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Seeaußengrenzenverordnung

Seeaußengrenzenverordnung

Verordnung (EU) Nr. 656/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung von Regelungen für die Überwachung der Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union koordinierten operativen Zusammenarbeit

  • KAPITEL III: BESONDERE VORSCHRIFTEN

Art. 9 Such- und Rettungssituationen

(1) Die Mitgliedstaaten kommen ihrer Pflicht nach, jedem Schiff und jeder Person in Seenot Hilfe zu leisten, und stellen während eines Seeeinsatzes sicher, dass ihre beteiligten Einsatzkräfte dieser Pflicht im Einklang mit dem Völkerrecht und unter Achtung der Grundrechte nachkommen. ²Dies gilt ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit oder den Status einer solchen Person oder die Umstände, unter denen die Person aufgefunden wird.

(2) 

Zur Bewältigung von Such- und Rettungssituationen, die sich während eines Seeeinsatzes ergeben können, enthält der Einsatzplan im Einklang mit den einschlägigen völkerrechtlichen Vorschriften, einschließlich jener betreffend Suche und Rettung, zumindest die folgenden Bestimmungen:

a)
Wenn im Verlauf eines Seeeinsatzes die beteiligten Einsatzkräfte Grund zu der Annahme haben, dass in Bezug auf ein Schiff oder eine an Bord befindliche Person eine Ungewissheits-, Bereitschafts- oder Notsituation vorliegt, übermitteln sie der für den Such- und Rettungsbereich zuständigen Rettungsleitstelle unverzüglich alle verfügbaren Lageinformationen und stellen sich selbst dieser Rettungsleitstelle zur Verfügung.
b)
Die beteiligten Einsatzkräfte informieren die internationale Leitstelle so bald wie möglich über alle Kontakte zur Rettungsleitstelle und über die von ihnen ergriffenen Maßnahmen.
c)
Ein Schiff oder die an Bord befindlichen Personen gelten insbesondere dann als in einer Ungewissheitssituation befindlich,
i)wenn eine Person als vermisst oder wenn ein Schiff als überfällig gemeldet wurde oder
ii)wenn eine Person oder ein Schiff eine erwartete Positions- oder Sicherheitsmeldung nicht abgegeben hat.
d)
Ein Schiff oder die an Bord befindlichen Personen gelten insbesondere dann als in einer Bereitschaftssituation befindlich,
i)wenn im Anschluss an eine Ungewissheitssituation Versuche zur Verbindungsaufnahme mit einer Person oder einem Schiff fehlgeschlagen sind und Nachforschungen bei anderen geeigneten Stellen erfolglos waren oder
ii)wenn Informationen eingegangen sind, die darauf hinweisen, dass die Betriebstüchtigkeit eines Schiffs beeinträchtigt ist, jedoch nicht in dem Maße, dass eine Notlage wahrscheinlich ist.
e)
Ein Schiff oder die an Bord befindlichen Personen gelten insbesondere dann als in einer Notsituation befindlich,
i)wenn gesicherte Informationen eingehen, dass sich eine Person oder ein Schiff in Gefahr befindet und sofortiger Hilfe bedarf, oder
ii)wenn im Anschluss an eine Bereitschaftssituation weitere erfolglose Versuche zur Verbindungsaufnahme mit einer Person oder einem Schiff und umfangreichere erfolglose Nachforschungen auf die Wahrscheinlichkeit hindeuten, dass eine Notsituation vorliegt, oder
iii)wenn Informationen eingehen, die darauf hinweisen, dass die Betriebstüchtigkeit eines Schiffs in einem Ausmaß beeinträchtigt ist, dass eine Notlage wahrscheinlich ist.
f)
Die beteiligten Einsatzkräfte berücksichtigen bei der Prüfung, ob sich das Schiff in einer Ungewissheits-, Bereitschafts- oder Notsituation befindet, alle einschlägigen Informationen und Beobachtungen und übermitteln sie an die zuständige Rettungsleitstelle; dazu gehören unter anderem Informationen darüber,
i)ob ein Hilfeersuchen besteht, auch wenn ein solches Ersuchen nicht der einzige Faktor für die Feststellung sein darf, dass eine Notsituation vorliegt;
ii)ob das Schiff seetüchtig ist und wie wahrscheinlich es ist, dass das Schiff seinen Zielort nicht erreichen wird;
iii)ob die Anzahl der an Bord befindlichen Personen in einem angemessenen Verhältnis zur Art und zum Zustand des Schiffs steht;
iv)ob die notwendigen Vorräte wie Treibstoff, Wasser und Nahrungsmittel für die Weiterfahrt bis zur Küste vorhanden sind;
v)ob eine qualifizierte Besatzung und Schiffsführung vorhanden sind;
vi)ob eine leistungsfähige Sicherheits-, Navigations- und Kommunikationsausrüstung vorhanden ist;
vii)ob Personen an Bord sind, die dringend medizinische Hilfe benötigen;
viii)ob Tote an Bord sind;
ix)ob Schwangere oder Kinder an Bord sind;
x)wie Wetterbedingungen und Seegang, einschließlich Wetter- und Seewettervorhersage, sind.
g)
Während die beteiligten Einsatzkräfte die Anweisungen der Rettungsleitstelle abwarten, treffen sie alle geeigneten Maßnahmen, um die Sicherheit der Betroffenen zu gewährleisten.
h)
Gilt ein Schiff als in einer Ungewissheits-, Bereitschafts- oder Notsituation befindlich, weigern die Personen an Bord sich aber, Hilfe anzunehmen, so informieren die beteiligten Einsatzkräfte die zuständige Rettungsleitstelle und befolgen deren Anweisungen. Die beteiligten Einsatzkräfte treffen im Rahmen der Sorgfaltspflicht weiterhin alle für den Schutz der betroffenen Personen erforderlichen Maßnahmen; dabei wird das Schiff beobachtet und werden alle Maßnahmen vermieden, die die Lage verschlechtern oder die Verletzungs- oder Lebensgefahr vergrößern könnten.
i)
Reagiert die für den Such- und Rettungsbereich zuständige Rettungsleitstelle eines Drittstaats nicht auf die von den beteiligten Einsatzkräften übermittelten Informationen, so nehmen Letztere Verbindung zur Rettungsleitstelle des Einsatzmitgliedstaats auf, es sei denn, dass nach Ansicht dieser beteiligten Einsatzkräfte eine andere international anerkannte Rettungsleitstelle besser in der Lage ist, die Koordinierung des Such- und Rettungseinsatzes zu übernehmen.

Der Einsatzplan kann an die Umstände des betreffenden Seeeinsatzes angepasste Einzelheiten enthalten.

(3) Ist die Suche und Rettung abgeschlossen, so setzen die beteiligten Einsatzkräfte in Absprache mit der internationalen Leitstelle den Seeeinsatz fort.