Zwecke des Absatzes 1 handelt es sich bei einem Orderbuchhandelssystem basierend auf einer fortlaufenden Auktion um ein System, das mittels eines Orderbuchs und eines Handelsalgorithmus ohne menschliche Intervention Verkaufsorder mit Kaufordern auf der Grundlage des bestmöglichen Preises kontinuierlich zusammenführt.

Art. 6 Mindestverpflichtungen im Hinblick auf die Market-Making-Systeme

1.  Die Handelsplätze haben in ihrem Market-Making-System die Anreize ebenso wie die Anforderungen zu beschreiben, die Wertpapierfirmen in puncto Präsenz, Größe und Spread erfüllen müssen, um wie folgt Zugang zu diesen Anreizen zu haben:

a)
unter üblichen Handelsbedingungen, sofern der Handelsplatz unter diesen Bedingungen Anreize bietet;
b)
unter angespannten Marktbedingungen unter Berücksichtigung der unter diesen Bedingungen vorherrschenden zusätzlichen Risiken.

2. ² Die Handelsplätze müssen im Hinblick auf wesentliche kurzfristige Kurs- und Volumenänderungen Parameter für die Ermittlung angespannter Marktbedingungen festlegen. ³Die Handelsplätze müssen die Wiederaufnahme des Handels nach Volatilitätsunterbrechungen aufgrund angespannter Marktbedingungen in Betracht ziehen.

3.  Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe a können Handelsplätze in ihren Market-Making-Systemen angeben, dass Anreize lediglich dem- oder denjenigen gewährt werden, der bzw. die die besten Ergebnisse erzielt bzw. erzielen.

Art. 7 Gerechte und nichtdiskriminierende Market-Making-Systeme

1.  Die Handelsplätze müssen auf ihren Internetseiten die Bestimmungen der Market-Making-Systeme, die Namen der Firmen, die im Rahmen dieser jeweiligen Systeme Market-Making-Vereinbarungen unterzeichnet haben, sowie die unter diese Vereinbarungen fallenden Finanzinstrumente veröffentlichen.

2.  Die Handelsplätze müssen den Teilnehmern der Market-Making-Systeme mindestens einen Monat vor ihrer Anwendung alle Änderungen hinsichtlich der Bestimmungen dieser Systeme mitteilen.

3.  Die Handelsplätze müssen allen Teilnehmern, die in puncto Präsenz, Größe und Spread dieselben Leistungen erzielen, im Rahmen ihrer Market-Making-Systeme dieselben Anreize gewähren.

4.  Die Handelsplätze dürfen die Teilnehmerzahl eines Market-Making-Systems nicht begrenzen. Sie können jedoch den Zugang zu den im Rahmen des jeweiligen Systems gewährten Anreizen auf diejenigen Firmen beschränken, die vorgegebene Schwellenwerte erreicht haben.

5.  Die Handelsplätze müssen kontinuierlich kontrollieren, ob die Teilnehmer die Bestimmungen der Market-Making-Systeme auch tatsächlich einhalten.

6.  Die Handelsplätze müssen Verfahren einrichten, anhand deren die Teilnehmer eines Market-Making-Systems über leicht zugängliche Kanäle über das Vorliegen angespannter Marktbedingungen auf ihrem Handelsplatz informiert werden.

Art. 8 Inkrafttreten und Geltungsbeginn

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 3. Januar 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.


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