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Verordnung (EG) 2008/440

Verordnung (EG) 2008/440

Verordnung (EG) Nr. 440/2008 der Kommission vom 30. Mai 2008 zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)

Art. 1

Die im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 anzuwendenden Prüfmethoden sind im Anhang der vorliegenden Verordnung aufgeführt.

Art. 2

Die Kommission nimmt gegebenenfalls eine Überprüfung der in der vorliegenden Verordnung enthaltenen Prüfmethoden im Hinblick auf eine Ersetzung, Verringerung oder Verfeinerung von Versuchen an Wirbeltieren vor.

Art. 3

Alle Bezugnahmen auf Anhang V der Richtlinie 67/548/EWG gelten als Bezugnahmen auf diese Verordnung.

Art. 4

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Juni 2008.



ANHANG

ANHANG

Hinweis:

Bevor eine der folgenden Methoden zur Prüfung eines mehrkomponentigen Stoffes (multi-constituent substance, MCS), eines Stoffes mit unbekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexer Reaktionsprodukte oder biologischer Materialien (UVCB-Stoffe) oder eines Gemischs angewendet wird und soweit in der jeweiligen Methode deren Anwendbarkeit zur Prüfung von MCS, UVCB oder Gemischen nicht vorgesehen ist, sollte überlegt werden, ob die Prüfmethode für den vorgesehenen aufsichtsrechtlichen Zweck geeignet ist.

Wenn die Methode zur Prüfung eines MCS, UVCB oder Gemischs verwendet wird, sind in größtmöglichem Umfang hinreichende Informationen zur Zusammensetzung des Gemischs bereitzustellen (z. B. durch Angabe der chemischen Zusammensetzung, zu den jeweiligen Mengenanteilen und zu ihren relevanten Merkmalen der Komponenten).



TEIL A: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER PHYSIKALISCH-CHEMISCHEN EIGENSCHAFTEN

TEIL A: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER PHYSIKALISCH-CHEMISCHEN EIGENSCHAFTEN

A.1.   SCHMELZ-/GEFRIERTEMPERATUR

1.   METHODEN

Den meisten der hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) und (3) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden und Geräte sind zur Bestimmung der Schmelztemperatur der Substanzen ohne jede Einschränkung in Bezug auf ihren Reinheitsgrad anzuwenden.

Die Wahl der bestgeeigneten Methode hängt von der Natur der Prüfsubstanz ab. Die Anwendbarkeit ist davon abhängig, ob sich der betreffende Stoff leicht, schwierig oder überhaupt nicht pulverisieren lässt.

Für bestimmte Stoffe bietet sich eher eine Bestimmung der Gefrier- oder Erstarrungstemperatur an: Folglich wurden Vorschriften für diese Bestimmungen gleichfalls in diese Methodik aufgenommen.

Wo sich aufgrund der besonderen Eigenschaften des Stoffes keiner der oben genannten Parameter ohne weiteres messen lässt, kann die Messung eines Stockpunktes angebracht sein.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Als Schmelztemperatur bezeichnet man diejenige Temperatur, bei der unter atmosphärischem Druck der Übergang zwischen fester und flüssiger Phase stattfindet; unter idealen Bedingungen entspricht diese Temperatur der Gefriertemperatur.

Da bei vielen Stoffen der Phasenübergang in einem Temperaturbereich stattfindet, wird dieser Übergang auch oft als Schmelzbereich bezeichnet.

Umrechnung der Einheiten (K in oC):

t = T - 273,15

t:Celsius-Temperatur, in Grad Celsius ( oC)
T:thermodynamische Temperatur, in Kelvin (K)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

Einige der Eichsubstanzen sind in der Literatur (4) zu finden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Man bestimmt die Temperatur (den Temperaturbereich) der Phasenumwandlung vom festen in den flüssigen Zustand oder vom flüssigen in den festen Zustand. In der Praxis wird eine Probe der zu untersuchenden Substanz bei Atmosphärendruck erhitzt/abgekühlt, und dabei werden die Temperaturen des Schmelz-/Gefrierbeginns sowie des vollständigen Schmelzens/Gefrierens bestimmt. Fünf Typen von Methoden werden beschrieben: Kapillarmethode, Heiztischmethoden, Gefriertemperaturbestimmungen, Methoden der thermischen Analyse und Bestimmung des Stockpunktes (entwickelt für Erdöl).

In einigen Fällen kann es von Nutzen sein, statt der Schmelztemperatur die Gefriertemperatur zu messen.

1.4.1.   Die Kapillarmethode

1.4.1.1.   Schmelztemperaturgeräte mit Flüssigkeitsbad

Eine geringe Menge der fein zerriebenen Substanz wird in ein Kapillarröhrchen gegeben und durch Klopfen verdichtet. Das Röhrchen wird zusammen mit einem Thermometer erhitzt, und dabei wird der Temperaturanstieg so eingestellt, dass er während des eigentlichen Schmelzvorgangs weniger als 1 K pro Minute beträgt. Man notiert die Temperaturen bei Schmelzbeginn und bei Schmelzende.

1.4.1.2.   Schmelztemperaturgeräte mit Metallblock

Wie in 1.4.1.1, jedoch mit dem Unterschied, dass das Kapillarröhrchen und das Thermometer in einem erwärmten Metallblock befestigt sind und sich durch Öffnungen in dem Block beobachten lassen.

1.4.1.3.   Bestimmung mit Fotozelle

Die in dem Kapillarröhrchen befindliche Substanzprobe wird in einem Metallzylinder automatisch erwärmt. In dem Zylinder befindet sich eine Öffnung, und ein gebündelter Lichtstrahl wird auf diesem Wege durch die Probe auf eine genauestens geeichte Fotozelle gerichtet. Die optischen Eigenschaften der meisten Substanzen ändern sich beim Schmelzen von opak nach durchsichtig. In diesem Augenblick steigt also die Lichtintensität in der Fotozelle, und ein Stoppsignal wird zur Digitalanzeige übertragen, die die Temperatur des in der Heizkammer befindlichen Platin-Widerstandsthermometers anzeigt. Allerdings eignet sich diese Methode nicht für einige stark gefärbte Substanzen.

1.4.2.   Heiztische

1.4.2.1.   Kofler-Heizbank

Die Wirkungsweise der Kofler-Heizbank beruht auf zwei elektrisch beheizten Metallblöcken unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit, wobei die Bank selbst so ausgelegt ist, dass auf ihrer gesamten Länge ein fast linearer Temperaturgradient herrscht. Der Temperaturbereich der Heizbank liegt im Allgemeinen zwischen 283 K und 573 K. Die Bank verfügt über eine spezielle Temperaturableseeinrichtung, bestehend aus einem Zeiger und einer für die jeweilige Heizbank ausgelegten Skala. Zur Schmelztemperaturbestimmung wird die betreffende Substanz in einer dünnen Schicht direkt auf die Oberfläche der Heizbank aufgebracht. In wenigen Sekunden zeichnet sich eine scharfe Trennlinie zwischen der flüssigen und der festen Phase ab. Zur Ablesung der Temperatur wird der Zeiger auf die Trennlinie eingestellt.

1.4.2.2.   Das Schmelzmikroskop

Zur Schmelztemperaturbestimmung mit sehr kleinen Stoffmengen sind verschiedene Heiztische mit Mikroskop im Gebrauch. Die meisten Heiztische bedienen sich zur Temperaturablesung empfindlicher Thermoelemente, doch werden gelegentlich auch Quecksilberthermometer verwendet. Das typische Schmelztemperaturbestimmungsgerät mit Heiztisch besitzt eine Heizkammer mit einer Metallplatte, auf welcher die auf einem Objektträger befindliche Probe angebracht wird. Durch eine Öffnung im Mittelpunkt der Metallplatte wird über den Beleuchtungsspiegel des Mikroskops ein Lichtbündel gerichtet. Bei Messungen wird die Heizkammer durch eine Glasplatte abgedeckt, damit der Probenbereich vor Lufteinflüssen geschützt wird.

Das Aufheizen der Probe wird durch einen Regelwiderstand kontrolliert. Für sehr genaue Messungen an optisch anisotropen Substanzen kann polarisiertes Licht verwendet werden.

1.4.2.3.   Die Meniskusmethode

Diese Methode wird vor allem für Polyamide angewandt.

Die Temperatur, bei der sich ein zwischen dem Heiztisch und einem durch die Polyamidprobe getragenen Deckglas eingeschlossener Silikonölmeniskus verlagert, wird visuell bestimmt.

1.4.3.   Methode zur Bestimmung der Gefriertemperatur

Die Probe wird in ein dazu bestimmtes Reagenzglas gefüllt und in ein Gerät zur Bestimmung der Gefriertemperatur gestellt. Während des Abkühlens wird die Probe langsam und kontinuierlich gerührt und die Temperatur in geeigneten Zeitabständen gemessen. Diejenige Temperatur, korrigiert um den Thermometerfehler, bei der der Temperaturverlauf während einiger Ablesungen konstant bleibt, wird als Gefriertemperatur notiert.

Eine Unterkühlung ist durch Erhalt des Gleichgewichts zwischen der festen und der flüssigen Phase zu vermeiden.

1.4.4.   Thermische Analyse

1.4.4.1.   Differentialthermoanalyse (DTA)

Mit diesem Verfahren wird der Temperaturunterschied zwischen der Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes (Schmelzen) oder exothermes (Gefrieren) Abweichen vom Ausgangsniveau der Temperaturaufzeichnung angezeigt.

1.4.4.2.   Differentialscanningkalorimetrie (DSK)

Mit diesem Verfahren wird der Unterschied in der Energieaufnahme zwischen einer Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Bei der Energie handelt es sich um diejenige Energie, die notwendig ist, um einen Temperaturabgleich zwischen der Substanz und dem Referenzmaterial zu erreichen. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes (Schmelzen) oder exothermes (Gefrieren) Abweichen vom Ausgangsniveau des Wärmeflussbildes angezeigt.

1.4.5.   Stockpunkt

Dieses Verfahren wurde zur Verwendung bei Erdölen entwickelt; es eignet sich für ölige Substanzen mit einer niedrigen Schmelztemperatur.

Die Probe wird nach vorherigem Aufheizen mit einer bestimmten Geschwindigkeit abgekühlt und in Abständen von 3 K auf ihre Fließeigenschaften untersucht. Die niedrigste Temperatur, bei der noch eine Bewegung der Substanz beobachtet wird, wird als Stockpunkt notiert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Der Anwendungsbereich und die Genauigkeit der verschiedenen Methoden zur Bestimmung von Schmelztemperatur/Schmelzbereich sind nachstehender Tabelle zu entnehmen:

TABELLE: ANWENDBARKEIT DER BESCHRIEBENEN METHODEN



A.  Kapillarmethoden

MessmethodePulverisierbare SubstanzenNicht ohne weiteres pulverisierbare SubstanzenTemperaturbereichGeschätzte Genauigkeit (1)Existierende Methode oder Norm
Schmelztemperaturgeräte mit Flüssigkeitsbadjanur wenige273 K bis 573 K± 0,3 KJIS K 0064
Schmelztemperaturgeräte mit Metallblockjanur wenige293 K bis > 573 K± 0,5 KISO 1218 (E)
Fotozellengerätejaverschiedene, unter Verwendung verschiedener Zusatzgeräte253 K bis 573 K± 0,5 K
(1)   Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.



B.  Heiztische und Gefriertemperaturbestimmungen

MessmethodePulverisierbare SubstanzenNicht ohne weiteres pulverisierbare SubstanzenTemperaturbereichGeschätzte Genauigkeit (1)Existierende Methode oder Norm
Kofler-Heizbankjanein283 K bis >573 K± 1,0 KANSI/ASTM D 3451-76
Schmelzmikroskopjanur wenige273 K bis >573 K± 0,5 KDIN 53736
Meniskusmethodeneinspeziell für Polyamide293 K bis >573 K± 0,5 KISO 1218 (E)
Gefriertemperaturmethodenjaja223 K bis 573 K± 0,5 Kzum Beispiel BS 4695
(1)   Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.



C.  Thermische Analyse

MessmethodePulverisierbare SubstanzenNicht ohne weiteres pulverisierbare SubstanzenTemperaturbereichGeschätzte Genauigkeit (1)Existierende Methode oder Norm
Differentialthermoanalysejaja173 K bis 1 273 Kbis 600 K: ± 0,5 K bis 1 273 K: ± 2,0 KASTM E 537-76
Differentialscanningkalorimetriejaja173 K bis 1 273 Kbis 600 K: ± 0,5 K bis 1 273 K: ± 2,0 KASTM E 537-76
(1)   Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.



D.  Stockpunkt

MessmethodePulverisierbare SubstanzenNicht ohne weiteres pulverisierbare SubstanzenTemperaturbereichGeschätzte Genauigkeit (1)Existierende Methode oder Norm
Stockpunktfür Erdöl und ölige Substanzenfür Erdöl und ölige Substanzen223 K bis 323 K± 3,0 KASTM D 97-66
(1)   Je nach dem verwendeten Gerätetyp und dem Reinheitsgrad des verwendeten Stoffes.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Die Durchführung fast aller hier aufgeführten Prüfmethoden ist in nationalen und internationalen Normen beschrieben (siehe Anlage).

1.6.1.   Methoden mit Kapillarrohr

Fein pulverisierte Substanzen lassen im Verlauf eines langsamen Temperaturanstiegs im Allgemeinen die in Abbildung 1 dargestellten Schmelzstadien erkennen.

Abbildung 1

Während der Bestimmung der Schmelztemperatur werden die Temperaturen zu Beginn und zu Ende des Schmelzvorgangs registriert.

1.6.1.1.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Flüssigkeitsbad

Abbildung 2 zeigt eine genormte Glasapparatur zur Bestimmung der Schmelztemperatur (JIS K 0064). Alle Dimensionsangaben in mm.

Es sollte eine geeignete Flüssigkeit gewählt werden. Die Wahl der Flüssigkeit hängt von der zu bestimmenden Schmelztemperatur ab, z. B. flüssiges Paraffin für Schmelztemperaturen nicht über 473 K, Silikonöl für Schmelztemperaturen nicht über 573 K.

Für Schmelztemperaturen über 523 K kann eine Mischung aus drei Gewichtsteilen Schwefelsäure und zwei Gewichtsteilen Kaliumsulfat benutzt werden. Bei Verwendung einer solchen Mischung sollten geeignete Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

Es sollten nur solche Thermometer verwendet werden, die den Anforderungen der nachstehenden oder anderer gleichwertiger Normen entsprechen:

ASTM E 1-71, DIN 12770, JIS K 8001.

Die getrocknete Substanz wird in einem Mörser fein zerrieben und anschließend in ein an einem Ende zugeschmolzenes Kapillarröhrchen gefüllt. Nach Verdichten durch Klopfen sollte die Füllhöhe etwa 3 mm betragen. Zu diesem Zweck lässt man das Kapillarröhrchen aus ca. 700 mm Höhe durch ein Glasrohr auf ein Uhrglas fallen.

Das gefüllte Kapillarröhrchen wird derart in das Bad eingebracht, dass der mittlere Teil der Quecksilberkugel des Thermometers das Kapillarröhrchen an der Stelle berührt, an der sich die Probe befindet. Gewöhnlich führt man das Kapillarröhrchen etwa 10 K vor Erreichen der Schmelztemperatur in das Gerät ein.

Das Flüssigkeitsbad wird so beheizt, dass der Temperaturanstieg etwa 3 K pro Minute beträgt. Dabei soll die Flüssigkeit gerührt werden. Etwa 10 K vor Erreichen der erwarteten Schmelztemperatur wird der Temperaturanstieg auf maximal 1 K pro Minute reduziert.

Die Berechnung der Schmelztemperatur wird folgendermaßen durchgeführt:

T = TD + 0,00016 (TD - TE) n

Darin bedeuten:

T=korrigierte Schmelztemperatur in K
TD=Temperaturablesung am Thermometer D in K
TE=Temperaturablesung am Thermometer E in K
n=Anzahl der Grade, die der Quecksilberfaden des Thermometers D aus der Flüssigkeit herausragt

1.6.1.2.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Metallblock

Das Gerät besteht aus:

einem zylindrischen Metallblock, dessen oberer Teil hohl ist und eine Heizkammer bildet (vgl. Abbildung 3),
einer Abdeckplatte aus Metall mit zwei oder mehreren Öffnungen, durch welche die Schmelzpunktröhrchen in den Metallblock eingebracht werden können,
einem Heizsystem für den Metallblock, beispielsweise mit einem in den Metallblock eingeschlossenen elektrischen Heizwiderstand,
einem Regelwiderstand zur Regulierung der Leistungsaufnahme bei elektrischer Heizung,
vier Fenstern aus hitzebeständigem Glas, die sich an den Seitenwänden der Heizkammer rechtwinklig gegenüberliegen. Vor einem dieser Fenster befindet sich ein Okular zur Beobachtung des Kapillarröhrchens. Die drei anderen Fenster dienen zur Beleuchtung des Innenraumes mittels Lampen, und
einem an einem Ende zugeschmolzenen Kapillarröhrchen aus hitzebeständigem Glas (siehe 1.6.1.1).

Siehe die Normen in 1.6.1.1. Es können ebenfalls thermoelektrische Messgeräte mit vergleichbarer Genauigkeit verwendet werden.

1.6.1.3.   Bestimmung mit Fotozelle (automatisch)

Gerät und Verfahren

Das Gerät besteht aus einer Metallkammer mit automatischer Heizvorrichtung. Drei Kapillarröhrchen werden nach 1.6.1.1 gefüllt und in die Heizkammer gestellt.

Zur Kalibrierung des Gerätes stehen mehrere lineare Temperaturanstiegsraten zur Verfügung; der geeignete Temperaturanstieg wird elektrisch auf eine im Voraus festgelegte lineare Anstiegsrate gebracht. Die jeweilige Temperatur der Heizkammer und die Temperatur des in den Kapillarröhrchen enthaltenen Stoffes werden mit Registriergeräten aufgezeichnet.

1.6.2.   Heiztische

1.6.2.1.   Kofler-Heizbank

Siehe Anlage.

1.6.2.2.   Schmelzmikroskop

Siehe Anlage.

1.6.2.3.   Meniskusmethode (Polyamide)

Siehe Anlage.

Im Bereich der Schmelztemperatur sollte die Heizgeschwindigkeit weniger als 1 K/min betragen.

1.6.3.   Methoden zur Bestimmung der Gefriertemperatur

Siehe Anlage.

1.6.4.   Thermoanalyse

1.6.4.1.   Differentialthermoanalyse

Siehe Anlage.

1.6.4.2.   Differentialscanningkalorimetrie

Siehe Anlage.

1.6.5.   Stockpunktbestimmung

Siehe Anlage.

2.   DATEN

In bestimmten Fällen ist eine Thermometeranpassung erforderlich.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendetes Verfahren,
genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), ggf. Vorreinigung,
eine ungefähre Angabe zur Genauigkeit.

Der Mittelwert mindestens zweier Messungen, deren Werte im Bereich der ungefähren Genauigkeit (siehe Tabellen) liegen, ist als Schmelztemperatur anzugeben.

Liegt der Temperaturunterschied zwischen der Anfangs- und der Endphase des Schmelzens innerhalb der Genauigkeitsgrenzen der Methode, so ist die Anfangstemperatur als Schmelztemperatur anzugeben; andernfalls sind beide Temperaturen anzugeben.

Wenn sich der Stoff vor Erreichen der Schmelztemperatur zersetzt oder sublimiert, ist die Temperatur anzugeben, bei der dies beobachtet wird.

Alle zur Bewertung der Ergebnisse notwendigen Informationen und Bemerkungen sind zu notieren, insbesondere diejenigen über Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 102, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2) IUP AC, B. Le Neindre, B. Vodar (Hrsg.): Experimental thermodynamics, Butterworths, London, 1975, vol. II, 803-834.

(3) R. Weissberger (Hrsg.): Technique of organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, vol. I, Part I, Chapter VII.

(4) IUPAC, Physicochemical measurements: Catalogue of reference materials from national laboratories, Pure and applied chemistry, 1976, vol. 48, 505-515.

Anlage

Weitere technische Einzelheiten können z. B. den folgenden Normen entnommen werden:

1.   Kapillarmethoden

1.1.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Flüssigkeitsbad



ASTM E 324-69Standard test method for relative initial and final melting points and the melting range of organic chemicals
BS 4634Method for the determination of melting point and/or melting range
DIN 53181Bestimmung des Schmelzintervalls von Harzen nach Kapillarverfahren
JIS K 00-64Testing methods for melting point of chemical products

1.2.   Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Metallblock



DEN 53736Visuelle Bestimmung der Schmelztemperatur von teilkristallinen Kunststoffen
ISO 1218 (E)Plastics — polyamides — determination of „melting point“

2.   Heiztische

2.1.   Kofler-Heizbank



ANSI/ASTM D 3451-76Standard recommended practices for testing polymeric powder coatings

2.2.   Schmelzmikroskop



DIN 53736Visuelle Bestimmung der Schmelztemperatur von teilkristallinen Kunststoffen

2.3.   Meniskusmethode (Polyamide)



ISO 1218 (E)Plastics — polyamides — determination of „melting point“
ANSI/ASTM D 2133-66Standard specification for acetal resin injection moulding and extrusion materials
NT T 51 050Résines de polyamides. Détermination du „point de fusion“. Méthode du ménisque

3.   Methoden zur Gefriertemperaturbestimmung



BS 4633Method for the determination of crystallizing point
BS 4695Method for Determination of Melting Point of Petroleum Wax (Cooling Curve)
DIN S1421Bestimmung des Gefrierpunktes von Flugkraftstoffen, Ottokraftstoffen und Motorenbenzolen
ISO 2207Cires de pétrole: détermination de la température de figeage
DIN 53175Bestimmung des Erstarrungspunktes von Fettsäuren
NF T 60-114Point de fusion des paraffines
NF T 20-051Méthode de détermination du point de cristallisation (point de congélation)
ISO 1392Method for the determination of the freezing point

4.   Thermoanalyse

4.1.   Differentialthermoanalyse



ASTM E 537-76Standard method for assessing the thermal stability of chemicals by methods of differential thermal analysis
ASTM E 473-85Standard definitions of terms relating to thermal analysis
ASTM E 472-86Standard practice for reporting thermoanalytical data
DIN 51005Thermische Analyse, Begriffe

4.2.   Differentialscanningkalorimetrie



ASTM E 537-76Standard method for assessing the thermal stability of chemicals by methods of differential thermal analysis
ASTM E 473-85Standard definitions of terms relating to thermal analysis
ASTM E 472-86Standard practice for reporting thermoanalytical data
DIN 51005Thermische Analyse, Begriffe

5.   Stockpunktbestimmung



NBN 52014Échantillonnage et analyse des produits du pétrole: Point de trouble et point d'écoulement limite — Monsterneming en ontleding van aardolieproducten: Troebelingspunt en vloeipunt
ASTM D 97-66Standard test method for pour point of petroleum oils
ISO 3016Petroleum oils — Determination of pour point

A.2.   SIEDETEMPERATUR

1.   METHODEN

Den meisten der hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) und (3) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden und Geräte können für flüssige und niedrig schmelzende Substanzen verwendet werden, wenn diese nicht unterhalb der Siedetemperatur chemisch reagieren (z. B. Autooxidation, Umlagerung, Zersetzung usw.). Die Methoden können auf reine und unreine Flüssigkeiten angewendet werden.

Bevorzugt werden die Methoden mit Fotozellendetektion und Thermoanalyse, da diese sowohl die Bestimmung der Schmelz- als auch der Siedetemperatur ermöglichen. Darüber hinaus können die Messungen automatisch durchgeführt werden.

Die „dynamische Methode“ hat den Vorteil, dass sie auch zur Bestimmung des Dampfdrucks verwendet werden kann; dabei ist es nicht erforderlich, die Siedetemperatur auf den Normaldruck (101,325 kPa) zu berichtigen, da der Normdruck während der Messung durch einen Manostaten eingestellt werden kann.

Bemerkungen

Der Einfluss von Verunreinigungen auf die Bestimmung der Siedetemperatur hängt weitgehend von der Art der Verunreinigung ab. Wenn hochflüchtige Verunreinigungen in der Probe vertreten sind, die die Ergebnisse beeinträchtigen könnten, kann der Stoff gereinigt werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Als Standardsiedetemperatur wird diejenige Temperatur definiert, bei der der Dampfdruck einer Flüssigkeit 101,325 kPa beträgt.

Wenn die Siedetemperatur nicht bei normalem Atmosphärendruck gemessen wird, kann die Temperaturabhängigkeit des Dampfdrucks durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung beschrieben werden:

Darin bedeuten:

p=Dampfdruck des Stoffes in Pascal
ΔHv=Verdampfungswärme in J mol-1
R=universelle molare Gaskonstante = 8,314 J mol-1 K-1
T=thermodynamische Temperatur in K

Die Siedetemperatur wird entsprechend dem Umgebungsdruck bei der Messung eingesetzt.

Umrechnungen

Druck (Einheit: kPa)

100 kPa=

1 bar = 0,1 MPa

(„bar“ ist weiterhin zulässig, wird aber nicht empfohlen.)

133 Pa=

1 mm Hg = 1 Torr

(Die Einheiten „mm Hg“ und „Torr“ sind nicht zugelassen.)

1 atm=

Standard-Atmosphäre = 101 325 Pa

(Die Einheit „atm“ ist nicht zugelassen.)

Temperatur (Einheit: K)

t = T - 273,15

t:Celsius-Temperatur, in Grad Celsius ( oC)
T:thermodynamische Temperatur, in Kelvin (K)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

Einige der Eichsubstanzen sind in den in der Anlage aufgeführten Methoden zu finden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Fünf Methoden zur Bestimmung der Siedetemperatur (Siedebereich) beruhen auf der Messung der Siedetemperatur, zwei weitere auf der Thermoanalyse.

1.4.1.   Bestimmung mit dem Ebulliometer

Ebulliometer wurden ursprünglich zur Bestimmung des Molekulargewichtes durch Erhöhung der Siedetemperatur entwickelt, eignen sich aber auch für genaue Messungen der Siedetemperatur. In ASTM D 1120-72 wird ein sehr einfaches Gerät beschrieben (siehe Anlage). Die Flüssigkeit wird in diesem Gerät unter Gleichgewichtsbedingungen bei atmosphärischem Druck erhitzt, bis sie siedet.

1.4.2.   Dynamische Methode

Messung der Rekondensationstemperatur des Dampfes mit Hilfe eines geeigneten Thermometers im Rückfluss während des Siedeprozesses. Bei dieser Methode kann der Druck geändert werden.

1.4.3.   Destillationsmethode für die Siedetemperatur

Destillation der Flüssigkeit und Messung der Rekondensationstemperatur des Dampfes sowie Bestimmung der Destillatmenge.

1.4.4.   Verfahren nach Siwoloboff

Erhitzung einer Probe in einem Probenröhrchen, das in ein Wärmebad eingetaucht wird. Ein zugeschmolzenes Kapillarröhrchen, in dessen unterem Teil ein Luftbläschen enthalten ist, wird in das Probenröhrchen getaucht.

1.4.5.   Fotozellendetektion

Entsprechend dem Prinzip nach Siwoloboff wird unter Verwendung der aufsteigenden Bläschen eine automatische fotoelektrische Messung durchgeführt.

1.4.6.   Differentialthermoanalyse

Mit diesem Verfahren wird der Temperaturunterschied zwischen der Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes Abweichen (Sieden) von der Basis der Temperaturaufzeichnung angezeigt.

1.4.7.   Differentialscanningkalorimetrie

Mit diesem Verfahren wird der Unterschied in der Energieaufnahme zwischen einer Substanz und einem Referenzmaterial in Abhängigkeit von der Temperatur aufgezeichnet, während die Substanz und das Referenzmaterial demselben kontrollierten Temperaturprogramm ausgesetzt werden. Bei der Energie handelt es sich um diejenige Energie, die notwendig ist, um einen Temperaturabgleich zwischen der Substanz und dem Referenzmaterial zu erreichen. Wenn die Probe eine Phasenumwandlung mit Änderung der Enthalpie durchläuft, dann wird diese Änderung durch ein endothermes Abweichen (Sieden) von der Basis des Wärmeflussbildes angezeigt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Der Anwendungsbereich und die Genauigkeit der Methoden zur Bestimmung von Siedetemperatur/Siedebereich sind Tabelle 1 zu entnehmen:



Tabelle 1

Vergleich der Methoden

MessmethodeGeschätzte GenauigkeitExistierende Methoden oder Normen
Ebulliometer

± 1,4 K (bis 373 K) (1) (2)

± 2,5 K (bis 600 K) (1) (2)

ASTM D 1120-72 (1)
Dynamische Methode± 0,5 K (bis 600 K) (2)
Destillationsmethode (Siedebereich)± 0,5 K (bis 600 K)ISO/R 918, DIN 53171, BS 4591/71
nach Siwoloboff± 2 K (bis 600 K) (2)
Fotozellendetektion± 0,3 K (bei 373 K) (2)
Differentialthermoanalyse

± 0,5 K (bis 600 K)

± 2,0 K (bis 1 273 K)

ASTM E 537-76
Differentialscanningkalorimetrie

± 0,5 K (bis 600 K)

± 2,0 K (bis 1 273 K)

ASTM E 537-76

(1)   Diese Genauigkeit gilt nur für das einfache Gerät, wie es z. B. in ASTM D 1120-72 beschrieben wird; sie kann durch verfeinerte Ebulliometergeräte verbessert werden.

(2)   Gilt nur für reine Substanzen. Die Verwendung in anderen Fällen ist zu begründen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Die Durchführung einiger der hier aufgeführten Prüfmethoden ist in nationalen und internationalen Normen beschrieben (siehe Anlage).

1.6.1.   Ebulliometer

Siehe Anlage.

1.6.2.   Dynamische Methode

Siehe Prüfmethode A.4 für die Bestimmung des Dampfdrucks.

Die bei einem Druck von 101,325 kPa beobachtete Siedetemperatur wird notiert.

1.6.3.   Destillationsverfahren (Siedebereich)

Siehe Anlage.

1.6.4.   Verfahren nach Siwoloboff

Die Probe wird in einem Probenröhrchen — Durchmesser etwa 5 mm — in einer Apparatur zur Bestimmung der Schmelztemperatur erhitzt (Abbildung 1).

Abbildung 1 zeigt einen Typ einer genormten Apparatur zur Bestimmung der Schmelz- und Siedetemperatur (JIS K 0064); (Glas, alle Dimensionsangaben in mm).

Abbildung 1

Ein etwa 1 cm über dem unteren Ende zugeschmolzenes Kapillarröhrchen (Siedekapillare) wird in das Probenröhrchen gegeben. Der Pegel, bis zu dem die Prüfsubstanz aufgefüllt wird, ist so zu wählen, dass der zugeschmolzene Abschnitt der Kapillare unter der Flüssigkeitsoberfläche liegt. Das die Siedekapillare enthaltende Probenröhrchen wird entweder mit einem Gummiband am Thermometer oder an einer seitlichen Halterung befestigt (siehe Abbildung 2).



Abbildung 2

Prinzip nach Siwoloboff

Abbildung 3

Modifiziertes Prinzip

Die Badflüssigkeit wird entsprechend der Siedetemperatur ausgewählt. Bei Temperaturen bis zu 573 K kann Silikonöl verwendet werden. Paraffinöl darf nur bis 473 K verwendet werden. Die Erhitzung der Badflüssigkeit sollte zunächst mit einer Temperaturrate von 3 K/min erfolgen. Die Badflüssigkeit muss gerührt werden. Ca. 10 K unterhalb der erwarteten Siedetemperatur wird die Erhitzung verlangsamt, so dass die Temperaturerhöhung bei weniger als 1 K/min liegt. Beim Erreichen der Siedetemperatur beginnen Bläschen schnell aus der Siedekapillare aufzusteigen.

Als Siedetemperatur ist diejenige anzugeben, bei welcher die Bläschenkette unter Kühlung abbricht und die Flüssigkeit plötzlich in der Kapillare aufzusteigen beginnt. Der entsprechende Thermometerstand ist gleich der Siedetemperatur der Substanz.

Beim modifizierten Prinzip (Abbildung 3) wird die Siedetemperatur in einem Schmelztemperaturröhrchen bestimmt. Es ist bis auf eine etwa 2 cm lange feine Spitze ausgezogen (a): Eine geringe Menge der Probe wird angesaugt. Das offene Ende des freien Röhrchens wird zugeschmolzen, so dass sich am Ende ein feines Luftbläschen befindet. Bei der Erhitzung in der Apparatur zur Bestimmung der Schmelztemperatur (b) dehnt sich das Luftbläschen aus. Die Siedetemperatur entspricht der Temperatur, bei der der Pfropfen der Substanz den Oberflächenpegel der Badflüssigkeit erreicht (c).

1.6.5.   Fotozellendetektion

Die Probe wird in einem Kapillarröhrchen in einem Metallblock erhitzt.

Durch entsprechende Öffnungen im Block wird ein Lichtstrahl durch die Substanz auf eine genau kalibrierte Fotozelle ausgerichtet.

Bei der Erhöhung der Temperatur der Probe steigen einzelne Luftbläschen aus der Siedekapillare auf. Wenn die Siedetemperatur erreicht ist, nimmt die Zahl der Bläschen stark zu. Dies führt zu einer von einer Fotozelle aufgezeichneten Änderung in der Lichtintensität und löst ein Signal im Messgerät aus, das die Temperatur eines im Block gelegenen Platin-Widerstandsthermometers anzeigt.

Dieses Verfahren ist besonders nützlich, da es Bestimmungen unterhalb der Raumtemperatur bis zu 253,15 K (– 20 oC) ohne jede apparative Änderung ermöglicht. Das Instrument muss lediglich in ein Kühlbad gestellt werden.

1.6.6.   Thermoanalyse

1.6.6.1.   Differentialthermoanalyse

Siehe Anlage.

1.6.6.2.   Differentialscanningkalorimeter

Siehe Anlage.

2.   DATEN

Bei geringfügigen Abweichungen vom Normaldruck (maximal ± 5 kPa) werden die Siedetemperaturen mit Hilfe der nachstehenden Sidney-Young-Zahlen-Wert-Gleichung auf Tn umgerechnet:

Tn = T + (fT × Δp)

Darin bedeuten:

Δp=(101,325 - p) [Vorzeichen beachten]
p=Barometermessung in kPa
fT=Korrekturfaktor für die Änderung der Siedetemperatur in Abhängigkeit vom Druck in K/kPa
T=gemessene Siedetemperatur in K
Tn=Siedetemperatur, berichtigt auf Normaldruck in K

Die Temperatur-Korrekturfaktoren fT und die Gleichungen für ihre Näherung sind für zahlreiche Stoffe in den erwähnten internationalen und nationalen Normen (Anlage) aufgeführt.

So gibt beispielsweise die Vorschrift nach DIN 53171 die folgenden ungefähren Korrekturen für Lösungsmittel in Anstrichstoffen.



Tabelle 2

Temperatur-Korrekturfaktoren fT

Temperatur T (K)Korrekturfaktor fT (K/kPa)
323,15 0,26
348,15 0,28
373,15 0,31
398,15 0,33
423,15 0,35
448,15 0,37
473,15 0,39
498,15 0,41
523,15 0,44
548,15 0,45
573,15 0,47

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendetes Verfahren,
genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), ggf. Vorreinigung,
eine ungefähre Angabe zur Genauigkeit.

Der Mittelwert mindestens zweier Messungen, deren Werte im Bereich der ungefähren Genauigkeit (siehe Tabelle 1 oben) liegen, ist als Siedetemperatur anzugeben.

Die gemessenen Siedetemperaturen und ihr Mittelwert sowie der Druck (die Drücke) in kPa, bei dem (bei denen) die Messungen durchgeführt wurden, sind anzugeben. Der Druck sollte möglichst nahe beim Normaldruck liegen.

Alle zur Bewertung der Ergebnisse notwendigen Informationen und Bemerkungen sind zu notieren, insbesondere diejenigen über Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 103, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2) IUPAC, B. Le Neindre, B. Vodar (Hrsg.): Experimental thermodynamics, Butterworths, London, 1975, vol. II.

(3) R. Weissberger (Hrsg.): Technique of organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, vol. I, Part I, Chapter VIII.

Anlage

Zu weiteren technischen Einzelheiten können beispielsweise folgende Normen herangezogen werden:

1.   Ebulliometer

1.1.
Schmelztemperaturbestimmungsgeräte mit Flüssigkeitsbad



ASTM D 1120-72Standard test method for boiling point of engine anti-freezes

2.   Destillationsverfahren (Siedebereich)



ISO/R 918Test Method for Distillation (Distillation Yield and Distillation Range)
BS 4349/68Method for determination of distillation of petroleum products
BS 4591/71Method for the determination of distillation characteristics
DIN 53171Lösungsmittel für Anstrichstoffe, Bestimmung des Siedeverlaufs
NF T 20-608Distillation: détermination du rendement et de l'intervalle de distillation

3.   Differentialthermoanalyse und Differentialscanningkalorimetrie



ASTM E 537-76Standard method for assessing the thermal stability of chemicals by methods of differential thermal analysis
ASTM E 473-85Standard definitions of terms relating to thermal analysis
ASTM E 472-86Standard practice for reporting thermoanalytical data
DIN 51005Thermische Analyse: Begriffe

A.3.   RELATIVE DICHTE

1.   METHODEN

Den hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden zur Bestimmung der relativen Dichte gelten für Feststoffe und Flüssigkeiten ohne jede Einschränkung in Bezug auf ihren Reinheitsgrad. Die verschiedenen zu verwendenden Methoden sind in Tabelle 1 aufgeführt.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die relative Dichte von Feststoffen oder Flüssigkeiten ist das Verhältnis zwischen der Masse eines bestimmten Volumens der Prüfsubstanz, gemessen bei 20 oC, und der Masse des gleichen Volumens Wasser, bestimmt bei 4 oC. Die relative Dichte hat keine Einheit.

Die Dichte ρ eines Stoffes ist gleich dem Quotienten aus seiner Masse m und seinem Volumen v.

Die Dichte ρ wird in SI-Einheiten (kg/m3) angegeben.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN (1) (3)

Bei der Messung der relativen Dichte von Prüfsubstanzen brauchen im Allgemeinen Referenzsubstanzen nicht verwendet zu werden. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER METHODEN

Es werden vier Messprinzipien verwendet.

1.4.1.   Auftriebsmethoden

1.4.1.1.   Aräometer (für Flüssigkeiten)

Hinreichend genaue und schnelle Bestimmungen der Dichte können mit Aräometern erreicht werden, bei denen die Dichte einer Flüssigkeit durch Ablesen der Eintauchtiefe des Schwimmkörpers an einer graduierten Skala ermittelt werden kann.

1.4.1.2.   Hydrostatische Waage (für Flüssigkeiten und Feststoffe)

Der Unterschied zwischen dem Gewicht eines in Luft und in einer geeigneten Flüssigkeit (z. B. Wasser) gemessenen Prüfkörpers kann zur Bestimmung seiner Dichte verwendet werden.

Bei Feststoffen ist die gemessene Dichte nur für die verwendete Probe repräsentativ. Zur Bestimmung der Dichte von Flüssigkeiten wird ein Körper eines bekannten Volumens v zunächst in der Luft und dann in der Flüssigkeit gewogen.

1.4.1.3.   Tauchkörpermethode (für Flüssigkeiten) (4)

Bei dieser Methode wird die Dichte einer Flüssigkeit aus der Differenz zwischen den Ergebnissen der Wägung des Tauchkörpers bekannten Volumens vor und nach dem Eintauchen dieses Körpers in die Prüfflüssigkeit ermittelt.

1.4.2.   Pyknometer-Methoden

Für Feststoffe oder Flüssigkeiten können Pyknometer verschiedener Formen mit bekannten Volumina verwendet werden. Die Dichte wird aus der Differenz zwischen der Wägung des vollen und des leeren Pyknometers und seinem bekannten Volumen errechnet.

1.4.3.   Luftvergleichspyknometer (für Feststoffe)

Die Dichte eines Feststoffes beliebiger Form kann bei Raumtemperatur mit dem Gasvergleichspyknometer gemessen werden. Das Volumen einer Substanz wird in der Luft oder in einem Inertgas in einem Zylinder mit veränderbarem kalibrierten Volumen gemessen. Zur Berechnung der Dichte wird nach Abschluss der Volumenmessung eine Wägung durchgeführt.

1.4.4.   Schwingungsdichtemesser (5) (6) (7)

Die Dichte einer Flüssigkeit kann mit einem Schwingungsdichtemesser gemessen werden. Ein in Form eines U-Rohres gebauter mechanischer Oszillator wird in Schwingungen versetzt; die Resonanzfrequenz des Oszillators hängt von dessen Masse ab. Bei Einführung einer Probe in das U-Rohr ändert sich die Resonanzfrequenz des Oszillators. Das Gerät muss mit Hilfe von zwei Flüssigkeiten bekannter Dichte kalibriert werden. Diese Flüssigkeiten sollten möglichst so gewählt werden, dass ihre Dichte den zu messenden Bereich einschließt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Der Anwendungsbereich der verschiedenen zur Bestimmung der relativen Dichte verwendeten Methoden ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Die als Beispiel aufgeführten Normen, die im Hinblick auf weitere technische Einzelheiten herangezogen werden müssen, sind als Anlage beigefügt.

Die Prüfungen sind bei 20 oC durchzuführen, wobei mindestens zwei Messungen vorzunehmen sind.

2.   DATEN

Siehe Normen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendetes Verfahren,
genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), ggf. Vorreinigung.

Die relative Dichte

soll gemäß 1.2 zusammen mit dem Aggregatzustand des gemessenen Stoffes angegeben werden.

Alle zur Bewertung der Ergebnisse notwendigen Informationen und Bemerkungen sind zu notieren, insbesondere diejenigen über Verunreinigungen des Stoffes.



Tabelle

Anwendbarkeit der Methoden

MessmethodeDichteMöglicher Höchstwert der dynamischen ViskositätExistierende Normen
FeststoffeFlüssigkeit
1.4.1.1.  Aräometerja5 Pa s

ISO 387,

ISO 649-2,

NF T 20-050

1.4.1.2.  Hydrostatische Waage
a)  FeststoffejaISO 1183 (A)
b)  Flüssigkeitja5 Pa sISO 901 und 758
1.4.1.3.  Tauchkörpermethodeja20 Pa sDIN 53217
1.4.2.  PyknometerISO 3507,
a)  Feststoffeja

ISO 1183 (B),

NF T 20-053,

b)  Flüssigkeitja500 Pa sISO 758
1.4.3.  Luftvergleichspyknometerja

DIN 55990 Teil 3,

DIN 53243

1.4.4.  Schwingungsdichtemesserja5 Pa s

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 109, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2) R. Weissberger (Hrsg.), Technique of organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, vol. I, Part 1.

(3) IUPAC, Recommended reference materials for realization of physico-chemical properties, Pure and applied chemistry, 1976, vol. 48, 508,

(4) Wagenbreth, H., Die Tauchkugel zur Bestimmung der Dichte von Flüssigkeiten, Technisches Messen (tm), 1979, vol. 11, 427-430.

(5) Leopold, H., Die digitale Messung von Flüssigkeiten, Elektronik, 1970, vol. 19, 297-302.

(6) Baumgarten, D., Füllmengenkontrolle bei vorgepackten Erzeugnissen — Verfahren zur Dichtebestimmung bei flüssigen Produkten und ihre praktische Anwendung, Die Pharmazeutische Industrie, 1975, vol. 37, 717-726.

(7) Riemann, J., Der Einsatz der digitalen Dichtemessung im Brauereilaboratorium, Brauwissenschaft, 1976, vol. 9, 253-255.

Anlage

Für weitere technische Einzelheiten können beispielsweise folgende Normen herangezogen werden:

1.   Auftriebsmethoden

1.1.   Aräometer



DIN 12790, ISO 387Aräometer; allgemeine Bestimmungen
DIN 12791

Teil 1: Dichte-Aräometer; Grundserien, Ausführung, Justierung und Anwendung

Teil 2: Dichte-Aräometer; Normgrößen, Bezeichnungen

Teil 3: Anwendung und Prüfung

ISO 649-2Laboratory glassware: Density hydrometers for general purpose
NF T 20-050Chemical products for industrial use — Determination of density of liquids — Areometric method
DIN 12793Laborgeräte aus Glas: Sucharäometer für Vormessung und rohe Betriebsmessung

1.2.   Hydrostatische Waage

Für Feststoffe:



ISO 1183Method A: Methods for determining the density and relative density of plastics excluding cellular plastics
NF T 20-049Chemical products for industrial use — Determination of the density of solids other than powders and cellular products — Hydrostatic balance method
ASTM-D-792Specific gravity and density of plastics by displacement
DIN 53479Prüfung von Kunststoffen und Elastomeren; Bestimmung der Dichte

Für Flüssigkeiten:



ISO 901ISO 758
DIN 51757Prüfung von Mineralölen und verwandten Stoffen; Bestimmung der Dichte
ASTM D 941-55, ASTM D 1296-67 und ASTM D 1481-62
ASTM D 1298Density, specific gravity or API gravity of crude petroleum and liquid petroleum products by hydrometer method
BS 4714Density, specific gravity or API gravity of crude petroleum and liquid petroleum products by hydrometer method

1.3.   Tauchkörpermethode



DIN 53217Prüfung von Anstrichstoffen; Bestimmung der Dichte; Tauchkörpermethode

2.   Pyknometer-Methoden

2.1.   Für Flüssigkeiten:



ISO 3507Pycnometers
ISO 758Liquid chemical products; determination of density at 20 oC
DIN 12797Pyknometer nach Gay-Lussac (für nicht besonders viskose, nicht flüchtige Flüssigkeiten)
DIN 12798Pyknometer nach Lipkin (für Flüssigkeiten mit einer kinematischen Viskosität von weniger als 100, 10-6 m2 s-1 bei 15 oC)
DIN 12800Pyknometer nach Sprengel (für Flüssigkeiten wie in DIN 12798)
DIN 12801Pyknometer nach Reischauer (für Flüssigkeiten mit einer kinematischen Viskosität von weniger als 100, 10-6 m2 s-1 bei 20 oC; kann insbesondere auf Kohlenwasserstoffe sowie auf Flüssigkeiten mit hohem Dampfdruck — etwa 1 bar bei 90 oC — angewendet werden)
DIN 12806Pyknometer nach Hubbard (für viskose Flüssigkeiten aller Arten, die keinen zu hohen Dampfdruck aufweisen, insbesondere auch für Anstrichstoffe und Bitumen)
DIN 12807Pyknometer nach Bingham (für Flüssigkeiten wie in DIN 12801)
DIN 12808Pyknometer nach Jaulmes (insbesondere für Ethanol-Wasser-Gemisch)
DIN 12809Pyknometer mit eingeschliffenem Thermometer und Seitenkapillaren (für nicht besonders viskose Flüssigkeiten)
DIN 53217Prüfung von Anstrichstoffen; Bestimmung der Dichte mit dem Pyknometer
DIN 51757Punkt 7: Prüfung von Mineralölen und verwandten Stoffen; Bestimmung der Dichte
ASTM D 297(Section 15: Rubber products — chemical analysis)
ASTM D 2111(Method C: Halogenated organic compounds)
BS 4699Method for determination of specific gravity and density of petroleum products (graduated bicapillary pycnometer method)
BS 5903Method for determination of relative density and density of petroleum products by the capillary-stoppered pycnometer method
NF T 20-053Chemical products for industrial use — Determination of density of solids in powder and liquids — Pycnometric method

2.2.   Für Feststoffe:



ISO 1183Method B: Methods for determining the density and relative density of plastics excluding cellular plastics
NF T 20-053Chemical products for industrial use — Determination of density of solids in powder and liquids — Pycnometric method
DIN 19683Bestimmung der Dichte von Böden

3.   Luftvergleichspyknometer



DIN 55990Teil 3: Prüfung von Anstrichstoffen und ähnlichen Beschichtungsstoffen; Pulverlack; Bestimmung der Dichte
DIN 53243Anstrichstoffe; chlorhaltige Polymere; Prüfung

A.4.   DAMPFDRUCK

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 104 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Diese geänderte Fassung von Methode A.4 (1) beinhaltet als zusätzliche Methode die „Effusionsmethode: isotherme Thermogravimetrie“; diese Methode wurde entwickelt für Substanzen mit sehr niedrigen Drücken (bis zu einem Mindestdruck von 10–10 Pa). Angesichts der Verfahrenserfordernisse, insbesondere bei der Ermittlung des Dampfdrucks für Substanzen mit niedrigem Dampfdruck, werden auch andere Verfahren zur Anwendung dieser Methode im Hinblick auf sonstige Einsatzbereiche neu bewertet.

Bei thermodynamischem Gleichgewicht hängt der Dampfdruck einer reinen Substanz ausschließlich von der Temperatur ab. Die zugrunde liegenden Prinzipien werden an anderer Stelle erläutert (2)(3).

Kein einzelnes Messverfahren ist für sämtliche Dampfdrucke von unter 10–10 Pa bis zu 105 Pa geeignet. Entsprechend umfasst diese Beschreibung acht Methoden zur Messung des Dampfdrucks, die in verschiedenen Dampfdruckbereichen eingesetzt werden können. Die vorgesehenen Einsatzmöglichkeiten und Messbereiche der einzelnen Methoden sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Die Methoden können nur im Zusammenhang mit Verbindungen eingesetzt werden, bei denen unter den Testbedingungen kein Abbau erfolgt. In Fällen, in denen die Versuchsmethoden aus technischen Gründen nicht eingesetzt werden können, kann der Dampfdruck auch geschätzt werden; eine empfohlene Schätzmethode wird in der Anlage beschrieben.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND EINHEITEN

Als Dampfdruck einer Substanz wird der Sättigungsdruck über einer festen oder flüssigen Substanz bezeichnet.

In den Messungen sollte die Einheit Pascal (Pa) als SI-Einheit für Druckwerte verwendet werden. Im Folgenden sind weitere, früher verwendete Einheiten jeweils mit den entsprechenden Umrechnungsfaktoren zusammengestellt:



1 Torr=1 mm Hg=1,333 × 102 Pa
1 Atmosphäre=1,013 × 105 Pa
1 bar=105 Pa

Die SI-Einheit der Temperatur ist Kelvin (K). Angaben in Grad Celsius werden mit folgender Formel in Kelvin umgerechnet:

T = t + 273,15

wobei T = Kelvin oder thermodynamische Temperatur und t = Temperatur in Grad Celsius



Tabelle 1

MessmethodeSubstanzenGeschätzte WiederholbarkeitGeschätzte ReproduzierbarkeitEmpfohlener Bereich
FestFlüssig
Dynamische Methodeniedriger Schmelzpunktja

bis zu 25 %

1 bis 5 %

bis zu 25 %

1 bis 5 %

103 Pa bis 2 × 103 Pa

2 × 103 Pa bis 105 Pa

Statische Methodejaja5 bis 10 %5 bis 10 %

10 Pa bis 105 Pa

10–2 Pa bis 105 Pa (1)

Isoteniskopmethodejaja5 bis 10 %5 bis 10 %102 Pa bis 105 Pa
Effusionsmethode: Dampfdruckgleichgewichtjaja5 bis 20 %bis zu 50 %10–3 bis 1 Pa
Effusionsmethode: Knudsen-Zellejaja10 bis 30 %10–10 bis 1 Pa
Effusionsmethode: isotherme Thermogravimetriejaja5 bis 30 %bis zu 50 %10–10 bis 1 Pa
Gassättigungsmethodejaja10 bis 30 %bis zu 50 %10–10 bis 103 Pa
Rotationsmethodejaja10 bis 20 %10–4 bis 0,5 Pa
(1)   In Verbindung mit einem Kapazitätsmanometer.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Im Allgemeinen wird der Dampfdruck bei verschiedenen Temperaturen gemessen. In einem begrenzten Temperaturbereich ist der Logarithmus des Dampfdrucks einer reinen Substanz eine lineare Umkehrfunktion der thermodynamischen Temperatur gemäß der vereinfachten Clapeyron-Clausius-Gleichung:

wobei

p=Dampfdruck in Pascal
ΔHv=Verdampfungswärme in J mol–1
R=universale Gaskonstante, 8,314 J mol–1 K–1
T=Temperatur in K

1.4.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen brauchen nicht unbedingt verwendet zu werden. Sie dienen in erster Linie zur gelegentlichen Überprüfung der Leistungsfähigkeit einer Methode und sollen Vergleiche der mit unterschiedlichen Methoden erzielten Ergebnisse ermöglichen.

1.5.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.5.1.   Dynamische Methode (Cottrell-Verfahren)

1.5.1.1.   Prinzip

Der Dampfdruck wird durch die Messung der Siedetemperatur einer Substanz bei verschiedenen vorgegebenen Drücken zwischen etwa 103 und 105 Pa gemessen. Diese Methode wird auch für die Bestimmung der Siedetemperatur empfohlen. Für diesen Zweck kann die Methode bei Temperaturen bis zu 600 K eingesetzt werden. Wegen des hydrostatischen Drucks der Flüssigkeitssäule liegen die Siedetemperaturen von Flüssigkeiten bei einer Tiefe von 3 bis 4 cm etwa 0,1 °C höher als an der Oberfläche. Beim Cottrell-Verfahren (4) wird das Thermometer über der Flüssigkeit in den Dampf gebracht und die siedende Flüssigkeit kontinuierlich über die Thermometerkugel gepumpt. Eine dünne Flüssigkeitsschicht, die sich bei Atmosphärendruck im Gleichgewicht mit dem Dampf befindet, bedeckt die Kugel. Das Thermometer gibt dann den echten Siedepunkt an; Fehler durch Überhitzung oder hydrostatischen Druck werden ausgeschlossen. Die ursprünglich von Cottrell verwendete Pumpe ist in Abbildung 1 dargestellt. Rohr A enthält die siedende Flüssigkeit. Ein Platindraht B, der in den Boden eingesiegelt wurde, begünstigt ein gleichmäßiges Siedeverhalten. Das seitliche Rohr C führt zu einem Kondensator, und der Spritzschutz D verhindert, dass das kalte Kondensat in das Thermometer E gelangt. Wenn die Flüssigkeit in A siedet, werden die entstehenden Blasen und die Flüssigkeit mit dem Trichter abgetrennt und über die beiden Arme der Pumpe F über die Thermometerkugel gegossen.



Abbildung 1 Abbildung 2

Cottrell-Pumpe (4)

A: Thermoelement

B: Vakuum-Puffervolumen

C: Druckmesser

D: Unterdruck

E: Messpunkt

F: Heizelement ca. 150 W

1.5.1.2.   Apparatur

In Abbildung 2 ist eine sehr genaue Apparatur dargestellt, die auf dem Cottrell-Prinzip beruht. Die Apparatur besteht aus einem Rohr mit einem Siedebereich im unteren Teil, einem Kühler im mittleren Bereich und einem Auslass und einem Flansch im oberen Bereich. Die Cottrell-Pumpe befindet sich im Siedebereich, der mit einer elektrischen Patrone beheizt wird. Die Temperatur wird mit einem ummantelten Thermoelement oder einem Widerstandsthermomenter gemessen, das über den oben befindlichen Flansch in das Gerät geführt wird. Der Auslass ist mit einem Druckregelsystem verbunden. Letzteres besteht aus einer Vakuumpumpe, einem Puffervolumen, einem Druckwächter zur Druckregulierung unter Stickstoffeinleitung und einem Druckmesser.

1.5.1.3.   Verfahren

Die Substanz wird in den Siedebereich gebracht. Bei nicht pulverigen Feststoffen können Probleme auftreten, die sich gelegentlich aber durch Beheizung des Kühlmantels beheben lassen. Die Apparatur ist am Flansch versiegelt, und die Prüfsubstanz wird entgast. Schäumende Substanzen können mit dieser Methode nicht gemessen werden.

In der Apparatur wird der niedrigste gewünschte Druck eingestellt und die Heizung eingeschaltet. Dann wird der Temperatursensor mit einem Aufzeichnungsgerät verbunden.

Das Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn eine gleichbleibende Siedetemperatur bei konstantem Druck aufgezeichnet wird. Insbesondere ist darauf zu achten, dass während des Siedevorgangs nicht gegen die Apparatur gestoßen wird. Außerdem muss auf dem Kühler eine vollständige Kondensation erfolgen. Bei der Bestimmung des Dampfdrucks von niedrigschmelzenden Feststoffen ist darauf zu achten, dass der Kondensator nicht verblockt.

Nach der Aufzeichnung dieses Gleichgewichtspunkts wird ein höherer Druck eingestellt. Der Prozess wird auf diese Weise fortgesetzt, bis ein Druck von 105 Pa erreicht ist (insgesamt etwa 5 bis 10 Messpunkte). Zur Kontrolle sind die Gleichgewichtspunkte bei abnehmenden Drücken zu reproduzieren.

1.5.2.   Statische Methode

1.5.2.1.   Prinzip

Bei der statischen Methode (5) wird der Dampfdruck bei thermodynamischem Gleichgewicht und einer gegebenen Temperatur bestimmt. Diese Methode eignet sich für Substanzen und für aus mehreren Bestandteilen bestehende Flüssigkeiten und Feststoffe im Druckbereich von 10–1 bis 105 Pa sowie bei entsprechend sorgfältiger Vorgehensweise auch im Bereich von 1 bis 10 Pa.

1.5.2.2.   Apparatur

Die Apparatur besteht aus einem Bad mit konstanter Temperatur (Genauigkeit ± 0,2 K), einem mit einer Unterdruckleitung verbundenen Probenbehälter, einem Druckmesser und einem System zur Druckregelung. Die Probenkammer (Abbildung 3a) ist über ein Ventil und einen Differenzdruckmesser (ein U-Rohr mit einer geeigneten Manometerflüssigkeit) verbunden, das als Nullpunktanzeige dient. Im Differenzdruckmesser können Quecksilber, Silikone und Phthalate verwendet werden; maßgeblich sind der jeweilige Druckbereich und das chemische Verhalten der Prüfsubstanz. Aus Gründen des Umweltschutzes sollte nach Möglichkeit jedoch auf Quecksilber verzichtet werden. Die Prüfsubstanz darf sich nicht merklich in der im U-Rohr enthaltenen Flüssigkeit auflösen oder mit dieser reagieren. Statt eines U-Rohrs kann auch ein Druckmesser verwendet werden (Abbildung 3b). Für den Druckmesser kann Quecksilber im Bereich des Atmosphärendrucks bis zu einem Mindestdruck von 102 Pa eingesetzt werden; Silikon-Flüssigkeiten und Phthalate sind für Drücke unter 102 Pa bis zu 10 Pa geeignet. Unter 102 Pa können sonstige Druckmesser eingesetzt werden; Kapazitätsmanometer mit Heizmembran können sogar bei Drücken unter 10–1 Pa verwendet werden. Die Temperatur wird an der Außenwand des Probenbehälters oder im Behälter selbst gemessen.

1.5.2.3.   Verfahren

In der in Abbildung 3a beschriebenen Apparatur wird das U-Rohr mit der gewählten Flüssigkeit gefüllt; vor Durchführung der Messungen ist die Flüssigkeit bei höherer Temperatur zu entgasen. Die Prüfsubstanz wird in die Apparatur gebracht und bei niedrigerer Temperatur entgast. Bei aus mehreren Bestandteilen bestehenden Proben sollte die Temperatur so niedrig sein, dass die Zusammensetzung des jeweiligen Materials erhalten bleibt. Durch Rühren kann das erforderliche Gleichgewicht schneller herbeigeführt werden. Die Probe kann dann mit flüssigem Stickstoff oder mit Trockeneis abgekühlt werden. Dabei ist allerdings sicherzustellen, dass die Luft oder die Pumpflüssigkeit nicht kondensieren. Bei geöffnetem Ventil über der Probe wird über mehrere Minuten ein Sog ausgeübt, um die eingeschlossene Luft zu entfernen. Wenn erforderlich, wird die Entgasung mehrmals wiederholt.



Abbildung 3a Abbildung 3b

Wenn die Probe bei geschlossenem Ventil beheizt wird, erhöht sich der Dampfdruck. Dadurch ändert sich das Gleichgewicht der Flüssigkeit im U-Rohr. Um die Änderung auszugleichen, wird Stickstoff oder Luft in die Apparatur geleitet, bis die Differenzdruckanzeige wieder auf null steht. Der dazu erforderliche Druck kann an einem Druckmesser oder an einem genaueren Messgerät abgelesen werden. Dieser Druck entspricht dem Dampfdruck der Substanz bei der Messtemperatur. Bei der in Abbildung 3b dargestellten Apparatur wird der Dampfdruck direkt abgelesen.

Der Dampfdruck wird in geeigneten geringen Temperaturintervallen (insgesamt etwa 5 bis 10 Messpunkte) bis zur gewünschten Höchsttemperatur gemessen.

Zur Kontrolle sind Messungen bei niedrigen Temperaturen durchzuführen. Wenn die in den mehrfachen Messungen ermittelten Werte nicht auf der Kurve liegen, die sich bei den höheren Temperaturen ergibt, kann dies auf eine der folgenden Ursachen zurückzuführen sein:

i)
Die Probe enthält noch Luft (z. B. bei hoch viskosen Materialien) oder Substanzen mit niedrigem Siedepunkt, die während der Erwärmung freigesetzt werden.
ii)
Die Substanz durchläuft im untersuchten Temperaturbereich eine chemische Reaktion (z. B. eine Zersetzung oder eine Polymerisierung).

1.5.3.   Isoteniskopmethode

1.5.3.1.   Prinzip

Das Isoteniskop (6) beruht auf dem Prinzip der statischen Methode. Bei dieser Methode wird eine Probe in einen Kolben gebracht, in dem eine gleichbleibende Temperatur besteht, und der mit einem Druckmesser und einer Vakuumpumpe verbunden ist. Verunreinigungen mit höherer Flüchtigkeit als die Prüfsubstanz werden durch Entgasen bei reduziertem Druck entfernt. Der Dampfdruck der Probe bei bestimmten Temperaturen wird durch einen mit einem inerten Gas ausgeübten bekannten Druck ausgeglichen. Das Isoteniskop wurde entwickelt, um den Dampfdruck bestimmter flüssiger Kohlenwasserstoffe zu messen, kann aber auch zur Untersuchung von Feststoffen eingesetzt werden. Für Systeme mit mehreren Bestandteilen ist diese Methode im Allgemeinen nicht geeignet. Die Ergebnisse weisen nur leichte Fehler bei Proben mit nicht flüchtigen Verunreinigungen auf. Die Methode wird für den Bereich 102 bis 105 Pa empfohlen.

1.5.3.2.   Apparatur

In Abbildung 4 wird ein Messsystem dargestellt. Eine vollständige Beschreibung ist ASTM D 2879-86 (6) zu entnehmen.

1.5.3.3.   Verfahren

Bei Flüssigkeiten dient die Substanz selbst als Flüssigkeit im Differenzdruckmesser. In das Isoteniskop wird so viel Flüssigkeit eingebracht, dass der Kolben und der kurze Fuß des Druckmessers gefüllt sind. Das Isoteniskop wird mit einem Vakuumsystem verbunden und mit Hilfe des Vakuumsystems vollständig entleert. Anschließend wird das Isoteniskop mit Stickstoff gefüllt. Die Absaugung und die Reinigung des Systems wird zweimal wiederholt, um den verbliebenen Sauerstoff zu entfernen. Das befüllte Isoteniskop wird in horizontal ausgerichtet, damit sich die Probe in Kolben und Druckmesser als dünne Schicht ausbreitet. Der Systemdruck wird auf 133 Pa reduziert, und die Probe wird allmählich erwärmt, bis eben der Siedepunkt erreicht ist (Abtrennung gelöster Gase). Danach wird das Isoteniskop so ausgerichtet, dass die Probe wieder in den Kolben zurückfließt und den kurzen Fuß des Druckmessers ausfüllt. Dabei wird ein Druck von 133 Pa aufrechterhalten. Die vorgezogene Spitze des Probenkolbens wird mit kleiner Flamme erwärmt, bis sich der freigesetzte Probendampf hinreichend ausgedehnt hat, um einen Teil der Probe aus dem oberen Bereich des Kolbens und des Druckmesserarms in den Druckmesser hinein zu verdrängen und somit einen stickstofffreien Raum mit Dampf gefüllt hat. Darauf wird das Isoteniskop in ein Bad mit konstanter Temperatur gebracht, und Druck und Stickstoffzufuhr werden so eingestellt, dass sie mit dem Druck und dem Stickstoffanteil der Probe übereinstimmen. Wenn das erwünschte Gleichgewicht erreicht ist, entspricht der Stickstoffdruck dem Dampfdruck der Prüfsubstanz.

Bei Feststoffen sowie je nach Druck- und Temperaturbereich werden Manometerflüssigkeiten wie z. B. Silikon-Flüssigkeiten oder Phthalate verwendet. Die entgaste Manometerflüssigkeit wird in eine dafür vorgesehene Aufwölbung am langen Arm des Isoteniskops gebracht. Anschließend wird der zu prüfende Feststoff in den Probenkolben gegeben und bei einer höheren Temperatur entgast. Darauf wird das Isoteniskop so geneigt, dass die Manometerflüssigkeit in das U-Rohr fließen kann.

1.5.4.   Effusionsmethode: Dampfdruckgleichgewicht (7)

1.5.4.1.   Prinzip

Eine Probe der Prüfsubstanz wird in einem kleinen Ofen erhitzt und in eine Gasglocke gebracht, in der ein Unterdruck hergestellt wurde. Der Ofen wird mit einem Deckel verschlossen, in dem sich kleine Löcher mit einem bestimmten Durchmesser befinden. Der aus der Substanz erzeugte Dampf entweicht durch eines dieser Löcher und wird unmittelbar auf die Schale einer hoch empfindlichen Waage geleitet, die sich ebenfalls im Vakuum der Glasglocke befindet. Bei manchen Ausführungen ist die Waagschale von einem Kühlgefäß umgeben, über das die Wärme thermisch abgeleitet und unter Abstrahlung der Wärme so gekühlt wird, dass sich der entweichende Dampf darauf niederschlägt. Die Energie des Dampfstrahls wirkt als Kraft auf die Waage. Der Dampfdruck kann auf zweierlei Weise ermittelt werden: entweder direkt aus der auf die Waagschale wirkenden Kraft oder mit Hilfe der Hertz-Knudsen-Gleichung aufgrund der Verdampfungsgeschwindigkeit (2):

wobei

G=Verdampfungsgeschwindigkeit (kg s–1 m–2)
M=Molmasse (g mol–1)
T=Temperatur (K)
R=Universale Gaskonstante (J mol–1 K–1)
P=Dampfdruck (Pa)

Der empfohlene Bereich liegt zwischen 10–3 und 1 Pa.

1.5.4.2.   Apparatur

Abbildung 5 veranschaulicht das Grundprinzip der Apparatur:



A:BodenplatteF:Kühlgehäuse und Kühlschiene
B:Bewegliches KühlinstrumentG:Verdampfungsofen
C:GasglockeH:Dewargefäß mit flüssigem Stickstoff
D:Waage mit WaagschaleI:Messung der Probentemperatur
E:VakuummessgerätJ:Prüfsubstanz

1.5.5.   Effusionsmethode: Knudsen-Zelle

1.5.5.1.   Prinzip

Die Methode beruht auf der Schätzung der Masse der Prüfsubstanz, die im Ultravakuum pro Zeiteinheit aus einer Knudsen-Zelle (8) als Dampf durch eine Mikrobohrung strömt. Die Masse des ausströmenden Dampfs kann entweder aufgrund des Masseverlustes der Zelle oder durch Kondensation des Dampfs bei niedriger Temperatur und anschließende chromatographische Messung der Menge der verflüchtigten Substanz bestimmt werden. Der Dampfdruck wird mit Hilfe der Hertz-Knudsen-Gleichung (siehe Abschnitt 1.5.4.1) unter Berücksichtigung von Korrekturfaktoren berechnet, die von den Parametern der jeweiligen Apparatur abhängen (9). Empfohlen wird diese Methode für den Bereich 10–10 bis 1 Pa (10)(11)(12)(13)(14).

1.5.5.2.   Apparatur

Abbildung 6 veranschaulicht das Grundprinzip der Apparatur:



1:Verbindung zum Vakuum7:Deckel mit Schraubgewinde
2:Bohrungen des Platinwiderstand-Thermometers oder Temperaturmessung und Kontrolle8:Flügelmuttern
3:Deckel Vakuumtank9:Schrauben
4:O-Ring10:Edelstahl-Effusionszellen
5:Aluminum-Vakuumtank11:Heizpatrone
6:Vorrichtung zum Einsetzen und Abnehmen der Effusionszellen

1.5.6.   Effusionsmethode: isotherme Thermogravimetrie

1.5.6.1.   Prinzip

Die Methode beruht auf der Bestimmung der Geschwindigkeit einer beschleunigten Verdampfung der Prüfsubstanz bei höheren Temperaturen und bei Umgebungsdruck durch Thermogravimetrie (10)(15)(16)(17)(18)(19)(20). Die Verdampfungsgeschwindigkeiten vT ergeben sich daraus, dass die jeweils ausgewählte Verbindung einer Atmosphäre mit einem langsam strömenden inerten Gas ausgesetzt wird; bei gegebenen isothermen Temperaturen T (ausgedrückt in Kelvin) wird dann über bestimmte Zeitspannen der Gewichtsverlust überwacht. Die Dampfdrücke pT werden aus den Werten für vT aufgrund der linearen Beziehung zwischen dem Logarithmus des Dampfdrucks und dem Logarithmus der Verdampfungsgeschwindigkeit bestimmt. Wenn erforderlich, kann durch eine Regressionsanalyse von log pT bezogen auf 1/T eine Extrapolierung auf Temperaturen von 20 und 25 °C erfolgen. Diese Methode kommt für Substanzen mit Mindestdampfdrücken bis zu 10–10 Pa (10–12 mbar) in Betracht; um Fehlinterpretationen der gemessenen Gewichtsverluste zu vermeiden, sollte die Reinheit annähernd 100 % betragen.

1.5.6.2.   Apparatur

In Abbildung 7 wird das allgemeine Prinzip der Apparatur dargestellt:

Die in einer Kammer mit Temperaturüberwachung an einer Mikrowaage aufgehängte Probenträgerplatte wird von trockenem Stickstoffgas umströmt, in dem die verdampften Moleküle der Prüfsubstanz geführt werden. Nach dem Verlassen der Kammer wird der Gasstrom durch eine Sorptionseinheit gereinigt.

1.5.6.3.   Verfahren

Die Prüfsubstanz wird als homogene Schicht auf eine aufgeraute Glasplatte aufgebracht. Bei Feststoffen wird die Platte gleichförmig mit einer Lösung befeuchtet, in der die Prüfsubstanz in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst wurde; anschließend wird die Lösung in einer inerten Atmosphäre getrocknet. Für die Messung wird die beschichtete Platte in den Thermogravimetrie-Analysator gehängt, dort wird der Gewichtsverlust kontinuierlich als zeitabhängige Funktion bestimmt.

Aus dem Gewichtsverlust Δm der Probenplatte wird die Verdampfungsgeschwindigkeit vT bei einer bestimmten Temperatur mit der folgenden Formel berechnet:

wobei F = Oberfläche der beschichteten Prüfsubstanzen (im Allgemeinen die Oberfläche der Probenplatte) und t = Dauer des Gewichtsverlusts Δm

Der Dampfdruck pT wird ausgehend von der Funktion der Verdampfungsgeschwindigkeit vT wie folgt berechnet:

Log pT = C + D log vT

wobei C und D spezifische Konstanten für die jeweilige Apparatur sind und vom Durchmesser der Messkammer sowie vom Gasstrom abhängen. Diese Konstanten sind einmal zu bestimmen, indem eine Reihe von Verbindungen mit bekanntem Dampfdruck gemessen und dann durch Regressionsanalyse log pT gegenüber log vT ermittelt wird (11)(21)(22).

Die Beziehung zwischen dem Dampfdruck pT und der Temperatur T in Kelvin wird wie folgt ausgedrückt:

Log pT = A + B 1/T

Dabei sind A und B Konstanten, die sich aus der Regressionsanalyse von log pT gegenüber 1/T ergeben. Mit dieser Formel kann der Dampfdruck für jede beliebige Temperatur extrapoliert werden.

1.5.7.   Gassättigungsmethode (23)

1.5.7.1.   Prinzip

Das inerte Gas wird bei Raumtemperatur und mit einer bekannten Durchflussgeschwindigkeit so langsam durch bzw. über eine Probe der Prüfsubstanz geleitet, dass eine Sättigung eintreten kann. Die Herbeiführung der Sättigung in der Gasphase ist von entscheidender Bedeutung. Die mitgeführte Substanz wird eingeschlossen (im Allgemeinen mit einem Sorptionsmittel); anschließend wird die Menge der abgetrennten Substanz bestimmt. Alternativ zum Dampfeinschluss mit anschließender Analyse kommen in den Gasstrom integrierte Analyseverfahren wie z. B. die Gaschromatographie zur quantitativen Bestimmung des mitgeführten Materials in Betracht. Der Dampfdruck wird ausgehend von der Annahme berechnet, dass sich der Gasstrom entsprechend dem idealen Gasgesetz verhält und dass der Gesamtdruck eines Gasgemischs mit der Summe der Drücke der einzelnen enthaltenen Gase übereinstimmt. Der Teildruck der Prüfsubstanz, d. h. der Dampfdruck, wird aus dem bekannten Volumen des gesamten Gasstroms und aus dem Gewicht des mitgeführten Materials berechnet.

Das Gassättigungsverfahren ist für feste und flüssige Substanzen geeignet. Es kann bei Mindestdampfdrücken bis zu 10–10 Pa genutzt werden (10)(11)(12)(13)(14). Bei Dampfdrücken unter 103 Pa ist diese Methode die zuverlässigste Methode. Über 103 Pa werden die Dampfdrücke im Allgemeinen überschätzt; dies ist wahrscheinlich auf die Bildung von Aerosolen zurückzuführen. Da die Dampfdruckmessungen bei Raumtemperatur erfolgen, brauchen keine Extrapolierungen hoher Temperaturen vorgenommen zu werden; entsprechend entfallen die häufig mit der Extrapolierung hoher Temperaturen verbundenen schwerwiegenden Fehler.

1.5.7.2.   Apparatur

Für das Verfahren wird ein Behälter mit konstanter Temperatur benötigt. In Abbildung 8 ist ein Behälter mit Haltern für jeweils drei feste und flüssige Proben skizziert, in dem jeweils drei wahlweise feste oder flüssige Proben analysiert werden können. Die Temperatur wird mit einer Genauigkeit von mindestens ± 0,5 °C überwacht.

Im Allgemeinen wird Stickstoff als inertes Trägergas verwendet; gelegentlich können aber auch sonstige Gase erforderlich sein (24). Das Trägergas muss trocken sein. Der Gasstrom wird in sechs Teilströme getrennt, die jeweils durch Kegelventile (mit Bohrungen von ca. 0,79 mm) geregelt und über ein Kupferrohr mit einem Innendurchmesser von 3,8 mm in den Behälter geleitet werden. Nach dem Temperaturausgleich strömt das Gas durch die Probe und verlässt den Behälter durch die Adsorptionsfalle.

Feste Proben werden in ein mit Glaswollestopfen verschlossenes Glasrohr mit einem Innendurchmesser von 5 mm gegeben (siehe Abbildung 9). In Abbildung 10 sind ein Halter für feste Proben und ein Sorptionssystem dargestellt. Die am besten reproduzierbare Methode zur Messung des Dampfdrucks von Flüssigkeiten besteht darin, die zu prüfende Flüssigkeit auf Glasperlen oder auf ein inertes Sorptionsmittel wie z. B. Kieselerde aufzubringen und den Halter mit diesen Perlen zu packen. Alternativ kann das Trägergas auch über eine grobe Fritte und eine Blase durch die Säule mit der flüssigen Prüfsubstanz geleitet werden.



Abbildung 9 Abbildung 10

Das Sorptionssystem enthält einen vorderen und einen hinteren Sorptionsabschnitt. Bei sehr niedrigen Dampfdrücken werden nur geringe Anteile vom Sorptionsmittel abgetrennt; dabei kann die Adsorption auf der Glaswolle und im Glasrohr zwischen der Probe und dem Sorptionsmittel ein ernsthaftes Problem sein.

Mit festem CO2 gekühlte Abscheider stellen eine weitere wirksame Möglichkeit zur Aufnahme des verdampften Materials dar. Diese Abscheider verursachen keinerlei Gegendruck auf die Sättigungssäule; außerdem lässt sich das abgetrennte Material leicht quantitativ bestimmen.

1.5.7.3.   Verfahren

Die Durchflussgeschwindigkeit des ausströmenden Trägergases wird bei Raumtemperatur gemessen. Während der Messung wird die Durchflussgeschwindigkeit häufig geprüft, um sicherzustellen, dass das Gesamtvolumen des Trägergases zuverlässig ermittelt wird. Vorzugsweise erfolgt eine kontinuierliche Überwachung mit einem Mengendurchflussmesser. Die Sättigung der Gasphase kann eine beträchtliche Kontaktzeit und entsprechend verhältnismäßig geringe Gasdurchflüsse erfordern (25).

Im Anschluss an die Messungen werden der vordere und der hintere Sorptionsabschnitt getrennt analysiert. Die Verbindungen in den einzelnen Abschnitten werden durch Zugabe eines Lösungsmittels desorbiert. Die entstehenden Lösungen werden einer quantitativen Analyse unterzogen, um die jeweils aus den Abschnitten desorbierten Gewichte zu bestimmen. Die Wahl der Analysemethode (sowie die Wahl des Sorptionsmittels und des desorbierenden Lösungsmittels) hängt von der Beschaffenheit des zu prüfenden Materials ab. Die Desorptionsleistung wird bestimmt, indem eine bekannte Probenmenge auf das Sorptionsmittel gespritzt, die Substanz desorbiert und anschließend die zurückgewonnene Menge analysiert wird. Die Desorptionsleistung muss mit der gleichen oder zumindest annähernd gleichen Probenkonzentration wie in der eigentlichen Prüfung bestimmt werden.

Um sicherzustellen, dass das Trägergas mit der Prüfsubstanz gesättigt ist, werden drei verschiedene Durchflussgeschwindigkeiten eingestellt. Wenn sich der berechnete Dampfdruck auch bei unterschiedlichen Durchflüssen nicht ändert, wird angenommen, dass das Gas gesättigt ist.

Der Dampfdruck wird mit folgender Gleichung berechnet:

wobei

p=Dampfdruck (Pa)
W=Gewicht der verdampften Prüfsubstanz (g)
V=Volumen des gesättigten Gases (m3)
R=universale Gaskonstante 8,314 (J mol–1 K–1)
T=Temperatur (K)
M=Molmasse der Prüfsubstanz (g mol–1)

Die gemessenen Volumina sind unter Berücksichtigung von Druck- und Temperaturunterschieden zwischen Durchflussmesser und Sättigungssäule zu korrigieren.

1.5.8.   Rotationsmethode

1.5.8.1.   Prinzip

Bei dieser Methode wird ein Rotationsviskosimeter eingesetzt, bei dem das Messelement aus einer kleinen Stahlkugel besteht, die in einem Magnetfeld aufgehängt durch Drehfelder in Drehungen versetzt wird (26)(27)(28). Aufnehmerspulen ermöglichen eine Messung der Drehzahl. Wenn die Kugel eine bestimmte Drehzahl erreicht hat (in der Regel etwa 400 Umdrehungen pro Sekunde), wird die Erregung unterbrochen, und infolge der Gasreibung erfolgt eine Verzögerung. Der Rückgang der Drehzahl wird zeitabhängig gemessen. Aus der druckabhängigen Verlangsamung der Stahlkugel wird der Dampfdruck abgeleitet. Diese Methode wird für den Bereich von 10–4 bis 0,5 Pa empfohlen.

1.5.8.2.   Apparatur

In Abbildung 11 ist die Apparatur schematisch dargestellt. Der Messfühler wird in ein Gehäuse mit konstanter Temperatur gebracht, in dem die Temperatur mit einer Genauigkeit von 0,1 °C geregelt wird. Der Probenbehälter wird in ein getrenntes Gehäuse gesetzt, dessen Temperatur ebenfalls mit einer Genauigkeit von 0,1 °C geregelt wird. Alle übrigen Teile der Apparatur werden auf einer höheren Temperatur gehalten, um eine Kondensatbildung auszuschließen. Die gesamte Apparatur ist mit einem Hochvakuumsystem verbunden.

2.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

2.1.   DATEN

Der Dampfdruck sollte mit den genannten Methoden jeweils bei mindestens zwei Temperaturen gemessen werden. Im Bereich 0 bis 50 °C werden Messungen vorzugsweise bei drei Temperaturen durchgeführt, um zu prüfen, ob die Dampfdruckkurve linear verläuft. Bei der Effusionsmethode (Knudsen-Zelle und isotherme Thermogravimetrie) und bei der Gassättigungsmethode wird statt des üblichen Bereichs von 0 bis 50 °C ein Temperaturbereich von 120 bis 150 °C empfohlen.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

eingesetzte Methode;
genaue Spezifizierung der Substanz (Beschreibung und Verunreinigungen); ggf. ist eine vorläufige Reinigung zu protokollieren;
mindestens zwei Dampfdruck- und Temperaturwerte — vorzugsweise drei oder mehr — im Temperaturbereich 0 bis 50 °C (bzw. 120 bis 150 °C);
mindestens einer der Temperaturwerte sollte 25 °C oder weniger betragen, wenn bei der jeweils gewählten Methode technisch möglich;
alle Originaldaten;
eine Kurve log p vs. 1/T;
eine Schätzung des Dampfdrucks bei 20 oder 25 °C.

Wenn ein Übergang (Änderung des Aggregatzustandes oder Zersetzung) beobachtet wird, sollten folgende Informationen vermerkt werden:

Art der Änderung;
Temperatur, bei der die Änderung bei Atmosphärendruck auftritt;
Dampfdruck bei 10 und 20 °C unter der Übergangstemperatur und bei 10 und 20 °C über dieser Temperatur (wenn der Übergang nicht vom festen Zustand in den gasförmigen Zustand erfolgt).

Alle für die Auswertung der Ergebnisse maßgeblichen Informationen und Bemerkungen sind zu protokollieren; dies gilt insbesondere für Verunreinigungen und für die physikalische Beschaffenheit der Prüfsubstanz.

3.   LITERATUR

1.
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 383 A, S. 26-47 (1992).
2.
Ambrose, D. (1975). Experimental Thermodynamics, Vol. II, Le Neindre, B., and Vodar, B., Eds., Butterworths, London.
3.
Weissberger R., ed. (1959). Technique of Organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Vol I, Part I. Chapter IX, Interscience Publ., New York.
4.
Glasstone, S. (1946). Textbook of Physical Chemistry, 2nd ed., Van Nostrand Company, New York.
5.
NF T 20-048 AFNOR (September 1985). Chemical products for industrial use — Determination of vapour pressure of solids and liquids within a range from 10–1 to 105 Pa — Static method.
6.
ASTM D 2879-86, Standard test method for vapour pressure — temperature relationship and initial decomposition temperature of liquids by isoteniscope.
7.
NF T 20-047 AFNOR (September 1985). Chemical products for industrial use — Determination of vapour pressure of solids and liquids within range from 10–3 to 1 Pa — Vapour pressure balance method.
8.
Knudsen, M. (1909). Ann. Phys. Lpz., 29, 1979; (1911), 34, 593.
9.
Ambrose, D., Lawrenson, I.J., Sprake, C.H.S. (1975). J. Chem. Thermodynamics 7, S. 1173.
10.
Schmuckler, M.E., Barefoot, A.C., Kleier, D.A., Cobranchi, D.P. (2000), Vapor pressures of sulfonylurea herbicides; Pest Management Science 56, S. 521-532.
11.
Tomlin, C.D.S. (ed.), The Pesticide Manual, Twelfth Edition (2000).
12.
Friedrich, K., Stammbach, K., Gas chromatographic determination of small vapour pressures determination of the vapour pressures of some triazine herbicides. J. Chromatog. 16 (1964), S. 22-28.
13.
Grayson, B.T., Fosbraey, L.A., Pesticide Science 16 (1982), S. 269-278.
14.
Rordorf, B.F., Prediction of vapor pressures, boiling points and enthalpies of fusion for twenty-nine halogenated dibenzo-p-dioxins, Thermochimia Acta 112 Issue 1 (1987), S. 117-122.
15.
Gückel, W., Synnatschke, G., Ritttig, R., A Method for Determining the Volatility of Active Ingredients Used in Plant Protection; Pesticide Science 4 (1973), S. 137-147.
16.
Gückel, W., Synnatschke, G., Ritttig, R., A Method for Determining the Volatility of Active Ingredients Used in Plant Protection II. Application to Formulated Products; Pesticide Science 5 (1974), S. 393-400.
17.
Gückel, W., Kaestel, R., Lewerenz, J., Synnatschke, G., A Method for Determining the Volatility of Active Ingredients Used in Plant Protection. Part III: The Temperature Relationship between Vapour Pressure and Evaporation Rate; Pesticide Science 13 (1982), S. 161-168.
18.
Gückel, W., Kaestel, R., Kroehl, T., Parg, A., Methods for Determining the Vapour Pressure of Active Ingredients Used in Crop Protection. Part IV: An Improved Thermogravimetric Determination Based on Evaporation Rate; Pesticide Science 45 (1995), S. 27-31.
19.
Kroehl, T., Kaestel, R., Koenig, W., Ziegler, H., Koehle, H., Parg, A., Methods for Determining the Vapour Pressure of Active Ingredients Used in Crop Protection. Part V: Thermogravimetry Combined with Solid Phase MicroExtraction (SPME); Pesticide Science 53 (1998), S. 300-310.
20.
Tesconi, M., Yalkowsky, S.H., A Novel Thermogravimetric Method for Estimating the Saturated Vapor Pressure of Low-Volatility Compounds; Journal of Pharmaceutical Science 87(12) (1998), S. 1512-20.
21.
Lide, D.R. (ed.), CRC Handbook of Chemistry and Physics, 81th ed.(2000), Vapour Pressure in the Range — 25 °C to 150 °C.
22.
Meister, R.T. (ed.), Farm Chemicals Handbook, Vol. 88 (2002).
23.
40 CFR, 796. (1993). S. 148-153, Office of the Federal Register, Washington DC.
24.
Rordorf B.F. (1985). Thermochimica Acta 85, S. 435.
25.
Westcott et al. (1981). Environ. Sci. Technol. 15, S. 1375.
26.
Messer G., Röhl, P., Grosse G., and Jitschin W. (1987). J. Vac. Sci. Technol. (A), 5(4), S. 2440.
27.
Comsa G., Fremerey J.K., and Lindenau, B. (1980). J. Vac. Sci. Technol. 17(2), S. 642.
28.
Fremerey, J.K. (1985). J. Vac. Sci. Technol. (A), 3(3), S. 1715.

Anlage

Schätzmethode

EINLEITUNG

Geschätzte Dampfdrücke können verwendet werden,

um zu entscheiden, welche Prüfmethode im Einzelfall am besten geeignet ist, und
um in den Fällen einen Schätz- oder Grenzwert angeben zu können, in denen eine Prüfmethode aus technischen Gründen nicht zur Anwendung kommen kann.

SCHÄTZMETHODE

Der Dampfdruck von Flüssigkeiten und Feststoffen kann aufgrund der modifizierten Watson-Korrelation geschätzt werden (a). In diesem Fall braucht als Prüfwert nur der normale Siedepunkt bestimmt zu werden. Diese Methode kommt im Druckbereich 105 Pa bis 10–5 Pa in Betracht.

Detaillierte Informationen zu dieser Methode sind dem „Handbook of Chemical Property Estimation Methods“ zu entnehmen (b). Außerdem wird auf die OECD Environmental Monograph No. 67 verwiesen (c).

BERECHNUNGSVERFAHREN

Der Dampfdruck wird wie folgt berechnet:

wobei

T=maßgebliche Temperatur
Tb=normaler Siedepunkt
PVP=Dampfdruck bei Temperatur T
ΔHVb=Verdampfungswärme
ΔZb=Kompressibilitätsfaktor (geschätzt 0,97)
m=empirischer Faktor, abhängig von der physikalischen Beschaffenheit bei der maßgeblichen Temperatur

Außerdem ist folgende Berechnung vorzunehmen:

wobei KF ein empirischer Faktor ist, der die Polarität der Substanz berücksichtigt; im Anhang sind die Faktoren KF für verschiedene Verbindungen zusammengestellt.

Verhältnismäßig häufig sind Daten verfügbar, bei denen ein Siedepunkt bei reduziertem Druck angegeben wird. In diesen Fällen wird der Dampfdruck wie folgt berechnet:

wobei T1 = Siedepunkt bei reduziertem Druck P1.

BERICHT

Bei der Schätzmethode sollte die vorgenommene Berechnung im Bericht umfassend dokumentiert werden.

LITERATUR

a)
Watson, K.M. (1943). Ind. Eng. Chem, 35, 398.
b)
Lyman, W.J., Reehl, W.F., Rosenblatt, D. H. (1982). Handbook of Chemical Property Estimation Methods, McGraw-Hill.
c)
OECD Environmental Monograph No. 67. Application of Structure-Activity Relationships to the Estimation of Properties Important in Exposure Assessment (1993).

A.5.   OBERFLÄCHENSPANNUNG

1.   METHODEN

Den meisten der hier beschriebenen Methoden liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde. Die Grundprinzipien sind in (2) angegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebenen Methoden sind zur Messung der Oberflächenspannung wässriger Lösungen anzuwenden.

Zweckdienlich ist, dass vor der Durchführung dieser Prüfungen Vorabinformationen über die Wasserlöslichkeit, die Struktur, die Hydrolyseeigenschaften und die kritische Konzentration für Mizellbildung des Stoffes vorliegen.

Die nachstehenden Methoden können für die meisten chemischen Substanzen ohne Einschränkung in Bezug auf ihren Reinheitsgrad angewendet werden.

Die Messung der Oberflächenspannung nach der Ringmethode beschränkt sich auf wässrige Lösungen mit einer dynamischen Viskosität unter ca. 200 mPa s.

1.2.   DEFINITION UND EINHEITEN

Die freie Oberflächenenthalpie pro Oberflächeneinheit bezeichnet man als Oberflächenspannung.

Die Oberflächenspannung wird in folgenden Einheiten angegeben:

N/m (SI-Einheit) oder

mN/m (SI-Untereinheit)

1 N/m = 103 dyn/cm

1 mN/m = 1 dyn/cm im veralteten CGS-System

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

Referenzsubstanzen, die einen weiten Bereich von Oberflächenspannungen abdecken, sind in der Literatur (1) (3) aufgeführt.

1.4.   PRINZIP DER METHODEN

Gemessen wird die maximale Kraft, die in vertikaler Richtung auf einen Bügel oder einen Ring ausgeübt werden muss, um diesen aus seinem Kontakt mit der Oberfläche der in ein Messgerät gefüllten Prüfflüssigkeit zu ziehen, bzw. die auf eine Platte ausgeübt werden muss, deren einer Rand in Kontakt mit der Oberfläche steht, um den gebildeten Film hochzuziehen.

Stoffe, die mindestens in einer Konzentration von 1 mg/l in Wasser löslich sind, werden in wässriger Lösung in einer einzigen Konzentration geprüft.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Genauigkeit dieser Methoden überschreitet wahrscheinlich alle Kontrollerfordernisse des Umweltschutzes.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODEN

Eine Lösung der Prüfsubstanz wird in destilliertem Wasser zubereitet. Die Konzentration dieser Lösung sollte bei 90 % der Sättigungslöslichkeit der Substanz in Wasser liegen; wenn diese Konzentration höher liegt als 1 g/l, wird für die Prüfung eine Konzentration von 1 g/l verwendet. Substanzen mit einer Wasserlöslichkeit unter 1 mg/1 brauchen nicht geprüft zu werden.

1.6.1.   Plattenmethode

Siehe ISO 304 und NF T 73-060 (Surface active agents — determination of surface tension by drawing up liquid films).

1.6.2.   Bügelmethode

Siehe ISO 304 und NF T 73-060 (Surface active agents — determination of surface tension by drawing up liquid films).

1.6.3.   Ringmethode

Siehe ISO 304 und NF T 73-060 (Surface active agents — determination of surface tension by drawing up liquid films).

1.6.4.   OECD-Ringmethode

1.6.4.1.   Apparatur

Zur Ausführung der in Betracht kommenden Messungen eignen sich handelsübliche Tensiometer. Sie bestehen aus folgenden Teilen:

einem beweglichen Probentisch,
einem Kraftmesssystem,
einem Messkörper (Ring),
einem Messgefäß.

1.6.4.1.1.   Beweglicher Probentisch

Der bewegliche Probentisch dient als Untersatz für das thermostatisierte Messgefäß, in welchem sich die zu untersuchende Flüssigkeit befindet. Er ist zusammen mit dem Kraftmesssystem auf ein Stativ montiert.

1.6.4.1.2.   Kraftmesssystem

Das Kraftmesssystem (siehe Abbildung) befindet sich über dem Probentisch. Der Fehler der Kraftmessung sollte einen Wert von ± 10-6 N nicht übersteigen, was einer Fehlergrenze von ± 0,1 mg bei der Massenbestimmung entspricht. In den meisten Fällen erfolgt die Einteilung der Messskala handelsüblicher Tensiometer in mN/m, so dass die Oberflächenspannung direkt in mN/m mit einer Genauigkeit von 0,1 mN/m abgelesen werden kann.

1.6.4.1.3.   Messkörper (Ring)

Üblicherweise wird der Ring aus Platin-Iridium-Draht mit einer Stärke von etwa 0,4 mm und einem mittleren Umfang von 60 mm hergestellt. Der Drahtring ist horizontal mittels einer Befestigungsgabel aus Draht und einem Metallstift aufgehängt, welche die Verbindung zum Kraftmesssystem darstellen (siehe Abbildung).

(alle Abmessungen in mm)

1.6.4.1.4.   Messgefäß

Zur Aufnahme der Prüflösung bei den Messungen sollte ein thermostatisiertes Glasgefäß benutzt werden. Die Anordnung sollte so ausgelegt werden, dass während der Messung die Temperatur sowohl der Prüflösung wie auch die der sich über deren Oberfläche befindlichen Gasphase konstant bleiben und die Probe nicht verdampfen kann. Hierfür sollten zylindrische Glasgefäße mit einem Innendurchmesser von nicht weniger als 45 mm zur Anwendung kommen.

1.6.4.2.   Vorbereitung der Apparatur

1.6.4.2.1.   Reinigung

Die Glasgefäße müssen sorgfältig gereinigt werden. Falls notwendig, sollten sie mit heißer Chromschwefelsäure und anschließend mit sirupartiger Phosphorsäure (83 bis 98 Gew.- % H3PO4) gewaschen, sorgfältig mit Leitungswasser gespült und schließlich nochmals mit doppelt destilliertem Wasser ausgewaschen werden, bis man eine neutrale Reaktion erhält. Daraufhin trocknet man das Gefäß oder spült es mit der zu untersuchenden Probenlösung aus.

Der Ring sollte zunächst sorgfältig mit Wasser abgewaschen werden, um alle wasserlöslichen Substanzen zu entfernen. Anschließend wird er kurzzeitig in Chromschwefelsäure getaucht, in doppelt destilliertem Wasser bis zur neutralen Reaktion gespült und schließlich kurz über einer Methanolflamme erhitzt.

Anmerkung

Verunreinigungen durch Substanzen, die weder durch Chromschwefelsäure noch Phosphorsäure gelöst oder zersetzt werden, wie beispielsweise Silikone, sind mittels geeigneter organischer Lösungsmittel zu entfernen.

1.6.4.2.2.   Eichung der Apparatur

Die Validierung der Apparatur besteht in einer Überprüfung des Nullpunktes. Dieser sollte so eingestellt werden, dass die Instrumentenanzeige eine zuverlässige Bestimmung in mN/m zulässt.

Das Gerät muss waagerecht aufgestellt werden, was sich beispielsweise unter Zuhilfenahme einer Wasserwaage, die man auf die Grundplatte des Tensiometers legt, und entsprechender Einstellungen mit den dort vorgesehenen Stellschrauben erzielen lässt.

Nach der Befestigung des Rings an der Apparatur und vor dem Eintauchen in die Flüssigkeit sind der Nullpunkt der Tensiometeranzeige einzustellen und die Parallelität des Rings zur Flüssigkeitsoberfläche zu überprüfen. Dazu kann man die Flüssigkeitsoberfläche als Spiegel benutzen.

Das eigentliche Eichen vor den Untersuchungen lässt sich auf zweierlei Weise durchführen:

a)
Benutzung einer Masse: Bei diesem Verfahren verwendet man Reiter bekannter Masse zwischen 0,1 g und 1,0 g, die auf diesem Ring angebracht werden. Der Eichfaktor Φa, mit dem alle am Instrument abgelesenen Werte multipliziert werden müssen, lässt sich entsprechend der Gleichung (1) bestimmen:



(1)

Hierbei ist:

(mN/m)

m=Masse des Reiters
g=Erdbeschleunigung (981 cm s-2 in Meereshöhe)
b=mittlerer Umfang des Rings (cm)
σa=abgelesener Wert am Tensiometer nach dem Anbringen des Reiters auf dem Ring (mN/m)
b)
Verwendung von Wasser: Bei diesem Verfahren benutzt man reines Wasser, dessen Oberflächenspannung bei 23 oC einen Wert von 72,3 mN/m besitzt. Dieses Verfahren ist bei weitem schneller durchführbar als die Eichung mit Gewichten, doch läuft man hierbei immer Gefahr, dass die Oberflächenspannung des Wassers durch Spurenverunreinigungen mit oberflächenaktiven Substanzen verfälscht wird.

Der Eichfaktor Φb, mit dem alle am Instrument abgelesenen Werte multipliziert werden müssen, lässt sich entsprechend der Gleichung (2) bestimmen:



(2)

Hierbei ist:

σo=angegebener Literaturwert für die Oberflächenspannung von Wasser (mN/m)
σg=gemessener Wert der Oberflächenspannung von Wasser (mN/m) beide bei der gleichen Temperatur.

1.6.4.3.   Vorbereitung der Proben

Von den zu untersuchenden Substanzen sind wässrige Lösungen in den erforderlichen Konzentrationen herzustellen. Die Lösungen dürfen keine ungelösten Bestandteile enthalten.

Die Lösung ist bei konstanter Temperatur zu halten (± 0,5 oC). Da sich die Oberflächenspannung der im Messbehälter befindlichen Lösung im Verlauf der Zeit verändert, sollten Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten vorgenommen und entsprechend eine Kurve erstellt werden, die die Oberflächenspannung in Abhängigkeit von der Zeit darstellt. Ein Gleichgewichtszustand ist erreicht, sobald keine weiteren Änderungen auftreten.

Verschmutzung durch Staub oder gasförmige Substanzen beeinträchtigt die Messung. Aus diesem Grunde sollten die Arbeiten unter einer Schutzhaube vorgenommen werden.

1.6.5.   Prüfbedingungen

Die Messungen sind bei etwa 20 oC auszuführen, und die Temperaturkonstanz sollte mit ± 0,5 oC eingehalten werden.

1.6.6.   Durchführung der Prüfung

Die zu messenden Lösungen werden in das sorgfältig gereinigte Messgefäß gefüllt, wobei darauf geachtet werden sollte, Schaumbildung zu vermeiden. Anschließend wird das Messgefäß auf den Tisch der Testapparatur gestellt. Das Tischoberteil mit dem Messgefäß wird nun so weit hochgeschraubt, bis der Ring unter die Oberfläche der zu messenden Lösung taucht. Daraufhin wird das Tischoberteil langsam und gleichmäßig abgesenkt (mit einer Geschwindigkeit von ca. 0,5 cm/min), um den Ring aus der Oberfläche herauszuziehen, bis ein maximaler Wert der Kraft erreicht ist. Der am Ring haftende Flüssigkeitsfilm darf nicht von ihm abreißen. Nach Beendigung der Messung wird der Ring wieder unter die Oberfläche getaucht und der Vorgang wiederholt, bis ein konstanter Wert der Oberflächenspannung erreicht ist. Bei jeder Bestimmung sollte die Zeitmessung mit dem Einfüllen der Lösung in das Messgefäß beginnen. Die Ablesung erfolgt jeweils zu dem Zeitpunkt, bei dem die Maximalkraft beim Herausziehen des Rings aus der Flüssigkeitsoberfläche erreicht ist.

2.   DATEN

Zur Berechnung der Oberflächenspannung wird zunächst der in mN/m an der Apparatur abgelesene Wert mit dem Eichfaktor Φa oder Φb (je nach dem verwendeten Eichverfahren) multipliziert. Man erhält einen Wert, der jedoch nur annähernd gilt und infolgedessen einer Korrektur bedarf.

Harkins und Jordan (4) haben empirische Korrekturfaktoren für Oberflächenspannungswerte bestimmt, die mit der Ringmethode gemessen wurden. Diese Faktoren sind von den Ringdimensionen, der Dichte der Flüssigkeit und ihrer Oberflächenspannung abhängig.

Da es umständlich ist, für jede einzelne Messung den Korrekturfaktor aus den Tabellen von Harkins und Jordan zu bestimmen, um die Oberflächenspannung wässriger Lösungen zu berechnen, kann eine vereinfachte Methode angewandt werden, die darin besteht, die korrigierten Werte für die Oberflächenspannung direkt aus der nachstehenden Tabelle abzulesen. (Für Ablesewerte, die zwischen den Tabellenwerten liegen, ist eine Interpolation möglich.)



Tabelle

Korrektur der gemessenen Oberflächenspannungswerte

Nur für wässrige Lösungen, ρ = 1 g/cm3

R= 9,55 mm (mittlerer Ringradius)
r= 0,185 mm (Radius des Ringdrahtes)



Experimenteller Wert (mN/m)Korrigierter Wert (mN/m)
Eichung mit Gewichten (vgl. 1.6.4.2.2 a)Eichung mit Wasser (vgl.1.6.4.2.2 b)
2016,9 18,1
2218,7 20,1
2420,6 22,1
2622,4 24,1
2824,3 26,1
3026,2 28,1
3228,1 30,1
3429,9 32,1
3631,8 34,1
3833,7 36,1
4035,6 38,2
4237,6 40,3
4439,5 42,3
4641,4 44,4
4843,4 46,5
5045,3 48,6
5247,3 50,7
5449,3 52,8
5651,2 54,9
5853,2 57,0
6055,2 59,1
6257,2 61,3
6459,2 63,4
6661,2 65,5
6863,2 67,7
7065,2 69,9
7267,2 72,0
7469,2
7671,2
7873,2

Die Zusammenstellung dieser Tabelle erfolgte auf der Grundlage der Harkins-Jordan-Korrekturen und entsprechend der DIN-Norm (DIN 53914) für Wasser und wässrige Lösungen (Dichte ρ = 1 g/cm3). Sie gilt für einen handelsüblichen Ring mit folgenden Abmessungen: R = 9,55 mm (mittlerer Ringradius) und r = 0,185 mm (Radius des Ringdrahtes). Die Tabelle enthält korrigierte Werte für Oberflächenspannungsmessungen nach einer Eichung entweder mit Gewichten oder mit Wasser.

Alternativ lässt sich die Oberflächenspannung ohne vorhergehende Eichung nach der folgenden Gleichung berechnen:

Hierbei ist:

F=die vom Kraftmesssystem angegebene Kraft beim Abreißen des Films
R=der Ringradius
f=der Korrekturfaktor (1)

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendete Methode,
Art des verwendeten Wassers oder der verwendeten Lösung,
genaue Spezifizierung der Substanz (Identifizierung und Verunreinigungen),
Messergebnisse: abgelesene Oberflächenspannungswerte mit Angabe sowohl der Einzelmesswerte und ihres arithmetischen Mittels wie auch des korrigierten Mittelwertes (wobei der Eichfaktor und die Korrekturtabelle berücksichtigt werden),
die Konzentration der Lösung,
die Prüftemperatur,
das Alter der untersuchten Lösung, insbesondere die Zeitspanne zwischen Zubereitung und Messung der Lösung,
die Darstellung der Zeitabhängigkeit der Oberflächenspannung nach Einfüllen der Lösung in das Messgefäß,
alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und Aggregatzustand des Stoffes.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Ausgehend davon, dass destilliertes Wasser bei 20 oC eine Oberflächenspannung von 72,75 mN/m hat, sollten Stoffe mit einer Oberflächenspannung unter 60 mN/m unter den Bedingungen dieses Verfahrens als oberflächenaktiv betrachtet werden.

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 115, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2) R. Weissberger (Hrsg.), Technique of Organic Chemistry, Physical Methods of Organic Chemistry, 3rd ed., Interscience Publ., New York, 1959, Vol. I, Part I, Chapter XIV.

(3) Pure Appl. Chem., 1976, Vol. 48, 511.

(4) Harkins, W.D., Jordan, H.F., J. Amer. Chem. Soc, 1930, Vol. 52, 1751.

A.6   WASSERLÖSLICHKEIT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 105 (1995). Sie ist eine überarbeitete Fassung der ursprünglichen TG 105, die 1981 angenommen wurde. Es gibt keine inhaltlichen Unterschiede zwischen der derzeitigen Fassung und der von 1981. Geändert wurde hauptsächlich das Format. Die Überarbeitung stützte sich auf die EU-Prüfmethode „Wasserlöslichkeit“ (1).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

2.
Die Wasserlöslichkeit eines Stoffs kann durch Verunreinigungen erheblich beeinflusst werden. Diese Prüfmethode behandelt die Bestimmung der Wasserlöslichkeit von im Wesentlichen reinen Substanzen, die in Wasser stabil und nicht flüchtig sind. Vor Bestimmung der Wasserlöslichkeit sollten Vorinformationen über die Strukturformel, den Dampfdruck, die Dissoziationskonstante und das Hydrolyseverhalten (als Funktion des pH-Wertes) des Stoffes vorliegen.
3.
Die beiden nachstehend beschriebenen Methoden, d. h. die Säulen-Elutions-Methode und die Kolbenmethode, decken Löslichkeiten von unter bzw. über 10–2 g/l ab. Ein einfacher Vorversuch wird ebenfalls beschrieben. Er ermöglicht die Bestimmung der bei der eigentlichen Prüfung zu verwendenden ungefähren Probenmenge und die zum Erreichen der Sättigungskonzentration notwendige Zeit.

DEFINITIONEN UND EINHEITEN

4.
Die Wasserlöslichkeit einer Substanz wird durch ihre Massen-Sättigungskonzentration in Wasser bei einer bestimmten Temperatur angegeben.
5.
Die Wasserlöslichkeit wird als Masse des gelösten Stoffs je Lösungsvolumen ausgedrückt. Die SI-Einheit ist kg/m3, aber g/l kann auch verwendet werden.

REFERENZSUBSTANZEN

6.
Bei der Untersuchung der Prüfsubstanz brauchen keine Referenzsubstanzen verwendet zu werden.

BESCHREIBUNG DER METHODEN

Prüfbedingungen

7.
Die Prüfung wird vorzugsweise bei 20 °C ± 0,5 °C durchgeführt. Die gewählte Temperatur ist in allen wichtigen Teilen der Apparatur konstant zu halten.

Vorversuch

8.
Etwa 0,1 g der Probe (feste Prüfsubstanzen müssen pulverisiert sein) werden in einen mit Glasstopfen verschließbaren 10-ml-Messzylinder gegeben. Dann werden portionsweise zunehmende Volumen Wasser von Raumtemperatur zugesetzt. Nach jedem Zusatz einer Wassermenge wird die Mischung 10 Minuten geschüttelt und mit bloßem Auge auf ungelöste Teilchen der Probe untersucht. Wenn nach Zusatz von 10 ml Wasser die Probe oder Teile von ihr ungelöst bleiben, ist der Versuch in einem 100-ml-Messzylinder zu wiederholen. Die ungefähre Löslichkeit ist in Tabelle 1 unter demjenigen Volumen Wasser angegeben, bei dem die Probe vollständig gelöst wird. Bei geringer Löslichkeit kann es lange (bis zu 24 Stunden) dauern, bis die Prüfsubstanz gelöst ist. Ist die Prüfsubstanz nach 24 Stunden noch nicht gelöst, sollte der Versuch verlängert werden (maximal 96 Stunden) oder es sollte weiter verdünnt werden, um festzustellen, ob die Säulen-Elutions- oder die Kolben-Methode zu benutzen ist.



Tabelle 1

ml Wasser auf 0,1 g lösliche Substanz0,1 0,5 1 2 10 100 > 100
Ungefähre Löslichkeit in g/l> 1 000 1 000 -200200-100100-5050-1010-1< 1

Säulen-Elutions-Methode

Prinzip

9.
Diese Methode basiert auf der Elution einer Prüfsubstanz mit Wasser aus einer Mikrosäule, die mit einem inerten Trägermaterial gefüllt ist, welches mit einem Überschuss an Prüfsubstanz beschichtet ist (2). Die Wasserlöslichkeit wird durch die Massenkonzentration des Eluats ausgedrückt, wenn dieses ein Plateau in Abhängigkeit von der Zeit erreicht hat.

Apparatur

10.
Die Apparatur besteht aus einer Mikrosäule (Abbildung 1), die auf konstanter Temperatur gehalten wird. Sie ist entweder mit einer Umwälzpumpe (Abbildung 2) oder mit einem Niveaugefäß (Abbildung 3) verbunden. Die Mikrosäule enthält ein inertes Trägermaterial, das durch einen kleinen Pfropfen aus Glaswolle in der Säule gehalten wird, der gleichzeitig zum Herausfiltern von Partikeln dient. Als Trägermaterial können Glaskugeln, Diatomeenerde oder andere inerte Stoffe verwendet werden.
11.
Die Mikrosäule in Abbildung 1 eignet sich für die Apparatur mit Umwälzpumpe. Sie hat einen Kopfraum für fünf Säulenbett-Volumina (werden zu Beginn des Versuchs verworfen) und das Volumen von fünf Proben (werden während des Versuchs entnommen). Der Kopfraum kann kleiner gehalten werden, wenn während des Versuchs Wasser zugegeben werden kann, um die anfänglich mit Verunreinigungen entnommenen fünf Säulenbett-Volumina zu ersetzen. Die Säule ist durch einen Schlauch aus inertem Material mit der Umwälzpumpe verbunden, die mit einem Fluss von etwa 25 ml/h fördern kann. Die Umwälzpumpe kann z. B. eine Schlauch- oder eine Membranpumpe sein. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Verunreinigung und/oder Absorption durch das Schlauchmaterial kommt.
12.
Abbildung 3 zeigt die schematische Darstellung mit Verwendung eines Niveaugefäßes. In dieser Darstellung ist die Mikrosäule mit einem Einweghahn versehen. Sie wird mit einem Glasschliff-Verbindungsstück und einem Schlauch aus inertem Material an das Niveaugefäß angeschlossen. Die Durchflussrate vom Niveaugefäß sollte etwa 25 ml/h betragen.

Abbildung 1

Abmessungen in mm

A. Anschluss für Glasschliff-Stopfen

B. Kopfraum

C. Innenmaß 5

D. Außenmaß 19

E. Glaswollpfropfen

F. Absperrhahn

Abbildung 2

A. atmosphärischer Druckausgleich

B. Durchflussmesser

C. Mikrosäule

D. thermostatgeregelte Pumpe

E. Umwälzpumpe

F. 2-Wege-Hahn zur Probenentnahme

Abbildung 3

A. Niveaugefäß (z. B. 2,5-Liter-Kolben)

B. Säule

C. Fraktionssammler

D. Thermostat

E. Teflonschlauch

F. Glasschliff-Stopfen

G. Wasserschlauch (zwischen Thermostat und Säule, Innendurchmesser ungefähr 8 mm)

13.
Etwa 600 mg Trägermaterial werden in einen 50-ml-Rundkolben eingefüllt. Eine geeignete Menge Prüfsubstanz wird in einem flüchtigen Lösungsmittel von Analysenqualität gelöst, und eine ausreichende Menge dieser Lösung wird zum Trägermaterial hinzugefügt. Das Lösungsmittel muss vollständig abgezogen werden, z. B. in einem Rotationsverdampfer, da sonst während der Elutionsphase wegen Verteilungseffekten auf der Oberfläche keine vollständige Sättigung dieses Materials mit Wasser erzielt wird. Das beladene Trägermaterial lässt man etwa 2 Stunden lang in etwa 5 ml Wasser quellen. Dann wird die Suspension in die Mikrosäule gefüllt. Es ist auch möglich, das trockene, beladene Trägermaterial in die mit Wasser gefüllte Mikrosäule zu geben. Auch hier wird der Quellvorgang von etwa 2 Stunden abgewartet.
14.
Das Aufbringen der Prüfsubstanz auf das Trägermaterial kann problematisch werden und zu fehlerhaften Ergebnissen führen, z. B. wenn sich die Prüfsubstanz ölartig auf dem Träger niederschlägt. Diese Probleme sollten untersucht und Einzelheiten dazu dokumentiert werden.

Verfahren mit Umwälzpumpe

15.
Der Säulenfluss wird in Gang gesetzt. Eine Durchflussleistung von etwa 25 ml/h wird empfohlen (etwa zehn Säulenbett-Volumina/h bei der beschriebenen Säule). Mindestens die ersten fünf Säulenbett-Volumina werden verworfen, um wasserlösliche Verunreinigungen zu entfernen. Danach lässt man die Umwälzpumpe bis zur Einstellung des Gleichgewichts laufen. Das Gleichgewicht ist erreicht, wenn bei fünf aufeinander folgenden Proben die Konzentrationen um nicht mehr als ± 30 % streuen. Diese Proben sollten in solchen zeitlichen Abständen genommen werden, in denen mindestens zehn Säulenbett-Volumina die Säule durchlaufen haben. Je nach verwendeter Analysemethode kann es ratsam sein, eine Konzentrations-Zeit-Kurve zu erstellen, um zu zeigen, dass das Gleichgewicht erreicht ist.

Verfahren mit Niveaugefäß

16.
Aufeinander folgende Eluatfraktionen werden gesammelt und ihre Konzentrationen mit der gewählten Analysemethode bestimmt. Fraktionen des mittleren Eluatbereichs, bei denen die Konzentrationen in mindestens fünf aufeinander folgenden Proben konstant bleiben (± 30 %), werden zur Bestimmung der Wasserlöslichkeit benutzt.
17.
Das bevorzugte Elutionsmittel ist bidestilliertes Wasser. Es kann auch deionisiertes Wasser mit einem spezifischen Widerstand von mehr als 10 Megaohm/cm und einem Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff unter 0,01 % verwendet werden.
18.
Bei beiden Verfahren wird ein zweiter Durchlauf mit halber Durchflussrate durchgeführt. Stimmen die Ergebnisse der beiden Versuche überein, wird das Prüfergebnis als zufriedenstellend betrachtet. Ist die gemessene Löslichkeit bei dem niedrigeren Durchfluss höher, muss die Durchflussleistung so lange weiter halbiert werden, bis zwei aufeinander folgende Versuchsdurchläufe die gleiche Löslichkeit ergeben.
19.
Bei beiden Verfahren sollten die Fraktionen durch Prüfung des Tyndall-Effekts auf kolloidale Substanzpartikel untersucht werden. Wenn solche Substanzpartikel vorkommen, ist das Prüfergebnis unbrauchbar. Die Prüfung sollte dann wiederholt werden, nachdem die Filterfunktion der Säule verbessert wurde.
20.
Der pH-Wert jeder Probe sollte vorzugsweise mit speziellen Indikatorstäbchen bestimmt werden.

Kolben-Methode

Prinzip

21.
Die Prüfsubstanz (Feststoffe müssen pulverisiert werden) wird bei einer Temperatur in Wasser aufgelöst, die leicht über der Prüftemperatur liegt. Wenn die Sättigung erreicht ist, wird die Lösung abgekühlt und auf der Prüftemperatur gehalten. Alternativ kann die Messung direkt bei der Prüftemperatur durchgeführt werden, wenn durch entsprechende Probenahme gesichert ist, dass das Sättigungsgleichgewicht erreicht ist. Dann wird die Massenkonzentration der Prüfsubstanz in der wässrigen Lösung, die keine ungelösten Substanzpartikel enthalten darf, mit einer geeigneten Analysemethode (3) bestimmt.

Geräte

22.
Folgende Geräte werden benötigt:
übliche Laborglasgeräte und -instrumente,
eine Vorrichtung zum Schütteln der Lösungen bei konstanter Temperatur,
eine Zentrifuge (möglichst thermostatisiert), falls diese bei Emulsionen erforderlich wird, und
Analysegeräte.

Verfahren

23.
Die zur Sättigung des vorgegebenen Wasservolumens erforderliche Prüfsubstanzmenge wird anhand der Ergebnisse des Vorversuches abgeschätzt. Etwa das Fünffache dieser Menge wird jeweils in drei mit Glasstopfen versehene Glasgefäße eingewogen (z. B. Zentrifugenröhrchen oder Kolben). Jedem Gefäß wird ein je nach Analysemethode und Löslichkeitsbereich gewähltes Wasservolumen zugesetzt. Die Gefäße werden fest verschlossen und dann bei 30 °C geschüttelt. Hierzu sollte ein Schüttel- oder Rührgerät verwendet werden, das bei einer konstanten Temperatur arbeitet, z. B. Magnetrührstäbe in einem thermostatisierten Wasserbad. Nach einem Tag wird eines der Gefäße 24 Stunden unter gelegentlichem Schütteln bei Prüftemperatur stehen gelassen, bis sich das Gleichgewicht eingestellt hat. Dann wird der Inhalt des Gefäßes bei Prüftemperatur zentrifugiert und die Konzentration der Prüfsubstanz in der klaren wässrigen Phase mit einem geeigneten Analyseverfahren bestimmt. Mit den beiden anderen Kolben wird nach zwei bzw. drei Tagen genauso verfahren, nachdem zuvor das Sättigungsgleichgewicht bei 30 °C eingestellt wurde. Weichen die gemessenen Konzentrationen bei mindestens den letzten beiden Gefäßen um nicht mehr als 15 % voneinander ab, ist die Prüfung als zufriedenstellend anzusehen. Wenn die Prüfergebnisse der Gefäße 1, 2 und 3 eine steigende Tendenz aufweisen, sollte die gesamte Prüfung unter Verlängerung der Zeiten für die Gleichgewichtseinstellung wiederholt werden.
24.
Die Prüfung kann auch ohne Präinkubation bei 30 °C durchgeführt werden. Um den Grad des erreichten Sättigungsgleichgewichts zu bestimmen, werden so lange Proben entnommen, bis die gemessenen Konzentrationen nicht länger von der Rührzeit beeinflusst werden.
25.
Der pH-Wert jeder Probe sollte vorzugsweise mit speziellen Indikatorstäbchen bestimmt werden.

Analytische Bestimmungen

26.
Eine substanzspezifische Methode ist vorzuziehen, da bereits kleine Mengen von löslichen Verunreinigungen große Fehler bei der Bestimmung der Löslichkeit verursachen können. Beispiele für solche Analysemethoden sind: Gas- oder Flüssigchromatographie, Titrierverfahren, fotometrische Methoden, voltametrische Verfahren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

Säulen-Elutions-Methode

27.
Für jeden Durchlauf werden der Mittelwert und die Standardabweichung von mindestens fünf aufeinander folgenden Proben aus dem Bereich des Sättigungsplateaus berechnet. Die für zwei Prüfungen mit unterschiedlichen Durchflussleistungen berechneten Mittelwerte sollten nicht um mehr als 30 % voneinander abweichen.

Kolben-Methode

28.
Die einzelnen Ergebnisse für jeden der drei Kolben, die nicht um mehr als 15 % voneinander abweichen sollten, werden gemittelt.

Prüfbericht

Säulen-Elutions-Methode

29.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:
die Ergebnisse des Vorversuchs,
Angaben zur Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), gegebenenfalls Vorreinigung,
die Konzentrationen, Durchflussraten und pH-Werte jeder Probe,
die Mittelwerte und Standardabweichungen von mindestens fünf Proben aus dem Bereich des Sättigungsplateaus eines jeden Durchlaufs,
den Durchschnitt von mindestens zwei aufeinanderfolgenden Durchläufen,
die Wassertemperatur während des Sättigungsvorgangs,
die Analysemethode,
die Art des verwendeten Trägermaterials,
die Beladung des Trägermaterials,
das verwendete Lösungsmittel,
gegebenenfalls Hinweise auf eine chemische Instabilität der Prüfsubstanz während des Prüfungsvorgangs,
alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand der Prüfsubstanz.

Kolben-Methode

30.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:
die Ergebnisse des Vorversuchs,
Angaben zur Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), gegebenenfalls Vorreinigung,
die einzelnen Analysenergebnisse und die Durchschnittswerte, wenn pro Kolben mehr als ein Wert bestimmt wurde,
den pH-Wert jeder Probe,
den Mittelwert derjenigen Kolben, deren Ergebnisse übereinstimmen,
die Prüftemperatur,
die Analysemethode,
gegebenenfalls Hinweise auf eine chemische Instabilität der Prüfsubstanz während des Prüfungsvorgangs,
alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand der Prüfsubstanz.

LITERATUR:

1.
Richtlinie 92/69/EWG der Kommission vom 31. Juli 1992 zur siebzehnten Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt, ABl.L 383 vom 29.12.1992, S. 113.
2.
NF T 20-045 (AFNOR) (September 1985). Chemical products for industrial use — Determination of water solubility of solids and liquids with low solubility — Column elution method.
3.
NF T 20-046 (AFNOR) (September 1985). Chemical products for industrial use — Determination of water solubility of solids and liquids with high solubility — Flask method.

A.8.   VERTEILUNGSKOEFFIZIENT

1.   METHODE

Der hier beschriebenen Schüttelmethode liegt die OECD-Prüfrichtlinie (1) zugrunde.

1.1.   EINLEITUNG

Zur Durchführung der Prüfung ist es nützlich, Vorinformationen über die Strukturformel, die Dissoziationskonstante, die Wasserlöslichkeit, das Hydrolyseverhalten, die n-Oktanol-Löslichkeit und die Oberflächenspannung des Stoffes in wässriger Lösung zu haben.

Messungen von ionischen Substanzen sollten nur an deren nicht ionisierter Form (freie Säure oder freie Base) durch Verwendung eines geeigneten Puffers mit einem pH-Wert von mindestens einer pH-Einheit unter (freie Säure) oder über (freie Base) dem pK-Wert durchgeführt werden.

Diese Prüfmethode beinhaltet zwei getrennte Verfahren: die Schüttelmethode und die Hochleistungs-Flüssigkeitschromatografie (HPLC). Die erste findet dann Anwendung, wenn der log-Pow-Wert (Definitionen siehe unten) im Bereich — 2 bis 4 liegt, die letzte dann, wenn dieser Wert im Bereich 0 bis 6 liegt. Vor der Messung mit einer der beiden Methoden sollte eine Vorab-Schätzung des Verteilungskoeffizienten durchgeführt werden.

Die Schüttelmethode gilt nur für im Wesentlichen reine Substanzen, die in Wasser und n-Oktanol löslich sind. Sie ist nicht auf oberflächenaktive Stoffe anwendbar (für diese sollte ein berechneter oder ein geschätzter Wert auf der Grundlage der einzelnen Löslichkeiten in n-Oktanol und Wasser vorgelegt werden).

Die HPLC-Methode ist nicht für starke Säuren und Basen, Metallkomplexe, oberflächenaktive Stoffe oder für Substanzen anwendbar, die mit dem Eluenten reagieren. Für diese Stoffe sollte ein berechneter oder ein geschätzter Wert auf der Grundlage der einzelnen Löslichkeiten in n-Oktanol und Wasser vorgelegt werden.

Die HPLC-Methode ist bezüglich Verunreinigungen in der Prüfsubstanz weniger empfindlich als die Schüttelmethode. Dennoch kann die Interpretation der Ergebnisse in einigen Fällen durch das Vorliegen von Verunreinigungen erschwert werden, weil die Zuordnung der Peaks nicht eindeutig ist. Für Mischungen, die ein nicht aufgelöstes Band ergeben, sollten die obere und die untere Grenze des Zehnerlogarithmus (log P) angegeben werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Als Verteilungskoeffizient (P) bezeichnet man das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen (ci) einer gelösten Substanz in einem Zweiphasensystem aus zwei weitgehend unmischbaren Lösungsmitteln. Im Falle von n-Oktanol und Wasser ergibt sich:

Der Verteilungskoeffizient (P) ist somit der Quotient zweier Konzentrationen. Er wird gewöhnlich in Form seines Zehnerlogarithmus (log P) angegeben.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Schüttelmethode

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

HPLC-Methode

Um die HPLC-Messdaten einer Substanz mit deren P-Wert zu korrelieren, ist eine Eichkurve log P/chromatografische Daten unter Verwendung von mindestens sechs Bezugspunkten aufzustellen. Die Wahl der geeigneten Referenzsubstanzen obliegt dem Benutzer. Soweit möglich, sollte mindestens eine Referenzsubstanz einen Pow-Wert über dem der Prüfsubstanz und eine andere einen Pow-Wert unter dem der Prüfsubstanz haben. Für log-P-Werte unter 4 kann bei der Eichung von Daten ausgegangen werden, die mit Hilfe der Schüttelmethode erhalten worden sind. Für log-P-Werte über 4 kann man sich bei der Eichung auf kalibrierte Literaturwerte stützen, sofern diese mit den berechneten Werten übereinstimmen. Aus Gründen einer größeren Genauigkeit sollten vorzugsweise Referenzsubstanzen verwendet werden, die strukturell mit der Prüfsubstanz verwandt sind.

Es liegen umfangreiche Listen mit log-Pow-Werten für zahlreiche Gruppen von Chemikalien vor (2) (3). Wenn keine Verteilungskoeffizienten zu strukturell verwandten Verbindungen vorhanden sind, kann eine allgemeinere Eichung auf der Grundlage anderer Referenzsubstanzen vorgenommen werden.

Eine Liste der empfohlenen Referenzsubstanzen und deren Pow-Werten ist in Anlage 2 enthalten.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

1.4.1.   Schüttelmethode

Zur Bestimmung des Verteilungskoeffizienten müssen nach Einstellung des Gleichgewichts zwischen allen wechselwirkenden Komponenten des Verteilungssystems die Konzentrationen der in beiden Phasen gelösten Substanz ermittelt werden. Die einschlägige Literatur zeigt, dass hierfür verschiedene Techniken vorhanden sind, wie z. B. die gründliche Mischung der beiden Phasen mit anschließender Phasentrennung zur Bestimmung der Gleichgewichtskonzentration der untersuchten Substanz.

1.4.2.   HPLC-Methode

Die HPLC-Methode wird an Analysensäulen durchgeführt, die mit einer handelsüblichen festen Phase mit langen, chemisch an Siliziumdioxid gebundenen Kohlenwasserstoffketten (z. B. C8, C18) gefüllt sind. Chemikalien, die in eine solche Säule eingespritzt werden, bewegen sich darin wegen der unterschiedlichen Verteilungsgrade zwischen der mobilen und der stationären (Kohlenwasserstoffe) Phase mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Substanzgemische werden entsprechend dem hydrophoben Charakter der Bestandteile eluiert — zuerst die wasserlöslichen und zuletzt die öllöslichen; dabei erfolgt die Elution proportional zum jeweiligen Kohlenwasserstoff-Wasser-Verteilungskoeffizienten. Dadurch kann die Beziehung zwischen der Retentionszeit an einer solchen (Phasenumkehr-)Säule und dem Verteilungskoeffizienten für n-Oktanol/Wasser aufgestellt werden. Der Verteilungskoeffizient wird vom Kapazitätsfaktor k über die Formel

abgeleitet, wobei tR die Retentionszeit der Prüfsubstanz und to die durchschnittliche Zeit ist, die ein Lösungsmittelmolekül für die Wanderung durch die Säule benötigt (Totzeit).

Quantitative Analysenmethoden sind nicht erforderlich; es müssen lediglich die Elutionszeiten bestimmt werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.5.1.   Wiederholbarkeit

Schüttelmethode

Um die Genauigkeit des Verteilungskoeffizienten zu gewährleisten, sind Doppelbestimmungen bei drei verschiedenen Prüfbedingungen durchzuführen. Dazu sollen sowohl die eingesetzte Menge der untersuchten Substanz als auch das Verhältnis der Lösungsmittelvolumina verändert werden. Die so ermittelten Werte des Verteilungskoeffizienten, angegeben als deren Zehnerlogarithmus, sollen in einem Bereich von ± 0,3 log-Einheiten liegen.

HPLC-Methode

Um die Zuverlässigkeit der Messung zu erhöhen, sind Doppelbestimmungen durchzuführen. Die aus den Einzelmessungen abgeleiteten log-P-Werte sollen in einem Bereich von ± 0,1 log-Einheiten liegen.

1.5.2.   Empfindlichkeit

Schüttelmethode

Der Messbereich der Methode wird durch die Nachweisgrenze des Analysenverfahrens festgelegt. Dieses sollte die Bestimmung von log-Pow-Werten innerhalb eines Bereichs von — 2 bis 4 erlauben (sofern es die Bedingungen zulassen, kann dieser Bereich gelegentlich auf Pow-Werte bis 5 erweitert werden, wenn die Konzentration der gelösten Substanz in keiner Phase größer als 0,01 Mol/l ist).

HPLC-Methode

Die HPLC-Methode erlaubt die Bestimmung von Verteilungskoeffizienten innerhalb eines Pow-Bereichs von 0 bis 6.

Normalerweise lässt sich der Verteilungskoeffizient einer Verbindung innerhalb eines Bereichs von ± 1 log-Einheit des bei der Schüttelmethode gewonnenen Wertes bestimmen. Typische Korrelationen sind in der Literatur angegeben (4) (5) (6) (7) (8). Eine höhere Genauigkeit ist gewöhnlich zu erreichen, wenn die Korrelationskurven von strukturell verwandten Referenzsubstanzen ausgehen (9).

1.5.3.   Anwendbarkeit

Schüttelmethode

Das Nernst'sche Verteilungsgesetz gilt nur für verdünnte Lösungen bei konstanter Temperatur, konstantem Druck und pH-Wert. Es gilt streng nur für eine reine Substanz, die zwischen zwei reinen Lösungsmitteln verteilt ist. Wenn mehrere gelöste Stoffe in einer oder beiden Phasen gleichzeitig vorkommen, kann dadurch das Ergebnis beeinflusst werden.

Dissoziation oder Assoziation gelöster Moleküle führen zu Abweichungen vom Nernst'schen Verteilungsgesetz. Solche Abweichungen zeigen sich darin, dass der Verteilungskoeffizient von der Konzentration der Lösung abhängig wird.

Wegen der auftretenden multiplen Verteilungsgleichgewichte sollte diese Prüfmethode für ionische Verbindungen nicht ohne entsprechende Korrekturen angewendet werden. Für derartige Verbindungen sollte die Benutzung von Pufferlösungen anstelle von Wasser erwogen werden; dabei sollte der pH-Wert des Puffers mindestens 1 pH-Einheit vom pKa-Wert der Substanz entfernt sein und die Bedeutung dieses pH-Wertes für die Umwelt berücksichtigt werden.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Abschätzung des Verteilungskoeffizienten

Der Verteilungskoeffizient wird vorzugsweise durch ein Berechnungsverfahren abgeschätzt (siehe Anlage 1); wo möglich, kann er aus dem Löslichkeitsverhältnis der Prüfsubstanz in den reinen Lösungsmitteln abgeschätzt werden (10).

1.6.2.   Schüttelmethode

1.6.2.1.   Vorbereitung

n-Oktanol: Die Bestimmung des Verteilungskoeffizienten soll mit sehr reinem Reagens durchgeführt werden.

Wasser: Es soll in Glas- oder Quarzgefäßen destilliertes bzw. doppelt destilliertes Wasser verwendet werden. Für ionische Verbindungen sollten, wenn begründbar, anstelle von Wasser Pufferlösungen verwendet werden.

Anmerkung

Direkt aus einem Ionenaustauscher entnommenes Wasser soll nicht benutzt werden.

1.6.2.1.1.   Vorsättigung der Lösungsmittel

Vor der Bestimmung des Verteilungskoeffizienten werden die Phasen des Lösungsmittelsystems durch Schütteln bei Prüftemperatur gegenseitig gesättigt. Dazu ist es zweckmäßig, zwei große Vorratsflaschen gefüllt mit sehr reinem n-Oktanol bzw. Wasser mit jeweils einer ausreichenden Menge des anderen Lösungsmittels zu versetzen, mit einem mechanischen Schüttelapparat 24 Stunden zu schütteln und dann so lange stehen zu lassen, bis sich die Phasen getrennt haben und der Sättigungszustand erreicht ist.

1.6.2.1.2.   Vorbereitung der Prüfung

Das Gesamtvolumen des Zweiphasensystems soll das Prüfgefäß nahezu ausfüllen. Dadurch können Materialverluste aufgrund von Verdampfung verhindert werden. Das Volumenverhältnis und die einzusetzenden Mengen der Substanz werden durch die folgenden Angaben festgelegt:

der vorläufige Schätzwert des Verteilungskoeffizienten (siehe 1.6.1),
die für das Analysenverfahren erforderliche Mindestmenge an Prüfsubstanz und
die Begrenzung der Konzentration in jeder Phase auf maximal 0,01 Mol/l.

Es sind drei Prüfungen durchzuführen. Bei der ersten wird das berechnete Volumenverhältnis n-Oktanol/Wasser eingesetzt, bei der zweiten wird dieses Verhältnis halbiert, bei der dritten verdoppelt (z. B. 1:1, 1:2, 2:1).

1.6.2.1.3.   Prüfsubstanz

Es wird eine Vorratslösung in mit Wasser vorgesättigtem n-Oktanol hergestellt. Die Konzentration dieser Vorratslösung soll vor deren Gebrauch zur Bestimmung des Verteilungskoeffizienten exakt bestimmt werden. Diese Lösung soll so gelagert werden, dass ihre Stabilität gewährleistet ist.

1.6.2.2.   Prüfbedingungen

Die Prüftemperatur sollte zwischen 20 und 25 oC liegen und konstant (± 1 oC) gehalten werden.

1.6.2.3.   Messverfahren

1.6.2.3.1.   Einstellen des Verteilungsgleichgewichts

Für jede der Prüfbedingungen sollen zwei Prüfgefäße vorbereitet werden, die jeweils die erforderlichen, genau abgemessenen Mengen der beiden Lösungsmittel sowie die erforderliche Menge an Vorratslösung enthalten.

Die n-Oktanol-Phasen sollten volumetrisch bestimmt werden. Die Prüfgefäße sollten entweder mit einem geeigneten Schüttelapparat oder von Hand geschüttelt werden. Bei Verwendung eines Zentrifugenglases besteht ein empfohlenes Verfahren darin, das Glas rasch um 180 oC um seine Querachse zu drehen, so dass eventuell eingeschlossene Luft durch beide Phasen aufsteigt. Erfahrungsgemäß reichen im Allgemeinen 50 solcher Umdrehungen zur Einstellung des Verteilungsgleichgewichts aus. Zur Sicherheit werden 100 Umdrehungen in 5 Minuten empfohlen.

1.6.2.3.2.   Phasentrennung

Zur Trennung der Phasen sollte die Mischung, sofern erforderlich, in einer Laborzentrifuge bei Raumtemperatur zentrifugiert werden. Wenn eine Zentrifuge ohne Thermostat benutzt wird, sollten die Zentrifugengläser vor der Analyse mindestens 1 Stunde bei Prüftemperatur aufbewahrt werden, damit sich das Gleichgewicht einstellt.

1.6.2.4.   Analyse

Zur Ermittlung des Verteilungskoeffizienten müssen die Konzentrationen der Prüfsubstanz in beiden Phasen analysiert werden. Dies kann dadurch geschehen, dass von jeder der beiden Phasen aus jedem Glas und für jede Prüfbedingung ein aliquoter Teil entnommen und mit dem gewählten Verfahren analysiert wird. Die in den beiden Phasen vorhandene Gesamtmenge der Substanz ist zu berechnen und mit der eingesetzten Menge zu vergleichen.

Die Probenahme aus der wässrigen Phase sollte so erfolgen, dass die Gefahr des Einschlusses von Spuren an n-Oktanol möglichst weitgehend vermindert wird; z. B. kann eine Glasspritze mit auswechselbarer Nadel zur Probenahme verwendet werden. Zuerst sollte die Spritze teilweise mit Luft gefüllt werden. Diese Luft sollte vorsichtig herausgedrückt werden, während die Nadel durch die n-Oktanol-Schicht hindurchgeführt wird. Ein ausreichendes Volumen an wässriger Phase wird in die Spritze gezogen. Die Spritze wird schnell aus der Lösung entfernt und die Nadel abgenommen. Der Inhalt der Spritze kann dann als wässrige Probe weiterverwendet werden. Die Konzentration in den beiden voneinander getrennten Phasen sollte am besten mit einem substanzspezifischen Verfahren ermittelt werden. Beispiele für möglicherweise geeignete Analysenverfahren sind:

fotometrische Verfahren,
Gaschromatografie,
Hochleistungs-Flüssigkeitschromatografie.

1.6.3.   HPLC-Methode

1.6.3.1.   Vorbereitung

Erforderlich ist ein mit einer pulsfreien Pumpe und einem geeigneten Detektor ausgestatteter Flüssigkeitschromatograf. Dabei wird die Verwendung eines Einspritzventils mit Dosierschleife empfohlen. Die Leistung der HPLC-Säule kann durch das Vorhandensein polarer Gruppen in der stationären Phase ernsthaft beeinträchtigt werden. Deshalb sollten die stationären Phasen ein Minimum an polaren Gruppen haben (11). Es können handelsübliche Mikroteilchenfüllungen für die Umkehrphasenchromatografie oder Fertigsäulen verwendet werden. Zwischen dem Dosiersystem und der Analysensäule kann eine Vorsäule angebracht werden.

Zur Zubereitung des Elutionsmittels werden für die HPLC-Methode ausreichend reines Methanol und Wasser verwendet; das Elutionsmittel wird vor seiner Verwendung entgast. Es sollte das Verfahren der isokratischen Elution angewendet werden. Dabei werden Methanol-Wasser-Verhältnisse mit einem Mindestgehalt an Wasser von 25 % empfohlen. Im Normalfall ist eine Methanol-Wasser-Mischung im Volumenverhältnis 3:1 für die Eluierung von Verbindungen mit einem log-P-Wert von 6 bei einer Elutionszeit von einer Stunde ausreichend (Durchflussrate: 1 ml/min). Für Verbindungen mit einem hohen log-P-Wert kann eine Verkürzung der Elutionszeit (auch der der Referenzsubstanzen) durch Senkung der Polarität der mobilen Phase oder Kürzung der Säulenlänge erforderlich sein.

Stoffe mit einer sehr geringen Löslichkeit in n-Oktanol ergeben bei der HPLC-Methode häufig anormal niedriger log-Pow-Werte; die Peaks dieser Stoffe begleiten mitunter die Lösungsmittelfront. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass der Verteilungsprozess zu langsam ist, um innerhalb der normalerweise für eine HPLC-Trennung benötigten Zeit den Gleichgewichtszustand zu erreichen. In solchen Fällen kann die Verminderung der Durchflussrate und/oder des Methanol-Wasser-Verhältnisses ein wirksames Verfahren sein, um zu einem zuverlässigen Wert zu gelangen.

Prüf- und Referenzsubstanz sollten in der mobilen Phase in ausreichender Konzentration lösbar sein, um nachgewiesen werden zu können. Nur in Ausnahmefällen dürfen in der Methanol-Wasser-Mischung Zusatzstoffe verwendet werden, da diese Zusatzstoffe die Eigenschaften der Säule verändern. Für Chromatogramme, die mit Zusatzstoffen erhalten wurden, ist der Einsatz einer weiteren Säule desselben Typs zwingend vorgeschrieben. Wenn die Methanol-Wasser-Mischung ungeeignet ist, können andere Mischungen aus einem organischen Lösungsmittel und Wasser verwendet werden, so z. B. Ethanol-Wasser oder Acetonitril-Wasser.

Der pH-Wert des Lösungsmittels ist für ionische Verbindungen kritisch. Er sollte innerhalb des pH-Betriebsbereichs der Säule liegen, der sich im Allgemeinen zwischen 2 und 8 bewegt. Die Anwendung eines Puffers ist ratsam. Dabei muss darauf geachtet werden, dass kein Salz ausfällt und es nicht zur Beschädigung der Säule kommt, was bei einer Reihe von Mischungen von organischer Phase und Puffer möglich ist. HPLC-Messungen mit an Siliziumdioxid gebundener stationärer Phase und einem pH-Wert über 8 sind nicht empfehlenswert, da die Verwendung einer alkalischen mobilen Phase zu einem rapiden Nachlassen der Leistung der Säule führen kann.

Die Referenzsubstanzen sollten den höchstmöglichen Reinheitsgrad haben. Das für Prüf- oder Eichzwecke zu verwendende Substanzgemisch wird, wenn möglich, in der mobilen Phase gelöst.

Die Temperatur sollte im Verlauf der Messungen um nicht mehr als ± 2 K schwanken.

1.6.3.2.   Messung

Die Totzeit lässt sich entweder durch Verwendung einer homologen Reihe (z. B. n-Alkyl-Methyl-Ketone) oder durch nicht chromatografisch verzögerte organische Verbindungen (z. B. Thioharnstoff oder Formamid) bestimmen. Zur Berechnung der Totzeit to mit Hilfe einer homologen Reihe werden mindestens 7 Komponenten einer homologen Reihe eingespritzt und die jeweiligen Retentionszeiten gemessen. Die Retentionszeiten tr(nc + 1) werden in Abhängigkeit von tr(nc) aufgetragen und anschließend der Schnittpunkt a und die Steigung b der Regressionsgleichung:

tr(nc + 1) = a + b tr(nc)

bestimmt (nc = Anzahl der Kohlenstoffatome). Die Totzeit to ergibt sich dann aus:

to = a/(1 - b)

Der nächste Schritt besteht in der Aufstellung einer Korrelationskurve log k/log P für geeignete Referenzsubstanzen. In der Praxis werden dazu zwischen 5 und 10 Standard-Referenzsubstanzen, deren log-P-Wert in der Nähe des erwarteten Bereichs liegt, gleichzeitig eingespritzt und die Retentionszeiten am besten mit Hilfe eines mit dem Nachweissystem gekoppelten registrierenden Integrators bestimmt. Die Logarithmen der entsprechenden Kapazitätsfaktoren (log k) werden berechnet und gegen die mittels der Schüttelmethode bestimmten log-P-Werte aufgezeichnet. Die Eichung wird in regelmäßigen Abständen, mindestens einmal täglich, vorgenommen, so dass eventuelle Veränderungen in der Leistung der Säule berücksichtigt werden können.

Die Prüfsubstanz wird in möglichst geringer Menge der mobilen Phase eingespritzt. Die Retentionszeit wird (doppelt) bestimmt zur Berechnung des Kapazitätsfaktors k. Aus der Korrelationskurve der Referenzsubstanzen kann der Verteilungskoeffizient der Prüfsubstanz interpoliert werden. Bei sehr niedrigen und sehr hohen Verteilungskoeffizienten ist eine Extrapolation erforderlich. In diesen Fällen ist besonders auf die Vertrauensgrenzen der Regressionsgeraden zu achten.

2.   DATEN

Schüttelmethode

Die Zuverlässigkeit der ermittelten P-Werte kann durch Vergleich der Mittelwerte der Doppelbestimmungen mit dem Gesamtmittelwert geprüft werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben

genaue Spezifizierung der Substanz (Identität und Verunreinigungen);
wenn die Methoden nicht anwendbar sind (z. B. bei oberflächenaktivem Material), sollte ein errechneter Wert oder ein Schätzwert auf der Grundlage der einzelnen n-Oktanol- und Wasserlöslichkeiten vorgelegt werden;
alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand des Stoffes.

Für die Schüttelmethode:

das Ergebnis der Abschätzung (wenn vorhanden);
die Prüftemperatur;
Angaben über die zur Konzentrationsbestimmung verwendeten Analysenverfahren;
die Zentrifugationszeit und -geschwindigkeit (wenn zutreffend);
die in beiden Phasen bei jeder Bestimmung gemessenen Konzentrationen (d. h. insgesamt 12 Konzentrationen sollten angegeben werden);
die Einwaage an Prüfsubstanz, das Volumen jeder Phase in jedem Prüfgefäß und die berechnete Gesamtmenge an Prüfsubstanz, die in jeder Phase nach Erreichen des Gleichgewichts enthalten ist;
die berechneten Werte des Verteilungskoeffizienten (P) für jede Prüfung, der Mittelwert für jede Prüfbedingung und der Mittelwert aus allen Prüfungen sind anzugeben. Hinweise auf eine Konzentrationsabhängigkeit des Verteilungskoeffizienten sollten im Bericht vermerkt werden;
die Standardabweichung der einzelnen P-Werte vom Mittelwert sollte angegeben werden;
der Mittelwert P aus allen Prüfungen sollte auch als Zehnerlogarithmus angegeben werden;
der mit einem Berechnungsverfahren ermittelte theoretische Pow-Wert sollte angegeben werden, wenn er bestimmt wurde oder wenn der Messwert > 104 ist;
der pH-Wert des verwendeten Wassers und der wässrigen Phase während des Versuchs;
bei Verwendung von Pufferlösungen: Begründung der Verwendung von Pufferlösungen anstelle von Wasser, Zusammensetzung, Konzentration und pH-Wert der Pufferlösungen, pH-Wert der wässrigen Phase vor und nach dem Versuch.

Für die HPLC-Methode:

das Ergebnis der Abschätzung (wenn vorhanden);
Prüf- und Referenzsubstanzen und deren Reinheitsgrad;
Temperaturbereich der Prüfungen;
pH-Wert, bei dem die Prüfungen vorgenommen wurden;
nähere Angaben zur Analysen- und zur Vorsäule, zur mobilen Phase sowie zum Nachweisverfahren;
Retentionswerte und log-P-Werte aus der Literatur für die bei der Eichung verwendeten Referenzsubstanzen;
nähere Angaben zur Anpassung der Regressionsgeraden (log k/log P);
durchschnittliche Retentionswerte und interpolierter log-P-Wert für die Prüfsubstanz;
Beschreibung der Ausrüstungen und der Betriebsbedingungen;
Elutionsprofile;
Mengen der auf die Säule gegebenen Prüf- und Referenzsubstanzen;
Totzeit und entsprechendes Messverfahren.

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 107, Decision of the Council C(81) 30 final.

(2) C. Hansch und A.J. Leo, Substitution Constants for Correlation Analysis in Chemistry and Biology, John Wiley, New York, 1979.

(3) Log P and Parameter Database, A tool for the quantitative prediction of bioactivity (C. Hansch, chairman; A.J. Leo, dir.) — Erhältlich bei Pomona College Medicinal Chemistry Project, 1982, Pomona College, Claremont, California, 91711.

(4) L. Renberg, G. Sundström und K. Sundh-Nygärd, Chemosphere, 1980, vol. 80, 683.

(5) H. Ellgehausen, C. D'Hondt und R. Fuerer, Pesric. Sei., 1981, vol. 12, 219.

(6) B. McDuffie, Chemosphere, 1981, vol. 10, 73.

(7) W.E. Hammers et al., J. Chromatog., 1982, vol. 247, 1.

(8) J.E. Haky und A.M. Young, J. Liq. Chromat., 1984, vol. 7, 675.

(9) S. Fujisawa und E. Masuhara, J. Biomed. Mat. Res., 1981, vol. 15, 787.

(10) O. Jubermann, Verteilen und Extrahieren, in: Methoden der Organischen Chemie (Houben Weyl), Allgemeine Laboratoriumspraxis (herausgegeben von E. Müller), Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1958, Band I/l, 223-339.

(11) R.F. Rekker und H.M. de Kort, Euro. J. Med. Chem., 1979, vol. 14, 479.

(12) A. Leo, C. Hansch und D. Elkins, Partition coefficients and their uses. Chem. Rev., 1971, vol. 71, 525.

(13) R.F. Rekker, The Hydrophobie Fragmental Constant, Elsevier, Amsterdam, 1977.

(14) NF T 20-043 AFNOR (1985). Chemical products for industrial use — Determination of partition coefficient — Flask shaking method.

(15) C.V. Eadsforth und P. Moser, Chemosphere, 1983, vol. 12, 1 459.

(16) A. Leo, C. Hansch und D. Elkins, Chem. Rev., 1971, vol. 71, 525.

(17) C. Hansch, A. Leo, S.H. Unger, K.H. Kim, D. Nikaitani und E.J. Lien, J. Med. Chem., 1973, vol. 16, 1 207.

(18) W.B. Neely, D.R. Branson und G.E. Blau, Environ. Sei. Technol., 1974, vol. 8, 1 113.

(19) D.S. Brown und E.W. Flagg, J. Environ. Qual., 1981, vol. 10, 382.

(20) J.K. Seydel und K.J. Schaper, Chemische Struktur und biologische Aktivität von Wirkstoffen, Verlag Chemie, Weinheim, New York, 1979.

(21) R. Franke, Theoretical Drug Design Methods, Elsevier, Amsterdam, 1984.

(22) Y.C. Martin, Quantitative Drug Design, Marcel Dekker, New York, Basel, 1978.

(23) N.S. Nirrlees, S.J. Noulton, CT. Murphy und P.J. Taylor, J. Med. Chem., 1976, vol. 19, 615.

Anlage 1

Berechnungs-/Schätzverfahren

EINLEITUNG

Eine allgemeine Einführung in die Berechnungsverfahren, Daten und Beispiele werden im Handbook of Chemical Property Estimation Methods (a) gegeben.

Berechnete Pow-Werte können verwendet werden:

zur Entscheidung darüber, welche der Versuchsmethoden die geeignete ist (Bereich der Schüttelmethode: log Pow: - 2 bis 4; Bereich der HPLC-Methode: log Pow: 0 bis 6);
zur Wahl der geeigneten Prüfbedingungen (z. B. Referenzsubstanzen für die HPLC-Verfahren, Volumenverhältnis n-Oktanol/Wasser für die Schüttelmethode);
zur laborinternen Überprüfung eventueller Versuchsfehler;
zur Pow-Bestimmung in solchen Fällen, wo die Prüfmethoden aus technischen Gründen nicht anwendbar sind.

ABSCHÄTZVERFAHREN

Vorläufige Abschätzung des Verteilungskoeffizienten

Der Wert des Verteilungskoeffizienten kann durch Verwendung der Löslichkeitswerte der Prüfsubstanz in den reinen Lösungsmitteln abgeschätzt werden:

Dafür gilt:

BERECHNUNGSVERFAHREN

Prinzip der Berechnungsverfahren

Sämtliche Berechnungsverfahren beruhen auf der formalen Aufspaltung des Moleküls in geeignete Substrukturen, für die zuverlässige log-Pow-Inkremente bekannt sind. Der log-Pow-Wert des gesamten Moleküls wird danach als Summe seiner entsprechenden Teilwerte plus Summe der Korrekturglieder für intramolekulare Wechselwirkungen berechnet.

Aufstellungen über die Konstanten von Substrukturen und den Korrekturgliedern liegen vor (b) (c) (d) (e). Einige davon werden regelmäßig aktualisiert (b).

Qualitätskriterien

Im Allgemeinen nimmt die Zuverlässigkeit des Berechnungverfahrens in dem Maße ab, in dem die Komplexität der Prüfsubstanz zunimmt. Bei einfachen Substanzen mit niedrigem Molekulargewicht und einer oder zwei funktioneller Gruppen ist mit einer Abweichung von 0,1 bis 0,3 log-Pow-Einheiten von den Ergebnissen der verschiedenen Fragmentmethoden gegenüber dem Messwert zu rechnen. Bei komplexeren Substanzen kann die Fehlerspanne größer sein. Dies hängt von der Zuverlässigkeit und der Verfügbarkeit der Konstanten für die Substrukturen sowie von der Fähigkeit der Erkennung intramolekularer Wechselwirkungen (z. B. Wasserstoffbindungen) und der richtigen Anwendung der Korrekturglieder ab (was mit dem Computer-Programm CLOGP-3 ein geringeres Problem ist) (b). Bei ionischen Substanzen ist die richtige Berücksichtigung der Ladung oder des Ionisierungsgrades wichtig.

Berechnungsverfahren

Hansch'sche π-Methode

Die ursprünglich für hydrophobe Substituenten verwendete Konstante π, eingeführt von Fujita et al. (f), wird wie folgt definiert:

πx = log Pow (PhX) - log Pow (PhH)

wobei Pow (PhX) der Verteilungskoeffizient eines aromatischen Abkömmlings und Pow (PhH) derjenige der Ausgangssubstanz ist:

(z.B. πCl = log Pow (C6H5Cl) - log Pow (C6H6) = 2,84 - 2,13 = 0,71 ).

Nach seiner Definition ist die π-Methode vorwiegend bei der aromatischen Substitution anwendbar. Die π-Werte liegen für eine große Anzahl von Substituenten tabelliert vor (b) (c) (d). Sie werden für die Berechnung der log-Pow-Werte für aromatische Moleküle oder Substrukturen verwendet.

Rekker-Methode

Nach Rekker (g) wird der log-Pow-Wert wie folgt berechnet:

(Wechselwirkungsglieder)

wobei fi die verschiedenen Konstanten der Substrukturen und ai die Häufigkeit ihres Vorkommens in der Prüfsubstanz darstellen. Die Korrekturglieder lassen sich als ein ganzes Vielfaches einer einzigen Konstante Cm (der so genannten „magischen Konstante“) angeben. Die Substrukturkonstanten fi und Cm wurden aus einer Liste von 1 054 experimentell ermittelten Pow-Werten (825 Verbindungen) mit Hilfe der mehrfachen Regressionsanalyse bestimmt (c) (h). Die Bestimmung der Glieder für die Wechselwirkungen erfolgt auf der Grundlage der in der Literatur angegebenen Regeln (e) (h) (i).

Hansch-Leo-Methode

Nach Hansch und Leo (c) wird der log-Pow-Wert aus der Beziehung

errechnet, wobei fi die verschiedenen Konstanten der Substrukturen, Fj die Korrekturglieder und ai, bj die entsprechenden Vorkommenshäufigkeiten sind. Eine Liste der Substrukturwerte für einzelne Atome und Gruppen, abgeleitet aus experimentell bestimmten Pow-Werten, und eine Liste der Korrekturglieder Fj (so genannte „Faktoren“) wurden durch die Trial-and-error-Methode erhalten. Die Korrekturglieder sind in mehrere unterschiedliche Kategorien eingeordnet worden (a) (c). Es ist relativ kompliziert und zeitraubend, alle Regeln und Korrekturglieder zu berücksichtigen. Software-Pakete sind entwickelt worden (b).

Kombinierte Methode

Die Berechnung der log-Pow-Werte komplexer Substanzen kann beträchtlich verbessert werden, wenn das Molekül in größere Substrukturen zerlegt wird, für die zuverlässige log-Pow-Werte vorliegen, sei es aus Tabellen (b) (c), sei es aus eigenen Messungen. Solche Substrukturen (z. B. Heterozyklen, Anthrakinon, Azobenzen) können dann mit den Hansch'schen π-Werten oder mit den Substrukturkonstanten nach Rekker oder Leo kombiniert werden.

Anmerkungen

i)
Die Berechnungsmethoden können auf teilweise oder vollständig ionisierte Substanzen nur dann angewendet werden, wenn die erforderlichen Korrekturfaktoren berücksichtigt werden können.
ii)
Wenn von intramolekularen Wasserstoffbindungen ausgegangen werden kann, müssen die entsprechenden Korrekturglieder (etwa + 0,6 bis + 1,0 log-Pow-Einheiten) addiert werden (a). Hinweise auf das Vorliegen solcher Bindungen lassen sich aus Stereo-Modellen oder spektroskopischen Daten der Substanz gewinnen.
iii)
Wenn mehrere tautomere Formen möglich sind, sollte als Berechnungsgrundlage die wahrscheinlichste Form verwendet werden.
iv)
Die Überarbeitungen der Listen der Substrukturkonstanten sollten sorgfältig verfolgt werden.

Abschlussbericht

Bei der Verwendung der Berechnungs-/Abschätzmethoden sollte der Prüfbericht, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Beschreibung der Substanz (Gemisch, Verunreinigungen usw.),
Hinweis auf eine eventuell vorliegende intramolekulare Wasserstoffbindung, Dissoziation, Ladung oder irgendwelche anderen ungewöhnlichen Effekte (z. B. Tautomerie),
Beschreibung des Berechnungsverfahrens,
Identität oder Bereitstellung der Datenbasis,
Besonderheiten bei der Wahl der Substrukturen,
ausführliche Dokumentation zur Berechnung.

LITERATUR

(a) WJ. Lyman, W.F. Reehl und D.H. Rosenblatt (Hrsg.), Handbook of Chemical Property Estimation Methods, McGraw-Hill, New York, 1983.

(b) Pomona College, Medicinal Chemistry Project, Claremont, California 91711, USA, Log P Database and Med. Chem. Software (Program CLOGP-3).

(c) C. Hansch und A.J. Leo, Substituent Constants for Correlation Analysis in Chemistry and Biology. John Wiley, New York, 1979.

(d) A. Leo und C. Hansch, D. Elkins, Chem. Rev. 1971, vol. 71, 525.

(e) R.F. Rekker und H.M. de Kort, Eur. J. Med. Chem. — Chim. Ther., 1979, vol. 14, 479.

(f) T. Fujita, J. Iwasa und C. Hansch, J. Amer. Chem. Soc, 1964, vol. 86, 5175.

(g) R.F. Rekker, The Hydrophopic Fragmental Constant, Pharmacochemistry Library, vol. 1, Elsevier, New York, 1977.

(h) C.V. Eadsforth und P. Moser, Chemosphere, 1983, vol. 12, 1459.

(i) R.A. Scherrer, ACS, American Chemical Society, Washington D.C., 1984, Symposium Series 255, 225.

Anlage 2

Empfohlene Referenzsubstanzen für die HPLC-Methode



Nr.Referenzsubstanzlog PowpKa
12-Butanon0,3
24-Acetylpyridin0,5
3Anilin0,9
4Acetanilid1,0
5Bcnzylalkohol1,1
6p-Methoxyphenol1,3 pKa = 10,26
7Phenoxyessigsäure1,4 pKa = 3,12
8Phenol1,5 pKa = 9,92
92,4-Dinitrophenol1,5 pKa = 3,96
10Benzonitril1,6
11Phenylacetonitril1,6
124-MethyIbenzylalkohol1,6
13Acetophenon1,7
142-Nitrophenol1,8 pKa = 7,17
153-Nitrobenzoesäure1,8 pKa = 3,47
164-Chloranilin1,8 pKa = 4,15
17Nitrobenzol1,9
18Zinnamylalkohol1,9
19Benzoesäure1,9 pKa = 4,19
20p-Kresol1,9 pKa = 10,17
21Zinnamylalkohol2,1 pKa = 3,89 cis 4,44 trans
22Anisol2,1
23Methylbenzoat2,1
24Benzol2,1
253-Methylbenzoesäure2,4 pKa = 4,27
264-Chlorphenol2,4 pKa = 9,1
27Trichlorethylen2,4
28Atrazin2,6
29Ethylbenzoat2,6
302,6-Dichlorbenzonitril2,6
313-Chlorbenzoesäure2,7 pKa = 3,82
32Toluol2,7
331-Naphthol2,7 pKa = 9,34
342,3-Dichloranilin2,8
35Chlorbenzol2,8
36Allyl-Phenylether2,9
37Bromobenzol3,0
38Ethylbenzol3,2
39Benzophenon3,2
404-Phenylphenol3,2 pKa = 9,54
41Thymol3,3
421,4-Dichlorbenzol3,4
43Diphenylamin3,4 pKa = 0,79
44Naphthalen3,6
45Phenylbenzoat3,6
46Isopropylbenzol3,7
472,4,6-Trichlorphenol3,7 pKa = 6
48Biphenyl4,0
49Benzylbenzoat4,0
502,4-Dinitro-6 sec. butylphenol4,1
511,2,4-Trichlorbenzol4,2
52Dodekansäure4,2
53Diphenylether4,2
54n-Butylbenzol4,5
55Phenanthren4,5
56Fluoranthen4,7
57Dibenzyl4,8
582,6-Diphenylpyridin4,9
59Triphenylamin5,7
60DDT6,2
Sonstige Referenzsubstanzen mit niedrigem log-Pow-Wert
1Nikotinsäure- 0,07

A.9.   FLAMMPUNKT

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist sinnvoll, vor Durchführung einer Flammpunktbestimmung Vorinformationen über die Entzündlichkeit der Prüfsubstanz zu haben. Das Prüfverfahren ist auf flüssige Substanzen anwendbar, deren Dämpfe durch Zündquellen entflammt werden können. Die in diesem Text beschriebenen Prüfmethoden ergeben nur für diejenigen Flammpunktbereiche, die bei den einzelnen Verfahren angegeben werden, zuverlässige Werte.

Bei der Wahl der anzuwendenden Methode sollten eventuelle chemische Reaktionen zwischen der Substanz und dem Probentiegel berücksichtigt werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der Flammpunkt ist die niedrigste Temperatur, bezogen auf einen Druck von 101,325 kPa, bei der sich unter den bei der Prüfmethode angegebenen Bedingungen aus einer Flüssigkeit Dämpfe in einer solchen Menge entwickeln, dass sich im Tiegel ein durch Fremdzündung entflammbares Dampf-Luft-Gemisch bildet.

Einheiten: oC

t = T - 273,15

(t in oC und T in K)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Prüfsubstanz untersucht wird. Die Referenzsubstanzen sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob bei der Prüftemperatur eine Entzündung stattfinden kann oder nicht.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird in einen Tiegel gefüllt und nach dem bei der jeweiligen Prüfmethode angegebenen Verfahren auf die Prüftemperatur erwärmt oder abgekühlt. Zündversuche werden ausgeführt, um festzustellen, ob bei der Prüftemperatur eine Zündung stattgefunden hat oder nicht.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.5.1.   Wiederholbarkeit

Die Wiederholbarkeit hängt ab vom Flammpunktbereich und der angewandten Prüfmethode; max. ± 2 oC.

1.5.2.   Empfindlichkeit

Die Empfindlichkeit hängt von der angewandten Prüfmethode ab.

1.5.3.   Anwendbarkeit

Die Anwendbarkeit einiger Flammpunktprüfmethoden ist auf bestimmte Flammpunktbereiche beschränkt und hängt von substanzspezifischen Eigenschaften ab (z. B. hohe Viskosität).

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitungen

Die zu prüfende Substanz wird in den jeweiligen Prüftiegel (siehe 1.6.3.1 und/oder 1.6.3.2) eingefüllt.

Aus Sicherheitsgründen wird empfohlen, für energiereiche oder toxische Substanzen ein Verfahren mit einer kleinen Probengröße (etwa 2 cm3) anzuwenden.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Soweit dies aus Sicherheitsgründen möglich ist, sollte das Prüfgerät vor Zugluft geschützt aufgestellt werden.

1.6.3.   Versuchsausführung

1.6.3.1.   Gleichgewichtsmethode

Siehe dazu: ISO 1516, ISO 3680, ISO 1523, ISO 3679.

1.6.3.2.   Nicht-Gleichgewichtsmethode

Siehe dazu: BS 2000 Teil 170, NF M07-011, NF T66-009.

Siehe dazu: EN 57, DIN 51755 Teil 1 (für Temperaturen von 5 oC bis 65 oC), DIN 51755 Teil 2 (für Temperaturen unter 5 oC), NF M07-036.

Siehe dazu: ASTM D 56.

Siehe dazu: ISO 2719, EN 11, DIN 51758, ASTM D 93, BS 2000-34, NF M07-019.

Wird mit einer Nicht-Gleichgewichtsmethode wie in 1.6.3.2 ein Flammpunkt von (0 ± 2) oC, (21 ± 2) oC oder (55 ± 2) oC ermittelt, sollte das Prüfergebnis mit dem gleichen Gerät, jedoch unter Verwendung einer Gleichgewichtsmethode, bestätigt werden.

Für eine Anmeldung dürfen nur diejenigen Methoden angewandt werden, bei denen der Zahlenwert des Flammpunktes bestimmt wird.

Zur Bestimmung des Flammpunktes viskoser Flüssigkeiten (Farben, Klebstoffe und Ähnliches), die Lösemittel enthalten, dürfen nur solche Prüfgeräte und Prüfmethoden angewandt werden, die zur Bestimmung des Flammpunktes viskoser Flüssigkeiten geeignet sind.

Siehe dazu: ISO 3679, ISO 3680, ISO 1523, DIN 53213 Teil 1.

2.
DATEN

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),
die angewandte Prüfmethode sowie eventuelle Abweichungen davon,
die Ergebnisse sowie alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

Keine.

A.10.   ENTZÜNDLICHKEIT (FESTE STOFFE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist zweckdienlich, vor Ausführung der Prüfung Informationen über mögliche explosive Eigenschaften der Prüfsubstanz einzuholen.

Diese Methode kann nur bei pulverförmigen, körnigen oder pastenförmigen Substanzen angewendet werden.

Um nicht alle Stoffe zu erfassen, die entzündet werden können, sondern nur solche, die schnell brennen oder deren Brennverhalten besonders gefährlich ist, sollen nur diejenigen Stoffe als leichtentzündlich eingestuft werden, deren Abbrandgeschwindigkeit einen bestimmten Grenzwert überschreitet.

Es kann besonders gefährlich sein, wenn sich das Glühen in einem Metallpulver ausbreitet, weil glühende Metallpulver schwer zu löschen sind. Metallpulver sind als leichtentzündlich zu beurteilen, wenn sie über die gesamte Länge der Schüttung innerhalb einer festgelegten Zeit durchglühen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die Abbrandzeit wird in Sekunden ausgedrückt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Substanz wird zu einem durchgehenden Strang oder einer Schüttung von etwa 250 mm Länge geformt; danach wird ein Vorversuch vorgenommen, um zu prüfen, ob es bei Entzündung mit einer Gasflamme zu einer Ausbreitung des Brandes mit Flammen oder durch Glimmen kommt. Wenn es innerhalb einer festgelegten Zeit zu einer Ausbreitung über 200 mm der Schüttung kommt, wird ein vollständiges Testprogramm zur Bestimmung der Brenngeschwindigkeit durchgeführt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Nicht genannt.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorversuch

Die Substanz wird auf einer nicht brennbaren und nichtporösen Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit zu einem durchgehenden Strang oder einer Schüttung von 250 mm Länge, 20 mm Breite und 10 mm Höhe geformt. Danach wird die heiße Flamme eines Gasbrenners (Mindestdurchmesser 5 mm) auf ein Ende der Schüttung gerichtet, bis sich das Pulver entzündet, maximal 2 Minuten (5 Minuten für Pulver von Metallen oder Metalllegierungen). Dabei ist festzustellen, ob sich der Brand innerhalb des Prüfzeitraumes von 4 Minuten (40 Minuten bei Metallpulvern) über eine Länge von 200 mm der Schüttung ausbreitet. Wenn sich die Substanz nicht entzündet und sich keine Verbrennung mit einer Flamme oder mit Glimmen innerhalb von 4 Minuten (bzw. 40 Minuten) über eine Länge von 200 mm der Schüttung ausbreitet, ist die Substanz nicht als leichtentzündlich zu beurteilen, und es ist keine weitere Prüfung erforderlich. Wenn sich der Brand in der Substanz in weniger als 4 Minuten (bzw. in weniger als 40 Minuten für Metallpulver) über eine Länge von 200 mm der Schüttung ausbreitet, ist das nachstehend beschriebene Verfahren (Punkt 1.6.2 und folgende) auszuführen.

1.6.2.   Prüfung der Brenngeschwindigkeit

1.6.2.1.   Vorbereitung

Pulverförmige oder körnige Substanzen werden locker in eine Form von 250 mm Länge und einem dreieckigen Querschnitt mit einer inneren Höhe von 10 mm und einer Breite von 20 mm gefüllt. Die Form wird an beiden Längsseiten von zwei Metallblechen begrenzt, die die dreieckige Form um 2 mm überragen (siehe Abbildung). Die gefüllte Form wird dreimal aus einer Höhe von 2 cm auf eine feste Unterlage fallen gelassen. Falls nötig, wird die Form danach aufgefüllt. Dann werden die seitlichen Begrenzungen entfernt, und die überschüssige Substanzmenge wird abgetrennt. Schließlich wird eine nicht brennbare und nichtporöse Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit auf die Form gelegt, das Ganze um 180o gedreht und die Form entfernt.

Pastenförmige Substanzen werden in Form eines Stranges von 250 mm Länge und mit einem Querschnitt von etwa 1 cm2 auf eine nicht brennbare und nichtporöse Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit aufgebracht.

1.6.2.2.   Versuchsbedingungen

Hygroskopische Prüfsubstanzen sollen so schnell wie möglich nach der Entnahme aus dem Behälter geprüft werden.

1.6.2.3.   Versuchsausführung

Die Schüttung wird quer zur Zugrichtung in einem Abzug angeordnet.

Die Absauggeschwindigkeit muss so hoch sein, dass Rauch nicht in das Labor dringen kann; sie soll auch während des Versuchs nicht verändert werden. Um die Versuchsanordnung herum ist ein Windschutz aufzustellen.

Zum Anzünden der Schüttung an einem Ende wird die heiße Flamme eines Gasbrenners (Mindestdurchmesser 5 mm) verwendet. Nach einem Abbrand über eine Länge von 80 mm der Schüttung ist die Abbrandzeit über die folgenden 100 mm zu messen.

Der Versuch ist sechsmal auszuführen, wenn nicht vorher ein positives Ergebnis beobachtet wird. Für jeden Versuch ist eine saubere, kalte Platte zu verwenden.

2.   DATEN

Die Abbrandzeit aus dem Vorversuch (1.6.1) und die kürzeste Abbrandzeit aus sechs Versuchen (1.6.2.3) sind maßgebend für die Beurteilung.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

eine genaue Spezifizierung der Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),
eine Beschreibung der Prüfsubstanz, deren Aggregatzustand, einschließlich Feuchtegehalt,
die Ergebnisse des Vorversuchs und der Prüfung der Brenngeschwindigkeit (wenn durchgeführt),
alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Pulverförmige, körnige oder pastenförmige Prüfsubstanzen werden als leichtentzündlich beurteilt, wenn die Abbrandzeit bei einem der unter 1.6.2 beschriebenen Versuche kürzer ist als 45 Sekunden. Pulver von Metallen oder Metalllegierungen werden als leichtentzündlich beurteilt, wenn sie entzündet werden können und sich die Flamme oder die Reaktionszone innerhalb von 10 Minuten oder darunter über die gesamte Probe ausbreitet.

4.   LITERATUR

(1) NF T 20-042 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the flammability of solids.

Anlage

Abbildung

Form und Zubehör zur Herstellung der Schüttung

(alle Maßangaben in mm)

A.11.   ENTZÜNDLICHKEIT (GASE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Mit dieser Methode lässt sich bestimmen, ob Gase im Gemisch mit Luft bei atmosphärischem Druck und Raumtemperatur (etwa 20 oC) einen Explosionsbereich haben. Gemische mit steigender Konzentration des zu prüfenden Gases mit Luft werden einem elektrischen Funken ausgesetzt, und man beobachtet, ob eine Entzündung erfolgt.

1.2.   DEFINITION UND EINHEITEN

Der Explosionsbereich ist der Konzentrationsbereich zwischen der unteren und der oberen Explosionsgrenze. Die untere und die obere Explosionsgrenze bezeichnen die beiden Grenzwerte des Brenngasgehaltes im Brenngas/Luft-Gemisch, bei denen eine selbständige Flammenausbreitung von der Zündquelle her gerade nicht mehr auftritt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Der Gasanteil im Gas/Luft-Gemisch wird stufenweise erhöht und das Gemisch jeweils einem elektrischen Funken ausgesetzt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Nicht spezifiziert.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Gerät

Das Versuchsgefäß ist ein aufrecht stehender Glaszylinder mit einem inneren Durchmesser von mindestens 50 mm und einer Mindesthöhe von 300 mm. Die Zündelektroden befinden sich 60 mm über dem Boden des Zylinders und haben einen Abstand von 3 mm bis 5 mm voneinander. Der Zylinder ist mit einer Druckentlastungsöffnung versehen. Das Gerät ist mit einem Schutzschirm versehen, um Explosionsschäden zu vermeiden.

Ein Induktionsfunken von 0,5 s Dauer, der mittels eines Hochspannungstransformators von 10 bis 15 kV Sekundärspannung (maximale Leistungsaufnahme: 300 W) erzeugt wird, dient als Zündquelle. Ein Beispiel eines geeigneten Gerätes ist in (2) beschrieben.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Der Versuch muss bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) ausgeführt werden.

1.6.3.   Versuchsausführung

Mit Hilfe von Dosierpumpen wird ein Gas/Luft-Gemisch bekannter Konzentration in den Glaszylinder geleitet. Danach wird mit dem Induktionsfunken gezündet und beobachtet, ob sich eine Flamme von der Zündquelle ablöst und selbständig ausbreitet oder nicht. Der Gasanteil wird beginnend bei 1 % Volumenanteil) stufenweise um 1 % erhöht, bis eine wie oben beschriebene Entzündung erfolgt.

Wenn die chemische Struktur auf ein nicht entzündbares Gas schließen lässt und die Zusammensetzung des stöchiometrischen Gemisches mit Luft errechnet werden kann, dann brauchen nur Gemische in einem Bereich zwischen 10 % unterhalb und 10 % oberhalb der stöchiometrischen Zusammensetzung in 1 %-Stufen geprüft zu werden.

2.   DATEN

Das Auftreten der Flammenablösung ist die einzige relevante Information zur Bestimmung dieser Eigenschaft.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),
eine Beschreibung des benutzten Gerätes (mit Abmessungen),
die Temperatur, bei der der Versuch durchgeführt wurde,
die geprüften Konzentrationen und die erhaltenen Ergebnisse,
das Versuchsergebnis: nicht entzündbares oder leichtentzündliches Gas,
wenn das Ergebnis „nicht entzündbar“ lautet, ist der Konzentrationsbereich, über den es in 1 %-Schritten geprüft wurde, anzugeben,
alle Informationen und Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

(1) NF T 20-041 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the flammability of gases.

(2) W. Berthold, D. Conrad, T. Grewer, H. Grosse-Wortmann, T. Redeker und H. Schacke. „Entwicklung einer Standard-Apparatur zur Messung von Explosionsgrenzen“. Chem.-Ing.-Tech., 1984, vol. 56, 2, 126/127.

A.12.   ENTZÜNDLICHKEIT (BERÜHRUNG MIT WASSER)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Diese Prüfmethode kann angewendet werden, um festzustellen, ob die Reaktion eines Stoffes mit Wasser oder feuchter Luft zur Entwicklung gefährlicher Mengen von leichtentzündlichen Gasen führt.

Das Verfahren kann sowohl für feste als auch für flüssige Stoffe angewendet werden. Dieses Verfahren gilt jedoch nicht für Stoffe, die sich bei Berührung mit Luft selbst entzünden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Leichtentzündlich: Stoffe, die bei Berührung mit Wasser oder feuchter Luft leichtentzündliche Gase in gefährlichen Mengen (mindestens 1 l/kg.h) entwickeln.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird in der nachfolgend beschriebenen Reihenfolge geprüft; erfolgt auf irgendeiner Stufe eine Entzündung, so ist keine weitere Prüfung mehr notwendig. Wenn bekannt ist, dass die Substanz bei Berührung mit Wasser keine heftige Reaktion zeigt, kann man zu Stufe 4 übergehen (1.3.4).

1.3.1.   Stufe 1

Die Prüfsubstanz wird in eine Schale gegeben, die destilliertes Wasser mit einer Temperatur von 20 oC enthält; dabei wird festgestellt, ob sich das hierbei entwickelte Gas entzündet oder nicht.

1.3.2.   Stufe 2

Die Prüfsubstanz wird auf ein Filterpapier gegeben, das auf der Oberfläche des Wassers einer mit destilliertem Wasser von 20 oC gefüllten Schale schwimmt; dabei wird festgestellt, ob sich das entwickelte Gas entzündet oder nicht. Das Filterpapier dient nur dazu, die Substanz an der betreffenden Stelle zu halten, wodurch die Möglichkeit einer Entzündung erhöht wird.

1.3.3.   Stufe 3

Mit der Prüfsubstanz wird eine kleine Schüttung von etwa 2 cm Höhe und 3 cm Durchmesser hergestellt. Es werden einige Tropfen Wasser auf diese Schüttung gegeben, und es wird festgestellt, ob sich das entwickelte Gas entzündet oder nicht.

1.3.4.   Stufe 4

Die Prüfsubstanz wird mit destilliertem Wasser (20 oC) versetzt, und die entwickelte Gasmenge wird über einen Zeitraum von 7 Stunden in Abständen von je einer Stunde gemessen. Ist die Gasentwicklung ungleichmäßig oder nimmt sie nach 7 Stunden noch zu, so ist der Versuchszeitraum bis zu einer Dauer von 5 Tagen zu verlängern. Die Prüfung kann abgebrochen werden, wenn die Gasentwicklungsrate zu irgendeinem Zeitpunkt 1 l/kg.h übersteigt.

1.4.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine Angabe.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Stufe 1

1.6.1.1.   Versuchsbedingungen

Der Versuch wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) ausgeführt.

1.6.1.2.   Versuchsausführung

Eine geringe Menge (etwa 2 mm Durchmesser) der Prüfsubstanz wird in eine Schale mit destilliertem Wasser gegeben. Es wird notiert, i) ob sich Gas entwickelt und ii) ob sich das Gas entzündet. Entzündet sich das Gas, so braucht die Substanz nicht weiter geprüft zu werden, da sie als gefährlich zu betrachten ist.

1.6.2.   Stufe 2

1.6.2.1.   Gerät

Ein Filterpapier wird flach auf die Oberfläche des in ein geeignetes Gefäß gefüllten destillierten Wassers gelegt; als Gefäß kann z. B. eine Abdampfschale mit ca. 100 mm Durchmesser dienen.

1.6.2.2.   Versuchsbedingungen

Der Versuch wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) durchgeführt.

1.6.2.3.   Versuchsausführung

Eine geringe Menge (etwa 2 mm Durchmesser) der Prüfsubstanz wird mitten auf das Filterpapier gelegt. Es wird notiert, i) ob sich Gas entwickelt und ii) ob sich das Gas entzündet. Entzündet sich das Gas, so braucht die Substanz nicht weiter geprüft zu werden, da sie als gefährlich zu betrachten ist.

1.6.3.   Stufe 3

1.6.3.1.   Versuchsbedingungen

Der Versuch wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) durchgeführt.

1.6.3.2.   Versuchsausführung

Mit der Prüfsubstanz wird eine kleine Schüttung von etwa 2 cm Höhe und 3 cm Durchmesser mit einer Vertiefung an der Spitze hergestellt. Man gießt einige Tropfen Wasser in die Vertiefung und notiert, i) ob sich Gas entwickelt und ii) ob sich das Gas entzündet. Entzündet sich das Gas, so braucht die Substanz nicht weiter geprüft zu werden, da sie als gefährlich zu betrachten ist.

1.6.4.   Stufe 4

1.6.4.1.   Gerät

Die Apparatur wird gemäß der Abbildung aufgebaut.

1.6.4.2.   Versuchsbedingungen

Man stellt fest, ob sich in dem Behälter mit der Prüfsubstanz Pulver mit einer Korngröße von < 500 μm befindet. Macht dieses Pulver mehr als insgesamt 1 % (Massenanteil) aus oder ist die Probe zerreibbar, so ist die gesamte Probe vor dem Versuch zu einem Pulver zu mahlen, um eine Zerkleinerung der Teilchen (durch Abrieb) bei Lagerung und Handhabung zu berücksichtigen; andernfalls ist die Substanz im Anlieferungszustand zu verwenden. Der Versuch ist bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) und Atmosphärendruck auszuführen.

1.6.4.3.   Versuchsausführung

Es werden 10 bis 20 ml Wasser in den Tropftrichter der Apparatur gegeben und 10 g Prüfsubstanz in den Erlenmeyer-Kolben. Die entwickelte Gasmenge kann mit einer beliebigen geeigneten Apparatur gemessen werden. Der Hahn des Tropftrichters wird geöffnet, um das Wasser in den Kolben zu geben; gleichzeitig wird eine Stoppuhr in Gang gesetzt. Die entwickelte Gasmenge wird über einen Zeitraum von 7 Stunden in Abständen von je einer Stunde gemessen. Ist die Gasentwicklung in dieser Zeit ungleichmäßig oder nimmt sie nach 7 Stunden noch zu, so ist der Versuchszeitraum bis zu einer Dauer von 5 Tagen zu verlängern. Die Prüfung kann abgebrochen werden, wenn die Entwicklungsrate zu irgendeinem Zeitpunkt 1 l/kg.h übersteigt. Der Versuch ist dreimal auszuführen.

Ist die chemische Zusammensetzung des Gases nicht bekannt, so muss es analysiert werden. Enthält es leichtentzündliche Komponenten und ist nicht bekannt, ob das ganze Gemisch leichtentzündlich ist, so ist ein Gemisch mit gleicher Zusammensetzung herzustellen und nach dem Verfahren A.11 zu prüfen.

2.   DATEN

Der Stoff wird als gefährlich betrachtet, wenn es

auf einer beliebigen Stufe des Prüfverfahrens zu einer Entzündung oder
zu einer Entwicklung von leichtentzündlichem Gas mit einer Entwicklungsrate von mehr als 1 l/kg.h kommt.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),
Einzelheiten zu einer eventuellen Vorbehandlung der Prüfsubstanz,
die Versuchsergebnisse (Stufen 1, 2, 3 und 4),
die chemische Zusammensetzung des entwickelten Gases,
die Gasentwicklungsrate, wenn Stufe 4 (1.6.4) ausgeführt wird,
alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

(1) Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, Test and criteria, 1990, United Nations, New York.

(2) NF T 20-040 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the flammability of gases formed by the hydrolysis of solid and liquid products.

Anlage

Abbildung

Apparatur

A.13.   PYROPHORE EIGENSCHAFTEN VON FESTEN UND FLÜSSIGEN STOFFEN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Das Prüfverfahren ist anwendbar auf feste und flüssige Stoffe, die sich in kleinen Mengen nach kurzer Zeit an der Luft bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) selbst entzünden.

Dieses Verfahren gilt nicht für Stoffe, die sich bei Raumtemperatur oder höheren Temperaturen erst nach Stunden oder Tagen selbst entzünden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Substanzen werden als pyrophor betrachtet, wenn sie sich unter den in 1.6 beschriebenen Bedingungen selbst entzünden oder eine Verkohlung hervorrufen.

Nichtpyrophore Flüssigkeiten sind im Hinblick auf ihre Selbstentzündlichkeit nach dem Verfahren A.15 (Zündtemperatur von Flüssigkeiten und Gasen) zu prüfen.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Nicht spezifiziert.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz — fest oder flüssig — wird auf eine inerte Trägersubstanz gegeben und bei Raumtemperatur 5 Minuten lang mit der Luft in Berührung gebracht. Wenn sich flüssige Stoffe nicht entzünden, werden sie auf ein Filterpapier gegossen und bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) 5 Minuten lang der Luft ausgesetzt. Wenn ein fester oder flüssiger Stoff sich entzündet oder ein flüssiger Stoff ein Filterpapier entzündet oder verkohlt, dann wird die Substanz als pyrophor beurteilt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Wiederholbarkeit: Aus sicherheitstechnischen Gründen genügt ein einziges positives Ergebnis, um die Substanz als pyrophor zu beurteilen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Gerät

Eine Porzellanschale mit einem Durchmesser von etwa 10 cm wird bei Raumtemperatur (etwa 20 oC) etwa 5 mm hoch mit Diatomeenerde gefüllt.

Bemerkung

Diatomeenerde oder irgendein anderer, allgemein verfügbarer ähnlicher inerter Stoff soll repräsentativ für Erde sein, mit der bei einem Unfall ausgelaufene Stoffe in Berührung kommen können.

Ein trockenes Filterpapier wird für die Prüfung von solchen Flüssigkeiten benötigt, die sich auf der inerten Trägersubstanz an der Luft nicht entzünden.

1.6.2.   Versuchsausführung

a)   Pulverförmige feste Stoffe

1 bis 2 cm3 der zu prüfenden pulverförmigen Substanz werden aus etwa 1 m Höhe auf eine nicht brennbare Unterlage geschüttet, und es wird beobachtet, ob sich die Substanz beim Fallen oder innerhalb von 5 Minuten nach Ablagerung entzündet.

Wenn es nicht zu einer Entzündung kommt, wird der Versuch sechsmal ausgeführt.

b)   Flüssigkeiten

Etwa 5 cm3 der zu prüfenden Flüssigkeit werden in die vorbereitete Porzellanschale gegossen, und es wird beobachtet, ob sich die Prüfsubstanz innerhalb von 5 Minuten entzündet.

Wenn es bei den sechs Versuchen nicht zu einer Entzündung kommt, sind folgende Prüfungen durchzuführen:

Eine Probenmenge von 0,5 ml wird aus einer Spritze auf ein eingerissenes Filterpapier gegeben, und es wird beobachtet, ob es innerhalb von 5 Minuten nach Zugeben der Flüssigkeit zu einer Entzündung oder zur Verkohlung des Filterpapiers kommt. Wenn es nicht zu einer Entzündung oder zur Verkohlung des Filterpapiers kommt, wird der Versuch dreimal ausgeführt.

2.   DATEN

2.1.   FOLGERUNG AUS DEN ERGEBNISSEN

Die Prüfungen können abgebrochen werden, sobald einer der Versuche ein positives Ergebnis zeigt.

2.2.   AUSWERTUNG

Wenn sich die Substanz innerhalb von 5 Minuten nach dem Aufbringen auf eine inerte Trägersubstanz bei Berührung mit Luft entzündet oder wenn eine Flüssigkeit innerhalb von 5 Minuten nach dem Aufbringen an der Luft das Filterpapier entzündet oder verkohlt, dann wird sie als pyrophor beurteilt.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),
die Versuchsergebnisse,
alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

4.   LITERATUR

(1) NF T 20-039 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the spontaneous flammability of solids and liquids.

(2) Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, Test and criteria, 1990, United Nations, New York.

A.14.   EXPLOSIONSGEFAHR

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Die Methode stellt ein Prüfschema dar zur Feststellung, ob feste oder pastenförmige Stoffe bei Flammenzündung (thermische Empfindlichkeit) oder bei Einwirkung von Schlag oder Reibung (mechanische Empfindlichkeit) und ob Flüssigkeiten bei Flammenzündung oder bei Einwirkung von Schlag eine Explosionsgefahr darstellen.

Die Methode besteht aus drei Teilen:

a)
Prüfung der thermischen Empfindlichkeit (1),
b)
Prüfung der mechanischen Empfindlichkeit bei Schlagbeanspruchung (1),
c)
Prüfung der mechanischen Empfindlichkeit bei Reibbeanspruchung (1).

Die Methode liefert Ergebnisse, mit denen die Möglichkeit der Auslösung einer Explosion bei Einwirkung bestimmter, nicht außergewöhnlicher Beanspruchungen festgestellt werden kann. Sie dient nicht zur Feststellung, ob ein Stoff unter beliebigen Bedingungen explosionsfähig ist.

Die Methode eignet sich zur Feststellung, ob ein Stoff unter den besonderen, in der Richtlinie festgelegten Bedingungen eine Explosionsgefahr darstellt (thermische und mechanische Empfindlichkeit). Sie beruht auf der Verwendung mehrerer Arten von Apparaturen, die international weit verbreitet sind (1) und die im Allgemeinen aussagekräftige Ergebnisse ergeben. Dabei wird eingeräumt, dass die Methode keine endgültige Lösung darstellt. Es können andere als die genannten Apparaturen verwendet werden, wenn diese international anerkannt sind und die Ergebnisse in angemessener Form mit denen aus den genannten Apparaturen korreliert werden können.

Die Prüfungen brauchen nicht vorgenommen zu werden, wenn verfügbare thermodynamische Daten (z. B. Bildungs-, Zersetzungsenthalpie) und/oder das Fehlen bestimmter reaktiver Gruppen (2) in der Strukturformel zweifelsfrei erkennen lassen, dass sich der Stoff nicht unter Bildung von Gasen oder Freisetzung von Wärme schnell zersetzen kann (d. h. die Substanz keine Explosionsgefahr darstellt). Eine Prüfung der mechanischen Empfindlichkeit bei Reibbeanspruchung ist für Flüssigkeiten nicht erforderlich.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Explosionsgefährlich:

Stoffe, die durch Flammenzündung zur Explosion gebracht werden können oder die gegen Schlag oder Reibung in den genannten Apparaturen empfindlich sind (oder die in alternativen Apparaturen eine höhere mechanische Empfindlichkeit zeigen als 1,3 -Dinitrobenzol).

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

1,3 -Dinitrobenzol, kristallin, gesiebt auf Korngröße 0,5 mm, technisches Produkt für die Prüfung der Schlag- und Reibempfindlichkeit.

Perhydro-1,3,5-trinitro-1,3,5-triazin (RDX, Hexogen, Cyclonit — CAS 121-82-4), umkristallisiert aus wässrigem Cyclohexanon, nass gesiebt durch ein Sieb 250 μm und als Rückstand auf einem Sieb 150 μm gewonnen, anschließend bei 103 ± 2 oC (über 4 Stunden) getrocknet für die zweite Reihe der Prüfung auf Schlag- und Reibempfindlichkeit.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Um sichere Bedingungen für die Ausführung der drei Empfindlichkeitsprüfungen zu finden, ist die Durchführung von Vorversuchen erforderlich.

1.4.1.   Prüfung auf die Sicherheit des Umgangs mit der Substanz (3)

Aus sicherheitstechnischen Gründen werden vor Durchführung der Hauptprüfungen sehr kleine Proben (etwa 10 mg) der Prüfsubstanz ohne Einschluss mit einer Gasbrennerflamme erhitzt, in einem geeigneten Gerät einem Schlag ausgesetzt und unter Verwendung eines Reibstiftes und eines Widerlagers oder in einer beliebigen Reibmaschine gerieben. Das Ziel dieser Vorversuche ist, festzustellen, ob der Stoff so empfindlich und so explosiv ist, dass zur Vermeidung von Verletzungen des Prüfenden bei der Durchführung der vorgeschriebenen Empfindlichkeitsprüfungen, insbesondere der Prüfung der thermischen Empfindlichkeit, besondere Schutzmaßnahmen vorzusehen sind.

1.4.2.   Thermische Empfindlichkeit

Für die Prüfung wird die Prüfsubstanz in einer Stahlhülse erhitzt, die durch Düsenplatten mit Öffnungen verschiedenen Durchmessers verschlossen ist. Auf diese Weise wird bestimmt, ob der Stoff unter intensiver thermischer Beanspruchung bei definiertem Einschluss explodieren kann.

1.4.3.   Mechanische Empfindlichkeit (Schlag)

Die Prüfung besteht darin, die Prüfsubstanz dem Schlag eines festgelegten Fallgewichtes aus einer festgelegten Höhe auszusetzen.

1.4.4.   Mechanische Empfindlichkeit (Reibung)

Bei dieser Prüfung werden feste oder pastenförmige Substanzen der Reibung zwischen standardisierten Oberflächen unter festgelegten Bedingungen der Belastung und der relativen Bewegung ausgesetzt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Nicht festgelegt.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Thermische Empfindlichkeit (Flammenzündung)

1.6.1.1.   Apparatur

Die Apparatur besteht aus einer nicht wieder verwendbaren Stahlhülse mit deren wieder verwendbarer Verschraubung (Abbildung 1), die in eine Heiz- und Schutzvorrichtung eingesetzt wird. Jede Hülse wird aus Blech im Tiefziehverfahren hergestellt (siehe Anlage) und hat einen inneren Durchmesser von 24 mm, eine Länge von 75 mm und eine Wanddicke von 0,5 mm. Am offenen Ende sind die Hülsen mit einem Bund versehen, an dem sie mit der Düsenplatte verschlossen werden können. Der Verschluss besteht aus einer druckfesten Düsenplatte mit einer zentrischen Bohrung, die mit der aus Gewindering und Mutter bestehenden Verschraubung fest mit einer Hülse verbunden wird. Gewindering und Mutter bestehen aus Chrom-Mangan-Stahl (siehe Anlage), der bis 800 oC zunderfest ist. Die Düsenplatten sind 6 mm dick, bestehen aus warmfestem Stahl (siehe Anlage) und stehen mit verschiedenen Öffnungsdurchmessern zur Verfügung.

1.6.1.2.   Versuchsbedingungen

Normalerweise wird die Substanz im Auslieferungszustand geprüft, obwohl in einigen Fällen, z. B. bei gepressten, gegossenen oder anderweitig verdichteten Stoffen, vor der Prüfung ein Zerkleinern erforderlich werden kann.

Bei Feststoffen wird die Menge des pro Prüfung zu verwendenden Materials durch ein zweistufiges Probeverfahren für die Befüllung bestimmt. Dabei wird eine gewogene Hülse mit 9 cm3 Prüfsubstanz gefüllt und die Prüfsubstanz unter Anwendung einer Kraft von 80 N, bezogen auf den Gesamtquerschnitt der Hülse, angedrückt. Aus sicherheitstechnischen Gründen oder in solchen Fällen, wo der Aggregatzustand der Probe durch Druck verändert werden kann, können andere Füllverfahren angewendet werden; wenn z. B. die Substanz sehr reibempfindlich ist, empfiehlt sich das Andrücken nicht. Wenn der Stoff sich als kompressibel erweist, wird weitere Substanz hinzugefügt und angedrückt, bis die Hülse bis zu einer Höhe von 55 mm vom Rand gefüllt ist. Danach wird die Gesamtmenge bestimmt, die für die Füllung bis zum Niveau von 55 mm unter dem Rand benötigt wurde, und es werden zwei weitere gleich große Portionen zugegeben, wobei auch diese unter Anwendung einer Kraft von je 80 N angedrückt werden. Schließlich wird Substanz entweder zugefügt (unter Andrücken) oder ggf. entnommen, bis die Hülse bis zu einer Höhe von 15 mm unter dem Rand gefüllt ist. Dann wird eine zweite Probebefüllung durchgeführt, die mit einer angedrückten Menge von einem Drittel der Gesamtmenge der ersten Probebefüllung beginnt. Danach werden zwei weitere solche Portionen unter Anwendung von 80 N hinzugefügt und die Höhe der Substanz in der Hülse durch Hinzufügen oder Entnehmen bis auf 15 mm unter dem Rand gebracht. Die bei der zweiten Probebefüllung ermittelte Feststoffmenge wird für jeden der eigentlichen Versuche verwendet, wobei das Füllen mit drei gleich großen Mengen vorgenommen wird, deren jede durch Anwendung der erforderlichen Kraft auf 9 cm3 komprimiert wird. (Dies kann durch Verwendung von Abstandsringen erleichtert werden.)

Flüssigkeiten und gelatinöse Substanzen werden in die Hülse bis zu einer Höhe von 60 mm eingefüllt, wobei im letzteren Fall besondere Sorge dafür zu tragen ist, dass keine Lunker gebildet werden. Der Gewindering wird von unten auf die Hülse aufgeschoben, die geeignete Düsenplatte eingesetzt und die Mutter nach Aufbringen eines Schmiermittels auf Molybdändisulfid-Basis angezogen. Es muss darauf geachtet werden, dass keine Substanz zwischen dem Bund und der Platte oder im Gewinde eingeschlossen ist.

Zum Aufheizen wird Propangas verwendet, das aus einer handelsüblichen Stahlflasche mit Druckminderer (60 bis 70 mbar) entnommen und über einen Durchflussmesser und einen Verteiler gleichmäßig vier Brennern zugeführt wird (was durch Beobachtung der Flammen der einzelnen Brenner festgestellt werden kann). Die Brenner sind entsprechend Abbildung 1 an dem Schutzkasten angeordnet. Die vier Brenner haben zusammen einen Verbrauch von etwa 3,2 l Propan pro Minute. Die Verwendung alternativer Heizgase und Brenner ist möglich, doch muss die Heizgeschwindigkeit der in Abbildung 3 genannten entsprechen. Für alle Apparaturen ist die Heizgeschwindigkeit regelmäßig unter Verwendung von Hülsen mit Dibutylphthalat-Füllung zu kontrollieren (vgl. Abbildung 3).

1.6.1.3.   Versuchsausführung

Jeder Versuch wird fortgeführt, bis die Stahlhülse entweder zerlegt oder 5 Minuten erhitzt worden ist. Ein Versuch, der zu einer Zerlegung der Hülse in drei oder mehr Teile führt (diese können in einigen Fällen noch durch schmale Metallstreifen miteinander verbunden sein — vgl. Abbildung 2), wird als Explosion eingestuft. Ein Versuch mit weniger Teilen oder überhaupt keiner Zerlegung wird nicht als Explosion eingestuft.

Zunächst wird eine erste Reihe mit drei Versuchen unter Verwendung einer Düsenplatte mit einem Öffnungsdurchmesser von 6,0 mm durchgeführt; wenn es hier zu keiner Explosion kommt, folgt eine zweite Reihe, ebenfalls mit drei Versuchen, mit einer Düsenplatte von 2,0 mm Öffnungsdurchmesser. Tritt während einer dieser Versuchsreihen eine Explosion ein, kann auf die Durchführung weiterer Versuche verzichtet werden.

1.6.1.4.   Auswertung

Das Versuchsergebnis wird als positiv eingestuft, wenn es in einer der genannten Versuchsreihen zu einer Explosion kommt.

1.6.2.   Mechanische Empfindlichkeit (Schlag)

1.6.2.1.   Apparatur (Abbildung 4)

Die wesentlichen Teile eines typischen Fallhammers sind der Block aus Gussstahl mit Fuß, der Amboss, die Säule, die Führungsschienen, die Fallgewichte, die Auslösevorrichtung und ein Probenhalter. Der Stahlamboss — 100 mm (Durchmesser) × 70 mm (Höhe) — ist oben auf einen Stahlblock — 230 mm (Länge) × 250 mm (Breite) × 200 mm (Höhe) — mit Fuß — 450 mm (Länge) × 450 mm (Breite) × 60 mm (Höhe) — aufgeschraubt. Eine Säule aus nahtlos gezogenem Stahlrohr ist in einer Halterung befestigt, die auf der Rückseite des Stahlblocks angeschraubt ist. Der Fallhammer ist mit 4 Steinschrauben auf einem massiven Betonsockel — 60 cm × 60 cm × 60 cm — so verankert, dass die Führungsschienen absolut senkrecht stehen und das Fallgewicht leicht geführt wird. Fallgewichte zu 5 kg und 10 kg aus massivem Stahl stehen zur Verfügung. Der Schlageinsatz jedes Gewichts besteht aus gehärtetem Stahl, HRC 60 bis 63, und hat einen Mindestdurchmesser von 25 mm.

Die zu untersuchende Probe ist in eine Stempelvorrichtung einzuschließen, die aus zwei koaxial übereinander stehenden Stahlstempeln und einem Hohlzylinder aus Stahl als Führungsring besteht. Die Stahlstempel, Abmessung 10 (– 0,003 , - 0,005 ) mm Durchmesser und 10 mm Höhe, müssen polierte Flächen, abgerundete Kanten (Krümmungsradius 0,5 mm) und eine Härte HRC 58 bis 65 haben. Der Hohlzylinder muss einen äußeren Durchmesser von 16 mm, eine geschliffene Bohrung von 10 (+ 0,005 , + 0,010 ) mm und eine Höhe von 13 mm haben. Die Stempelvorrichtung ist auf einen Zwischenamboss (26 mm Durchmesser, 26 mm Höhe) aus Stahl zu stellen und durch einen Zentrierring mit einem Lochkranz zum Abströmen der Explosionsschwaden zu zentrieren.

1.6.2.2.   Versuchsbedingungen

Die Probe muss ein Volumen von 40 mm3 oder ein der verwendeten Alternativapparatur angepasstes Volumen haben. Feststoffe sind im trockenen Zustand zu prüfen und wie folgt vorzubereiten:

a)
Pulverförmige Substanzen sind zu sieben (Maschenweite 0,5 mm); der gesamte Siebdurchgang ist zur Prüfung zu verwenden.
b)
Gepresste, gegossene oder anderweitig verdichtete Substanzen sind zu zerkleinern und zu sieben; zur Prüfung ist die Siebfraktion 0,5 bis 1 mm Durchmesser zu verwenden; sie muss für die Originalsubstanz repräsentativ sein.

Substanzen, die in der Regel pastenförmig geliefert werden, sollten, wenn möglich, im trockenen Zustand geprüft werden, auf jeden Fall aber nach Entfernen der größtmöglichen Menge an Verdünnungsmittel. Bei der Prüfung flüssiger Substanzen ist zwischen dem oberen und dem unteren Stahlstempel ein Abstand von 1 mm zu halten.

1.6.2.3.   Versuchsausführung

Es werden sechs Einzelversuche unter Verwendung des Fallgewichts von 10 kg und Anwendung einer Fallhöhe von 0,40 m (40 J) ausgeführt. Wenn es während der sechs Versuche bei 40 J zu einer Explosion kommt, sind weitere sechs Einzelversuche mit einem Fallgewicht von 5 kg und einer Fallhöhe von 0,15 m (7,5 J) auszuführen. Bei Verwendung einer anderen Apparatur wird die Probe mit der gewählten Referenzsubstanz unter Benutzung einer anerkannten Auswertungsmethode (z. B. Up-and-down-Technik usw.) verglichen.

1.6.2.4.   Auswertung

Das Prüfergebnis wird als positiv eingestuft, wenn es mit der beschriebenen Apparatur zumindest in einem der genannten Versuche zu einer Explosion (eine Entflammung und/oder ein Knall steht einer Explosion gleich) kommt oder wenn bei Verwendung einer alternativen Apparatur die Probe empfindlicher ist als 1,3 -Dinitrobenzol oder Hexogen (RDX).

1.6.3.   Mechanische Empfindlichkeit (Reibung)

1.6.3.1.   Apparatur (Abbildung 5)

Der Reibapparat besteht aus einer Grundplatte (Gussstahl), auf der die Reibvorrichtung, bestehend aus einem feststehenden Porzellanstift und einem beweglichen Porzellanplättchen, montiert ist. Das Porzellanplättchen ist in einem Schlitten befestigt, der in zwei Gleitschienen geführt wird. Der Schlitten wird mit einem Elektromotor über eine Schubstange, eine Exzenterscheibe und ein geeignetes Getriebe so angetrieben, dass das Porzellanplättchen unter dem Porzellanstift eine einmalige Hin- und Rückbewegung von 10 mm Länge ausführt. Der Porzellanstift kann z. B. mit 120 oder 360 N belastet werden.

Die flachen Porzellanplättchen sind aus rein weißem technischem Porzellan gefertigt (Rautiefe 9 μm bis 32 μm) und haben die Abmessungen 25 mm (Länge) × 25 mm (Breite) × 5 mm (Höhe). Der zylindrische Porzellanstift ist ebenfalls aus rein weißem technischem Porzellan gefertigt. Er ist 15 mm lang, hat einen Durchmesser von 10 mm und eine raue sphärische Endfläche mit einem Krümmungsradius von 10 mm.

1.6.3.2.   Versuchsbedingungen

Die Probe muss ein Volumen von 10 mm3 oder ein der verwendeten Alternativapparatur angepasstes Volumen haben.

Feststoffe sind im trockenen Zustand zu prüfen und wie folgt vorzubereiten:

a)
Pulverförmige Substanzen sind zu sieben (Maschenweite 0,5 mm); der gesamte Siebdurchgang ist zur Prüfung zu verwenden.
b)
Gepresste, gegossene oder anderweitig verdichtete Substanzen sind zu zerkleinern und zu sieben; zur Prüfung ist die Siebfraktion < 0,5 mm Durchmesser zu verwenden.

Pastenförmige Substanzen sollten, wenn möglich, im trockenen Zustand geprüft werden. Falls das nicht möglich ist, muss die Paste, nach Entfernen der größtmöglichen Menge an Verdünnungsmittel, als 0,5 mm dicker, 2 mm breiter und 10 mm langer Film, der mit einem speziellen Formteil hergestellt wird, geprüft werden.

1.6.3.3.   Versuchsausführung

Der Porzellanstift wird auf die zu untersuchende Probe gesetzt und belastet. Bei Durchführung des Versuchs muss der Schwammstrich des Porzellanplättchens quer zu dessen Bewegungsrichtung liegen. Es ist darauf zu achten, dass der Stift auf der Probe steht und dass so viel Prüfsubstanz vor dem Stift liegt, dass bei der Plättchenbewegung genügend Prüfsubstanz unter den Stift gelangt. Pastenförmige Substanzen werden mittels einer Lehre (Dicke: 0,5 mm) mit einer Öffnung von 2 mm × 10 mm auf das Plättchen aufgetragen. Das Porzellanplättchen wird unter dem Porzellanstift in einer Zeit von 0,44 s je 10 mm hin- und herbewegt. Jeder Oberflächenbezirk des Plättchens und des Stiftes darf nur einmal verwendet werden; die beiden Enden eines jeden Stiftes können für zwei Versuche und die beiden Oberflächen eines jeden Plättchens können für je drei Versuche benutzt werden.

Es werden sechs Einzelversuche unter Verwendung einer Belastung von 360 N ausgeführt. Wenn es während der sechs Versuche zu einer positiven Reaktion kommt, sind weitere sechs Einzelversuche mit einer Belastung von 120 N auszuführen. Bei Verwendung einer anderen Apparatur wird die Probe mit der gewählten Referenzsubstanz unter Benutzung einer anerkannten Auswertungsmethode (z. B. Up-and-down-Technik usw.) verglichen.

1.6.3.4.   Auswertung

Das Prüfergebnis wird als positiv eingestuft, wenn es mit dem beschriebenen Reibapparat zumindest in einem der genannten Versuche zu einer Explosion (ein Knistern und/oder ein Knall oder eine Entflammung stehen einer Explosion gleich) kommt oder wenn bei Verwendung einer alternativen Reibprüfung die äquivalenten Kriterien erfüllt werden.

2.   DATEN

Grundsätzlich gilt ein Stoff als im Sinne dieser Richtlinie explosionsgefährlich, wenn bei der Prüfung auf thermische, Schlag- oder Reibempfindlichkeit ein positives Ergebnis erzielt wird.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

die Bezeichnung, die Zusammensetzung, die Reinheit, der Feuchtigkeitsgehalt usw. der Prüfsubstanz,
der Aggregatzustand der Probe und die Angabe, ob die Probe zerkleinert und/oder gesiebt worden ist,
die Beobachtungen während der Prüfungen auf thermische Empfindlichkeit (z. B. Probenmasse, Anzahl der Splitter usw.),
die Beobachtungen während der Prüfungen auf mechanische Empfindlichkeit (z. B. größere Rauchentwicklung oder vollständige Zersetzung ohne einen Knall, Flammen, Funken, Knistern usw.),
die Ergebnisse jedes Einzelversuchs,
bei Anwendung einer Alternativapparatur: die wissenschaftliche Begründung sowie die Beweisführung für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen der beschriebenen und der Alternativapparatur,
alle nützlichen Hinweise auf Versuche mit ähnlichen Substanzen, die für die richtige Interpretation der erhaltenen Versuchsergebnisse von Bedeutung sein können,
alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse von Bedeutung sind.

3.2.   INTERPRETATION UND BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

Im Prüfbericht sind alle Ergebnisse anzugeben, die als falsch, anormal oder nicht repräsentativ angesehen werden. Wird ein Versuchsergebnis nicht in die Bewertung einbezogen, so ist dies zu begründen, und es sind die Ergebnisse anderer oder zusätzlicher Versuche aufzuführen. Kann die Abnormität eines Ergebnisses nicht erklärt werden, muss das Ergebnis als solches akzeptiert und der Stoff entsprechend eingestuft werden.

4.   LITERATUR

(1) Recommendations on the Transport of Dangerous Goods: Tests and criteria, 1990, United Nations, New York.

(2) Bretherick, L., Handbook of Reaaive Chemical Hazards, 4. Auflage, Butterworths, London, ISBN 0-750-60103-5, 1990.

(3) Koenen, H., Ide, K.H. und Swatt, K.H., Explosivstoffe, 1961, Bd. 3, 6-13 und 30-42.

(4) NF T 20-038 (Sept. 85). Chemical products for industrial use — Determination of explosion risk.

Anlage

Beispiel für Werkstoffspezifikation zur Prüfung auf thermische Empfindlichkeit (vgl. DIN 1623)

(1) Hülse: Werkstoffspezifikation Nr. 1.0336.505 g

(2) Düsenplatte: Werkstoffspezifikation Nr. 1.4873

(3) Gewindering und Mutter: Werkstoffspezifikation Nr. 1.3817

Abbildung 1

Apparatur für die Prüfung auf thermische Empfindlichkeit

(alle Abmessungen in mm)

Abbildung 2

Prüfung auf thermische Empfindlichkeit

Beispiele für Splitterbilder

Abbildung 3

Kalibrierung der Heizgeschwindigkeit für die Prüfung auf thermische Empfindlichkeit

Temperatur-/Zeitkurve bei Erwärmung von Dibutylphthalat (27 cm3) in einer (mit einer Düsenplatte mit Öffnungsdurchmesser 1,5 mm) verschlossenen Hülse bei einem Propanverbrauch von 3,2 l/min. Die Temperatur wird mit einem Chromel-/Alumel-Thermoelement (Durchmesser: 1 mm) in einer Hülse aus rostfreiem Stahl gemessen, das zentral 43 mm unter dem Hülsenrand angebracht ist. Die Heizgeschwindigkeit muss im Bereich von 135 oC bis 285 oC zwischen 185 K/min und 215 K/min liegen.

Abbildung 4

Apparatur zur Prüfung auf Schlagempfindlichkeit

(alle Abmessungen in mm)

Abbildung 4

Fortsetzung

Abbildung 5

Apparatur zur Prüfung auf Reibempfindlichkeit

A.15.   ZÜNDTEMPERATUR (FLÜSSIGKEITEN UND GASE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Diese Prüfmethode gilt nicht für explosive Stoffe und solche, die sich bei Raumtemperatur spontan entzünden. Das Prüfverfahren ist auf Gase, Flüssigkeiten und Dämpfe anwendbar, die sich in Gegenwart von Luft an einer heißen Oberfläche entzünden können.

Die Zündtemperatur kann durch katalytisch wirkende Verunreinigungen, durch das Oberflächenmaterial oder durch ein größeres Volumen des Prüfgefäßes erheblich herabgesetzt werden.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die Zündtemperatur stellt ein Maß für die Selbstentzündlichkeit dar. Die Zündtemperatur ist die niedrigste Temperatur, bei der sich die Prüfsubstanz im Gemisch mit Luft unter den im Prüfverfahren definierten Bedingungen entzündet.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen sind in den Normen angegeben (siehe 1.6.3). Sie sollten in erster Linie dazu dienen, die Methode von Zeit zu Zeit zu überprüfen und einen Vergleich mit den Ergebnissen aus anderen Methoden zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Methode dient der Bestimmung der Mindesttemperatur von Behälterinnenflächen, durch die in diesem Behältnis befindliche Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten entzündet werden können.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Wiederholbarkeit hängt ab vom Zündtemperaturbereich und der angewandten Prüfmethode.

Die Empfindlichkeit und Spezifität hängen von der angewandten Prüfmethode ab.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Geräte

Die Prüfgeräte sind in den unter 1.6.3 genannten Methoden beschrieben.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Die zu prüfende Substanz wird entsprechend den unter 1.6.3 genannten Methoden geprüft.

1.6.3.   Versuchsausführung

Siehe IEC 79-4, DIN 51794, ASTM-E 659-78, BS 4056, NF F 20-037.

2.   DATEN

Registrieren von Versuchstemperatur, Luftdruck, Menge der eingesetzten Probe und Zündverzögerungszeit.

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

genaue Angaben über die Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen),
die Probenmenge, der Luftdruck,
die verwendete Apparatur,
die Messergebnisse (Prüftemperaturen, Ergebnisse hinsichtlich Zündung, entsprechender Zeitverzug),
alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse wichtig sind.

4.   LITERATUR

Keine.

A.16.   RELATIVE SELBSTENTZÜNDUNGSTEMPERATUR FÜR FESTSTOFFE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Diese Prüfmethode gilt nicht für explosive Stoffe und solche, die sich bei Raumtemperatur an der Luft selbst entzünden.

Zweck dieser Prüfung ist der Erhalt von vorläufigen Informationen über die Selbstentzündlichkeit von festen Stoffen bei erhöhter Temperatur.

Wird die bei der Reaktion des Stoffes mit Sauerstoff oder bei der exothermen Zersetzung des Stoffes entstehende Wärme nicht schnell genug an die Umgebung abgegeben, so kommt es zur Selbsterhitzung mit nachfolgender Selbstentzündung. Selbstentzündung tritt somit ein, wenn die Wärmeentwicklung größer ist als die Wärmeableitung.

Die Prüfmethode wird als Vorversuch für feste Substanzen angewendet. Wegen der komplexen Natur der Entzündung und Verbrennung von festen Stoffen ist die mit dieser Methode bestimmte Selbstentzündungstemperatur nur für Vergleichszwecke zu benutzen.

1.2.   DEFINITION UND EINHEITEN

Die mit dieser Methode bestimmte Selbstentzündungstemperatur ist die minimale Umgebungstemperatur in oC, bei der sich unter definierten Bedingungen eine bestimmte Menge einer Substanz entzündet.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine bestimmte Menge der Prüfsubstanz wird bei Raumtemperatur in einen Ofen eingebracht. Während die Temperatur des Ofens mit einer Rate von 0,5 K/min auf 400 oC oder bis zum Schmelzpunkt (wenn dieser niedriger liegt) erhöht wird, wird die Temperatur im Inneren der Probe gemessen und als Temperatur/Zeit-Kurve registriert. Bei diesem Verfahren wird diejenige Ofentemperatur, bei der die Probentemperatur durch Selbsterhitzung 400 oC erreicht, als Selbstentzündungstemperatur bezeichnet.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Gerät

1.6.1.1.   Ofen

Ein Laboratoriumsofen (Volumen etwa 2 l) mit Temperaturprogrammierung, natürlicher Luftzirkulation und Explosionsdruckentlastung. Um Explosionsgefahr zu vermeiden, dürfen Schwelgase auf keinen Fall mit den elektrischen Heizdrähten in Berührung kommen.

1.6.1.2.   Drahtnetz-Kubus

Ein Stück Drahtnetz aus rostfreiem Stahl mit einer Maschenweite von 0,045 mm wird entsprechend der Darstellung in Abbildung 1 zugeschnitten. Dieses Drahtnetz wird zu einem oben offenen Kubus gefaltet; die Kanten des Kubus werden fest mit Draht verbunden.

1.6.1.3.   Thermoelemente

Geeignete Thermoelemente.

1.6.1.4.   Registriergerät

Jedes Registriergerät mit zwei Messkanälen, das für Temperaturen von 0 bis 600 oC oder den entsprechenden Thermospannungs-Bereich kalibriert ist.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

Die Stoffe werden in ihrem Anlieferungszustand geprüft.

1.6.3.   Versuchsausführung

Der Kubus wird mit der Prüfsubstanz gefüllt und der Inhalt durch leichtes Aufstoßen verdichtet; es wird weitere Prüfsubstanz dazugegeben, bis der Kubus vollständig gefüllt ist. Der Kubus wird dann bei Raumtemperatur in die Mitte des Ofens eingesetzt. Ein Thermoelement wird in die Mitte des Kubus und das andere zur Registrierung der Ofentemperatur zwischen dem Kubus und der Ofenwand angebracht.

Während die Temperatur des Ofens mit einer Rate von 0,5 K/mm auf 400 oC oder bis zum Schmelzpunkt (wenn dieser niedriger liegt) gesteigert wird, wird die Temperatur des Ofens und der Probe kontinuierlich aufgezeichnet.

Wenn sich die Prüfsubstanz entzündet, zeigt das Thermoelement der Probe einen starken Temperaturanstieg über die Ofentemperatur hinaus.

2.   DATEN

Diejenige Temperatur des Ofens, bei der die Probentemperatur durch Selbsterhitzung 400 oC erreicht, ist für die Beurteilung maßgebend (siehe Abbildung 2).

3.   BERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

eine Beschreibung der Prüfsubstanz,
die Messergebnisse einschließlich der Temperatur/Zeit-Kurve,
alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse wichtig sind.

4.   LITERATUR

(1) NF T 20-036 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the relative temperature of the spontaneous flammability of solids.

Abbildung 1

Muster des Testkubus (Kantenlänge 20 mm)

Abbildung 2

Typische Temperatur/Zeit-Kurve

A.17.   BRANDFÖRDERNDE EIGENSCHAFTEN (FESTSTOFFE)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Es ist zweckdienlich, vor Ausführung dieses Versuchs Informationen über mögliche explosive Eigenschaften der Substanz zu haben.

Dieses Verfahren kann nicht auf Flüssigkeiten, Gase, explosive oder leichtentzündliche Substanzen oder organische Peroxide angewendet werden.

Die Prüfung braucht nicht ausgeführt zu werden, wenn die Prüfung der Strukturformel zweifelsfrei ergibt, dass die Substanz mit brennbarem Material nicht exotherm reagieren kann.

Zur Ermittlung der Sicherheitsvorkehrungen für die Versuchsausführung ist es notwendig, einen Vorversuch durchzuführen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Abbrandzeit: diejenige Zeit in Sekunden, in der sich die Reaktionszone über die Schüttung ausbreitet, gemäß dem unter 1.6 beschriebenen Verfahren.

Abbrandgeschwindigkeit: anzugeben in mm/s.

Höchste Abbrandgeschwindigkeit: die höchsten Werte der Abbrandgeschwindigkeiten von Gemischen mit Massenanteilen an Oxidationsmitteln von 10 bis 90 %.

1.3.   REFERENZSUBSTANZ

Als Referenzsubstanz für die Prüfung und den Vorversuch wird Bariumnitrat (analysenrein) verwendet.

Referenzgemisch ist dasjenige Gemisch aus Bariumnitrat und Cellulosepulver, das gemäß 1.6 hergestellt wurde und die höchste Abbrandgeschwindigkeit hat (üblicherweise ein Gemisch mit einem Massenanteil an Bariumnitrat von 60 %).

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Der Vorversuch wird aus Gründen der Sicherheit ausgeführt. Wenn der Vorversuch eindeutig ergibt, dass die Substanz brandfördernde Eigenschaften hat, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Liegt ein solches eindeutiges Ergebnis nicht vor, so ist mit der Substanz der Hauptversuch auszuführen.

Für den Hauptversuch werden die Prüfsubstanz und eine definierte brennbare Substanz in verschiedenen Gewichtsverhältnissen gemischt. Jedes Gemisch wird dann zu Schüttungen geformt und diese Schüttungen werden an einem Ende gezündet. Die höchste ermittelte Abbrandgeschwindigkeit wird mit der höchsten Abbrandgeschwindigkeit des Referenzgemisches verglichen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Es ist jede Methode der Zerkleinerung und Mischung geeignet, die dazu führt, dass bei den sechs getrennten Versuchen die maximale Abbrandgeschwindigkeit vom arithmetischen Mittelwert um nicht mehr als 10 % abweicht.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

1.6.1.1.   Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanz wird nach dem folgenden Verfahren auf eine Korngröße von < 0,125 mm gebracht: Substanz sieben, verbleibende Kornfraktion zerkleinern, das Verfahren so lange wiederholen, bis die gesamte Probe das Sieb passiert hat.

Es kann jedes Zerkleinerungs- und Siebverfahren eingesetzt werden, das den Qualitätskriterien genügt.

Vor der Herstellung des Gemisches wird die Substanz bei 105 oC bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Wenn die Zersetzungstemperatur der Substanz unterhalb 105 oC liegt, ist die Substanz bei entsprechend niedrigerer Temperatur zu trocknen.

1.6.1.2.   Brennbare Substanz

Cellulosepulver wird als brennbare Substanz verwendet. Es sollte dies ein Cellulosepulver sein, das für die Dünnschicht- oder Säulenchromatografie verwendet wird. Als geeignet hat sich eine Sorte mit einer Faserlänge von mehr als 85 % zwischen 0,020 und 0,075 mm erwiesen. Das Cellulosepulver wird unter Verwendung eines Siebes mit einer Maschenweite von 0,125 mm gesiebt. Für die gesamte Prüfung ist dieselbe Cellulosepartie zu verwenden.

Vor der Herstellung der Mischung wird das Cellulosepulver bei 105 oC bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.

Wenn im Vorversuch Sägemehl verwendet wird, ist derjenige Anteil von Weichholzsägemehl zu verwenden, der ein Sieb mit einer Maschenweite von 1,6 mm passiert. Dieses Sägemehl wird sorgfältig gemischt und in einer Schichtdicke von maximal 25 mm bei 105 oC 4 Stunden lang getrocknet. Abkühlen lassen und bis zur Verwendung (möglichst innerhalb von 24 Stunden nach dem Trocknen) in einem luftdichten Behälter aufbewahren, der so voll wie möglich gefüllt sein soll.

1.6.1.3.   Zündquelle

Als Zündquelle wird die Flamme eines Gasbrenners (Mindestdurchmesser 5 mm) benutzt. Bei Verwendung einer anderen Zündquelle (z. B. bei Prüfungen in einer inerten Atmosphäre) ist eine entsprechende Beschreibung mit Begründung dem Bericht beizufügen.

1.6.2.   Versuchsausführung

Bemerkung

Gemische aus Oxidationsmitteln und Cellulose oder Sägemehl müssen als potenziell explosionsgefährlich angesehen und mit großer Sorgfalt behandelt werden.

1.6.2.1.   Vorversuch

Die getrocknete Substanz wird mit der getrockneten Cellulose oder mit getrocknetem Sägemehl (Gewichtsverhältnis: 2 Teile Prüfsubstanz, 1 Teil Cellulose oder Sägemehl) gründlich gemischt. Das Gemisch wird zu einer kegelförmigen Schüttung mit 3,5 cm Durchmesser (Durchmesser der Grundfläche) und 2,5 cm Höhe geformt, indem es ohne besonderes Andrücken in eine kegelförmige Form eingefüllt wird (z. B. in einen Laboratoriums-Glastrichter mit verstopftem Abflussrohr).

Die Schüttung wird auf einer kalten, nicht brennbaren, nichtporösen Grundplatte mit geringer Wärmeleitfähigkeit angeordnet. Der Versuch ist gemäß 1.6.2.2 in einem Abzug auszuführen.

Der Kegel wird mit einer Zündquelle entzündet. Heftigkeit und Dauer der eintretenden Reaktion werden beobachtet und notiert.

Die Substanz wird als brandfördernd beurteilt, wenn die Reaktion heftig ist.

In allen Fällen, in denen Zweifel am Ergebnis möglich sind, ist das nachstehend beschriebene vollständige Prüfverfahren anzuwenden.

1.6.2.2.   Hauptversuch

Es werden Gemische aus Oxidationsmittel und Cellulose hergestellt, mit Massenanteilen an Oxidationsmitteln von 10 % bis 90 %, in 10 %-Intervallen. Für Grenzfälle sollten Gemische von Oxidationsmitteln und Cellulose mit dazwischen liegender Zusammensetzung hergestellt werden, um bei der Bestimmung der höchsten Abbrandgeschwindigkeit genauere Werte zu erhalten.

Die Schüttung wird mittels einer Form hergestellt. Die Form besteht aus Metall, hat eine Länge von 250 mm und einen dreieckigen Querschnitt mit einer inneren Höhe von 10 mm und einer inneren Breite von 20 mm. Die Form wird an beiden Längsseiten von zwei Metallblechen begrenzt, die den dreieckigen Querschnitt um 2 mm überragen (siehe Abbildung). Diese Anordnung wird mit einem geringen Überschuss lose gefüllt. Nach dem Fallenlassen der Form aus 2 cm Höhe auf eine feste Unterlage wird die überstehende Substanz mit einem flachen Blech abgestrichen. Dann werden die seitlichen Begrenzungen entfernt und die verbleibende Schicht wird mit einer Rolle geglättet. Nun wird eine nichtbrennbare und nichtporöse Platte mit geringer Wärmeleitfähigkeit auf die Form gelegt, das Ganze um 180o gedreht und die Form entfernt.

Die Schüttung wird quer zur Zugrichtung in einem Abzug angeordnet.

Die Absauggeschwindigkeit muss so hoch sein, dass Rauch nicht in das Labor dringen kann; sie soll auch während des Versuchs nicht verändert werden. Um die Versuchsanordnung herum ist ein Windschutz aufzustellen.

Wegen der Hygroskopizität der Cellulose und mancher Prüfsubstanzen soll die Prüfung so schnell wie möglich ausgeführt werden.

Die Schüttung wird an einem Ende mit der Gasflamme gezündet.

Es wird die Abbrandzeit über eine Strecke von 200 mm gemessen, nachdem die Reaktionszone eine Strecke von 30 mm vom Start zurückgelegt hat.

Die Prüfung wird mit der Referenzsubstanz und mindestens einmal mit jedem der abgestuften Gemische Prüfsubstanz/Cellulose ausgeführt.

Wenn festgestellt wird, dass die Abbrandgeschwindigkeit signifikant größer ist als die des Referenzgemisches, kann die Prüfung beendet werden. Andernfalls muss mit den drei Gemischen, die die höchsten Abbrandgeschwindigkeiten ergeben haben, der Abbrandversuch jeweils fünfmal wiederholt werden.

Wenn der Verdacht auf ein falsches positives Ergebnis besteht, muss die Prüfung wiederholt werden und zwar anstelle von Cellulose mit einer inerten Substanz ähnlicher Korngröße, z. B. Kieselgur. Alternativ ist das Gemisch Prüfsubstanz/Cellulose mit der höchsten Abbrandgeschwindigkeit in einer inerten Atmosphäre zu prüfen (< 2 % Volumenanteile Sauerstoff).

2.   DATEN

Aus sicherheitstechnischen Gründen ist die höchste Abbrandgeschwindigkeit — nicht der Mittelwert — als charakteristisches Merkmal für das brandfördernde Verhalten der Prüfsubstanz anzusehen.

Der höchste Wert der Abbrandgeschwindigkeit in einer Serie von sechs Versuchen mit einer bestimmten Mischung ist maßgebend für die Ausweitung.

Die höchsten Werte der Abbrandgeschwindigkeit für jede Mischung werden gegen den Gehalt an Prüfsubstanz aufgetragen. Aus dieser Kurve wird dann die höchste Abbrandgeschwindigkeit ermittelt.

Die sechs in einer Serie gemessenen Werte für die Abbrandgeschwindigkeit desjenigen Gemisches, das die höchste Abbrandgeschwindigkeit aufweist, dürfen nicht mehr als 10 % vom arithmetischen Mittelwert abweichen. Andernfalls müssen die Methoden der Zerkleinerung und Mischung überprüft werden.

Die höchste gemessene Abbrandgeschwindigkeit wird mit der höchsten Abbrandgeschwindigkeit des Referenzgemisches verglichen (siehe 1.3).

Bei Prüfungen in inerter Atmosphäre wird die höchste Reaktionsgeschwindigkeit mit derjenigen des Referenzgemisches in einer inerten Atmosphäre verglichen.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Identität, Zusammensetzung, Reinheit, Feuchtegehalt usw. der Prüfsubstanz,
sämtliche Vorbehandlungen der Prüfsubstanz (z. B. Mahlung, Trocknung usw.),
die bei den Prüfungen verwendete Zündquelle,
die Ergebnisse der Messungen,
die Art der Reaktion (z. B. schnelle Brandausbreitung an der Oberfläche, Brennen durch das gesamte Volumen, sämtliche Angaben über Verbrennungsprodukte usw.),
die Ergebnisse der Prüfungen mit einem inerten Stoff (wenn ausgeführt),
alle zusätzlichen Bemerkungen, die für die Interpretation der Ergebnisse wichtig sind, einschließlich einer Beschreibung der Heftigkeit (Aufflammen, Funkenwurf, Rauchentwicklung, langsames Schwelen usw.) und der ungefähren Dauer der Reaktion beim Vorversuch mit Prüf- und Bezugssubstanz,
die Ergebnisse der Prüfungen mit einem inerten Stoff (wenn ausgeführt),
die Ergebnisse der Prüfungen in inerter Atmosphäre (wenn ausgeführt).

3.2.   INTERPRETATION DES ERGEBNISSES

Eine Substanz wird als brandfördernd beurteilt, wenn

a)
sie im Vorversuch eine heftige Reaktion zeigt;
b)
beim vollständigen Prüfverfahren die höchste Abbrandgeschwindigkeit der Prüfgemische größer oder gleich der höchsten Abbrandgeschwindigkeit des Referenzgemisches aus Cellulose und Bariumnitrat ist.

Um ein falsches positives Ergebnis zu vermeiden, sind bei der Interpretation der Ergebnisse auch die Prüfergebnisse für das Gemisch aus Prüfsubstanz und einem inerten Stoff und/oder von Prüfungen in einer inerten Atmosphäre zu berücksichtigen.

4.   LITERATUR

(1) NF T 20-035 (Sept. 85). Chemical products for industrial use. Determination of the oxidizing properties of solids.

Anlage

Abbildung

Form und Zubehör zur Herstellung der Schüttung

(alle Maßangaben in mm)

A.18.   ZAHLENGEMITTELTE MOLMASSE UND MOLMASSENVERTEILUNG VON POLYMEREN

1.   METHODE

Diese gelpermeationschromatografische Methode entspricht der OECD TG 118 (1996). Die wichtigsten Grundsätze und weitere technische Informationen werden in den Literaturhinweisen (1) genannt.

1.1.   EINLEITUNG

Da die Eigenschaften von Polymeren so unterschiedlich sind, ist es unmöglich, nur eine einzige Methode zu nennen, die alle Bedingungen für die Trennung und Auswertung erfüllt und somit sämtliche Eventualitäten und Besonderheiten bei der Trennung von Polymeren berücksichtigt. Insbesondere für komplexe polymere Systeme ist die Gelpermeationschromatografie (GPC) häufig nicht geeignet. Wenn die GPC nicht anwendbar ist, kann die Molmasse mit Hilfe anderer Methoden bestimmt werden (siehe Anlage). In solchen Fällen muss die verwendete Methode in allen Einzelheiten beschrieben und die Gründe für deren Verwendung genannt werden.

Die beschriebene Methode beruht auf DIN-Norm 55672 (1). Diese Norm enthält ausführliche Informationen darüber, wie die Versuche durchgeführt und wie die Daten ausgewertet werden müssen. Wenn Änderungen der Versuchsbedingungen notwendig sein sollten, müssen diese Änderungen begründet werden. Es können andere Normen herangezogen werden, diese müssen jedoch belegt werden. Im beschriebenen Verfahren werden Polystyrolproben bekannter Polydispersität zur Kalibrierung verwendet; es kann jedoch vorkommen, dass das Verfahren für bestimmte Polymere, z. B. wasserlösliche und langkettige, verzweigte Polymere, angepasst werden muss.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die zahlengemittelte Molmasse Mn und die gewichtsgemittelte Molmasse werden anhand folgender Gleichungen bestimmt:



Dabei ist:

Hi = die Höhe des Detektorsignals von der Grundlinie für das Retentionsvolumen Vi

Mi = die Molmasse der Polymerfraktion bei dem Retentionsvolumen Vi

n = die Zahl der Datenpunkte

Die Breite der Molmassenverteilung, die ein Maß für die Dispersität des Systems ist, wird durch das Verhältnis Mw/Mn ausgedrückt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Da es sich bei der GPC um eine relative Methode handelt, muss eine Kalibrierung vorgenommen werden. Hierzu werden in der Regel eng verteilte, linear aufgebaute Polystyrolstandards mit bekannten mittleren Molmassen Mn und Mw und einer bekannten Molmassenverteilung verwendet. Die Eichkurve kann für die Bestimmung der Molmassen unbekannter Proben nur herangezogen werden, wenn die Bedingungen für die Trennung der Probe und der Standards identisch sind.

Ein fester Bezug zwischen der Molmasse und dem Elutionsvolumen ist nur unter den spezifischen Bedingungen des betreffenden Versuchs zulässig. Diese Bedingungen umfassen vor allem die Temperatur, das Lösungsmittel (oder die Lösungsmittelmischung), die chromatografischen Bedingungen und die Trennsäule bzw. das Trennsäulensystem.

Bei den auf diese Weise ermittelten Molmassen der Probe handelt es sich um relative Werte, die als „polystyrol-äquivalente“ Molmasse bezeichnet werden. Das bedeutet, dass — in Abhängigkeit von den strukturellen und chemischen Unterschieden zwischen der Probe und den Standards — die Molmassen mehr oder weniger von den absoluten Werten abweichen können. Werden andere Standards verwendet, z. B. Polyethylenglykol, Polyethylenoxid, Polymethylmethacrylat, Polyacrylsäure, so muss dies begründet werden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Sowohl die Molmassenverteilung der Probe als auch die mittleren Molmassen (Mn, Mw) können mit Hilfe der GPC bestimmt werden. Bei der GPC handelt es sich um eine besondere Form der Flüssigchromatografie, bei der die Probe nach den hydrodynamischen Volumina der einzelnen Bestandteile (2) aufgetrennt wird.

Die Trennung erfolgt, indem die Probe durch eine Säule läuft, die mit einem porösen Material, in der Regel einem organischen Gel, gefüllt ist. Kleine Moleküle durchdringen die Poren, während große Moleküle ausgeschlossen werden. Der Weg der großen Moleküle ist daher kürzer, und folglich werden diese zuerst eluiert. Die Moleküle mittlerer Größe durchdringen einige der Poren und werden zu einem späteren Zeitpunkt eluiert. Die kleinsten Moleküle, mit einem durchschnittlichen hydrodynamischen Radius, der kleiner ist als die Poren des Gels, können alle Poren durchdringen. Diese werden zuletzt eluiert.

Im Idealfall erfolgt die Trennung ausschließlich über die Größe der Moleküle, doch ist es in der Praxis schwierig, gewisse störende Absorptionseffekte zu vermeiden. Ungleichmäßige Säulenfüllungen und Totvolumen können zur weiteren Verschlechterung der Trennung führen (2).

Die Detektion erfolgt beispielsweise über den Brechungsindex oder die UV-Absorption und ergibt eine einfache Verteilungskurve. Um tatsächliche Molmassenwerte für die Kurve zu erhalten, ist es notwendig, die Säule zu kalibrieren, indem Polymere mit bekannter Molmasse und idealerweise auch mit im großen und ganzen vergleichbarer Struktur, z. B. verschiedene Polystyrolstandards, auf diese Säule aufgegeben werden. In der Regel ergibt sich eine Gaußsche Kurve, die manchmal durch einen kleinen Schwanz in Richtung der niedrigen Molmassen verzerrt ist; die vertikale Achse zeigt die Häufigkeit der verschiedenen eluierten Molmassenfraktionen, die horizontale Achse log Molmasse.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Wiederholbarkeit (Relative Standardabweichung: RSA) für den Wert des Elutionsvolumens sollte besser als 0,3 % sein. Die geforderte Wiederholbarkeit der Analyse muss durch Korrektur mittels eines internen Standards gewährleistet sein, wenn ein Chromatogramm zeitabhängig ausgewertet wird und nicht dem oben genannten Kriterium (1) entspricht. Die Polydispersitäten sind von den Molmassen der Standards abhängig. Für die Polystyrolstandards sind folgende Werte charakteristisch:



Mp < 2 000 Mw/Mn < 1,20
2 000 ≤ Mp ≤ 106Mw/Mn < 1,05
Mp > 106Mw//Mn < 1,20

(Mp bezeichnet die Molmasse des Standards am Peakmaximum.)

1.6.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.6.1.   Vorbereitung der Standardpolystyrollösungen

Die Polystyrolstandards werden vorsichtig im gewählten Elutionsmittel gelöst. Die Empfehlungen des Herstellers müssen bei der Vorbereitung der Lösungen berücksichtigt werden.

Die Konzentrationen der gewählten Standards sind von verschiedenen Faktoren abhängig, z. B. Injektionsvolumen, Viskosität der Lösung und Empfindlichkeit des analytischen Detektors. Das maximale Injektionsvolumen muss der Länge der Säule angepasst werden, um eine Überladung zu vermeiden. Normalerweise liegen die Injektionsvolumina für analytische Trennungen mittels GPC durch eine Säule von 30 cm × 7,8 mm zwischen 40 und 100 μl. Größere Volumen sind möglich, doch sollten 250 μl nicht überschritten werden. Das optimale Verhältnis zwischen Injektionsvolumen und Konzentration muss vor der eigentlichen Kalibrierung der Säule bestimmt werden.

1.6.2.   Vorbereitung der Probelösung

Im Prinzip gelten die zuvor genannten Anforderungen auch für die Vorbereitung der Probelösungen. Die Probe wird in einem geeigneten Lösungsmittel, z. B. Tetrahydrofuran (THF), durch vorsichtiges Schütteln gelöst. Das Polymer sollte unter keinen Umständen mittels Ultraschallbad gelöst werden. Wenn nötig, wird die Probelösung mit Hilfe eines Membranfilters mit einer Porengröße von 0,2 bis 2 μm gereinigt.

Die Anwesenheit ungelöster Partikel muss im Abschlußbericht dokumentiert werden, da diese auf hohe Molmassenfraktionen zurückzuführen sein könnte. Es sollte ein geeignetes Verfahren verwendet werden, um die Gewichtsanteile der ungelösten Partikel zu bestimmen. Die Lösung sollte innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden.

1.6.3.   Apparatur

Lösungsmittelvorratsgefäß
Vorrichtung zum Entgasen (gegebenenfalls)
Pumpe
Pulsationsdämpfer (gegebenenfalls)
Injektionssystem
Chromatografiesäulen
Detektor
Durchflussmesser (gegebenenfalls)
Datenaufzeichnungs-/-verarbeitungsgerät
Abfallbehältnis

Es muss sichergestellt sein, dass das GPC-System gegenüber dem verwendeten Lösungsmittel inert ist (z. B. durch die Verwendung von Stahlkapillaren für das Lösungsmittel THF).

1.6.4.   Injektion und Lösungsmittelzugabesystem

Auf die Säule wird eine bestimmte Menge der Probelösung, entweder automatisch oder manuell in einer scharf begrenzten Zone aufgegeben. Ein zu schnelles Zurückziehen oder Drücken des Spritzenkolbens (bei manueller Ausführung) kann Veränderungen in der beobachteten Molmassenverteilung zur Folge haben. Die Lösungsmittelzugabe sollte möglichst pulsationsfrei erfolgen, wobei idealerweise ein Pulsationsdämpfer eingesetzt wird. Die Durchflussgeschwindigkeit liegt in der Größenordnung von 1 ml/min.

1.6.5.   Säule

Je nach Art der Probe wird das Polymer durch Verwendung einer einfachen oder mehrerer in Reihe geschalteter Säulen charakterisiert. Im Handel ist eine Reihe poröser Säulenmaterialien mit definierten Eigenschaften (z. B. Porengröße, Ausschlussgrenzen) erhältlich. Die Wahl des Trenngels oder der Länge der Säule ist sowohl von den Eigenschaften der Probe (hydrodynamisches Volumen, Molmassenverteilung) als auch von den spezifischen Bedingungen für die Trennung wie z. B. Lösungsmittel, Temperatur und Durchflussgeschwindigkeit (1) (2) (3) abhängig.

1.6.6.   Theoretische Böden

Die für die Trennung verwendete Säule bzw. Säulenkombination muss durch die Anzahl der theoretischen Böden charakterisiert sein. Dies umfasst (wenn THF als Elutionsmittel verwendet wird) die Aufgabe einer Lösung von Ethylenbenzol oder einer anderen geeigneten nichtpolaren Substanz auf die Säule. Die Zahl der theoretischen Böden ergibt sich aus folgender Gleichung:



oder

Dabei ist:

N=die Zahl der theoretischen Böden
Ve=das Elutionsvolumen am Peakmaximum
W=die Peakbreite an der Grundlinie
W1/2=die Peakbreite in halber Höhe

1.6.7.   Trennleistung

Außer der Zahl der theoretischen Böden, die für die Bestimmung der Bandbreite notwendig ist, spielt auch die Trennleistung eine Rolle, die sich aus der Steilheit der Eichkurve ergibt. Die Trennleistung einer Säule wird aus folgender Beziehung abgeleitet:

Dabei ist:

Ve, Mx=das Elutionsvolumen für Polystyrol mit der Molmasse Mx
Ve,(10.Mx)=das Elutionsvolumen für Polystyrol mit einer zehnmal größeren Molmasse

Die Auflösung (R) des Systems wird allgemein wie folgt definiert:

Dabei ist:

Ve1, Ve2=die Elutionsvolumen der beiden Polystyrolstandards am Peakmaximum
W1, W2=die Peakbreite an der Grundlinie
M1, M2=die Molmassen am Peakmaximum (sollten um den Faktor 10 differieren)

Der R-Wert für das Säulensystem sollte größer als 1,7 (4) sein.

1.6.8.   Lösungsmittel

Alle Lösungsmittel müssen von höchster Reinheit sein (T'HF wird in einer Reinheit von 99,5 % verwendet). Die Größe des Lösungsmittelreservoirs (gegebenenfalls in einer Inertgasatmosphäre) muss für die Kalibrierung der Säule und mehrere Probenanalysen ausreichend sein. Das Lösungsmittel muss entgast werden, bevor es mit Hilfe der Pumpe auf die Säule aufgegeben wird.

1.6.9.   Temperaturkontrolle

Die Temperatur von Injektionsschleife, Säulen, Detektor und Säulenmaterial sollte konstant und auf das gewählte Lösungsmittel abgestimmt sein.

1.6.10.   Detektor

Der Detektor dient zur mengenmäßigen Erfassung der Konzentration der aus der Säule eluierten Probe. Um eine unnötige Verbreiterung der Peaks zu vermeiden, muss das Kuvettenvolumen der Detektorzelle so klein wie möglich gehalten werden. Außer bei Lichtstreuungs- und Viskositätsdetektoren sollte es nicht mehr als 10 μl betragen. Für die Detektion wird in der Regel die Differentialrefraktometrie eingesetzt. Wenn es die spezifischen Eigenschaften der Probe oder des Elutionsmittels erfordern, können auch andere Detektortypen verwendet werden, z. B. UV/VIS-, IR-, Viskositätsdetektoren etc.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Im Hinblick auf die detaillierten Auswertungskriterien wie auch für die Anforderungen bezüglich Datenerfassung und -Verarbeitung sollte die DIN-Norm (1) angewendet werden.

Für jede Probe müssen zwei unabhängige Versuche durchgeführt werden, die getrennt analysiert werden.

Mn, Mw, Mw/Mn und Mp müssen für jede der Messungen bekannt sein. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich bei den gemessenen Werten um Relativwerte handelt, die der Molmasse des verwendeten Standards äquivalent sind.

Nach der Bestimmung der Retentionsvolumina oder der Retentionszeiten (u. U. mit Hilfe eines internen Standards korrigiert) werden die log Mp Werte (wobei Mp das Peakmaximum des Eichstandards ist) gegen eine dieser Größen aufgetragen. Mindestens zwei Eichpunkte sind pro Molmassendekade notwendig, und mindestens fünf Messpunkte sind für die Gesamtkurve erforderlich, durch die die geschätzte Molmasse der Probe erfasst werden soll. Der niedermolekulare Endpunkt der Eichkurve wird durch n-Hexylbenzol oder eine andere geeignete nichtpolare Substanz definiert. Zahlenmittel und Gewichtsmittel der Molmasse werden im Allgemeinen mittels elektronischer Datenverarbeitung auf der Grundlage der in Abschnitt 1.2 genannten Formeln ermittelt. Bei manueller Auswertung kann die ASTM D 3536-91 herangezogen werden (3).

Die Verteilungskurve muss in Form einer Tabelle oder als Abbildung (differentielle Häufigkeit oder Summenprozent gegen log M) dargestellt werden. Bei einer grafischen Darstellung sollte eine Molmassendekade in der Regel 4 cm breit sein, und das Peakmaximum sollte etwa 8 cm sein. Bei integralen Verteilungskurven sollte der Abstand auf der Ordinate zwischen 0 und 100 % bei ca. 10 cm liegen.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

verfügbare Informationen über die Prüfsubstanz (Identität, Zusatzstoffe, Verunreinigungen)
Beschreibung der Probenbehandlung, Beobachtungen, Probleme

2.2.2.   Instrumentierung

Reservoir des Elutionsmittels, Inertgas, Entgasung des Elutionsmittels, Zusammensetzung des Elutionsmittels, Verunreinigungen
Pumpe, Pulsationsdämpfer, Injektionssystem
Trennsäulen (Hersteller, alle Angaben zu den Säuleneigenschaften, z. B. Porengröße, Art des Trennmaterials etc., Zahl, Länge und Anordnung der verwendeten Säulen)
Zahl der theoretischen Böden der Säule (oder Säulenkombination), Trennleistung (Auflösungsvermögen des Systems)
Angaben über die Peaksymmetrie
Säulentemperatur, Art der Temperaturkontrolle
Detektor (Messprinzip, Typ, Kuvettenvolumen)
gegebenenfalls Durchflussmesser (Hersteller, Messprinzip)
Datenaufzeichnungs- und -Verarbeitungssystem (Hardware und Software)

2.2.3.   Systemkalibrierung

detaillierte Beschreibung des für die Erstellung der Eichkurve verwendeten Verfahrens
Angaben zu Qualitätskriterien dieses Verfahrens (z. B. Korrelationskoeffizient, Quadratsummenfehler usw.)
Angaben über alle Extrapolationen und Näherungen während des Versuchsablaufs sowie in der Auswertung und Verarbeitung der Daten
alle Messungen zur Erstellung der Eichkurve müssen in einer Tabelle dokumentiert sein, die für jeden Eichpunkt folgende Angaben enthält:

 

— Name der Probe,

— Hersteller der Probe,

— charakteristische Werte der Standards Mp, Mn, Mw, Mw/Mn, wie sie vom Hersteller genannt oder aus Messungen abgeleitet wurden, sowie alle Einzelheiten zur Bestimmungsmethode,

— Injektionsvolumen und Injektionskonzentration,

— für die Kalibrierung verwendeter Mp-Wert,

— am Peakmaximum gemessenes Elutionsvolumen oder korrigierte Retentionszeit,

— Mp, berechnet am Peakmaximum,

— prozentualer Fehler von berechneten Mp und Kalibrierwert Mp.

2.2.4.   Auswertung

Auswertung über die Zeit: verwendete Verfahren zur Gewährleistung der geforderten Reproduzierbarkeit (Korrekturverfahren, interner Standard etc.)
Angaben darüber, ob die Bewertung auf der Grundlage des Elutionsvolumens oder der Retentionszeit vorgenommen wurde
Angaben zu den Grenzen der Auswertung, wenn ein Peak nicht vollständig analysiert wurde
Beschreibung der Glättungsmethoden, falls verwendet
Vorbereitung und Vorbehandlung der Probe
Angaben zur Anwesenheit ungelöster Partikel, falls vorhanden
Injektionsvolumen (μl) und Injektionskonzentration (mg/ml)
Beobachtungen von Effekten, die zu Abweichungen vom idealen GPC-Profil führen
ausführliche Beschreibung aller Änderungen im Prüfverfahren
Einzelheiten zu den Fehlerbereichen
alle weiteren Angaben und Beobachtungen, die für die Auswertung der Ergebnisse relevant sind.

3.   LITERATURHINWEISE

(1) DIN 55672 (1995). Gelpermeationschromatografie (GPC) mit Tetrahydrofuran (THF) als Elutionsmittel, Teil 1.

(2) Yau, W.W., Kirkland, J.J., and Bly, D.D. eds, (1979). Modern Size Exclusion Liquid Chromatography, J. Wiley and Sons.

(3) ASTM D 3536-91, (1991). Standard Test Method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution by Liquid Exclusion Chromatography (Gel Permeation Chromatography-GPC). American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(4) ASTM D 5296-92 (1992). Standard Test Method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution of Polystyrene by High Performance Size-Exclusion Chromatography. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

Anlage

Beispiele anderer Methoden zur Bestimmung der zahlengemittelten Molmasse (Mn) von Polymeren

Die Gelpermeationschromatografie (GPC) ist die bevorzugte Methode zur Bestimmung von Mn, insbesondere wenn eine Reihe von Standards zur Verfügung steht, deren Struktur mit der des Polymers vergleichbar ist. Wo jedoch praktische Schwierigkeiten beim Einsatz der GPC auftreten oder wo zu erwarten ist, dass kein korrekter Wert für Mn erhalten wird (und was bestätigt werden soll), stehen Alternativen zur Verfügung, wie z. B.:

1.   Nutzung kolligativer Eigenschaften

1.1.
Ebullioskopie/Kryoskopie

besteht in der Messung der Siedepunkterhöhung (Ebullioskopie) oder Gefrierpunkterniedrigung (Kryoskopie) eines Lösungsmittels, wenn das Polymer zugefügt wird. Die Methode beruht auf der Tatsache, dass der Siede-/Gefrierpunkt des Lösungsmittels von der Molmasse des gelösten Polymers abhängig ist (1) (2).

Anwendungsbereich: Mn < 20 000 .

1.2.
Dampfdruckerniedrigung

besteht in der Messung des Dampfdrucks einer gewählten Bezugsflüssigkeit vor und nach der Zugabe einer bekannten Menge des Polymers (1) (2).

Anwendungsbereich: Mn < 20 000 (theoretisch; in der Praxis jedoch nur von eingeschränktem Bedeutungswert).

1.3.
Membranosmometrie

beruht auf dem Prinzip der Osmose, d. h. der natürlichen Tendenz von Lösungsmittelmolekülen, eine semipermeable Membran von einer verdünnten in Richtung einer konzentrierten Lösung zu durchdringen, um ein Gleichgewicht zu erreichen. In dem Test hat die verdünnte Lösung die Konzentration Null, während die konzentrierte Lösung das Polymer enthält. Die Wanderung des Lösungsmittels durch die Membran verursacht eine Druckdifferenz, die von der Konzentration und der Molmasse des Polymers (1) (3) (4) abhängig ist.

Anwendungsbereich: Mn < 20 000 -200 000 .

1.4.
Dampfphasen-Osmometrie

besteht im Vergleich der Verdunstungsgeschwindigkeit eines reinen Lösungsmittelaerosols mit mindestens drei Aerosolen, die das Polymer in unterschiedlichen Konzentrationen (1) (5) (6) enthalten.

Anwendungsbereich: Mn < 20 000 .

2.   Endgruppen-Analyse

Um diese Methode verwenden zu können, muss sowohl die Gesamtstruktur des Polymermoleküls als auch die Art der Endgruppe der Kette bekannt sein (die beispielsweise mittels NMR oder Titration/Derivatisierung vom Hauptgerüst unterschieden werden muss). Über die Endgruppenzahl kann die Molmasse des Polymers errechnet werden (7) (8) (9).

Anwendungsbereich: Mn bis zu 50 000 (mit abnehmender Zuverlässigkeit).

   Literaturhinweise

(1) Billmeyer, F.W. Jr., (1984). Textbook of Polymer Science, 3rd ed., John Wiley, New York.

(2) Glover, C.A., (1975). Absolute Colligative Property Methods. Kapitel 4. In: Polymer Molecular Weights, Teil I, P.E. Slade, Jr. ed., Marcel Dekker, New York.

(3) ASTM D 3750-79, (1979). Standard Practice for Determination of Number-Average Molecular Weight of Polymers by Membrane Osmometry. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(4) Coll, H. (1989). Membrane Osmometry. In: Determination of Molecular Weight, A.R. Cooper ed., J. Wiley and Sons, 25-52.

(5) ASTM 3592-77, (1977). Standard Recommended Practice for Determination of Molecular Weight by Vapour Pressure. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(6) Morris, C.E.M., (1989). Vapour Pressure Osmometry. In: Determination of Molecular Weight, A.R. Cooper ed., John Wiley and Sons.

(7) Schröder, E., Müller, G, und Arndt, K.-F., (1989). Polymer Characterisation, Carl Hanser Verlag, München.

(8) Garmon, R.G., (1975). End-Group Determinations, Kapitel 3. In: Polymer Molecular Weights, Teil I, P.E. Slade, Jr. ed. Marcel Dekker, New York.

(9) Amiya, S., et al. (1990). Pure and Applied Chemistry, 62, 2139-2146.

A.19.   NIEDERMOLEKULARER ANTEIL VON POLYMEREN

1.   METHODE

Diese gelpermeationschromatografische Methode entspricht der OECD TG 119 (1996). Die wichtigsten Grundsätze und weitere technische Informationen werden in den Literaturhinweisen (1) genannt.

1.1.   EINLEITUNG

Da die Eigenschaften von Polymeren so unterschiedlich sind, ist es unmöglich, nur eine einzige Methode zu nennen, die alle Bedingungen für die Trennung und Auswertung erfüllt und somit sämtliche Eventualitäten und Besonderheiten bei der Trennung von Polymeren berücksichtigt. Insbesondere für komplexe polymere Systeme ist die Gelpermeationschromatografie (GPC) häufig nicht geeignet. Wenn die GPC nicht anwendbar ist, kann die Molmasse mit Hilfe anderer Methoden bestimmt werden (siehe Anlage). In solchen Fällen muss die verwendete Methode in allen Einzelheiten beschrieben und die Gründe für deren Verwendung genannt werden.

Die beschriebene Methode beruht auf DIN-Norm 55672 (1). Diese Norm enthält ausführliche Informationen darüber, wie die Versuche durchgeführt und wie die Daten ausgewertet werden müssen. Wenn Änderungen der Versuchsbedingungen notwendig sein sollten, müssen diese Änderungen begründet werden. Es können andere Normen herangezogen werden, diese müssen jedoch belegt werden. Im beschriebenen Verfahren werden Polystyrolproben bekannter Polydispersität zur Kalibrierung verwendet; es kann jedoch vorkommen, dass das Verfahren für bestimmte Polymere, z. B. wasserlösliche und langkettige, verzweigte Polymere, angepasst werden muss.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der niedermolekulare Anteil wird willkürlich auf unter 1 000 Dalton festgelegt.

Die zahlengemittelte Molmasse Mn und die gewichtsgemittelte Molmasse Mw werden anhand folgender Gleichungen bestimmt:



Dabei ist:

Hi=die Höhe des Detektorsignals von der Grundlinie für das Retentionsvolumen Vi
Mi,=die Molmasse der Polymerfraktion bei dem Retentionsvolumen Vi
n=die Zahl der Datenpunkte

Die Breite der Molmassenverteilung, die ein Maß für die Dispersität des Systems ist, wird durch das Verhältnis Mw/Mn ausgedrückt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Da es sich bei der GPC um eine relative Methode handelt, muss eine Kalibrierung vorgenommen werden. Hierzu werden in der Regel eng verteilte, linear aufgebaute Polystyrolstandards mit bekannten mittleren Molmassen Mn und Mw und einer bekannten Molmassenverteilung verwendet. Die Eichkurve kann für die Bestimmung der Molmassen unbekannter Proben nur herangezogen werden, wenn die Bedingungen für die Trennung der Probe und der Standards identisch sind.

Ein fester Bezug zwischen der Molmasse und dem Elutionsvolumen ist nur unter den spezifischen Bedingungen des betreffenden Versuchs zulässig. Diese Bedingungen umfassen vor allem die Temperatur, das Lösungsmittel (oder die Lösungsmittelmischung), die chromatografischen Bedingungen und die Trennsäule bzw. das Trennsäulensystem.

Bei den auf diese Weise ermittelten Molmassen der Probe handelt es sich um relative Werte, die als „polystyrol-äquivalente Molmasse“ bezeichnet werden. Das bedeutet, dass — in Abhängigkeit von den strukturellen und chemischen Unterschieden zwischen der Probe und den Standards — die Molmassen mehr oder weniger von den absoluten Werten abweichen können. Werden andere Standards verwendet, z. B. Polyethylenglykol, Polyethylenoxid, Polymethylmethacrylat, Polyacrylsäure, so muss dies begründet werden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Sowohl die Molmassenverteilung der Probe als auch die mittleren Molmassen (Mn, Mw) können mit Hilfe der GPC bestimmt werden. Bei der GPC handelt es sich um eine besondere Form der Flüssigchromatografie, bei der die Probe nach den hydrodynamischen Volumina der einzelnen Bestandteile (2) aufgetrennt wird.

Die Trennung erfolgt, indem die Probe durch eine Säule läuft, die mit einem porösen Material, in der Regel einem organischen Gel, gefüllt ist. Kleine Moleküle durchdringen die Poren, während große Moleküle ausgeschlossen werden. Der Weg der großen Moleküle ist daher kürzer, und folglich werden diese zuerst eluiert. Die Moleküle mittlerer Größe durchdringen einige der Poren und werden zu einem späteren Zeitpunkt eluiert. Die kleinsten Moleküle, mit einem durchschnittlichen hydrodynamischen Radius, der kleiner ist als die Poren des Gels, können alle Poren durchdringen. Diese werden zuletzt eluiert.

Im Idealfall erfolgt die Trennung ausschließlich über die Größe der Moleküle, doch ist es in der Praxis schwierig, gewisse störende Absorptionseffekte zu vermeiden. Ungleichmäßige Säulenfüllungen und Totvolumen können zur weiteren Verschlechterung der Trennung führen (2).

Die Detektion erfolgt beispielsweise über den Brechungsindex oder die UV-Absorption und ergibt eine einfache Verteilungskurve. Um tatsächliche Molmassenwerte für die Kurve zu erhalten, ist es notwendig, die Säule zu kalibrieren, indem Polymere mit bekannter Molmasse sowie idealerweise auch mit im Großen und Ganzen vergleichbarer Struktur, z. B. verschiedene Polystyrolstandards, auf diese Säule aufgegeben werden. In der Regel ergibt sich eine Gaußsche Kurve, die gelegentlich durch einen kleinen Schwanz in Richtung der niedrigen Molmassen verzerrt ist; die vertikale Achse zeigt die Häufigkeit der verschiedenen eluierten Molmassenfraktionen, die horizontale Achse log Molmasse.

Der niedermolekulare Anteil wird aus dieser Kurve abgeleitet. Die Berechnung kann nur dann genau sein, wenn die niedermolekularen Fraktionen in Bezug auf die Masse äquivalent zum Polymer als Ganzes sind.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Wiederholbarkeit (Relative Standardabweichung: RSA) für den Wert des Elutionsvolumens sollte besser als 0,3 % sein. Die geforderte Wiederholbarkeit der Analyse muss durch Korrektur mittels eines internen Standards gewährleistet sein, wenn ein Chromatogramm zeitabhängig ausgewertet wird und nicht dem oben genannten Kriterium (1) entspricht. Die Polydispersitäten sind von den Molmassen der Standards abhängig. Für die Polystyrolstandards sind folgende Werte charakteristisch:



Mp < 2 000 Mw/Mn < 1,20
2 000 ≤ Mp ≤ 106Mw/Mn < 1,05
Mp > 106Mw/Mn < 1,20

(Mp bezeichnet die Molmasse des Standards am Peakmaximum)

1.6.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.6.1.   Vorbereitung der Standardpolystyrollösungen

Die Polystyrolstandards werden vorsichtig im gewählten Elutionsmittel gelöst. Die Empfehlungen des Herstellers müssen bei der Vorbereitung der Lösungen berücksichtigt werden.

Die Konzentrationen der gewählten Standards sind von verschiedenen Faktoren abhängig, z. B. Injektionsvolumen, Viskosität der Lösung und Empfindlichkeit des analytischen Detektors. Das maximale Injektionsvolumen muss der Länge der Säule angepasst werden, um eine Überbeladung zu vermeiden. Normalerweise liegen die Injektionsvolumina für analytische Trennungen mittels GPC durch eine Säule von 30 cm × 7,8 mm zwischen 40 und 100 μl. Größere Volumen sind möglich, doch sollten 250 μl nicht überschritten werden. Das optimale Verhältnis zwischen Injektionsvolumen und Konzentration muss vor der eigentlichen Kalibrierung der Säule bestimmt werden.

1.6.2.   Vorbereitung der Probelösung

Im Prinzip gelten die zuvor genannten Anforderungen auch für die Vorbereitung der Probelösungen. Die Probe wird in einem geeigneten Lösungsmittel, z. B. Tetrahydrofuran (THF), durch vorsichtiges Schütteln gelöst. Die Lösung sollte unter keinen Umständen mittels Ultraschallbad gelöst werden. Wenn nötig, wird die Probelösung mit Hilfe eines Membranfilters mit einer Porengröße von 0,2 bis 2 μm gereinigt.

Die Anwesenheit ungelöster Partikel muss im Abschlussbericht dokumentiert werden, da diese auf hohe Molmassenfraktionen zurückzuführen sein könnte. Es sollte ein geeignetes Verfahren verwendet werden, um die Gewichtsanteile der ungelösten Partikel zu bestimmen. Die Lösung sollte innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden.

1.6.3.   Berichtigungen aufgrund von Verunreinigungen und Zusatzstoffen

Die Korrektur des Gehalts an Fraktionen mit M < 1 000 aufgrund bestimmter vorhandener nichtpolymerer Komponenten (z. B. Verunreinigungen und/oder Zusatzstoffe) ist in der Regel notwendig, sofern der gemessene Gehalt nicht bereits < 1 % ist. Dies wird durch die direkte Analyse der Polymerlösung oder des GPC-Eluats erreicht.

Wenn das Eluat nach Durchlaufen der Säule für eine weitere Analyse zu verdünnt ist, muss es konzentriert werden. Es kann u. U. erforderlich sein, das Eluat bis zur Trocknung einzudampfen und den Rückstand neu aufzulösen. Die Konzentrierung des Eluats muss unter Bedingungen erfolgen, die sicherstellen, dass im Eluat keine Veränderungen auftreten. Die Behandlung des Eluats nach der GPC ist abhängig davon, welches analytische Verfahren für die quantitative Bestimmung eingesetzt wird.

1.6.4.   Apparatur

Die GPC-Apparatur besteht aus folgenden Komponenten:

Lösungsmittelvorratsgefäß,
Vorrichtung zum Entgasen (gegebenenfalls),
Pumpe,
Pulsationsdämpfer (gegebenenfalls),
Injektionssystem,
Chromatografiesäulen,
Detektor,
Durchflussmesser (gegebenenfalls),
Datenaufzeichnungs-/-verarbeitungsgerät,
Abfallbehältnis.

Es muss sichergestellt sein, dass das GPC-System gegenüber dem verwendeten Lösungsmittel inert ist (z. B. durch die Verwendung von Stahlkapillaren für das Lösungsmittel THF).

1.6.5.   Injektion und Lösungsmittelzugabesystem

Auf die Säule wird eine bestimmte Menge der Probelösung, entweder automatisch oder manuell in einer scharf begrenzten Zone aufgegeben. Ein zu schnelles Zurückziehen oder Drücken des Spritzenkolbens (bei manueller Ausführung) kann Veränderungen in der beobachteten Molmassenverteilung zur Folge haben. Die Lösungsmittelzugabe sollte möglichst pulsationsfrei sein, wobei idealerweise ein Pulsationsdämpfer eingesetzt wird. Die Durchflussgeschwindigkeit liegt in der Größenordnung von 1 ml/min.

1.6.6.   Säule

Je nach Art der Probe wird das Polymer durch Verwendung einer einfachen oder mehrerer in Reihe geschalteter Säulen charakterisiert. Im Handel ist eine Reihe poröser Säulenmaterialien mit definierten Eigenschaften (z. B. Porengröße, Ausschlussgrenzen) erhältlich. Die Wahl des Trenngels oder der Länge der Säule ist sowohl von den Eigenschaften der Probe (hydrodynamisches Volumen, Molmassenverteilung) als auch von den spezifischen Bedingungen für die Trennung wie z. B. Lösungsmittel, Temperatur und Durchflussgeschwindigkeit (1) (2) (3) abhängig.

1.6.7.   Theoretische Böden

Die für die Trennung verwendete Säule bzw. Säulenkombination muss durch die Anzahl der theoretischen Böden charakterisiert sein. Dies umfasst (wenn THF als Elutionsmittel verwendet wird) die Aufgabe einer Lösung von Ethylenbenzol oder einer anderen geeigneten nichtpolaren Substanz auf die Säule. Die Zahl der theoretischen Böden ergibt sich aus folgender Gleichung:



oder

Dabei ist:

N=die Zahl der theoretischen Böden
Ve=das Elutionsvolumen am Peakmaximum
W=die Peakbreite an der Grundlinie
W1/2=die Peakbreite in halber Höhe

1.6.8.   Trennleistung

Außer der Zahl der theoretischen Böden, die für die Bestimmung der Bandbreite notwendig ist, spielt auch die Trennleistung eine Rolle, die sich aus der Steilheit der Eichkurve ergibt. Die Trennleistung einer Säule wird aus folgender Beziehung abgeleitet:

Dabei ist:

Ve, Mx=das Elutionsvolumen für Polystyrol mit der Molmasse Mx
Ve,(10.Mx)=das Elutionsvolumen für Polystyrol mit einer zehnmal größeren Molmasse

Die Auflösung (R) des Systems wird allgemein wie folgt definiert:

Dabei ist:

Ve1, Ve2=die Elutionsvolumen der beiden Polystyrolstandards am Peakmaximum
W1, W2=die Peakbreite an der Grundlinie
M1, M2=die Molmassen am Peakmaximum (sollten um den Faktor 10 differieren)

Der R-Wert für das Säulensystem sollte größer als 1,7 (4) sein.

1.6.9.   Lösungsmittel

Alle Lösungsmittel müssen von höchster Reinheit sein (THF wird in einer Reinheit von 99,5 % verwendet). Die Größe des Lösungsmittelreservoirs (gegebenenfalls in einer Inertgasatmosphäre) muss für die Kalibrierung der Säule und mehrere Probenanalysen ausreichend sein. Das Lösungsmittel muss entgast werden, bevor es mit Hilfe der Pumpe auf die Säule aufgegeben wird.

1.6.10.   Temperaturkontrolle

Die Temperatur von Injektionsschleife, Säulen, Detektor und Säulenmaterial sollte konstant und auf das gewählte Lösungsmittel abgestimmt sein.

1.6.11.   Detektor

Der Detektor dient zur mengenmäßigen Erfassung der Konzentration der aus der Säule eluierten Probe. Um eine unnötige Verbreiterung der Peaks zu vermeiden, muss das Kuvettenvolumen der Detektorzelle so klein wie möglich gehalten werden. Außer bei Lichtstreuungs- und Viskositätsdetektoren sollte es nicht mehr als 10 μl betragen. Für die Detektion wird in der Regel die Differentialrefraktometrie eingesetzt. Wenn es die spezifischen Eigenschaften der Probe oder des Elutionsmittels erfordern, können auch andere Detektortypen verwendet werden, z. B. UV/VIS-, IR-, Viskositätsdetektoren usw.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Im Hinblick auf die detaillierten Auswertungskriterien wie auch für die Anforderungen bezüglich Datenerfassung und -Verarbeitung sollte die DIN-Norm (1) angewendet werden.

Für jede Probe müssen zwei unabhängige Versuche durchgeführt werden, die getrennt analysiert werden. Ferner ist es absolut unerlässlich, auch Daten aus Blindproben zu ermitteln, die unter den gleichen Bedingungen getestet werden wie die Probe.

Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich bei den gemessenen Werten um Relativwerte handelt, die der Molmasse des verwendeten Standards äquivalent sind.

Nach der Bestimmung der Retentionsvolumina oder der Retentionszeiten (u. U. mit Hilfe eines internen Standards korrigiert) werden die log Mp Werte (wobei Mp das Peakmaximum des Eichstandards ist) gegen eine dieser Größen aufgetragen. Mindestens zwei Eichpunkte sind pro Molmassendekade notwendig, und mindestens fünf Messpunkte sind für die Gesamtkurve erforderlich, durch die die geschätzte Molmasse der Probe erfasst werden soll. Der niedermolekulare Endpunkt der Eichkurve wird durch n-Hexylbenzol oder eine andere geeignete nichtpolare Substanz definiert. Zahlenmittel und Gewichtsmittel der Molmasse werden im Allgemeinen mittels elektronischer Datenverarbeitung auf der Grundlage der in Abschnitt 1.2 genannten Formeln ermittelt. Bei manueller Auswertung kann die ASTM D 3536-91 herangezogen werden (3).

Wenn unlösliche Polymeranteile in der Säule zurückgehalten werden, ist ihre Molmasse wahrscheinlich höher als die der löslichen Fraktion. Wird dies nicht berücksichtigt, kann der niedermolekulare Anteil zu hoch eingeschätzt werden; in der Anlage ist beschrieben, wie der unlösliche Polymeranteil berücksichtigt werden kann.

Die Verteilungskurve muss in Form einer Tabelle oder als Zahl (differentielle Häufigkeit oder Summenprozent gegen log M) dargestellt werden. Bei der grafischen Darstellung sollte eine Molmassendekade in der Regel 4 cm breit sein, und das Peakmaximum sollte etwa 8 cm sein. Bei integralen Verteilungskurven sollte der Abstand auf der Ordinate zwischen 0 und 100 % ca. 10 cm betragen.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Verfügbare Informationen über die Prüfsubstanz (Identität, Zusatzstoffe, Verunreinigungen)
Beschreibung der Probenbehandlung, Beobachtungen, Probleme

2.2.2.   Instrumentierung

Reservoir des Elutionsmittels, Inertgas, Entgasung des Elutionsmittels, Zusammensetzung des Elutionsmittels, Verunreinigungen
Pumpe, Pulsationsdämpfer, Injektionssystem
Trennsäulen (Hersteller, alle Angaben zu den Säuleneigenschaften, z. B. Porengröße, Art des Trennmaterials etc., Zahl, Länge und Anordnung der verwendeten Säulen)
Zahl der theoretischen Böden der Säule (oder Säulenkombination), Trennleistung (Auflösungsvermögen des Systems)
Angaben über die Peaksymmetrie
Säulentemperatur, Art der Temperaturkontrolle
Detektor (Messprinzip, Typ, Kuvettenvolumen)
gegebenenfalls Durchflussmesser (Hersteller, Messprinzip)
Datenaufzeichnungs- und -Verarbeitungssystem (Hardware und Software)

2.2.3.   Systemkalibrierung

Detaillierte Beschreibung des für die Erstellung der Eichkurve verwendeten Verfahrens
Angaben zu Qualitätskriterien dieses Verfahrens (z. B. Korrelationskoeffizient, Quadratsummenfehler usw.)
Angaben über alle Extrapolationen und Näherungen während des Versuchsablaufs sowie in der Auswertung und Verarbeitung der Daten
Alle Messungen zur Erstellung der Eichkurve müssen in einer Tabelle dokumentiert sein, die für jeden Eichpunkt folgende Angaben enthält:

 

— Name der Probe,

— Hersteller der Probe,

— charakteristische Werte der Standards Mp, Mn, Mw, Mw/Mn, wie sie vom Hersteller genannt oder aus Messungen abgeleitet wurden, sowie alle Einzelheiten zur Bestimmungsmethode,

— Injektionsvolumen und Injektionskonzentration,

— für die Kalibrierung verwendeter Mp-Wert,

— am Peakmaximum gemessenes Elutionsvolumen oder korrigierte Retentionszeit,

— Mp, berechnet am Peakmaximum,

— prozentualer Fehler vom berechneten Mp und Kalibrierwert Mp.

2.2.4.   Angaben zum niedermolekularen Anteil

Beschreibung der für die Analyse verwendeten Methoden sowie der Art und Weise, wie die Versuche durchgeführt wurden
Angaben zu dem prozentuellen Anteil der niedermolekularen Fraktionen (w/w) im Verhältnis zur Gesamtprobe
Angaben zu Verunreinigungen, Zusatzstoffen und anderen nichtpolymeren Fraktionen ( % w/w) im Verhältnis zur Gesamtprobe

2.2.5.   Auswertung

Auswertung über die Zeit: verwendete Verfahren zur Gewährleistung der geforderten Reproduzierbarkeit (Berichtigungsverfahren, interner Standard usw.)
Angaben darüber, ob die Bewertung auf der Grundlage des Elutionsvolumens oder der Retentionszeit vorgenommen wurde
Angaben zu den Grenzen der Auswertung, wenn ein Peak nicht vollständig analysiert wurde
Beschreibung der Glättungsmethoden, falls verwendet
Vorbereitung und Vorbehandlung der Probe
Angaben zur Anwesenheit ungelöster Partikel, falls vorhanden
Injektionsvolumen (μl) und Injektionskonzentration (mg/ml)
Beobachtungen von Effekten, die zu Abweichungen vom idealen GPC-Profil führen
Ausführliche Beschreibung aller Änderungen im Prüfverfahren
Einzelheiten zu den Fehlerbereichen
Alle weiteren Angaben und Beobachtungen, die für die Auswertung der Ergebnisse relevant sind

3.   LITERATURHINWEISE

(1) DIN 55672 (1995) Gelpermeationschromatografie (GPC) mit Tetrahydrofuran (THF) als Elutionsmittel, Teil 1.

(2) Yau, W.W., Kirkland, J.J., and Bly, D.D. eds (1979). Modern Size Exclusion Liquid Chromatography, J. Wiley and Sons.

(3) ASTM D 3536-91, (1991). Standard Test method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution by Liquid Exclusion Chromatography (Gel Permeation Chromatography — GPC). American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

(4) ASTM D 5296-92, (1992). Standard Test method for Molecular Weight Averages and Molecular Weight Distribution of Polystyrene by High Performance Size-Exclusion Chromatography. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, Pennsylvania.

Anlage

Korrektur des niedermolekularen Anteils um unlösliche Polymerfraktionen

Sind unlösliche Polymeranteile in einer Probe vorhanden, so führt dies zu Masseverlusten während der GPC-Analyse. Das unlösliche Polymer kann an der Säule bzw. im Probenfilter zurückgehalten werden, während der lösliche Teil der Probe die Säule durchläuft. Wenn das Brechungsindexinkrement (dn/dc) des Polymers geschätzt oder gemessen werden kann, kann auch der Masseverlust der Probe in der Säule abgeschätzt werden. In diesem Fall wird eine Korrektur anhand einer externen Kalibrierung mit Standardmaterialien bekannter Konzentration und bekanntem dn/dc zur Eichung des Refraktometers vorgenommen. In dem folgenden Beispiel wird ein Polymethylmethacrylat (pMMA)-Standard verwendet.

Bei der externen Kalibrierung zur Analyse von Acrylpolymeren wird ein pMMA-Standard bekannter Konzentration in Tetrahydrofuran mittels GPC untersucht; die sich daraus ergebenden Daten dienen der Ermittlung der Refraktometerkonstanten mit folgender Gleichung:

K = R/(C × V × dn/dc)

Dabei ist:

K=die Refraktometerkonstante (in Mikrovoltsekunde/ml)
R=die Messgröße für den pMMA-Standard (in Mikrovoltsekunde)
C=die Konzentration des pMMA-Standards (in mg/ml)
V=das Injektionsvolumen (in ml)
dn/dc=das Brechungsindexinkrement für pMMA in Tetrahydrofuran (in ml/mg)

Die folgenden Daten sind für einen pMMA-Standard charakteristisch:

R=2 937 891
C=1,07 mg/ml
V=0,1 ml
dn/ac=9 × 10-5 ml/mg.

Der sich daraus ergebende Wert K = 3,05 × 1011 wird dann zur Berechnung des theoretischen Detektorsignals herangezogen, wenn 100 % des injizierten Polymers den Detektor passiert haben.

A.20.   LÖSUNGS-/EXTRAKTIONSVERHALTEN VON POLYMEREN IN WASSER

1.   METHODE

Die beschriebene Methode entspricht der geänderten Fassung der OECD TG 120 (1997). Weitere technische Informationen werden in den Literaturhinweisen (1) gegeben.

1.1.   EINLEITUNG

Bestimmte Polymere, wie z. B. Emulsionspolymere, müssen eventuell vorbehandelt werden, bevor die nachstehend beschriebene Methode verwendet werden kann. Die Methode ist nicht anwendbar für flüssige Polymere und Polymere, die unter den Testbedingungen mit Wasser reagieren.

Wenn die Methode nicht praktikabel oder nicht möglich ist, sollte das Lösungs-/Extraktionsverhalten mittels anderer Methoden untersucht werden. In diesem Fall muss die verwendete Methode in allen Einzelheiten beschrieben und ihre Verwendung begründet werden.

1.2.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Das Lösungs-/Extraktionsverhalten von Polymeren in einem wässrigen Medium wird mit Hilfe der Kolbenmethode ermittelt (siehe A.6 Wasserlöslichkeit, Kolbenmethode), wobei die unten beschriebenen Änderungen vorgenommen wurden.

1.4.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Ausstattung

Für die Durchführung der Methode ist folgende Ausstattung erforderlich:

Zerkleinerungsgerät, z. B. Mühle zur Herstellung von Partikeln bekannter Größe,
Schüttelgerät mit der Möglichkeit zur Temperaturkontrolle,
Membranfiltersystem,
geeignete Analysegeräte,
genormte Siebe.

1.5.2.   Probenvorbereitung

Eine repräsentative Probe muss zunächst mit Hilfe geeigneter Siebe auf eine Partikelgröße zwischen 0,125 und 0,25 mm reduziert werden. Für die Stabilität der Probe oder für den Zerkleinerungsprozess kann dazu u. U. eine Kühlung erforderlich sein. Gummiartige Materialien können bei der Temperatur von Flüssigstickstoff (1) zerkleinert werden.

Wenn die erforderliche Partikelgrößenfraktion nicht erreicht werden kann, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Partikelgröße so weit wie möglich zu reduzieren; die Ergebnisse sollten dokumentiert werden. Im Bericht muss festgehalten werden, wie die zerkleinerte Probe vor dem Test aufbewahrt wurde.

1.5.3.   Verfahren

Je 10 g Prüfsubstanz werden in drei mit einem Glasstopfen versehene Gefäße gegeben; jedes Gefäß wird mit 1 000 ml Wasser aufgefüllt. Wenn sich eine Polymermenge von 10 g als unpraktikabel erweist, sollte die nächstgrößere Menge, die verarbeitet werden kann, eingesetzt und mit Wasser entsprechend aufgefüllt werden.

Die Gefäße werden fest verschlossen und dann bei 20 oC geschüttelt. Es sollte ein Schüttel- oder Rührgerät verwendet werden, das bei einer konstanten Temperatur arbeitet. Nach 24 Stunden wird der Inhalt eines jeden Gefäßes zentrifugiert oder filtriert und die Polymerkonzentration in der klaren wässrigen Phase mit Hilfe eines geeigneten analytischen Verfahrens bestimmt. Sollten keine geeigneten analytischen Verfahren für die wässrige Phase zur Verfügung stehen, kann die Gesamtlöslichkeit/-extrahierbarkeit anhand der Trockenmasse des Filterrückstands oder des zentrifugierten Niederschlags abgeschätzt werden.

Es ist in der Regel notwendig, quantitativ zwischen Verunreinigungen und Zusatzstoffen einerseits und den niedermolekularen Fraktionen andererseits zu differenzieren. Im Fall einer gravimetrischen Bestimmung ist es ferner wichtig, eine Blindprobe durchzuführen, in der keine Prüfsubstanz eingesetzt wird, um Rückstände aus dem Versuchsverfahren zu berücksichtigen.

Das Lösungs-/Extraktionsverhalten von Polymeren in Wasser bei 37 oC bei pH-Werten von 2 und 9 kann auf gleiche Weise bestimmt werden wie für die Untersuchung bei 20 oC beschrieben. Die pH-Werte können entweder durch Zugabe einer geeigneten Pufferlösung oder entsprechender Säuren bzw. Basen wie z. B. Salzsäure, Essigsäure, Natrium- oder Kaliumhydroxid oder NH3 p. a. erreicht werden.

In Abhängigkeit von der eingesetzten Analysemethode sollten ein oder zwei Tests durchgeführt werden. Wenn hinreichend genaue Methoden zur direkten Analyse der wässrigen Phase der Polymerkomponente zur Verfügung stehen, sollte ein Test (wie oben beschrieben) ausreichen. Wenn solche Methoden jedoch nicht verfügbar sind und die Bestimmung des Lösungs-/Extraktionsverhaltens des Polymers auf indirekte Analysen beschränkt ist, bei denen lediglich der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) des wässrigen Extrakts bestimmt wird, sollte ein zusätzlicher Test durchgeführt werden. Dieser zusätzliche Test sollte ebenfalls dreimal durchgeführt werden, wobei zehnmal kleinere Polymerproben und die gleichen Mengen Wasser wie im ersten Test verwendet werden.

1.5.4.   Analyse

1.5.4.1.   Test mit einer Probengröße

Es ist möglich, dass Methoden für die direkte Analyse von Polymerkomponenten in der wässrigen Phase zur Verfügung stehen. Alternativ können auch indirekte Analysen der gelösten/extrahierten Polymerkomponenten durchgeführt werden, in denen der Gesamtgehalt der löslichen Anteile bestimmt und eine Berichtigung um nichtpolymerspezifische Bestandteile vorgenommen wird.

Eine Analyse der wässrigen Phase für das gesamte Polymer ist möglich entweder durch ein hinreichend empfindliches Verfahren, wie z. B.

TOC unter Verwendung eines Peroxosulfat- oder Dichromataufschlusses zur Darstellung von CO2 und einer IR-Analyse oder chemischen Analyse,
Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) oder das ICP-Emissionsäquivalent (Inductively Coupled Plasma) für silizium- oder metallhaltige Polymere,
UV-Absorption der Spektrofluorimetrie für Arylpolymere,
LC-MS für Proben mit geringer niedriger Molmasse,

oder durch Eindampfen des wässrigen Extrakts im Vakuum und Analyse des Rückstands mit Hilfe der Spektroskopie (IR, UV usw.) oder AAS/ICP.

Wenn eine Analyse der wässrigen Phase als solche nicht praktikabel ist, sollte der wässrige Extrakt mittels eines nicht mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittels, z. B. einem chlorierten Kohlenwasserstoff, extrahiert werden. Das Lösungsmittel wird anschließend abgezogen, der Rückstand wird (wie oben für den Polymergehalt beschrieben) analysiert. Alle Bestandteile dieses Rückstands, die als Verunreinigungen oder Zusatzstoffe identifiziert werden, müssen für die Bestimmung des Lösungs-/Extraktionsgrades des Polymers subtrahiert werden.

Wenn relativ große Mengen solcher Stoffe vorhanden sind, kann es u. U. notwendig sein, den Rückstand beispielsweise einer HPLC- oder GC-Analyse zu unterwerfen, um die Verunreinigungen von den vorhandenen Monomeren bzw. Monomerderivaten zu unterscheiden, um deren tatsächlichen Gehalt zu bestimmen.

In einigen Fällen ist es u. U. ausreichend, das organische Lösungsmittel abzuziehen und den trockenen Rückstand auszuwiegen.

1.5.4.2.   Test mit zwei unterschiedlichen Probengrößen

Alle wässrigen Extrakte werden auf ihren TOC analysiert.

An dem nichtgelösten/nichtextrahierten Teil einer Probe wird eine gravimetrische Analyse durchgeführt. Wenn nach der Zentrifugation oder Filtration noch Polymerablagerungen an den Wänden des Gefäßes zu finden sind, sollte das Gefäß so lange mit dem Filtrat gespült werden, bis es frei von allen sichtbaren Rückständen ist. Im Anschluss wird das Filtrat erneut zentrifugiert oder filtriert. Die auf dem Filter oder im Zentrifugenglas verbliebenen Rückstände werden bei 40 oC im Vakuum getrocknet und gewogen. Die Trocknung wird fortgesetzt, bis ein konstantes Gewicht erzielt wurde.

2.   DATEN

2.1.   TEST MIT EINER PROBENGRÖSSE

Die einzelnen Ergebnisse für die drei Kolben und die Durchschnittswerte sollten in Masseeinheiten pro Lösungsvolumen (mg/1) bzw. Masseeinheiten pro Masse der Polymerprobe (mg/g) angegeben werden. Außerdem sollte der Gewichtsverlust der Probe (berechnet als Quotient aus der Masse des eluierten Anteils und der Masse der ursprünglichen Probe) angegeben werden. Die relativen Standardabweichungen (RSA) sollten berechnet werden. Die Zahlen sollten sowohl für die gesamte Substanz (Polymer + Additive usw.) als auch für das Polymer allein (d. h. nach Abzug der Zusatzstoffe) genannt werden.

2.2.   TEST MIT ZWEI UNTERSCHIEDLICHEN PROBENGRÖSSEN

Die einzelnen TOC-Werte der wässrigen Extrakte der beiden Dreifachversuche sowie der Durchschnittswert für jeden Versuch sollten sowohl in Masseeinheiten pro Lösungsvolumen (normalerweise mg C/l) als auch in Maßeinheiten pro Gewicht der ursprünglichen Probe (normalerweise mg C/g) ausgedrückt werden.

Wenn es keinen Unterschied zwischen den Ergebnissen mit hohem bzw. niedrigem Probe-Wasser-Verhältnis gibt, deutet dies darauf hin, dass alle extrahierbaren Komponenten auch tatsächlich extrahiert worden sind. In diesem Fall ist eine direkte Analyse in der Regel nicht erforderlich.

Die Massen der einzelnen Rückstände sollten als prozentualer Anteil der Ausgangsmasse der Proben angegeben werden. Die Durchschnittswerte sollten ermittelt werden. Die Differenz zwischen 100 und den gefundenen Prozentsätzen stellt den Prozentgehalt des löslichen und extrahierbaren Materials der ursprünglichen Probe dar.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

3.1.1.   Prüfsubstanz

Verfügbare Angaben zur Prüfsubstanz (Identität, Zusatzstoffe, Verunreinigungen, Gehalt der niedermolekularen Spezies)

3.1.2.   Versuchsbedingungen

Beschreibung der verwendeten Verfahren und Versuchsbedingungen
Beschreibung der Analyse- und Nachweismethoden

3.1.3.   Ergebnisse

Ergebnisse der Löslichkeit/Extrahierbarkeit in mg/1; Einzel- und Durchschnittswerte für die Extraktionstests in den verschiedenen Lösungen, aufgeschlüsselt nach Polymergehalt und Verunreinigungen, Zusatzstoffen usw.
Ergebnisse der Löslichkeit/Extrahierbarkeit in mg/g Polymer
TOC-Werte der wässrigen Extrakte, Masse des eluierten Teils und errechnete Prozentsätze (gegebenenfalls)
pH-Wert der einzelnen Proben
Angaben zu den Werten der Blindproben
Gegebenenfalls Hinweise auf die chemische Instabilität der Prüfsubstanz sowohl während der Prüfung als auch während des Analyseverfahrens
Alle Informationen, die für die Auswertung der Ergebnisse von Bedeutung sind

4.   HINWEISE

(1) DIN 53733 (1976) Zerkleinerung von Kunststofferzeugnissen für Prüfzwecke.

A.21.   BRANDFÖRDERNDE EIGENSCHAFTEN (FLÜSSIGE STOFFE)

1.   VERFAHREN

1.1.   EINLEITUNG

Mit diesem Prüfverfahren soll festgestellt werden, inwieweit ein flüssiger Stoff die Verbrennungsgeschwindigkeit oder die Verbrennungsintensität eines brennbaren Stoffes erhöhen kann oder ein Gemisch mit einem brennbaren Stoff bilden kann, welches sich spontan entzündet, wenn beide sorgfältig gemischt werden. Es beruht auf dem UN-Test auf brandfördernde (oxidierende) Eigenschaften für flüssige Stoffe (1) und ist ihm gleichwertig. Da dieses Verfahren A.21 jedoch in erster Linie für die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingeführt wurde, ist lediglich der Vergleich mit einem Referenzstoff vorgeschrieben. Weitere Tests und der Vergleich mit zusätzlichen Referenzstoffen können erforderlich sein, wenn die Testergebnisse für andere Zwecke verwendet werden sollen .

Dieser Test muss nicht durchgeführt werden, wenn anhand der Strukturformel hinreichend nachgewiesen wurde, dass der Stoff mit anderen brennbaren Stoffen nicht exotherm reagieren kann.

Es ist nützlich, Vorausinformationen über die potenziellen explosiven Eigenschaften der Stoffe zu haben, bevor dieser Test durchgeführt wird.

Dieser Test ist nicht auf feste Stoffe, Gase, explosive oder leichtentzündliche Stoffe oder auf organische Peroxide anwendbar.

Dieser Test muss nicht durchgeführt werden, wenn bereits Ergebnisse für den getesteten Stoff aus dem UN-Test auf brandfördernde (oxidierende) Eigenschaften für flüssige Stoffe (1) vorliegen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Die durchschnittliche Druckanstiegszeit ist der Durchschnitt der gemessenen Zeiten, die vergehen, bis ein Gemisch bei einem Test einen Druckanstieg von 690 kPa auf 2 070 kPa über atmosphärischem Druck erzeugt.

1.3.   REFERENZSTOFF

Als Referenzstoff ist 65 % (w/w) Salpetersäure in wässriger Lösung (analysenrein) erforderlich .

Wenn der Experimentator davon ausgeht, dass die Ergebnisse dieses Tests auch für andere Zwecke verwendet werden sollen , kann die Prüfung zusätzlicher Referenzstoffe sinnvoll sein .

1.4.   PRINZIP DES PRÜFVERFAHRENS

Die Testflüssigkeit wird in einem Massenverhältnis von 1:1 mit Fasercellulose gemischt und in ein Druckgefäß gefüllt. Kommt es beim Mischen oder beim Einfüllen spontan zur Entzündung, sind keine weiteren Tests mehr nötig.

Kommt es nicht spontan zur Entzündung, so wird der gesamte Test durchgeführt. Das Gemisch wird in einem Druckgefäß erhitzt, und die Zeit, die im Durchschnitt vergeht, bis der Druck von 690 kPa auf 2 070 kPa über atmosphärischen Druck angestiegen ist, wird ermittelt. Diese Zeit wird mit der durchschnittlichen Druckanstiegszeit für das 1:1-Gemisch des/der Referenzstoffe(s) und der Cellulose verglichen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

In fünf hintereinander erfolgten Prüfungen mit ein und demselben Stoff sollten die Ergebnisse um nicht mehr als 30 % vom arithmetischen Mittel abweichen. Ergebnisse, die um mehr als 30 % abweichen, sind nicht zu berücksichtigen. Misch- und Einfüllverfahren sollten verbessert und die Testreihe sollte wiederholt werden.

1.6.   BESCHREIBUNG DES VERFAHRENS

1.6.1.   Vorbereitung

1.6.1.1.   Brennbarer Stoff

Getrocknete Fasercellulose mit einer Faserlänge von 50 bis 250 μm und einem durchschnittlichen Durchmesser von 25 μm  wird als brennbares Material verwendet. Sie wird in einer Schicht von nicht mehr als 25 mm Dicke bei 105 oC 4 Stunden lang bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und in einem Exsikkator mit Trocknungsmittel aufbewahrt, bis sie vollkommen abgekühlt ist und benötigt wird. Der Wassergehalt der getrockneten Cellulose sollte weniger als 0,5 % der Trockenmasse  betragen. Gegebenenfalls sollte die Trocknungszeit verlängert werden . Während des gesamten Tests ist Cellulose aus derselben Vorbereitungsprozedur zu verwenden,

1.6.1.2.   Apparatur

1.6.1.2.1.   Druckgefäß

Ein Druckgefäß ist erforderlich. Das Gefäß besteht aus einem zylindrischen Druckgefäß aus Stahl von einer Länge von 89 mm und einem Außendurchmesser von 60 mm (siehe Abbildung 1). Seitlich ist der Kolben an zwei gegenüberliegenden Seilen abgeflacht (wo sich der Durchmesser des Gefäßes auf 50 mm verringert), um die Handhabung bei der Einführung von Zündstopfen und Entlüftungsstopfen zu erleichtern. Das Gefäß, das eine Bohrung von 20 mm im Durchmesser hat, ist an einem Ende in einer Tiefe von 19 mm vergrößert und mit einem Gewinde versehen, so dass ein 1" British Standard Pipe (BSP) oder eine metrische Entsprechung eingeführt werden kann. Ein Druckablassarm wird in die nicht abgeflachte Seite des Druckgefäßes 35 mm von einem Ende und im Winkel von 90o zu den abgeflachten Seiten eingeschraubt. Dazu ist eine Bohrung von 12 mm Tiefe vorgesehen, die mit einem Gewinde versehen ist, in das das 1/2"-BSP-Gewinde (oder metrische Entsprechung) am unteren Ende des Seitenarms eingeschraubt werden kann. Gegebenenfalls wird eine Dichtung aus inertem Material angebracht, um den Arm gasundurchlässig zu machen. Der Seitenarm ragt 55 mm aus dem Druckgefäß heraus und hat eine Bohrung von 6 mm. Das Ende des Seitenarms ist vergrößert und mit einem Gewinde versehen, so dass ein Membrandruckaufnehmer eingeschraubt werden kann. Jedes beliebige Druckmessgerät kann verwendet werden, sofern es gegen die heißen Gase oder Spaltprodukte beständig ist und auf eine Druckanstiegsgeschwindigkeit von 690 bis 2 070 kPa in höchstens 5 ms anspricht.

Das weiter vom Seitenarm entfernte Ende wird mit einem Zündstopfen verschlossen, an den zwei Elektroden angebracht sind. Die eine ist vom Stopfen isoliert, die andere ist über diesen geerdet. Das andere Ende des Druckgefäßes wird mit einer Berstscheibe (Berstdruck rund 2 200 kPa) verschlossen, die von einem Stopfen mit einer Bohrung von 20 mm gehalten wird. Gegebenenfalls wird am Zündstopfen eine Dichtung aus inertem Material verwendet, um Gasundurchlässigkeit zu gewährleisten. Ein Ständer (Schaubild 2) hält die Vorrichtung beim Gebrauch in der richtigen Position. Er besteht in der Regel aus einer Weichstahl-Grundplatte mit der Abmessung 235 mm × 184 mm × 6 mm und einem 185 mm langen quadratischen Hohlkörper mir der Abmessung 70 mm × 70 mm × 4 mm.

Von zwei gegenüberliegenden Seiten des Hohlkörpers wird an einem Längsende jeweils ein Seitenteil abgeschnitten, so dass ein Gestell mit zwei flachwandigen Beinen und einem 86 mm langen ganzen Kasten darauf entsteht. Die Enden dieser flachwandigen Beine werden in einem Winkel von 60o zur Horizontalen abgeschnitten und an die Grundplatte angeschweißt. Ein 22 mm weiter und 46 mm tiefer Spalt wird in eine Seite am oberen Ende des Kastens geschnitten, so dass bei der Einführung der Druckgefäßvorrichtung mit dem Zündstopfen voran in den Kastenteil der Vorrichtung der Seitenarm in den Spalt passt. Ein Stahlstück von 30 mm Länge und 6 mm Dicke wird als Zwischenstück unten an der Innenseite des Kastens angeschweißt. Zwei Flügelschrauben von 7 mm sind an der gegenüberliegenden Seite eingeschraubt und halten das Druckgefäß. Zwei 12 mm breite Streifen von 6 mm dickem Stahl, die an die Seitenteile am Boden des Kastens angeschweißt sind, halten das Druckgefäß von unten.

1.6.1.2.2.   Zündvorrichtung

Die Zündvorrichtung besteht aus einem 25 cm langem Ni/Cr-Draht mit einem Durchmesser von 0,6 mm und einem Widerstand von 3,85 Ohm/m. Der Draht wird mit Hilfe eines Stabes von 5 mm Durchmesser zu einer Wendel gedreht und wird an den am Zündstopfen befindlichen Elektroden befestigt. Die Wendel sollte einer der Darstellungen in Abbildung 3 entsprechen. Die Unterseite der Zündwendel sollte 20 mm vom Boden des Gefäßes entfernt sein. Wenn die Elektroden nicht nachstellbar sind, sollten die Enden des Zünddrahtes zwischen der Wendel und dem Boden des Gefäßes mit einer Keramikumhüllung isoliert werden. Der Draht wird durch konstante Stromversorgung von mindestens 10 A erhitzt.

1.6.2.   Durchführung des Tests 

Die Apparatur, die komplett mit Druckaufnehmer und Heizsystem montiert ist, bei der jedoch die Berstscheibe nicht eingeführt ist, wird mit dem Zündstopfen nach unten auf dem Ständer befestigt. 2,5 g der zu testenden Flüssigkeit werden mit 2,5 g getrockneter Cellulose in einem Becherglas mit einem Rührstab aus Glas gemischt . Aus Sicherheitsgründen sollte der Mischvorgang mit einem Schutzschirm zwischen Experimentator und Gemisch durchgeführt werden. Entzündet sich das Gemisch beim Mischen oder beim Einfüllen, sind keine weiteren Tests erforderlich. Das Gemisch wird in kleinen Portionen mit leichtem Klopfen in das Druckgefäß gefüllt, wobei darauf geachtet werden muss, dass das Gemisch die Zündwendel ausreichend umhüllt und damit ein guter Kontakt gewährleistet ist. Es ist wichtig, dass sich die Wendel während des Füllens nicht verformt, da das zu falschen Ergebnissen führen kann . Die Berstscheibe wird in die vorgesehene Druckgefäßöffnung eingelegt und mit dem Halterungsstopfen fest eingeschraubt. Das gefüllte Gefäß wird auf den Ständer montiert, wobei das Ende mit der Berstscheibe nach oben zeigt. Der Ständer sollte sich in einem geeigneten gepanzerten Abzugsschrank oder in einer Brennkammer befinden. Das Stromkabel ist an den äußeren Anschlusssteckern am Zündstopfen angeschlossen. Die Stromstärke beträgt 10 A. Zwischen dem Beginn des Mischens und dem Anschalten des Stroms sollten nicht mehr als 10 Minuten vergehen.

Das vom Druckaufnehmer erzeugte Signal wird durch ein geeignetes Messdatenerfassungssystem aufgezeichnet, das sowohl die Messung als auch die Aufzeichnung eines Zeit-Druck-Profils ermöglicht (z. B. ein Transientenrecorder in Verbindung mit einem grafischen Drucker). Das Gemisch wird mindestens 60 s lang oder so lange, bis die Berstscheibe aufreißt, erhitzt. Reißt die Scheibe nicht auf, so sollte man das Gemisch abkühlen lassen, bevor die Apparatur vorsichtig abgebaut werden kann, wobei Vorkehrungsmaßnahmen gegen einen eventuellen Druckaufbau getroffen werden sollten. Es werden fünf Prüfgänge mit dem Prüfstoff und dem/den Referenzstoff(en) durchgeführt. Es wird festgehalten, wie viel Zeit vergeht, bis der Druck von 690 kPa auf 2 070 kPa über atmosphärischem Druck steigt. Die durchschnittliche Druckanstiegszeit wird berechnet.

In manchen Fällen können Stoffe einen (zu hohen oder zu niedrigen) Druckanstieg erzeugen, der nicht auf die brandfördernden Eigenschaften des Stoffes zurückzuführen ist. In diesen Fällen muss der Test gegebenenfalls mit einem inerten Stoff, z. B. Diatomit (Kieselgur), anstelle der Cellulose wiederholt werden, um die Art der Reaktion festzustellen.

2.   DATEN

Druckanstiegszeiten für die Testsubstanz und den/die Referenzstoff(e), Druckanstiegszeiten für die Tests mit einem inerten Stoff, soweit durchgeführt.

2.1.   ERGEBNISVERARBEITUNG

Sowohl für die Testsubstanz als auch für den/die Referenzstoff(e) werden die durchschnittlichen Druckanstiegszeiten berechnet.

Die durchschnittliche Druckanstiegszeit wird für die Tests mit einem inerten Stoff berechnet (sofern durchgeführt).

In Tabelle 1 sind einige Ergebnisbeispiele aufgeführt.



Tabelle 1

Ergebnisbeispiele ()

Stoff ()

Durchschnittliche Druckanstiegszeit für ein 1:1-Gemisch mit Cellulose

(ms)

Ammoniumdichromat, gesättigte wässrige Lösung20 800
Calciumnitrat, gesättigte wässrige Lösung6 700
Eisentrinitrat, gesättigte wässrige Lösung4 133
Lithiumperchlorat, gesättigte wässrige Lösung1 686
Magnesiumperchlorat, gesättigte wässrige Lösung777
Nickelnitrat, gesättigte wässrige Losung6 250
Salpetersäure, 65 %4 767  ()
Perchlorsäure, 50 %121 ()
Perchlorsäure, 55 %59
Kaliumnitrat, 30 % wässrige Lösung26 690
Silbernitrat, gesättigte wässrige Lösung ()
Natriumchlorat, 40 % wässrige Lösung2 555  ()
Natriumnitrat, 45 % wässrige Lösung4 133
Inerter Stoff
Wasser: Cellulose ()

(1)   Siehe Bezugsdokument (1) zur Klassifizierung nach den Beförderungsbestimmungen der UN.

(2)   Gesättigte Lösungen sollten bei 20 oC zubereitet werden.

(3)   Durchschnittswert aus Testreihen verschiedener Labors.

(4)   Höchstdruck von 2 070 kPa nicht erreicht.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Art der Testsubstanz, ihre Zusammensetzung, ihre Reinheit usw.,
Konzentration der Testsubstanz,
das für die Cellulose verwendete Trocknungsverfahren,
den Wassergehalt der verwendeten Cellulose,
die Messergebnisse,
gegebenenfalls die Ergebnisse der Tests mit einem inerten Stoff,
die errechneten durchschnittlichen Druckanstiegszeiten,
eventuelle Abweichungen von diesem Verfahren unter Angabe der Gründe,
sämtliche zusätzlichen Informationen oder Bemerkungen, die für die Analyse der Ergebnisse relevant sind.

3.2.   ANALYSE DER ERGEBNISSE 

Bei der Bewertung der Prüfergebnisse ist Folgendes zu beachten:

a)
ob sich das Gemisch von Testsubstanz und Cellulose spontan entzündet, und
b)
der Vergleich der durchschnittlichen Zeit, bis der Druck von 690 kPa auf 2 070 kPa gestiegen ist, mit der Druckanstiegszeit des/der Referenzstoffe(s).

Ein flüssiger Stoff wird als brandfördernd beurteilt, wenn

a)
ein Gemisch des Stoffes und der Cellulose mit einem Massenverhältnis von 1:1 spontan in Brand gerät oder
b)
ein Gemisch des Stoffes und der Cellulose mit einem Massenverhältnis von 1:1 eine durchschnittliche Druckanstiegszeit von höchstens der durchschnittlichen Druckanstiegszeit aufweist wie ein Gemisch 65 %iger Salpetersäure (w/w) in wässriger Lösung und Cellulose im Massenverhältnis von 1:1.

Um falsche positive Ergebnisse zu vermeiden, sollten die beim Test des Stoffes mit einem inerten Stoff erhaltenen Ergebnisse in die Analyse der Ergebnisse mit einbezogen werden.

4.   BEZUGSDOKUMENTE

(1) UN-Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher Güter, Test- und Kriterienhandbuch, 3. geänderte Ausgabe. UN-Veröffentlichungsnummer: ST/SG/AC.10/11/Rev. 3, 1999, S. 342. Test O.2: Test auf oxidierende Eigenschaften für flüssige Stoffe.

Abbildung 1

Druckgefäß

Abbildung 2

Ständer

Abbildung 3

Zündvorrichtung

Anmerkung: Eines dieser Systeme kann verwendet werden.

A.22.   LÄNGENGEWICHTETER MITTLERER GEOMETRISCHER DURCHMESSER VON FASERN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Mit dieser Testmethode wird ein Verfahren zur Messung des längengewichteten mittleren geometrischen Durchmessers (GWGMD — Length Weighted Geometric Mean Diameter) von künstlichen Mineralfasern (MMMF — Man Made Mineral Fibres) beschrieben. Da der LWGMD der Population mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % zwischen den 95 %-Vertrauensintervallen (LWGMD ± 2 Standardfehler) der Probe liegt, entspricht der im Bericht angegebene Wert (der Testwert) der unteren 95 %-Vertrauensgrenze der Probe (d. h. LWGMD — 2 Standardfehler). Diese Methode basiert auf einer aktualisierten Fassung (Juni 1994) des Entwurfs einer HSE-Industrieverfahrensweisung, die am 26. September 1993 in Chester zwischen ECFIA und HSE vereinbart und für und aus einem zweiten laborinternen Versuch entwickelt wurde (1, 2). Diese Messmethode kann zur Kennzeichnung des Faserdurchmessers von Schüttgutstoffen oder Produkten verwendet werden, die MMMF enthalten, z. B. feuerfeste Keramikfasern (PCF — Refractory Ceramic Fibres), künstliche Glasfasern (MMVF — Man-Made Vitreous Fibres), kristalline und polykristalline Fasern.

Die Längengewichtung dient zur Kompensation der Auswirkungen auf die Durchmesserverteilung, zu denen es durch den Bruch langer Fasern bei der Probenahme oder beim Umgang mit dem Material kommt. Die Größenverteilung der Durchmesser der MMMF wird durch geometrische statistische Verfahren (geometrisches Mittel) gemessen, da diese Durchmesser normalerweise Größenverteilungen aufweisen, die näherungsweise dem Lognormal entsprechen.

Die Messung der Länge und des Durchmessers ist ein mühsamer, zeitaufwändiger Prozess, werden jedoch nur jene Fasern gemessen, die eine unendlich dünne Linie in einem REM-Sichtfeld berühren, so ist die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Faser auszuwählen, proportional zu deren Länge. Da damit die Länge in den Berechnungen der Längengewichtung berücksichtigt wird, muss lediglich der Durchmesser gewichtet werden; der LWGMD — 2SF kann dann auf die beschriebene Weise berechnet werden.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Partikel: Ein Objekt mit einem Länge-Breite-Verhältnis von weniger als 3:1.

Faser: Ein Objekt mit einem Länge-Breite-Verhältnis (Seitenverhältnis) von mindestens 3:1.

1.3.   UMFANG UND EINSCHRÄNKUNGEN

Durch diese Methode sollen die Durchmesserverteilungen untersucht werden, deren mittlerer Durchmesser zwischen 0,5 μm und 6 μm liegt. Größere Durchmesser können mithilfe geringerer REM-Vergrößerungsfaktoren gemessen werden, allerdings stößt diese Methode bei feineren Faserverteilungen zunehmend an seine Grenzen; bei mittleren Durchmessern unter 0,5 μm wird die Messung mit Transmissions-Elektronenmikroskopen (TEM) empfohlen.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Aus der Fasermatte oder aus losen Fasern wird eine bestimmte Anzahl repräsentativer Kernproben entnommen. Die Länge der losen Fasern wird durch Brechen verringert und es wird eine repräsentative Teilprobe in Wasser dispergiert. Aliquote Teile werden extrahiert und durch ein Polycarbonatfilter mit einer Porengröße von 0,2 μm gefiltert und zur Untersuchung unter einem Rasterelektronenmikroskop (SEM) vorbereitet. Die Faserdurchmesser werden mit einem Rastervergrößerungsfaktor von × 10 000 oder mehr  nach einem Line-Intercept-Verfahren gemessen, das eine unverfälschte Schätzung des mittleren Durchmessers ergibt. Das untere 95 %-Vertrauensintervall (auf der Basis eines einseitigen Tests) wird so berechnet, dass ein Schätzwert für den niedrigsten Wert des mittleren geometrischen Faserdurchmessers des Materials entsteht.

1.5.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.5.1.   Sicherheits-/Vorsichtsmaßnahmen

Die Belastung des menschlichen Organismus durch Schwebfasern ist zu minimieren; daher ist bei der Arbeit mit den trockenen Fasern ein Abzugsschrank oder eine Glove-Box zu verwenden. In periodischen Abständen ist die Belastung des menschlichen Organismus zu überwachen, um die Wirkung der Schutzverfahren zu überprüfen. Bei der Handhabung von MMMF sind Einweghandschuhe zu tragen, um Hautreizungen zu verringern und eine Querkontaminierung zu vermeiden.

1.5.2.   Geräte/Apparatur

Press- und Formwerkzeug (für 10 MPa).
Polycarbonat-Kapillarporenfilter mit 0,2 μm Porengröße (Durchmesser 25 mm).
Zelluloseestermembranfilter mit 5 μm Porengröße zur Verwendung als Zusatzfilter.
Glasfiltervorrichtung (oder Einwegfiltersysteme) für die Aufnahme von Filtern mit 25 mm Durchmesser (z. B. Millipore-Glasmikroanalyse-Filtersatz, Typ XX10 025 00).
Frisch destilliertes Wasser, das zur Ausfilterung von Mikroorganismen durch einen Filter mit 0,2 μm Porengröße gefiltert wurde.
Sputter-Beschichtungsvorrichtung mit Gold- oder Gold/Palladium-Target.
Rasterelektronenmikroskop mit einem Auflösevermögen bis 10 nm und Vergrößerungsfaktor bis x 10 000 .
Diverses: Spatel, Skalpellmesser Typ 24, Pinzette, REM-Röhrchen, Kohlenstoffkleber oder Kohlenstoffklebeband, Kolloidalsilber („Silver dag“).
Ultraschallsonde oder Tisch-Ultraschallbad.
Kernbohrer oder Korkbohrer für die Entnahme von Kernproben aus MMMF-Fasermatten.

1.5.3.   Testverfahren

1.5.3.1.   Probenahme

Bei Fasermatten und Platten wird ein 25 mm-Kernbohrer oder Korkbohrer zur Entnahme von Proben aus dem Querschnitt verwendet. Diese Proben sind gleichmäßig über die Breite a der Schmalseite der Matte anzuordnen oder, wenn lange Abschnitte der Matte zur Verfügung stehen, aus beliebigen Stellen zu entnehmen. Die gleichen Hilfsmittel können auch für die Entnahme von Zufallsproben aus losen Fasern verwendet werden. Es sind sechs Stichproben möglichst so zu entnehmen, das räumliche Schwankungen im losen Material damit wiedergegeben werden.

Die sechs Kernproben sind in einem Stempel mit 50 mm Durchmesser unter 10 MPa zu zerkleinern. Das Material wird mit einem Spachtel durchmischt und bei 10 MPa erneut gepresst. Anschließend wird das Material aus dem Stempel entnommen und in einer verschlossenen Glasflasche gelagert.

1.5.3.2.   Vorbereitung der Probe

Falls erforderlich, können organische Bindemittel entzogen werden, indem die Faser ca. eine Stunde lang bei 450 °C in einen Ofen eingelegt wird.

Die Probe nach dem Cone-and-Quarter-Verfahren in vier gleiche Teile unterteilen (dieser Schritt sollte in einem Staubschrank erfolgen).

Mit einem Spatel eine geringe Menge (< 0,5 g) der Probe in 100 ml frisch destilliertes Wasser geben, das durch einen 0,2 μm-Membranfilter gefiltert wurde (andere Beschaffungsquellen von hochreinem Wasser sind ebenfalls zulässig, wenn sie nachgewiesenermaßen von ausreichender Qualität sind). Die Probe mithilfe einer mit 100 W betriebenen Ultraschallsonde, die so eingestellt ist, dass eine Kavitation eintritt, gründlich dispergieren (Steht keine Sonde zur Verfügung, ist wie folgt vorzugehen: 30 Sekunden lang mehrmals schütteln und umkehren; fünfminütige Ultraschallbehandlung in einem Tisch-Ultraschallbad; dann wieder 30 Sekunden lang mehrmals schütteln und umkehren).

Sofort nach der Dispersion der Faser mehrere aliquote Teile (z. B. drei aliquote Teile mit 3, 6 und 10 ml) mit einer breiten Pipette (Aufnahmevermögen 2-5 ml) entnehmen.

Jeder aliquote Teil wird durch einen 0,2 μm-Polycarbonatfilter mit MEC-Zusatzfilter mit 5 μm-Poren unter Verwendung eines 25-mm-Glasfiltertrichters mit zylindrischem Vorratsbehälter vakuumgefiltert. Rund 5 ml des gefilterten destillierten Wassers wird in den Trichter gegeben und den aliquoten Teil langsam in das Wasser gegeben, wobei die Pipettenspitze unterhalb des Meniskus gehalten wird. Pipette und Vorratsbehälter müssen nach dem Pipettieren gründlich gespült werden, da dünne Fasern dazu neigen, sich eher an der Oberfläche anzusammeln.

Filter vorsichtig entnehmen und vom Zusatzfilter trennen, bevor er zum Trocknen in einen Behälter eingelegt wird.

Einen Viertel- oder halben Filterquerschnitt der Filterrückstände mit ruckartigen Bewegungen mit einem Skalpell Typ 24 ausschneiden. Den ausgeschnittenen Querschnitt mit Kohlenstoffklebeband oder Kohlenstoffkleber vorsichtig auf dem Träger („Stub“) des REM befestigen. An mindestens drei Stellen ist Kolloidalsilber zur Verbesserung des elektrischen Kontakts der Filterränder und des „Stub“ aufzubringen. Wenn der Klebstoff bzw. das Kolloidalsilber getrocknet ist, durch Sputter-Beschichtung ca. 50 nm Gold oder Gold/Palladium auf die Oberfläche des Filterrückstands aufbringen.

1.5.3.3.   Kalibrierung und Betrieb des REM

1.5.3.3.1.   Kalibrierung

Die Kalibrierung des REM ist mindestens einmal wöchentlich (idealerweise täglich) anhand eines freigegebenen Kalibriergitters zu kontrollieren. Die Kalibrierung ist anhand eines freigegebenen Normals zu kontrollieren; stimmt der Messwert (REM) nicht auf ± 2 % mit dem zertifizierten Wert überein, muss die Kalibrierung des REM nachjustiert und erneut kontrolliert werden.

Das REM muss bei Verwendung einer Probenmatrix mindestens die Auflösung eines sichtbaren Mindestdurchmessers von 0,2 μm bei einem Vergrößerungsfaktor × 2 000 ermöglichen.

1.5.3.3.2.   Betrieb

Das REM ist mit einem Vergrößerungsfaktor von 10 000   unter Bedingungen zu betrieben, die eine gute Auflösung und eine akzeptable Bildqualität bei geringer Abtastgeschwindigkeit von beispielsweise 5 Sekunden je Aufnahme ergeben. Da die Betriebsvoraussetzungen unterschiedlicher REM sich voneinander unterscheiden können, sind bei Materialien mit relativ geringer Atommasse Beschleunigungsspannungen von 5-10 keV zu verwenden, um eine möglichst gute Sichtbarkeit und Auflösung zu erreichen; dabei ist eine geringe Punktgröße und ein kurzer Arbeitsabstand einzustellen. Wird ein Linear-Trverse-Verfahren angewandt, ist eine Neigung von 0o zu verwenden, um Refokussierung auf ein Minimum zu beschränken; weist das REM eine euzentrische Stufe auf, ist der euzentrische Arbeitsabstand zu verwenden. Ein geringerer Vergrößerungsfaktor kann verwendet werden, wenn das Material keine kleinen Fasern (mit geringem Durchmesser) enthält und große Faserdurchmesser (> 5 μm) vorliegen.

1.5.3.4.   Größenbestimmung

1.5.3.4.1.   Bewertung der Probe bei geringer Vergrößerung

Zunächst ist die Probe mit einem geringen Vergrößerungsfaktor auf Anzeichen von Klumpenbildung größerer Fasern zu untersuchen und die Faserndichte zu ermitteln. Bei übermäßiger Klumpenbildung wird empfohlen, eine neue Probe herzustellen.

Aus Gründen der statistischen Genauigkeit muss eine bestimmte Mindestzahl Fasern gemessen werden, eine hohe Faserndichte ist dabei erstrebenswert, da die Untersuchung leerer Felder zeitaufwändig ist und keinen Beitrag zum Analyseergebnis liefert. Ist der Filter jedoch überladen, ist die Messung aller messbaren Fasern erschwert und es besteht die Gefahr, dass kleinere Fasern durch größere Fasern überdeckt und dadurch übersehen werden.

Eine Verfälschung in Richtung einer zu hoch geschätzten LWGMD kann dann eintreten, wenn Faserdichten von mehr als 150 Fasern je Millimeter Linear-Traverse vorliegen. Durch geringe Faserkonzentrationen nimmt andererseits die Dauer der Analyse zu, weshalb es oft kostengünstiger ist, eine Probe herzustellen, deren Faserdichte näher am Optimum liegt, statt ständig die Faserzahlen in Filtern geringer Konzentrationen zu zählen. Die optimale Faserdichte soll durchschnittlich ca. 1 oder 2 zählbare Fasern je Sichtfeld bei einer 5000-fachen Vergrößerung ergeben. Allerdings ist die optimale Dichte von der Größe (Durchmesser) der Fasern abhängig, also muss der Bediener mit entsprechendem Sachverstand entscheiden, ob die Faserdichte dem Optimum nahekommt oder nicht.

1.5.3.4.2.   Längengewichtung der Faserdurchmesser

Es werden nur diejenigen Fasern gezählt, die eine (unendlich) dünne Linie auf dem Raster des REM berühren (oder kreuzen). Hierzu wird eine waagerechte (oder vertikale) Linie durch die Rastermitte gezogen.

Alternativ dazu wird ein einzelner Punkt in der Mitte des Rasters angeordnet und ein kontinuierlicher Abtastvorgang in einer Richtung über den Filter hinweg gestartet. Der Durchmesser jeder Faser mit einem Seitenverhältnis von mehr als 3:1, die diesen Punkt berührt oder kreuzt, wird gemessen und aufgezeichnet.

1.5.3.4.3.   Bestimmung der Fasergröße

Es wird empfohlen, mindestens 300 Fasern zu messen. Jede Faser wird nur ein einziges Mal am Schnittpunkt mit der auf dem Bild gezeichneten Linie oder Punkt (oder nahe dem Schnittpunkt, wenn die Faserkanten verdeckt sind) gemessen. Werden Fasern mit uneinheitlichen Querschnitten festgestellt, ist eine Messung am durchschnittlichen Faserdurchmesser zugrundezulegen. Bei der Festlegung des Randes und der Messung des geringsten Abstands zwischen den Faserrändern ist vorsichtig vorzugehen. Die Größenbestimmung kann online oder offline an gespeicherten Bildern oder Fotoaufnahmen erfolgen. Die Verwendung von halbautomatischen Bildmesssystemen, bei denen die Daten direkt in eine Tabellenkalkulation geladen werden, ist zu empfehlen, da diese Verfahren Zeit sparen, Abschriftfehler vermeiden und eine automatische Berechnung ermöglichen.

Die Enden langer Fasern sind bei geringer Vergrößerung zu prüfen, damit sichergestellt ist, dass sie sich nicht in den Sichtbereich des Messfeldes rollen und nur einmal gemessen werden.

2.   DATEN

2.1.   BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

Die Faserdurchmesser weisen normalerweise keine Normalverteilung auf. Mit Hilfe einer Log-Transformation kann jedoch eine Verteilung ermittelt werden, die näherungsweise der Normalverteilung entspricht.

Das arithmetische Mittel (mittlerer lnD) und die Standardabweichung (SDlnD) der lnD-Werte (log to base e) der n Faserdurchmesser (D) wird berechnet.



(1)
(2)

Die Standardabweichung wird durch die Quadratwurzel der Anzahl Messungen (n) dividiert und daraus der Standardfehler (SElnD) ermittelt.



(3)

Das Zweifache des Standardfehlers wird vom Mittelwert abgezogen und der Exponentialwert dieses Wertes (Mittelwert minus dem Zweifachen des Standardfehlers) berechnet; dies ergibt den geometrischen Mittelwert minus zwei geometrischen Standardfehlern.



(4)

3.   BERICHTSERSTELLUNG

TESTBERICHT

Der Testbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:

den Wert für LWGMD-2SE,
etwaige Abweichungen, vor allem jene, die sich auf Präzision oder Genauigkeit der Ergebnisse auswirken (mit entsprechenden Begründungen).

4.   LITERATUR

1.
B. Tylee SOP MF 240. Health and Safety Executive. February 1999.
2.
G. Burdett und G. Revell. Development of a standard method to measure the length-weigthed geometric mean fibre diameter: Results of the Second inter-laboratory exchange. IR/L/MF/94/07. Project R42.75 HPD. Health and Safety Executive. Research and Laboratory Services Division, 1994.

A.23   1-OCTANOL/WASSER-VERTEILUNGSKOEFFIZIENT: METHODE ZUR PRÜFUNG UNTER LANGSAMEM RÜHREN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 123 (2006). Die POW-Werte (POW = 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient) konnten mit der Methode zur Prüfung unter langsamem Rühren bis zu log POW 8,2 genau bestimmt werden (1). Entsprechend kommt diese Methode für die direkte Bestimmung der POW-Werte stark hydrophober Substanzen in Betracht.
2.
Weitere Methoden zur Bestimmung des 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten (POW) sind die „Schüttelmethode“ (2) und die Bestimmung des POW aufgrund des Retentionsverhaltens bei der HPLC mit Phasenumkehr (3). Die „Schüttelmethode“ ist wegen der Übertragung von Octanol-Mikrotröpfchen in die wässrige Phase jedoch fehleranfällig. Mit steigenden POW-Werten führt das Vorhandensein dieser Tröpfchen in der wässrigen Phase zu einer zunehmenden Überschätzung der Konzentration der Prüfsubstanz im Wasser. Daher ist diese Methode nur bei Substanzen mit log POW < 4 geeignet. Die zweite Methode beruht auf direkt bestimmten POW-Werten, die zur Kalibrierung der Beziehung zwischen dem Retentionsverhalten in der HPLC und den gemessenen POW-Werten verwendet werden. Es gab einen Entwurf einer OECD-Richtlinie zur Bestimmung des 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten ionisierbarer Substanzen (4), der aber nicht mehr verwendet werden soll.
3.
Diese Prüfmethode wurde in den Niederlanden entwickelt. Die Genauigkeit der in dieser Prüfmethode beschriebenen Verfahren wurde in einer Ringtest-Validierungsstudie unter Beteiligung von 15 Labors validiert und optimiert (5).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Bedeutung und Anwendung

4.
Bei inerten organischen Substanzen wurden hoch signifikante Beziehungen zwischen den 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten (POW) und der jeweiligen Bioakkumulation in Fischen festgestellt. Außerdem wurde eine Korrelation zwischen den POW-Werten und der Toxizität für Fische sowie zwischen den POW-Werten und der Sorption chemischer Stoffe in Feststoffen wie z. B. in Böden und in Sedimenten nachgewiesen. Das Literaturverzeichnis enthält eine umfassende Übersicht über die verschiedenen Zusammenhänge (6).
5.
Zwischen dem 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten und sonstigen für die Umwelttoxizität und für das chemische Verhalten erheblichen Merkmalen von Substanzen wurden vielfältige Beziehungen festgestellt. Entsprechend hat sich der 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient zum Schlüsselparameter für die Bewertung des mit chemischen Stoffen verbundenen Umweltrisikos sowie zur Prognose der Persistenz chemischer Stoffe in der Umwelt entwickelt.

Anwendungsbereich

6.
Bei der Methode zur Prüfung unter langsamem Rühren soll die Bildung von 1-Octanol-Mikrotröpfchen in der wässrigen Phase verringert werden. Entsprechend ist ausgeschlossen, dass die Konzentration in der wässrigen Phase wegen der ansonsten mit diesen Tröpfchen verbundenen Moleküle der Prüfsubstanz überschätzt wird. Daher eignet sich die Methode zur Prüfung unter langsamem Rühren insbesondere zur Bestimmung der POW-Werte von Substanzen, bei denen log POW-Werte im Bereich von mindestens 5 zu erwarten sind und bei denen die Schüttelmethode (2) eher fehleranfällig wäre.

DEFINITIONEN UND EINHEITEN

7.
Der Verteilungskoeffizient einer Substanz für Wasser und ein lipophiles Lösungsmittel (1-Octanol) beschreibt die Gleichgewichtsverteilung des jeweiligen chemischen Stoffs zwischen den beiden Phasen. Der Verteilungskoeffizient für Wasser und 1-Octanol (POW) wird definiert als Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen der Prüfsubstanz in mit Wasser gesättigtem 1-Octanol (CO) und in mit 1-Octanol gesättigtem Wasser (CW).

Für das Konzentrationsverhältnis wird keine Einheit angegeben. Meist wird das Verhältnis als Zehnerlogarithmus (log POW) ausgedrückt. POW ist temperaturabhängig; entsprechend sollte die Messtemperatur berücksichtigt werden.

PRINZIP DER METHODE

8.
Um den Verteilungskoeffizienten zu bestimmen, werden Wasser, 1-Octanol und die Prüfsubstanz bei einer konstanten Temperatur in ein Gleichgewicht gebracht. Anschließend werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in den beiden Phasen bestimmt.
9.
Die bei der Prüfung mit der Schüttelmethode auftretenden Schwierigkeiten infolge der Entstehung von Mikrotröpfchen können mit der hier vorgeschlagenen Methode unter langsamem Rühren verringert werden. Bei der Prüfung unter langsamem Rühren werden Wasser, 1-Octanol und die Prüfsubstanz in einem thermostatgeregelten Rührbehälter in ein Gleichgewicht gebracht. Durch das Rühren wird der Austausch zwischen den Phasen beschleunigt. Beim Rühren entstehen begrenzte Turbulenzen, welche den Austausch zwischen 1-Octanol und Wasser begünstigen, ohne dass Mikrotröpfchen entstehen können (1).

ANWENDBARKEIT DER PRÜFMETHODE

10.
Da sich das Vorhandensein anderer Substanzen auf den Aktivitätskoeffizienten der Prüfsubstanz auswirken kann, sollte die Prüfsubstanz als reine Substanz untersucht werden. Daher sollte die jeweilige Substanz für die Messung der 1-Octanol/Wasser-Verteilung in der höchsten auf dem Markt verfügbaren Reinheit verwendet werden.
11.
Diese Methode ist anzuwenden bei reinen Substanzen, bei denen weder eine Dissoziation noch eine Assoziation erfolgt und die keine erhebliche Grenzflächenaktivität aufweisen. Die Methode kann zur Bestimmung der 1-Octanol/Wasser-Verteilung dieser Substanzen und von Gemischen eingesetzt werden. Wenn die Methode für Gemische eingesetzt wird, hängt die 1-Octanol/Wasser-Verteilung von der chemischen Zusammensetzung des zu prüfenden Gemischs sowie von der Zusammensetzung des als wässrige Phase genutzten Elektrolyten ab. Wenn die Methode um verschiedene Schritte ergänzt wird, kann sie auch für dissoziierende und assoziierende Verbindungen eingesetzt werden (siehe Nummer 12).
12.
Aufgrund der unterschiedlichen Gleichgewichte in Wasser und 1-Octanol, die sich bei der 1-Octanol-/Wasser-Verteilung dissoziierender Substanzen wie z. B. organischer Säuren und Phenole, organischer Basen und organometallischer Substanzen ergeben, ist das Verteilungsverhältnis für 1-Octanol/Wasser ebenfalls in hohem Maße von der Zusammensetzung des Elektrolyten abhängig (7)(8). Die Bestimmung des Verteilungsverhältnisses für 1-Octanol/Wasser setzt voraus, dass pH-Wert und Elektrolytzusammensetzung während der Messung überwacht und protokolliert werden. Die Bewertung der Verteilungsverhältnisse muss durch Fachleute erfolgen. Unter Berücksichtigung der Dissoziationskonstante(n) müssen geeignete pH-Werte so ausgewählt werden, dass für jedes Ionisierungsstadium ein Verteilungsverhältnis bestimmt werden kann. Zur Prüfung organometallischer Verbindungen müssen Pufferlösungen eingesetzt werden, die nicht als Komplexbildner wirken (8). Unter Berücksichtigung des aktuellen Kenntnisstandes bezüglich der Chemie der wässrigen Phase (Komplexbildungskonstanten, Dissoziationskonstanten) sollten die Versuchsbedingungen so gewählt werden, dass die Speziation der Prüfsubstanz in der wässrigen Phase bestimmt werden kann. Die Ionenkonzentration sollte in allen Prüfungen gleich sein; um dies zu gewährleisten, sollte ein Hintergrundelektrolyt eingesetzt werden.
13.
Schwierigkeiten können sich bei der Prüfung in Verbindung mit der Untersuchung von Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit oder mit hohem POW ergeben, weil die Konzentrationen im Wasser sehr gering werden und eine genaue Bestimmung entsprechend problematisch ist. Diese Prüfmethode erläutert, wie diesem Problem begegnet werden kann.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

14.
Die chemischen Reagenzien sollten mindestens Analysequalität besitzen. Es wird empfohlen, nicht markierte Prüfsubstanzen mit bekannter chemischer Zusammensetzung und einer Reinheit von mindestens 99 % oder radioaktiv markierte Prüfsubstanzen mit bekannter chemischer Zusammensetzung und radiochemischer Reinheit einzusetzen. Beim Einsatz von Indikatorsubstanzen mit kurzer Halbwertszeit sollten Korrekturen unter Berücksichtigung des Zerfallsverhaltens vorgenommen werden. Wenn die Prüfsubstanzen radioaktiv markiert wurden, sollte eine speziell für den jeweiligen chemischen Stoff vorgesehene Analysemethode eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass die gemessene Radioaktivität unmittelbar auf die Prüfsubstanz zurückzuführen ist.
15.
Log POW kann mit einer im Handel erhältlichen und für diesen Zweck vorgesehenen Software geschätzt werden; alternativ kann die Schätzung auch aufgrund des Verhältnisses der Löslichkeiten in beiden Lösungsmitteln erfolgen.
16.
Bevor POW durch eine Prüfung unter langsamem Rühren bestimmt wird, sollten die folgenden Informationen zur Prüfsubstanz bekannt sein:
a)
die Strukturformel,
b)
geeignete Analysemethoden zur Bestimmung der Konzentration der Substanz in Wasser und in 1-Octanol,
c)
die Dissoziationskonstante(n) ionisierbarer Substanzen (OECD-Richtlinie 112) (9),
d)
die Wasserlöslichkeit (10),
e)
Informationen zur abiotischen Hydrolyse (11),
f)
die leichte biologische Abbaubarkeit (12),
g)
der Dampfdruck (13).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Geräte und Apparatur

17.
Für die Prüfungen werden Standardlaborgeräte benötigt; insbesondere sind folgende Geräte erforderlich:
Magnetrührer sowie Magnetrührstäbe mit Teflonbeschichtung zum Umrühren der wässrigen Phase,
geeignete Analyseinstrumente zur Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz in den erwarteten Konzentrationen,
Rührgefäße mit einem Absperrhahn unten am Gefäß. Abhängig vom geschätzten Wert für log POW und von der Nachweisgrenze (LOD) der zu prüfenden Verbindung ist der Einsatz eines Reaktionsbehälters mit identischer Geometrie, aber mit einem Volumen von mehr als einem Liter in Betracht zu ziehen, damit hinreichend Wasser für die chemische Extraktion und für die durchzuführende Analyse entnommen werden kann. Dies führt zu höheren Konzentrationen im Wasserextrakt und ermöglicht entsprechend zuverlässigere Analysen. Anlage 1 enthält eine Tabelle mit Schätzwerten für die erforderlichen Mindestvolumina, der Nachweisgrenze der Verbindung, dem geschätzten log POW und der Löslichkeit in Wasser. Die Tabelle beruht auf der Beziehung zwischen log POW und dem Verhältnis zwischen der Löslichkeit in Octanol und in Wasser gemäß Pinsuwan u. a. (14):

— 

— Dabei ist

— 
(Molarität)

— sowie auf der von Lyman (15) definierten Beziehung für die Prognose der Löslichkeit in Wasser. Die mit der in Anlage 1 genannten Formel bestimmten Wasserlöslichkeiten sind als erste Schätzung zu betrachten. Der Prüfende kann die Wasserlöslichkeit auch aufgrund einer sonstigen Beziehung schätzen, die er für besser geeignet hält, Auskunft über die Beziehung zwischen Hydrophobizität und Löslichkeit zu geben. Bei festen Verbindungen wird z. B. die Berücksichtigung des Schmelzpunktes bei der Prognose der Löslichkeit empfohlen. Wenn eine modifizierte Formel verwendet wird, sollte sichergestellt werden, dass die Gleichung zur Berechnung der Löslichkeit in Octanol noch gültig ist. In Anlage 2 ist ein Rührgefäß mit Glasmantel und einem Inhalt von etwa einem Liter dargestellt. Die Proportionen des in Anlage 2 dargestellten Gefäßes haben sich als günstig erwiesen und sollten auch dann beibehalten werden, wenn eine anders dimensionierte Apparatur verwendet wird,

entscheidend ist eine Vorrichtung, mit der während der Prüfung unter langsamem Rühren eine konstante Temperatur aufrechterhalten werden kann.
18.
Die Gefäße sollten aus einem inerten Material bestehen, damit die Adsorption durch die Oberfläche der Gefäße vernachlässigt werden kann.

Herstellung der Prüflösungen

19.
Der Wert für POW sollte mit 1-Octanol der höchsten im Handel erhältlichen Reinheit (mindestens + 99 %) bestimmt werden. Die Reinigung von 1-Octanol durch die Extraktion mit einer Säure, einer Base und Wasser und eine anschließende Trocknung werden empfohlen. Außerdem kann 1-Octanol auch durch Destillation gereinigt werden. Zur Herstellung der Standardlösungen der Prüfsubstanzen ist gereinigtes 1-Octanol zu verwenden. Das für die Bestimmung von POW zu verwendende Wasser sollte durch Glas oder Quarz destilliert oder mit einem Reinigungssystem hergestellt worden sein; alternativ kann auch HPLC-Wasser verwendet werden. Destilliertes Wasser sollte durch ein 0,22-μm-Filter gefiltert werden; mit Blindproben sollte sichergestellt werden, dass die konzentrierten Extrakte keine Verunreinigungen enthalten, welche die Prüfsubstanz verändern könnten. Wenn ein Glasfaserfilter verwendet wird, sollte das Filter durch mindestens dreistündige Erhitzung auf 400 °C gereinigt werden.
20.
Beide Lösungsmittel werden vor Durchführung der Prüfung wechselseitig gesättigt, indem sie in einem hinreichend großen Gefäß in ein Gleichgewicht gebracht werden. Dazu wird das aus zwei Phasen bestehende System zwei Tage lang langsam gerührt.
21.
Eine geeignete Konzentration der Prüfsubstanz wird ausgewählt und in 1-Octanol (mit Wasser gesättigt) gelöst. Der 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient ist in verdünnten Lösungen mit 1-Octanol und Wasser zu bestimmen. Daher sollte die Konzentration der Prüfsubstanz höchstens 70 % ihrer Löslichkeit bei einer Höchstkonzentration von 0,1 M in beiden Phasen betragen (1). Die für die Prüfungen verwendeten 1-Octanol-Lösungen dürfen keine suspendierten Feststoffe aus der Prüfsubstanz enthalten.
22.
Eine geeignete Menge der Prüfsubstanz wird in 1-Octanol (mit Wasser gesättigt) gelöst. Wenn die Schätzung für log POW einen Wert über fünf ergibt, ist besonders darauf zu achten, dass die für die Prüfung verwendeten 1-Octanol-Lösungen keine suspendierten Feststoffe aus der Prüfsubstanz enthalten. Dazu ist bei chemischen Stoffen mit einem geschätzten log POW > 5 wie folgt zu verfahren:
Die Prüfsubstanz wird in 1-Octanol (mit Wasser gesättigt) gelöst.
Es wird hinreichend Zeit gelassen, damit sich suspendierte Feststoffe absetzen können. Während des Absetzens wird die Konzentration der Prüfsubstanz überwacht.
Nachdem sich die gemessenen Konzentrationen der 1-Octanol-Lösung stabilisiert haben, wird die Stammlösung mit einer geeigneten Menge 1-Octanol verdünnt.
Anschließend wird die Konzentration der verdünnten Stammlösung gemessen. Wenn die gemessene Konzentration mit der Verdünnung übereinstimmt, kann die verdünnte Stammlösung zur Prüfung unter langsamem Rühren verwendet werden.

Extraktion und Analyse der Proben

23.
Für die Untersuchung der Prüfsubstanz sollte eine validierte Analysemethode verwendet werden. Der Prüfende muss nachweisen, dass die Konzentrationen in dem mit Wasser gesättigten 1-Octanol sowie in der mit 1-Octanol gesättigten wässrigen Phase während der Prüfung über der bei dem eingesetzten Analyseverfahren für die Methode festgesetzten Quantifizierungsgrenze liegen. In Fällen, in denen Extraktionsmethoden erforderlich sind, muss die analytische Wiederfindung der Prüfsubstanzen aus der wässrigen Phase und aus der 1-Octanol-Phase vor der Prüfung erfolgen. Die Anforderungen an die Analysesignale sind aufgrund von Blindwerten zu korrigieren; dabei ist darauf zu achten, dass keine Analytübertragungen zwischen den Proben vorkommen können.
24.
Bei hydrophoben Prüfsubstanzen sind wegen der eher niedrigen Konzentrationen der Prüfsubstanzen in der wässrigen Phase vor der Analyse wahrscheinlich eine Extraktion der wässrigen Phase mit einem organischen Lösungsmittel und eine Vorkonzentration des Extrakts vorzunehmen. Aus demselben Grund müssen die eventuell verwendeten Blindprobenkonzentrationen reduziert werden. Dazu sind hochreine und vorzugsweise für Rückstandsanalysen vorgesehene Lösungsmittel zu verwenden. Die Verwendung sorgfältig vorgereinigter Glasgeräte (z. B. durch Spülen mit einem Lösungsmittel oder unter starker Erwärmung) kann zusätzlich helfen, Kreuzkontamination zu vermeiden.
25.
Log POW kann mit einem geeigneten Programm ermittelt oder von Fachleuten mit entsprechender Erfahrung geschätzt werden. Bei Werten über 6 müssen Blindwert-Korrekturen und Analyteintragungen sorgfältig überwacht werden. Wenn der geschätzte Wert für log POW über 6 liegt, muss ein Surrogatstandard für die Wiederfindungskorrektur verwendet werden, damit die erforderlichen hohen Vorkonzentrationsfaktoren erreicht werden können. Auf dem Markt werden verschiedene Computer-Programme zur Schätzung von log POW angeboten  (z. B. Clog P(16), KOWWIN(17), ProLogP(18) und ACD log P(19)). Das Literaturverzeichnis enthält Beschreibungen der verschiedenen Schätzverfahren (20-22).
26.
Die Quantifizierungsgrenzen (LOQ) für die Bestimmung der Prüfsubstanz in 1-Octanol und Wasser werden mit anerkannten Methoden bestimmt. Als Faustregel kann die Konzentration in Wasser oder 1-Octanol, bei der sich ein Signal-/Rauschverhältnis von 10 ergibt, als Quantifizierungsgrenze für die betreffende Methode angenommen werden. Entsprechend sollten eine geeignete Methode zur Extraktion und zur Vorkonzentration ausgewählt und Verfahren für die analytische Wiederfindung spezifiziert werden. Der Vorkonzentrationsfaktor ist so auszuwählen, dass sich bei der Analyse ein Signal der geforderten Stärke ergibt.
27.
Ausgehend von den Parametern der Analysemethode und von den erwarteten Konzentrationen wird die Probengröße bestimmt, die für eine genaue Bestimmung der Konzentration der jeweiligen Verbindung ungefähr erforderlich ist. Wasserproben, die so klein sind, dass kein hinreichendes Analysesignal festgestellt werden kann, sollten nicht verwendet werden. Ebenso sollte die Verwendung zu großer Wasserproben vermieden werden, weil ansonsten möglicherweise zu wenig Wasser für die erforderlichen Analysen (n = 5) verbleibt. In Anlage 1 wird das Proben-Mindestvolumen abhängig vom Gefäßvolumen, von der Nachweisgrenze der Prüfsubstanz und von der Löslichkeit der Prüfsubstanz angegeben.
28.
Die Quantifizierung der Prüfsubstanzen erfolgt durch den Vergleich mit Kalibrierungskurven der entsprechenden Verbindung. Die Konzentrationen in den analysierten Proben müssen innerhalb der Bandbreite der Standardkonzentrationen liegen.
29.
Bei Prüfsubstanzen mit log POW-Werten über 6 muss der Wasserprobe vor der Extraktion ein Surrogatstandard zugesetzt werden, um die bei der Extraktion und bei der Vorkonzentration der Wasserprobe auftretenden Verluste zu erfassen. Für exakte Wiederfindungskorrekturen müssen die Surrogate Merkmale aufweisen, die denen der Prüfsubstanz möglichst ähnlich sind oder vollständig mit deren Merkmalen übereinstimmen. Dazu werden vorzugsweise mit einem (stabilen) Isotop markierte, den Prüfsubstanzen analoge Verbindungen verwendet (z. B. deuterierte oder mit 13C markierte Verbindungen). Wenn mit einem stabilen Isotop (d. h. mit 13C oder 2H) markierte Verbindungen nicht verwendet werden können, sollte anhand zuverlässiger Daten in der Fachliteratur nachgewiesen werden, dass die physikalisch-chemischen Merkmale der Surrogate den Merkmalen der Prüfsubstanzen sehr nahekommen. Bei der Flüssig-flüssig-Extraktion der wässrigen Phase können Emulsionen entstehen. Diese Emulsionen können durch die Zugabe von Salz und Ausfällen der Emulsion über Nacht verringert werden. Die Methoden zur Extraktion und zur Vorkonzentration der Proben sind zu protokollieren.
30.
Aus der 1-Octanol-Phase gezogene Proben können vor der Analyse erforderlichenfalls mit einem geeigneten Lösungsmittel verdünnt werden. Die Verwendung von Surrogatstandards zur Wiederfindungskorrektur wird für Substanzen empfohlen, bei denen in Wiederfindungsprüfungen starke Schwankungen zu verzeichnen waren (relative Standardabweichung > 10 %).
31.
Die Analysemethode ist detailliert zu protokollieren. Zu erfassen sind unter anderem die Extraktionsmethode, Vorkonzentrations- und Verdünnungsfaktoren, Geräteparameter, die Kalibrierungsroutine, der Kalibrierungsbereich, Angaben zur analytischen Wiederfindung der Prüfsubstanzen aus dem Wasser, Zugaben von Surrogatstandards zur Wiederfindungskorrektur, Blindwerte, Nachweisgrenzen und Quantifizierungsgrenzen.

Durchführung der Prüfung

Optimale 1-Octanol-/Wasser-Verhältnisse

32.
Bei der Auswahl der Volumina von Wasser und 1-Octanol sollten die folgenden Punkte berücksichtigt werden: die Quantifizierungsgrenze (LOQ) in 1-Octanol und Wasser, die Vorkonzentrationsfaktoren der Wasserproben, das Volumen der aus 1-Octanol und aus Wasser genommenen Proben und die zu erwartenden Konzentrationen. Aus durchführungspraktischen Gründen sollte das 1-Octanol-Volumen bei dem System zur Prüfung unter langsamem Rühren so gewählt werden, dass die 1-Octanol-Schicht hinreichend stark (> 0,5 cm) ist, damit die Proben ohne Beeinträchtigung aus der 1-Octanol-Phase entnommen werden können.
33.
Typische Phasenverhältnisse für die Bestimmung von Verbindungen mit log POW-Werten von mindestens 4,5 sind 20 bis 50 ml 1-Octanol und 950 bis 980 ml Wasser in einem 1-l-Gefäß.

Prüfbedingungen

34.
Während der Prüfung wird das Reaktionsgefäß mit einem Thermostaten so geregelt, dass die Temperaturschwankungen unter 1 °C liegen. Die Untersuchung sollte bei einer Temperatur von 25 °C durchgeführt werden.
35.
Das Prüfsystem sollte vor Tageslichteinfall geschützt werden, indem die Prüfungen entweder im Dunkeln durchgeführt werden oder das Reaktionsgefäß mit einer Aluminiumfolie bedeckt wird.
36.
Außerdem sollte die Prüfung in (möglichst) staubfreier Umgebung erfolgen.
37.
Das 1-Octanol-Wasser-System wird gerührt, bis das erforderliche Gleichgewicht hergestellt ist. In einem Pilottest unter langsamem Rühren bei regelmäßiger Entnahme von Proben aus der wässrigen Phase und aus der 1-Octanol-Phase wird die Zeitspanne bis zur Herstellung des Gleichgewichts ermittelt. Zwischen den verschiedenen Probenahmen sollten jeweils mindestens 5 Stunden liegen.
38.
Die POW-Werte sind in mindestens drei unabhängig voneinander durchzuführenden Prüfungen unter langsamem Rühren zu bestimmen.

Bestimmung der zur Herstellung des Gleichgewichts erforderlichen Zeitspanne

39.
Es wird angenommen, dass das Gleichgewicht dann erreicht ist, wenn das Konzentrationsverhältnis für 1-Octanol und Wasser in einem Zeitraum mit vier Messzeitpunkten bei einem p-Wert von 0,05 so weit zurückgegangen ist, dass der Endwert nicht mehr signifikant von 0 abweicht. Die Zeitspanne zur Herstellung des Gleichgewichts beträgt mindestens einen Tag. Erst dann kann mit der Probenahme begonnen werden. Als Faustregel kann davon ausgegangen werden, dass bei Substanzen, bei denen log POW auf unter 5 geschätzt wird, die Probenahme am zweiten und am dritten Tag erfolgen kann. Bei stärker hydrophoben Verbindungen dauert die Herstellung des Gleichgewichts unter Umständen länger. Bei einer Verbindung mit log POW 8,23 (Decachlorbiphenyl) wurde das Gleichgewicht nach 144 Stunden erreicht. Ob das Gleichgewicht hergestellt ist, wird anhand mehrfacher Probenahmen aus einem einzigen Gefäß beurteilt.

Beginn der Prüfung

40.
Zu Beginn der Prüfung wird das Reaktionsgefäß Wasser befüllt, das mit 1-Octanol gesättigt wurde. Dabei sollte genügend Zeit zum Erreichen der thermostatgeregelten Temperatur gelassen werden.
41.
Die gewünschte Menge der Prüfsubstanz (im erforderlichen Volumen des mit Wasser gesättigten 1-Octanol) wird vorsichtig in das Reaktionsgefäß gegeben. Dies ist ein entscheidender Schritt bei der Prüfung, da bei der Mischung der beiden Phasen Verwirbelungen vermieden werden müssen. Dazu kann die 1-Octanol-Phase langsam mit einer Pipette dicht über der Wasseroberfläche gegen die Wand des Prüfgefäßes getropft werden. Die 1-Octanol-Phase fließt dann an der Glaswand hinab und bildet einen Film auf der wässrigen Phase. Eine direkte Dekantierung von 1-Octanol in den Kolben sollte in jedem Fall vermieden werden; unter keinen Umständen sollten 1-Octanol-Tropfen direkt auf die Wasseroberfläche fallen.
42.
Nach dem Beginn des Rührvorgangs sollte die Rührgeschwindigkeit langsam gesteigert werden. Wenn die Rührmotoren nicht in geeigneter Weise eingestellt werden können, sollte der Einsatz eines Transformators in Erwägung gezogen werden. Die Rührgeschwindigkeit sollte so eingestellt werden, dass am Übergang zwischen Wasser und 1-Octanol ein Wirbel mit einer Tiefe von 0,5 cm bis höchstens 2,5 cm entsteht. Die Rührgeschwindigkeit ist zu verringern, wenn der Wirbel tiefer als 2,5 cm wird; andernfalls können 1-Octanol-Mikrotröpfchen in der wässrigen Phase entstehen und dazu führen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz im Wasser überschätzt wird. Die Rührgeschwindigkeit, bei der ein Wirbel mit einer Tiefe von höchstens 2,5 cm entsteht, wird ausgehend von den Ergebnissen der Ringtest-Validierungsstudie empfohlen (5). Diese Rührgeschwindigkeit gewährleistet einen Kompromiss zwischen der möglichst raschen Herstellung des erforderlichen Gleichgewichts und der Vermeidung von 1-Octanol-Mikrotröpfchen.

Probenahme und Behandlung der Proben

43.
Vor der Probenahme sollte der Rührmotor ausgeschaltet und gewartet werden, bis die Flüssigkeiten zur Ruhe gekommen sind. Nach der Probenahme wird der Rührmotor bei geringer Rührgeschwindigkeit wieder eingeschaltet und die Rührgeschwindigkeit wie oben beschrieben langsam gesteigert.
44.
Die Probenahme aus der wässrigen Phase erfolgt aus einem Absperrhahn unten am Reaktionsgefäß. Dabei ist das Totvolumen des im Hahn enthaltenen Wassers (in dem in Anlage 2 abgebildeten Gefäß etwa 5 ml) zu verwerfen. Das im Hahn enthaltene Wasser wurde nicht umgerührt und befindet sich daher nicht im Gleichgewicht mit der übrigen Flüssigkeit. Das Volumen der Wasserproben wird protokolliert; außerdem ist die Menge der im verworfenen Wasservolumen enthaltenen Prüfsubstanz bei der Berechnung der Massenbilanz zu berücksichtigen. Verdampfungsverluste sollten vermieden werden; dazu sollte dem Wasser Gelegenheit gegeben werden, ruhig in den Abscheidetrichter abzufließen, damit die Wasser-1-Octanol-Schicht nicht gestört wird.
45.
Die Probenahme aus der 1-Octanol-Phase erfolgt, indem eine kleine Aliquote (ca. 100 μl) mit einer 100-Mikroliter-Glas-Metall-Spritze aus der 1-Octanol-Schicht gezogen wird. Dabei ist darauf zu achten, dass der Übergangsbereich nicht berührt wird. Anschließend wird das Volumen der als Probe entnommenen Flüssigkeit protokolliert. Eine kleine Aliquote ist ausreichend, da die 1-Octanol-Probe verdünnt wird.
46.
Bei der Handhabung der Proben sollten unnötige Übertragungsschritte vermieden werden. Daher sollte das Probenvolumen gravimetrisch bestimmt werden. Bei Wasserproben kann dies geschehen, indem die Wasserproben in einem Abscheidetrichter gesammelt werden, der bereits die erforderliche Lösungsmittelmenge erhält.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

47.
Bei der hier beschriebenen Prüfmethode wird POW aufgrund von drei Prüfungen der zu untersuchenden Verbindung (drei Prüfeinheiten) unter langsamem Rühren bestimmt; dabei müssen jeweils identische Bedingungen gegeben sein. Die zum Nachweis des hergestellten Gleichgewichts vorgenommene Regression sollte auf den Ergebnissen von mindestens vier CO/CW-Werten zu aufeinanderfolgenden Zeitpunkten beruhen. Anhand dieser Ergebnisse kann eine Varianz als Maß für die Unsicherheit des pro Prüfeinheit ermittelten Durchschnittswerts berechnet werden.
48.
POW kann über die Varianz der in den einzelnen Prüfeinheiten ermittelten Daten beschrieben werden. Aufgrund dieser Information wird POW nämlich als gewichteter Durchschnitt der Ergebnisse der einzelnen Prüfeinheiten berechnet. Dazu wird der Kehrwert der Varianz der Ergebnisse der Prüfeinheiten als Gewichtung angenommen. Dies hat zur Folge, dass sich Daten mit großen Schwankungen (ausgedrückt in einer hohen Varianz) und entsprechend geringerer Zuverlässigkeit weniger auf das Ergebnis auswirken als Daten mit niedriger Varianz.
49.
In entsprechender Weise wird die gewichtete Standardabweichung berechnet. Die Standardabweichung beschreibt die Wiederholbarkeit der POW-Messung. Eine niedrige gewichtete Standardabweichung ist Ausdruck einer sehr hohen Wiederholbarkeit der POW-Bestimmung in ein und demselben Labor. Im Folgenden wird die formale statistische Behandlung der Daten beschrieben.

Auswertung der Ergebnisse

Nachweis der Herstellung des Gleichgewichts

50.
Für jeden Probenahmezeitpunkt wird der Logarithmus des Verhältnisses der Konzentration der Prüfsubstanz in 1-Octanol und Wasser (log (CO/CW)) berechnet. Die Herstellung des chemischen Gleichgewichts wird nachgewiesen, indem dieses Verhältnis bezogen auf die betreffende Zeit dargestellt wird. Ein Plateau in der aus Messungen zu mindestens vier aufeinanderfolgenden Zeitpunkten erstellten Kurve zeigt, dass ein Gleichgewicht erreicht und die Verbindung tatsächlich in 1-Octanol gelöst ist. Andernfalls sind die Prüfungen fortzusetzen, bis sich aus den Werten von vier aufeinanderfolgenden Zeitpunkten eine Kurve ergibt, deren Steigung sich bei einem p-Wert von 0,05 nicht mehr signifikant von null unterscheidet, und die entsprechend zeigt, dass log CO/CW nicht mehr zeitabhängig ist.

Berechnung von Log POW

51.
Log POW der Versuchseinheit wird als gewichteter Durchschnitt von log Co/Cw für den Teil der Kurve zur Darstellung des Verhältnisses von log Co/Cw zur Zeitspanne berechnet, in dem das Gleichgewicht nachgewiesen wurde. Zur Berechnung des gewichteten Durchschnitts werden die Daten mit dem Kehrwert der Varianz so berechnet, dass der Einfluss der Daten auf das Endergebnis umgekehrt proportional zur Unsicherheit der Daten ist.

Durchschnittlicher Wert für log POW

52.
Der durchschnittliche Wert für log POW bei verschiedenen Versuchseinheiten wird als Durchschnitt der Ergebnisse der einzelnen mit der jeweiligen Varianz gewichteten Versuchseinheiten berechnet.

Die Berechnung erfolgt nach der nachstehenden Formel:

Dabei ist

Log POW,i=log POW der jeweiligen Versuchseinheit i,
log POW,Av=gewichteter Durchschnitt der jeweils ermittelten Werte für log POW,
wi=statistische Gewichtung von log POW der Versuchseinheit i.

Der Kehrwert der Varianz von log POW,i wird als wi eingesetzt (
).

53.
Der Fehler des Durchschnitts von log POW wird geschätzt als die in den einzelnen Versuchseinheiten während der Gleichgewichtsphase ermittelte Wiederholbarkeit von log CO/CW und als gewichtete Standardabweichung von log POW,Av (σlog POW,Av) ausgedrückt, die wiederum ein Maß für den mit log POW,Av verbundenen Fehler ist. Die gewichtete Standardabweichung kann wie folgt aus der gewichteten Varianz (varlog POW,Av) berechnet werden:

Dabei steht n für die Anzahl der Versuchseinheiten.

Prüfbericht

54.
Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

Prüfsubstanz:

Handelsname (Common name), chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (mit Angabe der Lage der Markierung bei Verwendung radioaktiv markierten Materials) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (siehe Nummer 17),
Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfsubstanz,
Reinheit der Markierung von markierten Chemikalien und molare Aktivität (soweit zutreffend),
vorläufige Schätzung von log POW sowie Methode zur Ableitung des Wertes.

Prüfbedingungen:

Daten der Durchführung der Untersuchungen,
Temperatur während der Prüfung,
Volumina an 1-Octanol und Wasser bei Beginn der Prüfung,
Volumina der entnommenen 1-Octanol- und Wasserproben,
in den Prüfgefäßen verbliebene Volumina an 1-Octanol und Wasser,
Beschreibung der Prüfgefäße und der Rührbedingungen (Geometrie von Rührstab und Prüfgefäß, Wirbeltiefe in mm und — wenn bekannt — Rührgeschwindigkeit),
Analysemethoden zur Bestimmung der Prüfsubstanz und Methode zur Bestimmung der Quantifizierungsgrenze,
Probenahmezeiten,
pH-Wert der wässrigen Phase und verwendete Pufferlösungen, wenn der pH-Wert unter Berücksichtigung der ionisierbaren Moleküle korrigiert wurde,
Anzahl der Wiederholungen.

Ergebnisse:

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der verwendeten Analysemethoden,
bestimmte Konzentrationen der Prüfsubstanz in 1-Octanol und in Wasser abhängig von der Zeit,
Berechnung der Massenbilanz,
Temperatur und Standardabweichung oder Temperaturbereich während der Prüfung,
zeitabhängige Regression des Konzentrationsverhältnisses,
durchschnittlicher Wert log POW,Av und Standardfehler,
Diskussion und Auswertung der Ergebnisse,
beispielhafte Rohdaten repräsentativer Analysen (sämtliche Rohdaten sind gemäß den GLP-Standards zu speichern); u. a. Daten zur Wiederfindung von Surrogaten, Anzahl der bei der Kalibrierung verwendeten Konzentrationen (sowie Kriterien für den Korrelationskoeffizienten der Kalibrierungskurve) und Ergebnisse der Qualitätssicherung/Qualitätskontrolle (QA/QC),
wenn verfügbar: Validierungsbericht zum Untersuchungsverfahren (im Literaturverzeichnis anzugeben).

LITERATUR:

1.
De Bruijn JHM, Busser F, Seinen W, Hermens J. (1989). Determination of octanol/water partition coefficients with the „slow-stirring“ method. Environ. Toxicol. Chem. 8: 499-512.
2.
Kapitel A.8 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient.
3.
Kapitel A.8 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient.
4.
OECD (2000). OECD Draft Guideline for the Testing of Chemicals: 122 Partition Coefficient (n-Octanol/Water): pH-Metric Method for Ionisable Substances. Paris.
5.
Tolls J (2002). Partition Coefficient 1-Octanol/Water (Pow) Slow-Stirring Method for Highly Hydrophobic Chemicals, Validation Report. RIVM contract-Nrs 602730 M/602700/01.
6.
Boethling RS, Mackay D (eds.) (2000). Handbook of property estimation methods for chemicals. Lewis Publishers Boca Raton, FL, USA.
7.
Schwarzenbach RP, Gschwend PM, Imboden DM (1993). Environmental Organic Chemistry. Wiley, New York, NY.
8.
Arnold CG, Widenhaupt A, David MM, Müller SR, Haderlein SB, Schwarzenbach RP (1997). Aqueous speciation and 1-octanol-water partitioning of tributyl- and triphenyltin: effect of pH and ion composition. Environ. Sci. Technol. 31: 2596-2602.
9.
OECD (1981) OECD Guidelines for the Testing of Chemicals: 112 Dissociation Constants in Water. Paris.
10.
Kapitel A.6 dieses Anhangs, Wasserlöslichkeit.
11.
Kapitel C.7 dieses Anhangs, Abbaubarkeit — abiotischer Abbau: Hydrolyse in Abhängigkeit vom pH-Wert.
12.
Kapitel C.4 — Teile II — VII (Methoden A bis F) dieses Anhangs -Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit.
13.
Kapitel A.4 dieses Anhangs, Dampfdruck.
14.
Pinsuwan S, Li A and Yalkowsky S.H. (1995). Correlation of octanol/water solubility ratios and partition coefficients, J. Chem. Eng. Data. 40: 623-626.
15.
Lyman WJ (1990). Solubility in water. In: Handbook of Chemical Property Estimation Methods: Environmental Behavior of Organic Compounds, Lyman WJ, Reehl WF, Rosenblatt DH, Eds. American Chemical Society, Washington, DC, 2-1 to 2-52.
16.
Leo A, Weininger D (1989). Medchem Software Manual. Daylight Chemical Information Systems, Irvine, CA.
17.
Meylan W (1993). SRC-LOGKOW for Windows. SRC, Syracuse, N.Y.
18.
Compudrug L (1992). ProLogP. Compudrug, Ltd, Budapest.
19.
ACD. ACD logP; Advanced Chemistry Development: Toronto, Ontario M5H 3V9, Canada, 2001.
20.
Lyman WJ (1990). Octanol/water partition coefficient. In Lyman WJ, Reehl WF, Rosenblatt DH, eds, Handbook of chemical property estimation, American Chemical Society, Washington, D.C.
21.
Rekker RF, de Kort HM (1979). The hydrophobic fragmental constant: An extension to a 1 000 data point set. Eur. J. Med. Chem. Chim. Ther. 14: 479-488.
22.
Jübermann O (1958). Houben-Weyl, ed, Methoden der Organischen Chemie: 386-390.

Anlage 1

Tabelle zur Berechnung der für den Nachweis von prüfsubstanzen mit unterschiedlichen logPOW-Werten in der wässrigen Phase mindestens erforderlichen Volumina

Voraussetzungen:

Maximales Volumen der einzelnen Aliquoten = 10 % des Gesamtvolumens; 5 Aliquoten = 50 % des Gesamtvolumens.

; bei niedrigeren Konzentrationen sind größere Volumina erforderlich.
Zur Bestimmung der Nachweisgrenze verwendetes Volumen = 100 ml.
log POW vs. Log SW und log POW vs. SR (SOCT/SW) sind sinnvolle Darstellungen der Beziehungen zwischen den Prüfsubstanzen.

Geschätzter Wert für Sw



log PowFormellog SwSw (mg/l)
4 0,496 3,133E+00
4,5 0,035 1,084E+00
5 – 0,426 3,750E-01
5,5 – 0,887 1,297E-01
6 – 1,348 4,487E-02
6,5 – 1,809 1,552E-02
7 – 2,270 5,370E-03
7,5 – 2,731 1,858E-03
8 – 3,192 6,427E-04

Geschätzter Wert für Soct



log PowFormelSoct (mg/l)
4 3,763E+04
4,5 4,816E+04
5 6,165E+04
5,5 7,890E+04
6 1,010E+05
6,5 1,293E+05
7 1,654E+05
7,5 2,117E+05
8 2,710E+05



Gesamtmasse der Prüfsubstanz

(mg)

MasseOct/MasseWasser

MasseH2O

(mg)

KonzH2O

(mg/l)

Masseoct

(mg)

Konzoct

(mg/l)

1 319 526 2,5017 2,6333 1 317 26 333
1 686 1 664 1,0127 1,0660 1 685 33 709
2 158 5 263 0,4099 0,4315 2 157 43 149
2 762 16 644 0,1659 0,1747 2 762 55 230
3 535 52 632 0,0672 0,0707 3 535 70 691
4 524 1664 36 0,0272 0,0286 4 524 90 480
5 790 5263 16 0,0110 0,0116 5 790 115 807
7 411 1 664 357 0,0045 0,0047 7 411 148 223
9 486 5 263 158 0,0018 0,0019 9 486 189 713

Berechnung der Volumina



Erforderliches Mindestvolumen der H2O-Phase bei den verschiedenen LOD-Konzentrationen

log KowLOD (μg/l)→0,001 0,01 0,10 1,00 10
4 0,04 0,38 3,80 38 380
4,5 0,09 0,94 9,38 94 938
5 0,23 2,32 23,18 232 2 318
5,5 0,57 5,73 57,26 573 5 726
6 1,41 14,15 141 1 415 14 146
6,5 3,50 34,95 350 3 495 34 950
7 8,64 86,35 864 8 635 86 351
7,5 21,33 213 2 133 21 335 213 346
8 52,71 527 5 271 52 711 527 111
Volumen für Nachweisgrenze LOD (l)0,1

Erläuterungen

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 1-l-Ausgleichsgefäß.

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 2-l-Ausgleichsgefäß.

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 5-l-Ausgleichsgefäß.

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 10-l-Ausgleichsgefäß.

Mehr als 10 % des Volumens eines 10-l-Ausgleichsgefäßes.



Übersicht über die benötigten Volumina abhängig von der Wasserlöslichkeit und von log POW

Erforderliches Mindestvolumen der H2O-Phase bei den verschiedenen LOD-Konzentrationen (ml)

log PowSw (mg/l)LOD (μg/l)→0,001 0,01 0,10 1,00 10
4 10 0,01 0,12 1,19 11,90 118,99
5 0,02 0,24 2,38 23,80 237,97
3 0,04 0,40 3,97 39,66 396,62
1 0,12 1,19 11,90 118,99 1 189,86
4,5 5 0,02 0,20 2,03 20,34 203,37
2 0,05 0,51 5,08 50,84 508,42
1 0,10 1,02 10,17 101,68 1 016,83
0,5 0,20 2,03 20,34 203,37 2 033,67
5 1 0,09 0,87 8,69 86,90 869,01
0,5 0,17 1,74 17,38 173,80 1 738,02
0,375 0,23 2,32 23,18 231,75 2 317,53
0,2 0,43 4,35 43,45 434,51 4 345,05
5,5 0,4 0,19 1,86 18,57 185,68 1 856,79
0,2 0,37 3,71 37,14 371,36 3 713,59
0,1 0,74 7,43 74,27 742,72 7 427,17
0,05 1,49 14,85 148,54 1 485,43 14 854,35
6 0,1 0,63 6,35 63,48 634,80 6 347,95
0,05 1,27 12,70 126,96 1 269,59 12 695,91
0,025 2,54 25,39 253,92 2 539,18 25 391,82
0,0125 5,08 50,78 507,84 5 078,36 50 783,64
6,5 0,025 2,17 21,70 217,02 2 170,25 21 702,46
0,0125 4,34 43,40 434,05 4 340,49 43 404,93
0,006 9,04 90,43 904,27 9 042,69 90 426,93
0,003 18,09 180,85 1 808,54 18 085,39 180 853,86
7 0,006 7,73 77,29 772,89 7 728,85 77 288,50
0,003 15,46 154,58 1 545,77 15 457,70 154 577,01
0,0015 23,19 231,87 2 318,66 23 186,55 231 865,51
0,001 46,37 463,73 4 637,31 46 373,10 463 731,03
7,5 0,002 19,82 198,18 1 981,77 19 817,73 198 177,33
0,001 39,64 396,35 3 963,55 39 635,47 396 354,66
0,0005 79,27 792,71 7 927,09 79 270,93 792 709,32
0,00025 158,54 1 585,42 15 854,19 158 541,86 1 585 418,63
8 0,001 33,88 338,77 3 387,68 33 876,77 338 767,72
0,0005 67,75 677,54 6 775,35 67 753,54 677 535,44
0,00025 135,51 1 355,07 13 550,71 135 507,09 1 355 070,89
0,000125 271,01 2 710,14 27 101,42 271 014,18 2 710 141,77
Volumen für Nachweisgrenze LOD (l)0,1

Anlage 2

Beispiel eines Prüfgefäßes mit Glasmantel zur Bestimmung von POW unter langsamem Rühren

A.24.   VERTEILUNGSKOEFFIZIENT (N-OCTANOL/WASSER), HOCHLEISTUNGS-FLÜSSIGKEITSCHROMATOGRAPHIE (HPLC-METHODE)

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 117 (2004).

1.
Als Verteilungskoeffizient (P) bezeichnet man das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen eines gelösten Stoffs in einem Zweiphasensystem aus zwei weitgehend unmischbaren Lösungsmitteln. Für n-Octanol und Wasser gilt:

Der Verteilungskoeffizient (P) ist der Quotient zweier Konzentrationen. Er wird ohne Maßeinheit gewöhnlich in Form seines Zehnerlogarithmus angegeben.

2.
Der Pow-Wert ist ein Schlüsselparameter in Studien zur Persistenz chemischer Stoffe in der Umwelt. Eine hoch signifikante Beziehung zwischen dem Pow-Wert nicht ionisierter Stoffe und ihrer Bioakkumulation in Fischen wurde nachgewiesen. Außerdem wurde nachgewiesen, dass der Pow-Wert ein hilfreicher Parameter zur Prognose der Adsorption im Boden und in Sedimenten und zur Feststellung quantitativer Struktur-Wirkungs-Beziehungen bei vielfältigen biologischen Wirkungen ist.
3.
Der ursprüngliche Vorschlag für diese Prüfmethode beruhte auf einem Artikel von C. V. Eadsforth und P. Moser (1). 1986 hat das deutsche Umweltbundesamt die Entwicklung der Prüfmethode und einen OECD-Ringversuch koordiniert (2).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

4.
log Pow-Werte von – 2 bis 4 (gelegentlich bis zu 5 und höher)  können experimentell mit der Schüttelmethode bestimmt werden (Kapitel A.8 dieses Anhangs, OECD-Prüfrichtlinie 107). Mit der HPLC-Methode können log Pow-Werte von 0 bis 6 ermittelt werden (1)(2)(3)(4)(5). Bei dieser Methode muss unter Umständen der Pow-Wert geschätzt werden, um geeignete Referenzstoffe zuordnen und Schlussfolgerungen aus den in der Prüfung generierten Daten ziehen zu können. Die Berechnungsmethoden werden in der Anlage zu dieser Prüfmethode kurz erläutert. Die HPLC wird mit isokratischer Elution durchgeführt.
5.
Die Pow-Werte hängen von den Umgebungsbedingungen (Temperatur, pH-Wert, Ionenkonzentration usw.) ab. Diese sollten im Versuch definiert werden, damit die Pow-Werte richtig interpretiert werden können. Für ionisierbare Stoffe könnte in Zukunft eine andere Methode zur Verfügung stehen (z. B. der Entwurf der OECD-Prüfrichtlinie zur pH-Messung ionisierter Stoffe (6)), die als alternative Methode angewandt werden sollte. Nach diesem Entwurf der OECD-Richtlinie kann zwar unter Umständen der Pow-Wert dieser ionisierbaren Stoffe ermittelt werden; manchmal ist jedoch eher die HPLC-Methode bei einem für die jeweiligen Umgebungsbedingungen relevanten pH-Wert zu empfehlen (siehe Nummer 9).

PRINZIP DER METHODE

6.
Analysen durch Umkehrphasen-HPLC werden mit Analysensäulen mit handelsüblichen Festphasen durchgeführt, die chemisch an Siliciumdioxid gebundene langkettige Kohlenwasserstoffe (z. B. C8 oder C18) enthalten.
7.
Eine in eine solche Säule injizierte Chemikalie partitioniert zwischen der mobilen Lösungsmittelphase und der stationären Kohlenwasserstoffphase, während sie mit der mobilen Phase durch die Säule eluiert wird. Die Stoffe werden proportional entsprechend dem jeweiligen Kohlenwasserstoff/Wasser-Verteilungskoeffizienten abgetrennt; dabei werden zunächst die hydrophilen Stoffe und zuletzt die lipophilen Stoffe eluiert. Die Retentionszeit wird als Kapazitätsfaktor k ausgedrückt und mit folgender Formel bestimmt:

Dabei ist tR die Retentionszeit des Prüfstoffs und t0 die Totzeit, d. h. die Zeit, die ein Lösungsmittelmolekül durchschnittlich zum Wandern durch die Säule benötigt. Quantitative Analysemethoden sind nicht erforderlich, es müssen lediglich die Retentionszeiten bestimmt werden.

8.
Der Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient eines Prüfstoffs kann berechnet werden, indem der Kapazitätsfaktor k des Prüfstoffs bestimmt und der so ermittelte Faktor k in die folgende Gleichung eingesetzt wird:

Dabei sind:

a, b=lineare Regressionskoeffizienten.

Die vorstehende Gleichung kann durch lineare Regression des Logarithmus der Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten von Referenzsubstanzen gegen den Logarithmus der Kapazitätsfaktoren der Referenzsubstanzen ermittelt werden.

9.
Durch Umkehrphasen-HPLC können Verteilungskoeffizienten im log Pow-Bereich von 0 bis 6 bestimmt werden; in Ausnahmefällen sind Berechnungen aber auch im log Pow-Bereich von 6 bis 10 möglich. Dazu muss unter Umständen allerdings die mobile Phase modifiziert werden (3). Für starke Säuren und Basen sowie für Metallkomplexe, Stoffe, die mit dem Elutionsmittel reagieren, und für grenzflächenaktive Stoffe ist diese Methode nicht geeignet. Messungen an ionisierbaren Stoffen können nur an deren nicht ionisierter Form (freie Säure oder freie Base) durch Verwendung eines geeigneten Puffers mit einem pH-Wert unter (freie Säure) bzw. über (freie Base) dem pKa-Wert durchgeführt werden. Alternativ könnte in Zukunft eine pH-Messmethode zur Prüfung ionisierbarer Stoffe zur Verfügung stehen, die als Alternativmethode (6) angewendet werden könnte. Wenn der log Pow-Wert für eine Einstufung oder eine Bewertung des Umweltrisikos ermittelt wird, ist die Prüfung bei einem für die jeweilige natürliche Umgebung typischen pH-Bereich vorzunehmen (d. h. im pH-Bereich von 5,0 bis 9).
10.
Manchmal können Verunreinigungen die Interpretation der Ergebnisse erschweren, weil die Zuordnung der Peaks nicht eindeutig ist. Für Gemische, die ein nicht aufgelöstes Band ergeben, sollten jeweils die obere und die untere Grenze des log Pow-Peaks und die prozentuale Fläche jedes log Pow-Peaks angegeben werden. Für Gemische, die aus einer Gruppe von Homologen bestehen, sollte auch der gewichtete durchschnittliche log Pow-Wert angegeben werden (7); dieser ist ausgehend von den einzelnen Pow-Werten und den entsprechenden prozentualen Flächen zu berechnen (8). Alle Peaks, die mit einer Fläche von mindestens 5 % zur gesamten Peak-Fläche beitragen, sind in der Berechnung zu berücksichtigen (9):

Der gewichtete durchschnittliche log Pow-Wert gilt nur für aus Homologen (z. B. einer Reihe von Alkanen) bestehende Stoffe oder Gemische (z. B. für Tallöle). Die Messung von Gemischen kann zu aussagekräftigen Ergebnissen führen, wenn die Empfindlichkeit des verwendeten analytischen Detektors bei allen in dem Gemisch enthaltenen Stoffen gleich ist und eine angemessene Auflösung erreicht werden kann.

INFORMATIONEN ZUM PRÜFSTOFF

11.
Die Dissoziationskonstante, die Strukturformel und die Löslichkeit in der mobilen Phase sollten bekannt sein, bevor diese Methode angewendet wird. Außerdem sind Informationen zur Hydrolyse hilfreich.

QUALITÄTSKRITERIEN

12.
Um die Zuverlässigkeit der Messung zu erhöhen, sind Doppelbestimmungen durchzuführen.
Wiederholbarkeit: Der aus wiederholten Messungen unter identischen Bedingungen und mit derselben Gruppe von Referenzstoffen ermittelte log Pow-Wert sollte im Bereich von ± 0,1 log-Einheiten liegen.
Reproduzierbarkeit: Wenn die Messungen mit einer anderen Reihe von Referenzstoffen wiederholt werden, können andere Ergebnisse ermittelt werden. In der Regel liegt der Korrelationskoeffizient R der Beziehung zwischen log k und log Pow bei einer Reihe von Prüfstoffen etwa bei 0,9; dies entspricht einem Octanol-/Wasser-Verteilungskoeffizienten von log Pow ± 0,5 log-Einheiten.
13.
Der Ringversuch hat gezeigt, dass mit der HPLC-Methode log Pow-Werte im Bereich von ± 0,5 Einheiten der mit der Schüttelmethode bestimmten Werte ermittelt werden können (2). Weitere Vergleiche sind der Literatur zu entnehmen (4)(5)(10)(11)(12). Die höchste Genauigkeit wird mit Korrelationsdiagrammen strukturverwandter Referenzstoffe erzielt (13).

REFERENZSTOFFE

14.
Um den gemessenen Kapazitätsfaktor k eines Stoffs mit seinem Pow zu korrelieren, muss eine Kalibrierkurve mit mindestens sechs Datenpunkten erstellt werden (siehe Nummer 24). Die Wahl der geeigneten Referenzstoffe obliegt dem Benutzer. Die log Pow-Werte der Referenzstoffe sollten in der Regel den log Pow-Wert des Prüfstoffs einschließen; d. h. mindestens ein Referenzstoff sollte einen Pow-Wert über dem des Prüfstoffs und ein anderer einen Pow-Wert unter dem des Prüfstoffs haben. Extrapolationen sollten nur ausnahmsweise vorgenommen werden. Die Referenzstoffe sollten vorzugsweise mit dem Prüfstoff strukturverwandt sein. Die log-Pow-Werte der für die Kalibrierung verwendeten Referenzstoffe müssen auf zuverlässigen Versuchsdaten beruhen. Bei Stoffen mit hohem log Pow (normalerweise über 4) können berechnete Werte verwendet werden, wenn keine zuverlässigen experimentellen Daten verfügbar sind. Wenn extrapolierte Werte verwendet werden, ist ein Grenzwert anzugeben.
15.
Für viele Gruppen von Chemikalien liegen umfangreiche Listen mit log Pow-Werten vor (14)(15). Wenn keine Daten zu den Verteilungskoeffizienten strukturverwandter Stoffe verfügbar sind, kann eine mit sonstigen Referenzstoffen ermittelte allgemeinere Kalibrierung verwendet werden. In Tabelle 1 sind empfohlene Referenzstoffe und die jeweiligen Pow-Werte zusammengestellt. Bei ionisierbaren Stoffen beziehen sich die angegebenen Werte auf die nicht ionisierte Form. Im Ringversuch wurden die Werte einer Plausibilitäts- und Qualitätsprüfung unterzogen.



Tabelle 1

Empfohlene Referenzstoffe

CAS-NummerReferenzstofflog PowpKa
178-93-3

2-Butanon

(Methylethylketon)

0,3
21122-54-94-Acetylpyridin0,5
362-53-3Anilin0,9
4103-84-4Acetanilid1,0
5100-51-6Benzylalkohol1,1
6150-76-54-Methoxyphenol1,3pKa = 10,26
7122-59-8Phenoxyessigsäure1,4pKa = 3,12
8108-95-2Phenol1,5pKa = 9,92
951-28-52,4-Dinitrophenol1,5pKa = 3,96
10100-47-0Benzonitril1,6
11140-29-4Phenylacetonitril1,6
12589-18-44-Methylbenzylalkohol1,6
1398-86-2Acetophenon1,7
1488-75-52-Nitrophenol1,8pKa = 7,17
15121-92-63-Nitrobenzoesäure1,8pKa = 3,47
16106-47-84-Chloranilin1,8pKa = 4,15
1798-95-3Nitrobenzol1,9
18104-54-1

Zinnamylalkohol

(Zimtalkohol)

1,9
1965-85-0Benzoesäure1,9pKa = 4,19
20106-44-5p-Cresol1,9pKa = 10,17
21

140-10-3

(trans)

Zimtsäure2,1

pKa = 3,89 (cis)

4,44 (trans)

22100-66-3Anisol2,1
2393-58-3Methylbenzoat2,1
2471-43-2Benzol2,1
2599-04-73-Methylbenzoesäure2,4pKa = 4,27
26106-48-94-Chlorphenol2,4pKa = 9,1
2779-01-6Trichlorethylen2,4
281912-24-9Atrazin2,6
2993-89-0Ethylbenzoat2,6
301194-65-62,6-Dichlorbenzonitril2,6
31535-80-83-Chlorbenzoesäure2,7pKa = 3,82
32108-88-3Toluol2,7
3390-15-31-Naphthol2,7pKa = 9,34
34608-27-52,3-Dichloranilin2,8
35108-90-7Chlorbenzol2,8
361746-13-0Allyl-Phenylether2,9
37108-86-1Brombenzol3,0
38100-41-4Ethylbenzol3,2
39119-61-9Benzophenon3,2
4092-69-34-Phenylphenol3,2pKa = 9,54
4189-83-8Thymol3,3
42106-46-71,4-Dichlorbenzol3,4
43122-39-4Diphenylamin3,4pKa = 0,79
4491-20-3Naphthalin3,6
4593-99-2Phenylbenzoat3,6
4698-82-8Isopropylbenzol3,7
4788-06-22,4,6-Trichlorphenol3,7pKa = 6
4892-52-4Biphenyl4,0
49120-51-4Benzylbenzoat4,0
5088-85-72,4-Dinitro-6-sec-butylphenol4,1
51120-82-11,2,4-Trichlorbenzol4,2
52143-07-7Dodecansäure4,2pKa = 5,3
53101-84-8Diphenylether4,2
5485-01-8Phenanthren4,5
55104-51-8n-Butylbenzol4,6
56103-29-7Dibenzyl4,8
573558-69-82,6-Diphenylpyridin4,9
58206-44-0Fluoranthen5,1
59603-34-9Triphenylamin5,7
6050-29-3DDT6,5

BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorabschätzung des Verteilungskoeffizienten

16.
Erforderlichenfalls kann der Verteilungskoeffizient der Prüfsubstanz geschätzt werden; die Schätzung sollte vorzugsweise mit einer Berechnungsmethode (siehe Anlage) bzw. gegebenenfalls auch aufgrund des Verhältnisses der Löslichkeit der Prüfsubstanz in den reinen Lösungsmitteln erfolgen.

Gerät

17.
Benötigt werden ein Flüssigphasenchromatograph mit einer Pumpe mit niedriger Förderleistung und ein geeignetes Detektionssystem. Angesichts der Vielzahl chemischer Gruppen kommen ein UV-Detektor mit einer Wellenlänge von 210 nm oder ein RI-Detektor in Betracht. Die Leistung der HPLC-Säule kann durch polare Gruppen in der stationären Phase erheblich beeinträchtigt werden. Deshalb sollten die stationären Phasen so wenig polare Gruppen wie möglich enthalten (16). Es können handelsübliche Mikroteilchenfüllungen für die Umkehrphasenchromatografie oder Fertigsäulen verwendet werden. Zwischen das Dosiersystem und die Analysensäule kann eine Vorsäule gesetzt werden.

Mobile Phase

18.
Zur Zubereitung des Elutionsmittels werden für die HPLC-Methode ausreichend reines Methanol und destilliertes oder entionisiertes Wasser verwendet; das Elutionsmittel wird vor seiner Verwendung entgast. Es ist das Verfahren der isokratischen Elution anzuwenden. Dabei werden Methanol-Wasser-Verhältnisse mit einem Wassergehalt von mindestens 25 % empfohlen. Im Normalfall ist eine Methanol-Wasser-Mischung im Volumenverhältnis 3:1 für die Eluierung von Verbindungen mit einem log P-Wert von 6 bei einer Elutionszeit von einer Stunde und einer Durchflussrate von 1 ml/min ausreichend. Für Verbindungen mit einem log P-Wert von über 6 kann eine Verkürzung der Elutionszeit (auch der der Referenzstoffe) durch Senkung der Polarität der mobilen Phase oder Kürzung der Säulenlänge erforderlich sein.
19.
Der Prüfstoff und die Referenzstoffe müssen in der mobilen Phase in ausreichender Konzentration löslich sein, um nachgewiesen werden zu können. Nur in Ausnahmefällen dürfen in der Methanol-Wasser-Mischung Zusatzstoffe verwendet werden, da diese die Eigenschaften der Säule verändern. In diesen Fällen muss sichergestellt werden, dass keine Auswirkungen auf die Retentionszeit der Prüfstoffe und der Referenzstoffe gegeben sind. Wenn die Methanol-Wasser-Mischung ungeeignet ist, können andere Mischungen aus einem organischen Lösungsmittel und Wasser verwendet werden, beispielsweise Ethanol-Wasser, Acetonitril-Wasser oder 2-Propanol-Wasser.
20.
Der pH-Wert des Lösungsmittels ist für ionisierbare Stoffe kritisch. Er sollte innerhalb des pH-Bereichs der Säule liegen, der sich im Allgemeinen zwischen 2 und 8 bewegt. Die Anwendung eines Puffers ist zu empfehlen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass kein Salz ausfällt und es nicht zur Beschädigung der Säule kommt, was bei einer Reihe von Mischungen von organischer Phase und Puffer möglich ist. HPLC-Messungen mit einer an Siliciumdioxid gebundenen stationären Phase und einem pH-Wert über 8 sind nicht empfehlenswert, da die Leistung der Säule bei Verwendung einer alkalischen mobilen Phase rapide nachlassen kann.

Gelöste Stoffe

21.
Der Prüfstoff und die Referenzstoffe müssen ausreichend rein sein, um die Peaks der Chromatogramme den jeweiligen Stoffen zuordnen zu können. Die für Prüf- oder Kalibrierungszwecke verwendeten Stoffe werden möglichst in der mobilen Phase gelöst. Wird für die Lösung des Prüfstoffs und der Referenzstoffe ein anderes Lösungsmittel als die mobile Phase verwendet, so ist die mobile Phase für die letzte Verdünnung vor der Injektion zu verwenden.

Prüfbedingungen

22.
Die Temperatur darf während der Messungen um höchstens ± 1 °C schwanken.

Bestimmung der Totzeit t0

23.
Die Totzeit t0 lässt sich durch Verwendung nicht chromatografisch verzögerter organischer Verbindungen (z. B. Thioharnstoff oder Formamid) bestimmen. Ein genauerer Wert für die Totzeit ergibt sich aus den gemessenen Retentionszeiten oder aus etwa sieben Komponenten einer homologen Reihe (z. B. n-Alkyl-Methyl-Ketone) (17). Die Retentionszeiten tR (nC + 1) werden gegen tR (nC) aufgetragen; nC ist die Anzahl der Kohlenstoffatome. Es ergibt sich eine Gerade, tR (nC + 1) = A tR (nC) + (1 – A)t0; A ergibt sich aus k(nC + 1)/k(nC) und ist konstant. Die Totzeit t0 wird aus dem Schnittpunkt (1 – A)t0 und der Steigung A bestimmt.

Regressionsgleichung

24.
Der nächste Schritt besteht in der Erstellung einer Korrelationskurve log k/log P für geeignete Referenzstoffe mit log P-Werten etwa im Bereich des für den Prüfstoff zu erwartenden Wertes. In der Praxis werden dazu 6 bis 10 Referenzstoffe gleichzeitig eingespritzt. Die Retentionszeiten werden am besten mithilfe eines mit dem Detektionssystem gekoppelten registrierenden Integrators bestimmt. Die Logarithmen der entsprechenden Kapazitätsfaktoren (log k) werden als Funktion von log P aufgezeichnet. Die Regressionsgleichung wird in regelmäßigen Abständen (mindestens einmal täglich) vorgenommen, damit eventuelle Leistungsveränderungen der Säule berücksichtigt werden können.

BESTIMMUNG DES POW-WERTES DES PRÜFSTOFFS

25.
Der Prüfstoff wird in den geringsten noch nachweisbaren Mengen eingespritzt. Die Retentionszeit wird doppelt bestimmt. Der Verteilungskoeffizient des Prüfstoffs kann aus dem berechneten Kapazitätsfaktor auf der Kalibrierkurve interpoliert werden. Bei sehr niedrigen und sehr hohen Verteilungskoeffizienten ist eine Extrapolation erforderlich. In diesen Fällen ist besonders auf die Vertrauensgrenzen der Regressionsgeraden zu achten. Wenn die Retentionszeit der Probe außerhalb des Bereichs der für die Standards ermittelten Retentionszeiten liegt, ist ein Grenzwert anzugeben.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Prüfbericht

26.
Der Bericht muss folgende Angaben enthalten:
wenn bestimmt, die Vorabschätzung des Verteilungskoeffizienten, die geschätzten Werte und die verwendete Methode; wenn eine Berechnungsmethode verwendet wurde, die vollständige Beschreibung der Methode einschließlich der Datenbasis und detaillierter Informationen zur Auswahl von Substrukturen;
Prüf- und Referenzstoffe: Reinheit, Strukturformel und CAS-Nummer,
Beschreibung der Ausrüstung und der Betriebsbedingungen: Analysensäule, Vorsäule
mobile Phase, Detektionsverfahren, Temperaturbereich, pH-Wert;
Elutionsprofile (Chromatogramme);
Totzeit und entsprechendes Messverfahren;
Retentionswerte und Pow-Werte aus der Literatur für zur Kalibrierung verwendete Referenzstoffe;
nähere Angaben zur Anpassung der Regressionsgeraden (log k/log Pow) und zum Korrelationskoeffizienten der Geraden einschließlich Konfidenzintervallen;
durchschnittliche Retentionswerte und interpolierter log Pow-Wert für den Prüfstoff;
bei Mischungen: Elutionsprofil-Chromatogramm mit Abgrenzungswerten;
log Pow-Werte im Verhältnis zur prozentualen Fläche des log Pow-Peaks;
Berechnung mit einer Regressionsgeraden;
gegebenenfalls berechnete durchschnittliche log Pow-Werte.

LITERATUR

(1) C.V. Eadsforth und P. Moser. (1983). Assessment of Reverse Phase Chromatographic Methods for Determining Partition Coefficients. Chemosphere. 12, 1459.

(2) W. Klein, W. Kördel, M. Weiss und H.J. Poremski. (1988). Updating of the OECD Test Guideline 107 Partition Coefficient n-Octanol-Water, OECD Laboratory Intercomparison Test on the HPLC Method. Chemosphere. 17, 361.

(3) C.V. Eadsforth. (1986). Application of Reverse H.P.L.C. for the Determination of Partition Coefficient. Pesticide Science. 17, 311.

(4) H. Ellgehausen, C. D'Hondt und R. Fuerer (1981). Reversed-phase chromatography as a general method for determining octan-1-ol/water partition coefficients. Pesticide. Science. 12, 219.

(5) B. McDuffie (1981). Estimation of Octanol Water Partition Coefficients for Organic Pollutants Using Reverse Phase High Pressure Liquid Chromatography. Chemosphere. 10, 73.

(6) OECD (2000). Guideline for Testing of Chemicals — Partition Coefficient (n-octanol/water): pH-metric Method for Ionisable Substances. Draft Guideline, November 2000.

(7) OSPAR (1995). „Harmonised Offshore Chemicals Notification Format (HOCFN) 1995“, Oslo and Paris Conventions for the Prevention of Marine Pollution Programmes and Measures Committee (PRAM), Annex 10, Oviedo, 20.-24. Februar 1995.

(8) M. Thatcher, M. Robinson, L. R. Henriquez und C. C. Karman. (1999). An User Guide for the Evaluation of Chemicals Used and Discharged Offshore, A CIN Revised CHARM III Report 1999. Version 1.0, 3. August.

(9) E. A. Vik, S. Bakke und K. Bansal. (1998). Partitioning of Chemicals. Important Factors in Exposure Assessment of Offshore Discharges. Environmental Modelling & Software Vol. 13, S. 529-537.

(10) L.O. Renberg, S.G. Sundstroem und K. Sundh-Nygård. (1980). Partition coefficients of organic chemicals derived from reversed-phase thin-layer chromatography. Evaluation of methods and application on phosphate esters, polychlorinated paraffins and some PCB-substitutes. Chemosphere. 9, 683.

(11) W.E. Hammers, G.J. Meurs und C.L. De-Ligny. (1982). Correlations between liquid chromatographic capacity ratio data on Lichrosorb RP-18 and partition coefficients in the octanol-water system. J. Chromatography 247, 1.

(12) J.E. Haky und A.M. Young. (1984). Evaluation of a simple HPLC correlation method for the estimation of the octanol-water partition coefficients of organic compounds. J. Liq. Chromatography. 7, 675.

(13) S. Fujisawa und E. Masuhara. (1981). Determination of Partition Coefficients of Acrylates Methacrylates and Vinyl Monomers Using High Performance Liquid Chromatography. Journal of Biomedical Materials Research. 15, 787.

(14) C. Hansch und A. J. Leo. (1979). Substituent Constants for Correlation Analysis in Chemistry and Biology. John Willey, New York.

(15) C. Hansch, Vorsitz; A. J. Leo, Dir. (1982). Log P and Parameter Database: A tool for the quantitative prediction of bioactivity — Available from Pomona College Medical Chemistry Project, Pomona College, Claremont, California 91711.

(16) R. F. Rekker, H. M. de Kort. (1979). The hydrophobic fragmental constant: An extension to a 1 000 data point set. Eur. J. Med. Chem. — Chim. Ther. 14, 479.

(17) G.E. Berendsen, P.J. Schoenmakers, L. de Galan, G. Vigh, Z. Varga-Puchony, und J. Inczédy. (1980). On determination of hold-up time in reversed-phase liquid chromatography. J. Liq. Chromato. 3, 1669.

Anlage

Methoden zur Berechnung von POW-Werten

EINLEITUNG

1.
Diese Anlage enthält eine kurze Einführung in die Berechnung von Pow-Werten. Weitere Informationen sind der Literatur zu entnehmen (1)(2).
2.
Die berechneten Pow-Werte werden zu folgenden Zwecken verwendet:
Auswahl der anzuwendenden Versuchsmethode: Schüttelmethode bei log Pow zwischen – 2 und 4 und HPLC-Methode bei log Pow zwischen 0 und 6;
Festlegung der Bedingungen der HPLC (Referenzstoffe, Methanol-Wasser-Verhältnis);
Plausibilitätsprüfung der durch Versuchsverfahren ermittelten Werte;
Abgabe einer Einschätzung, wenn Versuchsverfahren nicht verwendet werden können.

Prinzip der Berechnungsverfahren

3.
Die hier vorgeschlagenen Berechnungsverfahren beruhen auf der theoretischen Aufspaltung des Moleküls in geeignete Substrukturen, für die zuverlässige log Pow-Inkremente bekannt sind. Der log Pow-Wert wird als Summe seiner entsprechenden Teilwerte und der Korrekturglieder für intramolekulare Wechselwirkungen berechnet. Aufstellungen über Konstanten von Substrukturen und Korrekturglieder liegen vor (1)(2)(3)(4)(5)(6). Einige davon werden regelmäßig aktualisiert (3).

Zuverlässigkeit berechneter Werte

4.
Im Allgemeinen nimmt die Zuverlässigkeit der Berechnungsverfahren in dem Maße ab, in dem die Komplexität des Prüfstoffs zunimmt. Bei einfachen Stoffen mit niedrigem Molekulargewicht und einer oder zwei funktionellen Gruppen ist mit einer Abweichung von 0,1 bis 0,3 log Pow-Einheiten von den Ergebnissen der verschiedenen Fragmentmethoden gegenüber den Messwerten zu rechnen. Die Fehlerspanne hängt von der Zuverlässigkeit der verwendeten Konstanten für die Substrukturen, der Fähigkeit der Erkennung intramolekularer Wechselwirkungen (z. B. Wasserstoffbindungen) und der richtigen Anwendung der Korrekturglieder ab. Bei ionisierbaren Stoffen ist die richtige Berücksichtigung der Ladung und des Ionisierungsgrades wichtig (10).

Fujita-Hansch'sche π-Methode

5.
Die ursprünglich von Fujita et al. (7) für hydrophobe Substituenten eingeführte Konstante π wird wie folgt definiert:

πX = log Pow (PhX) – log Pow (PhH)

wobei PhX ein aromatischer Abkömmling und PhH der Ausgangsstoff ist.



Beispiel:πCl

= log Pow (C6H5Cl) – log Pow (C6H6)

= 2,84 – 2,13

= 0,71

Die π-Methode ist vorwiegend bei aromatischen Stoffen von Bedeutung. π-Werte liegen für zahlreiche Substituenten vor (4)(5).

Rekker-Methode

6.
Mit der Rekker-Methode (8) wird log Pow wie folgt berechnet:

wobei ai für die Häufigkeit steht, mit der eine bestimmte Substruktur im Molekül vorkommt, und fi das log Pow-Inkrement der Substruktur ist. Die Glieder für die Wechselwirkungen lassen sich als ein ganzes Vielfaches einer einzigen Konstante Cm (der so genannten magischen Konstante) angeben. Die Substrukturkonstanten fi und Cm wurden aus einer Liste von 1 054 experimentell ermittelten Pow-Werten (825 Verbindungen) mithilfe der mehrfachen Regressionsanalyse bestimmt (6)(8). Die Bestimmung der Glieder für die Wechselwirkungen erfolgt nach den in der Literatur angegebenen Regeln (6)(8)(9).

Hansch-Leo-Methode

7.
Nach Hansch und Leo (4) wird der log Pow-Wert wie folgt berechnet:

wobei fi eine Substrukturkonstante und Fj ein Korrekturglied („Faktor“) ist und ai und bj für die entsprechende Häufigkeit des Vorkommens stehen. Listen der Substrukturwerte für einzelne Atome und Gruppen und für Korrekturglieder Fj wurden durch die Trial-and-Error-Methode aus experimentell bestimmten Pow-Werten abgeleitet. Die Korrekturglieder sind in unterschiedliche Kategorien eingeordnet worden (1)(4). Um sämtliche Regeln und Korrekturglieder zu berücksichtigen, wurden geeignete Software-Pakete entwickelt (3).

KOMBINIERTE METHODE

8.
Die Berechnung der log Pow-Werte komplexer Moleküle kann beträchtlich verbessert werden, wenn das Molekül in größere Substrukturen zerlegt wird, für die zuverlässige log Pow-Werte vorliegen, sei es aus Tabellen (3) (4), sei es aus eigenen Messungen. Solche Substrukturen (z. B. Heterocyclen, Anthrachinon, Azobenzol) können dann mit den Hansch'schen π-Werten oder mit den Substrukturkonstanten nach Rekker oder Leo kombiniert werden.

Bemerkungen

i)
Die Berechnungsmethoden können auf teilweise oder vollständig ionisierte Stoffe nur dann angewendet werden, wenn die erforderlichen Korrekturfaktoren berücksichtigt werden.
ii)
Wenn von intramolekularen Wasserstoffbindungen ausgegangen werden kann, müssen die entsprechenden Korrekturglieder (etwa + 0,6 bis + 1,0 log Pow-Einheiten) addiert werden (1). Hinweise auf das Vorliegen solcher Bindungen sind Stereo-Modellen oder spektroskopischen Daten des Stoffs zu entnehmen.
iii)
Wenn mehrere tautomere Formen möglich sind, ist die wahrscheinlichste Form als Berechnungsgrundlage anzunehmen.
iv)
Die Überarbeitungen der Listen der Substrukturkonstanten sind sorgfältig zu verfolgen.

LITERATUR ZU BERECHNUNGSMETHODEN

(1) W.J. Lyman, W.F. Reehl und D.H. Rosenblatt (Hrsg.). Handbook of Chemical Property Estimation Methods, McGraw-Hill, New York (1982).

(2) W.J. Dunn, J.H. Block und R.S. Pearlman (Hrsg.). Partition Coefficient, Determination and Estimation, Pergamon Press, Elmsford (New York) und Oxford (1986).

(3) Pomona College, Medicinal Chemistry Project, Claremont, California 91711, USA, Log P Database and Med. Chem. Software (Program CLOGP-3).

(4) C. Hansch und A.J. Leo. Substituent Constants for Correlation Analysis in Chemistry and Biology, John Wiley, New York (1979).

(5) Leo, C. Hansch und D. Elkins. (1971) Partition coefficients and their uses. Chemical Reviews. 71, 525.

(6) R. F. Rekker, H. M. de Kort. (1979). The hydrophobic fragmental constant: An extension to a 1 000 data point set. Eur. J. Med. Chem. — Chim. Ther. 14, 479.

(7) Toshio Fujita, Junkichi Iwasa & Corwin Hansch (1964). A New Substituent Constant, π, Derived from Partition Coefficients. J. Amer. Chem. Soc. 86, 5175.

(8) R.F. Rekker. The Hydrophobic Fragmental Constant, Pharmacochemistry Library, Vol. 1, Elsevier, New York (1977).

(9) C.V. Eadsforth und P. Moser. (1983). Assessment of Reverse Phase Chromatographic Methods for Determining Partition Coefficients. Chemosphere. 12, 1459.

(10) R.A. Scherrer. ACS — Symposium Series 255, S. 225, American Chemical Society, Washington, D.C. (1984).

A.25.   DISSOZIATIONSKONSTANTEN IN WASSER (TITRATIONSVERFAHREN — SPEKTROFOTOMETRISCHES VERFAHREN — KONDUKTOMETRISCHES VERFAHREN)

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 112 (1981).

Voraussetzungen

Geeignete Analysemethode
Wasserlöslichkeit

Leitlinien

Strukturformel
Elektrische Leitfähigkeit für konduktometrisches Verfahren

Einschränkende Aussagen

Alle Prüfmethoden können an reinen Stoffen oder Stoffen handelsüblicher Qualität durchgeführt werden. Die potenziellen Auswirkungen von Verunreinigungen auf die Ergebnisse sind zu berücksichtigen.
Das Titrationsverfahren ist für Stoffe mit geringer Löslichkeit nicht geeignet (siehe Prüflösungen unten).
Das spektrofotometrische Verfahren ist nur bei Stoffen anwendbar, deren UV/VIS-Absorptionsspektren sich in der dissoziierten und undissoziierten Form jeweils deutlich unterscheiden. Dieses Verfahren eignet sich möglicherweise auch für Stoffe mit geringer Löslichkeit und nicht-saure/basische Dissoziationsformen (z. B. Komplexbildung).
In Fällen, in denen die Onsagersche Gleichung anwendbar ist, kann das konduktometrische Verfahren angewendet werden, selbst bei mäßig niedrigen Konzentrationen und auch in Fällen von Nichtsäure-/Basen-Gleichgewichten.

Standarddokumente

Diese Prüfmethode beruht auf den Verfahren, auf die im Abschnitt „Literaturhinweise“ verweisen wird, sowie auf dem Leitfaden der EPA „Preliminary Draft Guidance for Premanufacture Notification“ vom 18. August 1978.

METHODE — EINLEITUNG, ZWECK, ANWENDUNGSBEREICH, RELEVANZ, ANWENDUNG UND VERSUCHSGRENZEN

Die Dissoziation eines Stoffes in Wasser ist wichtig für die Beurteilung seiner Auswirkungen auf die Umwelt. Sie bestimmt die Form des Stoffes, die wiederum für das Verhalten und den Transport des Stoffes maßgeblich ist. Sie beeinflusst möglicherweise die Anlagerung der Chemikalie an Böden und Sedimente und ihr Eindringen in biologische Zellen (Absorption).

Definitionen und Einheiten

Unter Dissoziation versteht man den reversiblen Vorgang der Spaltung einer chemischen Spezies in zwei oder mehrere chemische Stoffe, die auch in ionischer Form vorliegen können. Dieser Vorgang wird im Allgemeinen wie folgt angegeben:

RXR++ X

Die der Reaktion zugrunde liegende Gleichgewichtskonstante der Konzentration ist

Handelt es sich bei R beispielsweise um Wasserstoff (eine Säure), ist die Konstante

oder

Referenzsubstanzen

Die folgenden Referenzstoffe müssen nicht in allen Fällen verwendet werden, in denen eine neue Substanz untersucht wird. Sie werden hier vor allem angegeben, damit die Methode gelegentlich kalibriert werden kann und um die Ergebnisse mit denen anderer Methoden vergleichen zu können.



pKa (1)Temp. in °C
p-Nitrophenol7,1525 (1)
Benzoesäure4,1220
p-Chloroanilin3,9320
(1)   Für 20 °C ist kein Wert verfügbar, aber es kann davon ausgegangen werden, dass die Variabilität der Messergebnisse höher ist als die zu erwartende Temperaturabhängigkeit.

Sinnvoll wäre ein Stoff mit mehreren pKs (siehe „Prinzip der Prüfmethode“ ), z. B.



ZitronensäurepKa (8)Temp. in °C
1) 3,1420
2) 4,7720
3) 6,3920

Prinzip der Prüfmethode

Das beschriebene chemische Verfahren ist im umweltrelevanten Temperaturbereich in der Regel nur wenig temperaturabhängig. Zur Bestimmung der Dissoziationskonstante ist eine Messung der Konzentrationen des chemischen Stoffes in seiner dissoziierten und undissoziierten Form erforderlich. Aus dem stöchiometrischen Verhältnis der Dissoziationsreaktion (siehe „Definitionen und Einheiten“ ) lässt sich die jeweilige Konstante bestimmen. In dem bei dieser Prüfmethode beschriebenen besonderen Fall verhält sich der Stoff wie eine Säure oder Base, und die Bestimmung erfolgt am besten mittels Bestimmung der relativen Konzentrationen der ionisierten und nichtionisierten Formen des Stoffes und des pH-Werts der Lösung. Welche Beziehung zwischen diesen Begriffen besteht, ist der Gleichung für pKa in „Definitionen und Einheiten“ zu entnehmen. Für einige Stoffe ergeben sich mehrere Dissoziationskonstanten, und es lassen sich ähnliche Gleichungen aufstellen. Einige der hier beschriebenen Methoden eignen sich auch für nicht-saure/basische Dissoziationen.

Qualitätskriterien

Wiederholbarkeit

Die Dissoziationskonstante sollte mit einer Toleranz von ± 0,1 log-Einheiten repliziert werden (mindestens dreifache Bestimmung).

BESCHREIBUNG DER PRÜFVERFAHREN

Zur Bestimmung des pKa-Wertes stehen zwei grundlegende Ansätze zur Verfügung — Titration einer bekannten Menge des Stoffes mit einer Standardsäure bzw. Standardbase und Bestimmung der relativen Konzentration der ionisierten und nichtionisierten Formen und ihrer pH-Abhängigkeit.

Vorbereitungen

Die auf diesen Grundsätzen basierenden Methoden können als Titrationsverfahren, spektrofotometrische Verfahren und konduktometrische Verfahren klassifiziert werden.

Testlösungen

Beim Titrier- und konduktometrischen Verfahren sollte die chemische Substanz in destilliertem Wasser gelöst werden. Beim spektrofotometrischen und bei anderen Verfahren werden Pufferlösungen verwendet. Die Konzentration des Prüfstoffs sollte den niedrigeren der beiden Werte — 0,01 M bzw. die Hälfte der Sättigungskonzentration — nicht überschreiten, und bei der Herstellung der Lösungen sollte die reinste verfügbare Form der Substanz verwendet werden. Sofern der Stoff nur schwer löslich ist, kann er in einer kleinen Menge wassermischbaren Lösungsmittels gelöst werden, bevor er den oben genannten Konzentrationen zugegeben wird.

Die Lösungen sollten mithilfe eines Tyndall-Strahls auf Emulsionen überprüft werden, insbesondere wenn ein Zusatzlösungsmittel zur Verbesserung der Löslichkeit verwendet wurde. Sofern Pufferlösungen verwendet werden, sollte die Konzentration 0,05 M nicht überschreiten.

Prüfbedingungen

Temperatur

Temperaturkonstanz sollte mit einer Toleranz von ± 1 °C gewährleistet sein. Die Bestimmung sollte am besten bei 201 °C erfolgen.

Wenn eine erhebliche Temperaturabhängigkeit vermutet wird, sollte die Bestimmung bei mindestens zwei weiteren Temperaturwerten erfolgen. Die Temperaturintervalle sollten im vorliegenden Fall 101 °C betragen, und Temperaturkonstanz sollte mit einer Toleranz von ± 0,11 °C gewährleistet sein.

Analysen

Die Methode richtet sich nach der Art des Prüfstoffs. Er muss ausreichend empfindlich sein, damit eine Bestimmung der unterschiedlichen Spezies bei jeder Konzentration der Testlösung möglich ist.

Durchführung des Tests

Titrationsverfahren

Die Bestimmung der Prüflösung erfolgt durch Titration mit der Standardsäure- bzw. Standardbasenlösung, wobei nach jeder Zugabe des Titranten der pH-Wert gemessen wird. Vor Erreichen des Äquivalenzpunktes sollten mindestens 10 inkrementelle Zugaben erfolgen. Wenn ein Gleichgewicht relativ schnell erreicht wird, kann ein Kompensationschreiber (Potenziometer) verwendet werden. Für dieses Verfahren müssen sowohl die Gesamtmenge des Stoffes als auch seine Konzentration genau bekannt sein. Es müssen Vorkehrungen zum Ausschluss von Kohlendioxid getroffen werden. In den Standardtests sind Verfahren, Vorsichtsmaßnahmen und Berechnungsmethoden im Einzelnen beschrieben (vgl. Literaturhinweise (1), (2), (3), (4)).

Spektrofotometrisches Verfahren

Es wird eine Wellenlänge ermittelt, bei der sich die Extinktionskoeffizienten der ionisierten und nichtionisierten Formen des Stoffes deutlich unterscheiden. Das UV/VIS-Absorptionsspektrum wird aus Lösungen mit konstanter Konzentration bei einem pH-Wert, bei dem der Stoff im Wesentlichen nichtionisiert und bei dem sie vollständig ionisiert vorliegt, sowie bei mehreren pH-Zwischenwerten ermittelt. Dies geschieht entweder durch Zugabe von Inkrementen konzentrierter Säure (Base) zu einem relativ großen Volumen einer Lösung der Substanz in einem Mehrkomponentenpuffer bei einem anfangs hohen (niedrigen) pH-Wert (Literaturhinweis 5) oder durch Zugabe gleicher Mengen einer Stammlösung des Stoffes z. B. in Wasser oder Methanol zu konstanten Volumina verschiedener Pufferlösungen, die den gewünschten pH-Bereich abdecken. Aus den pH- und Absorptionswerten bei der gewählten Wellenlänge wird eine ausreichende Anzahl von Werten für den pKa-Wert berechnet; dabei werden Daten aus mindestens 5 pH-Bereichen verwendet, in denen die Substanz zu mindestens 10 Prozent und zu weniger als 90 Prozent ionisiert ist. Für weitere Einzelheiten zum Versuch und zur Berechnungsmethode siehe Literaturhinweis (1).

Konduktometrisches Verfahren

Anhand einer Zelle mit niedriger, bekannter Zellkonstante wird die Leitfähigkeit einer ca. 0,1 M-Lösung der Substanz in Leitfähigkeitswasser gemessen. Ferner werden die Leitfähigkeiten einiger akkurat hergestellter Verdünnungen dieser Lösung gemessen. Die Konzentration wird jedes Mal halbiert, und die Reihen sollten verschiedene Konzentrationen in abgestufter Reihenfolge umfassen. Die Grenzleitfähigkeit bei unendlicher Verdünnung lässt sich ermitteln, indem ein ähnlicher Versuch mit Na-Salz durchgeführt und extrapoliert wird. Der Dissoziationsgrad lässt sich sodann aus der Leitfähigkeit der jeweiligen Lösung nach der Onsagerschen Gleichung ermitteln, und die Dissoziationskonstante kann anschließend nach dem Ostwaldschen Verdünnungsgesetz als K = α2C/(1 – α) berechnet werden, wobei C der Konzentration in Mol pro Liter und α dem dissoziierten Teil entspricht. Es müssen Vorkehrungen zum Ausschluss von CO2 getroffen werden. Für weitere Einzelheiten zum Versuch und zur Berechnungsmethode siehe Standardtexte und Literaturhinweise (1), (6) und (7).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Ergebnisauswertung

Titrationsverfahren

Der pKa-Wert wird für 10 Messpunkte auf der Titrationskurve gemessen. Es werden die Mittelwerte und Standardabweichungen dieser pKa-Werte errechnet. Es sollte eine Korrelationskurve pH-Wert/Volumen der Standardbase oder -säure in tabellarischer Form erstellt werden.

Spektrofotometrisches Verfahren

Das Absorptionsmaß und der pH-Wert werden für jedes Spektrum tabellarisch erfasst. Aus den Datenpunkten der Zwischenspektren werden mindestens fünf Werte für den pKa berechnet, ebenso wie die Mittelwerte und Standardabweichungen dieser Ergebnisse.

Konduktometrisches Verfahren

Die Äquivalentleitfähigkeit Λ wird für jede Säurekonzentration und für jede Konzentration eines Gemisches aus einem Säureäquivalent plus einem 0,98 Äquivalent karbonatfreier Natronlauge ermittelt. Die Säure liegt im Überschuss vor, um einen hydrolysebedingten Überschuss an OH–zu vermeiden. 1/Λ wird gegen Ö_C aufgetragen, und Λo des Salzes lässt sich durch Extrapolation zur Nullkonzentration ermitteln.

Λo der Säure lässt sich anhand von Literaturwerten für H+ und Na+ berechnen. Der pKa lässt sich für jede Konzentration aus α = Λi /Λo und Ka = α2C/(1 – α) ermitteln. Man erhält bessere Werte für Ka, indem Korrekturen für Mobilität und Aktivität vorgenommen werden. Es sollten die Mittelwerte und Standardabweichungen dieser pKa-Werte berechnet werden.

Prüfbericht

Anzugeben sind sämtliche Rohdaten, die berechneten pKa-Werte und die Berechnungsmethode (am besten in tabellarischer Form, wie in Literaturhinweis (1) empfohlen), ebenso wie die oben beschriebenen statistischen Parameter. Bei Titrationsverfahren sind nähere Angaben zur Standardisierung der Titranten zu machen.

Beim spektrofotometrischen Verfahren sind alle Spektren anzugeben. Beim konduktometrischen Verfahren sollten nähere Angaben zur Bestimmung der Zellkonstante gemacht werden. Zudem sind Angaben zum angewandten Verfahren, zur Analysemethode und zur Art des verwendeten Puffers zu machen.

Die Prüftemperatur(en) sollte(n) festgehalten werden.

LITERATURHINWEISE

(1) Albert, A. & Sergeant, E.P., Ionization Constants of Acids and Bases, Wiley, Inc., New York, 1962.

(2) Nelson, N.H. & Faust, S.D., Acidic dissociation constants of selected aquatic herbicides, Env. Sci. Tech. 3, II, S. 1186-1188 (1969).

(3) ASTM D 1293 — Annual ASTM Standards, Philadelphia, 1974.

(4) Standard Method 242. APHA/AWWA/WPCF, Standard Methods for the Examination of Water and Waste Water, 14. Ausgabe, American Public Health Association, Washington, D.C., 1976.

(5) Clark, J. & Cunliffe, A.E., Rapid spectrophotometric measurement of ionisation constants in aqueous solution. Chem. Ind. (London) 281, (März 1973).

(6) ASTM D 1125 — Annual ASTM Standards, Philadelphia, 1974.

(7) Standard Method 205 — APHA/AWWA/NPCF (siehe (4)).

(8) Handbook of Chemistry and Physics, 60th ed. CRC-Press, Boca Raton, Florida, 33431 (1980).



TEIL B: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER TOXIZITÄT UND SONSTIGER AUSWIRKUNGEN AUF DIE GESUNDHEIT

TEIL B: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER TOXIZITÄT UND SONSTIGER AUSWIRKUNGEN AUF DIE GESUNDHEIT

ALLGEMEINE EINLEITUNG

A.   CHARAKTERISIERUNG DER PRÜFSUBSTANZ

Die Zusammensetzung der Prüfsubstanz, einschließlich der Hauptverunreinigungen, ihre relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften sowie die Stabilität der Substanz müssen vor Beginn einer Toxizitätsuntersuchung bekannt sein.

Die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz sind mitentscheidend für die Auswahl des Verabreichungsweges, die Art der einzelnen Prüfungen sowie für die Handhabung und Lagerung der Prüfsubstanz.

Der eigentlichen Untersuchung sollte daher die Entwicklung eines Analyseverfahrens zur qualitativen und quantitativen Bestimmung der Prüfsubstanz (möglichst einschließlich der Hauptverunreinigungen) im Verabreichungsmedium und im biologischen Material vorausgehen.

Alle Angaben bezüglich der Identifikation, der physikalisch-chemischen Eigenschaften, der Reinheit und des Verhaltens der Prüfsubstanz sollten im Prüfbericht enthalten sein.

B.   TIERPFLEGE

Eine strenge Kontrolle der Umweltbedingungen sowie eine den jeweiligen Tierarten angemessene Tierhaltung sind wesentliche Voraussetzungen für toxikologische Untersuchungen.

i)   Haltungsbedingungen

Die Umgebungsbedingungen in den Versuchstierräumen sind der jeweiligen Tierart anzupassen. Für Ratten, Mäuse und Meerschweinchen ist eine Raumtemperatur von 22 oC ± 3 oC bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 30-70 % angezeigt; bei Kaninchen sollte die Temperatur 20 ± 3 oC bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 30-70 % betragen.

Einige Untersuchungsmethoden sind besonders empfindlich gegenüber Temperatureinflüssen. Für diese Fälle sind Einzelheiten über die entsprechenden Umgebungsbedingungen in der Beschreibung des Prüfverfahrens enthalten. Bei allen Untersuchungen auf toxische Wirkungen sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu überwachen, aufzuzeichnen und in den Abschlussbericht der Untersuchung aufzunehmen.

Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Einzelheiten des Beleuchtungsmusters sind aufzuzeichnen und in den Abschlussbericht der Studie aufzunehmen.

Sofern in der Beschreibung der Prüfmethode nichts anderes angegeben ist, sollten die Tiere einzeln oder in kleinen Gruppen aus Tieren desselben Geschlechts in Käfigen untergebracht sein. Bei Gruppenhaltung sollten maximal fünf Tiere in einem Käfig untergebracht sein.

In Berichten über Tierversuche ist unbedingt die Art der Käfighaltung sowie die Anzahl der in einem Käfig untergebrachten Tiere sowohl während der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz als auch während der darauf folgenden Beobachtungszeit anzugeben.

ii)   Fütterungsbedingungen

Das Futter muss allen ernährungswissenschaftlichen Anforderungen für die jeweils eingesetzte Spezies entsprechen. Werden den Tieren Prüfsubstanzen im Futter verabreicht, so kann der Nährwert durch Wechselwirkung zwischen der jeweiligen Substanz und einem Futterbestandteil eingeschränkt sein. Die Möglichkeit einer solchen Reaktion muss bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Es kann herkömmliches Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Auswahl des Futters kann auch dadurch mitbestimmt werden, dass eine geeignete Beimischung der Prüfsubstanz gewährleistet sein muss, wenn die Prüfsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll.

Verunreinigungen im Futter, die sich nachweislich auf die Toxizität auswirken, dürfen nicht in störenden Konzentrationen vorhanden sein.

C.   ALTERNATIVE PRÜFMETHODEN

Die Europäische Union ist fest entschlossen, die Entwicklung und Validierung alternativer Verfahren, welche dieselben Informationen liefern können wie die gegenwärtigen Tierversuche, aber weniger Tiere erfordern, weniger Leiden verursachen oder die Verwendung von Tieren völlig überflüssig machen, zu fördern.

Solche Methoden müssen, sobald sie zur Verfügung stehen, nach Möglichkeit für die Charakterisierung von Gefahren und die anschließende Einstufung und Kennzeichnung im Hinblick auf substanzeigene Gefahren in Betracht gezogen werden.

D.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Bei der Auswertung und Interpretation von Tests sind gewisse Grenzen hinsichtlich der direkten Extrapolation der Ergebnisse der Tier- und In-vitro-Versuche auf den Menschen zu berücksichtigen; deshalb können Belege für unerwünschte Wirkungen beim Menschen, soweit solche vorliegen, zur Bestätigung der Versuchsergebnisse herangezogen werden.

E.   LITERATURHINWEISE

Die meisten dieser Methoden werden im Rahmen des OECD-Programms für Prüfrichtlinien entwickelt und sollten in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der guten Laborpraxis durchgeführt werden, um eine möglichst breite gegenseitige Datenakzeptanz zu gewährleisten.

Weitere Informationen finden sich in den in den OECD-Richtlinien genannten Literaturangaben sowie in der an anderen Stellen publizierten einschlägigen Literatur.

B.1   bis — AKUTE ORALE TOXIZITÄT — FEST-DOSIS-METHODE

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 420 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Herkömmliche Methoden zur Bewertung der akuten Toxizität verwenden den Tod der Versuchstiere als Endpunkt. 1984 hat die British Toxicology Society einen neuen Ansatz zur Bewertung der akuten Toxizität vorgeschlagen, der von der Verabreichung einer Serie fester Dosen ausging (1). Dieser Ansatz bezog sich nicht auf den Tod der Versuchstiere als Endpunkt, sondern stützte sich auf die Beobachtung deutlicher Toxizitätszeichen, die bei einer bestimmten Dosis aus einer Serie fester Dosierungen auftraten. Nach In-vivo-Validierungsstudien im Vereinigten Königreich (2) sowie in internationalem Rahmen (3) wurde das Verfahren im Jahre 1992 als Prüfmethode anerkannt. Später wurden die statistischen Eigenschaften der Fest-Dosis-Methode mit Hilfe mathematischer Modelle in einer Reihe von Studien berechnet (4) (5) (6). Mit In-vivo-Studien und anhand von Modellstudien konnte nachgewiesen werden, dass das Verfahren reproduzierbar ist, mit einer geringeren Anzahl an Versuchstieren auskommt und weniger Leiden verursacht als die herkömmlichen Methoden und eine ähnliche Bewertung der Substanzen ermöglicht wie die sonstigen Methoden zur Prüfung der akuten Toxizität.

Leitlinien für die Auswahl der geeignetsten Testmethode für einen bestimmten Zweck enthält das Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing (7). Dieser Leitfaden beinhaltet darüber hinaus weitere Informationen zur Durchführung und Auswertung der Prüfmethode B.1 bis.

Eines der Prinzipien der Methode besteht darin, dass in der Hauptstudie nur mäßig toxische Dosen eingesetzt werden und dass die Verabreichung von voraussichtlich letalen Dosen vermieden werden sollte. Außerdem brauchen keine Dosierungen verabreicht zu werden, die aufgrund ätzender oder stark reizender Wirkungen bekanntermaßen starke Schmerzen und schweres Leiden verursachen. Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sind auf humane Weise zu töten und werden bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand eines gesonderten Leitfadens (8).

Die Methode führt zu Informationen über die gefährlichen Eigenschaften und ermöglicht die Bewertung und Klassifizierung der Substanz gemäß dem Globalen Harmonisierten System (GHS) zur Klassifizierung chemischer Stoffe mit akut toxischer Wirkung (9).

Das Prüflabor soll vor der Durchführung der Studie sämtliche verfügbaren Informationen berücksichtigen. Zu diesen Informationen gehören die Identität und die chemische Struktur der zu testenden Substanzen, die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Substanzen, die Ergebnisse sonstiger In-vivo- oder In-vitro-Toxizitätstests in Verbindung mit den betreffenden Substanzen, toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen sowie die vorgesehene(n) Verwendung(en) der Substanzen. Diese Informationen werden benötigt, um die zuständigen Stellen zu überzeugen, dass der Test für den Schutz der menschlichen Gesundheit wichtig ist und bei der Wahl der geeigneten Startdosis hilft.

1.2.   DEFINITIONEN

Akute orale Toxizität: Schädliche Wirkungen, die nach der oralen Verabreichung einer Einzeldosis oder mehrerer innerhalb von 24 Stunden verabreichter Dosen einer Substanz auftreten.

Verzögerter Tod: Das betreffende Tier stirbt zwar nicht binnen 48 Stunden und wirkt in diesem Zeitraum nicht moribund; der Tod tritt jedoch später während des 14-tägigen Beobachtungszeitraums ein.

Dosis: Verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit des Versuchstiers ausgedrückt (z. B. mg/kg).

Evidente Toxizität: Ein allgemeiner Begriff, der deutliche Anzeichen von Toxizität nach der Verabreichung einer Testsubstanz dahin gehend beschreibt, dass bei der nächsthöheren festen Dosis entweder starke Schmerzen und anhaltende Anzeichen für schweres Leiden, ein moribunder Zustand (Kriterien siehe Humane Endpoints Guidance Document (8)) oder wahrscheinlich der Tod der meisten Versuchstiere zu erwarten sind (siehe z. B. (3)).

GHS: Globally Harmonised Classification System for Chemical Substances and Mixtures (Weltweit harmonisiertes Klassifizierungssystem für chemische Substanzen und Gemische); ein gemeinsames Projekt von OECD (Menschliche Gesundheit und Umwelt), UN-Expertenausschuss für den Transport von Gefahrgütern (physikalisch-chemische Eigenschaften) und ILO (Gefahrenanzeige) koordiniert im Rahmen des Interorganisation Programme for the Sound Management of Chemicals (IOMC).

Bevorstehender Tod: Der moribunde Zustand oder Tod ist vor dem nächsten vorgesehenen Beobachtungszeitpunkt zu erwarten. Anzeichen für diesen Zustand können bei Nagetieren Krämpfe, Seitenlage, liegende Stellung und Tremor sein (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8)).

LD50(mittlere Letaldosis): Statistisch ermittelte Einzeldosis einer Substanz, bei der davon ausgegangen werden kann, dass sie bei oraler Verabreichung den Tod von 50 % der Tiere verursacht; der LD50-Wert wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit der Versuchstiere ausgedrückt (mg/kg).

Limit-Dosis: Dosis am oberen Grenzwert für den betreffenden Versuch (2 000 oder 5 000 mg/kg)

Moribunder Zustand: Zustand des Sterbens oder des Unvermögens, (selbst bei Behandlung) zu überleben (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8))

Voraussagbarer Tod: Vorhandensein klinischer Zeichen, die auf den Eintritt des Todes zu einem bekannten Zeitpunkt in der Zukunft — vor dem planmäßigen Ende des Experiments — hinweisen, z. B. das Unvermögen, Wasser oder Nahrung aufzunehmen (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8))

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

An Gruppen von Versuchstieren eines Geschlechts wird in einem schrittweisen Verfahren jeweils die feste Dosis 5, 50, 300 und 2 000 mg/kg verabreicht. (Im Ausnahmefall kann eine weitere feste Dosis von 5 000 mg/kg in Betracht gezogen werden (siehe Abschnitt 1.6.2)). Als Startdosis wird auf der Grundlage einer Vorstudie die Dosis gewählt, die voraussichtlich gewisse Toxizitätsanzeichen verursachen wird, ohne schwere toxische Wirkungen oder Mortalität hervorzurufen. Klinische Anzeichen und Zustände, die mit Schmerzen, Leiden und bevorstehendem Tod verbunden sind, werden in einem gesonderten OECD-Leitfaden (8) ausführlich beschrieben. Weiteren Versuchstiergruppen können höhere oder niedrigere feste Dosen in Abhängigkeit davon verabreicht werden, ob Anzeichen von Toxizität oder Mortalität zu erkennen sind. Diese Vorgehensweise wird fortgesetzt, bis die Dosis ermittelt ist, die offensichtlich toxisch wirkt oder den Tod maximal eines Versuchstieres verursacht hat, bzw. bis bei der höchsten Dosis keine Wirkungen zu erkennen sind oder bis bereits bei der niedrigsten Dosis der Tod von Versuchstieren eintritt.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Auswahl der Tierspezies

Die bevorzugte Nagetierspezies ist die Ratte, es können aber auch andere Spezies verwendet werden. In der Regel werden weibliche Tiere verwendet (7). Weibliche Tiere werden bevorzugt, da die in der Literatur zitierten Untersuchungen zu konventionellen LD50-Tests zwischen den Geschlechtern in der Regel nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich der Empfindlichkeit belegen, in den Fällen, in denen Unterschiede beobachtet werden, jedoch zeigen, dass weibliche Tiere im Allgemeinen etwas empfindlicher sind (10). Wenn jedoch die vorhandenen Informationen über die toxikologischen oder toxikokinetischen Eigenschaften von strukturverwandten Chemikalien darauf hinweisen, dass vermutlich die männlichen Tiere empfindlicher sind, sollten männliche Tiere verwendet werden. Wird ein Versuch an männlichen Tieren durchgeführt, sollte dies hinreichend begründet werden.

Es sollen junge, gesunde, ausgewachsene Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Alle Tiere müssen zu Beginn der Verabreichung zwischen 8 und 12 Wochen alt sein; ihre Gewichtswerte müssen im Bereich von ± 20 % des mittleren Gewichts sämtlicher zuvor verwendeter Tiere liegen.

1.4.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur des Versuchstierraums soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll mindestens 30 % betragen und außer während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen; anzustreben ist ein Wert von 50-60 %. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Tiere können in den Käfigen nach Verabreichungsdosen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss.

1.4.3.   Vorbereitung der Versuchstiere

Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zwecks Identifizierung markiert und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können.

1.4.4.   Vorbereitung der Dosen

Generell sollen die Testsubstanzen mit einem für den gesamten zu testenden Dosierungsbereich gleichbleibenden Volumen verabreicht werden, indem jeweils die Konzentration der Dosiszubereitung variiert wird. Wenn jedoch ein flüssiges Endprodukt oder Gemisch zu testen ist, kann die Anwendung der unverdünnten, d. h. mit gleichbleibender Konzentration verabreichten Testsubstanz für die anschließende Risikobewertung der betreffenden Substanz größere Relevanz haben und wird daher von verschiedenen Behörden vorgeschrieben. In jedem Fall darf das maximal zu verabreichende Dosisvolumen nicht überschritten werden. Welches Flüssigkeitsvolumen jeweils höchstens auf einmal verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Bei Nagetieren soll das Volumen im Normalfall 1 ml pro 100 g Körpergewicht nicht überschreiten; bei wässrigen Lösungen können aber auch 2 ml pro 100 g Körpergewicht in Betracht gezogen weiden. Bezüglich der Formulierung wird, wenn dies möglich ist, eine wässrige Lösung/Suspension/Emulsion empfohlen, danach in der Reihenfolge der Präferenz eine Lösung/Suspension/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) sowie an dritter Stelle eventuell eine Lösung in anderen Vehikeln. Bei anderen Vehikeln als Wasser sollen die toxikologischen Eigenschaften des jeweiligen Vehikels bekannt sein. Die Dosen dürfen erst kurz vor der Verabreichung zubereitet werden, sofern die Zubereitung über den Zeitraum, in dem sie angewandt werden soll, nicht bekanntermaßen eine annehmbare Stabilität aufweist.

1.5.   VERFAHRENSWEISE

1.5.1.   Verabreichung der Dosen

Die Testsubstanz wird als Einzeldosis mit einer Sonde über eine Magensonde oder über eine geeignete Intubationskanüle verabreicht. In dem seltenen Fall, dass die Verabreichung als Einzeldosis nicht möglich ist, kann die Dosis über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden in kleineren Teilmengen verabreicht werden.

Die Versuchstiere sollten vor der Verabreichung nüchtern sein (z. B. sollte Ratten das Futter (nicht das Wasser) über Nacht vorenthalten werden; Mäusen sollte das Futter (nicht das Wasser) 3-4 Stunden zuvor vorenthalten werden). Nach diesem Futterentzug sollen die Tiere gewogen werden und die Testsubstanz verabreicht bekommen. Nach der Verabreichung der Substanz kann das Futter bei Ratten weitere 3-4 Stunden bzw. bei Mäusen weitere 1-2 Stunden zurückgehalten werden. Wenn die Dosis über einen bestimmten Zeitraum hinweg in Teilmengen verabreicht wird, kann es je nach Länge dieses Zeitraums erforderlich sein, die Tiere mit Futter und Wasser zu versorgen.

1.5.2.   Vorstudie

Zweck der Sichtungsstudie ist die Ermittlung der zweckmäßigen Ausgangsdosis für die Hauptuntersuchung, Die Testsubstanz wird einzelnen Tieren in einem sequenziellen Verfahren gemäß den Flussdiagrammen in Anlage 1 verabreicht. Die Sichtungsstudie ist abgeschlossen, wenn eine Entscheidung über die Ausgangsdosis für die Hauptstudie getroffen werden kann (oder wenn bereits bei der niedrigsten festen Dosis der Tod eines Versuchstiers eintritt).

Als Ausgangsdosis für die Sichtungsstudie wird von den festen Dosierungen 5, 50, 300 und 2 000 mg/kg die Dosis ausgewählt, die voraussichtlich eine evidente Toxizität bewirken wird, wobei nach Möglichkeit die Erkenntnisse aus In-vivo- und In-vitro-Daten für denselben chemischen Stoff sowie für strukturverwandte chemische Stoffe zugrunde liegen sollten. Wenn keine entsprechenden Informationen vorliegen, wird die Ausgangsdosis 300 mg/kg verwendet.

Zwischen den Versuchen an jedem einzelnen Tier liegt ein zeitlicher Abstand von mindestens 24 Stunden. Alle Tiere sollten mindestens 14 Tage lang beobachtet werden,

In Ausnahmefallen — und nur, wenn dies durch konkrete Vorschriften begründet ist — kann die Anwendung einer weiteren festen oberen Dosis von 5 000 mg pro kg Körpergewicht in Erwägung gezogen werden (siehe Anlage 3). Aus Tierschutzgründen wird von Tierversuchen im Bereich der GHS-Kategorie 5 (2 000 — 5 000 mg/kg) abgeraten; diese Versuche sollten nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Tests für den Schutz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant sind.

Wenn ein Versuchstier, das mit der niedrigsten festen Dosis (5 mg/kg) getestet wird, bei der Sichtungsstudie stirbt, wird die Studie normalerweise beendet und die Substanz der GHS-Kategorie 1 zugewiesen (wie in Anlage 1 dargestellt). Ist jedoch eine weitere Bestätigung dieser Klassifizierung erforderlich, kann das folgende ergänzende Verfahren in Betracht gezogen werden: Ein zweites Versuchstier wird mit der Dosis 5 mg/kg getestet. Wenn dieses zweite Tier stirbt, wird die GHS-Kategorie 1 bestätigt und die Studie sofort beendet. Wenn das zweite Tier überlebt, wird maximal drei weiteren Tieren die Dosis 5 mg/kg verabreicht. Da ein hohes Mortalitätsrisiko besteht, sollten diese Tiere aus Tierschutzgründen nacheinander getestet werden. Der zeitliche Abstand zwischen den Versuchen an den einzelnen Tieren sollte groß genug sein, um die Überlebenswahrscheinlichkeit des vorherigen Tieres bestätigen zu können. Wenn ein zweites Tier stirbt, wird die Versuchsreihe sofort beendet, und es werden keine weiteren Tiere getestet. Da der Tod eines zweiten Tieres (unabhängig davon, wie viele Tiere bis zum Zeitpunkt der Beendigung getestet wurden) zu Ergebnis A zählt (2 oder mehr tote Tiere), wird nach der Klassifizierungsregel aus Anlage 2 für die feste Dosis 5 mg/kg vorgegangen (Kategorie 1 bei zwei oder mehr toten Versuchstieren bzw. Kategorie 2, wenn nur ein Tier stirbt). Zur Ergänzung wird in Anlage 4 die Klassifizierung im EU-System bis zur Einführung des neuen GHS erläutert.

1.5.3.   Hauptstudie

1.5.3.1.   Anzahl der Versuchstiere und Dosierung

Welche Maßnahmen nach dem Versuch mit der Anfangsdosierung durchgeführt werden sollen, ist den Flussdiagrammen in Anlage 2 zu entnehmen. In Betracht kommt jeweils eine von drei Maßnahmen: Versuch beenden und die entsprechende Gefahrenklassifikationsklasse zuweisen, mit einer höheren festen Dosis testen oder mit einer niedrigeren festen Dosis testen. Aus Tierschutzgründen wird jedoch eine Dosierung, die in der Sichtungsstudie zum Tod geführt hat, in der Hauptstudie nicht wiederholt (siehe Anlage 2). Die bisher gemachten Erfahrungen lassen als wahrscheinlichstes Ergebnis bei der Ausgangsdosierung vermuten, dass die Substanz ohne weitere Tests klassifiziert werden kann.

Im Normalfall werden für jede untersuchte Dosierung insgesamt fünf Tiere gleichen Geschlechts verwendet. Zu diesen fünf Tieren gehören ein Tier aus der Sichtungsstudie, dem die gewählte Dosierung verabreicht wurde, sowie vier weitere Tiere (außer wenn im Ausnahmefall eine in der Hauptstudie verwendete Dosierung in der Sichtungsstudie nicht enthalten war).

Der Zeitabstand zwischen den Versuchen mit der jeweiligen Dosierung richtet sich nach dem Einsetzen, der Dauer und dem Schweregrad der Toxizitätsanzeichen. Die Behandlung der Versuchstiere mit der nächsten Dosis sollte hinausgezögert werden, bis angenommen werden kann, dass die zuvor verwendeten Tiere überlebt haben. Bei Bedarf wird ein Abstand von drei bis vier Tagen zwischen den Versuchen mit den einzelnen Dosierungen empfohlen, um die Feststellung einer zeitverzögerten Toxizität zu ermöglichen. Dieser Zeitabstand kann nach Bedarf angepasst werden, wenn z. B. die beobachteten Reaktionen keine Schlussfolgerungen zulassen.

Wenn eine obere feste Dosis von 5 000 mg/kg in Erwägung gezogen wird, sollte verfahren werden, wie in Anlage 3 beschrieben (siehe auch Abschnitt 1.6.2).

1.5.3.2.   Limit-Test

Der Limit-Test wird hauptsächlich dann eingesetzt, wenn die Person, die den Test durchführt, nach ihr vorliegenden Informationen annehmen kann, dass das zu testende Material wahrscheinlich nicht toxisch ist, d. h. nur oberhalb der in Vorschriften festgelegten Grenzdosen toxisch wirkt. Informationen über die Toxizität des Testmaterials können aus Kenntnissen über ähnliche getestete Verbindungen, Gemische oder Produkte gewonnen werden, wobei Art und Prozentanteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität des Testmaterials vorliegen oder in denen von einer Toxizität des Testmaterials ausgegangen wird, sollte der Haupttest durchgeführt werden.

Bei der normalen Vorgehensweise wird für den Limit-Test im Rahmen dieses Leitfadens eine Ausgangsdosis von 2 000 mg/kg (bzw. im Ausnahmefall 5 000 mg/kg) für die Sichtungsstudie verwendet; anschließend werden vier weitere Tiere dieser Dosis ausgesetzt.

1.6.   BEOBACHTUNGEN

Die Tiere werden nach der Verabreichung einzeln beobachtet: mindestens einmal während der ersten 30 Minuten, in regelmäßigen Abständen während der ersten 24 Stunden, wobei die ersten vier Stunden besonders zu beachten sind, sowie anschließend täglich während einer Gesamtdauer von 14 Tagen, sofern die Tiere nicht aus Tierschutzgründen aus dem Versuch genommen und auf humane Weise gelötet werden müssen oder ihr Tod festgestellt wird. Die Beobachtungsdauer sollte nicht strikt festgelegt werden, sondern abhängig von den toxischen Reaktionen, vom Zeitpunkt des Einsetzens dieser Reaktionen und von der Länge der Erholungsdauer festgelegt werden und kann daher ausgedehnt werden, wenn dies erforderlich scheint. Der Zeitpunkt, zu dem die Anzeichen von Toxizität auftreten und wieder verschwinden, ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine Tendenz zur zeitlichen Verzögerung der Toxizitätsanzeichen besteht (11). Sämtliche Beobachtungen werden für die Tiere systematisch jeweils in Einzelprotokollen dokumentiert.

Zusätzliche Beobachtungen sind erforderlich, wenn bei den Tieren weiterhin Anzeichen für Toxizität zu beobachten sind. Die Beobachtungen sollten Veränderungen an Haut und Fell, Augen und Schleimhäuten erfassen und auch die Atmung, den Kreislauf, das vegetative und zentrale Nervensystem sowie somatomotorische Aktivitäten und Verhaltensmuster berücksichtigen. Auf Symptome wie Tremores, Krämpfe, Speichelfluss, Durchfall, Lethargie, Schlaf und Koma sollte geachtet werden. Die im Humane Endpoints Guidance Document (8) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten auf humane Weise getötet werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

1.6.1.   Körpergewicht

Das Gewicht der einzelnen Tiere soll kurz vor der Verabreichung der Testsubstanz sowie spätestens eine Woche danach ermittelt werden. Gewichtsveränderungen sollen berechnet und registriert werden. Am Ende des Tests werden die überlebenden Tiere gewogen und anschließend auf humane Weise getötet.

1.6.2.   Pathologie

Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen aus der Studie genommen werden) sollen auf makrologische Veränderungen untersucht werden. Alle makrologischen Veränderungen sollen für jedes einzelne Tier registriert werden. Bei Tieren, die 24 oder mehr Stunden lang überlebt haben, kann auch eine mikroskopische Untersuchung von Organen mit makropathologischen Befunden in Erwägung gezogen werden, da sich hieraus eventuell nützliche Informationen gewinnen lassen.

2.   DATEN

Es sollen Daten zu den einzelnen Tieren bereitgestellt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Testgruppe die folgenden Daten zu erfassen sind; Anzahl der verwendeten Tiere, Anzahl der Tiere mit Anzeichen für eine toxische Wirkung, Anzahl der Tiere, deren Tod während des Versuchs festgestellt wurde oder die aus humanen Gründen getötet wurden, Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, Beschreibung und Zeitverlauf der toxischen Wirkungen und ihrer Reversibilität sowie pathologische Befunde.

3.   BERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten (soweit angemessen):

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, sofern relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),
Identifizierungsdaten, einschließlich CAS-Nummer.

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung für die Auswahl des Vehikels (außer bei Wasser).

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Stamm,
mikrobiologischer Zustand der Tiere, sofern bekannt,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere (gegebenenfalls mit Begründung für den Einsatz von männlichen statt weiblichen Tieren),
Bezugsquelle der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

Testbedingungen:

Angaben über die Zubereitung der Testsubstanz, einschließlich Angaben über die physikalische Beschaffenheit des verabreichten Stoffs,
Angaben über die Verabreichung der Testsubstanz, einschließlich Applikationsvolumen und Zeitpunkt der Verabreichung,
Angaben zur Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Herkunft des Wassers),
Begründung für die Wahl der Startdosis.

Ergebnisse:

tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Dosis für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad und Dauer der Wirkungen),
tabellarische Erfassung des Körpergewichts und der Änderungen des Körpergewichts,
Gewicht der einzelnen Tiere am Tag der Verabreichung, danach in wöchentlichen Abständen sowie am Tag des Todes bzw. der Tötung,
Datum und Uhrzeit des Todes, sofern vor der planmäßigen Tötung eingetreten,
zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren (für jedes Tier gesondert),
Obduktionsergebnisse und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier (wenn vorhanden).

Diskussion und Interpretation der Ergebnisse.

Schlussfolgerung.

4.   LITERATUR

(1) British Toxicology Society Working Party on Toxicity (1984). Special report: a new approach to the classification of substances and preparations on the basis of their acute toxicity. Human Toxicol., 3, 85-92.

(2) Van den Heuvel, M.J., Dayan, A.D. and Shillaker, R.O. (1987), Evaluation of the BTS approach to the testing of substances and preparations for their acute toxicity. Human Toxicol., 6, 279-291.

(3) Van den Heuvel, M.J., Clark, D.G., Fielder, R.J., Koundakjian, P.P., Oliver, G.J.A., Pelling, D., Tomlinson, N.J. and Walter, AP. (1990). The international validation of a fixed-dose procedure as an alternative to the classical LD50 test. Fd. Chem. Toxicol. 28, 469-482.

(4) Whitehead, A. and Cumow, R.N. (1992). Statistical evaluation of the fixed-dose procedure. Fd. Chem. Toxicol., 30, 313-324.

(5) Stallard, N. and Whitehead, A. (1995). Reducing numbers in the fixed-dose procedure. Human Exptl. Toxicol. 14, 315-323. Human Exptl. Toxicol.

(6) Stallard, N., Whitehead, A. and Ridgeway, P. (2002). Statistical evaluation of the revised fixed dose procedure. Human Exptl. Toxicol., 21, 183-196.

(7) OECD (200l). Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N. 24. Paris

(8) OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N. 19.

(9) OECD (1998), Harmonised Integrated Hazard Classification for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances as endorsed by the 28th Joint Meeting of the Chemicals Committee and the Working Party on Chemicals in November 1998, Part 2, S. 11 (http://webnet1.oecd.org/oecd/pages/home/displaygener; d/0,3380,EN- documents-521-14-no-24-no-0,FF.html).

(10) Lipnick, R.L., Cotruvo, J.A., Hill, R.N.; Bruce, R.D., Stitzel, K.A., Walker, A.P., Chu, I., Goddard, M., Segal, L., Springer, J.A. and Myers, R.C. (1995). Comparison of the Up-and-Down, Conventional LD50, and Fixed-Dose Acute Toxicity Procedures. Fd. Chem. Toxicol. 33, 223-231.

(11) Chan P.K and A.W. Hayes (1994) Chapter 16 Acute Toxicity and Eye Irritation. In: Principles and Methods of Toxicology. 3rd Edition. A.W. Hayes, Editor. Raven Press, Ltd, New York, USA.

Anlage 1

PRÜFVERFAHREN FÜR DIE VORSTUDIE

Anlage 2

PRÜFVERFAHREN FÜR DIE HAUPTSTUDIE

Anlage 3

KRITERIEN FÜR DIE KLASSIFIZIERUNG VON TESTSUBSTANZEN MIT ERWARTETEN LD50-WERTEN ÜBER 2 000 MG/KG OHNE ERFORDERLICHE TESTS

Die Kriterien für die Gefahrenkategorie 5 sollen die Identifikation von Testsubstanzen ermöglichen, die eine vergleichsweise geringe akute Toxizitätsgefahr aufweisen, aber unter bestimmten Umstanden eine Gefahr für anfällige Bevölkerungsgruppen darstellen. Bei diesen Substanzen wird von einer oralen oder dermalen LD50 im Bereich 2 000 -5 000 mg/kg bzw. von vergleichbaren Dosen für andere Verabreichungswege ausgegangen. Die Testsubstanzen sollte in den folgenden Fällen in die Gefahrenkategorie 2 000 mg/kg < LD50 < 5 000 mg/kg (GHS-Kategorie 5) eingestuft werden:

a)
wenn eines der Prüfschemata aus Anlage 2 aufgrund von Mortalitätsfällen dieser Kategorie zuzuordnen ist;
b)
wenn bereits zuverlässige Erkenntnisse dafür vorliegen, dass der LD50-Wert im Bereich der Kategorie 5 liegt, oder wenn andere Tierversuche oder toxische Wirkungen auf Menschen akute Folgen für die menschlichen Gesundheit erwarten lassen;
c)
wenn nach Extrapolierung, Schätzung oder Messung von Daten die Zuordnung zu einer höheren Gefahrenklasse nicht gerechtfertigt ist und
zuverlässige Informationen vorliegen, die auf signifikante toxische Wirkungen beim Menschen hinweisen, oder
Mortalitäten bei oraler Verabreichung in Versuchen mit Dosen bis zu der Kategorie 4 auftreten, oder
eine fachkundige Beurteilung bei Versuchen mit Dosierungen bis zu den in Kategorie 4 genannten Werten signifikante klinische Toxizitätsanzeichen bestätigt (außer Durchfall, Haaraufrichtung oder zerzaustes Fell), oder
eine fachkundige Beurteilung verlässliche Informationen bestätigt, die aus den anderen Tierversuchen ein Potenzial für signifikante akute Wirkungen erkennen lassen.

VERSUCHE MIT DOSEN ÜBER 2 000 mg/kg

In Ausnahmefällen — und nur, wenn dies durch konkrete Vorschriften begründet ist — kann die Anwendung einer weiteren festen oberen Dosis von 5 000 mg pro kg Körpergewicht in Erwägung gezogen werden. Aus Tierschutzgründen wird von Versuchen mit 5 000 mg/kg abgeraten; diese Versuche sollen nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Versuchs für den Schulz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant sind (9).

Vorstudie

Die Entscheidungsgrundlagen für das in Anlage 1 vorgestellte sequenzielle Verfahren werden auf eine Dosis von 5 000 mg/kg erweitert: Wenn eine Startdosis von 5 000 mg/kg für die Vorstudie verwendet wird, bedingt Ergebnis A (Tod) den Test eines zweiten Tieres mit 2 000 mg/kg; die Ergebnisse B und C (evidente Toxizität oder keine Toxizität) führen zum Einsatz von 5 000 mg/kg als Startdosis für die Hauptstudie. Analog wird bei Verwendung einer anderen Startdosis als 5 000 mg/kg der Versuch mit 5 000 mg/kg fortgesetzt, wenn bei 2 000 mg/kg Ergebnis B oder C eintritt; wenn anschließend bei 5 000 mg/kg Ergebnis A eintritt, bedingt dies eine Startdosis von 2 000 mg/kg bei der Hauptstudie, während die Ergebnisse B und C zu einer Startdosis von 5 000 mg/kg bei der Hauptstudie führen.

Hauptstudie

Die Entscheidungsgrundlagen für das in Anlage 2 vorgestellte sequenzielle Verfahren werden auf eine Dosierung von 5 000 mg/kg erweitert: Wenn in der Hauptstudie eine Startdosis von 5 000 mg/kg verwendet wird, ist bei Ergebnis A (≥ 2 tote Versuchstiere) eine zweiten Gruppe mit 2 000 mg/kg zu testen; die Ergebnisse B (evidente Toxizität und/oder ≤ 1 totes Versuchstier) oder C (keine Toxizität) fuhren dazu, dass die Substanz keine Klassifizierung gemäß GHS erhält. Analog wird bei Verwendung einer anderen Startdosis als 5 000 mg/kg der Versuch mit 5 000 mg/kg fortgesetzt, wenn bei 2 000 mg/kg Ergebnis C eintritt; führt eine Gabe von 5 000 mg/kg zu Ergebnis A, wird die Substanz GHS-Kategorie 5 zugewiesen; bei den Ergebnissen B und C wird die Substanz nicht klassifiziert.

Anlage 4

PRÜFMETHODE B.l bis

Anleitung für die Klassifizierung gemäß dem EU-System zur Überbrückung des Übergangszeitraums bis zur vollständigen Umsetzung des „Globalen Harmonisierten Systems“ (GHS) (Auszug aus Literaturhinweis (8))

B.1.tris.   AKUTE ORALE TOXIZITÄT — AKUT-TOXISCHE KLASSENMETHODE

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 423 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Die hier beschriebene Akut-Toxische Klassenmethode (1) besteht aus einem schrittweisen Verfahren, bei dem pro Einzelschritt jeweils drei Tiere des gleichen Geschlechts verwendet werden. Je nach Mortalität und/oder moribundem Zustand der Tiere können im Mittel zwei bis vier Schritte erforderlich sein, um eine Beurteilung der akuten Toxizität der Testsubstanz zu ermöglichen. Dieses Verfahren ist reproduzierbar, erfordert nur sehr wenige Tiere und ermöglicht eine gleichartige Bewertung der Substanzen wie andere Methoden zur Prüfung der akuten Toxizität. Die Akut-Toxische Klassenmethode basiert auf biometrischen Berechnungen (2) (3) (4) (5) mit festgesetzten Dosen, die sich hinreichend unterscheiden, um die Einordnung einer Substanz zu Klassifizierungszwecken und zur Bewertung des Gefährdungspotenzials zu ermöglichen. Die Methode, wie sie 1996 anerkannt wurde, wurde durch umfassende In-vivo-Versuche im Vergleich mit LD50-Daten aus der Literatur sowohl auf nationaler (6) als auch auf internationaler (7) Ebene validiert.

Leitlinien für die Auswahl der geeignetsten Testmethode für einen bestimmten Zweck enthält das Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing (8). Dieser Leitfaden beinhaltet darüber hinaus weitere Informationen zur Durchführung und Auswertung der Prüfmethode B.1 tris.

Testsubstanzen sind nicht in Dosen zu verabreichen, wenn diese aufgrund ätzender oder stark reizender Wirkungen bekanntermaßen starke Schmerzen und schweres Leiden verursachen. Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sind auf humane Weise zu töten und werden bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand eines gesonderten Leitfadens (9).

Die Methode beruht auf festgesetzten Dosen, und die Ergebnisse ermöglichen die Bewertung und Klassifizierung von Substanzen gemäß dem Globalen Harmonisierten System (GHS) zur Klassifizierung chemischer Stoffe mit akut-toxischen Wirkungen (10).

Vom Prinzip her ist die Methode nicht zur Berechnung eines exakten LD50-Wertes geeignet, sondern zur Bestimmung definierter Expositionsbereiche, in denen eine Letalität auftreten kann, da der Tod eines Teils der Tiere noch immer den wichtigsten Endpunkt dieser Methode darstellt. Ein LD50-Wert kann nur dann mit dieser Methode bestimmt werden, wenn mindestens zwei Dosen zu einer Mortalität von über 0 %, aber unter 100 % führen. Die Auswahl von festgesetzten Dosen unabhängig von der Testsubstanz zusammen mit der Koppelung an eine Anzahl von Tieren in unterschiedlichem Zustand an eine Klassifizierung verbessert die Konsistenz und die Reproduzierbarkeit zwischen den Laboratorien.

Das Prüflabor soll vor der Durchführung der Studie sämtliche verfügbaren Informationen berücksichtigen. Zu diesen Informationen gehören die Identität und die chemische Struktur der Substanz, ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften, das Ergebnis anderer In-vivo- oder In-vitro-Toxizitätstests der betreffenden Substanz, toxikologische Daten über die strukturverwandten Substanzen sowie die vorgesehene(n) Verwendung(en) der Substanz. Diese Informationen werden benötigt, um die zuständigen Stellen zu überzeugen, dass der Test für den Schutz der menschlichen Gesundheit wichtig ist und bei der Wahl der geeigneten Startdosis hilft.

1.2.   DEFINITIONEN

Akute orale Toxizität: Schädliche Wirkungen, die nach der oralen Verabreichung einer Einzeldosis oder mehrerer innerhalb von 24 Stunden verabreichter Dosen einer Substanz auftreten.

Verzögerter Tod: Das betreffende Tier stirbt zwar nicht binnen 48 Stunden und wirkt in diesem Zeitraum nicht moribund; der Tod tritt jedoch später während des 14-tägigen Beobachtungszeitraums ein.

Dosis: Verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit des Versuchstiers ausgedrückt (z. B. mg/kg).

GHS: Globally Harmonised Classification System for Chemical Substances and Mixtures (Weltweit harmonisiertes Klassifizierungssystem für chemische Substanzen und Gemische); ein gemeinsames Projekt von OECD (Menschliche Gesundheit und Umwelt), UN-Expertenausschuss für den Transport von Gefahrgütern (physikalisch-chemische Eigenschaften) und ILO (Gefahrenanzeige) koordiniert im Rahmen des Interorganisation Programme for the Sound Management of Chemicals (IOMC).

Bevorstehender Tod: Der moribunde Zustand oder Tod ist vor dem nächsten vorgesehenen Beobachtungszeitpunkt zu erwarten. Anzeichen für diesen Zustand können bei Nagetieren Krämpfe, Seitenlage, liegende Stellung und Tremores sein (siehe Humane Endpoint Guidance Document (9)).

LD50(mittlere orale Letaldosis): Eine statistisch ermittelte Einzeldosis einer Substanz, bei der davon ausgegangen werden kann, dass sie bei oraler Verabreichung den Tod von 50 % der Tiere verursacht; der LD50-Wert wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit der Versuchstiere ausgedrückt (mg/kg).

Limit-Dosis: Dosis am oberen Grenzwert für den betreffenden Versuch (2 000 oder 5 000 mg/kg).

Moribunder Zustand: Zustand des Sterbens oder des Unvermögens, (selbst bei Behandlung) zu überleben (siehe Humane Endpoint Guidance Document (9)).

Voraussagbarer Tod: Vorhandensein klinischer Zeichen, die auf den Eintritt des Todes zu einem bekannten Zeitpunkt in der Zukunft — vor dem planmäßigen Ende des Experiments — hinweisen, z. B. das Unvermögen, Wasser oder Nahrung aufzunehmen (siehe Humane Endpoint Guidance Document (9)).

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMEHODE

Das Versuchsprinzip besteht darin, in einem schrittweisen Verfahren bei Verwendung einer minimalen Anzahl von Tieren pro Einzelschritt genügend Informationen über die akute Toxizität der Testsubstanz zu gewinnen, um ihre Klassifizierung zu ermöglichen, Die Substanz wird einer Gruppe von Versuchstieren oral mit einer der festgelegten Dosen verabreicht. Die Substanz wird in einem schrittweisen Verfahren getestet, wobei für jeden Schritt jeweils drei Tiere des gleichen Geschlechts (normalerweise weibliche Tiere) verwendet werden. Das Eintreten oder Nichteintreten von prüfsubstanzbedingten Todesfällen bei dem in einem Schritt behandelten Tieren bestimmt über den nächsten Schritt, d. h.:

ob keine weiteren Tests erforderlich sind,
ob drei weitere Tiere mit der gleichen Dosis zu behandeln sind,
ob der nächste Schritt an drei weiteren Tieren mit der nächsthöheren oder nächstniedrigeren Dosis durchzuführen ist.

In Anlage 1 ist die Testmethode im Einzelnen beschrieben. Die Methode ermöglicht die Beurteilung, eine Testsubstanz innerhalb einer Reihe von Toxizitätsklassen einzuordnen, die durch feste LD50-Abgrenzungswerte definiert sind.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Auswahl der Tierspezies

Die bevorzugte Nagetierspezies ist die Ratte, es können aber auch andere Spezies verwendet werden. In der Regel werden weibliche Tiere verwendet (9). Weibliche Tiere werden bevorzugt, da die in der Literatur zitierten Untersuchungen zu konventionellen LD50-Tests zwischen den Geschlechtern in der Regel nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich der Empfindlichkeit belegen, in den Fällen, in denen Unterschiede beobachtet werden, jedoch zeigen, dass weibliche Tiere im Allgemeinen etwas empfindlicher sind (11). Wenn jedoch die vorhandenen Informationen über die toxikologischen oder toxikokinetischen Eigenschaften von strukturverwandten Chemikalien darauf hinweisen, dass vermutlich die männlichen Tiere empfindlicher sind, sollten männliche Tiere verwendet werden. Wenn der Versuch an männlichen Tieren durchgeführt wird, sollte dies hinreichend begründet werden.

Es sollen junge, gesunde, ausgewachsene Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Alle Tiere müssen zu Beginn der Verabreichung zwischen 8 und 12 Wochen all sein; ihre Gewichtswerte müssen im Bereich von ± 20 % des mittleren Gewichts sämtlicher zuvor verwendeter Tiere liegen.

1.4.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die Temperatur des Versuchstierraums soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll mindestens 30 % betragen und außer während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen; anzustreben ist ein Wert von 50-60 %. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Tiere können in den Käfigen nach Verabreichungsdosen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss.

1.4.3.   Vorbereitung der Versuchstiere

Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zwecks Identifizierung markiert und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können.

1.4.4.   Vorbereitung der Dosen

Generell sollen die Testsubstanzen mit einem für den gesamten zu testenden Dosierungsbereich gleichbleibenden Volumen verabreicht werden, indem jeweils die Konzentration der Dosiszubereitung variiert wird. Wenn jedoch ein flüssiges Endprodukt oder Gemisch zu testen ist, kann die Anwendung der unverdünnten, d. h. mit gleichbleibender Konzentration verabreichten Testsubstanz für die anschließende Risikobewertung der betreffenden Substanz größere Relevanz haben und wird daher von verschiedenen Behörden vorgeschrieben. In jedem Fall darf das maximal zu verabreichende Dosisvolumen nicht überschritten werden. Welches Flüssigkeitsvolumen jeweils höchstens auf einmal verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Bei Nagetieren soll das Volumen im Normalfall 1 ml pro 100 g Körpergewicht nicht überschreiten; bei wässrigen Lösungen können aber auch 2 ml pro 100 g Körpergewicht in Betracht gezogen werden. Bezüglich der Formulierung wird, wenn dies möglich ist, eine wässrige Lösung/Suspension/Emulsion empfohlen, danach in der Reihenfolge der Präferenz eine Lösung/Suspension/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) sowie an dritter Stelle eventuell eine Lösung in anderen Vehikeln. Bei anderen Vehikeln als Wasser sollen die toxikologischen Eigenschaften des jeweiligen Vehikels bekannt sein. Die Dosen dürfen erst kurz vor der Verabreichung zubereitet werden, sofern die Zubereitung über den Zeitraum, in dem sie angewandt werden soll, nicht bekanntermaßen eine annehmbare Stabilität aufweist.

1.5.   VERFAHRENSWEISE

1.5.1.   Verabreichung der Dosen

Die Testsubstanz wird als Einzeldosis mit einer Sonde über einen Magensonde oder über eine geeignete Intubationskanüle verabreicht. In dem seltenen Fall, dass die Verabreichung als Einzeldosis nicht möglich ist, kann die Dosis über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden in kleineren Teilmengen verabreicht werden.

Die Versuchstiere sollten vor der Verabreichung nüchtern sein (z. B. sollte Ratten das Futter (nicht das Wasser) über Nacht vorenthalten werden; Mäusen sollte das Futter (nicht das Wasser) 3-4 Stunden zuvor vorenthalten werden). Nach diesem Futterentzug sollen die Tiere gewogen werden und die Testsubstanz verabreicht bekommen. Nach der Verabreichung der Substanz kann das Futter bei Ratten weitere 3-4 Stunden bzw. bei Mäusen weitere 1-2 Stunden zurückgehalten werden. Wenn die Dosis über einen bestimmten Zeitraum hinweg in Teilmengen verabreicht wird, kann es je nach Länge dieses Zeitraums erforderlich sein, die Tiere mit Futter und Wasser zu versorgen.

1.5.2.   Anzahl der Versuchstiere und Dosierung

Für jeden Schritt werden drei Tiere verwendet. Die als Ausgangsdosis zu verwendende Dosis wird aus vier festen Dosiswerten gewählt: 5, 50, 300 und 2 000 mg pro kg Körpergewicht. Als Startdosis soll die Dosis gewählt werden, die mit der größten Wahrscheinlichkeit zur Mortalität einiger der behandelten Tiere führt. Die Prüfschemata in Anlage 1 beschreiben für jede dieser Ausgangsdosen die jeweils zu befolgende Vorgehensweise. Zur Ergänzung wird in Anlage 4 die Klassifizierung im EU-System bis zur Einführung des neuen GHS erläutert.

Wenn bereits verfügbare Informationen vermuten lassen, dass bei der höchsten Startdosis (2 000 mg pro kg Körpergewicht) keine Mortalität zu erwarten ist, soll ein Limit-Test durchgeführt werden. Wenn für eine zu testende Substanz keine Informationen zur Verfügung stehen, wird aus Tierschutzgründen empfohlen, als Ausgangsdosis 300 mg pro kg Körpergewicht zu verwenden.

Der Zeitabstand zwischen den einzelnen Behandlungsgruppen richtet sich nach dem Einsetzen, der Dauer und dem Schweregrad der toxischen Zeichen. Die Behandlung der Versuchstiere mit der nächsten Dosis soll so lange abgewartet werden, bis angenommen werden kann, dass die zuvor behandelten Tiere überleben.

In Ausnahmefällen — und nur, wenn dies durch konkrete Vorschriften begründet ist — kann die Anwendung einer weiteren oberen Dosis von 5 000 mg pro kg Körpergewicht in Erwägung gezogen werden (siehe Anlage 2). Aus Tierschutzgründen wird von Tierversuchen im Bereich der GHS-Kategorie 5 (2 000 - 5 000 mg/kg) abgeraten; diese Versuche sollen nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Tests für den Schutz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant wären.

1.5.3.   Limit-Test

Der Limit-Test wird hauptsächlich dann eingesetzt, wenn die Person, die den Test durchführt, nach ihr vorliegenden Informationen davon ausgehen kann, dass das zu testende Material wahrscheinlich nicht toxisch ist, d. h. nur oberhalb der regulatorisch festgelegten Grenzdosen toxisch wirkt. Informationen über die Toxizität des Testmaterials können aus Kenntnissen über ähnliche getestete Verbindungen, Mischungen oder Produkte gewonnen werden, wobei Art und Prozentanteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität des Testmaterials vorliegen oder in denen von einer Toxizität des Testmaterials ausgegangen wird, sollte der Haupttest durchgeführt werden.

Ein Limit-Test mit einer Dosis von 2 000 mg pro kg Körpergewicht kann mit sechs Tieren durchgeführt werden (drei Tiere pro Schritt). In Ausnahmefällen kann ein Limit-Test mit einer Dosis von 5 000 mg/kg mit drei Tieren durchgeführt werden (siehe Anlage 2). Wenn eine mit der Testsubstanz in Zusammenhang stehende Mortalität ermittelt wird, müssen eventuell weitere Prüfungen mit der nächstniedrigeren Dosis durchgeführt werden.

1.6.   BEOBACHTUNGEN

Die Tiere werden nach der Verabreichung einzeln beobachtet: mindestens einmal während der ersten 30 Minuten, in regelmäßigen Abständen während der ersten 24 Stunden, wobei die ersten vier Stunden besonders zu beachten sind, sowie anschließend täglich während einer Gesamtdauer von 14 Tagen, sofern die Tiere nicht aus Tierschutzgründen aus dem Versuch genommen und auf humane Weise getötet werden müssen oder ihr Tod festgestellt wird. Die Beobachtungsdauer sollte jedoch nicht strikt festgelegt werden; vielmehr sollte sie in Abhängigkeit von den toxischen Reaktionen, vom Zeitpunkt des Einsetzens dieser Reaktionen und von der Länge der Erholungsdauer festgelegt werden und kann daher ausgedehnt werden, wenn dies erforderlich scheint. Der Zeitpunkt, zu dem die Anzeichen von Toxizität auftreten und wieder verschwinden, ist von Bedeutung, und zwar insbesondere dann, wenn eine Tendenz zur zeitlichen Verzögerung der Toxizitätsanzeichen besteht (12). Sämtliche Beobachtungen werden für die Tiere systematisch jeweils in Einzelprotokollen dokumentiert.

Zusätzliche Beobachtungen sind erforderlich, wenn bei den Tieren weiterhin Anzeichen für Toxizität zu beobachten sind. Die Beobachtungen sollten Veränderungen an Haut und Fell, Augen und Schleimhäuten erfassen und auch die Atmung, den Kreislauf, das vegetative und zentrale Nervensystem sowie somatomotorische Aktivitäten und Verhaltensmuster berücksichtigen. Auf Beobachtungen wie Tremores, Krämpfe, Speichelfluss, Durchfall, Lethargie, Schlaf und Koma sollte geachtet werden. Die im Humane Endpoints Guidance Document (9) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten auf humane Weise getötet werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

1.6.1.   Körpergewicht

Das Gewicht der einzelnen Tiere sollte kurz vor der Verabreichung der Testsubstanz sowie spätestens eine Woche danach ermittelt werden. Gewichtsveränderungen sollen berechnet und registriert werden. Am Ende des Tests werden die überlebenden Tiere gewogen und auf humane Weise getötet.

1.6.2.   Pathologie

Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen aus der Studie genommen werden) sollen auf makroskopische Veränderungen untersucht werden. Alle makroskopischen Veränderungen sollen für jedes einzelne Tier registriert werden. Bei Tieren, die 24 oder mehr Stunden lang überlebt haben, kann auch eine mikroskopische Untersuchung von Organen mit makropathologischen Befunden in Erwägung gezogen werden, da sich hieraus eventuell nützliche Informationen gewinnen lassen.

2.   DATEN

Es sollen Daten zu den einzelnen Tieren bereitgestellt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Testgruppe die folgenden Daten zu erfassen sind: Anzahl der verwendeten Tiere, Anzahl der Tiere mit Anzeichen für eine toxische Wirkung, Anzahl der Tiere, deren Tod während des Versuchs festgestellt wurde oder die aus humanen Gründen getötet wurden, Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, Beschreibung und Zeitverlauf der toxischen Wirkungen und ihrer Reversibilität sowie pathologische Befunde.

3.   BERICHT

3.1.   Prüfbericht

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten (soweit angemessen):

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),
Identifizierungsdaten, einschließlich CAS-Nummer.

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung für die Auswahl des Vehikels (außer bei Wasser).

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Stamm,
mikrobiologischer Zustand der Tiere (wenn bekannt),
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere (gegebenenfalls mit Begründung für den Einsatz von männlichen statt weiblichen Tieren),
Bezugsquelle der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

Testbedingungen:

Angaben über die Zubereitung der Testsubstanz, einschließlich Angaben über die physikalische Beschaffenheit des verabreichten Stoffs,
Angaben über die Verabreichung der Testsubstanz, einschließlich Applikationsvolumen und Zeitpunkt der Verabreichung,
Angaben zur Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Herkunft des Wassers),
Begründung für die Wahl der Startdosis.

Ergebnisse:

tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Dosis für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad und Dauer der Wirkungen),
tabellarische Erfassung des Körpergewichts und der Änderungen des Körpergewichts,
Gewicht der einzelnen Tiere am Tag der Verabreichung, danach in wöchentlichen Abständen sowie am Tag des Todes bzw. der Tötung,
Datum und Uhrzeit des Todes, sofern vor der planmäßigen Tötung eingetreten,
zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren, für jedes einzelne Tier,
Obduktionsergebnisse und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier (wenn vorhanden).

Diskussion und Interpretation der Ergebnisse.

Schlussfolgerung.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Roll R., Höfer-Bosse Th. and Kayser D. (1986). New Perspectives in Acute Toxicity Testing of Chemicals. Toxicol. Lett., Suppl. 31, 86

(2) Roll R., Riebschläger M., Mischke U. and Kayser D. (1989). Neue Wege zur Bestimmung der akuten Toxizität von Chemikalien. Bundesgesundheitsblatt 32, 336-341.

(3) Diener W., Sichha L., Mischke U., Kayser D. and Schiede E. (1994). The Biometric Evaluation of the Acute-Toxic-Class Method (Oral). Arch. Toxicol. 68, 559-610

(4) Diener W., Mischke U., Kayser D. and Schiede E. (1995). The Biometric Evaluation of the OECD Modified Version of the Acute-Toxic-Class Method (Oral). Arch. Toxicol. 69, 729-734.

(5) Diener W. and Schiede E. (1999) Acute Toxicity Class Methods: Alterations to LD/LC50 Tests. ALTEX 16, 129-134

(6) Schiede E., Mischke U., Roll R. and Kayser D. (1992). A National Validation Study of the Acute-Toxic- Class Method — An Alternative to the LD50 Test. Arch. Toxicol. 66, 455-470.

(7) Schiede E., Mischke U., Diener W. and Kayser D. (1994). The International Validation Study of the Acute-Toxic-Class Method (Oral). Arch. Toxicol. 69, 659-670.

(8) OECD (2001) Guidance Document on Acute Oral Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N. 24. Paris.

(9) OECD (2000) Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment N 19.

(10) OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System For Human Health And Environmental Effects Of Chemical Substances as endorsed by the 28th Joint Meeting of the Chemicals Committee and the Working Party on Chemicals in November 1998, Part 2, S. 11 (http://webnet1.oecd.org/oecd/pages/home/displaygeneral/0,3380,EN-documents-521-14-no-24-no-0,FF.html),

(11) Lipnick R.L., Cotruvo, J.A., Hill R.N., Bruce R.D., Stitzel K.A., Walker A.P., Chu I.; Goddard M., Segal L., Springer J.A. and Myers R.C. (1995) Comparison of the Up-and Down, Conventional LD50, and Fixed Dose Acute Toxicity Procedures. Fd. Chem. Toxicol 33, 223-231.

(12) Chan P.K. and A.W. Hayes. (1994). Chap. 16. Acute Toxicity and Eye Irritancy. Principles and Methods of Toxicology. Third Edition. A.W. Hayes, Editor. Raven Press, Ltd, New York, USA.

Anlage 1

ZU BEACHTENDE VORGEHENSWEISE FÜR ALLE STARTDOSEN

ALLGEMEINE HINWEISE

Die in dieser Anlage dargestellten Prüfschemata geben für jede Ausgangsdosis die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 1A: Startdosis 5 mg pro kg Körpergewicht
Anlage 1B: Startdosis 50 mg pro kg Körpergewicht
Anlage 1C: Startdosis 300 mg pro kg Körpergewicht
Anlage 1D: Startdosis 2 000 mg pro kg Körpergewicht

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der auf humane Weise getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 1A

PRÜFVERFAHREN BEI EINER STARTDOSIS VON 5 MG PRO KG KÖRPERGEWICHT

Anlage 1B

PRÜFVERFAHREN BEI EINER STARTDOSIS VON 50 mg PRO kg KÖRPERGEWICHT

Anlage 1C

PRÜFVERFAHREN BEI EINER STARTDOSIS VON 300 mg PRO kg KÖRPERGEWICHT

Anlage 1D

PRÜFVERFAHREN-BEI EINER STARTDOSIS VON 2 000 mg PRO kg KÖRPERGEWICHT

Anlage 2

KRITERIEN FÜR DIE KLASSIFIZIERUNG VON TESTSUBSTANZEN MIT ERWARTETEN LD50-WERTEN ÜBER 2 000 mg/kg OHNE ERFORDERLICHE TESTS

Die Kriterien für die Gefahrenkategorie 5 sollen die Identifikation von Testsubstanzen ermöglichen, die eine vergleichsweise geringe akute Toxizitätsgefahr aufweisen, die aber unter bestimmten Umständen eine Gefahr für anfällige Bevölkerungsgruppen darstellen. Bei diesen Substanzen wird von einer oralen oder dermalen LD50 im Bereich 2 000 -5 000 mg/kg bzw. von vergleichbaren Dosen für andere Verabreichungswege ausgegangen. Die Testsubstanz sollte in den folgenden Fällen in die Gefahrenkategorie 2 000 mg/kg < LD50 < 5 000 mg/kg (GHS-Kategorie 5) eingestuft werden:

a)
wenn eines der Prüfschemata — aus Anlage 1A-1D aufgrund von Mortalitätsfällen zu dieser Kategorie führt;
b)
wenn bereits zuverlässige Erkenntnisse dafür vorliegen, dass der LD50-Wert im Bereich der Kategorie 5 liegt, oder wenn andere Tierversuche oder toxische Wirkungen auf Menschen akute Folgen für die menschlichen Gesundheit erwarten lassen;
c)
wenn nach Extrapolierung, Schätzung oder Messung von Daten die Zuordnung zu einer höheren Gefahrenklasse nicht gerechtfertigt ist und
zuverlässige Informationen vorliegen, die auf signifikante toxische Wirkungen bei Menschen hinweisen, oder
Mortalitäten bei oraler Verabreichung in Versuchen mit Dosen bis zu der Kategorie 4 auftreten, oder
eine fachkundige Beurteilung bei Versuchen mit Dosen bis zu den in Kategorie 4 genannten Werten signifikante klinische Toxizitätsanzeichen bestätigt (außer Durchfall, Haaraufrichtung oder zerzaustes Fell), oder
eine fachkundige Beurteilung verlässliche Informationen bestätigt, die aus den anderen Tierversuchen ein Potenzial für signifikante akute Wirkungen erkennen lassen.

VERSUCHE MIT DOSEN ÜBER 2 000 mg/kg

Aus Tierschutzgründen wird von Tierversuchen im Bereich der Kategorie 5 (5 000 mg/kg) abgeraten; diese Versuche sollen nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Ergebnisse eines solchen Versuchs für den Schutz der Gesundheit von Menschen oder Tieren oder der Umwelt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt relevant wären (10). Weitere Versuche mit noch höheren Dosierungen sollen nicht durchgeführt werden.

Wenn Versuche mit einer Dosis von 5 000 mg/kg notwendig sind, ist nur ein Schritt (d. h. drei Tiere) erforderlich. Wenn das erste Versuchstier stirbt, wird der Versuch mit einer Dosis von 2 000 mg/kg gemäß den Prüfschemata in Anlage 1 fortgesetzt. Wenn das erste Tier überlebt, wird die Substanz zwei weiteren Tieren verabreicht. Wenn nur eines der drei Tiere stirbt, wird ein LD50-Wert von über 5 000 mg/kg angenommen. Wenn beide Tiere sterben, wird der Versuch mit der Dosis von 2 000 mg/kg fortgesetzt.

Anlage 3

PRÜFVERFAHREN B.l tris Anleitung für die Klassifizierung gemäß dem EU-System zur Überbrückung des Übergangszeitraums bis zur vollständigen Umsetzung des „Globalen Harmonisierten Systems“ (GHS) (Auszug aus Literaturhinweis (8))

B.2   AKUTE INHALATIONSTOXIZITÄT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 403 (2009) (1). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 403 (TG 403) zur akuten Inhalation wurde 1981 angenommen. Diese überarbeitete Prüfmethode B.2 (die der überarbeiteten TG 403 entspricht) ist dazu ausgelegt, mehr Flexibilität zu bieten, die Verwendung von Versuchstieren zu reduzieren und die Regulierungsanforderungen zu erfüllen. Die überarbeitete Prüfmethode umfasst zwei Arten von Versuchen: ein traditionelles LC50-Protokoll und ein Konzentration-x-Zeit-Protokoll (c × t). Die Hauptmerkmale dieser Prüfmethode sind die Möglichkeit, eine Konzentrations-Wirkungs-Beziehung aufzustellen, die von nichtletalen zu letalen Ergebnissen reicht, um eine mittlere letale Konzentration (LC50), eine nichtletale Schwellenkonzentration (z. B. LC01) und die Steigung der Kurve zu bestimmen und eine eventuelle geschlechtsspezifische Empfindlichkeit festzustellen. Das c-x-t-Protokoll sollte angewendet werden, wenn wegen einer spezifischen Regelung oder aus wissenschaftlicher Notwendigkeit eine Prüfung von Tieren über unterschiedliche Zeiträume erforderlich ist, z. B. für Zwecke der Notfallplanung [z. B. zur Ableitung von Störfallbeurteilungswerten (Acute Exposure Guideline Levels — AEGL, Emergency Response Planning Guidelines — ERPG oder Acute Exposure Threshold Levels — AETL)] oder für die Flächennutzungsplanung.
2.
Eine Anleitung für die Durchführung und Auswertung dieser Prüfmethoden ist im Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing (GD 39 (2)) enthalten.
3.
Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im GD 39 (2) definiert.
4.
Diese Prüfmethode ermöglicht die Charakterisierung von Prüfsubstanzen und eine quantitative Risikobewertung und sie erlaubt die Einstufung von Prüfsubstanzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (3). Das GD 39 (2) enthält Hinweise zur Auswahl der geeigneten Prüfmethode für akute Prüfungen. Wenn nur Informationen über die Einstufung und Kennzeichnung benötigt werden, wird im Allgemeinen Kapitel B.52 dieses Anhangs (4) empfohlen [siehe GD 39 (2)]. Diese Prüfmethode B.2 ist nicht speziell für die Prüfung von Spezialmaterialien wie schwer löslichen isometrischen oder Fasermaterialien oder hergestellten Nanomaterialien bestimmt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

5.
Bevor Versuche nach dieser Prüfmethode in Betracht gezogen werden, sollte das Prüflabor alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz, einschließlich bereits vorliegender Studien (z. B. Kapitel B.52 dieses Anhangs (4)), deren Ergebnisse darauf hindeuten, dass auf weitere Versuche verzichtet werden kann, auswerten, damit möglichst wenig Tiere verwendet werden. Für die Auswahl der in Bezug auf Art, Stamm und Geschlecht am besten geeigneten Tiere sowie der geeigneten Expositionsart und Prüfkonzentrationen sollten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen herangezogen werden [siehe GD 39 (2)].
6.
Die Prüfung hautätzender und/oder reizender Prüfsubstanzen in Konzentrationen, die voraussichtlich starke Schmerzen und/oder Qualen verursachen, sollte soweit wie möglich vermieden werden. Die hautätzenden/reizenden Eigenschaften sollten von Fachleuten auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei Mensch und Tier (z. B. Studien mit wiederholter Verabreichung in nicht hautätzenden/reizenden Konzentrationen), vorliegenden In-vitro-Daten (z. B. aus den Kapiteln B.40 (5), B.40bis (6) dieses Anhangs oder OECD TG 435 (7)), den pH-Werten sowie Informationen über ähnliche Substanzen oder anderen sachdienlichen Daten beurteilt werden, damit untersucht werden kann, ob auf weitere Versuche verzichtet werden kann. Bei spezifischen Regulierungsanforderungen (z. B. für Zwecke der Notfallplanung) kann diese Prüfmethode verwendet werden, um Tiere diesen Stoffen auszusetzen, weil die Methode dem Studienleiter oder Hauptprüfer die Kontrolle über die Auswahl der Zielkonzentrationen gibt. Die Zielkonzentrationen sollten jedoch keine schwerwiegenden reizenden/hautätzenden Wirkungen hervorrufen; sie sollten aber ausreichen, um die Konzentrations-Wirkungs-Kurve so zu erweitern, dass das regulatorische und wissenschaftliche Ziel der Prüfung erreicht wird. Diese Konzentrationen sollten von Fall zu Fall ausgewählt werden; die Wahl der Konzentration ist zu begründen [siehe GD 39 (2)].

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

7.
Diese überarbeitete Prüfmethode B.2 wurde entwickelt, um ausreichende Informationen über die akute Toxizität einer Prüfsubstanz zu gewinnen, damit sie eingestuft werden kann, und um Letalitätsdaten (z. B. LC50, LC01 und Steigung) für eines oder beide Geschlechter zu erhalten, die für quantitative Risikobewertungen benötigt werden. Die Prüfmethode umfasst zwei Methoden. Bei der ersten Methode handelt es sich um ein traditionelles Protokoll, bei dem Gruppen von Tieren für eine im Voraus festgelegte Dauer von üblicherweise 4 Stunden einer Grenzkonzentration (Limit-Test) oder schrittweise einer Reihe von Konzentrationen ausgesetzt werden. Für spezifische Regulierungszwecke sind andere Expositionszeiten möglich. Die zweite Methode ist ein Protokoll (c × t), bei dem Gruppen von Tieren über mehrere unterschiedliche Zeiträume einer Konzentration (Grenzkonzentration) oder einer Reihe unterschiedlicher Konzentrationen ausgesetzt werden.
8.
Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sollten auf humane Weise getötet werden und sind bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise zu werten wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document No. 19 on Humane Endpoints (8).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

9.
Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Die Verwendung anderer Tierarten ist zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

10.
Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Exposition sollten die jungen, adulten Tiere 8 bis 12 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht aller zuvor exponierten Tiere desselben Alters liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt. Die Tiere sollten auch für einen kurzen Zeitraum vor der Prüfung an die Versuchsapparatur gewöhnt werden, da dies den Stress durch die Umsetzung in eine neue Umgebung verringert.

Tierhaltung

11.
Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

12.
Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und das Ziel der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die „Nose-only“-Exposition (dieser Begriff umfasst „nur Kopf“, „nur Nase“ oder „nur Schnauze“). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die „Nose-only“-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Prinzipien der „Nose-only“- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind in GD 39 (2) beschrieben.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

13.
„Nose-only“-Expositionen können bei Ratten bis zu 6 Stunden dauern. Bei Mäusen sollten „Nose-only“-Expositionen im Allgemeinen 4 Stunden nicht überschreiten. Wenn Studien mit längerer Expositionsdauer erforderlich sind, ist dies zu begründen [siehe GD 39 (2)]. Bei Ganzkörperexpositionen gegen Aerosole sollten die Tiere einzeln untergebracht sein, um eine Aufnahme der Prüfsubstanz durch das Putzen von Käfiggenossen zu verhindern. Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition angeboten werden.
14.
Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, der gewählten Konzentration und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden.

Partikelgrößenverteilung

15.
Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 4 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (2) (9) (10). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldämpfe können z. B. unter diesen Werten liegen, und geladene Partikel, Fasern und hygroskopische Stoffe (die sich in der feuchten Umgebung der Atemwege ausdehnen) können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

16.
Um die gewünschte Konzentration und Partikelgröße der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, kann ein Vehikel verwendet werden. Hierbei ist in der Regel Wasser zu bevorzugen. Partikel können durch mechanische Prozesse auf die erforderliche Partikelgrößenverteilung gebracht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht zersetzt oder verändert wird. Wenn angenommen wird, dass die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert wurde (z. B. hohe Temperaturen aufgrund von Reibung durch übermäßiges Mahlen), sollte die Zusammensetzung der Prüfsubstanz analytisch überprüft werden. Es ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht kontaminiert wird. Nicht brüchige Granulate, die speziell so formuliert sind, dass sie nicht eingeatmet werden können, brauchen nicht geprüft zu werden. Mit einem Abriebtest sollte nachgewiesen werden, dass beim Umgang mit dem Granulat keine lungengängigen Partikel entstehen. Entstehen bei einem Abriebtest lungengängige Partikel, so sollte eine Inhalationstoxizitätsprüfung durchgeführt werden.

Kontrolltiere

17.
Eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrollgruppe ist nicht erforderlich. Wenn zur Erzeugung der Prüfatmosphäre ein anderes Vehikel als Wasser verwendet wird, sollte nur dann eine Vehikelkontrollgruppe verwendet werden, wenn keine historischen Daten über Inhalationstoxizität vorliegen. Ergibt eine Toxizitätsstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch. Daher ist keine Vehikelkontrolle erforderlich.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

18.
Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Überwachung der Konzentration (oder Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Parameter der Erzeugung der Prüfatmosphäre zu messen. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in „Nose-only“-Expositionskammern zu vermeiden, wenn die Luftströmung durch das Expositionssystem nicht ausreicht, um eine dynamische Strömung der Prüfsubstanzatmosphäre zu erreichen. Es gibt festgelegte Methoden, mit denen nachgewiesen werden kann, dass es unter den gewählten Bedingungen nicht zu erneutem Einatmen kommt (2) (11). Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und die Kohlendioxidkonzentrationen zu messen.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

19.
Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der „Nose-only“- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere für Zeiträume von bis zu 4 Stunden mindestens dreimal und für kürzere Zeiträume stündlich überwacht und dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

20.
Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch das Kammersystem geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

21.
Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden. Im Prüfbericht sollten die Zielkonzentration sowie die nominale und die tatsächliche Konzentration angegeben werden, aber nur die tatsächlichen Konzentrationen werden für statistische Analysen zur Berechnung letaler Konzentrationswerte verwendet.
22.
Es sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu den Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.
23.
Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten und je nach Analysemethode kontinuierlich und/oder intermittierend zu überwachen. Bei der intermittierenden Probenahme sollten in einer vierstündigen Studie mindestens zweimal Proben der Atmosphäre in der Kammer genommen werden. Ist dies wegen begrenzter Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich, kann während der gesamten Expositionszeit eine einzige Probe genommen werden. Weichen die einzelnen Proben stark voneinander ab, sollten bei den nächsten geprüften Konzentrationen vier Proben je Exposition gezogen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird; dazu gehört die zur Erreichung von t95 erforderliche Zeit. GD 39 (2) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.
24.
Bei sehr komplexen Mischungen aus Gasen/Dämpfen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden), kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten, so dass mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Gas/Dampf und Aerosol) ausgewählt werden sollte. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder den Bestandteil (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind in GD 39 (2) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

25.
Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte während jeder 4-stündigen Exposition mindestens zweimal mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und einem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden. Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe DG 39 (2)]. Wenn die Gleichwertigkeit zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Exposition wiederholt werden muss. Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden (siehe Nummer 15).

VERFAHREN

26.
Nachstehend werden zwei Prüfungsarten beschrieben: das traditionelle Protokoll und das C-×-t-Protokoll. Beide Protokolle können eine Vorstudie, eine Hauptstudie und/oder einen Limit-Test (traditionelles Protokoll) bzw. eine Prüfung bei einer Grenzkonzentration (c × t) umfassen. Wenn bekannt ist, dass ein Geschlecht empfindlicher reagiert, kann der Studienleiter entscheiden, diese Prüfungen nur unter Verwendung dieses Geschlechts durchzuführen. Wenn für eine „Nose-only“-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Damit möglichst wenig Tiere verwendet werden, sollten vor Beginn der Prüfung alle verfügbaren Daten ausgewertet werden. Mit Ergebnissen der Methode gemäß Kapitel B.52 dieses Anhangs (4) kann möglicherweise die Notwendigkeit einer Vorstudie ausgeräumt und gezeigt werden, ob ein Geschlecht empfindlicher reagiert als das andere [siehe GD 39 (2)].

TRADITIONELLES PROTOKOLL

Allgemeine Überlegungen: traditionelles Protokoll

27.
In einer traditionellen Studie werden Gruppen von Tieren einer Prüfsubstanz für einen festgelegten Zeitraum (im Allgemeinen 4 Stunden) entweder in einer „Nose-only“- oder einer Ganzkörperexpositionskammer ausgesetzt. Die Tiere werden entweder einer Grenzkonzentration (Limit-Test) oder schrittweise mindestens drei Konzentrationen (Hauptstudie) ausgesetzt. Wenn nicht bereits Informationen über die Prüfsubstanz vorliegen, wie z. B. aus einer zuvor durchgeführten Prüfung nach Kapitel B.52, kann vor der Hauptstudie eine Vorstudie durchgeführt werden [siehe GD 39 (2)].

Vorstudie: traditionelles Protokoll

28.
Eine Vorstudie dient dazu, die Wirkstärke der Prüfsubstanz einzuschätzen, geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Empfindlichkeit festzustellen und die Festlegung der Expositionskonzentrationen für die Hauptstudie oder den Limit-Test zu erleichtern. Die Auswahl der Konzentrationen für die Vorstudie sollte sich auf alle verfügbaren Informationen, einschließlich verfügbarer (Q)SAR-Daten und Daten für ähnliche Chemikalien stützen. Jeder Konzentration der Prüfsubstanz sollten höchstens drei männliche und drei weibliche Tiere ausgesetzt werden (drei Tiere je Geschlecht können erforderlich sein, um einen geschlechtsspezifischen Unterschied festzustellen). Es ist möglich, dass in einer Vorstudie nur eine einzige Konzentration geprüft wird, erforderlichenfalls können aber auch mehr Konzentrationen geprüft werden. In einer Vorstudie sollten nicht so viele Tiere und Konzentrationen untersucht werden, dass sie quasi einer Hauptstudie gleichkommt. Statt einer Vorstudie kann auf die Ergebnisse einer zuvor durchgeführten Prüfung gemäß Kapitel B.52 (4) zurückgegriffen werden [siehe GD 39 (2)].

Limit-Test: traditionelles Protokoll

29.
Ein Limit-Test wird verwendet, wenn bekannt oder zu erwarten ist, dass die Prüfsubstanz praktisch nicht toxisch ist, d. h. nur über der regulatorisch festgelegten Grenzkonzentration eine toxische Wirkung hervorruft. Beim Limit-Test wird eine einzige Gruppe von drei männlichen und drei weiblichen Tieren der Prüfsubstanz bei einer Grenzkonzentration ausgesetzt. Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz können aus Kenntnissen über ähnliche geprüfte Stoffe gewonnen werden, wobei Art und prozentualer Anteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz vorliegen oder in denen von einer Toxizität der Prüfsubstanz ausgegangen wird, sollte der Haupttest durchgeführt werden.
30.
Die Wahl der Grenzkonzentrationen hängt im Allgemeinen von den Regulierungsanforderungen ab. Wird die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugrunde gelegt, so betragen die Grenzkonzentrationen für Gase, Dämpfe und Aerosole 20 000 ppm, 20 mg/l bzw. 5 mg/l (oder die höchste erreichbare Konzentration) (3). Bei bestimmten Prüfsubstanzen, insbesondere bei Dämpfen und Aerosolen, kann es technisch schwierig sein, Grenzkonzentrationen zu erzeugen. Bei der Prüfung von Aerosolen sollte das Hauptziel darin bestehen, eine lungengängige Partikelgröße (d. h. ein MMAD von 1-4 μm) zu erreichen. Dies ist bei den meisten Prüfsubstanzen bei einer Konzentration von 2 mg/l der Fall. Aerosole sollten nur dann bei mehr als 2 mg/l geprüft werden, wenn eine lungengängige Partikelgröße erreicht werden kann [siehe DG 39 (2)]. Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 rät aus Tierschutzgründen von der Prüfung über einer Grenzkonzentration ab (3). Die Grenzkonzentration sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Ergebnisse einer solchen Prüfung von unmittelbarer Relevanz für den Schutz der menschlichen Gesundheit sind (3); dies ist im Prüfbericht zu begründen. Bei potenziell explosiven Prüfsubstanzen ist darauf zu achten, dass keine explosionsfördernden Bedingungen geschaffen werden. Um eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Kammerbedingungen für einen Limit-Test erreicht werden können, sollte vor dem Limit-Test ein Probedurchlauf ohne Tiere vorgenommen werden.
31.
Werden bei der Grenzkonzentration Mortalität oder Siechtum beobachtet, können die Ergebnisse der Prüfung bei dieser Konzentration als Vorstudie für weitere Prüfungen bei anderen Konzentrationen dienen (siehe Hauptstudie). Wenn eine Grenzkonzentration wegen der physikalischen oder chemischen Eigenschaften einer Prüfsubstanz nicht erreicht werden kann, sollte die höchste erreichbare Konzentration geprüft werden. Wenn bei der höchsten erreichbaren Konzentration eine Letalität von weniger als 50 % auftritt, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Konnte die Grenzkonzentration nicht erreicht werden, sollte der Prüfbericht eine Erklärung und entsprechende Daten enthalten. Wenn die höchste erreichbare Konzentration eines Dampfs keine Toxizität hervorruft, muss die Prüfsubstanz möglicherweise als Flüssigkeitsaerosol angewendet werden.

Hauptstudie: traditionelles Protokoll

32.
Eine Hauptstudie wird normalerweise mit fünf männlichen und fünf weiblichen Tieren (oder, falls bekannt, fünf Tieren des empfindlicheren Geschlechts) je Konzentrationsstufe mit mindestens drei Konzentrationsstufen durchgeführt. Für eine robuste statistische Analyse sollten ausreichend hohe Konzentrationsstufen verwendet werden. Der Zeitabstand zwischen den einzelnen Expositionsgruppen richtet sich nach Einsetzen, Dauer und Schweregrad der toxischen Zeichen. Die Tiere sollten erst dann der nächsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden, wenn mit angemessener Gewissheit vom Überleben der zuvor getesteten Tiere ausgegangen werden kann. Dies gibt dem Studienleiter die Möglichkeit, die Zielkonzentration für die nächste Expositionsgruppe anzupassen. Wegen der Abhängigkeit von hochentwickelter Technologie ist dies in Inhalationsstudien nicht immer praktikabel. Deshalb sollte die Exposition von Tieren gegen die nächste Konzentrationsstufe auf Erfahrungswerten und wissenschaftlichem Sachverstand beruhen. Bei der Prüfung von Mischungen ist das GD 39 (2) zu konsultieren.

KONZENTRATION-×-ZEIT-PROTOKOLL (C × T)

Allgemeine Überlegungen: C-×-t-Prokokoll

33.
Bei der Bewertung der Inhalationstoxizität kann als Alternative zu einem traditionellen Protokoll eine schrittweise C-×-t-Studie in Betracht gezogen werden (12) (13) (14). Bei dieser Methode werden die Tiere der Prüfsubstanz in unterschiedlichen Konzentrationsstufen und für unterschiedliche Zeiträume ausgesetzt. Für alle Prüfungen werden „Nose-only“-Kammern verwendet (Ganzkörperkammern sind bei diesem Protokoll nicht praktikabel). Ein Fließdiagramm in Anlage 1 veranschaulicht dieses Protokoll. Eine Simulationsanalyse hat gezeigt, dass sowohl das traditionelle Protokoll und als auch das C-×-t-Protokoll robuste LC50-Werte ergeben können, aber das C-×-t-Protokoll bei robusten LC01- und LC10-Werten im Allgemeinen überlegen ist (15).
34.
Einer Simulationsanalyse zufolge ist die Verwendung von zwei Tieren je C-×-t-Intervall (ein Tier je Geschlecht bei Verwendung beider Geschlechter oder zwei Tiere des empfindlicheren Geschlechts) im Allgemeinen ausreichend, wenn in einer Hauptstudie 4 Konzentrationen und 5 Expositionszeiträume geprüft werden. Unter bestimmten Umständen kann der Studienleiter beschließen, je zwei Ratten beider Geschlechter je C-×-t-Intervall zu verwenden (15). Die Verwendung von zwei Tieren je Geschlecht je Konzentration und Zeitpunkt kann Verzerrungen und Schwankungen der Schätzungen verringern, die Quote der zutreffenden Schätzungen erhöhen und die Abdeckung des Konfidenzintervalls verbessern. Wenn die Daten jedoch keine ausreichende Annäherung für eine Schätzung erlauben (bei Verwendung von je einem Tier beider Geschlechter oder von zwei Tieren des empfindlicheren Geschlechts), kann auch eine fünfte Expositionskonzentration ausreichen. Das GD 39 (2) enthält weitere Hinweise zur Zahl der Tiere und zu den Konzentrationen, die in einer C-×-t-Studie zu verwenden sind.

Vorstudie: C-×-t-Protokoll

35.
Eine Vorstudie dient dazu, die Wirkstärke der Prüfsubstanz einzuschätzen und die Festlegung der Expositionskonzentrationen für die Hauptstudie zu erleichtern. Um eine geeignete Ausgangskonzentration für die Hauptstudie festzulegen und möglichst wenig Tiere zu verwenden, kann eine Vorstudie mit bis zu drei Tieren/Geschlecht/Konzentration [Einzelheiten siehe Anlage III von GD 39 (2)] erforderlich sein. Zur Feststellung eines geschlechtsspezifischen Unterschieds müssen gegebenenfalls drei Tiere je Geschlecht verwendet werden. Diese Tiere sind für einen einzigen Zeitraum, im Allgemeinen 240 Minuten, zu exponieren. Die Erzeugung geeigneter Prüfatmosphären ist in technischen Vorversuchen ohne Tiere zu erproben. Wenn Mortalitätsdaten aus einer Studie nach B.52 (4) vorliegen, braucht normalerweise keine Vorstudie durchgeführt zu werden. Bei der Festlegung der anfänglichen Zielkonzentration einer Studie nach B.2 sollte der Studienleiter die in allen verfügbaren B.52-Studien (4) beobachteten Mortalitätsmuster für beide Geschlechter und für alle geprüften Konzentrationen berücksichtigen [siehe GD 39 (2)].

Ausgangskonzentration: C-×-t-Protokoll

36.
Die Ausgangskonzentration (Exposition I) (Anlage 1) ist entweder eine Grenzkonzentration oder eine vom Studienleiter auf Basis der Vorstudie gewählte Konzentration. Gruppen von je einem Tier beider Geschlechter werden dieser Konzentration für unterschiedliche Zeiträume ausgesetzt (z. B. 15, 30, 60, 120 oder 240 Minuten), so dass insgesamt 10 Tiere verwendet werden (Exposition I) (Anlage 1).
37.
Die Wahl der Grenzkonzentrationen hängt im Allgemeinen von den Regulierungsanforderungen ab. Wird die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugrunde gelegt, so betragen die Grenzkonzentrationen für Gase, Dämpfe und Aerosole 20 000 ppm, 20 mg/l bzw. 5 mg/l (oder die höchste erreichbare Konzentration) (3). Bei bestimmten Prüfsubstanzen, insbesondere bei Dämpfen und Aerosolen, kann es technisch schwierig sein, Grenzkonzentrationen zu erzeugen. Bei der Prüfung von Aerosolen sollte eine lungengängige Partikelgröße (d. h. ein MMAD von 1-4 μm) bei einer Grenzkonzentration von 2 mg/l erreicht werden. Dies ist bei den meisten Prüfsubstanzen möglich. Aerosole sollten nur dann bei mehr als 2 mg/l geprüft werden, wenn eine lungengängige Partikelgröße erreicht werden kann [siehe DG 39 (2)]. Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 rät aus Tierschutzgründen von der Prüfung über einer Grenzkonzentration ab (3). Prüfungen über der Grenzkonzentration sollten nur in Betracht gezogen werden, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Ergebnisse einer solchen Prüfung von unmittelbarer Relevanz für den Schutz der menschlichen Gesundheit sind (3); dies ist im Prüfbericht zu begründen. Bei potenziell explosiven Prüfsubstanzen ist darauf zu achten, dass keine explosionsfördernden Bedingungen geschaffen werden. Vor der Prüfung bei der Ausgangskonzentration sollte ein Probedurchlauf ohne Tiere vorgenommen werden, um eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Kammerbedingungen für diese Konzentration erreicht werden können.
38.
Werden bei der Ausgangskonzentration Mortalität oder Siechtum beobachtet, können die Ergebnisse dieser Konzentration als Ausgangspunkt für weitere Prüfungen bei anderen Konzentrationen dienen (siehe Hauptstudie). Wenn eine Grenzkonzentration wegen der physikalischen oder chemischen Eigenschaften einer Prüfsubstanz nicht erreicht werden kann, sollte die höchste erreichbare Konzentration geprüft werden. Wenn bei der höchsten erreichbaren Konzentration eine Letalität von weniger als 50 % auftritt, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Konnte die Grenzkonzentration nicht erreicht werden, sollte der Prüfbericht eine Erklärung und entsprechende Daten enthalten. Wenn die höchste erreichbare Konzentration eines Dampfs keine Toxizität hervorruft, muss die Prüfsubstanz möglicherweise als Flüssigkeitsaerosol angewendet werden.

Hauptstudie: C-×-t-Protokoll

39.
Die in der Hauptstudie geprüfte Ausgangskonzentration (Exposition I) (Anlage 1) ist entweder eine Grenzkonzentration oder eine vom Studienleiter auf Basis der Vorstudie gewählte Konzentration. Wenn während oder nach der Exposition I Mortalität beobachtet wurde, gilt die Mindestexposition (c × t), die zu Mortalität führt, als Anhaltspunkt für die Festlegung der Expositionskonzentration und -dauer für die Exposition II. Jede folgende Exposition hängt von der vorhergehenden Exposition ab (siehe Anlage 1).
40.
Bei vielen Prüfsubstanzen sind die bei der Ausgangskonzentration erzielten Ergebnisse zusammen mit drei zusätzlichen Expositionen mit einem kleineren Zeitraster (das ist der geometrische Abstand von Expositionsperioden, der angegeben wird durch den Faktor zwischen aufeinanderfolgenden Perioden, im Allgemeinen √2) ausreichend, um die C-×-t-Mortalitätsbeziehung festzulegen (15), aber es kann hilfreich sein, eine fünfte Expositionskonzentration zu verwenden [siehe Anlage 1 und GD 39 (2)]. Anlage 1 enthält Hinweise zur mathematischen Aufbereitung der Ergebnisse für das C-×-t-Protokoll.

BEOBACHTUNGEN

41.
Die Tiere sollten während der Exposition häufig auf klinische Zeichen beobachtet werden. Nach der Exposition sollten klinische Beobachtungen mindestens zweimal am Tag der Exposition oder, falls es aufgrund der Reaktion der Tiere auf die Behandlung angezeigt erscheint, häufiger und danach für einen Zeitraum von insgesamt 14 Tagen mindestens einmal täglich vorgenommen werden. Die Länge des Beobachtungszeitraums ist nicht festgelegt; sie sollte nach Art und Zeitpunkt des Einsetzens klinischer Zeichen und der Länge der Erholungsphase bestimmt werden. Der Zeitpunkt, zu dem die Toxizitätszeichen auftreten und wieder abklingen, ist von Bedeutung, insbesondere dann, wenn Anzeichen für ein verzögertes Auftreten von Toxizitätszeichen erkennbar sind. Sämtliche Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten aus Tierschutzgründen auf humane Weise getötet werden. Bei den Untersuchungen auf klinische Toxizitätszeichen ist darauf zu achten, dass ein anfänglich schlechtes Aussehen und vorübergehende Atemveränderungen, die auf das Expositionsverfahren zurückzuführen sind, nicht mit einer durch die Prüfsubstanz bedingten Toxizität verwechselt werden, die eine vorzeitige Tötung der Tiere erfordern würde. Die im Guidance Document on Humane Endpoints (GD 19) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen (7). Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.
42.
Bei den Beobachtungen ist auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten sowie Atmung, Kreislauf, autonomes und zentrales Nervensystem, Somatomotorik und Verhaltensmuster zu achten. Soweit möglich, ist auf Differenzierungen zwischen lokalen und systemischen Wirkungen zu achten. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern.

Körpergewicht

43.
Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte einmal während der Eingewöhnungszeit, am Tag der Exposition vor der Exposition (Tag 0) und mindestens an den Tagen 1, 3 und 7 (und danach wöchentlich) sowie zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, falls später als Tag 1, dokumentiert werden. Das Körpergewicht gilt als kritischer Indikator für Toxizität; Tiere, die gegenüber ihrem Gewicht vor der Prüfung eine dauerhafte Abnahme um ≥ 20 % aufweisen, sollten sorgfältig überwacht werden. Die überlebenden Tiere werden gewogen und am Ende der Post-Expositionsphase auf humane Weise getötet.

Pathologie

44.
Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden) sind auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.
45.
Es kann in Betracht gezogen werden, von vorneherein zusätzliche Untersuchungen in die Studienauslegung aufzunehmen, die die Aussagekraft der Studie erhöhen, z. B. die Messung des Lungengewichts überlebender Ratten und/oder den Nachweis einer Reizwirkung durch mikroskopische Untersuchung der Atemwege. Untersucht werden können auch diejenigen Organe, die bei 24 Stunden oder länger überlebenden Tieren makroskopische Befunde aufweisen, sowie Organe, die bekanntermaßen oder vermutlich betroffen sind. Eine mikroskopische Untersuchung des gesamten Atemtrakts kann nützliche Informationen über Prüfsubstanzen liefern, die mit Wasser reagieren, z. B. Säuren und hygroskopische Prüfsubstanzen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

46.
Das Körpergewicht der einzelnen Tiere und Sektionsbefunde sollten angegeben werden. Die Daten der klinischen Beobachtung sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein.

Prüfbericht

47.
Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,
Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,
Randomisierungsmethode,
Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),
Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),
Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),
historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

Inhalationskammer

Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe von Abmessungen und Volumen,
Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,
Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,
Herkunft der Luft und Behandlung der eingeleiteten/entzogenen Luft sowie Klimatisierungssystem,
für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,
Druckunterschied (positiv oder negativ),
Expositions-Öffnungen je Kammer („Nose-only“-Exposition); Anordnung der Tiere im System (Ganzkörperexposition),
zeitliche Homogenität/Stabilität der Prüfatmosphäre,
Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,
Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung („Nose-only“-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),
Angaben zur Ausrüstung für die Messung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalts, falls zutreffend,
bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer benötigte Zeit (t95),
Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,
Messgeräte (falls zutreffend).

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,
nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),
im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Gemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,
alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten angegeben werden (z. B. mg/l, mg/m3 usw.), Volumeneinheiten können in Klammern ebenfalls angegeben werden (z. B. ppm, ppb usw.),
Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz. Wenn die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert worden sein kann, sind die Ergebnisse der Analysen zur Überprüfung der Zusammensetzung der Prüfsubstanz beizufügen,
eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wurde,
Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium),
Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,
tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,
tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,
tabellarische Darstellung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad, Zeitpunkt des Einsetzens und Dauer der Wirkungen),
während der Prüfung erfasstes Körpergewicht der einzelnen Tiere, Datum und Zeitpunkt des Todes, falls vor geplanter Tötung; zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren, für jedes einzelne Tier,
Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden,
Letalitätsschätzungen (z. B. LC50, LD01), einschließlich Konfidenzintervalle von 95 %, und Steigung (falls von der Bewertungsmethode vorgesehen),
statistische Beziehung, einschließlich Schätzung des Exponenten n (c-×-t-Protokoll). Die verwendete Statistiksoftware ist anzugeben.

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.
Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.
Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf humane Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (8) zu geben.
Wenn eine Prüfung nach Kapitel B.52 dieses Anhang (4) zugunsten dieser Prüfmethode B.2 abgebrochen wurde, ist dies zu begründen.
Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.
Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.

LITERATUR:

1.
OECD (2009). Acute Inhalation Toxicity Testing. OECD Guideline for Testing of Chemicals No. 403, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
2.
OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
3.
Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).
4.
Kapitel B.52 dieses Anhangs, Akute Inhalationstoxizität — akut toxische Klassenmethode.
5.
Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (transcutaneous electrical resistance test)
6.
Kapitel B.40bis dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit menschlichem Hautmodell)
7.
OECD (2005), In Vitro Membrane Barrier Test Method For Skin Corrosion. OECD Guideline for Testing of Chemicals No. 435, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
8.
OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
9.
SOT (1992). Technical Committee of the Inhalation Specialty Section, Society of Toxicology (SOT). Recommendations for the Conduct of Acute Inhalation Limit Tests. Fund. Appl. Toxicol. 18: 321-327.
10.
Phalen RF (2009). Inhalation Studies: Foundations and Techniques. (2nd Edition) Informa Healthcare, New York.
11.
Pauluhn J and Thiel A (2007). A Simple Approach to Validation of Directed-Flow Nose-Only Inhalation Chambers. J. Appl. Toxicol. 27: 160-167.
12.
Zwart JHE, Arts JM, ten Berge WF, Appelman LM (1992). Alternative Acute Inhalation Toxicity Testing by Determination of the Concentration-Time-Mortality Relationship: Experimental Comparison with Standard LC50 Testing. Reg. Toxicol. Pharmacol. 15: 278-290.
13.
Zwart JHE, Arts JM, Klokman-Houweling ED, Schoen ED (1990). Determination of Concentration-Time-Mortality Relationships to Replace LC50 Values. Inhal. Toxicol. 2: 105-117.
14.
Ten Berge WF and Zwart A (1989). More Efficient Use of Animals in Acute Inhalation Toxicity Testing. J. Haz. Mat. 21: 65-71.
15.
OECD (2009). Performance Assessment: Comparison of 403 and C × t Protocols via Simulation and for Selected Real Data Sets. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 104, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
16.
Finney DJ (1977). Probit Analysis, 3rd ed. Cambridge University Press, London/New York.

DEFINITION

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 1

C-×-t-Protokoll

1.
Bei der Bewertung der Inhalationstoxizität kann als Alternative zu einem traditionellen Protokoll eine schrittweise Konzentrations-×-Zeit-Studie (c × t) in Betracht gezogen werden (12) (13) (14). Sie sollte vorzugsweise dann angewendet werden, wenn wegen einer spezifischen Regelung oder aus wissenschaftlicher Notwendigkeit eine Prüfung von Tieren über unterschiedliche Zeiträume erforderlich ist, z. B. für Zwecke der Notfallplanung oder für die Flächennutzungsplanung. Diese Methode beginnt normalerweise mit der Prüfung der Prüfsubstanz in einer Grenzkonzentration (Exposition I), bei der die Tiere der Prüfsubstanz für fünf Zeiträume ausgesetzt werden (z. B. 15, 30, 60, 120 und 240 Minuten), so dass innerhalb einer Exposition Ergebnisse für mehrere Zeiträume erzielt werden (siehe Abbildung 1). Wird die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugrunde gelegt, so betragen die Grenzkonzentrationen für Gase, Dämpfe und Aerosole 20 000 ppm, 20 mg/l bzw. 5 mg/l. Diese Werte dürfen nur überschritten werden, wenn eine regulatorische oder wissenschaftliche Notwendigkeit für die Prüfung mit diesen höheren Werten besteht (siehe Nummer 37 im Haupttext von Kapitel B.2).
2.
Liegen nur wenig oder keine Informationen über die Toxizität einer Prüfsubstanz vor, sollte eine Vorstudie durchgeführt werden, bei der Gruppen von höchstens drei Tieren beider Geschlechter den vom Studienleiter festgelegten Zielkonzentrationen im Allgemeinen für 240 Minuten ausgesetzt werden.
3.
Wenn bei der Exposition I eine Grenzkonzentration geprüft wird und die Mortalität bei unter 50 % liegt, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Besteht eine regulatorische oder wissenschaftliche Notwendigkeit zur Festlegung der Konzentrations-/Zeit-/Wirkungs-Beziehung bei höheren Werten als der angegebenen Grenzkonzentration, sollte die nächste Exposition auf einem höheren Niveau, z. B. dem Doppelten der Grenzkonzentration, durchgeführt werden (d. h. 2L in Abbildung 1).
4.
Wenn bei der Grenzkonzentration Toxizität beobachtet wird, sind zusätzliche Prüfungen (Hauptstudie) erforderlich. Diese zusätzlichen Expositionen werden entweder bei niedrigeren Konzentrationen (in Abbildung 1: Expositionen II, III oder IV‘) oder bei höheren Konzentrationen von kürzerer Dauer (in Abbildung 1: Exposition IV) durchgeführt, wobei angepasste Zeiträume mit geringerem Abstand verwendet werden.
5.
Die Prüfung (Ausgangskonzentration und zusätzliche Konzentrationen) wird mit je einem Tier beider Geschlechter je Konzentration/Zeitpunkt oder zwei Tieren des empfindlicheren Geschlechts je Konzentration/Zeitpunkt durchgeführt. Unter bestimmten Umständen kann der Studienleiter entscheiden, je zwei Ratten beider Geschlechter je Konzentration/Zeitpunkt (oder vier Tiere des empfindlicheren Geschlechts je Konzentration/Zeitpunkt) zu verwenden (15). Die Verwendung von zwei Tieren je Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt verringert im Allgemeinen Verzerrungen und Schwankungen der Schätzungen, erhöht die Quote der zutreffenden Schätzungen und verbessert die Abdeckung des Konfidenzintervalls gegenüber dem hier beschriebenen Protokoll. GD 39 (2) enthält nähere Hinweise.
6.
Im Idealfall wird jede Exposition innerhalb eines Tages durchgeführt. Bei dieser Vorgehensweise kann die nächste Exposition auf einen Zeitpunkt gelegt werden, an dem mit angemessener Gewissheit vom Überleben der Tiere ausgegangen werden kann. Außerdem kann der Studienleiter die Zielkonzentration und Dauer der nächsten Exposition anpassen. Es empfiehlt sich, jede Exposition mit der Gruppe zu beginnen, die am längsten exponiert sein wird, z. B. die 240-Minuten-Gruppe, gefolgt von der 120-Minuten-Gruppe usw. Wenn beispielsweise Tiere in der 240-Minuten-Gruppe nach 90 Minuten sterben oder deutliche Toxizitätszeichen aufweisen (wie extreme Veränderungen der Atmung, z. B. Atemnot), wäre es nicht sinnvoll, eine Gruppe für 120 Minuten der Prüfsubstanz auszusetzen, da die Mortalität wahrscheinlich 100 % betragen würde. Der Studienleiter sollte dann für diese Konzentration eine kürzere Expositionsdauer festlegen (z. B. 90, 65, 45, 33 und 25 Minuten).
7.
Die Konzentration in der Kammer sollte häufig gemessen werden, um für jede Expositionsdauer die zeitgewichtete Durchschnittskonzentration zu bestimmen. Soweit möglich, sollte bei jedem Tier der Todeszeitpunkt (nicht die Expositionsdauer) für die statistische Analyse verwendet werden.
8.
Die Ergebnisse der ersten vier Expositionen sollten auf Datenlücken in der Konzentrations-Zeit-Kurve geprüft werden (siehe Abbildung 1). Wenn eine unzureichende Annäherung gegeben ist, kann eine zusätzliche Exposition (fünfte Konzentration) durchgeführt werden. Konzentration und Expositionsdauer der fünften Exposition sollten so gewählt werden, dass diese Lücke geschlossen wird.
9.
Die Konzentrations-Zeit-Wirkungsbeziehung wird durch statistische Analyse unter Einbeziehung aller Expositionen (einschließlich der Exposition I) berechnet (16). Soweit möglich, sollten für jedes c-×-t-Intervall die zeitgewichtete Durchschnittskonzentration und die Expositionsdauer bis zum Tod (falls der Tod während der Exposition eintritt) verwendet werden.

Abbildung 1
Hypothetische Darstellung einer Konzentrations-Zeit-Mortalitäts-Beziehung bei Ratten
Offene Symbole = überlebende Tiere; geschlossene Symbole = tote Tiere
Dreiecke = Weibchen; Kreise = Männchen
Durchgezogene Linie = LC50-Werte (Bereich 7,5-240 min) für männliche Tiere mit n = 1
Gestrichelte Linie = LC50-Werte (Bereich 7,5-240 min) für weibliche Tiere mit n = 1
Gestrichelt-gepunktete Linien = hypothetische LC50-Werte für männliche und weibliche Tiere, falls n = 2 war (12).
Glossar
Konzentration:
Dauer der Exposition:

10.
Beispiel für das schrittweise Verfahren:

Exposition I —   Prüfung bei der Grenzkonzentration (siehe Abbildung 1)

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10Tiere insgesamt 
Zielkonzentration  = Grenzkonzentration
Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei dieser Zielkonzentration für eine Dauer von 15, 30, 60, 120 bzw. 240 Minuten

Exposition II    Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt
Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei niedrigerer Konzentration  (1/2L) mit etwas längerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

Exposition III —   Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt
Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei niedrigerer Konzentration (19)  (1/4L) mit etwas längerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

Exposition IV‘ —   Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt
Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei niedrigerer Konzentration (19)  (1/8L) mit etwas längerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

↓ oder

Exposition IV —   Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt
Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei höherer Konzentration  (2L) mit etwas kürzerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

Mathematische Aufbereitung der Ergebnisse für das c-×-t-Protokoll

11.
Ein c-×-t-Verfahren mit 4 oder 5 Expositionskonzentrationen und fünf Expositionszeiträumen ergibt 20 bzw. 25 Datenpunkte. Anhand dieser Datenpunkte kann die c-×-t-Beziehung durch statistische Analyse berechnet werden (16):

Gleichung 1

dabei ist: C = Konzentration; t = Expositionsdauer oder

Gleichung 2

dabei ist:

Mit der Gleichung 1 kann der LC50-Wert für einen bestimmten Zeitraum (z. B. 4 Stunden, 1 Stunde, 30 Minuten oder jeden Zeitraum innerhalb des geprüften Zeitbereichs) unter Verwendung von P = 5 (50 % Response) berechnet werden. Die Habersche Regel gilt nur, wenn n = 1. Der LC01-Wert kann unter Verwendung von P = 2,67 berechnet werden.

B.3.   AKUTE TOXIZITÄT (DERMAL)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt A).

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt B).

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird in abgestuften Dosierungen mehreren Versuchstiergruppen auf die Haut aufgetragen, und zwar eine Dosierung je Gruppe. Anschließend werden die beobachteten Vergiftungserscheinungen und Todesfälle registriert. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

Tiere mit starken und anhaltenden Anzeichen von Leiden und Schmerzen können vorzeitig getötet werden; Substanzen, von denen bekannt ist, dass sie auf diesem Wege aufgrund ihrer ätzenden oder reizenden Wirkungen ausgeprägte Schmerzen und Leiden verursachen, brauchen nicht geprüft zu werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

Vor der Untersuchung werden die Tiere für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen in geeigneten Käfigen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde, junge erwachsene Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungsgruppen zugeordnet. Etwa 24 Stunden vor Versuchsbeginn wird das Fell der Versuchstiere auf dem Rücken durch Scheren oder Rasieren entfernt. Beim Scheren oder Abrasieren des Fells ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird, da dies zu einer Veränderung der Durchlässigkeit führen könnte. Mindestens 10 % der Körperoberfläche wird für die Applikation der Prüfsubstanz vorbereitet. Werden feste Stoffe verwendet, die gegebenenfalls pulverisiert werden können, sollte die Prüfsubstanz ausreichend mit Wasser oder ggf. einem geeigneten Vehikel angefeuchtet werden, um einen guten Kontakt mit der Haut sicherzustellen. Bei der Verwendung eines Vehikels ist dessen Einfluss auf das Eindringen der Prüfsubstanz in die Haut zu berücksichtigen. Flüssige Prüfsubstanzen werden im Allgemeinen unverdünnt angewendet.

1.6.2.   Prüfbedingungen

1.6.2.1.   Versuchstiere

Es können erwachsene Ratten oder Kaninchen verwendet werden. Auch andere Tierarten können verwendet werden, jedoch muss ihre Verwendung begründet werden. Es sollen bekannte Versuchstierstämme verwendet werden. Für jedes Geschlecht sollte die Schwankung des Körpergewichts der Tiere des jeweiligen Versuchs bei Versuchsbeginn nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

1.6.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Mindestens 5 Tiere sind für jede Konzentration zu verwenden. Sie sollten alle vom gleichen Geschlecht sein. Wenn weibliche Tiere benutzt werden, dürfen diese weder geworfen haben noch trächtig sein. Wenn es Hinweise darauf gibt, dass ein Geschlecht deutlich empfindlicher reagiert, sollten Tiere dieses Geschlechts verwendet werden.

Anmerkung: Bei Prüfungen der akuten Toxizität an Tieren, die einer höheren Ordnung angehören als Nagetiere, sollte die Verwendung einer geringeren Anzahl an Tieren in Betracht gezogen werden. Die Dosierungen sollten sorgfältig ausgewählt und großer Wert darauf gelegt werden, mäßig toxische Dosierungen nicht zu überschreiten. Bei solchen Versuchen sollte die Verabreichung der Prüfsubstanz in letalen Dosen vermieden werden.

1.6.2.3.   Dosierungen

Die Dosisgruppen (mindestens 3) sollten ausreichen, um nach entsprechenden Abstufungen Versuchsgruppen mit unterschiedlichen toxischen Wirkungen und Mortalitätsraten zu erhalten. Bei der Festlegung der Dosierungen sollte eine mögliche reizende oder ätzende Wirkung berücksichtigt werden. Die erhaltenen Daten sollten ausreichen, um eine Dosis-Wirkungs-Kurve aufzuzeigen und — soweit möglich — eine annehmbare Bestimmung der LD50 erlauben.

1.6.2.4.   Limit-Test

Es kann ein Limit-Test mit einer einzigen Dosierung von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht an einer Gruppe von 5 männlichen und 5 weiblichen Tieren unter Verwendung der oben beschriebenen Verfahren durchgeführt werden. Wenn substanzbedingte Todesfälle festgestellt werden, sollte ein vollständiger Test erwogen werden.

1.6.2.5.   Beobachtungszeitraum

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 14 Tage betragen. Die Dauer der Beobachtung soll jedoch nicht starr festgelegt werden. Sie soll von der Art des Vergiftungsbildes, dem zeitlichen Auftreten der Symptome und der Dauer der Erholungsphase abhängig gemacht werden. Die Beobachtungszeit ist zu verlängern, falls es sich als notwendig erweist. Der Zeitpunkt, zu dem Vergiftungserscheinungen auftreten und wieder abklingen, ihre Dauer sowie der Zeitpunkt des Todes sind von Bedeutung, vor allem dann, wenn Anzeichen für eine verzögerte Mortalität erkennbar sind.

1.6.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere sollen einzeln in Käfigen gehalten werden. Die Prüfsubstanz ist einheitlich auf einen Bereich aufzutragen, der etwa 10 % der Körperoberfläche entspricht. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner sein; es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer möglichst dünnen und einheitlichen Schicht behandelt werden.

Die Prüfsubstanz muss während einer Expositionszeit von 24 Stunden mittels eines porösen Mullverbandes und eines nicht reizenden Pflasters Kontakt mit der Haut haben. Die Versuchsfläche ist außerdem auf geeignete Art abzudecken, um den Mullverband und die Prüfsubstanz zu fixieren und sicherzustellen, dass die Tiere die Prüfsubstanz nicht oral aufnehmen können. Es können auch Mittel zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit angewendet werden, damit die Tiere die Prüfsubstanz nicht oral aufnehmen können; eine vollständige Immobilisierung ist jedoch nicht zu empfehlen.

Nach Ablauf der Expositionszeit werden die Reste der Prüfsubstanz entfernt, soweit möglich unter Verwendung von Wasser oder mit einem anderen geeigneten Hautreinigungsverfahren.

Die Beobachtungen sind systematisch aufzuzeichnen. Für jedes Tier sind individuelle Aufzeichnungen anzufertigen. Am ersten Tag sind die Tiere häufig zu beobachten. Mindestens einmal pro Werktag sollte eine sorgfältige klinische Untersuchung erfolgen. Andere tägliche Beobachtungen und entsprechende Vorkehrungen sollen dem Ziel dienen, den Verlust an Tieren für die Studie weitestgehend einzuschränken, z. B. durch Autopsie oder Kühlung tot aufgefundener Tiere und durch Isolierung oder Tötung schwacher oder sterbender Tiere.

Die Beobachtungen beinhalten Veränderungen von Fell, behandelter Haut, Augen, Schleimhäuten, Atmung und Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Der Zeitpunkt des Todes ist so genau wie möglich festzuhalten. Die während des Versuchs gestorbenen und die bis zum Abschluss des Versuchs überlebenden Tiere werden seziert. Alle pathologischen Veränderungen sind zu protokollieren. Falls erforderlich, sollten Gewebe für eine histopathologische Untersuchung entnommen werden.

Bewertung der Toxizität beim jeweils anderen Geschlecht

Nach Beendigung des Versuchs mit Tieren eines bestimmten Geschlechts wird die Prüfsubstanz mindestens einer Gruppe von 5 Tieren des jeweils anderen Geschlechts verabreicht, um festzustellen, ob Tiere dieses Geschlechts nicht deutlich empfindlicher auf die Substanz reagieren. Unter bestimmten Bedingungen kann die Verwendung einer geringeren Anzahl von Tieren gerechtfertigt sein. Wenn ausreichend Hinweise dafür vorliegen, dass die Tiere des geprüften Geschlechts deutlich empfindlicher reagieren, kann auf eine Prüfung der Tiere des jeweils anderen Geschlechts verzichtet werden.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, der Zeitpunkt des Todes der einzelnen Tiere, die Zahl der Tiere mit weiteren Anzeichen der Giftwirkung, die Beschreibung der toxischen Wirkungen und die Sektionsbefunde hervorgehen. Die Bestimmung des Gewichts der einzelnen Tiere erfolgt unmittelbar vor Verabreichung der Prüfsubstanz, danach in wöchentlichen Abständen und zum Zeitpunkt des Todes. Gewichtsveränderungen sind zu bestimmen und aufzuzeichnen, sofern die Tiere länger als einen Tag überleben. Tiere, die aufgrund substanzbedingter Leiden und Schmerzen vorzeitig getötet werden, werden als substanzbedingte Todesfälle registriert. Die LD50 ist mit einer anerkannten Methode zu berechnen.

Die Auswertung sollte auch — soweit vorhanden — die Beziehung zwischen Verabreichungsdosis sowie Auftreten und Schweregrad aller Abnormitäten einschließlich Verhaltensänderungen, klinischer Symptome, schwerer Schäden, Körpergewichtsveränderungen, Mortalität und sonstiger toxikologischer Wirkungen umfassen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierart, Stamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter, usw.;
Versuchsbedingungen (einschließlich des Hautreinigungsverfahrens und der Art des Verbandes: okklusiv oder semi-okklusiv);
Dosierungen (ggf. mit Vehikel, falls verwendet, und Konzentrationen);
Geschlecht der behandelten Tiere;
Auflistung der Daten nach Geschlecht und Dosierung (Zahl der während des Versuchs gestorbenen oder getöteten Tiere, Zahl der Tiere mit Vergiftungserscheinungen, Zahl der exponierten Tiere);
Zeitpunkt des Todes nach Auftragen der Prüfsubstanz, Gründe und Kriterien für das vorzeitige Töten der Tiere;
sämtliche Beobachtungen;
LD50-Wert für das Geschlecht, das einem vollständigen Versuch unterzogen wurde, Bestimmung nach 14 Tagen (unter Angabe der Berechnungsmethode);
95 %-Vertrauensbereich für die LD50 (soweit möglich);
Dosis/Mortalitätskurve und Slope-Faktor (falls durch die Bestimmungsmethode möglich);
Sektionsbefunde;
ggf. histopathologische Befunde;
ggf. Ergebnisse aus Versuchen mit Tieren des jeweils anderen Geschlechts;
Diskussion der Ergebnisse (besondere Beachtung sollte dem Einfluss geschenkt werden, der das vorzeitige Töten von Tieren während des Versuchs auf den errechneten LD50-Wert haben kann);
Interpretation der Ergebnisse.

3.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt D).

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt E).

B.4.   AKUTE TOXIZITÄT: HAUTREIZUNG/-VERÄTZUNG

1.   METHODE

Diese Prüfmethode entspricht der OECD TG 404 (2002).

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Erarbeitung dieser aktualisierten Methode wurde besonderes Augenmerk auf mögliche Verbesserungen im Hinblick auf Belange des Tierschutzes und auf die Auswertung aller bereits vorhandenen Angaben über den Stoff gelegt, um unnötige Prüfungen an Labortieren zu vermeiden. Die vorliegende Methode beinhaltet die Empfehlung, vor der Durchführung des beschriebenen In-vivo-Tests zur Ermittlung des Verätzungs-/Reizungspotenzials des Stoffs eine kritische Analyse der vorhandenen einschlägigen Daten vorzunehmen. Sofern dazu nicht genügend Daten zur Verfügung stehen, können diese mit Hilfe sequenzieller Tests erzeugt werden (1). Die empfohlene Prüfstrategie enthält die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro-Tests und wird in der Anlage zu dieser Methode ausführlich dargestellt. Zudem wird empfohlen, beim In-vivo-Vorversuch nach Möglichkeit die drei Mullläppchen, mit denen die Prüfsubstanz aufgetragen wird, nacheinander und nicht gleichzeitig am Körper des Tieres zu fixieren.

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes sollen In-vivo-Tests erst dann durchgeführt werden, wenn alle für das Hautverätzungs-/-reizungspotenzial des Stoffs zur Verfügung stehenden einschlägigen Daten im Rahmen einer kritischen Analyse ausgewertet worden sind. Zu diesen Daten gehören unter anderem Erkenntnisse aus bereits durchgeführten Untersuchungen am Menschen und/oder an Labortieren; Hinweise auf Verätzungen/Reizungen durch strukturell verwandte Substanzen bzw. Gemische aus diesen Substanzen; Daten, die eine starke Azidität oder Alkalinität der Substanz belegen (2) (3), und die Ergebnisse validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests (4) (5) (5a). Diese Analyse soll dazu führen, dass weniger In-vivo-Untersuchungen zum Hautverätzungs-/-reizungspotenzial von Stoffen durchgeführt werden, wenn bereits andere Studien zu diesen beiden Endpunkten ausreichende Belege geliefert haben.

In der Anlage zu dieser Methode wird eine bevorzugte sequenzielle Prüfstrategie vorgestellt, welche die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests auf Verätzungs-/Reizungswirkungen einbezieht. Diese Strategie wurde während eines OECD-Workshops (6) entwickelt und von den Teilnehmern einmütig empfohlen. Sie wurde als empfohlene Prüfstrategie für das Globale Harmonisierte System der Einstufung und Kennzeichnung Chemischer Stoffe (Globally Harmonised System for the Classification of Chemical Substances = GHS) (7) angenommen. Es wird empfohlen, dass diese Prüfstrategie vor einem In-vivo-Test durchgeführt wird. Bei neuen Substanzen wird sie als stufenweiser Prüfansatz empfohlen, mit dessen Hilfe verlässliche wissenschaftliche Daten über die durch die Prüfsubstanz hervorgerufene Verätzung/Reizung erzielt werden können. Bei bereits bekannten Stoffen, für die nicht genügend Daten zum Hautverätzungs-/-reizungspotenzial vorliegen, soll die Strategie genutzt werden, um Datenlücken zu schließen. Der Einsatz einer anderen Prüfstrategie bzw. eines anderen Prüfverfahrens oder die Entscheidung gegen einen stufenweisen Prüfansatz soll gerechtfertigt werden.

Falls das Verätzungs-/Reizungspotenzial anhand einer gewichteten Analyse nicht ermittelt werden kann, die den Anforderungen der sequentiellen Prüfstrategie gerecht wird, soll ein In-vivo-Test ins Auge gefasst werden (siehe Anlage).

1.2.   DEFINITIONEN

Hautreizung: Das Auslösen einer reversiblen Hautschädigung nach Applikation einer Prüfsubstanz für die Dauer von bis zu 4 Stunden.

Hautverätzung: Das Auslösen einer irreversiblen Hautschädigung, d. h. einer sichtbaren, bis in das Corium reichenden Nekrose der Epidermis nach Applikation einer Prüfsubstanz für die Dauer von bis zu 4 Stunden. Verätzungsreaktionen sind gekennzeichnet durch Geschwüre, Blutungen, blutige Verschorfungen und am Ende des Beobachtungszeitraums von 14 Tagen durch eine auf ein Ausbleichen der Haut zurückzuführende Verfärbung, komplett haarlose Bereiche und Narben. Bei unklaren Schädigungen sollen histopathologische Untersuchungen in Erwägung gezogen werden.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird in einer einmaligen Dosierung auf die Haut eines Versuchstiers aufgetragen; nicht behandelte Hautareale dienen als Kontrolle. Der Grad der Reizung/Verätzung wird in zuvor festgelegten Zeitabständen bestimmt und bewertet und anschließend beschrieben, um eine umfassende Beurteilung der Wirkung vornehmen zu können. Die Beobachtungsdauer soll ausreichend sein, um die Reversibilität bzw. Irreversibilität der Wirkungen vollständig zu erfassen,

Tiere mit starken und anhaltenden Anzeichen von Leiden und/oder Schmerzen können jederzeit wahrend des Versuchs human getötet werden, wobei die Substanz entsprechend einzustufen ist. Kriterien für die humane Tötung moribunder Tiere mit starken Anzeichen von Leiden sind dem Literaturhinweis (8) zu entnehmen.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitung des In-vivo-Tests

1.4.1.1.   Auswahl der Tierspezies

Das bevorzugte Labortier ist das Albino-Kaninchen, wobei für den Test gesunde junge erwachsene Kaninchen verwendet werden. Die Verwendung anderer Spezies ist zu begründen.

1.4.1.2.   Vorbereitung der Versuchstiere

Etwa 24 Stunden vor dem Versuch wird das Fell auf dem Rücken der Versuchstiere gründlich geschoren. Dabei ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird. Es sind nur Tiere mit einer gesunden, unverletzten Haut zu verwenden.

Einige Kaninchenrassen haben Stellen mit dichtem Fellbewuchs, die zu bestimmten Zeiten im Jahr deutlicher hervortreten. An diesen Stellen soll keine Prüfung durchgeführt werden.

1.4.1.3.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Die Tiere sollen einzeln gehalten werden. Die Temperatur im Versuchstierraum soll für Kaninchen 20 oC (± 3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und zu anderen Zeiten als wahrend der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen sollte, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden soll. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist.

1.4.2.   Prüfverfahren

1.4.2.1.   Applikation der Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanz soll auf eine kleine Hautfläche (etwa 6 cm2) aufgetragen und mit einem Mullläppchen abgedeckt werden, das mit einem nicht reizenden Pflaster fixiert wird. Sofern eine direkte Applikation nicht möglich ist (z. B. bei Flüssigkeiten oder bestimmten Pasten), soll die Prüfsubstanz zunächst auf das Mullläppchen gegeben werden, das anschließend auf der Haut fixiert wird. Für die Dauer der Exposition soll das Läppchen mit einem geeigneten Okklusiv- oder Semi-Okklusiv-Verband lose auf der Haut gehalten werden. Wird die Prüfsubstanz auf ein Läppchen aufgebracht, so ist dieses so auf der Haut zu fixieren, dass ein guter Hautkontakt und die gleichmäßige Verteilung der Substanz auf der Haut gewährleistet sind. Es ist zu vermeiden, dass das Tier an das Mullläppchen gelangt und die Prüfsubstanz oral aufnehmen bzw. inhalieren kann.

Flüssige Prüfsubstanzen werden im Allgemeinen unverdünnt angewendet. Wird der Versuch mit Feststoffen durchgeführt (die im Bedarfsfall pulverisiert werden können), dann soll die Prüfsubstanz mit gerade so viel Wasser (bzw. gegebenenfalls mit einem anderen geeigneten Vehikel) angefeuchtet werden, dass ein guter Kontakt mit der Haut sichergestellt ist. Bei Verwendung eines anderen Vehikels als Wasser soll dessen möglicher Einfluss auf eine Reizung der Haut minimal sein.

Nach Ablauf der Expositionszeit, die in der Regel 4 Stunden beträgt, wird die restliche Prüfsubstanz möglichst mit Wasser oder einem geeigneten Lösungsmittel entfernt, ohne dass die bestehende Reaktion oder die Integrität der Epidermis beeinträchtigt wird.

1.4.2.2.   Dosierungen

Im Falle von Flüssigkeiten werden 0,5 ml und im Falle von Feststoffen oder Pasten 0,5 g auf die vorbereitete Hautstelle aufgetragen.

1.4.2.3.   Vorversuch (In-vivo-Test auf Hautreizung/-verätzung an einem Tier)

Es empfiehlt sich dringend, den In-vivo-Test zunächst nur an einem Tier durchzuführen. Dies gilt insbesondere, wenn der Verdacht besteht, dass der Stoff ein Verätzungspotenzial hat. Damit wird den Anforderungen der sequenziellen Prüfstrategie entsprochen (siehe Anlage 1).

Sofern ein Stoff anhand einer kritischen Analyse vorhandener Daten als ätzend eingestuft wurde, brauchen keine weiteren Tierversuche durchgeführt zu werden. Bei den meisten Stoffen mit einer vermuteten Ätzungswirkung erübrigen sich in der Regel In-vivo-Tests. Allerdings können in den Fällen, in denen angesichts einer unzureichenden Datenlage die Ermittlung zusätzlicher Daten gerechtfertigt scheint, in begrenztem Umfang Tierversuche durchgeführt werden, wobei folgendermaßen vorzugehen ist: Bis zu drei Läppchen werden nacheinander appliziert. Das erste Läppchen wird nach drei Minuten entfernt. Wird keine schwere Hautreaktion festgestellt, erfolgt die Applikation eines zweiten Läppchens, das nach einer Stunde entfernt wird. Lassen die Beobachtungen zu diesem Zeitpunkt den Schluss zu, dass eine Exposition für die Dauer von vier Stunden ethisch verantwortbar ist, wird ein drittes Läppchen appliziert und nach vier Stunden entfernt. Anschließend wird die Reaktion bewertet.

Der Versuch wird sofort abgebrochen, falls nach einer der drei sequenziellen Expositionen eine ätzende Wirkung beobachtet wird. Ist nach der Entfernung des letzten Läppchens keine Verätzung feststellbar, wird das Tier 14 Tage lang beobachtet, sofern nicht vor Ablauf dieser Zeit Verätzungen auftreten.

Geht man davon aus, dass die Prüfsubstanz zwar keine ätzende Wirkung hat, aber Hautreizungen hervorrufen kann, sollte nur ein Tier verwendet werden, dem ein einziges Läppchen für die Dauer von vier Stunden appliziert wird.

1.4.2.4.   Bestätigungstest (In-vivo-Test auf hautreizende Wirkungen an zusätzlichen Tieren)

Wird im Vorversuch keine ätzende Wirkung beobachtet, dann soll die Reizungsreaktion bzw. die negative Reaktion an bis zu zwei weiteren Tieren mit jeweils einem Läppchen bei einer Expositionsdauer von vier Stunden bestätigt werden. Ergibt der Vorversuch eine Reizungswirkung, kann der Bestätigungstest als sequenzieller Versuch bzw. durch gleichzeitige Exposition von zwei weiteren Tieren durchgeführt werden. Findet ausnahmsweise kein Vorversuch statt, können zwei bzw. drei Tiere mit einem Läppchen behandelt werden, das nach vier Stunden entfernt wird. Bei Verwendung von zwei Versuchstieren, die beide die gleiche Reaktion zeigen, erübrigen sich weitere Untersuchungen. Andernfalls wird auch das dritte Tier getestet. Unklare Reaktionen könnten möglicherweise bewertet werden, indem Versuche mit weiteren Tieren durchgeführt werden.

1.4.2.5.   Beobachtungszeitraum

Die Beobachtungszeit soll so bemessen sein, dass die Reversibilität der festgestellten Wirkungen vollständig bewertet werden kann. Allerdings sollte der Versuch abgebrochen werden, sobald das Tier starke und anhaltende Anzeichen von Leiden und Schmerzen zeigt. Um feststellen zu können, ob die Wirkungen reversibel sind, sollen die Tiere für die Dauer von bis zu 14 Tagen nach Entfernung der Läppchen beobachtet werden. Bilden sich die Schäden vor Ablauf dieser 14 Tage zurück, soll der Versuch zu dem betreffenden Zeitpunkt beendet werden.

1.4.2.6.   Klinische Beobachtungen und Bewertung von Hautreaktionen

Die Tiere sind auf Anzeichen von Hautrötungen und Ödemen zu untersuchen, wobei die Reaktion 60 Minuten sowie 24, 48 und 72 Stunden nach Entfernen des Läppchens bewertet wird. Beim Vorversuch an einem Tier wird die behandelte Stelle auch unmittelbar nach Entfernen des Läppchens untersucht. Die Hautreaktionen werden bewertet und anhand der Punkteskala in der unten stehenden Tabelle dokumentiert. Im Falle von Hautschädigungen, die nach 72 Stunden weder als Reizung noch als Verätzung eingestuft werden können, ist unter Umständen die Beobachtung bis zum 14. Tag erforderlich, um Aussagen zur Reversibilität der Wirkungen treffen zu können. Neben Hautreizungen sollen alle örtlich begrenzten toxischen Wirkungen (z. B. Entfettung der Haut) und alle negativen systemischen Wirkungen (z. B. klinische Anzeichen für Toxizität und Veränderungen des Körpergewichts) vollständig beschrieben und dokumentiert werden. Unklare Reaktionen sollen gegebenenfalls durch eine histopathologische Untersuchung abgeklärt werden.

Die Bewertung von Hautreaktionen ist zwangsläufig subjektiv. Um die Einstufung von Hautreaktionen stärker zu vereinheitlichen und den Prüflabors und allen an den Versuchen und an der Interpretation der Versuchsergebnisse Beteiligten die Arbeit zu erleichtern, müssen die Prüfer im Umgang mit der Bewertungsskala (siehe unten stehende Tabelle) entsprechend geschult werden. Dabei könnte sich ein Leitfaden mit Abbildungen zur Bewertung von Hautreizungen und anderen Schädigungen als hilfreich erweisen (9).

2.   DATEN

2.1.   ERGEBNISDARSTELLUNG

Die Untersuchungsergebnisse sollen im Abschlussbericht in Tabellenform dargestellt werden und alle in Abschnitt 3.1 genannten Punkte umfassen.

2.2.   ERGEBNISBEWERTUNG

Die Bewertung der Hautreizung soll anhand der Art und des Schweregrads der Schädigung und deren Reversibilität bzw. Irreversibilität vorgenommen werden. Die einzelnen ermittelten Schweregrade stellen keinen allein gültigen Maßstab für die hautreizenden Eigenschaften eines Stoffs dar, denn es werden auch andere Effekte der Prüfsubstanz beurteilt. Vielmehr sollten diese einzelnen Graduierungswerte als Referenzwerte betrachtet werden, die zusammen mit allen anderen Ergebnissen der Studie zu beurteilen sind.

Bei der Bewertung von hautreizenden Reaktionen spielt auch die Reversibilität der Hautschädigung eine Rolle. Bestehen Reaktionen wie (begrenzter) Haarausfall, Hyperkeratose, Hyperplasie und Schuppung bis zum Ende des 14-tägigen Beobachtungszeitraums, soll die Prüfsubstanz als hautreizender Stoff betrachtet werden.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Begründung für den In-vivo-Test: Kritische Analyse von Daten aus früheren Versuchen unter Einbeziehung von Ergebnissen aus der sequenziellen Prüfstrategie:

Beschreibung aller einschlägigen Daten aus früheren Versuchen;
Daten, die in den einzelnen Stufen der Prüfstrategie erhoben wurden;
Beschreibung der durchgeführten In-vitro-Tests mit Einzelheiten zu angewandten Verfahren sowie zu den Ergebnissen für Prüf-/Referenzsubstanzen;
Gewichtungsanalyse als Grundlage für die Durchführung einer In-vivo-Studie.

Prüfsubstanz:

Angaben zur Identität (z. B. CAS-Nummer, Bezugsquelle, Reinheit, bekannte Verunreinigungen; Chargennummer);
physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. pH-Wert, Flüchtigkeit, Löslichkeit, Stabilität);
bei Gemischen Zusammensetzung und relative Anteile der Bestandteile in Prozent,

Vehikel:

Angaben zur Identität, (gegebenenfalls) Konzentration; Einsatzvolumen;
Begründung der Auswahl des Vehikels.

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Rasse, Begründung für den Verzicht auf die Verwendung von Albino-Kaninchen und die Nutzung anderer Tiere;
Anzahl der Versuchstiere pro Geschlecht;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn und -ende;
Alter der Tiere bei Beginn der Studie;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.

Prüfbedingungen:

Methode der Vorbereitung des Hautareals, auf das die Mullläppchen appliziert werden;
Angaben zu dem für die Läppchen verwendeten Material und zur Abdeckmethode;
Angaben zur Herstellung, Applikation und Entfernung der Prüfsubstanz,

Ergebnisse:

tabellarische Erfassung der Bewertung des Schweregrades von Hautreizungs-/-verätzungsreaktionen zu allen Messzeitpunkten für jedes einzelne Versuchstier;
Beschreibung aller beobachteten Schädigungen;
ausführliche Beschreibung von Art und Schwere der festgestellten Hautreizung bzw. -verätzung sowie Angaben zu eventuellen histopathologischen Befunden;
Beschreibung anderer örtlich begrenzter negativer (z, B. Entfettung der Haut) und systemischer Wirkungen neben den Hautreizungen bzw. -verätzungen.
Diskussion der Ergebnisse

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Banatt, M.D., Castell, J.V., Chamberiain, M., Combes, R.D., Dearden, J.C., Fentem, J.H., Genier, I., Giuliani, A., Gray, T.J.B., Livingston, D.J., Provan, W.M., Rutten, F.A.J.J.L., Verhaar, H.J.M., Zbinden, P. (1995) The Integrated Use of Alternative Approaches for Predicting Toxic Hazard. ECVAM Workshop Report 8. ATLA 23, 410-429.

(2) Young, J.R., How, M.J., Walker, A.P., Worth, W.M.H. (1988) Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substances Without Testing on Animals. Toxicol. In Vitro, 2, 19 -26.

(3) Worth, A.P., Fentem, J.H., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Liebsch, M. (1998) Evaluation of the proposed OECD Testing Strategy for skin corrosion. ATLA 26, 709-720.

(4) ECETOC (1990) Monographie Nr. 15, „Skin Irritation“ (Hautreizung), Umwelt- und Technologiezentrum der Europäischen Chemischen Industrie, Brüssel.

(5) Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G., und Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in Vitro 12, S. 483-524.

(5a) Prüfmethode B.40: Hautverätzung.

(6) OECD (1996) OECD Test Guidelines Programme: Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www1.oecd.org/ehs/test/background.htm).

(7) OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http://www1.oecd.org/ehs/Class/HCL6.htm).

(8) OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. OECD Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment No. 19 (http://www1.oecd.org/ehs/test/monos.htm).

(9) EPA (1990). Atlas of Dermal Lesions, (20T-2004). United States Environmental Protection Agency, Office of Pesticides and Toxic Substances, Washington, DC, August 1990.

(auf Anfrage beim OECD-Sekretariat erhältlich).

Tabelle I

BEWERTUNG VON HAUTREAKTIONEN



Bildung von Erythemen und Schorf

Kein Erythem …0
Sehr leichtes Erythem (kaum wahrnehmbar) …1
Klar abgegrenztes Erythem …2
Mäßiges bis ausgeprägtes Erythem3
Ausgeprägtes Erythem (dunkelrot) bis hin zur Schorfbildung, so dass eine Bewertung nicht möglich ist …4

Höchstmögliche Punktzahl: 4



Bildung von Ödemen

Kein Ödem0
Sehr leichtes Ödem (kaum wahrnehmbar) …1
Leichtes Ödem (Ränder des betroffenen Areals durch deutliche Schwellung klar abgegrenzt) …2
Mäßiges Ödem (Schwellung etwa 1 mm) …3
Ausgeprägtes Ödem (Schwellung mehr als 1 mm und über den Expositionsbereich hinaus) …4

Höchstmögliche Punktzahl: 4

Zur Klärung unklarer Reaktionen kann eine histopathologische Untersuchung erfolgen.

Anlage

Sequenzielle Prüfstrategie für Hautreizungen und -Verätzungen

ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes muss die unnötige Verwendung von Versuchstieren verhindert und die Durchführung von Versuchen, die bei den Tieren wahrscheinlich schwere Reaktionen hervorrufen, auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Bevor ein In-vivo-Test ins Auge gefasst wird, sollen zunächst alle einschlägigen Informationen über die potenziell hautätzenden/-reizenden Wirkungen eines Stoffs bewertet werden. Möglicherweise liegen bereits genügend Kriterien für die Einstufung einer Prüfsubstanz anhand ihres Hautätzungs-/-reizungspotenzials vor, so dass sich Versuche an Labortieren erübrigen. Folglich schränkt die Durchführung einer kritischen Analyse bereits vorliegender Daten und die Anwendung einer sequenziellen Prüfstrategie die Notwendigkeit von In-vivo-Tests deutlich ein. Dies gilt umso mehr, wenn davon auszugehen ist, dass der Stoff schwere Reaktionen hervorruft.

Zur Beurteilung bereits vorhandener Informationen über die hautreizenden/-ätzenden Wirkungen von Substanzen soll das Instrument der Gewichtungsanalyse herangezogen werden. Ausgehend davon ist zu entscheiden, ob zusätzliche Studien, bei denen es sich nicht um In-vivo-Hautuntersuchungen handelt, als Beitrag zur Charakterisierung dieses Potenzials erfolgen sollen. Sofern weitere Studien durchgeführt werden müssen, empfiehlt es sich, zur Erzeugung der sachdienlichen Versuchsdaten die sequenzielle Prüfstrategie zu nutzen. Bei noch nicht geprüften Stoffen soll die sequenzielle Prüfstrategie herangezogen werden, um die Datensätze zu erzeugen, die für die Beurteilung des hautätzenden/-reizenden Potenzials benötigt werden. Die in dieser Anlage beschriebene Prüfstrategie wurde während eines OECD-Workshops (1) entwickelt. Sie wurde im Rahmen des „Harmonised Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances“ bestätigt und weiter ausgebaut, das im November 1998 von den Teilnehmern der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien gebilligt wurde (2).

Diese sequenzielle Prüfstrategie gehört zwar nicht zu den integralen Bestandteilen von Prüfmethode B.4, sie stellt aber den empfohlenen Ansatz zur Ermittlung von hautreizenden/-ätzenden Merkmalen dar. In diesem Ansatz spiegelt sich zum einen die beste Praxis wider. Zum anderen ist er ein ethischer Richtwert für In-vivo-Tests auf hautreizende/-ätzende Wirkungen. Die Prüfmethode bietet nicht nur eine Anleitung zur Durchführung des In-vivo-Tests, sondern auch eine Übersicht über die Faktoren, die vor der Durchführung eines solchen Versuchs überprüft werden sollen. Die Strategie liefert einen Ansatz für die Bewertung bereits vorhandener Daten über die hautreizenden/-ätzenden Eigenschaften von Prüfsubstanzen und einen stufenweisen Ansatz für die Erzeugung sachdienlicher Daten über Stoffe, die im Rahmen zusätzlicher Studien untersucht werden müssen bzw. noch gar nicht untersucht wurden. Zudem wird empfohlen, in bestimmten Fällen validierte und anerkannte In-vitro- und Ex-vivo-Tests auf hautreizende/-ätzende Wirkungen durchzuführen.

BESCHREIBUNG DER BEWERTUNGS- UND PRÜFSTRATEGIE

Vor der Durchführung von Versuchen im Rahmen der sequenziellen Prüfstrategie (Fließbild) sollen sämtliche vorhandenen Informationen ausgewertet werden, um die Notwendigkeit von In-vivo-Hauttests zu klären. Auch wenn wichtige Informationen aus der Beurteilung einzelner Parameter (z. B. extreme pH-Werte) gewonnen werden können, sollten die bereits vorliegenden Angaben in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Alle relevanten Daten über die Wirkungen des betreffenden Stoffs oder seiner Analoge sollen mit Hilfe einer Gewichtungsanalyse bewertet werden, und diese Entscheidung soll begründet werden. Dabei sollten bereits vorliegende Angaben zur Wirkung der Substanz auf Mensch und Tier im Vordergrund stehen, gefolgt von den Ergebnissen von In-vitro- und Ex-vivo-Tests. In-vivo-Studien mit hautätzenden Substanzen sollten nach Möglichkeit immer vermieden werden. Folgende Faktoren werden in der Prüfstrategie erörtert:

Beurteilung bereits vorliegender Angaben zur Wirkung der Substanz auf Mensch und Tier (Stufe 1). Zunächst sollen bereits vorhandene Informationen über die Wirkung auf den Menschen, z. B. klinische Studien oder Studien zur Exposition am Arbeitsplatz, sowie Fallberichte und/oder Ergebnisse von Tierversuchen, beispielsweise von Untersuchungen zur Toxizität nach einmaliger oder mehrmaliger Hautexposition, bewertet werden, denn sie liefern Hinweise, die unmittelbar die Hautwirkungen betreffen. Bei Stoffen mit bekannter hautätzender/reizender Wirkung und Substanzen, die nachweislich weder Hautreizungen noch -Verätzungen hervorrufen, brauchen keine In-vivo-Studien durchgeführt zu werden.

Analyse der Zusammenhänge zwischen Struktur und Aktivität (SAR) (Stufe 2). Die gegebenenfalls vorhandenen Ergebnisse von Untersuchungen an strukturell verwandten Substanzen sollen berücksichtigt werden. Liegen genügend Daten über das hautätzende/-reizende Potenzial von strukturell verwandten Substanzen oder Gemischen aus diesen Substanzen bei Mensch und/oder Tier vor, kann davon ausgegangen werden, dass die zu beurteilende Prüfsubstanz die gleichen Reaktionen hervorrufen wird. In diesen Fällen braucht die Prüfsubstanz möglicherweise nicht getestet zu werden. Für die Zwecke der sequenziellen Prüfstrategie reichen negative Daten aus Untersuchungen an strukturell verwandten Substanzen oder Gemischen als Nachweis für ein Nichtvorhandensein hautätzender/-reizender Wirkungen nicht aus. Zur Ermittlung des hautätzenden und -reizenden Potenzials sollen validierte und anerkannte SAR-Verfahren herangezogen werden

Physikalisch-chemische Eigenschaften und chemische Reaktivität (Stufe 3). Stoffe mit extremen pH-Werten (≤ 2,0 bzw. ≥ 11,5 ) können starke lokale Reaktionen induzieren. Gilt ein extremer pH-Wert als Anhaltspunkt für die ätzende Wirkung eines Stoffs, so kann dessen Potenzial zur Veränderung der Azidität/Alkalinität (bzw. das Pufferungsvermögen) ebenfalls berücksichtigt werden (3) (4), Lässt das Pufferungsvermögen darauf schließen, dass eine Substanz möglicherweise keine hautätzende Wirkung hat, sollen weitere Prüfungen zur Bestätigung dieser Vermutung durchgeführt worden. Dafür sollten wenn möglich validierte und anerkannte In-vitro- oder Ex-vivo-Tests genutzt werden (siehe Stufen 5 und 6).

Dermale Toxizität (Stufe 4). Hat sich ein chemischer Stoff als sehr giftig bei Hautkontakt erwiesen, ist eine In-vivo-Studie zur Hautreizung/-Verätzung unter Umständen nicht angezeigt, weil bei Applikation der Prüfsubstanz in der üblichen Menge die sehr toxische Dosis überschritten wird, was letztlich dazu führt, dass die Tiere sterben oder ihnen schwere Leiden zugefügt werden. Wenn darüber hinaus bereits Studien zur dermalen Toxizität mit Dosierungen von bis zu 2 000 mg/kg Körpergewicht oder darüber an Albino-Kaninchen durchgeführt wurden, ohne dass Hautreizungen oder -Verätzungen feststellbar waren, sind zusätzliche Prüfungen auf hautreizende/-ätzende Wirkungen möglicherweise nicht vonnöten. In die Bewertung der akuten dermalen Toxizität anhand der Ergebnisse früherer Studien sollen mehrere Überlegungen einbezogen werden, So können die Angaben über Hautschädigungen unvollständig sein. Die Prüfungen und Beobachtungen können an anderen Tierarten erfolgt sein, und die Reaktionen der verschiedenen Arten weisen eventuell große Unterschiede auf. Überdies war die applizierte Prüfsubstanz für eine Bewertung der Hautreizung/-verätzung unter Umständen nicht geeignet (z. B. Verdünnung der Substanzen zur Untersuchung der dermalen Toxizität) (5). Wurden jedoch sorgfältig geplante Studien zur dermalen Toxizität an Kaninchen durchgeführt, die negative Ergebnisse erbrachten, reicht dies gegebenenfalls als Nachweis für das Nichtvorhandensein eines hautreizenden/-ätzenden Potenzials aus.

Ergebnisse von In-vitro- und Ex-vivo-Tests (Stufen 5 und 6). Substanzen, deren ätzende oder schwer hautreizende Eigenschaften in validierten und anerkannten, auf die Ermittlung dieser bestimmten Wirkungen ausgerichteten In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (6) (7) nachgewiesen wurden, brauchen nicht an Tieren geprüft zu werden. Man kann davon ausgehen, dass diese Substanzen in vivo vergleichbare schwere Wirkungen hervorrufen.

In-vivo-Tests an Kaninchen (Stufen 7 und 8). Beruht die Entscheidung, einen In-vivo-Test durchzuführen, auf einer Gewichtungsanalyse, sollte zunächst ein Vorversuch an nur einem Tier stattfinden. Es sollen keine weiteren Tests erfolgen, wenn der Vorversuch ergibt, dass die Substanz ätzend auf die Haut wirkt. Liefen der Vorversuch keine Anhaltspunkte für eine ätzende Wirkung, soll die reizende oder negative Reaktion durch Tests an bis zu zwei weiteren Tieren bei einer Expositionsdauer von vier Stunden bestätigt werden. Wenn im Vorversuch eine hautreizende Wirkung beobachtet wird, kann der Bestätigungstest entweder sequenziell oder durch gleichzeitige Exposition von zwei weiteren Tieren erfolgen.

LITERATURHINWEISE

(1) OECD (1996). Test Guidelines Programme: Final Report on the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www1.oecd.org/ehs/tests/background.htm).

(2) OECD (1998). Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http://www1.oecd.org/ehs/Class/HCLfi.htm).

(3) Worth, A.P., Fentem, J.H., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Liebsch, M. (1998). An Evaluation of the Proposed OECD Testing Strategy for Skin Corrosion. ATLA 26, 709-720.

(4) Young, J.R., How, M.I., Walker, A.P., Worth, W.M.H. (1988). Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substances, Without Testing on Animals. Toxic In Vitro, 2 (1) 19-26.

(5) Patil, S.M., Patrick, E., Maibach, H.I. (1996) Animal, Human, and In Vitro Test Methods for Predicting Skin Irritation, in: Francis N. Marzulli und Howard I. Maibach (Herausgeber): Dermatotoxicology. 5. Auflage, ISBN 1-56032-356-6, Kapitel 31, 411-436.

(6) Prüfmethode B.40.

(7) Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G., und Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in Vitro 12, 483-524.

Fliessbild

PRÜF- UND BEWERTUNGSSTRATEGIE: HAUTREIZUNG/-VERÄTZUNG

B.5.   AKUTE AUGENREIZUNG/-VERÄTZUNG

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 405 (2012). Die OECD-Prüfrichtlinien für die Prüfung von Chemikalien werden regelmäßig überprüft, um sicherzustellen, dass sie den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Bei vorangegangenen Überprüfungen dieser Prüfrichtlinien wurde ein besonderes Augenmerk auf mögliche Verbesserungen durch die Auswertung aller vorhandenen Informationen über die Prüfchemikalie gelegt, um unnötige Versuche an Labortieren zu vermeiden und somit auch Belange des Tierschutzes zu berücksichtigen. Die (1981 verabschiedete und 1987, 2002 und 2012 aktualisierte) Prüfrichtlinie 405 beinhaltet die Empfehlung, vor der Durchführung des beschriebenen In-vivo-Tests zur Ermittlung der akuten Reiz-/Ätzwirkung des Stoffs auf die Augen eine evidenzbasierte kritische Analyse Weight-of-Evidence analysis, WoE-Analyse) (1) der bereits vorhandenen einschlägigen Daten vorzunehmen. Sofern nicht genügend Daten zur Verfügung stehen, können diese mit Hilfe sequenzieller Tests generiert werden (2) (3). Die Prüfstrategie, die ergänzend zu dieser Prüfmethode empfohlen wird, sieht die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro-Tests vor. Für die Zwecke der Verordnung EG (Nr.) 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)  wird außerdem eine integrierte Prüfstrategie in die entsprechende ECHA-Leitlinie (21) aufgenommen. Tierversuche sollten nur dann durchgeführt werden, wenn deren Notwendigkeit nach Abwägen verfügbarer alternativer Methoden festgestellt und die Anwendung der so ermittelten Methoden für angemessen befunden wurde. Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung dieser aktualisierten Prüfmethode gibt es nach wie vor Fälle, in denen die Anwendung dieser Prüfmethode noch immer notwendig oder gesetzlich vorgeschrieben ist.

Bei der letzten Aktualisierung lag Der Schwerpunkt in erster Linie auf der Verwendung von Analgetika und Anästhetika; das grundlegende Konzept und der Aufbau der Prüfrichtlinien blieben unberührt. ICCVAM  und eine unabhängige internationale wissenschaftliche Peer-Review-Gruppe überprüften den Nutzen und die Grenzen einer routinemäßigen Verwendung topischer Anästhetika, systemischer Analgetika und humaner Endpunkte bei In-vivo-Sicherheitstests zur Ermittlung von Augenreizungen (12). Die Überprüfung ergab, dass durch die Verwendung topischer Anästhetika und systemischer Analgetika Schmerzen und Leiden ganz oder zu einem Großteil vermieden werden könnten, ohne die Testergebnisse zu beeinträchtigen, und es wurde ein genereller Einsatz dieser Stoffe empfohlen. Bei der vorliegenden Prüfmethode wurde diese Überprüfung berücksichtigt. Topische Anästhetika, systemische Analgetika und humane Endpunkte sollten bei In-vivo-Tests zur Feststellung akuter Augenreizung/-verätzungen routinemäßig eingesetzt werden. Ausnahmen sind zu begründen. Die in dieser Methode beschriebenen Verfeinerungen werden bei den meisten Versuchen, bei denen Sicherheitstests zur Feststellung von Augenreizungen am lebenden Tier nach wie vor erforderlich sind, erheblich zur Verringerung oder Vermeidung von Schmerzen und Leiden bei den Versuchstieren beitragen.

Eine ausgewogene präventive Schmerzbehandlung sollte Folgendes umfassen: i) eine routinemäßige Vorbehandlung mit einem topischen Anästhetikum (z. B. Proparacain oder Tetracain) und einem systemischen Analgetikum (z. B. Buprenorphin), ii) eine routinemäßige Nachbehandlung mit systemischen Analgetika (z. B. Buprenorphin und Meloxicam), iii) eine planmäßige Beobachtung und Überwachung von Tieren mit Aufzeichnung klinischer Anzeichen von Schmerzen und/oder Leiden und iv) eine planmäßige Beobachtung, Überwachung und Erfassung der Art, des Schweregrads und des Verlaufs sämtlicher Augenverletzungen. Für weitere Details siehe die nachfolgend beschriebenen aktualisierten Verfahren. Nach Verabreichung der Prüfchemikalie sollten keine zusätzlichen topischen Anästhetika oder Analgetika gegeben werden, um eine Beeinträchtigung der Studie zu vermeiden. Analgetika mit entzündungshemmender Wirkung (z. B. Meloxicam) sollten nicht topisch aufgetragen werden und systemisch verabreichte Dosen sollten nicht mit den Wirkungen auf die Augen interferieren.

Definitionen finden sich in der Anlage zur Prüfmethode.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes sollen In-vivo-Tests erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn alle für das Hautverätzungs-/-reizungspotenzial der Chemikalie zur Verfügung stehenden einschlägigen Daten auf Basis ihrer Beweiskraft (weight-of-evidence, WoE) ausgewertet worden sind. Zu diesen Daten gehören unter anderem Erkenntnisse aus bereits durchgeführten Untersuchungen am Menschen und/oder an Labortieren, Hinweise auf Verätzungen/Reizungen durch eine oder mehrere strukturell verwandte Substanzen oder Gemische aus diesen Substanzen, Daten, die eine starke Azidität oder Alkalinität der Substanz belegen (4) (5) und Ergebnisse validierter und anerkannter In-vitro- oder Ex-vivo-Tests auf Hautverätzungen und -reizungen (6) (13) (14) (15) (16) (17). Diese Studien können sowohl vor als auch nach einer WoE-Analyse durchgeführt worden sein.

Für bestimmte Chemikalien ergibt eine solche Analyse möglicherweise, dass deren Augenverätzungs-/-reizungspotenzial im Rahmen von In-vivo-Studien untersucht werden muss. In all diesen Fällen sollten zunächst die augenverätzenden Wirkungen der Chemikalie in vitro und/oder in vivo untersucht und nach der sequenziellen Prüfstrategie in Prüfmethode B.4 (7) oder nach der in der ECHA-Leitlinie (21) beschriebenen integrierten Prüfstrategie evaluiert werden, bevor ein In-vivo-Augentest in Erwägung gezogen wird.

Ergänzend zu dieser Prüfmethode wird eine sequenzielle Prüfstrategie, die auch validierte In-vitro- oder Ex-vivo-Tests auf Augenverätzungs-/-reizungswirkungen vorsieht, in diese Prüfmethode und, für die Zwecke der REACH-Verordnung, auch in die ECHA-Leitlinie (21) aufgenommen. Es wird empfohlen, dass eine solche sequenzielle Prüfstrategie vor einem In-vivo-Test durchgeführt wird. Für neue Chemikalien wird ein stufenweiser Prüfansatz empfohlen, um wissenschaftliche fundierte Daten über die durch die Chemikalie bedingte Verätzung/Reizung erheben zu können. Bei bereits bekannten Chemikalien, für die nicht genügend Daten zum Hautverätzungs-/-reizungspotenzial bzw. Augenverätzungs-/-reizungspotenzial vorliegen, kann die Strategie genutzt werden, um Datenlücken zu schließen. Die Anwendung einer anderen Prüfstrategie bzw. eines anderen Prüfverfahrens oder die Entscheidung gegen einen stufenweisen Prüfansatz sollten begründet werden.

PRINZIP DES IN-VIVO-TESTS

Nach einer Vorbehandlung mit einem systemischen Analgetikum und nach Einleitung einer geeigneten topischen Anästhesie wird die zu prüfende Chemikalie als Einzeldosis in ein Auge des Versuchstiers geträufelt; das unbehandelte Auge dient als Kontrolle. Der Grad der Reizung/Verätzung wird bestimmt, indem in zuvor festgelegten Zeitabständen und anhand einer Punkteskala Schädigungen der Bindehaut, der Hornhaut und der Iris bewertet werden. Es werden auch andere Reaktionen des Auges und systemische Schäden erfasst, um die Wirkungen umfassend beurteilen zu können. Die Beobachtungsdauer sollte lang genug sein, um die Reversibilität bzw. Irreversibilität der Wirkungen evaluieren zu können.

Tiere, die zu irgendeinem Zeitpunkt während des Versuchs Anzeichen schweren Leidens und/oder starker Schmerzen oder Läsionen aufweisen, die den in dieser Prüfmethode beschriebenen humanen Endpunkten (siehe Nummer 26) entsprechen, sollten human getötet werden, und die Chemikalie ist entsprechend einzustufen. Kriterien für die Entscheidung über die humane Tötung moribunder Tiere mit starken Leidensanzeichen sind Gegenstand eines OECD-Leitfadens (8).

VORBEREITUNG DES IN-VIVO-TESTS

Auswahl der Tierart

Bevorzugtes Labortier für den Test sind gesunde, junge, geschlechtsreife Albino-Kaninchen. Die Verwendung anderer Stämme oder Arten sollte begründet werden.

Vorbereitung der Versuchstiere

Innerhalb von 24 Stunden vor dem Versuch werden bei jedem der ausgewählten Versuchstiere beide Augen untersucht. Tiere, bei denen bereits eine Augenreizung, okulare Defekte oder eine Hornhautschädigung vorliegen, sollen nicht verwendet werden.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Die Tiere sollen einzeln gehalten werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte für Kaninchen 201 °C (±31 °C) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % und außer während der Raumreinigung maximal 70 % betragen sollte, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, mit Hell-/Dunkelphasen im 12-Stunden-Rhythmus. Überhöhte Lichtintensität sollte vermieden werden. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist.

PRÜFVERFAHREN

Verwendung topischer Anästhetika und systemischer Analgetika

Es wird empfohlen, zur Verringerung oder Vermeidung von Schmerzen und Leiden bei Augensicherheitsprüfungen wie nachstehend beschrieben vorzugehen. Ersatzweise können auch alternative Verfahren angewendet werden, mit denen sich Schmerzen und Leiden nachweislich ebenso gut oder sogar besser vermeiden oder lindern lassen.

Sechzig Minuten vor Applikation der Prüfchemikalie 0,01 mg/kg Buprenorphin subkutan injizieren, um einen therapeutischen Grad systemischer Analgesie zu erreichen. Für Buprenorphin und andere vergleichbare opioide Analgetika, die systemisch verabreicht werden, sind keine veränderten Augenreaktionen bekannt oder zu erwarten (12).
Fünf Minuten vor Applikation der Prüfchemikalie ein oder zwei Tropfen eines topischen Augenanästhetikums (z. B. 0,5 % Proparacainhydrochlorid oder 0,5 % Tetracainhydrochlorid) in jedes Auge des Versuchstiers träufeln. Um eine mögliche Beeinflussung der Studie zu vermeiden, wird ein topisches Anästhetikum empfohlen, das keine Konservierungsstoffe enthält. Das Auge des Versuchstiers, das nicht mit der Prüfchemikalie, sondern nur mit dem topischen Anästhetikum behandelt wurde, dient als Kontrolle. Wenn zu erwarten ist, dass die Prüfchemikalie starke Schmerzen und Leiden verursacht, sollte sie unter möglichst nicht in vivo getestet werden. Wenn diesbezüglich Zweifel bestehen oder wenn Versuche durchgeführt werden müssen, sollten weitere Applikationen des topischen Anästhetikums in Abständen von 5 Minuten in Erwägung gezogen werden, bevor die Prüfchemikalie appliziert wird. Labortechniker sollten bedenken, dass mehrfache Applikationen topischer Anästhetika möglicherweise einen leichten Anstieg des Schweregrads chemisch induzierter Schädigungen und/oder der für ein Ausheilen derselben erforderlichen Zeit bewirken können.
Acht Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie subkutan 0,01 mg/kg Buprenorphin und 0,5 mg/kg Meloxicam injizieren, um den therapeutischen Grad der systemischen Analgesie aufrechtzuerhalten. Auch wenn keine Daten vorliegen, die darauf hinweisen, dass Meloxicam bei einmal täglicher subkutaner Verabreichung entzündungshemmende Wirkung auf die Augen hat, sollte Meloxicam frühestens 8 Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie verabfolgt werden, um eine mögliche Beeinflussung der Studie zu vermeiden (12).
Nach der anfänglichen Behandlung 8 Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie alle 12 Stunden subkutan 0,01 mg/kg Buprenorphin und alle 24 Stunden subkutan 0,5 mg/kg Meloxicam verabreichen, bis die Augenschädigungen ausheilen und keine klinischen Anzeichen für Schmerzen und Leiden mehr vorliegen. Es stehen Depot-Analgetikapräparate mit Depotwirkung zur Verfügung, deren Einsatz in Betracht gezogen werden könnte, um die Häufigkeit der Gabe von Analgetika zu reduzieren.
Unverzüglich nach Applikation der Prüfchemikalie sollte eine Auffrischungsdosis Analgetika verabreicht werden, wenn präventive Analgetika und topische Anästhetika unzulänglich sind. Zeigt ein Versuchstier während der Studie Anzeichen von Schmerzen und Leiden, sollte unverzüglich eine Auffrischungsdosis 0,03 mg/kg Buprenorphin subkutan verabreicht und bei Bedarf alle 8 Stunden anstatt mit 0,01 mg/kg alle 12 Stunden erneuert werden. 0,5 mg/kg Meloxicam sollte subkutan alle 24 Stunden zusammen mit der Auffrischungsdosis Buprenorphin verabfolgt werden, frühestens jedoch 8 Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie.

Applikation der Prüfchemikalie

Die Prüfchemikalie sollte bei jedem Tier in den Bindehautsack eines Auges appliziert werden, indem das untere Lid leicht vom Augapfel weggezogen wird. Die Lider dann etwa eine Sekunde lang leicht zusammendrücken, damit kein Prüfmaterial verloren geht. Das andere, unbehandelte Auge dient als Kontrolle.

Ausspülen

Die Augen der Versuchstiere sollten frühestens 24 Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie ausgewaschen werden; Ausnahmen gelten für Feststoffe (siehe Nummer 18) und bei sofortigem Eintritt einer Ätz- oder Reizwirkung. Nach 24 Stunden kann eine Augenspülung erfolgen, sofern dies für angemessen gehalten wird.

Untersuchungen an einer zusätzlichen Versuchstiergruppe (Satellitengruppe) zur Erforschung des Einflusses des Ausspülens wird nicht empfohlen, außer in wissenschaftlich begründeten Fällen. Sollte eine Satellitengruppe tatsächlich benötigt werden, sind zwei Kaninchen vorzusehen. Die Bedingungen, unter denen die Augenspülung erfolgte (Zeitpunkt, Zusammensetzung und Temperatur der Spüllösung, Dauer, Volumen und Geschwindigkeit der Applikation) sollten genau dokumentiert werden.

Dosierung

(1)   Prüfung von Flüssigkeiten

Bei der Prüfung von Flüssigkeiten eine Dosis von 0,1 ml verwenden. Liegt die Prüfchemikalie als Pumpspray vor, sollte sie nicht direkt ins Auge gesprüht, sondern mittels Sprühstoß entnommen und in einem Behälter aufgefangen werden. Anschließend 0,1 ml in das Auge einträufeln.

(2)   Prüfung von Feststoffen

Bei Feststoffen, Pasten und partikelförmigen Chemikalien sollte die Prüfmenge ein Volumen von 0,1 ml oder ein Gewicht von höchstens 100 mg haben. Die Prüfchemikalie sollte zu einem feinen Pulver zermahlen werden. Das Volumen von Feststoffen sollte erst nach vorsichtigem Kompaktieren, z. B. durch Klopfen des Messbehälters, bestimmt werden. Ist die in Form eines Feststoffs vorliegende Prüfchemikalie bis zum ersten Beobachtungszeitpunkt, d. h. 1 Stunde nach der Applikation, nicht aufgrund physiologischer Vorgänge aus dem Auge entfernt worden, kann das Auge mit Kochsalzlösung oder destilliertem Wasser ausgespült werden.

(3)   Prüfung von Aerosolen

Es wird empfohlen, alle als Pumpspray oder Aerosol vorliegenden Prüfchemikalien mittels Sprühstoß zu entnehmen, in einem Behälter aufzufangen und anschließend zu applizieren. Einzige Ausnahme sind Chemikalien in Aerosol-Druckbehältern, die aufgrund der Vaporisierung nicht aufgefangen werden können. In diesen Fällen sollte das Auge offen gehalten und die Prüfchemikalie mit einem einzigen Sprühstoß etwa eine Sekunde lang aus 10 cm Entfernung ins Auge gesprüht werden. In Abhängigkeit vom Druck und vom Behälterinhalt kann dieser Abstand variieren. Es ist darauf zu achten, dass das Auge durch den Sprühdruck nicht verletzt wird. Unter Umständen muss das Risiko „mechanischer“ Augenschäden, die auf den Sprühdruck zurückzuführen sind, beurteilt werden.

Bei Aerosolen kann die Dosis geschätzt werden, indem der Test folgendermaßen simuliert wird: Die Chemikalie durch eine Öffnung in der Größe eines Kaninchenauges auf Wägepapier sprühen, wobei sich die Öffnung unmittelbar vor dem Papier befindet. Anhand der Gewichtszunahme des Papiers wird ein Näherungswert für die ins Auge gesprühte Menge ermittelt. Bei flüchtigen Chemikalien kann ein Schätzwert für die Dosis ermittelt werden, indem man einen Auffangbehälter vor und nach Entnahme der Prüfchemikalie wiegt.

Vorversuch (In-vivo-Test auf Augenreizung/-verätzung an einem einzigen Tier)

Es empfiehlt sich dringend, den In-vivo-Test zunächst nur an einem Tier durchzuführen (siehe Ergänzung zu dieser Prüfmethode: Eine sequenzielle Strategie für die Prüfung auf Augenreizung/-verätzung). Die Beobachtungen sollen ausreichen, um den Schweregrad und die Reversibilität der Wirkungen zu bestimmen, bevor ein Bestätigungstest an einem zweiten Tier durchgeführt wird.

Sofern das beschriebene Verfahren ergibt, dass der Stoff augenverätzend wirkt oder schwere Augenreizungen auslöst, sollen keine weiteren Prüfungen auf Augenreizung durchgeführt werden.

Bestätigungstest (In-vivo-Test auf augenreizende Wirkungen an zusätzlichen Tieren)

Wird im Vorversuch keine ätzende oder schwer augenreizende Wirkung beobachtet, sollte die Reizungsreaktion bzw. die negative Reaktion an bis zu zwei weiteren Tieren bestätigt werden. Ergibt der Vorversuch eine Reizwirkung, sollte der Bestätigungstest nach Möglichkeit als sequenzieller Versuch an einem Tier einem bestimmten Zeitpunkt und nicht durch gleichzeitige Exposition der zwei weiteren Tiere erfolgen. Der Test ist abzubrechen, wenn beim zweiten Tier Anzeichen einer Verätzung oder einer schweren Reizung festgestellt werden. Wenn die Ergebnisse beim zweiten Tier eine Bestimmung der Gefahrenklasse zulassen, sollten keine weiteren Tests durchgeführt werden.

Beobachtungszeitraum

Die Beobachtungszeit sollte so bemessen sein, dass das Ausmaß und die Reversibilität der festgestellten Wirkungen umfassend bewertet werden können. Allerdings sollte der Versuch abgebrochen werden, sobald das Tier starke Anzeichen von Leiden und Schmerzen zeigt (8). Um feststellen zu können, ob die Wirkungen reversibel sind, sollten die Tiere in der Regel während 21 Tagen nach Applikation der Prüfchemikalie beobachtet werden. Bilden sich die Schäden vor Ablauf dieser 21 Tage zurück, sollte der Versuch zu diesem Zeitpunkt beendet werden.

Klinische Beobachtungen und Einstufung von Augenreaktionen

Die Augen sollten eine Stunde nach Applikation der Prüfchemikalie umfassend auf vorhandene bzw. nicht vorhandene Augenläsionen untersucht werden; danach mindestens eine Untersuchung täglich durchführen. In den ersten 3 Tagen sollten die Tiere mehrmals täglich untersucht werden, damit Entscheidungen, den Versuch zu beenden, zeitnah getroffen werden können. Versuchstiere sollten während der gesamten Studiendauer routinemäßig mindestens zweimal täglich, falls nötig auch häufiger, auf klinische Anzeichen von Schmerzen und/oder Leiden untersucht werden (z. B. wiederholtes Kratzen und Reiben am Auge, übermäßiges Blinzeln, übermäßig tränende Augen) (9) (10) (11), wobei zwischen den Beobachtungen mindestens 6 Stunden liegen sollten. Dies ist nötig, um i) Tiere angemessen auf Anzeichen von Schmerzen und Leiden zu untersuchen und fundierte Entscheidungen im Hinblick auf eine Erhöhung der Dosis von Analgetika treffen zu können, und ii) Tiere auf Anzeichen vorbestimmter humaner Endpunkte zu untersuchen, damit fundierte Entscheidungen darüber getroffen werden können, ob Tiere human getötet werden sollten, und damit solche Entscheidungen zeitnah getroffen werden können. Eine Anfärbung mit Fluorescein sollte routinemäßig erfolgen und gegebenenfalls sind als Hilfsmittel zum Nachweis und zur Messung von Augenschäden und zur Beurteilung, ob vorbestimmte Endpunktkriterien für ein humanes Töten erfüllt sind, eine Spaltlampe und ein Biomikroskop zu verwenden (z. B. bei der Beurteilung der Tiefe einer Schädigung im Falle einer Hornhautulzeration). Digitale Fotografien von beobachteten Schädigungen können zu Referenzzwecken und zur dauerhaften Dokumentation des Ausmaßes der Augenschädigung erfasst werden. Sobald aussagekräftige Informationen vorliegen, sollte der Versuch nicht länger als nötig fortgesetzt werden. Tiere mit starken Anzeichen von Schmerzen oder Leiden sollen unverzüglich human getötet werden, wobei die Chemikalie entsprechend einzustufen ist.

Bei Tieren mit folgenden Augenschädigungen nach Applikation der Prüfchemikalie ist eine humane Tötung angezeigt (siehe Tabelle 1 zur Beschreibung der Schädigungsgrade): Hornhautperforation oder signifikante Hornhautulzeration mit Staphylom; Blut in der vorderen Augenkammer; Hornhauttrübung Grad 4; fehlender Pupillenreflex (Irisreaktion Grad 2) während 72 Stunden; Ulzeration der Bindehaut; Nekrose der Bindehaut oder der Nickhaut oder Gewebsdemarkierung. Diese Schäden sind im Allgemeinen irreversibel. Darüber hinaus wird empfohlen, die folgenden Augenschädigungen als humane Endpunkte zu definieren, bei denen Studien vor Ablauf des planmäßigen 21-tägigen Beobachtungszeitraums beendet werden sollten. Diese Schädigungen gelten als prädiktiv für schwere Reizungen oder Verätzungen und Schädigungen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie bis zum Ablauf des 21-tägigen Beobachtungszeitraums nicht vollständig abklingen: sehr tiefe Schädigung (z. B. eine Hornhautulzeration bis in Schichten unterhalb der Stromaoberfläche), Zerstörung des Limbus zu mehr als 50 % (nachgewiesen durch ein Ausbleichen des Bindehautgewebes) und schwere Augeninfektion (eitriger Ausfluss). Eine Kombination von Vaskularisierung der Hornhautoberfläche (d. h. Pannus), sich nicht rückbildender Fluoresceinfärbung (basierend auf einer täglichen Untersuchung) und/oder einer ausbleibenden Reepithelisierung am 5. Tag nach Applikation der Prüfchemikalie könnte ebenfalls als potenziell zweckdienliches Kriterium für die klinische Entscheidung über eine vorzeitige Beendigung der Studie angesehen werden. Einzeln betrachtet sind diese Ergebnisse jedoch nicht ausreichend, um eine vorzeitige Beendigung der Studie zu rechtfertigen. Sobald schwerwiegende Auswirkungen auf die Augen festgestellt werden, sollten ein behandelnder Tierarzt oder ein qualifizierter Labortierarzt oder im Nachweis klinischer Schädigungen geschultes Laborpersonal zur Notwendigkeit einer klinischen Untersuchung zur Feststellung, ob die Kombination dieser Auswirkungen eine vorzeitige Beendigung der Studie rechtfertigt, konsultiert werden. Der jeweilige Grad der Augenreaktion (Bindehaut, Hornhaut und Iris) ist 1, 24, 48 und 72 Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie zu ermitteln und zu dokumentieren (Tabelle 1). Tiere, bei denen keine Augenschädigungen auftreten, dürfen frühestens 3 Tage nach der Behandlung getötet werden. Bei leichten bis mäßigen Augenschädigungen sollten die Tiere bis zum Abklingen der Symptome bzw. für die Dauer von 21 Tagen beobachtet werden; erst danach wird die Studie abgeschlossen. Untersuchungen sollen mindestens nach 1 Stunde, 24 Stunden, 48 Stunden, 72 Stunden sowie am 7., 14. und 21. Tag durchgeführt und dokumentiert werden, um den Status der Schädigungen zu ermitteln und zu klären, ob sie reversibel oder irreversibel sind. Erforderlichenfalls sollten häufigere Untersuchungen durchgeführt werden, um zu entscheiden, ob das Versuchstier aus Tierschutzgründen human getötet oder aufgrund von negativen Ergebnissen aus dem Versuch genommen werden sollte.

Der jeweilige Grad der Augenschädigung (vgl. Tabelle 1) sollte für jede Untersuchung erfasst werden. Etwaige weitere Augenschädigungen (z. B. Pannus, Verfärbungen, Veränderungen in der vorderen Augenkammer) oder negative systemische Wirkungen sing ebenfalls zu dokumentieren.

Als Hilfsmittel können bei den Untersuchungen Binokularlupen, Handspaltlampen, Biomikroskope und andere geeignete Geräte benutzt werden. Nach Aufzeichnung der Beobachtungen nach 24 Stunden können die Augen außerdem mit Fluorescein weiter untersucht werden.

Die Bewertung von Augenreaktionen ist zwangsläufig subjektiv. Um die Einstufung von Augenreaktionen stärker zu vereinheitlichen und den Prüflabors und allen an den Versuchen und an der Interpretation der Versuchsergebnisse Beteiligten die Arbeit zu erleichtern, müssen die Prüfer im Umgang mit der Bewertungsskala geschult werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Ergebnisauswertung

Die Bewertung der Augenreizung sollte anhand der Art und des Schweregrads der Schädigung und deren Reversibilität bzw. Irreversibilität vorgenommen werden. Die jeweils ermittelten Schweregrade stellen keinen alleingültigen Maßstab für die reizenden Eigenschaften einer Chemikalie dar, denn es werden auch andere Wirkungen der Prüfchemikalie beurteilt. Vielmehr sollten die einzelnen Graduierungswerte als Referenzwerte betrachtet werden, die nur dann sinnvoll sind, wenn sämtliche Beobachtungen genau erfasst und evaluiert werden.

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Begründung für den In-vivo-Test: WoE-Analyse von Daten aus früheren Versuchen unter Einbeziehung von Ergebnissen aus der sequenziellen Prüfstrategie:

Beschreibung aller einschlägigen Daten aus früheren Versuchen;
Daten, die auf den einzelnen Stufen der Prüfstrategie erhoben wurden;
Beschreibung der durchgeführten In-vitro-Tests mit Einzelheiten zu den angewandten Verfahren sowie zu den Ergebnissen für Prüf-/Referenzchemikalien;
Beschreibung der durchgeführten In-vivo-Tests auf Hautreizung/-verätzung mit Einzelheiten zu den Ergebnissen;
WoE-Analyse als Grundlage für die Durchführung einer In-vivo-Studie.

Prüfchemikalie:

Angaben zur Identität (z. B. chemische Bezeichnung und, sofern vorhanden, CAS-Nummer, Reinheit, bekannte Verunreinigungen, Bezugsquelle, Chargennummer);
physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. pH-Wert, Flüchtigkeit, Löslichkeit, Stabilität, Reaktivität mit Wasser);
bei Gemischen: Angabe der einzelnen Bestandteile, einschließlich Angaben zur Identität (z. B. chemische Bezeichnungen und, sofern vorhanden, CAS-Nummern) und den Konzentrationen;
verwendete Dosis.

Vehikel:

Angaben zur Identität, (gegebenenfalls) Konzentration; Einsatzvolumen;
Begründung der Auswahl des Vehikels.

Versuchstiere:

Spezies/Stamm, Begründung des Verzichts auf Albino-Kaninchen zugunsten anderer Tiere;
Alter der Tiere zu Beginn der Studie;
Anzahl der Versuchstiere pro Geschlecht in den Prüf- und Kontrollgruppen (falls erforderlich);
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn und -ende;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Ernährung usw.

Anästhetika und Analgetika

Dosen und Zeitpunkte, zu denen topische Anästhetika und systemische Analgetika verabreicht wurden;
sofern lokale Anästhetika eingesetzt wurden, Angaben zur Identität, Reinheit, Art und möglichen Wechselwirkungen mit der Prüfchemikalie.

Ergebnisse:

Beschreibung der Methode zur Bewertung von Reizungen zu den einzelnen Beobachtungszeiten (z. B. Handspaltlampe, Biomikroskop, Fluorescein);
tabellarische Erfassung der Daten über Reizungs-/Verätzungsreaktionen zu allen Messzeitpunkten und für jedes einzelne Versuchstier bis hin zum Ausscheiden des Tiers aus dem Versuch;
ausführliche Beschreibung von Art und Schweregrad der festgestellten Reizung bzw. Verätzung;
Beschreibung aller anderen im Auge festgestellten Schädigungen (z. B. Vaskularisierung, Pannus, Verklebungen, Verfärbungen);
Beschreibung sonstiger lokaler und systemischer Folgen außerhalb des Auges, Dokumentation klinischer Anzeichen von Schmerzen und Leiden, digitale Fotografien und ggf. vorliegende histopathologischer Befunde.

Diskussion der Ergebnisse.

Interpretation der Ergebnisse

Eine Extrapolation der Ergebnisse von Untersuchungen auf Augenreizungen an Labortieren auf den Menschen ist nur bedingt möglich. Oftmals reagiert das Albino-Kaninchen empfindlicher als der Mensch auf Stoffe mit augenreizenden oder -verätzenden Eigenschaften.

Bei der Interpretation von Daten ist darauf zu achten, dass Reizungen aufgrund einer sekundären Infektion nicht berücksichtigt werden.

LITERATURHINWEISE

(1) Barratt, M.D., et al. (1995), The Integrated Use of Alternative Approaches for Predicting Toxic Hazard, ECVAM Workshop Report 8, ATLA 23, 410-429.

(2) de Silva, O., et al. (1997), Evaluation of Eye Irritation Potential: Statistical Analysis and Tier Testing Strategies, Food Chem. Toxicol35, 159-164.

(3) Worth A.P. and Fentem J.H. (1999), A general approach for evaluating stepwise testing strategies ATLA 27, 161-177.

(4) Young, J.R., et al. (1988), Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substance Without Testing on Animals, Toxicol. In Vitro, 2, 19-26.

(5) Neun, D.J. (1993), Effects of Alkalinity on the Eye Irritation Potential of Solutions Prepared at a Single pH, J. Toxicol. Cut. Ocular Toxicol.12, 227 — 231.

(6) Fentem, J.H., et al. (1998), The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team, Toxicology in vitro 12, 483-524.

(7) Kapitel B.4 dieses Anhangs, Akute Hautreizung/-verätzung.

(8) OECD (2000), Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. OECD Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment, Nr. 19. (http://www.oecd.org/ehs/test/monos.htm).

(9) Wright EM, Marcella KL, Woodson JF. (1985), Animal pain: evaluation and control, Lab Animal, Mai/Juni, 20-36.

(10) National Research Council (NRC) (2008), Recognition and Alleviation of Distress in Laboratory Animals, Washington, DC: The National Academies Press.

(11) National Research Council (NRC) (2009), Recognition and Alleviation of Distress in Laboratory Animals, Washington, DC: The National Academies Press.

(12) ICCVAM (2010), ICCVAM Test Method Evaluation Report: Recommendations for Routine Use of Topical Anesthetics, Systemic Analgesics, and Humane Endpoints to Avoid or Minimize Pain and Distress in Ocular Safety Testing, NIH Publication No. 10-7514, Research Triangle Park, NC, USA: National Institute of Environmental Health Sciences.

http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/OcuAnest- TMER.htm

(13) Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (Transcutaneous Electrical Resistance Test).

(14) Kapitel B.40 bis dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit einem menschlichen Hautmodell.

(15) OECD (2006), Test No. 435: In vitro Membrane Barrier Test Method for Skin corrosion, OECD Guidelines for the Testing of Chemicals, Abschnitt 4, OECD Paris.

(16) Kapitel B.47 dieses Anhangs, Trübungs- und Durchlässigkeitstest an der Rinderhornhaut zwecks Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern.

(17) Kapitel B.48 dieses Anhangs, Test am isolierten Hühnerauge zur Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern.

(18) U.S. EPA (2003), Label Review Manual: 3rd Edition, EPA737-B-96-001, Washington, DC: U.S., Environmental Protection Agency.

(19) UN (2011), Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), Vierte überarbeitete Ausgabe, New York und Genf: United Nations Publications.

(20) Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006. Amtsblatt der Europäischen Union L 353, S. 1-1355.

(21) ECHA Guidance on information requirements and chemical safety assessment, Kapitel R.7a: Endpoint specific guidance.

http://echa.europa.eu/documents/10162/13632/information_requirements_r7a_en.pdf



Tabelle 1

Einstufung von Augenschädigungen

CorneaGrad
Trübung: Trübungsgrad (für die Auswertung wird der am stärksten betroffene Bereich genommen) (*1)
Keine Ulzeration oder Trübung0
Punktförmige oder diffuse Trübungsbereiche (ohne leichte Trübung des normalen Glanzes); Einzelheiten der Iris deutlich erkennbar1
Leicht erkennbarer durchlässiger Bereich, Einzelheiten der Iris etwas verschattet2
Perlmuttartige Bereiche, keine Einzelheiten der Iris sichtbar, Größe der Pupille kaum erkennbar3
Trübe Hornhaut; Iris aufgrund der Trübung nicht erkennbar4
Höchstmögliche Punktzahl: 4
Iris
Normal0
Deutlich vertiefte Rugae, Kongestion, Schwellung, mäßige circumcorneale Hyperämie oder Injektion; Iris reagiert auf Licht (träge Reaktion ist positiv)1
Blutungen, großflächige Zerstörung, keine Reaktion auf Licht2
Höchstmögliche Punktzahl: 2
Conjunctivae
Rötung (der Augenlidbindehaut und der Augapfelbindehaut; ohne Hornhaut und Iris)
Normal0
Einige Blutgefäße zeigen Hyperämie (Injektion)1
Diffuse karmesinrote Farbe; einzelne Gefäße nur schwer erkennbar2
Diffuse dunkelrote Verfärbung3
Höchstmögliche Punktzahl: 3
Chemosis
Schwellung (der Augenlider und/oder Nickhäute)
Normal0
Über dem Normalen liegende Schwellung1
Deutliche Schwellung mit partieller Auswärtskehrung der Lider2
Schwellung mit etwa halbgeschlossenen Lidern3
Schwellung mit mehr als halbgeschlossenen Lidern4
Höchstmögliche Punktzahl: 4
(*1)   Die Größe des von der Hornhauttrübung betroffenen Areals sollte dokumentiert werden.

Anlage

DEFINITIONEN

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch.

Evidenzbasierte Analyse (Weight-of-Evidence, WoE) : der Prozess der Prüfung der Stärken und Schwächen einer Datensammlung als Grundlage für eine Schlussfolgerung, zu der es auf Basis von Einzeldaten möglicherweise nicht gekommen wäre.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Saure/alkalische Reserve : Bei sauren Zubereitungen: zum Erreichen eines bestimmten pH-Werts erforderliche Menge (in g) Natronlauge/100 g Zubereitung. Bei alkalischen Zubereitungen: zum Erreichen eines bestimmten pH-Werts erforderliche Menge (in g) Natronlauge, die der Menge (in g) Schwefelsäure/100 g Zubereitung entspricht, (Young et al. 1988).

Stoffe ohne Reizwirkung : Stoffe, die nicht als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorien I, II oder III eingestuft sind, oder augenreizende Stoffe der GHS-Kategorien 1, 2, 2A oder 2B oder der EU-Kategorien 1 oder 2 (17) (18) (19).

Stoff mit augenätzender Wirkung : a) eine Chemikalie, die eine irreversible Gewebeschädigung am Auge verursacht; b) Chemikalien, die als augenreizende Stoffe der GHS-Kategorie 1 oder als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorie I oder der EU-Kategorie 1 eingestuft sind (17) (18) (19).

Stoff mit augenreizender Wirkung : a) eine Chemikalie, die eine reversible Veränderung im Auge hervorruft; b) Chemikalien, die als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorien II oder III oder als augenreizende Stoffe der GHS-Kategorien 2, 2A oder 2B oder der EU-Kategorie 2 eingestuft sind (17) (18) (19).

Stoff mit schwer augenreizender Wirkung : a) eine Chemikalie, die eine Gewebeschädigung im Auge verursacht, die nicht innerhalb von 21 Tagen nach Applikation ausheilt, oder eine massive Verschlechterung des Sehvermögens auslöst; b) Chemikalien, die als augenreizende Stoffe der GHS-Kategorie 1 oder als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorie I oder der EU-Kategorie 1 eingestuft sind(17) (18) (19).

Stufenweiser Ansatz : eine schrittweise Prüfstrategie, bei der alle vorhandenen Informationen über eine Prüfchemikalie in einer vorgegebenen Reihenfolge überprüft werden, wobei auf jeder Stufe nach dem evidenzbasierten Analyseansatz (Weight-of-Evidence, WoE) vorgegangen wird, um festzustellen, ob genügend Informationen für eine Gefahrenklassifizierung vorliegen, bevor zur nächsten Stufe übergangen wird. Wenn das Reizpotenzial einer Prüfchemikalie auf Basis der vorliegenden Informationen zugeordnet werden kann, sind keine weiteren Testungen erforderlich. Ist dies nicht der Fall, müssen schrittweise sequenzielle Tierversuche durchgeführt werden, bis eine eindeutige Klassifizierung möglich ist.

ERGÄNZUNG ZUR PRÜFMETHODE B.5 

SEQUENZIELLE STRATEGIE FÜR DIE PRÜFUNG AUF AUGENREIZUNGEN UNDAUGENVERÄTZUNGEN

Allgemeine Überlegungen

Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes muss die unnötige Verwendung von Versuchstieren verhindert und die Durchführung von Versuchen, die bei den Tieren wahrscheinlich schwere Reaktionen hervorrufen, auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Bevor ein In-vivo-Test ins Auge gefasst werden kann, sollten zunächst alle einschlägigen Informationen über die potenziell augenreizenden/-verätzenden Wirkungen einer Chemikalie bewertet werden. Möglicherweise liegen bereits genügend Kriterien (Evidence) für die Einstufung einer Prüfchemikalie aufgrund ihres Augenreizungs-/-verätzungspotenzials vor, sodass sich Versuche an Labortieren erübrigen. Folglich schränken WoE-Analysen bereits vorliegender Daten und die Anwendung einer sequenziellen Prüfstrategie die Notwendigkeit von In-vivo-Tests deutlich ein. Dies gilt umso mehr, wenn davon auszugehen ist, dass die Chemikalie schwere Reaktionen hervorruft.

Zur Beurteilung bereits vorhandener Informationen über die augenreizenden/-verätzenden Wirkungen von Chemikalien sollte das Instrument der evidenzbasierten Analyse herangezogen werden. Ausgehend davon ist zu entscheiden, ob als Beitrag zur Charakterisierung dieses Potenzials zusätzliche Studien, bei denen es sich nicht um In-vivo-Augenuntersuchungen handelt, durchgeführt werden sollten. Sofern weitere Studien durchgeführt werden müssen, empfiehlt es sich, zur Generierung sachdienlicher Versuchsdaten die sequenzielle Prüfstrategie anzuwenden. Bei noch nicht geprüften Stoffen soll die sequenzielle Prüfstrategie genutzt werden, um die Datensätze zu generieren, die für die Beurteilung des augenätzenden/-reizenden Potenzials benötigt werden. Die ursprüngliche in dieser Ergänzung beschriebene Prüfstrategie wurde in einem OECD-Workshops (1) entwickelt. Sie wurde im Rahmen des „Harmonised Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances“ bestätigt und weiter ausgebaut, das im November 1998 von den Teilnehmern der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien gebilligt (2) und 2011 von einer OECD-Expertengruppe überarbeitet wurde.

Diese Prüfstrategie ist zwar nicht integraler Bestandteil der Prüfmethode B.5, wird aber zur Ermittlung augenreizender/-verätzender Merkmale empfohlen. Dieser Ansatz entspricht sowohl der besten Praxis als auch dem ethischen Richtwert für Augenreizungs/-verätzungsprüfungen am lebenden Tier. Die Prüfmethode ist nicht nur eine Anleitung für die Durchführung des In-vivo-Tests, sondern beschreibt auch die Faktoren, die vor der Durchführung eines solchen Versuchs überprüft werden sollten. Die sequenzielle Prüfstrategie liefert einen Ansatz für die Bewertung bereits vorhandener Daten über die augenreizenden/-verätzenden Eigenschaften von Chemikalien und einen stufenweisen Ansatz für die Generierung sachdienlicher Daten über Chemikalien, die im Rahmen zusätzlicher Studien untersucht werden müssen bzw. noch gar nicht untersucht wurden. Die Strategie sieht die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests vor, in bestimmten Fällen gefolgt von Untersuchungen nach Prüfmethode B.4 (3) (4).

Beschreibung der stufenweisen Prüfstrategie

Alle vorhandenen Informationen sollten vor der Durchführung von Versuchen im Rahmen der sequenziellen Prüfstrategie (Fließbild) bewertet werden, um die Notwendigkeit von In-vivo-Augentests zu klären. Auch wenn wichtige Informationen aus der Beurteilung einzelner Parameter (z. B. extreme pH-Werte) gewonnen werden können, sollten die bereits vorliegenden Angaben in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Alle relevanten Daten über die Wirkungen der betreffenden Chemikalie und Struktur verwandter Verbindungen sollten mittels WoE-Analyse bewertet werden, und die Entscheidung sollte begründet werden. Dabei sollten bereits vorliegende Angaben zur Wirkung der Chemikalie auf Mensch und Tier im Vordergrund stehen, gefolgt von den Ergebnissen von In-vitro- und Ex-vivo-Tests. In-vivo-Untersuchungen mit Chemikalien mit Ätzwirkung sollten nach Möglichkeit immer vermieden werden. Folgende Faktoren werden bei der Prüfstrategie berücksichtigt:

Beurteilung bereits vorliegender Daten zur Wirkung der Chemikalie auf Mensch und/oder Tier und/oder mit validierten und international anerkannten Methoden gewonnener In-vitro-Daten (Stufe 1)

Zunächst sollten vorhandene Humandaten, z. B. aus klinischen Studien oder Studien zur Exposition am Arbeitsplatz, Fallberichte und/oder Ergebnisse von Tierversuchen (Untersuchungen am Auge) und/oder mit validierten und international anerkannten Methoden gewonnene In-vitro-Daten zu augenreizenden/-verätzenden Wirkungen bewertet werden, denn sie liefern Hinweise, die unmittelbar die Wirkungen auf das Auge betreffen. Danach sollten vorhandene Daten aus Untersuchungen an Menschen und/oder Tieren zu Hautverätzungen/-reizungen und/oder mit validierten und international anerkannten Methoden gewonnene In-vitro-Daten zu hautätzenden Wirkungen bewertet werden. Chemikalien mit bekannter augenverätzender oder schwer augenreizender Wirkung sollen nicht in die Augen von Tieren geträufelt werden. Dies gilt ebenso für Chemikalien, die Hautreizungen oder -verätzungen hervorrufen. Alle diese Chemikalien sollten ebenfalls als augenverätzende und/oder -reizende Stoffe betrachtet werden. Auch mit Chemikalien, bei denen in früheren Augenuntersuchungen hinreichend nachgewiesen wurde, dass sie weder Verätzungen noch Reizungen hervorrufen, sollten keine In-vivo-Studien am Auge durchgeführt werden.

Analyse der Struktur-Wirkungs-Beziehungen (Structure-Activity Relationships, SAR) (Stufe 2)

Die gegebenenfalls vorhandenen Ergebnisse von Untersuchungen an strukturell verwandten Chemikalien sollten berücksichtigt werden. Liegen genügend Daten über das augenverätzende/-reizende Potenzial von strukturell verwandten Stoffen oder Gemischen aus diesen Stoffen aus Untersuchungen an Menschen und/oder Tieren vor, kann davon ausgegangen werden, dass die zu beurteilende Prüfchemikalie die gleichen Reaktionen hervorrufen wird. In diesen Fällen braucht die Chemikalie nicht getestet zu werden. Für die Zwecke der sequenziellen Prüfstrategie reichen negative Daten aus Untersuchungen an strukturell verwandten Stoffen oder Gemischen als Nachweis für ein Nichtvorhandensein augenverätzender/-reizender Wirkungen nicht aus. Zur Ermittlung des Verätzungs- und Reizungspotenzials in Bezug auf die Haut und die Augen sollten validierte und anerkannte SAR-Verfahren herangezogen werden.

Physikalisch-chemische Eigenschaften und chemische Reaktivität (Stufe 3)

Stoffe mit extremen pH-Werten (≤ 2,0 bzw. ≥ 11,5) können starke lokale Reaktionen hervorrufen. Gilt ein extremer pH-Wert als Anhaltspunkt für die augenverätzende oder -reizende Wirkung einer Chemikalie, so kann deren saure/alkalische Reserve (Pufferkapazität) ebenfalls berücksichtigt werden (5) (6) (7). Lässt die Pufferkapazität darauf schließen, dass eine Chemikalie möglicherweise keine augenverätzende Wirkung hat (d. h. Chemikalien mit extremem pH-Wert und geringer saurer/alkalischer Reserve), sollten weitere Prüfungen zur Bestätigung dieser Vermutung durchgeführt werden. Dafür eignen sich validierte und anerkannte In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (siehe Punkt 10).

Einbeziehung anderer vorhandener Informationen (Stufe 4)

In dieser Phase sollen alle verfügbaren Informationen über die systemische Toxizität bei Applikation auf die Haut bewertet werden. Die akute dermale Toxizität der Prüfchemikalie sollte ebenfalls beurteilt werden. Hat sich die Prüfchemikalie bei Hautkontakt als sehr giftig erwiesen, braucht sie nicht am Auge getestet zu werden. Auch wenn nicht unbedingt ein Zusammenhang zwischen akuter dermaler Toxizität und Augenreizung/-verätzung besteht, kann davon ausgegangen werden, dass ein Stoff, der bei Hautapplikation sehr giftig ist, auch beim Einträufeln in das Auge eine starke Toxizität aufweist. Diese Daten können auch zwischen den Stufen 2 und 3 bewertet werden.

Bewertung des Hautverätzungspotenzials der Chemikalie, sofern auch unter gesetzgeberischen Aspekten erforderlich (Stufe 5)

Zunächst sollte das Potenzial zur Hautverätzung und starken Hautreizung nach Prüfmethode B.4 (4) und der zugehörigen Ergänzung (8) bewertet werden, auch anhand der validierten und international anerkannten In-vitro-Tests auf hautverätzende Wirkung (9) (10) (11). Wird der Nachweis erbracht, dass die Chemikalie Verätzungen oder schwere Hautreizungen verursacht, so kann sie auch als Chemikalie mit augenverätzenden oder stark augenreizenden Eigenschaften betrachtet werden. In diesem Falle sind keine weiteren Tests erforderlich. Verursacht die Chemikalie keine Verätzung oder starke Reizung der Haut, sollte ein In-vitro- oder Ex-vivo-Augentest durchgeführt werden.

Ergebnisse von In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (Stufe 6)

Chemikalien, deren verätzende oder stark reizende Eigenschaften in validierten und international anerkannten, auf die Ermittlung der Augenverätzung/-reizung ausgerichteten In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (12) (13) nachgewiesen wurden, müssen nicht an Tieren getestet zu werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Substanzen in vivo vergleichbar schwere Wirkungen hervorrufen werden. Stehen validierte und anerkannte In-vitro-/Ex-vivo-Tests nicht zur Verfügung, sollte die Stufe 6 übersprungen und es sollte direkt zu Stufe 7 übergegangen werden.

In-vivo-Test an Kaninchen (Stufen 7 und 8)

Vor dem eigentlichen In-vivo-Augentest sollte zunächst ein Vorversuch an nur einem Tier durchgeführt werden. Es sollten keine weiteren Tests erfolgen, wenn der Vorversuch ergibt, dass die Chemikalie schwere Augenreizungen oder -verätzungen hervorruft. Liefert der Vorversuch keine Anhaltspunkte für eine ätzende Wirkung oder schwere Reizungen, wird ein Bestätigungstest an zwei weiteren Tieren durchgeführt. Abhängig von den Ergebnissen des Bestätigungstests müssen gegebenenfalls weitere Tests durchgeführt werden. [siehe Prüfmethode B.5]

PRÜF-UND BEWERTUNGSSTRATEGIE: AUGENREIZUNG/-VERÄTZUNG



StufeErgebnisSchlussfolgerung
1Bereits vorliegende Daten aus Untersuchungen am Menschen und/oder an Tieren und/oder In-vitro-Daten aus validierten und international anerkannten Methoden belegen Wirkungen auf das AugeSchwere AugenschädenApikaler Endpunkt; gilt als augenverätzend. Keine Prüfung erforderlich.
AugenreizendApikaler Endpunkt; gilt als augenreizend. Keine Prüfung erforderlich.
Nicht augenverätzend/nicht augenreizendApikaler Endpunkt; gilt als nicht augenverätzend oder -reizend. Keine Prüfung erforderlich.
Bereits vorliegende Daten aus Untersuchungen am Menschen und/oder an Tieren und/oder In-vitro-Daten aus validierten und international anerkannten Methoden belegen ätzende Wirkungen auf die HautHautverätzendVermutlich augenverätzend. Keine Prüfung erforderlich.
Bereits vorliegende Daten aus Untersuchungen am Menschen und/oder an Tieren und/oder In-vitro-Daten aus validierten und international anerkannten Methoden belegen schwere hautreizende WirkungenStark hautreizendVermutlich augenreizend. Keine Prüfung erforderlich.
Keine Informationen vorhanden bzw. vorhandene Informationen nicht schlüssig
2Durchführung einer SAR-Analyse auf augenverätzende/-reizende Wirkungschwere Augenschädigung vorhersehbarVermutlich augenverätzend. Keine Prüfung erforderlich.
Augenreizung vorherabsehbarVermutlich augenreizend. Keine Prüfung erforderlich.
Prüfung einer SAR-Analyse auf hautverätzende/-reizende WirkungHautverätzung vorhersehbarVermutlich augenverätzend. Keine Prüfung erforderlich.
Vorhersagen nicht möglich bzw. Vorhersagen nicht schlüssig oder negativ
3Messung pH-Wert (ggf. unter Berücksichtigung der Puffer-kapazität)pH ≤ 2 oder ≥ 11,5 (ggf. mit hoher Pufferkapazität)Vermutlich augenverätzend. Keine Prüfung erforderlich.
2 < pH < 11,5 oder ggf. pH ≤ 2,0 oder ≥ 11,5 mit geringem/ohne Pufferungsvermögen
4Prüfung bereits vorliegender Daten zur systemischen Toxizität nach Applikation auf die HautSehr toxisch bei Konzentrationen, die für Augentests genutzt werden.Kein Test, weil Chemikalie zu giftig. Keine Prüfung erforderlich.
Keine entsprechenden Angaben vorhanden bzw. Chemikalie ist nicht sehr giftig.
5Versuch zur Bewertung des Hautverätzungspotenzials nach Prüfstrategie in Kapitel B.4 dieses Anhangs, sofern auch unter gesetzgeberischen Aspekten erforderlichVerätzung bzw. schwere ReizungVermutlich augenverätzend. Keine weitere Prüfung erforderlich.
Chemikalie ruft keine Hautverätzung oder schwere Hautreizung hervor
6Durchführung validierter und anerkannter In-vitro- oder Ex-vivo- Augentest(s)Verätzung bzw. schwere ReizungVermutlich augenverätzend oder schwer augenreizend, vorausgesetzt, der durchgeführte Test ist zur Ermittlung ätzender/schwer reizender Stoffe geeignet und die Chemikalie fällt in den Anwendungsbereich des Tests. Keine weitere Prüfung erforderlich.
ReizungVermutlich augenreizend, vorausgesetzt, der/die durchgeführte(n) Test(s) ist (sind) zur Ermittlung ätzender, schwer reizender und reizender Stoffe geeignet und Chemikalie fällt in den Anwendungsbereich des/der Tests. Keine weitere Prüfung erforderlich.
Keine ReizungVermutlich nicht augenreizend, vorausgesetzt, der/die durchgeführte(n) Test(s) ist (sind) zur Ermittlung nichtreizender Stoffe sowie zur Unterscheidung von reizenden, schwer reizenden oder augenverätzenden Stoffen geeignet und die Chemikalie fällt in den Anwendungsbereich des Tests. Keine weitere Prüfung erforderlich.
Validierte und anerkannte In-vitro- oder Ex-vivo-Augentest(s) eignen sich nicht für Schlussfolgerungen
7Durchführung des In-vivo-Vorversuchs an einem KaninchenSchwere AugenschädenVermutlich augenverätzend. Keine weitere Prüfung erforderlich.
Keine schwere Schädigung bzw. keine Reaktion
8Durchführung des Bestätigungstests an ein oder zwei weiteren TierenÄtzend oder reizendVermutlich augenverätzend oder augenreizend. Keine weitere Prüfung erforderlich.
Weder ätzend noch reizendVermutlich weder augenreizend noch augenverätzend. Keine weitere Prüfung erforderlich.

LITERATURHINWEISE

(1) OECD (1996) OECD Test Guidelines Programme: Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www.oecd.org/ehs/test/background.htm).

(2) OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http://www.oecd.org/ehs/Class/HCL6.htm).

(3) Worth, A.P. and Fentem J.H. 1999. A General Approach for Evaluating Stepwise Testing Strategies. ATLA 27, 161-177.

(4) Kapitel B.4 dieses Anhangs, Akute Hautreizung/-verätzung.

(5) Young, J.R., How, M.J., Walker, A.P., Worth W.M.H. (1988) Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substance Without Testing on Animals. Toxicol. In Vitro, 2, 19-26.

(6) Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Edsail, D.J., Holzhutter, H.G. and Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in vitro 12, 483-524.

(7) Neun, D.J. (1993) Effects of Alkalinity on the Eye Irritation Potential of Solutions Prepared at a Single pH. J. Toxicol. Cut. Ocular Toxicol. 12, 227-231.

(8) Ergänzung zu Kapitel B.4 dieses Anhangs, Sequenzielle Prüfstrategie für Augenreizungen und -verätzungen.

(9) Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (Transcutaneous Electrical Resistance Test).

(10) Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit einem menschlichen Hautmodell.

(11) OECD (2006), Test No. 435: In vitro Membrane Barrier Test Method for Skin corrosion, OECD-Prüfrichtlinie für Chemikalienprüfungen, Abschnitt 4, OECD, Paris.

(12) Kapitel B.47 dieses Anhangs, Trübungs- und Durchlässigkeitstest an der Rinderhornhaut zwecks Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern.

(13) Kapitel B.48 dieses Anhangs, Test am isolierten Hühnerauge zur Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern.

B.6.   SENSIBILISIERUNG DER HAUT

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bemerkungen

Die Empfindlichkeit und Fähigkeit von Tests, potenzielle Sensibilisatoren der menschlichen Haut zu ermitteln, sind von besonderer Bedeutung für ein Klassifizierungssystem der Toxizität im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens.

Es gibt kein alleiniges Prüfverfahren, das geeignet ist, alle Substanzen mit einer potenziellen Sensibilisierungswirkung auf die menschliche Haut hinreichend zu ermitteln, und das zudem für alle Substanzen relevant ist.

Bei der Auswahl eines Tests sind Faktoren wie die physikalischen Eigenschaften einer Substanz, einschließlich ihrer Fähigkeit, die Haut zu durchdringen, zu berücksichtigen.

Es wurden zwei Arten von Tests mit Meerschweinchen entwickelt: die Adjuvans-Tests, bei denen ein allergischer Zustand durch Auflösung oder Suspension der Prüfsubstanz im kompletten Freundschen Adjuvans (FCA) potenziert wird, und die Tests ohne Adjuvans.

Die Adjuvans-Tests haben bei der Bestimmung einer wahrscheinlichen Hautsensibilisierungswirkung einer Substanz beim Menschen voraussichtlich eine größere Vorhersagewahrscheinlichkeit als Methoden ohne das komplette Freundsche Adjuvans. Sie sind daher die bevorzugten Tests.

Bei dem Maximierungstest am Meerschweinchen (GPMT) handelt es sich um ein weit verbreitetes Adjuvans-Verfahren. Obwohl es noch zahlreiche andere Verfahren gibt, mit deren Hilfe sich feststellen lässt, ob eine Substanz eine Sensibilisierungsreaktion der Haut hervorzurufen vermag, gilt der GPMT als der bevorzugte Adjuvans-Test.

Bei zahlreichen chemischen Substanzklassen gelten die Tests ohne Adjuvans (von denen der Bühler-Test der bevorzugte ist) als weniger empfindlich.

In bestimmten Fällen kann es gute Gründe für die Wahl des Bühler-Tests geben, bei dem die äußerliche Applikation Anwendung findet, anstelle der intradermalen Injektion beim Maximierungstest am Meerschweinchen. Die Anwendung des Bühler-Tests sollte wissenschaftlich begründet werden.

In der vorliegenden Methode werden der Meerschweinchen-Maximierungstest (GPMT) und der Bühler-Test beschrieben. Andere Tests können verwendet werden, sofern sie gut validiert sind und eine wissenschaftliche Begründung gegeben wird.

Wenn ein positives Ergebnis mit einem anerkannten Screening-Test erhalten wird, kann eine Testsubstanz als potenziell sensibilisierend bewertet werden. Somit kann ein weiterer Test mit Meerschweinchen nicht notwendig sein. Wird aber ein negatives Ergebnis mit einem Screening-Test erhalten, ist ein Test mit Meerschweinchen entsprechend dem hier beschriebenen Verfahren durchzuführen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Hautsensibilisierung: (allergische Kontaktdermatitis) immunologisch vermittelte Hautreaktion auf eine Substanz. Beim Menschen kann die Reaktion gekennzeichnet sein durch Pruritus, Erytheme, Ödeme, Papula, Vesiculae, Bullae oder eine Kombination dieser Erscheinungen. Bei anderen Spezies können die Reaktionen anderer Art sein und nur aus Erythemen und Ödemen bestehen.

Induktionsexposition: experimentelle Exposition eines Probanden gegenüber einer Prüfsubstanz mit der Absicht, eine Überempfindlichkeit zu induzieren.

Induktionsphase: Zeitraum von mindestens einer Woche nach einer Induktionsexposition, während dem sich eine Überempfindlichkeit entwickeln kann.

Provokationsexposition: experimentelle Exposition eines zuvor behandelten Tieres gegenüber einer Prüfsubstanz nach einer Induktionsphase, um zu bestimmen, ob das Tier überempfindlich reagiert.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Die Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des verwendeten Testverfahrens sollte alle sechs Monate unter Verwendung von Substanzen mit bekannten leichten bis mittelgradigen hautsensibilisierenden Eigenschaften überprüft werden.

In einem ordnungsgemäß durchgeführten Test ist bei leichten/mittelgradigen Sensibilisatoren eine Reaktion von mindestens 30 % (Adjuvans-Test) bzw. mindestens 15 % (Test ohne Adjuvans) zu erwarten.

Die folgenden Substanzen werden bevorzugt:



CAS-NummerEINECS-NummerEINECS-BezeichnungenFreinamen
101-86-0202-983-3α -Hexylcinnam-aldehydα-Hexyl-cinnamaldehyd
149-30-4205-736-8Benzothiazol-2-thiol (Mercaptobenzothiazol)Kaptax
94-09-7202-303-5BenzocainNorcain

Unter bestimmten Umständen können bei entsprechender Begründung andere Kontrollsubstanzen, die die obigen Kriterien erfüllen, verwendet werden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Versuchstiere werden zunächst durch intradermale Injektion und/oder epidermale Applikation der Prüfsubstanz ausgesetzt (Induktionsexposition). Nach einer Ruhephase von 10 bis 14 Tagen (Induktionsphase), in deren Verlauf sich eine Immunreaktion entwickeln kann, werden die Tiere einer Provokationsdosis ausgesetzt. Ausmaß und Grad der Hautreaktion auf die Provokationsexposition bei den Versuchstieren wird mit der Reaktion bei Kontrolltieren verglichen, die einer Scheininduktion unterzogen wurden und die Provokationsexposition erhalten.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODEN

Wenn die Entfernung der Prüfsubstanz für notwendig erachtet wird, sollte dies mit Hilfe von Wasser oder einem geeigneten Lösungsmittel geschehen, ohne dass die vorhandene Reaktion bzw. die Unversehrtheit der Epidermis beeinträchtigt wird.

1.5.1.   Meerschweinchen-Maximierungstest (GPMT)

1.5.1.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Albino-Meerschweinchen werden vor dem Test für die Dauer von mindestens 5 Tagen an die Laborbedingungen akklimatisiert. Vor Testbeginn werden die Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Behaarung wird je nach Prüfmethode durch Scheren, Rasieren oder, falls möglich, chemische Enthaarung entfernt. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu Hautabschürfungen kommt. Die Tiere werden vor Testbeginn und nach Abschluss des Tests gewogen.

1.5.1.2.   Versuchsbedingungen

1.5.1.2.1.   Versuchstiere

Es werden gängige Laborstämme des Albino-Meerschweinchens verwendet.

1.5.1.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Es können männliche und/oder weibliche Tiere verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein.

Die behandelte Gruppe besteht aus mindestens 10 Tieren, die Kontrollgruppe aus mindestens 5 Tieren. Wenn weniger als 20 Tiere in der Prüfgruppe und 10 Tiere in der Kontrollgruppe verwendet wurden und es nicht möglich ist, zu entscheiden, ob die Prüfsubstanz sensibilisierend wirkt, sind Prüfungen an weiteren Tieren unbedingt zu empfehlen, bis insgesamt mindestens 20 Tiere in der Prüfgruppe und 10 Kontrolltiere getestet sind.

1.5.1.2.3.   Dosierungen

Die für jede Induktionsexposition verwendete Konzentration der Prüfsubstanz sollte systemisch gut verträglich sein, und es sollte sich um die höchste Dosis handeln, die noch eine leichte bis mittelgradige Hautreizung hervorruft. Die für die Provokationsexposition verwendete Konzentration sollte die höchste nicht reizende Dosis sein. Wenn notwendig, können die entsprechenden Konzentrationen mit einer Pilotstudie unter Verwendung von zwei bis drei Tieren ermittelt werden. Für diesen Zweck kommt die Verwendung von FCA-behandelten Tieren in Betracht.

1.5.1.3.   Versuchsdurchführung

1.5.1.3.1.   Induktion

Tag 0 — behandelte Gruppe

Drei paarweise Injektionen von 0,1 ml werden jeweils rechts und links von der Mittellinie intradermal in die enthaarte Schulterregion injiziert.

Injektion 1: 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung;

Injektion 2: Prüfsubstanz in geeignetem Vehikel in der gewählten Konzentration;

Injektion 3: Prüfsubstanz in der gewählten Konzentration in einer 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung.

Bei der Injektion 3 werden die wasserlöslichen Substanzen vor der Mischung mit FCA in der wässrigen Phase gelöst. Fettlösliche oder unlösliche Substanzen werden vor der Zugabe der wässrigen Phase in FCA suspendiert. Die Endkonzentration der Prüfsubstanz entspricht der der Injektion 2.

Die Injektionen 1 und 2 werden nahe beieinander im kranialen Teil, die Injektion 3 im kaudalen Teil des Applikationsbereichs gesetzt.

Tag 0 — Kontrollgruppe

Drei paarweise Injektionen von 0,1 ml werden an denselben Stellen wie bei den behandelten Tieren injiziert.

Injektion 1: 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung;

Injektion 2: unverdünntes Vehikel;

Injektion 3: 50 %ige Zubereitung (w/v) des Vehikels in einer 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung.

Tag 5-7 — behandelte und Kontrollgruppe

Etwa 24 Stunden vor der topischen Induktionsapplikation wird, wenn die Substanz nicht hautreizend ist, der kurzgeschorene oder rasierte Applikationsbereich mit 0,5 ml Natriumlaurylsulfat 10 % in Vaseline bestrichen, um eine örtliche Reizung hervorzurufen.

Tag 6-8 — behandelte Gruppe

Der Applikationsbereich wird erneut enthaart. Ein Filterpapier (2 × 4 cm) wird vollständig mit der Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel beladen, auf den Applikationsbereich aufgetragen und mit einem Okklusivverband für 48 Stunden fixiert. Die Wahl des Vehikels ist zu begründen. Feststoffe werden fein pulverisiert und in ein geeignetes Vehikel eingebracht. Flüssigkeiten können ggf. unverdünnt appliziert werden.

Tag 6-8 — Kontrollgruppe

Der Applikationsbereich wird erneut enthaart. Das Vehikel allein wird in entsprechender Weise auf den Applikationsbereich aufgebracht und mit einem Okklusivverband für 48 Stunden fixiert.

1.5.1.3.2.   Provokation

Tag 20-22 — behandelte und Kontrollgruppe

Die Flanken der behandelten Tiere und der Kontrolltiere werden enthaart. Ein Läppchen oder eine Kammer mit der Prüfsubstanz wird auf eine Flanke der Tiere aufgebracht, und ein Läppchen oder eine Kammer mit dem Vehikel allein kann ggf. auf die andere Flanke aufgetragen werden. Die Läppchen werden mit einem Okklusivverband für 24 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten.

1.5.1.3.3.   Beobachtung und Bewertung: behandelte Gruppe und Kontrollgruppe

etwa 21 Stunden nach Entfernung des Läppchens wird der Provokationsbereich gereinigt und kurzgeschoren und/oder rasiert und bei Bedarf depiliert;
etwa 3 Stunden später (etwa 48 Stunden nach Beginn der Provokationsexposition) wird die Hautreaktion bewertet und gemäß den in der Anlage aufgeführten Schweregraden dokumentiert;
etwa 24 Stunden nach dieser Beobachtung erfolgt eine zweite Beobachtung (72 Stunden nach Beginn), die ebenfalls dokumentiert wird.

Es empfiehlt sich eine Blindablesung der behandelten Tiere und der Kontrolltiere.

Falls eine Klärung der Ergebnisse der ersten Provokation erforderlich ist, sollte eine zweite Provokation (d. h. eine Reprovokation), ggf. mit einer neuen Kontrollgruppe, etwa eine Woche nach der ersten in Betracht gezogen werden. Eine Reprovokation kann auch mit der ursprünglichen Kontrollgruppe durchgeführt werden.

Alle Hautreaktionen und auffälligen Befunde, einschließlich systemischer Reaktionen, infolge der Induktion und der Provokation sollten beobachtet und entsprechend der Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman (siehe Anlage) dokumentiert werden. Weitere Verfahren, wie z. B. die histopathologische Untersuchung oder die Messung der Hautfaltendicke, können verwendet werden, um zweifelhafte Reaktionen zu klären.

1.5.2.   Bühler-Test

1.5.2.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Albino-Meerschweinchen werden vor dem Test für die Dauer von mindestens 5 Tagen an die Laborbedingungen akklimatisiert. Vor Testbeginn werden die Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt Die Behaarung wird je nach Prüfmethode durch Scheren, Rasieren oder, falls möglich, chemische Enthaarung, entfernt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird. Die Tiere werden vor Testbeginn und nach Abschluss des Tests gewogen.

1.5.2.2.   Versuchsbedingungen

1.5.2.2.1.   Versuchstiere

Es werden gängige Laborstämme des Albino-Meerschweinchens verwendet.

1.5.2.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Es können männliche und/oder weibliche Tiere verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein.

Die behandelte Gruppe besteht aus mindestens 20 Tieren, die Kontrollgruppe aus mindestens 10 Tieren.

1.5.2.2.3.   Dosierungen

Die für jede Induktionsexposition verwendete Konzentration der Prüfsubstanz sollte die höchstmögliche Dosis sein, die noch eine leichte, aber nicht zu starke Hautreizung hervorruft. Die für die Provokationsexposition verwendete Konzentration sollte die höchste nicht reizende Dosis sein. Wenn notwendig, können die entsprechenden Konzentrationen mit einer Pilotstudie unter Verwendung von zwei bis drei Tieren ermittelt werden.

Bei wasserlöslichen Prüfsubstanzen ist es zweckmäßig, Wasser oder eine verdünnte, nicht reizende Surfactant-Lösung als Vehikel zu verwenden. Bei sonstigen Prüfsubstanzen wird 80 % Ethanol/Wasser für die Induktion und Azeton für die Provokation bevorzugt.

1.5.2.3.   Versuchsdurchführung

1.5.2.3.1.   Induktion

Tag 0 — behandelte Gruppe

Eine Flanke wird enthaart (kurzgeschoren). Das Testläppchensystem sollte vollständig mit der Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel beladen sein (die Auswahl des Vehikels muss begründet sein; flüssige Prüfsubstanzen können ggf. unverdünnt aufgetragen werden).

Das Testläppchen wird auf den Applikationsbereich aufgetragen und durch ein Okklusivpflaster oder eine Okklusivkammer und einen geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten.

Das Testläppchensystem muss okklusiv sein. Eine runde oder quadratische Wattekompresse ist geeignet, sollte aber mindestens 4-6 cm2 groß sein. Die Fixierung der Tiere mit einem geeigneten Fixator wird jedoch zur Okklusion bevorzugt. Bei Verwendung einer Umhüllung sind unter Umständen weitere Expositionen erforderlich.

Tag 0 — Kontrollgruppe

Eine Flanke wird enthaart (kurzgeschoren). Das Vehikel allein wird auf die gleiche Weise wie bei der behandelten Gruppe aufgebracht. Das Testläppchensystem wird durch ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer und einen geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten. Wenn nachweisbar ist, dass eine scheinbehandelte Kontrollgruppe nicht erforderlich ist, kann eine unbehandelte Kontrollgruppe verwendet werden.

Tage 6-8 und 13-15 — behandelte Gruppe und Kontrollgruppe

Dieselbe Applikation wie am Tag 0 erfolgt am Tag 6-8 sowie erneut am Tag 13-15 auf demselben Applikationsbereich (bei Bedarf enthaart) derselben Flanke.

1.5.2.3.2.   Provokation

Tag 27-29 — behandelte Gruppe und Kontrollgruppe

Die unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere wird enthaart (kurz geschoren). Ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer mit der entsprechenden Menge an Prüfsubstanz wird in der maximalen nicht hautreizenden Konzentration auf die hintere unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere aufgetragen.

Gegebenenfalls kann ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer mit dem Vehikel allein auf die vordere unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere aufgetragen werden. Die Läppchen bzw. Kammern werden mit einem geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten.

1.5.2.3.3.   Beobachtung und Bewertung

etwa 21 Stunden nach Entfernung des Läppchens wird der Provokationsbereich enthaart;
etwa 3 Stunden später (etwa 30 Stunden nach Applikation des Provokationspflasters) werden die Hautreaktionen bewertet und gemäß den in der Anlage aufgeführten Schweregraden dokumentiert;
etwa 24 Stunden nach dieser ersten Beobachtung (d. h. 54 Stunden nach Applikation des Provokationspflasters) werden die Hautreaktionen erneut bewertet und dokumentiert.

Es empfiehlt sich eine Blindablesung der behandelten Tiere und der Kontrolltiere.

Falls eine Klärung der Ergebnisse der ersten Provokation erforderlich ist, sollte eine zweite Provokation (d. h. eine Reprovokation), ggf. mit einer neuen Kontrollgruppe, etwa eine Woche nach der ersten in Betracht gezogen werden. Eine Reprovokation kann auch mit der ursprünglichen Kontrollgruppe durchgeführt werden.

Alle Hautreaktionen und auffälligen Befunde, einschließlich systemischer Reaktionen, infolge der Induktion und der Provokation sollten beobachtet und entsprechend der Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman (siehe Anlage) dokumentiert werden. Weitere Verfahren, wie z. B. die histopathologische Untersuchung oder die Messung der Hautfaltendicke, können verwendet werden, um zweifelhafte Reaktionen zu klären.

2.   DATEN (GPMT und Bühler-test)

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Aus den Daten müssen für jedes Versuchstier die Hautreaktionen zu jedem Beobachtungszeitpunkt hervorgehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT (GPMT und Bühler-test)

Wenn ein Screening-Test (z. B. Lokaler Lymphknotentest [LLNA], Maus-Ohrschwellungstest [MEST]) vor dem Meerschweinchentest durchgeführt wird, muss die Beschreibung oder Literaturstelle des Tests mit Angaben zum Verfahren neben den mit den Prüf- und Referenzsubstanzen gewonnenen Ergebnissen angegeben werden.

Prüfbericht (GPMT und Bühler-Test)

Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:

Versuchstiere:

verwendeter Meerschweinchenstamm;
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Beginn der Prüfung.

Prüfbedingungen:

Methode der Vorbereitung der Applikationsstelle;
Angaben zur Art der verwendeten Läppchen sowie zur Patching-Technik;
Ergebnis der Pilotstudie mit den für den eigentlichen Test ermittelten Induktions- und Provokationskonzentrationen,
Angaben zur Vorbereitung, Applikation und Entfernung der Prüfsubstanz;
Begründung der Auswahl des Vehikels;
Konzentrationen des Vehikels und der Prüfsubstanz für die Induktions- und die Provokationsexposition sowie applizierte Gesamtmenge an Substanz zur Induktion und Provokation.

Ergebnisse:

Zusammenfassung der Ergebnisse der letzten Überprüfung der Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des Tests (siehe 1.3) mit Angaben über verwendete Substanzen, Konzentrationen und Vehikel;
Beobachtungen der einzelnen Tiere mit Angabe des Bewertungssystems;
ausführliche Beschreibung der Art und des Schweregrades der beobachteten Wirkungen;
eventuelle histopathologische Befunde.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATUR

Diese Methode entspricht der OECD TG 406.

Anlage

TABELLE

Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman für Reaktionen auf Provokations-Läppentests

0 = keine sichtbare Veränderung

1 = leichtes oder fleckiges Erythem

2 = mittelgradiges und konfluierendes Erythem

3 = starkes Erythem und Schwellung

B.7   28-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE MIT WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NAGETIEREN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 407 (2008). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 407 wurde 1981 angenommen. 1995 wurde eine überarbeitete Fassung angenommen mit dem Ziel, insbesondere in Bezug auf Neurotoxizität und Immunotoxizität zusätzliche Informationen von den in der Studie verwendeten Tieren zu gewinnen.
2.
Die OECD leitete 1998 mit hoher Priorität eine Überarbeitung der bestehenden Prüfrichtlinien und die Ausarbeitung neuer Prüfrichtlinien für Screening und Prüfung potenzieller endokriner Disruptoren ein (8). Ein Aspekt dieser Maßnahme war die Aktualisierung der bestehenden OECD-Prüfrichtlinie für eine „28-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter oraler Verabreichung an Nagetieren“ (TG 407) durch Parameter, mit denen eine endokrine Wirkung von Prüfsubstanzen festgestellt werden kann. Dieses Verfahren wurde in einem umfangreichen internationalen Programm auf Relevanz und Praktikabilität der zusätzlichen Parameter, ihre Leistungsfähigkeit in Bezug auf chemische Stoffe mit (anti)östrogener, (anti)androgener und (anti)thyroider Wirkung, die Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und die Interferenz der neuen Parameter mit den zuvor nach der TG 407 vorgesehenen Parametern geprüft. Die dabei gewonnene umfangreiche Datenmenge wurde in einem umfassenden OECD-Bericht zusammengestellt und ausführlich bewertet (9). Diese aktualisierte Prüfmethode B.7 (die der TG 407 entspricht) ist das Ergebnis der im internationalen Prüfprogramm gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse. Mithilfe dieser Prüfmethode können bestimmte endokrin vermittelte Wirkungen in einen Gesamtzusammenhang mit anderen toxikologischen Wirkungen gestellt werden.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

3.
Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Merkmale eines chemischen Stoffs kann die orale Toxizität nach wiederholter Verabreichung des Stoffs bestimmt werden, nachdem zunächst durch Prüfungen auf akute Toxizität erste Toxizitätsdaten gewonnen wurden. Diese Prüfmethode ist dazu bestimmt, die Wirkungen auf ein sehr breites Spektrum potenzieller Toxizitätsziele zu untersuchen. Sie gibt Aufschluss über die möglichen Gesundheitsgefahren, einschließlich der Wirkungen auf das Nervensystem, das Immunsystem und das endokrine System, die durch wiederholte Exposition über einen relativ begrenzten Zeitraum auftreten können. In Bezug auf diese speziellen Endpunkte sollte die Methode es ermöglichen, chemische Stoffe mit neurotoxischem Potenzial, die in dieser Hinsicht eingehender untersucht werden sollten, und chemische Stoffe, die die Physiologie der Schilddrüse beeinflussen, zu identifizieren. Sie kann auch Daten über Stoffe liefern, die die Fortpflanzungsorgane männlicher und/oder weiblicher junger, adulter Tiere beeinträchtigen, und Hinweise auf immunologische Wirkungen geben.
4.
Die Ergebnisse dieser Prüfmethode B.7 sollten für die Identifizierung von Gefahren und zur Risikobewertung verwendet werden. Die Ergebnisse in Bezug auf die endokrinen Parameter sind im Kontext des „OECD Conceptual Framework for Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals“ (11) zu interpretieren. Die Methode umfasst die Basisstudie zur Prüfung auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung, die für chemische Stoffe, bei denen eine 90-Tage-Studie nicht gerechtfertigt ist (z. B. wenn das Produktionsvolumen bestimmte Grenzen nicht überschreitet), oder als Vorstudie zu einer Langzeitstudie verwendet werden kann. Die Expositionsdauer sollte 28 Tage betragen.
5.
Das internationale Programm für die Validierung der Parameter, die geeignet sind, möglicherweise eine endokrine Wirkung einer Prüfsubstanz nachzuweisen, hat gezeigt, dass die Qualität der mit dieser Prüfmethode B.7 gewonnenen Daten weitgehend von der Erfahrung des Prüflabors abhängt. Dies gilt insbesondere für die histopathologische Bestimmung von zyklischen Veränderungen der weiblichen Fortpflanzungsorgane und für die Gewichtsbestimmung bei den kleinen hormonabhängigen Organen, die schwierig zu sezieren sind. Es wurde ein Leitfaden zur Histopathologie entwickelt (19), der auf der öffentlichen OECD-Website für Prüfrichtlinien abrufbar ist. Er soll Pathologen bei Untersuchungen helfen und die Empfindlichkeit der Prüfungen verbessern. Es wurde festgestellt, dass verschiedene Parameter auf endokrine Toxizität hindeuten; diese wurden in die Prüfrichtlinie aufgenommen. Andere Parameter, deren Nutzen wegen unzureichender Daten nicht erwiesen ist oder deren Fähigkeit zur Feststellung endokriner Disruptoren im Validierungsprogramm nur unzureichend belegt wurde, werden als fakultative Endpunkte vorgeschlagen (siehe Anlage 2).
6.
Die Ergebnisse des Validierungsprozesses deuten darauf hin, dass diese Prüfung nicht empfindlich genug ist, um alle Stoffe mit (anti)androgener oder (anti)östrogener Wirkungsweise zu identifizieren (9). Diese Prüfmethode wird nicht in einer für endokrine Störungen sehr empfindlichen Lebensphase durchgeführt. Während des Validierungsprozesses konnten zwar Substanzen mit schwacher oder starker Wirkung auf die Schilddrüsenfunktion und solche, die das endokrine System über östrogene oder androgene Rezeptoren mehr oder weniger stark beeinflussen, identifiziert werden; in den meisten Fällen konnten Stoffe mit endokriner Wirkung, die diese Rezeptoren nur geringfügig beeinträchtigen, mit der Methode aber nicht erkannt werden. Aus diesem Grund kann sie nicht als Screening-Test für endokrine Aktivität bezeichnet werden.
7.
Die Tatsache, dass keine mit diesen Wirkungsweisen verbundenen Effekte festgestellt werden, ist daher kein Nachweis dafür, dass es keine Wirkungen auf das endokrine System gibt. Die Charakterisierung der Substanz in Bezug auf endokrin vermittelte Wirkungen darf sich deshalb nicht allein auf die Ergebnisse dieser Prüfmethode stützen; es ist vielmehr ein WoE-Ansatz anzuwenden, der alle vorhandenen Daten über einen chemischen Stoff zur Bestimmung seiner potenziellen endokrinen Aktivität einbezieht. Aus diesem Grund dürfen sich Regulierungsentscheidungen über endokrine Aktivität (Charakterisierung von Substanzen) nicht allein auf die Ergebnisse aus der Anwendung dieser Prüfmethode stützen, sondern müssen auf einer breiten Grundlage basieren.
8.
Bei allen Verfahren, bei denen Tiere verwendet werden, sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Die nachstehenden Beschreibungen der Tierpflege und -behandlung sind Mindeststandards; wenn örtliche Bestimmungen strenger sind, gehen diese vor. Die OECD hat einen Leitfaden über die humane Behandlung von Versuchstieren herausgegeben (14).
9.
Die verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

10.
Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen von Versuchstieren über einen Zeitraum von 28 Tagen täglich in abgestuften Dosen oral verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere täglich sorgfältig auf Toxizitätszeichen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss des Tests überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert. Eine 28-Tage-Studie gibt Aufschluss über die Wirkungen einer wiederholten oralen Exposition und kann Aufschluss darüber geben, ob weitere Studien über längere Zeiträume erforderlich sind. Sie kann auch Informationen über die Wahl der Konzentrationen für Langzeitstudien liefern. Die mit dieser Prüfmethode gewonnenen Daten sollten es ermöglichen, die Toxizität der Prüfsubstanz zu beschreiben, Aufschluss über die Dosis-Wirkungs-Beziehung zu erhalten und den NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) zu bestimmen.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

11.
Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, aber auch andere Nagetierarten sind geeignet. Wenn die in dieser Prüfmethode B.7 genannten Parameter an einer anderen Nagetierart untersucht werden, ist dies ausführlich zu begründen. Es ist zwar biologisch plausibel, dass andere Arten ähnlich auf toxische Stoffe reagieren dürften wie die Ratte, aber die Verwendung kleinerer Arten kann wegen der technisch schwierigeren Sektion kleinerer Organe zu größeren Schwankungen bei den Ergebnissen führen. Im internationalen Validierungsprogramm für den Nachweis von endokrinen Disruptoren wurde nur die Ratte als Versuchstier verwendet. Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Mit der Dosierung sollte möglichst bald nach dem Absetzen begonnen werden, auf jeden Fall jedoch, bevor die Tiere 9 Wochen alt sind. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn eine Studie mit wiederholter oraler Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten in beiden Studien vorzugsweise Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

Haltung und Fütterung

12.
Bei allen Verfahren sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Die Temperatur im Tierversuchsraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung der Prüfsubstanz sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll. Die Tiere sollten in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen untergebracht werden; sie können auch einzeln gehalten werden, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Bei Gruppenhaltung sollten maximal fünf Tiere in einem Käfig untergebracht sein.
13.
Das Futter ist regelmäßig auf Schadstoffe zu analysieren. Eine Probe des Futters ist bis zur Fertigstellung des Abschlussberichts aufzubewahren.

Vorbereitung der Tiere

14.
Gesunde, junge, adulte Tiere werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Tiere werden eindeutig gekennzeichnet und vor Beginn der Behandlungsstudie in ihren Käfigen über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.

Herstellung der Dosen

15.
Die Prüfsubstanz wird über eine Schlundsonde, mit der Nahrung oder dem Trinkwasser verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt vom Zweck der Studie und von den physikalischen/chemischen/toxikokinetischen Eigenschaften der Prüfsubstanz ab.
16.
Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, dann eine Lösung/Suspension in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in einem anderen Vehikel in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen seine toxischen Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz im Vehikel sollte bestimmt werden.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

17.
Für jede Dosisstufe sind mindestens zehn Tiere (fünf weibliche und fünf männliche) zu verwenden. Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Zur Beobachtung der Reversibilität, der Persistenz oder des verzögerten Auftretens toxischer Wirkungen für mindestens 14 Tage nach der Behandlung ist die Einbeziehung einer zusätzlichen Satellitengruppe von zehn Tieren (fünf je Geschlecht) in der Kontrollgruppe und in der Gruppe mit der höchsten Dosis in Betracht zu ziehen.

Dosierung

18.
Im Allgemeinen sind mindestens drei Prüfgruppen und eine Kontrollgruppe zu verwenden; wenn aber angesichts der Beurteilung anderer Daten bei einer Dosis von 1 000 mg pro kg Körpergewicht und Tag keine Wirkungen zu erwarten sind, kann ein Limit-Test durchgeführt werden. Liegen keine entsprechenden Daten vor, kann eine Dosisfindungsstudie (Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft) durchgeführt werden, um die zu verwendenden Dosen zu bestimmen. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollen die Tiere in der Kontrollgruppe unter identischen Bedingungen behandelt werden wie die Versuchstiere in der Prüfgruppe. Wird die Prüfsubstanz mit einem Vehikel verabreicht, muss die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen erhalten.
19.
Bei der Wahl der Dosisstufen sind sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe vorliegenden Daten zur Toxizität und (Toxiko-)Kinetik zu berücksichtigen. Die höchste Dosisstufe ist so zu wählen, dass zwar toxische Wirkungen, aber keine Todesfälle oder schweres Leiden hervorgerufen werden. Anschließend ist eine absteigende Folge von Dosisstufen zu wählen, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosisstufe ohne zu beobachtende unerwünschte Wirkungen (NOAEL) nachzuweisen. Zwei- bis vierfache Abstände erweisen sich häufig als optimale Dosisabstufungen, und meist ist eine zusätzliche vierte Prüfgruppe der Verwendung von sehr großen Dosisabständen (z. B. um mehr als den Faktor 10) vorzuziehen.
20.
Bei allgemeiner Toxizität (z. B. vermindertes Körpergewicht, Wirkungen auf Leber, Herz, Lungen oder Nieren usw.) oder anderen Veränderungen, die möglicherweise keine toxischen Reaktionen sind (z. B. verminderte Futteraufnahme, Lebervergrößerung) sind die beobachteten Wirkungen auf immunologische, neurologische oder endokrine Endpunkte mit Vorsicht zu interpretieren.

Limit-Test

21.
Verursacht die Prüfung bei einer Dosisstufe von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht pro Tag bzw. eine entsprechende Konzentration im Futter oder Trinkwasser (in Abhängigkeit vom jeweiligen Körpergewicht) unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Exposition des Menschen die Prüfung in einer höheren Dosisstufe angezeigt erscheinen lassen.

Verabreichung der Dosen

22.
Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen in der Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, von denen 2 ml/100 g Körpergewicht gegeben werden können. Abgesehen von reizenden oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird, die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.
23.
Bei mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichten Stoffen ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz im Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter (ppm) oder eine konstante Dosis, bezogen auf das Körpergewicht des Tieres, verwendet werden; die jeweils gewählte Verfahrensweise muss angegeben werden. Eine mit einer Schlundsonde verabreichte Dosis sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten wird. Wenn eine Studie mit wiederholter Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten die beiden Studien bezüglich des Futters der Tiere vergleichbar sein.

Beobachtungen

24.
Die Tiere sollten 28 Tage beobachtet werden. Tiere in einer Satellitengruppe, bei denen Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für mindestens weitere 14 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um ein verzögertes Auftreten, die Persistenz oder die Reversibilität von toxischen Wirkungen festzustellen.
25.
Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich erfolgen, vorzugsweise jeweils zur gleichen Zeit und unter Berücksichtigung des Zeitraums nach der Verabreichung, in dem voraussichtlich der Wirkungsgipfel zu erwarten ist. Der Gesundheitszustand der Tiere ist zu dokumentieren. Mindestens zweimal täglich werden alle Tiere auf Erkrankungen oder Todesfälle überprüft.
26.
Alle Tiere sollten einmal vor der ersten Exposition (um intraindividuelle Vergleiche zu ermöglichen) und danach mindestens einmal wöchentlich eingehend klinisch untersucht werden. Die Beobachtungen sind außerhalb des Käfigs, in dem die Tiere gehalten werden, in stets gleicher Umgebung und vorzugsweise stets zur gleichen Tageszeit vorzunehmen. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Prüfbedingungen möglichst konstant bleiben und dass die Beobachtungen vorzugsweise von Personen vorgenommen werden, denen die Behandlung der Tiere nicht bekannt ist. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (2).
27.
In der vierten Expositionswoche sollten die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (2) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (3)(4)(5), die Greifkraft (6) und die motorische Aktivität (7) bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.
28.
Die funktionellen Beobachtungen in der vierten Expositionswoche können entfallen, wenn es sich um eine Vorstudie für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität (90 Tage) handelt. In diesem Fall sollten die funktionellen Beobachtungen im Rahmen dieser Folgestudie vorgenommen werden. Andererseits könnten die Daten über funktionelle Beobachtungen aus der Studie mit wiederholter Verabreichung aber die Wahl der Dosisstufen für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität erleichtern.
29.
In Ausnahmefällen können funktionelle Beobachtungen auch bei Gruppen entfallen, die so starke sonstige Toxizitätsanzeichen aufweisen, dass die Leistungen in Funktionstests dadurch signifikant beeinträchtigt würden.
30.
Bei der Nekropsie kann der Östruszyklus aller weiblichen Tiere (fakultativ) durch Vaginalabstriche bestimmt werden. Diese Beobachtungen geben Aufschluss über die Phase des Östruszyklus zum Zeitpunkt der Tötung und erleichtern die histologische Beurteilung östrogenempfindlicher Gewebe [siehe Leitfaden zur Histopathologie (19)].

Körpergewicht und Futter-/Trinkwasseraufnahme

31.
Alle Tiere sind mindestens einmal wöchentlich zu wiegen. Die Futteraufnahme wird mindestens wöchentlich gemessen. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, wird auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen.

Hämatologische Untersuchung

32.
Die folgenden hämatologischen Parameter sind am Ende der Prüfung zu bestimmen: Hämatokrit, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Retikulozyten, Gesamt- und Differential-Leukozytenzahl, Thrombozytenzahl und Blutgerinnungszeit/-fähigkeit. Wenn die Prüfsubstanz oder ihre möglichen Metaboliten oxidierende Eigenschaften haben oder diese vermutet werden, sollten zusätzlich die Methämoglobinkonzentration und die Heinz-Körper bestimmt werden.
33.
Die Blutproben müssen an einer benannten Stelle unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere entnommen und fachgerecht gelagert werden. In der Nacht vor der Tötung sollten die Tiere kein Futter erhalten .

Klinisch-biochemische Untersuchungen

34.
Zur Untersuchung der wesentlichen toxischen Wirkungen in Geweben und insbesondere der Wirkungen auf Leber und Nieren sollten klinisch-biochemische Parameter in Blutproben aller Tiere bestimmt werden, die unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere (mit Ausnahme von Tieren, die moribund aufgefunden und/oder vor Beendigung der Studie getötet werden) entnommen werden. Die Plasma- oder Serumuntersuchungen umfassen die Parameter Natrium, Kalium, Glucose, Gesamtcholesterin, Harnstoff, Kreatinin, Gesamtprotein und Albumin, mindestens zwei Enzyme, die auf hepatozelluläre Wirkungen schließen lassen (wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltranspeptidase und Glutamatdehydrogenase) sowie Gallensäuren. Die Bestimmung weiterer Enzyme (aus Leber oder anderen Organen) sowie von Bilirubin kann unter bestimmten Umständen ebenfalls wertvolle Hinweise liefern.
35.
Optional können in der letzten Woche der Studie am Urin, der zu festgelegten Zeiten gesammelt wird, folgende Analysebestimmungen durchgeführt werden: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Protein, Glucose und Blut/Blutzellen.
36.
Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Plasma- oder Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Des Weiteren sollten, wenn die bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz im Verdacht stehen, die entsprechenden Stoffwechselprofile zu beeinflussen, die Parameter Calcium, Phosphat, Triglyzeride, spezifische Hormone und Cholinesterase bestimmt werden. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.
37.
Wenngleich in der internationalen Bewertung der endokrinen Endpunkte kein klarer Vorteil der Bestimmung von Schilddrüsenhormonen (T3, T4) und TSH nachgewiesen werden konnte, kann es hilfreich sein, Plasma- oder Serumproben zur Messung von T3, T4 und TSH (fakultativ) aufzubewahren, wenn es einen Hinweis auf eine Wirkung auf die Hypophysen-Schilddrüsen-Achse gibt. Diese Proben können zur Lagerung bei - 20 °C eingefroren werden. Die folgenden Faktoren können die Variabilität und die absoluten Konzentrationen der Hormonbestimmungen beeinflussen:
der Zeitpunkt der Tötung wegen Schwankungen der Hormonkonzentrationen im Tagesverlauf,
Methode der Tötung, die gewählt wird, um übermäßigen Stress für die Tiere zu vermeiden, der die Hormonkonzentrationen beeinflussen könnte,
Testkits für Hormonbestimmungen mit unterschiedlichen Standardkurven.

Schilddrüsenaktive Substanzen können durch histopathologische Untersuchungen zuverlässiger identifiziert werden als über die Hormonspiegel.

38.
Plasmaproben, die speziell zur Hormonbestimmung vorgesehen sind, sollten immer zur gleichen Tageszeit gewonnen werden. Es wird empfohlen, die durch histopathologische Veränderungen der Schilddrüse verursachten T3-, T4- und TSH-Spiegel zu bestimmen. Die verschiedenen im Handel erhältlichen Assay-Kits können bei der Analyse der Hormonkonzentration unterschiedliche numerische Werte ergeben. Aus diesem Grund können möglicherweise keine Leistungskriterien auf der Grundlage einheitlicher historischer Daten angegeben werden. Die Labors sollten stattdessen anstreben, die Variationskoeffizienten für T3 und T4 unter 25 und für TSH unter 35 zu halten. Alle Konzentrationen sind in ng/ml zu protokollieren.
39.
Erweisen sich die Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter vor Versuchsbeginn oder vorzugsweise an einer nicht in die Versuchsgruppen einbezogenen Gruppe von Tieren in Betracht gezogen werden.

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

40.
Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen als Ganzes, Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (mit Ausnahme von Tieren, die moribund aufgefunden und/oder vor Beendigung der Studie getötet werden) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern. Bei der Entfernung der anhaftenden Gewebe von der Prostata ist sorgfältig darauf zu achten, die mit Flüssigkeit gefüllten Samenbläschen nicht zu perforieren. Alternativ können Samenbläschen und Prostata auch nach der Fixierung von anhaftendem Gewebe befreit und gewogen werden.
41.
Darüber hinaus können fakultativ auch zwei weitere Organe baldmöglichst nach der Sektion gewogen werden, um ein Austrocknen zu verhindern: die Ovarien (Nassgewicht) und der Uterus mit Zervix (Anleitung zur Entfernung und Aufbereitung des Uterusgewebes für die Gewichtsbestimmung in OECD TG 440 (18)).
42.
Das Gewicht der Schilddrüse (fakultativ) kann nach der Fixierung bestimmt werden. Anhaftendes Gewebe ist sehr vorsichtig und erst nach der Fixierung zu entfernen, um Gewebeschäden zu vermeiden. Eine Gewebeschädigung könnte die histopathologische Analyse beeinträchtigen.
43.
Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (siehe Nummer 47): alle Gewebe mit makroskopischen Veränderungen, Hirn (typische Regionen einschließlich Cerebrum, Cerebellum und Pons), Rückenmark, Auge, Magen, Dünn- und Dickdarm (mit Peyer’schen-Platten), Leber, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Thymus, Schilddrüse, Trachea und Lungen (konserviert durch Inflation mit Fixierungsmittel und Immersion), Gonaden (Hoden und Ovarien), akzessorische Geschlechtsorgane (Uterus und Zervix, Nebenhoden, Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen), Vagina,Harnblase,Lymphknoten [je nach Erfahrung des Labors sollte neben dem proximalsten drainierenden Lymphknoten ein weiterer Lymphknoten entnommen werden (15)], periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis) vorzugsweise in der Nähe des Muskels, Skelettmuskel und Knochen mit Knochenmark (Schnitt oder wahlweise ein frisch fixiertes Knochenmarkaspirat). Es wird empfohlen, die Hoden durch Immersion in Bouin’scher Lösung oder modifizierter Davidson-Lösung zu fixieren (16) (17). Damit das Fixierungsmittel rasch eindringen kann, muss die Tunica albuginea an beiden Enden des Organs vorsichtig und flach mit einer Nadel punktiert werden. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.
44.
Die folgenden Gewebe können wichtige Hinweise auf endokrine Wirkungen geben: Gonaden (Ovarien und Hoden), akzessorische Geschlechtsorgane (Uterus mit Zervix, Nebenhoden, Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen, Prostata dorsolateral und ventral), Vagina, Hypophose, männliche Brustdrüse, Schilddrüse und Nebennieren. Veränderungen der männlichen Brustdrüsen sind nicht ausreichend dokumentiert, aber dieser Parameter kann sehr empfindlich auf Stoffe mit östrogener Wirkung reagieren. Die Beobachtung von nicht unter Nummer 43 genannten Organen/Geweben ist fakultativ (siehe Anlage 2).
45.
Der Leitfaden zur Histopathologie (19) enthält zusätzliche Informationen zur Sektion, Fixierung, Schnittherstellung und Histopathologie endokriner Gewebe.
46.
Das internationale Prüfprogramm hat Hinweise darauf ergeben, dass subtile endokrine Wirkungen chemischer Stoffe, die die Homöostase der Geschlechtshormone geringfügig beeinträchtigen können, eher durch die Störung der Synchronisation des Östruszyklus als durch deutliche histopathologische Veränderungen in weiblichen Geschlechtsorganen identifiziert werden können. Wenngleich diese Wirkungen nicht eindeutig nachgewiesen werden konnten, wird empfohlen, Hinweise auf eine mögliche Asynchronie des Östruszyklus bei der Auswertung der histopathologischen Untersuchung von Ovarien (Follikelzellen, Theca-Zellen und Granulosazellen), Uterus, Zervix und Vagina zu berücksichtigen. Falls die Phase des Östruszyklus durch Vaginalabstriche bestimmt wird, kann sie auch in diesen Vergleich einbezogen werden.

Histopathologie

47.
Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und der Hochdosisgruppe sind die konservierten Organe und Gewebe umfassend histopathologisch zu untersuchen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller anderen Dosisgruppen auszudehnen, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Hochdosisgruppe festgestellt werden.
48.
Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.
49.
Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

50.
Es sollten Einzeldaten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und ihr Schweregrad sowie der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere.
51.
Wenn möglich, sollen die numerischen Ergebnisse mittels einer geeigneten und allgemein anerkannten statistischen Methode ausgewertet werden. Durch Vergleiche der Wirkungen in einem Dosisbereich sollte die Anwendung multipler t-Tests vermieden werden. Die Statistikmethoden sind bei der Planung der Studie festzulegen.
52.
Für die Qualitätskontrolle wird vorgeschlagen, historische Kontrolldaten zu sammeln und Variationskoeffizienten für numerische Daten zu berechnen, insbesondere für die Parameter, die mit dem Nachweis der Störung des endokrinen Systems zusammenhängen. Diese Daten können für Vergleichszwecke verwendet werden, wenn tatsächliche Studien bewertet werden.

Prüfbericht

53.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,
Identifizierungsdaten.

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikels, sofern anders als Wasser.

Versuchstiere:

Tierart/Stamm,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn,
Begründung für die Wahl einer anderen Art als der Ratte.

Prüfbedingungen:

Begründung der gewählten Dosisstufen,
Angaben zur Zubereitungsform der Prüfsubstanz/des Futters, der erreichten Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,
gegebenenfalls Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag),
Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

Untersuchte fakultative Endpunkte

Liste der untersuchten fakultativen Endpunkte.

Ergebnisse:

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,
gegebenenfalls Angaben zur Futter- und Wasseraufnahme,
Daten der toxischen Reaktionen nach Geschlecht und Dosisstufe, einschließlich Toxizitätszeichen,
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität),
Bewertung von sensorischer Aktivität, Greifkraft und motorischer Aktivität,
hämatologische Parameter mit entsprechenden Ausgangswerten,
klinisch-biochemische Parameter mit entsprechenden Ausgangswerten,
Körpergewicht beim Töten der Tiere sowie Organgewichte,
Sektionsbefunde,
ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde,
Angaben zur Resorption, falls vorliegend,
statistische Auswertung der Ergebnisse, wenn möglich.

Erörterung der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Androgene Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches androgenes Hormon zu wirken (z. B. Testosteron).

Antiandrogene Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen androgenen Hormons (z. B. Testosteron) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Antiöstrogene Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen östrogenen Hormons (z. B. Östradiol 17ß) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Antithyroide Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen Schilddrüsenhormons (z. B. T3) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Dosierung : ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

Dosis : die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Die Dosis wird ausgedrückt als Masse der Prüfsubstanz je Einheit Körpergewicht des Versuchstiers pro Tag (z. B. mg/kg Körpergewicht/Tag) oder als konstante Konzentration im Futter.

Offensichtliche Toxizität : ein allgemeiner Begriff zur Beschreibung deutlicher Toxizitätszeichen nach Verabreichung einer Prüfsubstanz. Diese Zeichen sollten für eine Bewertung der Gefährdung ausreichen und so schwerwiegend sein, dass bei einer Steigerung der verabreichten Dosis die Entwicklung schwerer Toxizitätszeichen und der wahrscheinliche Tod zu erwarten wären.

NOAEL : die Abkürzung für no observed adverse effect level. Dies ist die höchste Dosis, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

Östrogene Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches östrogenes Hormon zu wirken (z. B. Östradiol 17ß).

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Thyroide Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches Schilddrüsenhormon (z. B. T3) zu wirken.

Validierung : ein wissenschaftlicher Prozess zur Beschreibung der operationellen Anforderungen und Grenzen einer Prüfmethode und zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit und Eignung für einen bestimmten Zweck.

Anlage 2

Empfohlene Endpunkte für den Nachweis endokriner Disruptoren in dieser Prüfmethode b.7



Obligatorische EndpunkteFakultative Endpunkte
Gewicht

— Hoden

— Nebenhoden

— Nebennieren

— Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen

— Ovarien

— Uterus mit Zervix

— Schilddrüse

Histopathologie

— Gonaden:

— 

— Hoden und

— Ovarien

— akzessorische Geschlechtsorgane:

— 

— Nebenhoden

— Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen

— Uterus mit Zervix

— Nebenniere

— Schilddrüse

— Vagina

— Vaginalabstriche

— männliche Brustdrüsen

— Hypophyse

Hormonbestimmung

— T3-, T4-Spiegel im Blut

— TSH-Spiegel im Blut

LITERATUR:

1.
OECD (Paris, 1992). Chairman’s Report of the Meeting of the ad hoc Working Group of Experts on Systemic Short-term and (Delayed) Neurotoxicity.
2.
IPCS (1986). Principles and Methods for the Assessment of Neurotoxicity Associated with Exposure to Chemicals. Environmental Health Criteria Document No. 60
3.
Tupper DE, Wallace RB (1980). Utility of the Neurologic Examination in Rates. Acta Neurobiol. Exp. 40: 999-1003.
4.
Gad SC (1982). A Neuromuscular Screen for Use in Industrial Toxicology. J. Toxicol Environ. Health 9: 691-704.
5.
Moser VC, McDaniel KM, Phillips PM (1991). Rat Strain and Stock Comparisons Using a Functional Observational Battery: Baseline Values and Effects of Amitraz. Toxicol. Appl. Pharmacol. 108: 267-283.
6.
Meyer OA, Tilson HA, Byrd WC, Riley MT (1979). A Method for the Routine Assessment of Fore- and Hindlimb Grip Strength of Rates and Mice. Neurobehav. Toxicol. 1: 233-236.
7.
Crofton KM, Howard JL, Moser VC, Gill MW, Reiter LW, Tilson HA, MacPhail RC (1991). Interlaboratory Comparison of Motor Activity Experiments: Implication for Neurotoxicological Assessments. Neurotoxicol. Teratol. 13: 599-609.
8.
OECD (1998). Report of the First Meeting of the OECD Endocrine Disrupter Testing and Assessment (EDTA) Task Force, 10th-11 March 1998, ENV/MC/CHEM/RA(98)5.
9.
OECD. (2006). Report of the Validation of the Updated Test Guideline 407: Repeat Dose 28-day Oral Toxicity Study in Laboratory Rates. Series on Testing and Assessment No 59, ENV/JM/MONO(2006)26.
10.
OECD (2002). Detailed Review Paper on the Appraisal of Test Methods for Sex Hormone Disrupting Chemicals. Series on Testing and Assessment No 21, ENV/JM/MONO(2002)8.
11.
OECD (2012).Conceptual Framework for Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals. http://www.oecd.org/document/58/0,3343,fr_2649_37407_2348794_1_1_1_37407,00.html
12.
OECD (2006). Final Summary report of the meeting of the Validation Management Group for mammalian testing. ENV/JM/TG/EDTA/M(2006)2.
13.
OECD. Draft Summary record of the meeting of the Task Force on Endocrine Disrupters Testing and Assessment. ENV/JM/TG/EDTA/M(2006)3.
14.
OECD (2000). Guidance document on the recognition, assessment and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation. Series on Testing and Assessment No 19. ENV/JM/MONO(2000)7.
15.
Haley P, Perry R, Ennulat D, Frame S, Johnson C, Lapointe J-M, Nyska A, Snyder PW, Walker D, Walter G (2005). STP Position Paper: Best Practice Guideline for the Routine Pathology Evaluation of the Immune System. Toxicol Pathol 33: 404-407.
16.
Hess RA, Moore BJ (1993). Histological Methods for the Evaluation of the Testis. In: Methods in Reproductive Toxicology, Chapin RE and Heindel JJ (eds). Academic Press: San Diego, CA, pp. 52-85.
17.
Latendresse JR, Warbrittion AR, Jonassen H, Creasy DM (2002). Fixation of testes and eyes using a modified Davidson’s fluid: comparison with Bouin’s fluid and conventional Davidson’s fluid. Toxicol. Pathol. 30, 524-533.
18.
OECD (2007). OECD Guideline for Testing of Chemicals No 440: Uterotrophic Bioassay in Rodents: A short-term screening test for oestrogenic properties.
19.
OECD (2009). Guidance Document 106 on Histologic evaluation of Endocrine and Reproductive Tests in Rodents ENV/JM/Mono(2009)11.

B.8   PRÜFUNG AUF SUBAKUTE TOXIZITÄT NACH INHALATION — 28-TAGE-TEST

ZUSAMMENFASSUNG

Diese überarbeitete Prüfmethode B.8 wurde entwickelt, um die Toxizität der Prüfsubstanz nach wiederholter Exposition durch Inhalation über einen begrenzten Zeitraum (28 Tage) umfassend zu beschreiben und um Daten für die Bewertung des quantitativen Inhalationsrisikos zu gewinnen. Gruppen von mindestens fünf männlichen und fünf weiblichen Nagern werden über einen Zeitraum von 28 Tagen 6 Stunden am Tag a) der Prüfsubstanz in drei oder mehr Konzentrationsstufen, b) gefilterter Luft (negative Kontrolle) und/oder c) dem Vehikel (Vehikelkontrolle) ausgesetzt. Im Allgemeinen werden die Tiere der Prüfsubstanz an fünf Tagen pro Woche ausgesetzt, aber auch sieben Tage pro Woche sind zulässig. Es werden immer männliche und weibliche Tiere geprüft, aber sie können unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, wenn bekannt ist, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert als das andere. Bei dieser Methode hat der Studienleiter die Möglichkeit, Satellitengruppen (Reversibilitätsprüfung) aufzunehmen sowie eine bronchoalveoläre Lavage (BAL), neurologische Tests, zusätzliche klinische Pathologieuntersuchungen und histopathologische Untersuchungen durchzuführen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz besser beschreiben zu können.

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 412 (2009). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 412 (TG 412) zur subakuten Inhalation wurde 1981 angenommen (1). Diese Prüfmethode B.8 (die der überarbeiteten TG 412 entspricht) wurde aktualisiert, um dem neuesten Stand der Wissenschaft Rechnung zu tragen und derzeitige und künftige Regulierungsanforderungen zu erfüllen.
2.
Die Methode ermöglicht die Beschreibung der schädlichen Wirkungen nach wiederholter täglicher inhalativer Exposition gegen eine Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 28 Tagen. Die in Prüfungen auf subakute Toxizität nach Inhalation über 28 Tage gewonnenen Daten können für quantitative Risikobewertungen verwendet werden [wenn im Anschluss keine Prüfung auf subchronische Toxizität nach Inhalation über 90 Tage erfolgt (Kapitel B.29 dieses Anhangs)]. Die Daten können auch Informationen für die Wahl der Konzentrationen für längerfristige Studien wie die Prüfung auf subchronische Toxizität nach Inhalation über 90 Tage liefern. Diese Prüfmethode ist nicht speziell für die Prüfung von Nanomaterialien bestimmt. Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document 39 (2) definiert.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

3.
Um die Qualität der Studie zu verbessern und möglichst wenig Versuchstiere zu verwenden, sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen. Für die Auswahl der am besten geeigneten Prüfkonzentrationen könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen sowie Daten aus Versuchen zur Prüfung der akuten Toxizität nach Inhalation herangezogen werden. Falls Neurotoxizität erwartet oder im Verlauf der Studie beobachtet wird, kann der Studienleiter beschließen, geeignete Untersuchungen wie eine FOB (functional observational battery) und die Messung der motorischen Aktivität aufzunehmen. Obwohl die Expositionszeit bei bestimmten Untersuchungen ein kritischer Aspekt sein kann, darf die Durchführung dieser zusätzlichen Versuche die Auslegung der Hauptstudie nicht beeinträchtigen.
4.
Verdünnungen ätzender oder reizender Prüfsubstanzen können in Konzentrationen geprüft werden, die den gewünschten Toxizitätsgrad erzielen [siehe GD 39 (2)]. Wenn Versuchstiere diesen Stoffen ausgesetzt werden, sollten die Zielkonzentrationen so niedrig sein, dass sie keine starken Schmerzen oder Leiden verursachen; sie sollten aber ausreichen, um die Konzentrations-Wirkungs-Kurve so zu erweitern, dass das regulatorische und wissenschaftliche Ziel der Prüfung erreicht wird. Diese Konzentrationen sollten von Fall zu Fall festgelegt werden, möglichst auf Basis einer entsprechend ausgelegten Dosisfindungsstudie, die Informationen über den kritischen Endpunkt, eine etwaige Reizschwelle und den Zeitpunkt des Einsetzens der Wirkung liefert (siehe Nummern 11, 12 und 13). Die Wahl der Konzentration ist zu begründen.
5.
Moribunde Tiere oder Tiere, die Anzeichen starker und andauernder Qualen zeigen, sollten tierschutzgerecht getötet werden. Moribunde Tiere werden auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

6.
Es sind junge, gesunde, adulte Nagetiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Wird eine andere Tierart eingesetzt, ist dies zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

7.
Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Randomisierung sollten die jungen, adulten Tiere 7 bis 9 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt.

Tierhaltung

8.
Um die Beobachtungen zu erleichtern und Verwechslungen auszuschließen, sollten die Tiere möglichst mit einem subkutanen Transponder einzeln gekennzeichnet werden. Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall im Bereich zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser verwendet werden. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

9.
Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und der Gegenstand der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die „Nose-only“-Exposition (dieser Begriff umfasst „nur Kopf“, „nur Nase“ oder „nur Schnauze“). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die „Nose-only“-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das „Gesamtvolumen“ der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Grundzüge der „Nose-only“- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind in GD 39 (2) beschrieben.

TOXIZITÄTSSTUDIEN

Grenzkonzentrationen

10.
Anders als bei Studien zur akuten Toxizität gibt es bei Prüfungen auf subakute Toxizität nach Inhalation über 28 Tage keine festgelegten Grenzkonzentrationen. Bei der Festlegung der maximalen Prüfkonzentration ist Folgendes zu beachten: 1) die höchste erreichbare Konzentration, 2) das maximale Expositionsniveau von Menschen (‚worst case), 3) die Notwendigkeit, eine ausreichende Sauerstoffversorgung aufrechtzuerhalten, und/oder 4) Tierschutzerwägungen. Gibt es keine auf Daten basierenden Grenzwerte, können die akuten Grenzwerte der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (13) zugrunde gelegt werden (d. h. bis zu einer Höchstkonzentration von 5 mg/l bei Aerosolen, 20 mg/l bei Dämpfen und 20 000 ppm bei Gasen); siehe GD 39 (2). Wenn diese Grenzen bei der Prüfung von Gasen oder hochflüchtigen Prüfsubstanzen (z. B. Kältemitteln) überschritten werden müssen, ist dies zu begründen. Die Grenzkonzentration muss eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).

Dosisfindungsstudie

11.
Vor Beginn der Hauptstudie muss möglicherweise eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden. Diese ist umfassender als eine Vorstudie, weil sie nicht auf die Wahl der Konzentration begrenzt ist. Die in einer Dosisfindungsstudie gewonnenen Erkenntnisse können zu einer erfolgreichen Hauptstudie führen. Sie kann z. B. technische Informationen zu den Analysemethoden, zur Partikelgröße, zur Erkennung toxischer Mechanismen, klinische Pathologiedaten und histopathologische Daten sowie Schätzungen möglicher NOAEL- und MTC-Konzentrationen in einer Hauptstudie liefern. Der Studienleiter kann entscheiden, mithilfe der Dosisfindungsstudie die Schwelle für die Reizung der Atemwege (z. B. durch histopathologische Untersuchung der Atemwege, Lungenfunktionsprüfung oder bronchoalveoläre Lavage), die höchste Konzentration, die von den Tieren ohne übermäßigen Stress toleriert wird, und die Parameter, die die Toxizität der Prüfsubstanz am besten beschreiben, zu identifizieren.
12.
Eine Dosisfindungsstudie kann eine oder mehrere Konzentrationsstufen umfassen. Auf jeder Konzentrationsstufe sollten höchstens drei männliche und drei weibliche Tiere der Prüfsubstanz ausgesetzt werden. Eine Dosisfindungsstudie sollte mindestens fünf Tage und im Allgemeinen nicht mehr als 14 Tage dauern. Die Wahl der Konzentrationen für die Hauptstudie ist im Prüfbericht zu begründen. Ziel der Hauptstudie ist es, nachzuweisen, dass eine Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung besteht, die am voraussichtlich empfindlichsten Endpunkt auftritt. Die niedrigste Konzentration sollte im Idealfall eine Konzentration sein, bei der keine zu beobachtenden schädlichen Wirkungen auftreten, und die höchste Konzentration sollte eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).
13.
Bei der Auswahl der Konzentrationsstufen für die Dosisfindungsstudie sollten alle verfügbaren Informationen berücksichtigt werden, einschließlich der Struktur-Wirkungs-Beziehungen und der Daten über ähnliche Stoffe (siehe Nummer 3). Eine Dosisfindungsstudie kann bestätigen/widerlegen, welche Endpunkte nach mechanistischen Kriterien als die empfindlichsten Endpunkte angesehen werden, z. B. die Cholinesterasehemmung durch Organophosphate, die Methämoglobinbildung durch für Erythrozyten toxische Stoffe, Schilddrüsenhormone (T3, T4) im Fall von thyrotoxischen Stoffen, Proteine, LDH oder Neutrophile in bronchoalveolärer Lavage im Fall schwach löslicher unschädlicher Partikel oder lungenreizender Aerosole.

Hauptstudie

14.
Die Hauptstudie zur Prüfung auf subakute Toxizität umfasst im Allgemeinen drei Konzentrationsstufen sowie, falls erforderlich, eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrolle und/oder eine Vehikelkontrolle (siehe Nummer 17). Die Festlegung der geeigneten Expositionsstufen sollte sich auf alle verfügbaren Daten stützen, einschließlich der Ergebnisse systemischer Toxizitätsprüfungen, des Metabolismus und der Kinetik (hohe Konzentrationsstufen, die kinetische Prozesse sättigen, sind zu vermeiden). Jede Prüfgruppe umfasst mindestens zehn Nagetiere (fünf Männchen und fünf Weibchen), die der Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 4 Wochen an fünf Tagen in der Woche jeweils 6 Stunden pro Tag ausgesetzt werden (Gesamtdauer der Prüfung 28 Tage). Die Tiere können auch an sieben Tagen in der Woche exponiert werden (z. B. wenn inhalierte Arzneimittel geprüft werden). Ist bekannt, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert, können die Geschlechter unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, um die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung genauer zu bestimmen (siehe Nummer 15). Wenn für eine „Nose-only“-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden/Tag oder die Notwendigkeit einer Ganzkörperexpositionsstudie mit Langzeitexposition (z. B. 22 Stunden/Tag) ist zu begründen [siehe GD 39 (2)]. Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden, es sei denn die Exposition dauert länger als 6 Stunden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition jederzeit angeboten werden.
15.
Die gewählten Zielkonzentrationen sollen es ermöglichen, die Zielorgane zu identifizieren und eine deutliche Konzentrations-Wirkungs-Beziehung zu belegen:
Die hohe Konzentrationsstufe sollte toxische Wirkungen hervorrufen, aber keine anhaltenden Symptome oder Todesfälle verursachen, die eine Auswertung der Ergebnisse beeinträchtigen würden.
Der Abstand zwischen den mittleren Konzentrationsstufen muss eine Abstufung der toxischen Wirkungen zwischen der niedrigen und der hohen Konzentration ermöglichen.
Die untere Konzentrationsstufe sollte praktisch keine Toxizitätszeichen hervorrufen.

Satellitenstudie (Reversibilität)

16.
Es kann eine Satellitenstudie durchgeführt werden, um die Tiere für einen angemessenen Zeitraum nach der Behandlung (mindestens 14 Tage) auf Reversibilität, Persistenz oder ein verzögertes Auftreten von Toxizität zu beobachten. Satellitengruppen bestehen aus fünf männlichen und fünf weiblichen Tieren, die der Prüfsubstanz gleichzeitig mit den Versuchstieren der Hauptstudie ausgesetzt werden. Dabei sollten sie der Prüfsubstanz auf der höchsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden; erforderlichenfalls sollte es auch gleichzeitige Luft- und/oder Vehikelkontrollen geben (siehe Nummer 17).

Kontrolltiere

17.
Eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrollgruppe ist genauso zu behandeln wie die Prüfgruppe, außer dass die Tiere nicht der Prüfsubstanz, sondern gefilterter Luft ausgesetzt werden. Wenn die Prüfatmosphäre mithilfe von Wasser oder einem anderen Stoff erzeugt wird, ist statt der negativen (Luft-)Kontrollgruppe eine Vehikelkontrollgruppe zu verwenden. Wenn möglich sollte Wasser als Vehikel benutzt werden. In diesem Fall sind die Tiere Luft mit derselben relativen Luftfeuchtigkeit auszusetzen wie die exponierten Gruppen. Das geeignete Vehikel ist auf der Grundlage einer geeigneten Vorstudie oder von historischen Daten auszuwählen. Ist die Toxizität eines Vehikels unklar, kann der Studienleiter beschließen, sowohl eine negative (Luft-)Kontrolle als auch eine Vehikelkontrolle zu verwenden; hiervon wird jedoch dringend abgeraten. Wenn historische Daten belegen, dass ein Vehikel nicht toxisch ist, besteht keine Notwendigkeit für eine negative (Luft-)Kontrollgruppe und es sollte nur eine Vehikelgruppe verwendet werden. Ergibt eine Vorstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch, und diese Vehikelkontrolle sollte verwendet werden.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

18.
Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, der gewählten Konzentration und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden. Bei Partikeln kann die Partikelgröße durch mechanische Prozesse verringert werden. GD 39 (2) enthält nähere Hinweise.

Partikelgrößenverteilung

19.
Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 3 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (4). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldampfpartikel können z. B. unter diesen Werten liegen, geladene Partikel und Fasern dagegen können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

20.
Im Idealfall sollte die Prüfsubstanz ohne ein Vehikel geprüft werden. Wenn für die Erzeugung einer geeigneten Prüfsubstanzkonzentration oder Partikelgröße ein Vehikel verwendet werden muss, ist Wasser zu bevorzugen. Wird eine Prüfsubstanz in einem Vehikel gelöst, so ist seine Stabilität nachzuweisen.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

21.
Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Echtzeit-Überwachung der Konzentration (oder zeitliche Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Inhalationsparameter zu messen. Wenn die Konzentration in Echtzeit überwacht wird, kann die Frequenz der Messung der Luftströme auf eine einzige Messung je Exposition und Tag reduziert werden. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in „Nose-only“-Expositionskammern zu vermeiden. Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen zu messen. Wenn die Messungen am ersten Expositionstag die richtigen Werte dieser Gase bestätigen, sollten keine weiteren Messungen erforderlich sein.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

22.
Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der „Nose-only“- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere kontinuierlich überwacht und während jeder Exposition möglichst stündlich dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte möglichst zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

23.
Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch die Inhalationskammer geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

24.
Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können entweder durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden.
25.
Für die gesamte Dauer der Studie sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu den Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.
26.
Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten. Um die Stabilität der Expositionsbedingungen nachzuweisen, kann ein Echtzeitüberwachungsgerät verwendet werden, z. B. ein Aerosol-Photometer für Aerosole oder ein Gesamtkohlenwasserstoff-Analysator (THC) für Dämpfe. Die tatsächliche Konzentration in der Kammer sollte an jedem Expositionstag für jede Expositionsstufe mindestens dreimal gemessen werden. Falls dies wegen geringer Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich ist, reicht eine Probe je Expositionsperiode. Im Idealfall sollte diese Probe dann über die gesamte Expositionszeit gewonnen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird. Dies schließt die Zeiten zur Erreichung des Gleichgewichts in der Kammer (t95) und zum Abbau der Konzentrationen ein. GD 39 (2) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.
27.
Bei sehr komplexen Mischungen aus Gasen/Dämpfen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden) kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten. Daher sollte mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Gas/Dampf und Aerosol) ausgewählt werden. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die gesamte Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder die Indikatorsubstanz (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind in GD 39 (2) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

28.
Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte auf jeder Konzentrationsstufe mindestens wöchentlich mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und dem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden.
29.
Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe GD 39 (2)]. Wenn die Gleichwertigkeit bei allen geprüften Konzentrationen zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Studie wiederholt werden muss.
30.
Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden.

BEOBACHTUNGEN

31.
Die Tiere sollten vor, während und nach der Exposition auf klinische Zeichen beobachtet werden. Je nach Reaktion der Tiere während der Exposition können häufigere Beobachtungen angezeigt sein. Wenn die Beobachtung der Tiere durch die Verwendung von Restrainern, wegen schlecht beleuchteter Ganzkörperkammern oder getrübter Atmosphäre erschwert ist, sind die Tiere nach der Exposition sorgfältig zu beobachten. Durch Beobachtungen vor der Exposition am folgenden Tag kann beurteilt werden, ob toxische Wirkungen sich zurückgebildet oder verschlimmert haben.
32.
Sämtliche Beobachtungen werden in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.
33.
Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufsystems, des Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern. Darüber hinaus können zusätzliche Aspekte wie Kinetik, Biomonitoring, Lungenfunktion, Retention schlecht löslicher Stoffe, die im Lungengewebe akkumulieren, und Verhaltensstörungen in das Studienprotokoll aufgenommen werden.

KÖRPERGEWICHT

34.
Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte kurz vor der ersten Exposition (Tag 0), danach zweimal wöchentlich (z. B. freitags und montags, um die Erholung während eines expositionsfreien Wochenendes nachzuweisen, oder in einem Zeitintervall, das die Beurteilung der systemischen Toxizität ermöglicht) und zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung dokumentiert werden. Treten in den ersten zwei Wochen keine Wirkungen auf, kann das Körpergewicht während der restlichen Studiendauer wöchentlich gemessen werden. Satellitentiere (Reversibilitätsprüfung) (falls verwendet) sollten während der gesamten Erholungsphase weiterhin wöchentlich gewogen werden. Am Ende der Studie sollten alle Tiere kurz vor der Tötung gewogen werden, um eine objektive Berechnung der Organ-Körpergewicht-Verhältnisse zu ermöglichen.

FUTTER- UND WASSERAUFNAHME

35.
Die Futteraufnahme sollte wöchentlich gemessen werden. Auch die Wasseraufnahme kann gemessen werden.

KLINISCHE PATHOLOGIE

36.
An allen Tieren, auch an Kontroll- und Satellitentieren (Reversibilitätprüfung), sollten klinische Pathologieuntersuchungen durchgeführt werden, wenn sie getötet werden. Der Zeitraum zwischen dem Ende der Exposition und der Blutentnahme ist zu protokollieren, insbesondere wenn der betreffende Endpunkt rasch zu seinem ursprünglichen Wert zurückkehrt. Für Parameter mit einer kurzen Plasmahalbwertszeit (z. B. COHb, CHE und MetHb) ist die Probenahme nach Ende der Exposition angezeigt.
37.
In Tabelle 1 sind die im Allgemeinen für alle Toxikologiestudien erforderlichen klinischen Pathologieparameter aufgeführt. In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, kann aber durchgeführt werden, wenn sie wegen erwarteter oder festgestellter Toxizität für nützlich gehalten wird. Der Studienleiter kann beschließen, zusätzliche Parameter zu bestimmen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz genauer zu beschreiben (z. B. Cholinesterase, Lipide, Hormone, Säure-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin oder Heinz-Körper, Creatin-Kinase, Verhältnis von myeloiden zu erythroiden Zellen, Troponin, arterielle Blutgase, Lactatdehydrogenase, Sorbitdehydrogenase, Glutamatdehydrogenase und γ-Glutamyltranspeptidase).



Tabelle 1

Klinische Standardpathologieparameter

Hämatologische Untersuchung

Erythrozytenzahl

Hämatokrit

Hämoglobinkonzentration

Mittleres korpuskuläres Hämoglobin

Mittleres Erythrozyteneinzelvolumen

Mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration

Retikulozyten

Gesamtleukozytenzahl

Differentialleukozytenzahl

Thrombozytenzahl

Gerinnungsfähigkeit (einen Wert wählen):

— Prothrombinzeit

— Blutgerinnungszeit

— Partielle Thromboplastinzeit

Klinische Chemie

Glucose (1)

Gesamtcholesterin

Triglyceride

Harnstoff-N

Gesamtbilirubin

Kreatinin

Gesamtprotein

Albumin

Globulin

Alanin-Aminotransferase

Aspartat-Aminotransferase

Alkalische Phosphatase

Kalium

Natrium

Calcium

Phosphor

Chlorid

Urinuntersuchung (fakultativ)

Aussehen (Farbe und Trübung)

Menge

Spezifisches Gewicht oder Osmolarität

pH-Wert

Gesamtprotein

Glucose

Blut/Blutzellen

(*1)   Da ein längerer Futterentzug die Glucosemessungen bei den behandelten gegenüber den Kontrolltieren verzerren kann, sollte der Studienleiter entscheiden, ob eine Futterkarenz angezeigt ist. Die Dauer des Futterentzugs muss auf die verwendete Art abgestimmt sein; bei der Ratte kann sie 16 Stunden betragen (nächtliche Futterkarenz). Der Nüchternglucosewert kann nach nächtlicher Futterkarenz in der letzten Expositionswoche oder nach nächtlicher Futterkarenz vor der Nekropsie (in letzterem Fall zusammen mit allen anderen klinischen Pathologieparametern) bestimmt werden.
38.
Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die unteren Atemwege (d. h. die Alveolen) die Hauptablagerungs- und Retentionsorte sind, kann die bronchoalveoläre Lavage (BAL) die Methode der Wahl sein, um hypothesenbasierte Dosis-Wirkungs-Parameter quantitativ zu analysieren, wobei Alveolitis, Lungenentzündung und Phospholipidose im Vordergrund stehen. Auf diese Weise können Veränderungen der Dosis-Wirkungs-Beziehung und des zeitlichen Verlaufs alveolärer Läsionen angemessen untersucht werden. Die BAL-Flüssigkeit kann auf Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Gesamtprotein und Laktatdehydrogenase analysiert werden. In Betracht gezogen werden können auch Parameter, die auf lysosomale Schäden, Phospholipidose, Fibrose und reizende oder allergische Entzündung hindeuten; dazu kann auch die Bestimmung entzündungsfördernder Zytokine/Chemokine gehören. BAL-Messungen dienen im Allgemeinen zur Ergänzung der Ergebnisse histopathologischer Untersuchungen, können sie aber nicht ersetzen. Eine Anleitung zur Durchführung der Lungenlavage ist in GD 39 (2) enthalten.

MAKROSKOPISCHE PATHOLOGIE UND ORGANGEWICHTE

39.
Alle Versuchstiere, einschließlich der Tiere, die während der Prüfung sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden, sind (falls möglich) vollständig zu entbluten und auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Der Zeitabstand zwischen dem Ende der letzten Exposition eines Tiers und seiner Tötung ist zu dokumentieren. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.
40.
In Tabelle 2 sind die Organe und Gewebe aufgeführt, die bei der Nekropsie zur histopathologischen Untersuchung in einem geeigneten Medium aufbewahrt werden sollten. Die Aufbewahrung der in [Klammern] gesetzten Organe und Gewebe sowie aller sonstigen Organe und Gewebe liegt im Ermessen den Studienleiters. Die durch Fettdruck hervorgehobenen Organe sind so bald wie möglich nach der Sektion von anhaftendem Gewebe zu befreien und feucht zu wiegen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die Schilddrüse und die Nebenhoden sind nur zu wiegen, wenn dies notwendig ist, da ihre Befreiung von anhaftendem Gewebe die histopathologische Bewertung erschweren kann. Gewebe und Organe sind unmittelbar nach der Nekropsie und je nach verwendetem Fixierungsmittel mindestens 24-48 Stunden vor der Befreiung von anhaftendem Gewebe in 10 %ig gepuffertem Formalin oder einem anderen geeigneten Fixierungsmittel zu fixieren.

Tabelle 2

Bei der Nekropsie aufbewahrte Organe und Gewebe

Nebennieren

Knochenmark (und/oder frisches Aspirat)

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

[Augen (Netzhaut, Sehnerv) und Lider]

Herz

Nieren

Larynx (3 Ebenen, 1 Ebene, die die Basis der Epiglottis enthält)

Leber

Lunge (alle Lungenlappen auf einer Ebene, einschließlich der Hauptbronchien)

Lymphknoten aus der Hilusregion der Lunge, insbesondere bei schlecht löslichen Prüfsubstanzen, die in Partikelform vorliegen. Für gründlichere Untersuchungen und/oder Studien mit immunologischem Schwerpunkt können zusätzliche Lymphknoten in Betracht gezogen werden, z. B. aus der mediastinalen, der cervicalen/submandibulären und/oder der aurikularen Region.

Nasopharyngeale Gewebe (mindestens 4 Ebenen; 1 Ebene muss den Nasen-Rachen-Gang und das Lymphgewebe des Nasen-Rachen-Raums (NALT) umfassen.

Speiseröhre

[Riechkolben]

Ovarien

Samenbläschen

Rückenmark (zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

Milz

Magen

Hoden

Thymus

Schilddrüse

Trachea (mindestens 2 Ebenen mit einem Längsschnitt durch die Carina und 1 Querschnitt)

[Harnblase]

Uterus

Alle makroskopischen Veränderungen

41.
Die Lungen sind in intaktem Zustand zu entfernen, zu wiegen und mit einem geeigneten Fixierungsmittel bei einem Druck von 20-30 cm Wasser zu behandeln, damit die Lungenstruktur erhalten bleibt (5). Die Schnitte werden bei allen Lungenlappen auf einer Ebene einschließlich der Hauptbronchien hergestellt; wenn eine Lungenlavage durchgeführt wird, ist der nicht gewaschene Lappen jedoch auf drei Ebenen zu schneiden (keine seriellen Schnitte).
42.
Mindestens vier Ebenen der nasopharyngealen Gewebe sind zu untersuchen; eine der Ebenen sollte den Nasen-Rachen-Gang umfassen (5, 6, 7, 8, 9), damit das Plattenepithel, das (nicht Zilien-tragende respiratorische) Übergangsepithel, das (Zilien-tragende respiratorische) Flimmerepithel und das Riechepithel sowie das Lymphgewebe (NALT; 10,11) gründlich untersucht werden können. Drei Ebenen des Larynx sind zu untersuchen; eine dieser Ebenen sollte die Basis der Epiglottis enthalten (12). Mindestens zwei Ebenen der Trachea sind zu untersuchen, darunter ein Längsschnitt durch die Carina der Bifurkation der extrapulmonalen Bronchien und ein Querschnitt.

HISTOPATHOLOGIE

43.
Die in Tabelle 2 aufgeführten Organe und Gewebe der Tiere in der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der höchsten Konzentration und aller während der Studie gestorbenen oder getöteten Tiere sollten histopathologisch untersucht werden. Besonderes Augenmerk ist auf Atemwege, Zielorgane und makroskopische Veränderungen zu richten. Die Organe und Gewebe, die in der höchsten Konzentrationsgruppe makroskopische Veränderungen aufweisen, sollten in allen Gruppen untersucht werden. Der Studienleiter kann beschließen, histopathologische Untersuchungen bei zusätzlichen Gruppen durchzuführen, um eine eindeutige Konzentrationswirkung nachzuweisen. Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe (Reversibilitätsprüfung), sind alle Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind. Treten in der Gruppe mit der höchsten Konzentration übermäßig viele frühzeitige Todesfälle oder andere Probleme auf, die die Signifikanz der Daten beeinträchtigen, so ist die Gruppe mit der nächstniedrigeren Konzentration histopathologisch zu untersuchen. Man sollte versuchen, die makroskopischen Befunde mit den Ergebnissen der mikroskopischen Untersuchung zu korrelieren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

44.
Körpergewichte, Futteraufnahme, Ergebnisse der klinischen Pathologie, makroskopische Befunde, Organgewichte und Ergebnisse der Histopathologie sind für die einzelnen Tiere anzugeben. Die Daten der klinischen Beobachtung sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein. Sowohl die quantitativen als auch die gelegentlich erzielten Ergebnisse sind anhand eines geeigneten statistischen Verfahrens zu bewerten. Hierzu ist eine allgemein anerkannte Statistikmethode heranzuziehen; die Statistikmethoden sind bei der Auslegung der Studie festzulegen.

Prüfbericht

45.
Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,
Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte; Daten zur Herkunft der Tiere und historische Daten können angegeben werden, wenn sie von Tieren mit ähnlichen Expositions-, Unterbringungs- und Futterkarenzbedingungen stammen,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,
Randomisierungsmethode,
Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),
Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),
historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

Inhalationskammer

ausführliche Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe des Volumens sowie ein Diagramm,
Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,
Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,
Herkunft der Luft und Klimatisierungssystem,
für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,
Druckunterschied (positiv oder negativ),
Expositions-Öffnungen je Kammer („Nose-only“-Exposition); Anordnung der Tiere in der Kammer (Ganzkörperexposition),
Stabilität der Prüfatmosphäre,
Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,
Behandlung der zugeführten/entzogenen Luft,
Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung („Nose-only“-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),
Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer (t95),
Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,
Messgeräte (falls zutreffend).

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,
nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),
im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Gemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,
alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten (z. B. mg/l, mg/m3 usw.) und nicht in Volumeneinheiten (z. B. ppm, ppb usw.) angegeben werden,
Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz,
eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wird,
Angaben zur Ausrüstung, die für die Überwachung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer verwendet wird (Erstellung einer Kalibrationskurve),
Angaben zur Ausrüstung, mit der die Proben zur Bestimmung der Konzentration in der Kammer und der Partikelgrößenverteilung genommen werden,
Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium),
Randomisierungsmethode für die Einteilung der Tiere in Prüf- und Kontrollgruppen,
Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),
Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,
tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,
tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,
tabellarische Darstellung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad, Zeitpunkt des Einsetzens und Dauer der Wirkungen),
tabellarische Darstellung des Körpergewichts der einzelnen Tiere,
tabellarische Darstellung der Futteraufnahme,
tabellarische Darstellung der klinischen Pathologieparameter,
Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden,
tabellarische Darstellung aller anderen gemessenen Parameter.

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.
Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.
Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.
Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.
Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf humane Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3) zu geben.
Die Zielorgane sollten identifiziert werden.
Der NOAEL und der LOAEL sollten bestimmt werden.

LITERATUR:

1.
OECD (1981). Subchronic Inhalation Toxicity Testing, Original Test Guideline No 412, Environment Directorate, OECD, Paris.
2.
OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.
3.
OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19, ENV/JM/MONO(2000)7, OECD, Paris.
4.
Whalan JE and Redden JC (1994). Interim Policy for Particle Size and Limit Concentration Issues in Inhalation Toxicity Studies. Office of Pesticide Programs, United States Environmental Protection Agency.
5.
Dungworth DL, Tyler WS, Plopper CE (1985). Morphological Methods for Gross and Microscopic Pathology (Chapter 9) in Toxicology of Inhaled Material, Witschi, H.P. and Brain, J.D. (eds), Springer Verlag Heidelberg, pp. 229-258.
6.
Young JT (1981). Histopathological examination of the rat nasal cavity. Fundam. Appl. Toxicol. 1: 309-312.
7.
Harkema JR (1990). Comparative pathology of the nasal mucosa in laboratory animals exposed to inhaled irritants. Environ. Health Perspect. 85: 231-238.
8.
Woutersen RA, Garderen-Hoetmer A, van Slootweg PJ, Feron VJ (1994). Upper respiratory tract carcinogenesis in experimental animals and in humans. In: Waalkes MP and Ward JM (eds) Carcinogenesis. Target Organ Toxicology Series, Raven Press, New York, 215-263.
9.
Mery S, Gross EA, Joyner DR, Godo M, Morgan KT (1994). Nasal diagrams: A tool for recording the distribution of nasal lesions in rats and mice. Toxicol. Pathol. 22: 353-372.
10.
Kuper CF, Koornstra PJ, Hameleers DMH, Biewenga J, Spit BJ, Duijvestijn AM, Breda Vriesman van PJC, Sminia T (1992). The role of nasopharyngeal lymphoid tissue. Immunol. Today 13: 219-224.
11.
Kuper CF, Arts JHE, Feron VJ (2003). Toxicity to nasal-associated lymphoid tissue. Toxicol. Lett. 140-141: 281-285.
12.
Lewis DJ (1981). Mitotic Indices of Rat Laryngeal Epithelia. Journal of Anatomy 132(3): 419-428.
13.
Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.9.   TOXIZITÄT NACH 28-TÄGIGER GABE (DERMAL)

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt A).

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt B)

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird täglich in abgestuften Dosen mehreren Versuchstiergruppen auf die Haut aufgetragen, und zwar eine Dosierung je Gruppe über einen Zeitraum von 28 Tagen. Während des Versuchszeitraums werden die Tiere täglich beobachtet, um Symptome toxischer Wirkungen festzustellen. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie bei Versuchsende überlebende Tiere werden seziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- oder Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor dem Versuch werden gesunde junge Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeordnet. Kurz vor Versuchsbeginn wird das Fell auf dem Rücken der Versuchstiere geschoren. Ein Abrasieren des Fells ist ebenfalls möglich, sollte jedoch 24 Stunden vor dem Versuch erfolgen. Das Scheren oder Rasieren muss normalerweise wöchentlich wiederholt werden. Es ist darauf zu achten, dass dabei die Haut nicht verletzt wird. Mindestens 10 % der Körperoberfläche wird für die Applikation vorbereitet. Bei der Bestimmung des zu scherenden Bereichs und der Applikationsfläche ist das Gewicht der Tiere zu berücksichtigen. Werden feste Stoffe verwendet, die gegebenenfalls pulverisiert werden können, sollte die Prüfsubstanz ausreichend mit Wasser oder ggf. in anderer geeigneter Form angefeuchtet werden, um einen guten Kontakt mit der Haut sicherzustellen. Flüssige Prüfsubstanzen werden im Allgemeinen unverdünnt angewendet. Die Applikation erfolgt täglich an 5 bis 7 Tagen pro Woche.

1.6.2.   Versuchsbedingungen

1.6.2.1.   Versuchstiere

Es können geschlechtsreife Ratten oder Kaninchen verwendet werden. Auch andere Tierarten können verwendet werden, jedoch muss ihre Verwendung begründet werden.

Die Schwankung des Körpergewichts der Tiere des jeweiligen Versuchs sollte bei Versuchsbeginn nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

1.6.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Mindestens 10 Tiere (5 weibliche und 5 männliche) mit gesunder unbeschädigter Haut sind für jede Dosierung zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 10 Tieren (5 Tiere pro Geschlecht) über 28 Tage mit der höchsten Dosierung behandelt werden. Während der darauf folgenden behandlungsfreien 14 Tage wird auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen geachtet. Eine Satellitengruppe von 10 Kontrolltieren (5 Tiere pro Geschlecht) wird ebenfalls verwendet.

1.6.2.3.   Dosierungen

Es sind mindestens drei Dosierungen sowie eine Kontrollgruppe oder — sofern ein Vehikel benutzt wurde — eine Vehikel-Kontrollgruppe zu wählen. Die Einwirkungszeit sollte mindestens 6 Stunden pro Tag betragen. Die Applikation der Prüfsubstanz sollte täglich zur gleichen Zeit erfolgen. Eine Anpassung der Dosierung an das Körpergewicht ist in festgesetzten Intervallen (wöchentlich oder zweimal wöchentlich) vorzunehmen, um in Relation zum Körpergewicht des Tieres ein konstantes Dosierungsniveau zu erhalten. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Wird zur Erleichterung der Applikation ein Vehikel benutzt, so wird der Kontrollgruppe das Vehikel in gleicher Weise verabreicht wie den behandelten Tieren, und zwar in der Menge, die die Gruppe mit der höchsten Dosierung erhält. Die höchste Dosierung sollte so gewählt werden, dass auf jeden Fall toxische Effekte auftreten, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Dosierung sollte keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so sollte die niedrigste Dosis diesen Wert überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Dosierung nur geringe toxische Effekte verursachen. Werden mehrere Zwischendosierungen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, dass es zu einer graduellen Abstufung der toxischen Wirkungen kommt. In den Gruppen mit niedriger oder mittlerer Dosierung sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl der Todesfälle gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Führt die Applikation der Prüfsubstanz zu schweren Hautreizungen, sollte die Konzentration herabgesetzt werden, was bei hoher Dosierung zu einer Verminderung oder einem Ausbleiben sonstiger toxischer Wirkungen führen könnte. Wurde überdies die Haut stark beschädigt, ist es u. U. notwendig, den Versuch abzubrechen und mit einer geringeren Konzentration erneut durchzuführen.

1.6.2.4.   Limit-Test

Verursacht bei Durchführung einer Vorstudie die Verabreichung einer Dosis von 1 000 mg/kg bzw. einer höheren Dosis, die einer möglichen Exposition beim Menschen entspricht, keine toxischen Auswirkungen, so ist eine weitere Prüfung nicht erforderlich.

1.6.2.5.   Beobachtungszeitraum

Alle Tiere sind täglich auf Symptome toxischer Wirkungen zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Symptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

1.6.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere sollten einzeln in Käfigen gehalten werden. Sie erhalten die Prüfsubstanz vorzugsweise an 7 Tagen pro Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen. Die Tiere einer Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 14 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um die Reversibilität bzw. das Fortbestehen toxischer Wirkungen zu beobachten. Die Expositionszeit beträgt mindestens 6 Stunden pro Tag.

Die Prüfsubstanz ist einheitlich auf einen Bereich, der etwa 10 % der Körperoberfläche entspricht, aufzutragen. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner sein, es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer möglichst dünnen und einheitlichen Schicht exponiert werden.

Die Prüfsubstanz ist während der Expositionszeit mit einem porösen Mullverband und einem hautschonenden Pflaster in Kontakt mit der Haut zu halten. Die Versuchsfläche ist außerdem auf eine geeignete Art abzudecken, um den Mullverband und die Prüfsubstanz zu fixieren und sicherzustellen, dass die Tiere die Prüfsubstanz nicht oral aufnehmen können. Es können auch Mittel zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit angewendet werden, eine vollständige Immobilisierung ist jedoch nicht zu empfehlen. Als Alternative kann eine „Halsmanschette“ verwendet werden.

Nach Ablauf der Expositionszeit entfernt man — soweit möglich — den Rest der Prüfsubstanz, und zwar unter Verwendung von Wasser oder eines anderen geeigneten Hautreinigungsverfahrens.

Alle Tiere sollen täglich beobachtet und Zeichen toxischer Wirkungen, darunter der Zeitpunkt des Auftretens sowie Grad und Dauer, aufgezeichnet werden. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere auf Veränderung an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten, Atmung, Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster erstrecken. Die Futteraufnahme und das Gewicht der Tiere werden wöchentlich bestimmt. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass Tiere während des Versuchs nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe oder Fehler beim Umsetzen verloren gehen. Nach Abschluss des Versuchszeitraums werden alle überlebenden Tiere mit Ausnahme der Satellitengruppe seziert. Sterbende Tiere sowie Tiere, bei denen Anzeichen von starkem Leiden und Schmerzen, festgestellt werden, sollten daraufhin sofort ausgesondert und unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

Am Ende des Versuchs werden alle Tiere, einschließlich der Kontrolltiere, folgenden Untersuchungen unterzogen:

1.
Die Hämatologie sollte mindestens die Bestimmung des Hämatokritwerts und Hämoglobinkonzentrat der Erythrozytenzahl, der Gesamt- und Differenzial-Leukozytenzahl sowie die Messung der Gerinnungsfähigkeit umfassen;
2.
klinisch-biochemische Analyse des Blutes: Zur Beurteilung der Leber- und Nierenfunktion sollte zumindest je einer der folgenden Parameter bestimmt werden: Alanin-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Glutamat-Pyruvat-Transaminase), Aspartat-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Glutamat-Oxalazetat-Transaminase), Harnstoff-Stickstoff, Albumin, Kreatinin, Gesamt-Bilirubin und Gesamt-Serum-Protein.

Bestimmungen weiterer blutchemischer Parameter, die ggf. für eine adäquate toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose, Lipide, Hormone, Säuren-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität.

Zusätzliche klinisch-biochemische Analysen können ggf. notwendig sein, um die Untersuchung der beobachteten Effekte zu vertiefen.

1.6.4.   Autopsie

An allen am Versuch beteiligten Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Zumindest die Leber, die Nieren, die Nebennieren und die Hoden werden so bald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Organe und Gewebe, d. h. unbehandelte und behandelte Haut, Leber, Nieren, Milz, Hoden, Nebennieren, Herz und Zielorgane (Organe mit makroskopischen Veränderungen und Größenveränderungen) sind in einem geeigneten Medium für mögliche spätere histopathologische Untersuchungen aufzubewahren.

1.6.5.   Histopathologische Untersuchungen

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe ist eine histologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Alle Organe und Gewebe, die in der Gruppe mit der höchsten Dosierung prüfsubstanzbedingte Schädigungen aufweisen, müssen auch bei allen anderen Gruppen bei geringerer Dosierung untersucht werden. Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe mit besonderer Aufmerksamkeit zu untersuchen, bei denen in den anders behandelten Gruppen Vergiftungssymptome auftraten.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Dosisgruppe und Kontrollgruppe die Anzahl der Tiere zu Beginn des Versuchs und die Anzahl der Tiere mit den einzelnen Schädigungsformen zu entnehmen sein.

Alle ermittelten Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Dazu kann jede anerkannte statistische Methode herangezogen werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Angaben zu den Tieren (Tierart, Stamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.);
Versuchsbedingungen (einschließlich Art des Verbandes; okklusiv oder nicht okklusiv);
Dosierungen (ggf. Vehikel) und Konzentrationen;
No effect-level (NEL), falls möglich;
Daten über toxische Reaktionen, nach Geschlecht und Konzentration;
Zeitpunkt des Todes während des Versuchs bzw. Angabe, ob die Tiere den Versuch überlebten;
toxische und andere Wirkungen;
Zeitpunkt der Beobachtung der einzelnen Zeichen toxischer Wirkungen und deren weiterer Verlauf;
Angaben über Fütterung und Körpergewicht;
hämatologische Tests und deren Ergebnisse;
klinisch-biochemische Tests und deren Ergebnisse;
Sektionsbefunde;
detaillierte Beschreibung der histopathologischen Befunde;
statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;
Diskussion der Ergebnisse;
Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt D).

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B (Punkt E).

B.10.   IN-VITRO-TEST AUF CHROMOSOMENABERRATIONEN IN SÄUGETIERZELLEN

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 473 (2016). Sie ist Teil einer Reihe von Prüfmethoden zur genetischen Toxikologie. Ein neu erstelltes OECD-Dokument enthält kurz gefasste und hilfreiche Informationen zu Untersuchungen zur genetischen Toxikologie sowie eine Übersicht über die jüngsten Änderungen dieser Prüfrichtlinien (1).

Der In-vitro-Test auf Chromosomenaberrationen dient dem Nachweis von Chemikalien, die in Säugerzellkulturen strukturelle Chromosomenaberrationen auslösen (2) (3) (4). Dabei ist zwischen strukturellen Chromosomentyp- und Chromatidentypaberrationen zu unterscheiden. Bei In-vitro-Tests auf Chromosomenaberrationen könnte es zu Polyploidie (einschließlich Endoreduplikation) kommen. Aneugene können zwar eine Polyploidie hervorrufen, die an sich jedoch kein Hinweis auf ein aneugenisches Potenzial ist und möglicherweise nur auf Störungen des Zellzyklus oder Zytotoxizität hinweist (5). Dieser Test dient nicht der Messung der Aneuploidie; dazu wird ein In-vitro-Mikrokerntest (6) empfohlen.

Für den In-vitro-Chromosomenaberrationstest eignen sich Kulturen von etablierten Zelllinien oder primäre Zellkulturen vom Menschen oder von Nagetieren. Die verwendeten Zellen werden unter dem Gesichtspunkt ihrer Wachstumsfähigkeit in Kultur, der Karyotypstabilität (einschließlich Chromosomenzahl) und der spontanen Häufigkeit von Chromosomenaberrationen ausgewählt (7). Die bisher vorhandenen Daten lassen zwar keine verbindlichen Empfehlungen zu, legen jedoch nahe, dass bei der Bewertung des Gefahrenpotenzials chemischer Stoffe der p53-Status, die genetische (Karyotyp-) Stabilität, die DNA-Reparaturfähigkeit und die Herkunft (Nagetier/Mensch) der für die Tests ausgewählten Zellen berücksichtigt werden müssen. Anwendern dieser Prüfmethode wird daher empfohlen, beim Nachweis der Entwicklung von Chromosomenaberrationen den Einfluss dieser und anderer Zellcharakteristika auf die Leistungsfähigkeit von Zelllinien zu berücksichtigen, da sich die wissenschaftlichen Kenntnisse auf diesem Gebiet ständig weiterentwickeln.

Für Definitionen siehe Anlage 1.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND GRENZEN

In vitro durchgeführte Versuche setzen in der Regel eine exogene Metabolisierung voraus, es sei denn, die Zellen sind in Bezug auf die Prüfchemikalie metabolisch kompetent. Mit exogener Metabolisierung lassen sich die In-vivo-Bedingungen jedoch nicht gänzlich nachvollziehen. Es sind unbedingt Bedingungen zu vermeiden, die zu künstlich herbeigeführten Positivergebnissen führen könnten, d. h. zu Chromosomenschäden, die nicht von einer direkten Interaktion zwischen den Prüfchemikalien und den Chromosomen herrühren; zu solchen Bedingungen gehören Veränderungen des pH-Wertes bzw. der Osmolalität (8) (9) (10), eine Interaktion mit einzelnen Komponenten des Mediums (11) (12) oder eine hochgradige Zytotoxizität (13) (14) (15) (16).

Dieser Test dient der Feststellung von Chromosomenaberrationen infolge klastogener Vorgänge. Zur Analyse von Chromosomenaberrationen sollten Metaphasenzellen verwendet werden. Deshalb ist es wichtig, dass Zellen sowohl in behandelten als auch in unbehandelten Kulturen die Mitose erreichen. Für hergestellte Nanomaterialien sind möglicherweise spezielle Anpassungen dieser Prüfmethode erforderlich, die an dieser Stelle jedoch nicht beschrieben werden.

Bevor die Prüfmethode auf ein Gemisch angewendet wird, um Daten für regulatorische Zwecke zu generieren, sollte geprüft werden, ob, und, falls ja, warum sie diesbezüglich zweckdienliche Ergebnisse liefert. Diese Überlegungen erübrigen sich, wenn die Durchführung von Tests für das Gemisch gesetzlich vorgeschrieben ist.

TESTPRINZIP

Die Behandlung der Zellkulturen (humane Zellen oder andere Säugetierzellen) mit der Prüfchemikalie erfolgt mit und ohne exogene Metabolisierung, es sei denn, es werden Zellen verwendet, die über eine entsprechende Stoffwechselkompetenz verfügen (siehe Nummer 13). In bestimmten vorab festgelegten Zeitabständen werden die Zellkulturen mit einem Spindelgift (z. B. Colcemid oder Colchicin) behandelt, geerntet und angefärbt und die Metaphasezellen anschließend mikroskopisch auf Chromatidentyp- und Chromosomentypaberrationen untersucht.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitungen

Zellen

Es können verschiedene Zelllinien (z. B. Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO), V79-Lungenzellen des chinesischen Hamsters (CHL), TK6-Lungenzellen des chinesischen Hamsters (CHL)/IU) oder primäre Zellkulturen, auch menschliche Zellen oder Lymphozyten aus dem peripheren Blut von Menschen oder anderen Säugern, verwendet werden (7). Die Wahl der verwendeten Zelllinien sollte wissenschaftlich begründet sein. Wenn Primärzellen verwendet werden, sollten im Interesse des Tierschutzes Primärzellen menschlichen Ursprungs in Betracht gezogen werden, soweit dies möglich ist und die Entnahme nach humanethischen Grundsätzen und Regeln erfolgt. Lymphozyten aus peripherem Humanblut sollte jungen (etwa 18-35 Jahre alten) Personen entnommen werden, die Nichtraucher sind, bei denen keine Krankheit festgestellt wird und die kürzlich nicht in einem Umfang mit gentoxischen Substanzen (z. B. Chemikalien, ionisierende Strahlungen) in Berührung kamen, der die Hintergrundinzidenz von Chromosomenaberrationen erhöhen würde. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Hintergrundinzidenz von Chromosomenaberrationen niedrig und konstant ist. Die Baseline-Inzidenz von Chromosomenaberrationen steigt mit dem Alter, wobei dieser Trend bei Frauen ausgeprägter ist als bei Männern (17) (18). Wenn Zellen mehrerer Spender zwecks Verwendung gepoolt werden, ist die Zahl der Spender anzugeben. Es muss nachgewiesen werden, dass sich die Zellen zwischen Behandlungsbeginn und Zellentnahme geteilt haben. Die Zellkulturen werden in einer Phase exponentiellen Wachstums gehalten (Zelllinien) oder zur Teilung angeregt (primäre Lymphozytenkulturen), um Zellen in unterschiedlichen Zyklusstadien zu exponieren, da die Empfindlichkeit der Zellstadien gegenüber den Prüfchemikalien möglicherweise nicht bekannt ist. Die Primärzellen, die mit mitogenen Wirkstoffen zur Teilung angeregt werden müssen, werden in der Regel während der Behandlung mit der Prüfchemikalie nicht weiter synchronisiert (z. B. humane Lymphozyten nach einer 48-stündigen mitogenen Stimulation). Die Verwendung synchronisierter Zellen während der Behandlung wird nicht empfohlen, kann jedoch zulässig sein, sofern gerechtfertigt.

Kulturmedien und Inkubationsbedingungen

Die Kultivierung erfordert geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen (Kulturgefäße, ggf. befeuchtete Atmosphäre mit einer CO2-Konzentration von 5 %, Inkubationstemperatur von 371 °C). Zelllinien sind routinemäßig auf Stabilität der modalen Chromosomenzahl und Mycoplasma-Verunreinigung zu überprüfen (7) (19); bei Verunreinigung oder bei veränderter modaler Chromosomenzahl sollten Zellen nicht verwendet werden. Die normale Dauer des Zellzyklus sollte bei den gewählten Zelllinien oder den im Prüflabor verwendeten primären Kulturen bekannt sein und mit veröffentlichten Zellcharakteristiken übereinstimmen (20).

Vorbereitung der Kulturen

Zelllinien: Die Zellen werden aus Stammkulturen gewonnen und im Kulturmedium in einer solchen Dichte überimpft, dass die Zellen in Suspensionen oder Monolayern bis zum Zeitpunkt ihrer Ernte weiterhin exponentiell wachsen (z. B. sollte eine Konfluenz bei in Monolayern gezüchteten Zellen vermieden werden).

Lymphozyten: Mit einem Antikoagulans (z. B. Heparin) behandeltes Vollblut oder separierte Lymphozyten werden einem Kulturmedium beigegeben (z. B. im Fall von humanen Lymphozyten für die Dauer von 48 Stunden), das ein Mitogen (z. B. Phytohämagglutinin (PHA) bei humanen Lymphozyten) enthält, um eine Zellteilung vor der Behandlung mit der Prüfchemikalie herbeizuführen.

Stoffwechselaktivierung

Bei Zellen mit unzulänglicher endogener Stoffwechselkapazität sollten exogene metabolisierende Systeme verwendet werden. Das gängigste und, sofern nicht anders begründet, standardmäßig empfohlene System, ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren (in der Regel Ratten), die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (21) (22) (23) oder einer Kombination aus Phenobarbiton und β-Naphtoflavon (24) (25) (26) (27) (28) (29) vorbehandelt wurde. Letztere Kombination verstößt nicht gegen das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (30) und hat sich für die Induktion von Multifunktionsoxidasen als ebenso wirksam wie Aroclor 1254 erwiesen (24) (25) (26) (28). Die S9-Fraktion wird im Endmedium in der Regel in Konzentrationen von 1 bis 2 % v/v verwendet, kann jedoch auf 10 % v/v erhöht werden. Die Verwendung von Produkten, die den Mitoseindex senken, insbesondere Komplexbildner für Calcium (31), sollten während der Behandlung vermieden werden. Die Wahl der Art und Konzentration des exogenen Metabolisierungssystems oder metabolischen Agens ist möglicherweise von der Klasse der geprüften Chemikalien abhängig.

Vorbereitung der Prüfchemikalie

Feste Prüfchemikalien sollten vor der Zellbehandlung in geeigneten Lösungsmitteln gelöst und ggf. verdünnt werden (siehe Nummer 23). Flüssige Prüfchemikalien können dem Versuchssystem vor der Behandlung direkt zugegeben und/oder verdünnt werden. Gasförmige oder flüchtige Prüfchemikalien sind durch entsprechende Modifikationen der Standardprotokolle zu prüfen, z. B. durch Behandlung in hermetisch verschlossenen Kulturgefäßen (32) (33) (34). Zubereitungen der Prüfchemikalie sollten kurz vor der Behandlung hergestellt werden, es sei denn, die Chemikalie ist bei Lagerung nachweislich stabil.

Prüfbedingungen

Lösungsmittel

Das Lösungsmittel sollte so gewählt werden, dass eine optimale Löslichkeit der Prüfchemikalie gewährleistet ist, ohne dass die Durchführung des Versuchs beeinträchtigt wird, z. B. durch Veränderung des Zellwachstums, Beeinträchtigung der Integrität der Prüfchemikalie, Reaktion mit Kulturgefäßen, Behinderung des Metabolisierungssystems. Es ist empfiehlt sich, als erste Wahl die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels (oder Kulturmediums) in Erwägung zu ziehen. Gründlich erprobte Lösungsmittel sind z. B. Wasser oder Dimethylsulfoxid. Organische Lösungsmittel sollten 1 % v/v und wässrige Lösungsmittel (Kochsalzlösung oder Wasser) sollten 10 % v/v im Endmedium möglichst nicht überschreiten. Werden weniger gründlich erprobte Lösungsmittel verwendet (z. B Ethanol oder Aceton), so ist dies durch Daten zu untermauern, die ihre Verträglichkeit mit der Prüfchemikalie und mit dem Versuchssystem sowie ihre mangelnde Gentoxizität in der verwendeten Konzentration belegen. Liegen keine Daten vor, die dies belegen, sollten unbedingt unbehandelte Kontrollen (siehe Anlage 1) einbezogen werden, um nachzuweisen, dass durch die gewählten Lösungsmittel keine schädlichen oder klastogenen Wirkungen ausgelöst werden.

Messung von Zellproliferation und Zytotoxizität und Wahl der Behandlungskonzentrationen

Bei der Bestimmung der höchsten Konzentration der Prüfchemikalie sind Konzentrationen zu vermeiden, die zu künstlich positiven Reaktionen führen können, z. B. zu übermäßiger Zytotoxizität (siehe Nummer 22), Ausfällungen im Kulturmedium (siehe Nummer 23) oder ausgeprägten Veränderungen des pH-Werts oder der Osmolalität (siehe Nummer 5). Sofern die Prüfchemikalie zum Zeitpunkt der Zugabe den pH-Wert des Mediums erheblich verändert, lässt sich dieser auch durch Zugabe eines Puffers ins Endmedium einstellen, damit künstlich positive Reaktionen vermieden und geeignete Kulturbedingungen aufrechterhalten werden.

Es sind Messungen der Zellproliferation vorzunehmen, um sicherzustellen, dass während des Tests eine ausreichende Zahl behandelter Zellen eine Mitose durchlaufen hat und dass die Behandlungen auf geeigneten Zytotoxizitätsniveaus durchgeführt werden (siehe Nummern 18 und 22). Die Zytotoxizität sollte im Hauptversuch mit und ohne Stoffwechselaktivierung unter Verwendung eines geeigneten Indikators für Zelltod und -wachstum bestimmt werden. Wenngleich die Bewertung der Zytotoxizität im Rahmen eines Vorversuchs nützlich sein kann, um eine bessere Bestimmung der im Hauptversuch verwendeten Konzentrationen vornehmen zu können, ist ein Vorversuch nicht zwingend erforderlich. Wird er durchgeführt, ersetzt er nicht die Messung der Zytotoxizität im Hauptversuch.

Die relative Populationsverdopplung (RPD) oder die relative Erhöhung der Zellzahl (RICC) sind geeignete Verfahren zur Bewertung der Zytotoxizität in zytogenetischen Versuchen (13) (15) (35) (36) (55) (Formeln siehe Anlage 2). Bei Langzeitbehandlungen und Probenahmezeitpunkten nach Beginn der Behandlung, die über 1,5 normale Zellzykluslängen (d. h. mehr als 3 Zellzykluslängen insgesamt) andauern, könnte es bei der RPD zu einer Unterschätzung der Toxizität kommen (37). Unter diesen Umständen ist die RICC möglicherweise das bessere Verfahren; anderenfalls erhält man bei Bewertung der Zytotoxizität nach 1,5 normalen Zellzykluslängen beim RPD-Verfahren einen hilfreichen Schätzwert.

Bei Lymphozyten in Primärkulturen ist der Mitoseindex (MI), auch wenn er ein geeigneter Wert zur Messung zytotoxischer/zytostatischer Wirkungen ist, abhängig vom Zeitpunkt der Messung nach der Behandlung, vom verwendeten Mitogen sowie möglichen Störungen des Zellzyklus. Der MI ist jedoch zulässig, da andere Verfahren zur Messung der Zytotoxizität möglicherweise zu komplex und wenig praktikabel und nicht auf die Zielpopulation der Lymphozyten anwendbar sind, die infolge der PHA-Stimulation wachsen.

Zwar sind das RICC- bzw. das RPD-Verfahren für Zelllinien und der MI für Primärkulturen von Lymphozyten die empfohlenen Zytotoxizitätsparameter, weitere Indikatoren (z. B. Zellintegrität, Apoptose, Nekrose, Zellzyklus) könnten jedoch nützliche Zusatzinformationen liefern.

Es sollten mindestens drei Versuchskonzentrationen (ausgenommen Lösungsmittel und Positivkontrollen), die die Akzeptanzkriterien erfüllen (geeignete Zytotoxizität, Anzahl der Zellen usw.), ausgewertet werden. Unabhängig von der Art der Zellen (Zelllinien oder Primärkulturen von Lymphozyten) können für jede überprüfte Konzentration Replikat- oder Einfachkulturen verwendet werden. Wenngleich die Verwendung von Zweifachkulturen ratsam ist, sind Einfachkulturen auch zulässig, vorausgesetzt, es wird für Einfach- oder Zweifachkulturen jeweils die gleiche Gesamt-Zellpopulation ausgewertet. Die Verwendung von Einzelkulturen ist insbesondere dann relevant, wenn mehr als drei Konzentrationen bewertet werden (siehe Nummer 31). Die Ergebnisse aus den unabhängigen Replikatkulturen bei einer gegebenen Konzentration können zu Datenanalysezwecken gepoolt werden (38). Bei Prüfchemikalien mit geringer oder ohne Zytotoxizität sind in der Regel Konzentrationsintervalle mit zwei- bis dreifacher Konzentration geeignet. Wenn Zytotoxizität auftritt, sollten die Versuchskonzentrationen einen Bereich ausgehend von dem Wert, bei dem Zytotoxizität auftritt (siehe Beschreibung unter Nummer 22), bis zu Konzentrationen mit mäßiger und geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Viele Prüfchemikalien zeigen steile Konzentrations-Wirkungs-Kurven, und um Daten bei mäßiger oder geringer Toxizität zu erhalten oder die Dosis-Wirkungs-Beziehung im Einzelnen auszuwerten, wird es erforderlich sein, Konzentrationen mit kleineren Abständen und/oder mehr als drei Konzentrationen zu verwenden (Einfach- oder Replikatkulturen), insbesondere in Fällen, in denen ein Wiederholungsversuch erforderlich ist (siehe Nummer 47).

Beruht die höchste Konzentration auf Zytotoxizität, so sollte versucht werden, unter Verwendung der empfohlenen Zytotoxizitätsparameter (d. h. Verringerung der RICC und RPD bei Zelllinien und Verringerung des MI bei Primärkulturen von Lymphozyten auf 45 ± 5 % der gleichzeitigen Negativkontrolle) mit der höchsten Konzentration eine Zytotoxizität von 55 ± 5 % zu erreichen. Vorsicht ist geboten, positive Ergebnisse dahingehend zu interpretieren, dass sie ausschließlich am oberen Ende dieses zytotoxischen Bereichs von 55 ± 5 % anzutreffen sind (13).

Im Falle schwer löslicher Chemikalien, die bei Konzentrationen unterhalb der niedrigsten unlöslichen Konzentration nicht zytotoxisch sind, sollte die höchste analysierte Konzentration am Ende der Behandlung mit der Prüfchemikalie eine Trübung oder eine mit bloßem Auge oder mithilfe eines inversen Mikroskops erkennbare Ausfällung bewirken. Auch wenn Zytotoxizität oberhalb der niedrigsten unlöslichen Konzentration auftritt, ist es ratsam, nur eine Konzentration zu testen, bei der es zu einer Trübung oder sichtbaren Ausfällung kommt, da künstliche Wirkungen eine Folge dieser Ausfällung sein könnten. Bei der Konzentration, bei der es zu einer Ausfällung kommt, ist unbedingt sicherzustellen, dass die Ausfällung die Durchführung des Versuchs nicht beeinträchtigt (z. B. Färbung oder Auswertung). Es ist möglicherweise sinnvoll, die Löslichkeit im Kulturmedium vor dem Versuch zu bestimmen.

Wird keine Ausfällung bzw. keine grenzwertige Zytotoxizität beobachtet, sollte die höchste Versuchskonzentration 10 mM, 2 mg/ml oder 2 μl/ml entsprechen, je nachdem, welcher Wert der niedrigere ist (39) (40) (41). Sofern die Zusammensetzung der Prüfchemikalie nicht vorgegeben ist, es sich z. B. um einen Stoff mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, um komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien (UVCB) (42), einen Umweltextrakt usw. handelt, muss die höchste Konzentration möglicherweise höher angesetzt werden (z. B. bei 5 mg/ml), sofern keine ausreichende Zytotoxizität vorhanden ist, um die Konzentration der einzelnen Komponenten zu erhöhen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Anforderungen sich von denen für Humanpharmazeutika unterscheiden können (43).

Kontrollen

Bei jedem Zellerntezeitpunkt sind gleichzeitige Negativkontrollen (siehe Nummer 15) zu berücksichtigen, bei denen das Behandlungsmedium lediglich Lösungsmittel enthält und die auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen behandelt werden.

Gleichzeitige Positivkontrollen müssen angelegt werden, um die Eignung des Labors zum Nachweis von Klastogenen unter den Bedingungen des verwendeten Prüfprotokolls sowie ggf. die Wirksamkeit des exogenen Metabolisierungssystems nachzuweisen. Beispiele für Positivkontrollen sind Tabelle 1 zu entnehmen. Es können andere geeignete Positivkontrollchemikalien verwendet werden, sofern gerechtfertigt. Da In-vitro-Tests auf Gentoxizität in Säugetierzellen ausreichend standardisiert sind, kann sich die Hinzuziehung von Positivkontrollen auf ein Klastogen beschränken, das eine Stoffwechselaktivierung erfordert. Unter der Voraussetzung, dass diese einzeln durchgeführte Positivkontrolle zeitgleich zu dem nicht aktivierten Versuch mit derselben Behandlungsdauer erfolgt, wird durch ihre Wirkung sowohl die Aktivität des Metabolisierungssystems als auch die Reaktionsfähigkeit des Versuchssystems nachgewiesen. Im Falle einer Langzeitbehandlung (ohne S9) sollte jedoch eine gesonderte Positivkontrolle erfolgen, da die Behandlungsdauer beim Versuch mit Stoffwechselaktivierung eine andere ist. Jede Positivkontrolle sollte bei einer oder mehreren Konzentrationen durchgeführt werden, die voraussichtlich eine reproduzierbare und erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben, womit sich die Empfindlichkeit des Versuchssystems nachweisen lässt (d. h. die Wirkungen sind eindeutig, lassen aber beim Ablesen nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen), und die Wirkung sollte nicht durch einen Zytotoxizitätswert beeinträchtigt werden, der die in der Prüfmethode vorgegebenen Grenzen überschreitet.



Tabelle 1.

Zur Beurteilung der Eignung des Labors und zur Wahl der Positivkontrollen empfohlene Referenzchemikalien

KategorieChemikalieCAS-Nr.
1.  Klastogene, die ohne Stoffwechselaktivierung wirken
Methylmethansulfonat66-27-3
Mitomycin C50-07-7
4-Nitroquinolin-N-oxid56-57-5
Cytosinarabinosid147-94-4
2.  Klastogene, die eine Stoffwechselaktivierung erfordern
Benzo[a]pyren50-32-8
Cyclophosphamid50-18-0

VERFAHREN

Behandlung mit der Prüfchemikalie

Proliferierende Zellen werden mit und ohne Stoffwechselaktivierungssystem mit der Prüfchemikalie behandelt.

Zeitpunkt der Zellernte

Um eine genaue Bewertung zu ermöglichen, die erforderlich wäre, um auf ein negatives Ergebnis schließen zu können, sollte jede der drei nachgenannten Versuchsbedingungen getestet werden — eine Kurzzeitbehandlung mit und ohne Stoffwechselaktivierung und eine Langzeitbehandlung ohne Stoffwechselaktivierung (siehe Nummern 43, 44 und 45):

Die Zellen sollten 3 bis 6 Stunden lang ohne Stoffwechselaktivierung mit der Prüfchemikalie behandelt werden, wobei eine Probenahme nach Ablauf eines Zeitraums erfolgt, der etwa der 1,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus nach Behandlungsbeginn entspricht (18).
Die Zellen sollten 3 bis 6 Stunden lang mit Stoffwechselaktivierung mit der Prüfchemikalie behandelt werden, wobei eine Probenahme nach Ablauf eines Zeitraums erfolgt, der etwa der 1,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus nach Behandlungsbeginn entspricht (18).
Die Zellen sollten kontinuierlich ohne Stoffwechselaktivierung behandelt werden, wobei eine Probenahme nach Ablauf eines Zeitraums erfolgt, der etwa der 1,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht. Bestimmte Chemikalien (z. B. Nucleosidanaloge) sind möglicherweise leichter nachweisbar, wenn der Zeitraum für die Behandlung/Probenahme mehr als die 1,5-fache Dauer des normalen Zellzyklus beträgt (24).

In Fällen, in denen eine der oben genannten Versuchsbedingungen zu einem positiven Befund führt, kann möglicherweise auf Untersuchungen nach den anderen Behandlungsverfahren verzichtet werden.

Chromosomenpräparation

Die Zellkulturen werden vor der Gewinnung in der Regel ein bis drei Stunden lang mit Colcemid oder Colchicin behandelt. Für die Chromosomenpräparation wird jede Zellkultur gesondert geerntet und aufgearbeitet. Zur Chromosomenpräparation gehören die Behandlung der Zellen mit hypotoner Lösung, die Fixierung und das Anfärben. In Monolayern können am Ende der 3- bis 6-stündigen Behandlung mitotische Zellen vorhanden sein (diese sind daran zu erkennen, dass sie rund sind und sich von der Oberfläche lösen). Da diese mitotischen Zellen sich leicht lösen, können sie bei Entfernung des Mediums mit der Prüfchemikalie verloren gehen. Kann nachgewiesen werden, dass verglichen mit den Kontrollen die Zahl der mitotischen Zellen erheblich zugenommen hat, was mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen mitotischen Arrest hinweist, sollten die Zellen durch Zentrifugieren gesammelt und anschließend den Kulturen wieder zugeführt werden, um zu vermeiden, dass Zellen verlorengehen, die sich in der Mitose befinden und zum Zeitpunkt der Gewinnung dem Risiko einer Chromosomenaberration ausgesetzt sind.

Analyse

Alle Objektträger, auch die für die Positiv- und Negativkontrollen, sollten vor der mikroskopischen Untersuchung von unabhängiger Seite kodiert werden. Da es bei der Fixierung bei einem Teil der Metaphasezellen häufig zum Verlust von Chromosomen kommt, sollten die ausgewerteten Zellen daher eine Zentromerzahl enthalten, die bei allen Zelltypen dem Modalwert ± 2 entspricht.

Es sollten mindestens 300 gut gespreitete Metaphasen je Konzentration und Kontrolle analysiert werden, um schlussfolgern zu können, dass eine Prüfchemikalie eindeutig negativ ist (siehe Nummer 45). Die 300 Zellen sind gleichmäßig auf die Replikate zu verteilen, sofern solche verwendet werden. Bei der Verwendung von Einzelkulturen je Konzentration (siehe Nummer 21) sollten mindestens 300 gut gespreitete Metaphasen in dieser Einzelkultur analysiert werden. Die Analyse von 300 Zellen hat den Vorteil, dass die statistische Aussagekraft des Versuchs erhöht wird; zudem sind dann kaum Nullwerte zu erwarten (erwartungsgemäß nur 5 %) (44). Die Anzahl der zu analysierenden Metaphasen kann verringert werden, wenn eine hohe Zahl von Zellen mit Chromosomenaberrationen beobachtet wird und die Prüfchemikalie als eindeutig positiv gilt.

Zellen mit einer oder mehreren strukturellen Chromosomenaberration(en) mit und ohne Gaps sollten analysiert werden. Brüche und Gaps sind gemäß (45) (46) in Anlage 1 definiert. Chromatidentyp- und Chromosomentypaberration sollten getrennt erfasst und Subtypen zugeordnet werden (Brüche, Austausche). Die im Labor angewandten Verfahren sollten gewährleisten, dass die Analyse von Chromosomenaberrationen von qualifizierten Technikern ausgeführt und ggfs. einer Peer-Review unterzogen wird.

Obwohl es bei dem Test um den Nachweis struktureller Chromosomenaberrationen geht, ist das Auftreten von Polyploidie und Endoreduplikation unbedingt festzuhalten (siehe Nummer 2).

Kompetenz des Labors

Um ausreichende Erfahrung mit der Durchführung des Versuchs nachzuweisen, bevor er für routinemäßige Testungen angewendet wird, sollte das Labor eine Reihe von Versuchen mit positiven Referenzchemikalien durchgeführt haben, die sich unterschiedlicher Mechanismen und verschiedener Negativkontrollen bedienen (unter Verwendung verschiedener Lösungsmittel/Vehikel). Die Reaktionen dieser Positiv- und Negativkontrollen sollten der Literatur entsprechen. Dies gilt nicht für erfahrene Laboratorien, d. h. für Laboratorien, die über eine historische Datenbank im Sinne von Nummer 37 verfügen.

Eine Auswahl von Positivkontrollchemikalien (siehe Tabelle 1 unter Nummer 26) sollte anhand von Kurz- und Langzeitbehandlungen ohne Stoffwechselaktivierung und darüber hinaus anhand einer Kurzzeitbehandlung mit Stoffwechselaktivierung untersucht werden, um die Eignung des Labors zum Nachweis klastogener Chemikalien und zur Bestimmung der Wirksamkeit des Metabolisierungssystems zu belegen. Zum Nachweis der Empfindlichkeit und dynamischen Bandbreite des Versuchssystems sollten mehrere Konzentrationen der ausgewählten Chemikalien ausgewählt werden, um reproduzierbare und konzentrationsbezogene Zunahmen gegenüber dem Hintergrund zu erhalten.

Historische Kontrolldaten

Das Labor sollte Folgendes nachweisen:

Bereich und Verteilung historischer Positivkontrollen
Bereich und Verteilung historischer Negativkontrollen (unbehandelt, Lösungsmittel)

Beim erstmaligen Erwerb von Daten zur Verteilung einer historischen Negativkontrolle sollten gleichzeitige Negativkontrollen veröffentlichten Kontrolldaten entsprechen, soweit solche vorhanden sind. Kommen weitere Versuchsdaten zur Verteilung der Kontrollen hinzu, sollten gleichzeitige Negativkontrollen idealerweise innerhalb von 95 % der Kontrollgrenzen der gewählten Verteilung liegen (44) (47). Die Datenbank des Labors für historische Negativkontrollen sollte zunächst mit mindestens 10 Versuchen angelegt werden. Vorzugsweise sollte sie jedoch aus mindestens 20 Versuchen bestehen, die unter vergleichbaren Versuchsbedingungen durchgeführt wurden. Labors sollten Qualitätskontrollverfahren anwenden, wie z. B. Qualitätsregelkarten (z. B. C-Karten oder X-Bar-Karten (48)), um zu ermitteln, wie variabel ihre Positiv- und Negativkontrolldaten sind, und um nachzuweisen, dass die Methodik in ihrem Labor „unter Kontrolle“ ist (44). Weitere Empfehlungen zu Aufbau und historischer Datensammlungen (d. h. Kriterien für die Aufnahme und den Ausschluss von Daten in bzw. aus historischen Datensammlungen und die Akzeptanzkriterien für einen bestimmten Versuch) sind den Literaturhinweisen zu entnehmen (47).

Etwaige Änderungen am Versuchsprotokoll sollten auf Übereinstimmung mit den bereits vorhandenen historischen Kontrolldatenbanken geprüft werden. Bei größeren Unstimmigkeiten sollte eine neue historische Kontrolldatenbank erstellt werden.

Daten über Negativkontrollen sollten das Auftreten von Zellen mit Chromosomenaberrationen aus einer Einzelkultur oder aus einer Summe von Replikatkulturen umfassen (vgl. Beschreibung unter Punkt 21). Gleichzeitige Negativkontrollen sollten idealerweise innerhalb der Kontrollgrenzen von 95 % der gewählten Verteilung in der Datenbank des Labors zu historischen Negativkontrollen liegen (44) (47). Sofern gleichzeitige Negativkontrolldaten außerhalb der Kontrollgrenzen von 95 % liegen, ist es zulässig, sie in die historische Kontrollverteilung aufzunehmen, solange es sich bei den Daten nicht um „extreme Ausreißer“ handelt und nachgewiesen werden kann, dass das Versuchssystem „unter Kontrolle“ ist (siehe Nummer 37) und nachweislich kein technisches oder menschliches Versagen vorliegt.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Präsentation der Ergebnisse

Bewertet werden sollte der Anteil der Zellen mit struktureller Chromosomenaberration bzw. strukturellen Chromosomenaberrationen. Chromatidentyp- und Chromosomentypaberrationen, die Subtypen zugeordnet sind (Brüche, Austausche), sollten dabei unter Angabe ihrer Anzahl und Häufigkeit für Versuchs- und Kontrollkulturen getrennt erfasst werden. Gaps werden getrennt erfasst und angegeben, aber in der Regel nicht bei der Gesamthäufigkeit der Aberrationen berücksichtigt. Der Anteil der Zellen mit Polyploidie und/oder Endoreduplikation wird angegeben, sofern beobachtet.

Erfasst werden sollten auch Maßnahmen, die in den Hauptprüfungen auf Aberrationen gleichzeitig zur Bestimmung der Zytotoxizität aller behandelten und Negativ- sowie Positivkontrollkulturen durchgeführt werden.

Die Daten für die einzelnen Kulturen sollten erfasst dokumentiert werden. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden.

Gültigkeitskriterien

Die Akzeptanz eines Versuchs beruht auf folgenden Kriterien:

Die Aufnahme der gleichzeitigen Negativkontrolle in die Datenbank des Labors für historische Negativkontrollen gilt als zulässig, wenn sie der Beschreibung unter Nummer 39 entspricht.
Gleichzeitige Positivkontrollen (siehe Nummer 26) sollten Reaktionen hervorrufen, die mit den Reaktionen kompatibel sind, die in der Datenbank für historische Positivkontrollen erzeugt werden, und, verglichen mit den gleichzeitigen Negativkontrollen, eine statistisch signifikante Zunahme aufweisen.
Die Kriterien für die Zellproliferation in der Lösungsmittelkontrolle sollten erfüllt sein (Nummern 17 und 18).
Es wurden alle drei Versuchsbedingungen getestet, es sei denn, eine führte zu positiven Ergebnissen (siehe Nummer 28).
Eine angemessene Zahl an Zellen und Konzentrationen ist analysierbar (Nummern 31 und 21).
Die Kriterien für die Auswahl der höchsten Konzentration entsprechen den Kriterien unter den Nummern 22, 23 und 24.

Auswertung und Interpretation der Ergebnisse

Unter der Voraussetzung, dass alle Akzeptanzkriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig positiv, wenn bei einer der getesteten Versuchsbedingungen (siehe Nummer 28):

a)
mindestens eine der Versuchskonzentrationen, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme aufweist,
b)
die Zunahme bei der Bewertung anhand eines geeigneten Trendtests dosisabhängig ist,
c)
eines der Ergebnisse außerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegt (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %, siehe Nummer 39).

Sind all diese Kriterien erfüllt, wird davon ausgegangen, dass die Prüfchemikalie Chromosomenaberrationen in Säugerzellkulturen in diesem Versuchssystem auslösen kann. Für Empfehlungen zu den am besten geeigneten statistischen Methoden siehe Literaturhinweise (49) (50) (51).

Unter der Voraussetzung, dass alle Akzeptanzkriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig negativ, wenn in allen getesteten Versuchsbedingungen (siehe Punkt 28):

a)
keine der Versuchskonzentrationen, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme aufweist,
b)
bei der Bewertung anhand eines geeigneten Trendtests keine dosisabhängige Zunahme erfolgt ist,
c)
alle Ergebnisse innerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegen (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %, siehe Nummer 39).

Es wird dann davon ausgegangen, dass die Prüfchemikalie keine Chromosomenaberrationen in Säugerzellkulturen in diesem Versuchssystem auslösen kann.

Bei einer eindeutig positiven oder negativen Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich.

In den Fällen, in denen die Reaktion, wie oben beschrieben, weder eindeutig negativ noch eindeutig positiv ist, oder um die biologische Relevanz eines Ergebnisses zu untermauern, sollten die Daten durch eine fachkundige Beurteilung und/oder anhand weiterer Untersuchungen bewertet werden. Die Auswertung (ggf.) weiterer Zellen oder die Durchführung eines Wiederholungsversuchs, möglicherweise unter veränderten Versuchsbedingungen (z. B. Abstände der Konzentrationen, andere Metabolisierungsbedingungen (d. h. Konzentration (S9) oder Herkunft (S9)), könnten hilfreich sein.

In seltenen Fällen lässt der Datensatz selbst nach weiteren Untersuchungen keine definitive Schlussfolgerung zu positiven oder negativen Ergebnissen zu; in diesem Fall wird die Reaktion der Prüfchemikalie als unschlüssig eingestuft.

Eine zahlenmäßige Zunahme der polyploiden Zellen deutet möglicherweise darauf hin, dass die Prüfchemikalie mitotische Prozesse zu hemmen und numerische Chromosomenaberrationen hervorzurufen vermag (52). Eine zahlenmäßige Zunahme der Zellen mit endoreduplizierten Chromosomen ist möglicherweise ein Anzeichen dafür, dass die Prüfchemikalie die Zellzyklusprogression zu hemmen vermag (53) (54) (siehe Nummer 2). Die Inzidenz von polyploiden Zellen und Zellen mit endoreduplizierten Chromosomen sollte daher getrennt erfasst werden.

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie:

Herkunft, Partienummer, ggf. begrenztes Verwendungsdatum;
Stabilität der Prüfchemikalie, falls bekannt;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfchemikalie in Lösungsmittel, falls bekannt;
Messung des pH-Werts, Osmolalität und ggf. Niederschlag im Kulturmedium, dem die Prüfchemikalie zugegeben wurde.

Einkomponentiger Stoff:

Aussehen, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, falls zutreffend und praktisch durchführbar usw.

Mehrkomponentiger Stoff, UVCB-Stoffe und Gemische:

So weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten.

Lösungsmittel:

Begründung der Wahl des Lösungsmittels.
Der Anteil des Lösungsmittels im Endmedium sollte ebenfalls angegeben werden.

Zellen:

Typ und Herkunft der Zellen;
Karyotypmerkmale und Eignung des verwendeten Zelltyps;
bei Zelllinien: Nichtvorhandensein von Mycoplasma;
bei Zelllinien: Angaben über die Dauer des Zellzyklus, Verdopplungszeit oder Proliferationsindex;
Geschlecht der Blutspender, Alter und sachdienliche Informationen zum Spender, Vollblut oder separierte Lymphozyten, verwendetes Mitogen;
bei Zelllinien: ggf. Passagenanzahl;
bei Zelllinien: ggf. zum Erhalt der Zellkultur verwendete Verfahren;
bei Zelllinien: Modalwert der Chromosomen.

Prüfbedingungen:

Bezeichnung der Spindelgifte, deren Konzentration und Dauer der Zellexposition;
Konzentration der Prüfchemikalie, ausgedrückt als Endkonzentration im Kulturmedium (z. B. μg oder mg/ml oder mM des Kulturmediums).
Begründung der Wahl der Konzentrationen und der Anzahl der Kulturen, darunter z. B. Angaben zur Zytotoxizität und Löslichkeitsgrenze;
Medienzusammensetzung, ggf. CO2-Konzentration, Feuchtigkeit;
Konzentration (und/oder Volumen) des Lösungsmittels und der beigegebenen Prüfchemikalie;
Inkubationstemperatur;
Inkubationszeit;
Behandlungsdauer;
Zeitpunkt der Gewinnung nach der Behandlung;
ggf. Zelldichte bei der Beimpfung;
Art und Zusammensetzung des Stoffwechselaktivierungssystems (Herkunft von S9, Zubereitungsmethode des S9-Gemisches, Konzentration oder Volumen des S9-Gemisches und S9 im Endmedium, Qualitätskontrollen von S9);
Chemikalien der Positiv- und Negativkontrollen, Endkonzentrationen für die jeweiligen Behandlungsbedingungen;
Methoden zur Präparation des Objektträgers und verwendete Färbetechnik;
Akzeptanzkriterien für Versuche;
Kriterien für die Auswertung der Aberrationen;
Anzahl der analysierten Metaphasen;
Methoden zur Bestimmung der Zytotoxizität;
evtl. zusätzliche Angaben zur Zytotoxizität und zum verwendeten Verfahren;
Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig;
Methoden zur Bestimmung von pH-Wert, Osmolalität und Ausfällung.

Ergebnisse:

Anzahl der behandelten Zellen und Anzahl der je Kultur geernteten Zellen, sofern Zelllinien verwendet werden
Bestimmung der Zytotoxizität, z. B. RPD, RICC, MI, ggf. andere Beobachtungen;
Informationen zu Zellzyklusdauer, Verdopplungsdauer oder Proliferationsindex im Fall von Zelllinien;
Ausfällungszeichen und Bestimmungszeit;
Definition für Aberrationen, einschließlich Gaps;
Anzahl der ausgewerteten Zellen, Anzahl der Zellen mit Chromosomenaberrationen mit getrennter Angabe des Chromosomenaberrationstyps für jede behandelte Kultur und Kontrollkultur, mit und ohne Gaps;
ggf. beobachtete Veränderungen der Ploidie (gesonderte Angabe von polyploiden Zellen und Zellen mit endoreduplizierten Chromosomen);
nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;
Daten zu gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrollen und Positivkontrollen (Konzentrationen und Lösungsmittel);
Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen und 95 %-Grenzen für die Verteilung sowie Anzahl der Datensätze.
ggf. statistische Analysen, p-Werte.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen

LITERATURHINWEISE

(1) OECD (2016). Overview of the set of OECD Genetic Toxicology Test Guidelines and updates performed in 2014-2015. ENV Publications. Series on Testing and Assessment, No. 234, OECD, Paris.

(2) Evans, H.J. (1976), Cytological Methods for Detecting Chemical Mutagens, in Chemical Mutagens, Principles and Methods for their Detection, Band 4, Hollaender, A. (ed.), Plenum Press, New York und London, 1-29

(3) Ishidate, M. Jr., T. Sofuni (1985), The in vitro Chromosomal Aberration Test Using Chinese Hamster Lung (CHL) Fibroblast Cells in Culture in Progress in Mutation Research, Bd. 5, Ashby, J. et al. (eds.), Elsevier Science Publishers, Amsterdam-New York-Oxford, 427-432.

(4) Galloway, S.M. et al. (1987), Chromosomal aberration and sister chromatid exchanges in Chinese hamster ovary cells: Evaluation of 108 chemicals, Environmental and Molecular Mutagenesis, Bd. 10/Ergänz. 10, 1-175.

(5) Muehlbauer, P.A. et al. (2008), Improving dose selection and identification of aneugens in the in vitro chromosome aberration test by integration of flow cytometry-based methods, Environmental and Molecular Mutagenesis, Band 49/4, 318-327.

(6) Kapitel B.49 dieses Anhangs: In-Vitro-Mikronukleustest an Säugetierzellen.

(7) ILSI paper (draft), Lorge, E., M. Moore, J. Clements, M. O Donovan, F. Darroudi, M. Honma, A. Czich, J van Benthem, S. Galloway, V. Thybaud, B. Gollapudi, M. Aardema, J. Kim, D.J. Kirkland, Recommendations for good cell culture practices in genotoxicity testing.

(8) Scott, D. et al. (1991), Genotoxicity under Extreme Culture Conditions. A report from ICPEMC Task Group 9, Mutation Research/Reviews in Genetic Toxicology, Bd. 257/2, 147-204.

(9) Morita, T. et al. (1992), Clastogenicity of Low pH to Various Cultured Mammalian Cells, Mutation Research/Genetic Toxicology and Environmental Mutagenesis, Bd. 268/2, 297-305.

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(11) Long, L.H. et al. (2007), Different cytotoxic and clastogenic effects of epigallocatechin gallate in various cell-culture media due to variable rates of its oxidation in the culture medium, Mutation Research/Genetic Toxicology and Environmental Mutagenesis, Bd. 634/1-2, 177-183.

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(34) Asakura, M. et al. (2008), An improved system for exposure of cultured mammalian cells to gaseous compounds in the chromosomal aberration assay, Mutation Research, Bd. 652/2, 122-130.

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(40) Morita, T., M. Honma, K. Morikawa (2012), Effect of reducing the top concentration used in the in vitro chromosomal aberration test in CHL cells on the evaluation of industrial chemical genotoxicity, Mutation Research/Genetic Toxicology and Environmental Mutagenesis, Bd. 741/1-2, 32-56.

(41) Brookmire, L., J.J. Chen, D.D. Levy (2013), Evaluation of the Highest Concentrations Used in the In Vitro Chromosome Aberrations Assay, Environmental and Molecular Muagenesis, Bd. 54/1, 36-43.

(42) EPA, Office of Chemical Safety and Pollution Prevention (2011), Chemical Substances of Unknown or Variable Composition, Complex Reaction Products and Biological Materials: UVCB Substances, http://www.epa.gov/opptintr/newchems/pubs/uvcb.txt.

(43) USFDA (2012), International Conference on Harmonisation (ICH) Guidance S2 (R1) on Genotoxicity Testing and Data Interpretation for Pharmaceuticals Intended For Human Use. Abrufbar unter: https://federalregister.gov/a/2012-13774.

(44) OECD (2014), Statistical analysis supporting the revision of the genotoxicity Test Guidelines, OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment, Nr. 198, OECD Publishing, Paris.

(45) ISCN (2013), An International System for Human Cytogenetic Nomenclature, Schaffer, L.G., J. MacGowan-Gordon, M. Schmid (Herausgeber), Karger Publishers Inc., Connecticut.

(46) Scott, D. et al. (1990), Metaphase chromosome aberration assays in vitro, in Basic Mutagenicity Tests: UKEMS Recommended Procedures, Kirkland, D.J. (Herausgeber), Cambridge University Press, Cambridge, 62-86.

(47) Hayashi, M. et al. (2011), Compilation and use of genetic toxicity historical control Data, Mutation Research, Bd. 723/2, 87-90.

(48) Ryan, T. P. (2000), Statistical Methods for Quality Improvement, Zweite Ausgabe, John Wiley and Sons, New York.

(49) Fleiss, J. L., B. Levin, M.C. Paik (2003), Statistical Methods for Rates and Proportions, Dritte Ausgabe, John Wiley & Sons, New York.

(50) Galloway, S.M. et al. (1987), Chromosome aberration and sister chromatid exchanges in Chinese hamster ovary cells: Evaluation of 108 chemicals, Environmental and Molecular Mutagenesis, Bd. 10/Ergänz. 10, 1-175.

(51) Richardson, C. et al. (1989), Analysis of Data from In Vitro Cytogenetic Assays, in Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, Kirkland, D.J. (Herausgeber), Cambridge University Press, Cambridge, 141-154.

(52) Warr, T.J., E.M. Parry, J.M. Parry (1993), A comparison of two in vitro mammalian cell cytogenetic assays for the detection of mitotic aneuploidy using 10 known or suspected aneugens, Mutation Research, Bd. 287/1, 29-46.

(53) Locke-Huhle, C. (1983), Endoreduplication in Chinese hamster cells during alpha-radiation induced G2 arrest, Mutation Research, Bd. 119/3, 403-413.

(54) Huang, Y., C. Change, J.E. Trosko (1983), Aphidicolin — induced endoreduplication in Chinese hamster cells, Cancer Research, Bd. 43/3, 1362-1364.

(55) Soper, K.A., S.M. Galloway (1994), Cytotoxicity measurement in in vitro chromosome aberration test and micronucleus test, Mutation Research, Bd. 312, 139-149.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Aneuploidie : Abweichung von der normalen diploiden (oder haploiden) Chromosomenzahl durch ein einziges Chromosom oder mehr, nicht aber durch einen ganzen (oder mehrere) Chromosomensatz/-sätze (Polyploidie).

Apoptose : programmierter Zelltod, der durch eine Reihe von Schritten charakterisiert ist, an deren Ende ein Schrumpfen von Zellen zu membrangebundenen Partikeln steht, die schließlich durch Phagozytose oder Shedding abgebaut werden.

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch.

Chromatidbruch : Diskontinuität in einem einzelnen Chromatid mit eindeutiger Dislokation eines der Bruchstücke.

Chromatid-Gap : nicht gefärbter Bereich (achromatische Läsion) eines einzelnen Chromatids mit minimaler Dislokation eines der Bruchstücke.

Chromatidentypaberration : strukturelle Chromsomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch einzelner Chromatiden oder Bruch und Reunion zwischen Chromatiden.

Chromosomentypaberration : strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch oder Bruch und Reunion beider Chromatiden an gleicher Position.

Endoreduplikation : Prozess, bei dem der Kern nach einer S-Phase der DNA-Replikation keine Mitose durchläuft, sondern in eine weitere S-Phase eintritt. Das Ergebnis sind Chromosomen mit 4, 8, 16, … Chromatiden.

Genotoxisch : allgemeiner Begriff, der alle Typen von DNA- oder Chromosomenschädigungen umfasst, einschließlich Brüchen, Deletionen, Addukten, Nukleotidmodifikationen und -verknüpfungen, Rearrangements, Genmutationen, Chromosomenaberrationen sowie Aneuploidie. Nicht alle genotoxischen Effekte führen zu Mutationen oder stabilen Chromosomenschäden.

Klastogen : Chemikalie, die strukturelle Chromosomenaberrationen in Zellpopulationen oder eukaryontischen Organismen auslöst.

Konzentrationen : beziehen sich auf Endkonzentrationen der Prüfchemikalie im Kulturmedium.

Lösungsmittelkontrolle : allgemeiner Begriff zur Bezeichnung der Kontrollkulturen, die nur mit dem Lösungsmittel behandelt werden, das verwendet wird, um die Prüfchemikalie zu lösen.

Mitose : Teilung des Zellkerns, die in der Regel in Prophase, Prometaphase, Metaphase, Anaphase und Telophase gegliedert ist.

Mitoseindex (MI) : Anteil der Zellen einer Zellpopulation, die sich zum Beobachtungszeitpunkt in Metaphase befinden; zugleich Hinweis auf den Grad der Zellproliferation in dieser Population.

Mutagen : Auslöser einer Erbgutveränderung der DNA-Basenpaarsequenz(en) in Genen oder in der Chromosomenstruktur (Chromosomenaberrationen).

Numerische Aberration : Abweichung der Chromosomenzahl vom Normalwert, der für die verwendeten Zellen charakteristisch ist.

p53-Status : Das p53-Protein ist an der Regulierung des Zellzyklus, Apoptose und DNA-Reparatur beteiligt. Zellen, denen ein funktionales p53-Protein fehlt und die nicht in der Lage sind, den Zellzyklus aufzuhalten oder beschädigte Zellen über Apoptose oder andere Mechanismen (z. B. Einleitung einer DNA-Reparatur) im Zusammenhang mit Aufgaben des p53-Proteins als Reaktion auf DNA-Schäden zu beseitigen, sollten theoretisch eher zu Genmutationen oder Chromosomenaberrationen neigen.

Polyploidie : zahlenmäßige Chromosomenaberrationen in Zellen oder Organismen, von denen ein oder mehrere ganze Chromosomensätze betroffen sind, im Gegensatz zur Aneuploidie, bei der nur ein oder mehrere einzelne Chromosomen betroffen sind.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Relative Erhöhung der Zellzahl (RICC) : zahlenmäßige Zunahme von Zellen in Kulturen, die mit der Chemikalie behandelt sind, verglichen mit der Zunahme in nicht behandelten Kulturen, ausgedrückt als Prozentanteil.

Relative Populationsverdopplung (RPD) : Zunahme der Anzahl an Populationsverdopplungen in Kulturen, die mit der Chemikalie behandelt sind, verglichen mit der Zunahme in nicht behandelten Kulturen, ausgedrückt als Prozentanteil.

S9-Leberfraktion : Überstand des Leberhomogenats nach Zentrifugieren bei 9 000 g, d. h. Rohleberextrakt.

S9-Gemisch : Gemisch aus der S9-Leberfraktion und für die metabolische Enzymaktivität notwendigen Ko-Faktoren.

Strukturelle Aberration : Veränderung der Chromosomenstruktur, nachweisbar durch mikroskopische Untersuchung des Metaphase-Stadiums der Zellteilung, äußert sich in Form von Deletionen und Fragmenten, intrachromosomalen oder reziproken Translokationen.

Unbehandelte Kontrollen : Kulturen, die nicht behandelt werden (d. h. weder mit der Prüfchemikalie noch mit Lösungsmittel), jedoch gleichzeitig in gleicher Weise aufgearbeitet werden wie die Kulturen, die mit der Prüfchemikalie behandelt werden.

Zellproliferation : Zunahme der Anzahl von Zellen als Ergebnis der mitotischen Zellteilung.

Zytotoxizität : Für die Zwecke der unter diese Prüfmethode fallenden Versuche, bei denen Zelllinien zum Einsatz kommen, bezeichnet Zytotoxizität eine Verringerung der relativen Populationsverdopplung (RPD) bzw. eine relative Erhöhung der Zellzahl (RICC) der behandelten Zellen, verglichen mit der Negativkontrolle (siehe Nummer 17 und Anlage 2). Für die Zwecke der unter dieser Prüfmethode fallenden Versuche, bei denen Primärkulturen von Lymphozyten zum Einsatz kommen, bezeichnet Zytotoxizität eine Verringerung des Mitoseindex (MI) der behandelten Zellen, verglichen mit der Negativkontrolle (siehe Nummer 18 und Anlage 2).

Anlage 2

FORMELN ZUR BEWERTUNG DER ZYTOTOXIZITÄT

Mitoseindex (MI):

Die relative Erhöhung der Zellzahl (RICC) oder die relative Populationsverdopplung (RPD) wird empfohlen, da bei beiden der Anteil der Zellpopulation berücksichtigt wird, der eine Teilung durchlaufen hat.

Dabei gilt:

Populationsverdopplung = [log ((Zellzahl nach Behandlung ÷ Anfängliche Zellzahl)] ÷ log 2

Beispielsweise deutet eine RICC oder eine RPD von 53 % auf eine Zytotoxizität/Zytostase von 47 % hin, und eine anhand des MI gemessene Zytotoxizität/Zytostase von 55 % bedeutet, dass der tatsächliche MI zu 45 % außer Kontrolle ist.

In jedem Fall sollte die Größe der Zellpopulation vor der Behandlung ermittelt werden; Gleiches gilt für behandelte Kulturen und Negativkontrollkulturen.

Wenngleich der RCC-Wert (d. h. die in behandelten Kulturen/Zellzahl in Kontrollkulturen) in der Vergangenheit als Bestimmungsgröße für die Zytotoxizität herangezogen wurde, wird er nicht mehr empfohlen, da er zu einer Unterschätzung der Toxizität führen kann.

Bei den Negativkontrollkulturen sollte die Populationsverdopplung der Anforderung gerecht werden, dass Zellprobenahmen nach der Behandlung zu einem Zeitpunkt erfolgen müssen, der etwa der 1,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht, und der Mitoseindex sollte so hoch liegen, dass man eine ausreichend hohe Zellzahl erhält, die die Mitose erreicht, und zuverlässig mit einer 50 %igen Verringerung kalkulieren kann.

B.11.   TEST AUF CHROMOSOMENABERRATIONEN IN KNOCHENMARKZELLEN VON SÄUGETIEREN

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 475 (2016). Sie ist Teil einer Serie von Prüfmethoden zur genetischen Toxikologie. Es wurde ein OECD-Dokument erstellt, das kurz gefasste und hilfreiche Informationen zu Untersuchungen zur genetischen Toxikologie sowie eine Übersicht über die jüngsten Änderungen dieser Prüfrichtlinien enthält (1).

Der In-vivo-Test auf Chromosomenaberrationen in Knochenmarkzellen von Säugetieren ist vor allem für die Bewertung der Genotoxizität relevant, da trotz artenspezifischer Unterschiede bestimmte Faktoren den In-vivo-Stoffwechsel, die Pharmakokinetik und die DNA-Reparaturprozesse beeinflussen und zu den Reaktionen beitragen. Ein In-vivo-Versuch ist ferner hilfreich für weitere Untersuchungen zu gentoxischen Wirkungen, die in einem In-Vitro-System nachgewiesen wurden.

Der In-vivo-Test auf Chromosomenaberrationen in Säugetierzellen dient dem Nachweis von strukturellen Chromosomenaberrationen, die von Prüfchemikalien in Knochenmarkzellen von Säugetieren, in der Regel Nagetieren, ausgelöst werden (2) (3) (4) (5). Dabei ist zwischen strukturellen Chromosomentyp- und strukturellen Chromatidentypaberrationen zu unterscheiden. Bei der Mehrzahl der auf gentoxischen Chemikalien beruhenden Mutagene sind die Aberrationen dem Chromatidentyp zuzuordnen, doch kommen auch Chromosomentypaberrationen vor. Chromosomenschäden und damit zusammenhängende Prozesse sind die Ursache für zahlreiche humangenetische Erkrankungen, und es gibt wesentliche Anhaltspunkte dafür, dass diese Schäden und Prozesse, wenn sie Veränderungen an Onkogenen und Tumorsuppressorgenen auslösen, an der Entstehung von Krebs beim Menschen und in Versuchssystemen beteiligt sind. Polyploidie (einschließlich Endoreduplikation) könnte bei In-vivo-Versuchen zum Nachweis von Chromosomenaberrationen entstehen. Eine Polyploidie an sich ist jedoch kein Hinweis auf ein aneugenisches Potenzial und weist möglicherweise nur auf Störungen des Zellzyklus oder Zytotoxizität hin. Dieser Test dient nicht der Messung der Aneuploidie, zu deren Nachweis ein In-vivo-Erythrozyten-Mikrokerntest bei Säugern (vgl. Kapitel B.12 dieses Anhangs) oder der In-vitro-Mikronukleustest an Säugetierzellen (vgl. Kapitel B.49 dieses Anhangs) empfohlen würden.

Für Definitionen der verwendeten Begriffe siehe Anlage 1.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Bei dieser Prüfung werden routinemäßig Nagetiere eingesetzt, aber auch andere Arten können in einigen Fällen geeignet sein, sofern dies wissenschaftlich gerechtfertigt wird. Zielgewebe bei dieser Prüfung ist das Knochenmark, da es sich um ein gefäßreiches Gewebe mit einer Population rasch proliferierender Zellen handelt, die sich leicht isolieren und aufarbeiten lassen. Die Verwendung anderer Versuchstiere als Ratten und Mäuse sollte im Bericht wissenschaftlich begründet werden. Sofern andere Versuchstiere als Nagetiere verwendet werden, wird empfohlen, Chromosomenaberrationen in Knochenmarkzellen im Rahmen anderer geeigneter Toxizitätstests zu messen.

Soweit es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Prüfchemikalie(n) oder (ein) reaktive® Metabolit(en) das Zielgewebe nicht erreicht bzw. erreichen, ist dieser Test nicht geeignet.

Bevor die Prüfmethode auf ein Gemisch angewendet wird, um Daten für Regulierungszwecke zu generieren, sollte geprüft werden, ob, und falls ja, warum sie für diese Zwecke geeignete Ergebnisse liefert. Diese Überlegungen erübrigen sich, wenn die Durchführung von Tests für das betreffende Gemisch gesetzlich vorgeschrieben ist.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfchemikalie wird den Tieren über einen geeigneten Expositionsweg verabreicht; letztere werden nach der Behandlung zu einem angemessenen Zeitpunkt human getötet. Vor der Tötung werden die Tiere mit einem Spindelgift (z. B. Colchicin oder Colcemid) behandelt. Anschließend werden aus den Knochenmarkzellen Chromosomen präpariert und angefärbt, und die Metaphasezellen werden auf Chromosomenaberrationen untersucht.

ÜBERPRÜFUNG DER EIGNUNG DES LABORS

Eignungsprüfungen

Um ausreichende Erfahrung mit der Durchführung des Versuchs nachzuweisen, bevor er für routinemäßige Testungen angewendet wird, sollte das Labor seine Fähigkeit zur Reproduktion erwarteter Ergebnisse aus veröffentlichten Daten (z. B. (6)) über Chromosomenaberrationshäufigkeiten mit mindestens zwei Positivkontrollchemikalien (einschließlich durch geringe Dosen positiver Kontrollen ausgelöste schwache Reaktionen), wie in Tabelle 1 aufgelistet, und mit kompatiblen Vehikel-/Lösungsmittelkontrollen demonstriert haben (siehe Nummer 22). In diesen Versuchen sollten Dosierungen verwendet werden, mit denen reproduzierbare und dosisabhängige Zunahmen erzielt werden und die die Empfindlichkeit und dynamische Bandbreite des Versuchssystems im untersuchten Gewebe (Knochenmark) demonstrieren, wobei nach der die im Labor normalerweise angewandten Auswertungsmethode vorgegangen werden sollte. Diese Anforderung gilt nicht für erfahrene Laboratorien, d. h. für Laboratorien, die über eine historische Datenbank im Sinne der Nummern 10-14 verfügen.

Historische Kontrolldaten

Im Rahmen der Eignungsprüfungen sollte das Labor Folgendes nachweisen:

Bereich und Verteilung historischer Positivkontrollen und
Bereich und Verteilung historischer Negativkontrollen.

Beim erstmaligen Erwerb von Daten zur Verteilung einer historischen Negativkontrolle sollten gleichzeitige Negativkontrollen mit veröffentlichten Kontrolldaten übereinstimmen, soweit solche vorhanden sind. Kommen weitere Versuchsdaten zur Verteilung der historischen Kontrollen hinzu, sollten gleichzeitige Negativkontrollen idealerweise innerhalb der 95 %-Kontrollgrenze dieser Verteilung liegen. Die Datenbank des Labors für historische Negativkontrollen sollte statistisch robuste Werte enthalten, die gewährleisten, dass das Labor in der Lage ist, die Verteilung seiner Negativkontrolldaten zu bewerten. Nach der Literatur reicht möglicherweise ein Minimum von 10 Versuchen aus, doch wird empfohlen, unter vergleichbaren Versuchsbedingungen mindestens 20 Versuche durchzuführen. Laboratorien sollten Qualitätskontrollverfahren wie Qualitätsregelkarten (z. B. C-Karten oder X-Bar-Karten (7)) anwenden, um zu ermitteln, wie variabel ihre Daten sind, und um nachzuweisen, dass die Methodik in ihrem Labor „unter Kontrolle“ ist. Für weitere Empfehlungen zu Aufbau und Verwendung historischer Datensammlungen (d. h. Kriterien für die Aufnahme und den Ausschluss von Daten in bzw. aus historischen Datensammlungen und die Akzeptanzkriterien für einen bestimmten Versuch) siehe Literaturhinweise (8).

Soweit das Labor während der Eignungsprüfungen (siehe Nummer 9) nicht genügend Versuche abschließt, um eine statistisch robuste Verteilung der Negativkontrollen zu demonstrieren (siehe Punkt 11), kann die Verteilung auch während der ersten routinemäßigen Tests erstellt werden. Diese Vorgehensweise sollte sich an den Literaturempfehlungen orientieren (8), und die bei diesen Versuchen erzielten Negativkontrollergebnisse sollten mit veröffentlichten Negativkontrolldaten übereinstimmen.

Etwaige Änderungen am Versuchsprotokoll sollten hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die resultierenden Daten geprüft werden, die mit den bereits vorhandenen Labordaten über historische Kontrollen übereinstimmen müssen. Nur bei größeren Unstimmigkeiten sollte eine neue Datenbank für historische Kontrollen erstellt werden, soweit eine fachkundige Beurteilung ergibt, dass eine Abweichung von der vorherigen Verteilung besteht (siehe Nummer 11). Während der Neuerstellung muss für die Durchführung eines aktuellen Versuchs ggfs. keine vollständige Datenbank mit Negativkontrollen vorhanden sein, vorausgesetzt, dass Labor kann nachweisen, dass seine Werte aus gleichzeitigen Negativkontrollen entweder mit seiner vorangegangenen Datenbank oder mit den entsprechenden veröffentlichten Daten übereinstimmen.

Daten über Negativkontrollen sollten das Vorkommen struktureller Chromosomenaberrationen (ohne Gaps) bei jedem Tier umfassen. Gleichzeitige Negativkontrollen sollten idealerweise innerhalb der 95 %-Kontrollgrenzen der gewählten Verteilung in der Datenbank des Labors für historische Negativkontrollen liegen. Sofern Daten zu gleichzeitigen Negativkontrollen außerhalb der 95 %-Kontrollgrenzen liegen, ist es zulässig, sie in die historische Kontrollverteilung aufzunehmen, solange es sich bei den Daten nicht um „extreme Ausreißer“handelt und nachgewiesen werden kann, dass das Versuchssystem „unter Kontrolle“ ist (siehe Nummer 11) und kein Hinweis auf technisches oder menschliches Versagen vorliegt.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Vorbereitungen

Auswahl der Tierart

Es sollten junge, gesunde und geschlechtsreife Tiere der üblichen Labortierstämme zum Einsatz kommen. Gewöhnlich werden Ratten verwendet, doch kommen auch Mäuse in Frage. Es können auch andere geeignete Säugetierarten verwendet werden, sofern dies im Bericht wissenschaftlich begründet wird.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Bei Nagern sollte die Temperatur im Versuchstierraum 221 °C (± 31 °C) betragen. Die relative Luftfeuchte sollte vorzugsweise bei 50 bis 60 % liegen, mindestens aber 40 % betragen und außer bei Reinigung des Raumes 70 % nicht übersteigen. Der Raum sollte künstlich beleuchtet sein, mit Hell-/Dunkelphasen im 12-Stunden-Rhythmus. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Wahl des Futters kann dadurch beeinflusst werden, dass es sich für die Beimischung einer Prüfchemikalie eignen muss, wenn diese über das Futter verabreicht wird. Nagetiere können in kleinen Gruppen von Tieren gleichen Geschlechts und der gleichen Behandlungsgruppen untergebracht werden (maximal fünf pro Käfig), sofern kein aggressives Verhalten zu erwarten ist, vorzugsweise in Käfigen mit festem Boden und entsprechender Ausgestaltung des Lebensumfelds. Die Tiere dürfen nur dann einzeln untergebracht werden, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist.

Vorbereitung der Tiere

In der Regel werden junge, gesunde und geschlechtsreife Tiere verwendet (bei Nagetieren vorzugsweise Tiere, die zu Behandlungsbeginn 6 bis 10 Wochen alt sind, wobei etwas ältere Tiere auch zulässig sind), die den Kontroll- und Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zuzuordnen sind. Die Tiere werden nach einer humanen, minimalinvasiven Methode (z. B. durch Anbringen von Ringen, Kennmarken, Mikrochips oder biometrisch, nicht jedoch durch Kupieren der Ohren oder Zehen) einzeln gekennzeichnet. Die Tiere werden über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass etwaige standortbedingte Auswirkungen minimal sind. Kreuzkontaminationen zwischen Positivkontrolle und Prüfchemikalie sind zu vermeiden. Zu Beginn der Studie sollten die Körpergewichtsunterschiede zwischen den behandelten Tiere möglichst gering sein und um nicht mehr als ± 20 % vom Durchschnittsgewicht des jeweiligen Geschlechts abweichen.

Vorbereitung der Dosierung

Feste Prüfchemikalien sollten vor ihrer Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert oder dem Futter oder Trinkwasser beigemischt werden. Flüssige Prüfchemikalien können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Bei Exposition durch Inhalation können die Prüfchemikalien je nach physikalisch-chemischen Eigenschaften als Gase, Dämpfe oder festes/flüssiges Aerosol verabreicht werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfchemikalie zu verwenden, es sei denn, deren die Stabilität bei Lagerung ist erwiesen und die geeigneten Lagerbedingungen sind vorgegeben.

Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosisstufen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht in Verdacht stehen, mit den Prüfchemikalien eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine gängigen Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Referenzdaten über ihre Kompatibilität beizubringen. Es empfiehlt sich, wann immer möglich zunächst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Beispiele für gängige, kompatible Lösungsmittel/Vehikel sind Wasser, physiologische Kochsalzlösung, Methylcelluloselösung, Carboxymethylcellulose-Natriumsalzlösung, Olivenöl und Maisöl. Liegen keine historischen oder veröffentlichten Kontrolldaten vor, aus denen hervorgeht, dass keine strukturellen Aberrationen oder anderen schädlichen Wirkungen von einem gewählten, nicht gängigen Lösungsmittel/Vehikel ausgehen, sollte ein Vorversuch durchgeführt werden, der die Eignung des Lösungsmittels/Vehikels belegt.

Kontrollen

Positivkontrollen

Jeder Versuch sollte eine Gruppe von Tieren umfassen, die mit einer Positivkontrollchemikalie behandelt wurden. Darauf kann möglicherweise verzichtet werden, wenn das Prüflabor seine Eignung zur Durchführung des Tests demonstriert und eine Serie historischer Positivkontrollen nachgewiesen hat. Umfasst der Versuch keine gleichzeitige Positivkontrolle, sollten Auswertungskontrollen (fixierte und nicht angefärbte Objektträger) einbezogen werden. Dazu eignen sich Referenzproben, die im Rahmen eines separaten Positivkontrollversuchs, der in dem Labor, das den Versuch durchführt, in regelmäßigen Zeitabständen (z. B. alle 6 bis 18 Monate) durchgeführt wird (z. B. bei Eignungsprüfungen und danach ggf. auf regelmäßiger Basis), entnommen und gelagert wurden.

Positivkontrollchemikalien sollten zuverlässig bewirken, dass die Häufigkeit der Zellen mit Chromosomenaberrationen gemessen an der spontan entstehenden Zellmenge nachweislich zunimmt. Positivkontrolldosen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Ablesen nicht sofort die Identität der kodierten Proben erkennen lassen. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle im Rahmen eines anderen Behandlungsplans auf anderem Wege als die Prüfchemikalie verabreicht wird und nur eine einzige Probenahme erfolgt. Ggf. könnte eine zusätzliche Positivkontrolle verwendet werden, die derselben chemischen Klasse angehört wie die Prüfchemikalie. Für Beispiele für Positivkontrollchemikalien siehe Tabelle 1.



Tabelle 1

Beispiele für Positivkontrollchemikalien

ChemikalieCAS-Nr.
Ethylmethansulfonat62-50-0
Methylmethansulfonat66-27-3
Ethylnitrosoharnstoff759-73-9
Mitomycin C50-07-7
Cyclophosphamid(monohydrat)50-18-0 (6055-19-2)
Triethylenmelamin51-18-3

Negativkontrollen

Tiere der Negativkontrolle sollten bei jeder Probenahme berücksichtigt und genau wie die Behandlungsgruppen behandelt werden, außer dass ihnen keine Prüfchemikalie verabreicht wird. Soweit zur Verabreichung der Prüfchemikalie ein Lösungsmittel/Vehikel verwendet wird, sollte die auch Kontrollgruppe dieses Lösungsmittel/Vehikel erhalten. Demonstrieren jedoch historische Negativkontrolldaten bei jeder Probenahme für das betreffende Prüflabor übereinstimmende Werte zur Variabilität der Tiere und Häufigkeit der Zellen mit Chromosomenaberrationen, so ist für die Negativkontrollen möglicherweise nur eine einzige Probenahme erforderlich. Wird bei den Negativkontrollen nur eine einzige Probe entnommen, so sollte dies zum ersten Probenahmezeitpunkt erfolgen.

VERFAHREN

Anzahl und Geschlecht der Tiere

Die Mikrokernreaktion verläuft bei männlichen und weiblichen Tieren in der Regel ähnlich (9), und es ist davon auszugehen, dass dies auch für strukturelle Chromosomenaberrationen gilt, sodass die meisten Studien unabhängig vom Geschlecht durchgeführt werden können. Daten, die nennenswerte Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tieren demonstrieren (z. B. Unterschiede bei der systemischen Toxizität, beim Stoffwechsel, bei der Bioverfügbarkeit, bei der Knochenmarktoxizität usw., einschließlich unter anderem einer Dosisfindungsstudie), würden die Verwendung von Tieren beider Geschlechter nahe legen. In diesem Fall kann es angebracht sein, eine Studie an Tieren beider Geschlechter durchzuführen, z. B. im Rahmen einer Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung. Bei Verwendung beider Geschlechter könnte die Anwendung des faktoriellen Modells zweckdienlich sein. Für Einzelheiten zur Analyse der Daten nach diesem Modell siehe Anlage 2.

Zu Beginn der Studie sollten die Gruppengrößen so festgelegt werden, dass jede Gruppe mindestens 5 analysierbare Tiere eines Geschlechts oder beider Geschlechter, sofern beide Geschlechter einbezogen werden, umfasst. Sollte es sich beim Menschen um eine geschlechtsspezifische Exposition handeln, z. B. wie dies bei bestimmten Pharmazeutika der Fall ist, ist der Versuch am Tier ebenfalls geschlechtsspezifisch durchzuführen. Richtwert für eine typische Versuchstiermenge: Für eine Knochenmarkstudie mit zwei Probenahmezeitpunkten, drei Dosisgruppen und einer gleichzeitigen Negativkontrollgruppe zuzüglich einer Positivkontrollgruppe (wobei jede Gruppe aus fünf Tieren jedes Geschlechts besteht) wären maximal 45 Versuchstiere erforderlich.

Dosisstufen

Wird vorab eine Dosisfindungsstudie durchgeführt, da keine geeigneten Daten zur Dosisauswahl verfügbar sind, sollte diese im selben Labor unter Verwendung derselben Spezies und desselben Stamms, Geschlechts und Behandlungsverfahrens wie beim Hauptversuch stattfinden (10). Ziel der Studie sollte sein, die maximal verträgliche Dosis (MTD) zu ermitteln, die definiert ist als die Höchstdosis, die, bezogen auf den Versuchszeitraum, keine Anzeichen von Toxizität hervorruft, die die Studie begrenzen würden (z. B. Rückgang des Körpergewichts oder Zytotoxizität des hämatopoetischen Systems), ausgenommen Tod oder Anzeichen von Schmerzen und Leiden, die eine humane Tötung erforderlich machen würden (11).

Die Höchstdosis kann ferner als die Dosis definiert werden, die bestimmte Anzeichen toxischer Wirkungen auf das Knochenmark hervorruft.

Chemikalien, die zu einer Sättigung der toxikokinetischen Eigenschaften führen oder Entgiftungsprozesse einleiten, die nach einer Langzeitbehandlung möglicherweise zu einem Rückgang der Exposition führen, können von den Dosierungskriterien ausgenommen werden und sollten auf Einzelfallbasis evaluiert werden.

Um Dosis-Wirkungs-Informationen zu erhalten, sollte eine vollständige Studie eine Negativkontrollgruppe und mindestens drei Dosisstufen (Dosis x 2, jedoch maximal x 4) vorsehen. Ruft die Prüfchemikalie in einer Dosisfindungsstudie oder nach bereits vorhandenen Daten keine Toxizität hervor, so sollte die Höchstdosis für eine Einzelgabe 2 000  mg/kg Körpergewicht betragen. Ruft die Prüfchemikalie jedoch Toxizität hervor, sollte die MTD die höchste verabreichte Dosis sein, und die Dosisstufen sollten vorzugsweise einen Bereich zwischen Höchstdosis und der Dosis abdecken, die wenig oder keine Toxizität erzeugt. Wenn für alle untersuchten Dosisstufen Toxizität im Zielgewebe (Knochenmark) beobachtet wird, sind weitere Untersuchungen bei nichttoxischen Dosisstufen ratsam. Studien zur genaueren Charakterisierung der quantitativen Dosis-Wirkungs-Informationen erfordern möglicherweise weitere Dosisgruppen. Bei bestimmten Arten von Prüfchemikalien (z. B. Humanpharmazeutika), für die spezielle Anforderungen gelten, können diese Grenzen variieren.

Limit-Test

Weisen Dosisfindungsstudien oder bereits vorhandene Daten für verwandten Tierstämme darauf hin, dass eine Behandlung zumindest mit der Limit-Dosis (siehe Beschreibung unten) keine feststellbaren toxischen Wirkungen (und auch keinen Rückgang der Proliferation des Knochenmarks oder andere Anzeichen für toxische Wirkungen im Zielgewebe) verursacht, und ist auf Basis von In-vitro-Studien zur Untersuchung der Genotoxizität oder von Daten über strukturell verwandte Chemikalien keine Genotoxizität zu erwarten, so ist möglicherweise keine umfassende Studie mit drei Dosisstufen erforderlich, sofern nachgewiesen wurde, dass die Prüfchemikalie(n) das Zielgewebe (Knochenmark) erreicht bzw. erreichen. In solchen Fällen könnte eine der Limit-Dosis entsprechende Einzeldosis ausreichen. Bei einem Behandlungszeitraum von >14 Tagen beträgt die Limit-Dosis 1 000  mg/kg Körpergewicht/Tag. Bei einem Behandlungszeitraum von 14 oder weniger Tagen beträgt die Limit-Dosis 2 000 mg/kg Körpergewicht/Tag.

Verabreichung

Bei der Versuchsplanung ist der antizipierte Verabreichungsweg beim Menschen zu berücksichtigen. Routen wie die Aufnahme über die Nahrung oder das Trinkwasser, die topische, subkutane, intravenöse, orale (Magensonde), intratracheale Verabreichung, die Inhalation oder die Implantation sind daher als wissenschaftlich gerechtfertigt zulässig. In jedem Fall sollte der Verabreichungsweg so gewählt werden, dass das (die) Zielgewebe angemessen exponiert werden. Eine intraperitoneale Injektion wird in der Regel nicht empfohlen, da diese nicht als Verabreichungsweg beim Menschen vorgesehen ist, und sollte nur mit entsprechender wissenschaftlicher Begründung angewandt werden. Sofern die Prüfchemikalie der Nahrung oder dem Trinkwasser beigemischt wird, insbesondere im Fall von Einzeldosierungen, ist darauf zu achten, dass ein ausreichender Zeitabstand zwischen der Nahrungsmittel-/Trinkwasseraufnahme und der Probenahme eingehalten wird, damit ein Nachweis der Wirkungen möglich ist (siehe Nummern 33-34). Die Höchstmenge an Flüssigkeit, die jeweils über eine Magensonde verabreicht oder injiziert werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte im Normalfall 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, bei wässrigen Lösungen können aber auch 2 ml/100 g in Betracht gezogen werden. Werden größere Volumina verwendet, ist dies zu begründen. Mit Ausnahme von reizenden oder ätzenden Prüfchemikalien, die normalerweise bei höheren Konzentrationen gravierende Wirkungen zeigen, sollte die Variabilität der Prüfvolumina minimiert werden, indem die Konzentration angepasst wird, dass im Verhältnis zum Körpergewicht bei allen Dosisstufen ein konstantes Volumen verabreicht wird.

Behandlungsplan

Prüfchemikalien werden in der Regel auf einmal verabreicht. Die Gabe kann aber auch in Form von zwei oder mehreren Teilmengen erfolgen (am gleichen Tag im Abstand von nicht mehr als 2 bis 3 Stunden), wenn es sich um eine große Menge handelt. In diesen Fällen, oder wenn die Prüfchemikalie durch Inhalation verabreicht wird, sollte der Zeitpunkt der Probenahme auf Basis der letzten Dosisgabe oder des Zeitpunkts, an dem die Exposition beendet wurde, angesetzt werden.

Es liegen nur wenige Informationen darüber vor, ob sich ein Protokoll für wiederholte Verabreichung für diesen Versuch eignet. In Fällen, in denen es zweckmäßig erscheint, diesen Versuch in einen Toxizitätstest mit wiederholter Verabreichung einzubinden, ist ein Verlust von mitotischen Zellen mit beschädigten Chromosomen zu vermeiden, wozu es bei toxischen Dosierungen kommen kann. Eine solche Einbindung ist zulässig, wenn die höchste Dosis der Limit-Dosis entspricht oder größer ist (siehe Nummer 29) und eine Dosisgruppe für die Dauer des Behandlungszeitraums die Limit-Dosis erhält. Soll eine Einbindung in andere Studien erfolgen, sollte vorrangig der Mikrokerntest (Prüfmethode B.12) als In-vivo-Test für Chromosomenaberrationen gewählt werden.

Knochenmarkproben sollten an zwei verschiedenen Zeitpunkten im Anschluss an Einzelbehandlungen genommen werden. Bei Nagern sollte das erste Probenahmeintervall der Dauer von 1,5 normalen Zellzyklen (die in der Regel 12 bis 18 Stunden nach der Behandlung abgeschlossen sind) entsprechen. Da die für die Aufnahme und Metabolisierung der Prüfchemikalie(n) sowie für die Wirkung auf die Zellzykluskinetik benötigte Zeit den optimalen Zeitpunkt für die Feststellung von Chromosomenaberrationen beeinflussen kann, wird empfohlen, 24 Stunden nach der ersten Probenahme eine weitere Probenahme vorzunehmen. Bei der ersten Probenahme sollten alle Dosisgruppen behandelt, und es sollten Proben für die Analyse aufgearbeitet werden. Bei (einer) weiteren Probenahme(n) muss nur die Höchstdosis verabreicht werden. Werden Verabreichungsschemata gewählt, die über einen Tag hinausgehen, und ist dies wissenschaftlich begründet, sollte die Probenahme im Anschluss an die letzte Behandlung nach Ablauf eines Zeitraums erfolgen, der der l,5-fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht.

Nach der Behandlung und vor der Aufarbeitung der Proben erhalten die Versuchstiere eine intraperitoneale Injektion mit einer geeigneten Dosis eines Spindelgifts (z. B. Colcemid oder Colchicin), und nach einem angemessenen Zeitraum im Anschluss daran erfolgt die Aufarbeitung. Bei Mäusen beträgt dieser Zeitraum etwa 3 bis 5 Stunden vor der Aufarbeitung und bei Ratten 2 bis 5 Stunden. Aus dem Knochenmark werden Zellen gewonnen, aufgequollen, fixiert und angefärbt und anschließend auf Chromosomenaberrationen untersucht (12).

Beobachtungen

Mindestens einmal täglich sollten allgemeine klinische Beobachtungen der Versuchstiere vorgenommen und vorzugsweise zum gleichen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, protokolliert werden. Mindestens zweimal täglich während der Verabreichungszeit sind alle Tiere auf Morbidität und Mortalität zu untersuchen. Alle Tiere sollten zu Studienbeginn, mindestens einmal pro Woche bei Studien mit wiederholter Verabreichung sowie bei humaner Tötung gewogen werden. In Studien von mindestens einwöchiger Dauer sollten mindestens wöchentlich Messungen der Futteraufnahme vorgenommen werden. Wenn die Prüfchemikalie über das Trinkwasser verabreicht wird, sollte auch die Wasseraufnahme bei jedem Wasserwechsel und mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Tiere mit Anzeichen von übermäßiger, jedoch nicht tödlich wirkender Toxizität sollten vor Ende des Prüfzeitraums human getötet werden (11).

Exposition des Zielgewebes

Zu (einem) geeigneten Zeitpunkt(en) sollte eine Blutprobe gezogen werden, um den Plasmaspiegel der Prüfchemikalien untersuchen zu können. Dadurch soll nachgewiesen werden, dass eine Exposition des Knochenmarks stattgefunden hat, wo dies gerechtfertigt erscheint und keine anderen Expositionsdaten vorhanden sind (siehe Nummer 44).

Knochenmark- und Chromosomenpräparate

Die Knochenmarkzellen werden in der Regel unmittelbar nach der humanen Tötung aus den Oberschenkel- oder Schienbeinknochen der Tiere gewonnen, mit hypotoner Lösung behandelt und fixiert. Die Zellen werden anschließend nach anerkannten Verfahren auf Objektträger aufgetropft und angefärbt (siehe (3) (12)).

Analyse

Alle Objektträger, einschließlich der Positiv- und Negativkontrollen, sollten vor der Analyse unabhängig kodiert und randomisiert werden, damit die Auswertung ohne Kenntnis der Behandlungsbedingungen erfolgt.

Bei allen behandelten Tieren (einschließlich der Positivkontrollen), unbehandelten oder mit einem Lösungsmittel/Vehikel behandelten Tieren der Negativkontrollgruppe ist der Mitoseindex als Gradmesser der Zytotoxizität in mindestens 1 000  Zellen pro Tier zu bestimmen.

Pro Tier sollten mindestens 200 Metaphasen auf strukturelle Chromsomenaberrationen, mit und ohne Gaps, analysiert werden (6). Wenn jedoch aus den historischen Negativkontrolldaten hervorgeht, dass die durchschnittliche Hintergrundhäufigkeit für strukturelle Chromsomenaberrationen im Prüflabor < 1 % beträgt, sollte eine Auswertung weiterer Zellen in Erwägung gezogen werden. Chromatidentyp- und Chromosomentypaberrationen sollten gesondert erfasst und Subtypen zugeordnet werden (Brüche, Austausche). Die Laborpraxis sollte gewährleisten, dass die Analyse von Chromosomenaberrationen von gut ausgebildeten Labortechnikern vorgenommen und ggf. einer Peer-Review unterzogen wird. Da es bei der Präparation der Objektträger häufig zum Bruch eines Teils der Metaphasezellen und zum Verlust von Chromosomen kommt, sollten die ausgewerteten Zellen eine Zentromerzahl enthalten, die der Zahl 2n ± 2 entspricht, wobei n die haploide Chromosomenzahl für diese Spezie ist.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Behandlung der Ergebnisse

Die Daten für die einzelnen Tiere sollten tabellarisch erfasst werden. Für jedes Tier sollten der Mitoseindex, die Anzahl der bewerteten Metaphasezellen, die Zahl der Aberrationen pro Metaphasezelle und der Anteil der Zellen mit strukturellen Chromosomenaberrationen angegeben werden. Für die Versuchs- und Kontrollgruppen sollten die unterschiedlichen Typen struktureller Chromsomenaberrationen unter Angabe ihrer Anzahl und Häufigkeit aufgeführt werden. Gaps sowie polyploide Zellen und Zellen mit endoreduplizierten Chromosomen werden getrennt erfasst. Die Häufigkeit von Gaps ist anzugeben, wird in der Regel bei der Analyse der Gesamthäufigkeit der Aberrationen jedoch nicht berücksichtigt. Gibt es keine Anhaltspunkte für unterschiedliche Reaktionen der Geschlechter, so können die Daten für beide Geschlechter für die statistische Analyse zusammengefasst werden. Daten zur Toxizität und klinische Anzeichen bei Tieren sind ebenfalls anzugeben.

Gültigkeitskriterien

Die folgenden Kriterien entscheiden über die Gültigkeit des Versuchs:

a)
Die Aufnahme der gleichzeitigen Negativkontrolldaten in die Labordatenbank für historische Negativkontrollen ist zulässig (siehe Nummern 11-14);
b)
die gleichzeitigen Positivkontrollen oder Auswertungskontrollen sollten Reaktionen auslösen, die mit denen aus den historischen Positivkontrolldaten kompatibel sind und verglichen mit der Negativkontrolle eine statistisch signifikante Zunahme bewirken (siehe Nummern 20-21);
c)
es wurde die richtige Anzahl an Dosen und Zellen analysiert;
d)
die Kriterien für die Wahl der Höchstdosis stimmen mit den unter den Nummern 25-28 beschriebenen Kriterien überein.

Auswertung und Interpretation der Ergebnisse

Unter der Voraussetzung, dass alle Gültigkeitskriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig positiv, wenn

a)
mindestens eine der Behandlungsgruppen, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme der Häufigkeit von Zellen mit strukturellen Chromsomenaberrationen (ohne Gaps) aufweist,
b)
diese Zunahme bei Bewertung nach einem geeigneten Trendtest bei mindestens einer Probenahme dosisabhängig ist und
c)
eines dieser Ergebnisse außerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegt (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %).

Wird zu einem bestimmten Probenahmezeitpunkt nur die Höchstdosis untersucht, so gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig positiv, wenn, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme vorliegt und die Ergebnisse außerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegen (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %). Empfehlungen zu geeigneten statistischen Methoden sind der Literatur zu entnehmen (13). Bei der Durchführung einer Dosis-Wirkungs-Analyse sollten mindestens drei behandelte Dosisgruppen analysiert werden. Bei statistischen Versuchen sollte das Tier Versuchseinheit sein. Positive Ergebnisse beim Chromosomenaberrationstest deuten darauf hin, dass eine Prüfchemikalie Chromosomenaberrationen im Knochenmark der getesteten Spezies auslöst.

Unter der Voraussetzung, dass alle Gültigkeitskriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig negativ, wenn unter allen getesteten Versuchsbedingungen

a)
keine der Behandlungsgruppen, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme der Häufigkeit von Zellen mit strukturellen Chromsomenaberrationen (ohne Gaps) aufweist,
b)
bei Bewertung nach einem geeigneten Trendtest zu keinem Probenahmezeitpunkt eine dosisabhängige Zunahme festgestellt wird,
c)
alle Ergebnisse innerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegen (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %) und
d)
eine Exposition des Knochenmarks gegenüber der /den Prüfchemikalie(n) erfolgt ist.

Für Empfehlungen zu den am besten geeigneten statistischen Methoden siehe Literaturhinweis (13). Als Nachweis für eine Exposition des Knochenmarks gegenüber einer Prüfchemikalie kann auch ein Rückgang des Mitoseindex oder eine Untersuchung der Plasma- oder Blutspiegel der Prüfchemikalie(n) dienen. Bei intravenöser Verabreichung ist kein Expositionsnachweis erforderlich. Alternativ können ADME-Daten herangezogen werden, die in einer unabhängigen Studie unter Verwendung der gleichen Verabreichungswege und der gleichen Spezies gewonnen wurden, um nachzuweisen, dass eine Knochenmarkexposition stattgefunden hat. Negative Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Prüfchemikalie unter den Versuchsbedingungen keine strukturellen Chromosomenaberrationen im Knochenmark der getesteten Spezies hervorruft.

Bei einer eindeutig positiven oder negativen Reaktion ist keine Verifizierung erforderlich.

In Fällen, in denen die Reaktion, wie oben beschrieben, weder eindeutig negativ noch eindeutig positiv ist, oder um die biologische Relevanz eines Ergebnisses zu untermauern (z. B. eine geringe oder grenzwertige Zunahme), sollten die Daten durch eine fachkundige Beurteilung und/oder anhand weiterer Untersuchungen bewertet werden. In einigen Fällen kann die Auswertung weiterer Zellen oder die Durchführung eines Wiederholungsversuchs, möglicherweise unter veränderten Versuchsbedingungen, hilfreich sein.

In seltenen Fällen erlaubt der Datensatz auch nach weiteren Untersuchungen keine definitive Aussage darüber, ob die Prüfchemikalie positive oder negative Ergebnisse zur Folge hat; in diesen Fällen wird die Studie als unschlüssig abgeschlossen.

Die Häufigkeit des Auftretens polyploider und endoreduplizierter Metaphasen gemessen an der Gesamtzahl der Metaphasen sollte getrennt erfasst werden. Eine zahlenmäßige Zunahme der polyploiden/endoreduplizierten Zellen deutet möglicherweise darauf hin, dass die Prüfchemikalie mitotische Prozesse zu hemmen und numerische Chromosomenaberrationen hervorzurufen vermag (siehe Abschnitt 3).

Prüfbericht

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Zusammenfassung

Prüfchemikalie:

Herkunft, Partienummer und ggf. äußerstes Verwendungsdatum;
Stabilität der Prüfchemikalie, falls bekannt.

Einkomponentige Substanz:

Aussehen, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar usw.

Mehrkomponentige Substanz, UVCB-Stoffe und Gemische:

so weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten.

Zubereitung der Prüfchemikalie:

Begründung der Wahl des Vehikels;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfchemikalie in Lösungsmittel/in einem Vehikel, falls bekannt;
Zubereitung von Formulierungen für Nahrung, Trinkwasser oder Inhalationspräparaten;
analytische Bestimmung der Formulierungen (z. B. Stabilität, Homogenität, nominale Konzentrationen), wenn erfolgt.

Versuchstiere:

Art/Stamm, Begründung für die Verwendung;
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.
Methode zur individuellen Kennzeichnung der Tiere;
bei Kurzzeitstudien: individuelles Gewicht der Tiere zu Beginn und am Ende der Studie; bei Studien über einer Woche: individuelles Körpergewicht während der Studie und Futteraufnahme. Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

Prüfbedingungen:

Positiv- und Negativ-(Vehikel-/Lösungsmittel-)Kontrollen;
Daten aus einer ggf. durchgeführten Dosisfindungsstudie;
Begründung der gewählten Dosisstufen;
Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
Begründung für den Verabreichungsweg und die Verabreichungsdauer;
Methoden zur Überprüfung, ob die Prüfchemikalie(n) in den allgemeinen Kreislauf oder ins Knochenmark gelangt;
Angaben zur tatsächlichen Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag), errechnet aus der Konzentration der Prüfchemikalie im Futter/Trinkwasser (ppm) und ggf. deren Aufnahmemenge;
Angaben über Futter- und Wasserqualität;
Angaben zur Methode der humanen Tötung;
Analgesiemethode (sofern angewandt);
nähere Angaben zu Behandlungs- und Probenahmezeitplänen mit Begründung;
Methode für die Präparation der Objektträger;
Methode zur Untersuchung der Toxizität;
Bezeichnung des Spindelgifts und Angabe seiner Konzentration und Dosierung sowie des Zeitpunkts seiner Verabreichung vor der Probenahme;
Verfahren zur Isolierung und Konservierung der Proben;
Kriterien für die Auswertung der Aberrationen;
Anzahl der pro Tier analysierten Metaphasezellen und Anzahl der für die Bestimmung des Mitoseindex analysierten Zellen;
Kriterien für die Gültigkeit der Studie;
Kriterien für die Einstufung der Studie als positiv, negativ oder unschlüssig.

Ergebnisse:

Zustand des Tiers vor und während des Versuchszeitraums, einschließlich Anzeichen von Toxizität;
Mitoseindex, für jedes Tier gesondert anzugeben;
Typ und Zahl der aberranten Zellen, für jedes Tier gesondert anzugeben;
Gesamtzahl der Aberrationen pro Gruppe mit Mittelwerten und Standardabweichungen;
Anzahl der Zellen mit Aberrationen pro Gruppe mit Mittelwerten und Standardabweichungen;
ggf. beobachtete Veränderungen der Ploidie, einschließlich Häufigkeiten von polyploiden und/oder endoreduplizierten Zellen;
ggfs. Dosis-Wirkungsverhältnis;
statistische Analysen und angewandte Methode;
Daten zum Nachweis, dass eine Exposition des Knochenmarks stattgefunden hat;
gleichzeitige Negativkontroll- und Positivkontrolldaten mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;
historische Negativkontroll- und Positivkontrolldaten mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen und 95 %-Kontrollgrenzen für die Verteilung sowie Behandlungszeitraum und Zahl der Beobachtungen;
für eine positive oder negative Reaktion erfüllte Kriterien.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerung.

Referenzdokumente.

LITERATURHINWEISE

(1) OECD (2016). Overview of the set of OECD Genetic Toxicology Test Guidelines and updates performed in 2014-2015. ENV Publications. Series on Testing and Assessment, No. 234, OECD, Paris.

(2) Adler, I.D. (1984), Cytogenetic Tests in Mammals, in Mutagenicity Testing: A Practical Approach, Venittand, S., J.M. Parry (eds.), IRL Press, Washington, DC, 275-306.

(3) Preston, R.J. et al. (1987), Mammalian in vivo cytogenetic assays. Analysis of chromosome aberrations in bone marrow cells, Mutation Research, Band 189/2, 157-165.

(4) Richold, M. et al. (1990), „In Vivo Cytogenetics Assays“ , in Basic Mutagenicity Tests, UKEMS Recommended Procedures. UKEMS Subcommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Bericht. Überarbeiteter Teil I, Kirkland, D.J. (ed.), Cambridge University Press, Cambridge, 115-141.

(5) Tice, R.R. et al. (1994), Report from the working group on the in vivo mammalian bone marrow chromosomal aberration test, Mutation Research, Band 312/3, 305-312.

(6) Adler, I.D. et al. (1998), Recommendations for statistical designs of in vivo mutagenicity tests with regard to subsequent statistical analysis, Mutation Research/Genetic Toxicology and Environmental Mutagenesis, Band 417/1, 19-30.

(7) Ryan, T.P. (2000), Statistical Methods for Quality Improvement, 2nd ed., John Wiley and Sons, New York.

(8) Hayashi, M. et al. (2011), Compilation and use of genetic toxicity historical control data, Mutation Research/Fundamental and Molecular Mechanisms of Mutagenesis, Band 723/2, 87-90.

(9) Hayashi, M. et al. (1994), in vivo rodent erythrocyte micronucleus assay, Mutation Research/Environmental Mutagenesis and Related Subjects, Band 312/3, 293-304.

(10) Fielder, R.J. et al. (1992), Report of British Toxicology Society/UK Environmental Mutagen Society Working Group. Dose setting in in vivo mutagenicity assays, Mutagenesis, Band 7/5, 313-319.

(11) OECD (2000), Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation, OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment, No19, OECD Publishing, Paris.

(12) Pacchierotti, F., V. Stocchi (2013), Analysis of chromosome aberrations in somatic and germ cells of the mouse, Methods in Molecular Biology, Band 1044, 147-163.

(13) Lovell, D.P. et al. (1989), Statistical Analysis of in vivo Cytogenetic Assays, in Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data. UKEMS SubCommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing, Bericht, Teil III, Kirkland, D.J. (ed.), Cambridge University Press, Cambridge, 184-232.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Aneuploidie : jede Abweichung von der normalen diploiden (oder haploiden) Chromosomenzahl um ein oder mehrere Chromosomen, jedoch nicht um ganze Chromosomensätze (vgl. Polyploidie).

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch.

Chromatidentypaberration : strukturelle Chromsomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch einzelner Chromatiden oder Bruch und Reunion zwischen Chromatiden.

Chromosomentypaberration : strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch oder Bruch und Reunion beider Chromatiden an gleicher Position.

Endoreduplikation : Prozess, bei dem der Kern nach einer S-Phase der DNA-Replikation keine Mitose durchläuft, sondern in eine weitere S-Phase eintritt. Das Ergebnis sind Chromosomen mit 4,8,16, … Chromatiden.

Gap : achromatische Läsion von geringerer Breite als eine Chromatide mit minimaler Verlagerung der Chromatiden.

Mitoseindex : Anteil der Zellen einer Zellpopulation, die sich zum Beobachtungszeitpunkt in der Mitose befinden: Gradmesser für den Vermehrungsgrad dieser Population.

Numerische Aberration : Abweichung der Chromosomenzahl vom Normalwert, der für die verwendeten Tiere charakteristisch ist (Aneuploidie).

Polyploidie : numerische Chromosomenaberration, von der ein ganzer Chromosomensatz betroffen ist, im Gegensatz zu einer numerischen Abweichung in einem Teil des Chromosomensatzes (vgl. Aneuploidie).

Prüfchemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Strukturelle Chromosomenaberration : Veränderung der Chromosomenstruktur, nachweisbar durch mikroskopische Untersuchung des Metaphase-Stadiums der Zellteilung; äußert sich in Form von Deletionen und Fragmenten, intra-chromosomalen oder reziproken Translokationen.

Zentromere : Region(en) eines Chromosoms, an die die Spindelfasern während der Zellteilung anhaften, wodurch die ordnungsgemäße Beförderung der Tochterchromosomen zu den Polen der Tochterzellen ermöglicht wird.

Anlage 2

FAKTORIELLES MODELL ZUR ERMITTLUNG GESCHLECHTSSPEZIFISCHER DIFFERENZEN BEIM IN-VIVO-TEST AUF CHROMOSOMENABERRATIONEN

Faktorielles Modell und zugehörige Analysen

Bei diesem Modell werden mindestens 5 männliche und 5 weibliche Tiere je Konzentration getestet, d. h. insgesamt mindestens 40 Versuchstiere (20 männliche und 20 weibliche zuzüglich Positivkontrollen).

Das Modell, das zu den einfacheren Faktormodellen zählt, entspricht einer Zweiwege-Varianzanalyse, bei der Geschlecht und Konzentration im Wesentlichen die Wirkung bestimmen. Die Daten können im Rahmen zahlreicher Standard-Statistiksoftwareanwendungen wie SPSS, SAS, STATA oder Genstat oder auch mit „R“ analysiert werden.

Mit der Analyse lässt sich die Varianz im Datensatz als Varianz zwischen den Geschlechtern, Varianz zwischen den Konzentrationen und Varianz bezogen auf die Interaktion zwischen den Geschlechtern und Konzentrationen abbilden. Jede Bedingung wird an einem Schätzwert der Varianz zwischen den Replikattieren in den gleichgeschlechtlichen Tiergruppen, die die gleiche Konzentration erhalten, gemessen. Die zugrundeliegende Methodik ist in vielen Standardwerken zur Statistik (siehe Referenzdokumente) und in den in Statistiksoftware-Paketen mitgelieferten Hilfe-Funktionen näher beschrieben.

Die Analyse beginnt mit der Untersuchung der Interaktionsbedingung „Konzentration x Geschlecht“ nach der ANOVA-Tabelle . Liegt keine signifikante Interaktion vor, liefern die kombinierten Werte für die Geschlechter oder Konzentrationen gültige statistische Tests für die jeweiligen Konzentrationen, und zwar basierend auf der ANOVA-Bedingung der innerhalb der Gruppe gepoolten Varianzen.

Es folgt eine Partitionierung des Schätzwerts für die Varianzen zwischen den Konzentrationen in Kontraste, die einen Test für lineare und quadratische Kontraste aus den Reaktionen der verschiedenen Konzentrationen liefern. Ergibt sich hingegen eine signifikante Interaktion für Term „Konzentration x Geschlecht“, so kann dieser Term auch in Interaktionskontraste „linearer Wert x Geschlecht“ und „quadratischer Wert x Geschlecht“ partitioniert werden. Aufgrund dieser Terme lässt sich prüfen, ob die Reaktionen der jeweiligen Konzentrationen für beide Geschlechter parallel verlaufen oder ob es zwischen den Geschlechtern zu einer differenzierten Reaktion kommt.

Anhand des Schätzwerts für die innerhalb der Gruppe gepoolten Varianzen lassen sich paarweise Tests auf Abweichungen zwischen Mittelwerten durchführen. Diese Vergleiche könnten zwischen den Mittelwerten für die beiden Geschlechter und zwischen den Mittelwerten für die verschiedenen Konzentrationen durchgeführt werden, beispielsweise um einen Vergleich mit den Negativkontrollen vorzunehmen. In Fällen mit signifikanter Interaktion können Vergleiche zwischen den Mittelwerten verschiedener Konzentrationen innerhalb eines Geschlechts oder zwischen den Mittelwerten beider Geschlechter bei gleicher Konzentration vorgenommen werden.

Referenzdokumente

Es sind viele Werke zur Statistik erhältlich, in denen die Theorie, der Aufbau, die Methodik, die Analyse und die Interpretation faktorieller Analysemodelle erörtert werden, von einfachen Zweifaktorenanalysen bis hin zu komplexeren Formen, wie sie in der „Design of Experiment“-Methode verwendet werden. Die folgende Auflistung ist nicht erschöpfend. Einige Bücher enthalten Beispielrechnungen zu vergleichbaren Versuchsplänen, in einigen Fällen auch mit einem Code zur Durchführung der Analysen unter Verwendung verschiedener Softwarepakete.

Box, G.E.P, Hunter, W.G. and Hunter, J.S. (1978). Statistics for Experimenters. An Introduction to Design, Data Analysis, and Model Building. New York: John Wiley & Sons.

Box G.E.P. & Draper, N.R. (1987). Empirical model-building and response surfaces. John Wiley & Sons Inc.

Doncaster, C.P. & Davey, A.J.H. (2007). Analysis of Variance and Covariance: How to Choose and Construct Models for the Life Sciences. Cambridge University Press.

Mead, R. (1990). The Design of Experiments. Statistical principles for practical application. Cambridge University Press.

Montgomery D.C. (1997). Design and Analysis of Experiments. John Wiley & Sons Inc.

Winer, B.J. (1971). Statistical Principles in Experimental Design. McGraw Hill.

Wu, C.F.J & Hamada, M.S. (2009). Experiments: Planning, Analysis and Optimization. John Wiley & Sons Inc.

B.12.   ERYTHROZYTEN-MIKROKERNTEST BEI SÄUGERN

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 474 (2016). Sie ist Teil einer Reihe von Prüfmethoden zur genetischen Toxikologie. Es wurde ein OECD-Dokument erstellt, das kurz gefasste und hilfreiche Informationen zu Untersuchungen zur genetischen Toxikologie sowie eine Übersicht über die jüngsten Änderungen dieser Prüfrichtlinien enthält (1).

Der In-vivo-Mikrokerntest bei Säugern ist insbesondere für die Bewertung der Genotoxizität relevant, da trotz artenspezifischer Unterschiede Faktoren des In-vivo-Stoffwechsels, der Pharmakokinetik und von DNA-Reparaturprozessen aktiv sind und zu den Reaktionen beitragen. Ein In-vivo-Versuch ist ferner hilfreich für weitere Untersuchungen zu gentoxischen Wirkungen, die in einem In-Vitro-System nachgewiesen wurden.

Der In-vivo-Mikrokerntest bei Säugern dient zum Nachweis einer von der Prüfchemikalie in den Chromosomen oder im mitotischen Apparat von Erythroblasten hervorgerufenen Schädigung. Der Test untersucht die Bildung von Mikrokernen in Erythrozyten, von denen Stichproben entweder aus dem Knochenmark oder dem peripheren Blut von Tieren, in der Regel Nagern, entnommen wurden.

Zweck des Mikrokerntests ist der Nachweis von Chemikalien, die zytogenetische Schäden hervorrufen, durch die es zur Bildung von Mikrokernen mit zurückgebliebenen Chromosomenfragmenten oder ganzen Chromosomen kommt.

Wenn sich ein Knochenmarkerythroblast zu einem unreifen Erythrozyten (manchmal auch als polychromatischer Erythrozyt oder Retikulozyt bezeichnet) entwickelt, wird der Hauptkern ausgestoßen. Dabei kann aber ein möglicherweise entstandener Mikrokern im Zytoplasma verbleiben. Die Sichtbarmachung bzw. das Aufspüren der Mikrokerne wird in diesen Zellen dadurch erleichtert, dass sie keinen Hauptkern aufweisen. Eine Zunahme der Häufigkeit von mikrokernhaltigen unreifen Erythrozyten in behandelten Tieren deutet auf die Verursachung struktureller oder numerischer Chromosomenaberrationen hin.

Neu gebildete mikrokernhaltige Erythrozyten werden durch Färben identifiziert und quantifiziert und im Anschluss daran visuell mithilfe eines Mikroskops oder anhand eines automatisierten Verfahrens analysiert. Das Zählen einer ausreichenden Zahl unreifer Erythrozyten im peripheren Blut oder Knochenmark geschlechtsreifer Tiere wird erheblich erleichtert durch die Verwendung eines automatisierten Auswertungssystems. Solche Systeme stellen vertretbare Alternativen zur manuellen Auswertung dar (2). Vergleichende Studien haben ergeben, dass solche Verfahren unter Verwendung geeigneter Kalibrierstandards eine bessere Reproduzierbarkeit und Empfindlichkeit (innerhalb und zwischen Labors) bieten als eine mikroskopische Auswertung (3) (4). Automatisierte Systeme zur Messung der Häufigkeit von mikrokernhaltigen Erythrozyten umfassen unter anderem Durchflusszytometer (5), Bildanalyseplattformen (6) (7) und Laser-Scanning-Zytometer (8).

Auch wenn dies im Rahmen des Tests normalerweise nicht erfolgt, können Chromosomenfragmente von ganzen Chromosomen anhand einiger Kriterien unterschieden werden. Dazu zählt die Feststellung des Vorhandenseins oder Fehlens einer Kinetochor- bzw. Zentromer-DNA in den Mikrokernen; beides ist charakteristisch für intakte Chromosomen. Das Fehlen einer Kinetochor- bzw. Zentromer-DNA deutet darauf hin, dass der Mikrokern nur Fragmente von Chromosomen enthält, wohingegen das Vorhandensein auf einen Chromosomenverlust hinweist.

Die Definitionen zur verwendeten Terminologie sind Anlage 1 zu entnehmen.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Zielgewebe für genetische Schäden ist in diesem Test das Knochenmark junger geschlechtsreifer Nagetiere, da Erythrozyten in diesem Gewebe gebildet werden. Die Mikrokernuntersuchung in unreifen Erythrozyten in peripherem Blut ist auch bei anderen Säugetierarten vertretbar, für die eine entsprechende Empfindlichkeit zum Nachweis von Chemikalien, die strukturelle oder numerische Chromosomenaberrationen in diesen Zellen auslösen, nachgewiesen (durch Induktion von Mikrokernen in unreifen Erythrozyten) und eine wissenschaftliche Begründung geliefert wurde. Hauptendpunkt ist die Häufigkeit der nicht ausgereiften mikrokernhaltigen Erythrozyten. Werden die Tiere kontinuierlich über einen Zeitraum behandelt, der die Lebensdauer des Erythrozyten in der verwendeten Spezies überschreitet (z. B. 4 Wochen oder länger bei Mäusen), kommt aber auch der Anteil der Mikrokerne enthaltenden ausgereiften Erythrozyten im peripheren Blut von Spezies, bei denen in der Milz kein übermäßiger Abbau von Mikrokernzellen erfolgt, als Endpunkt des Tests in Betracht.

Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfchemikalie(n) oder ein reaktiver Metabolit bzw. reaktive Metaboliten das Zielgewebe nicht erreicht bzw. erreichen, ist dieser Test nicht geeignet.

Bevor die Prüfmethode auf ein Gemisch angewendet wird, um unter bestimmten gesetzgeberischen Aspekten Daten zu gewinnen, sollte geprüft werden, ob, und falls ja, warum, sie für diesen Zweck geeignete Ergebnisse liefert. Diese Überlegungen erübrigen sich, sofern die Durchführung von Tests für das Gemisch gesetzlich vorgeschrieben ist.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfchemikalie wird den Tieren über einen geeigneten Applikationsweg verabreicht. Bei Verwendung von Knochenmark werden sie zu einem geeigneten Zeitpunkt nach der Behandlung human getötet. Das Knochenmark wird entnommen, präpariert und gefärbt (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15). Findet peripheres Blut Verwendung, so wird es zu geeigneten Zeitpunkten nach der Behandlung entnommen, präpariert und gefärbt (12) (16) (17) (18). Bei akuter Verabreichung ist es wichtig, den Zeitpunkt der Gewinnung des Knochenmarks oder Blutes so zu wählen, dass die behandlungsabhängige Induktion von nicht ausgereiften mikrokernhaltigen Erythrozyten nachweisbar ist. Werden Blutproben aus peripherem Blut entnommen, sollte ausreichend Zeit vergangen sein, damit diese Vorgänge im zirkulierenden Blut nachweisbar sind. Die Präparate werden auf das Vorhandensein von Mikrokernen untersucht, entweder durch mikroskopische Darstellung, Bildanalyse, Durchflusszytometrie oder Laser-Scanning-Zytometrie.

ÜBERPRÜFUNG DER EIGNUNG DES LABORS

Untersuchungen zur Eignung

Zum Nachweis ausreichender Erfahrungen mit der Durchführung des Versuchs, bevor er für routinemäßige Testungen verwendet wird, sollte das Labor die Eignung zur Reproduktion erwartbarer Ergebnisse aus den veröffentlichten Daten (17) (19) (20) (21) (22) für Mikrokernhäufigkeiten mit mindestens zwei Positivkontrollchemikalien (einschl. durch geringe Dosen von Positivkontrollen ausgelöste schwache Reaktionen), wie in Tabelle 1 aufgelistet, und mit kompatiblen Vehikel-/Lösungsmittelkontrollen nachgewiesen haben (siehe Nummer 26). In diesen Versuchen sollten Dosierungen verwendet werden, mit denen man reproduzierbare und dosisabhängige Zunahmen erhält und die Empfindlichkeit und dynamische Bandbreite des Versuchssystems im untersuchten Gewebe (Knochenmark oder peripheres Blut) nachweisen kann; außerdem sollte die Auswertungsmethode verwendet werden, die im Labor eingesetzt werden soll. Diese Anforderung gilt nicht für erfahrene Labors, d. h. für Labors, die über historische Daten gemäß Definition unter den Nummern 14-18 verfügen.

Historische Kontrolldaten

Im Rahmen der Untersuchungen zur Eignung des Labors sollte das Labor Folgendes nachweisen:

Bereich und Verteilung historischer Positivkontrollen und
Bereich und Verteilung historischer Negativkontrollen.

Bei der erstmaligen Gewinnung von Daten zur Verteilung einer historischen Negativkontrolle sollten gleichzeitige Negativkontrollen mit veröffentlichten Kontrolldaten übereinstimmen, sofern solche vorhanden sind. Werden weitere Versuchsdaten zur Verteilung der historischen Kontrollen hinzugefügt, sollten gleichzeitige Negativkontrollen idealerweise innerhalb der 95 %-Kontrollgrenze der gewählten Verteilung liegen. Die Datenbank des Labors zu historischen Negativkontrollen sollte statistisch solide Werte enthalten, um sicherzustellen, dass das Labor in der Lage ist, die Verteilung seiner Negativkontrolldaten zu bewerten. In der Literatur wird eine Mindestanzahl von 10 Versuchen vorgeschlagen; vorzugsweise sollte der Datensatz jedoch mindestens 20 Versuche umfassen, die unter vergleichbaren Versuchsbedingungen durchgeführt wurden. Labors sollten Qualitätskontrollverfahren anwenden, wie z. B. Qualitätsregelkarten (z. B. C-Karten oder X-Bar-Karten (23)), um zu ermitteln, wie variabel ihre Daten sind, und um nachzuweisen, dass die Methodik in ihrem Labor „unter Kontrolle“ ist. Weitere Empfehlungen zum Aufbau und zur Verwendung historischer Datensammlungen (d. h. Kriterien für die Aufnahme und den Ausschluss von Daten in bzw. aus historischen Datensammlungen und die Gültigkeitskriterien für einen bestimmten Versuch) sind den Literaturhinweisen zu entnehmen (24).

Wenn das Labor während der Untersuchungen zur Eignung des Labors (siehe Nummer 13) keine ausreichende Zahl von Versuchen zum Nachweis einer statistisch soliden Verteilung der Negativkontrollen abschließt (siehe Nummer 15), kann die Verteilung auch während der ersten routinemäßigen Tests festgelegt werden. Diese Vorgehensweise sollte sich an den in der Literatur vorgegebenen Empfehlungen orientieren (24) und die bei diesen Versuchen erhaltenen Negativkontrollergebnisse sollten mit veröffentlichten Negativkontrolldaten übereinstimmen.

Sämtliche Änderungen am Versuchsprotokoll sind hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die zu gewinnenden Daten zu prüfen, die mit den bereits vorhandenen Daten zu historischen Kontrollen übereinstimmen müssen. Nur bei größeren Inkonsistenzen sollte eine neue Datenbank zu historischen Kontrollen erstellt werden, wenn eine fachkundige Beurteilung eine Abweichung von der vorherigen Verteilung ergibt (siehe Nummer 15). Während der Neuerstellung muss für die Durchführung eines aktuellen Versuchs gegebenenfalls keine vollständige Datenbank mit Negativkontrollen vorhanden sein, vorausgesetzt, das Labor kann nachweisen, dass seine Werte aus gleichzeitigen Negativkontrollen entweder mit seiner vorhergehenden Datenbank oder mit den entsprechenden veröffentlichten Daten übereinstimmen.

Daten zu Negativkontrollen sollten vorhandene nicht ausgereifte mikrokernhaltige Erythrozyten bei jedem Tier erfassen. Gleichzeitige Negativkontrollen sollten idealerweise innerhalb der 95 %-Kontrollgrenzen der Verteilung in der Datenbank des Labors zu historischen Negativkontrollen liegen. Sofern Daten zu den gleichzeitigen Negativkontrollen außerhalb der 95 %-Kontrollgrenzen liegen, ist es zulässig, sie in die historische Kontrollverteilung aufzunehmen, solange es sich bei den Daten nicht um „extreme Ausreißer“ handelt und nachgewiesen werden kann, dass das Versuchssystem „unter Kontrolle“ ist (siehe Nummer 15) und kein Hinweis auf ein technisches oder menschliches Versagen vorliegt.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitungen

Auswahl der Tierspezies

Es sollten junge gesunde und geschlechtsreife Tiere üblicher Labortierstämme zum Einsatz kommen. Es können Mäuse, Ratten oder andere geeignete Säugetierarten verwendet werden. Wird peripheres Blut verwendet, ist nachzuweisen, dass der in der Milz erfolgende Abbau Mikrokerne enthaltender Zellen aus dem Blutkreislauf nicht den Nachweis induzierter Mikrokerne in der gewählten Spezies beeinträchtigt. Bei Mäusen und Ratten konnte dies eindeutig nachgewiesen werden (2). Die wissenschaftliche Begründung für die Verwendung anderer Versuchstiere als Ratten und Mäuse sollte in den Bericht aufgenommen werden. Sofern andere Versuchstiere als Nagetiere verwendet werden, wird empfohlen, die Messung induzierter Mikrokerne in einen anderen geeigneten Toxizitätstest einzubinden.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Bei Nagern sollte die Temperatur im Versuchstierraum 221 °C (± 31 °C) betragen. Die relative Luftfeuchte sollte vorzugsweise bei 50 bis 60 % liegen, mindestens aber 40 % betragen und außer bei Reinigung des Raumes 70 % nicht übersteigen. Der Raum sollte künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden sollte. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Auswahl des Futters kann dadurch beeinflusst werden, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfchemikalie gewährleistet werden muss, wenn diese über das Futter verabreicht wird. Nagetiere sollten in kleinen Gruppen (maximal fünf pro Käfig) von Tieren gleichen Geschlechts und der gleichen Behandlungsgruppen untergebracht werden, sofern kein aggressives Verhalten zu erwarten ist, vorzugsweise in Käfigen mit festem Boden und angemessener Ausgestaltung des Lebensumfelds. Die Tiere können nur dann einzeln untergebracht werden, wenn dies wissenschaftlich begründet ist.

Vorbereitung der Versuchstiere

In der Regel werden junge gesunde Tiere verwendet (bei Nagetieren vorzugsweise Tiere, die bei Behandlungsbeginn 6 bis 10 Wochen alt sind, wobei etwas ältere Tiere auch zulässig sind), die den Kontroll- und Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zuzuordnen sind. Es erfolgt eine Einzelidentifizierung der Tiere unter Verwendung einer humanen, minimalinvasiven Methode (z. B. durch Anbringen von Ringen, Marken, Mikrochips oder durch biometrische Identifizierung, nicht jedoch durch Kupieren der Ohren oder Zehen). Die Tiere werden über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Eine gegenseitige Kontamination durch die Positivkontrolle und die Prüfchemikalie ist zu vermeiden. Bei Beginn der Studie sollte die Schwankung des Körpergewichts der behandelten Tiere gering sein und um nicht mehr als maximal ± 20 % vom mittleren Gewicht für jedes Geschlecht abweichen.

Vorbereitung der Dosierung

Feste Prüfchemikalien sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert oder dem Futter oder Trinkwasser beigemischt werden. Flüssige Prüfchemikalien können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Bei Exposition durch Inhalation können die Prüfchemikalien je nach ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften als Gase, Dämpfe oder festes/flüssiges Aerosol verabreicht werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfchemikalie zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Chemikalie bei Lagerung wird nachgewiesen und die entsprechenden Lagerbedingungen werden definiert.

Prüfbedingungen

Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und mit den Prüfchemikalien keine chemische Reaktion eingehen. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Beispiele für üblicherweise verwendete, kompatible Lösungsmittel/Vehikel sind Wasser, physiologische Kochsalzlösung, Methylcelluloselösung, Carboxymethylcellulose-Natriumsalzlösung, Olivenöl und Maisöl. Liegen keine historischen oder veröffentlichten Kontrolldaten vor, aus denen hervorgeht, dass von einem gewählten, üblicherweise nicht verwendeten Lösungsmittel/Vehikel keine Mikrokerne oder andere schädliche Wirkungen induziert werden, sollte ein Vorversuch durchgeführt werden, um die Akzeptanz des Lösungsmittels/Vehikels nachzuweisen.

Kontrollen

Positivkontrollen

Jeder Versuch sollte in der Regel eine Gruppe von Tieren umfassen, die mit einer Positivkontrollchemikalie behandelt wurden. Darauf kann möglicherweise verzichtet werden, wenn das Prüflabor seine Eignung für die Durchführung des Tests nachgewiesen und einen bestimmten Bereich historischer Positivkontrollen etabliert hat. Enthält der Versuch keine gleichzeitige Positivkontrolle, sind Auswertungskontrollen (fixierte und nicht gefärbte Objektträger oder Zellsuspensionen, je nach Auswertungsmethode) in jeden Versuch zu integrieren. Diese erhält man beispielsweise im Rahmen von Untersuchungen zur Eignung des Labors und danach gegebenenfalls auf regelmäßiger Basis, indem bei der Auswertung der Studie geeignete Referenzproben hinzugezogen werden, die bei einem gesonderten, regelmäßig (z. B. alle 6 bis 18 Monate) durchgeführten Positivkontrollversuch gewonnen und aufbewahrt wurden.

Positivkontrollchemikalien sollten zuverlässig eine nachweisliche Zunahme der Häufigkeit von Mikrokernen gegenüber dem spontanen Niveau erzeugen. Erfolgt eine manuelle mikroskopische Auswertung, sind Positivkontrolldosen so zu wählen, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Ablesen nicht sofort die Identität der kodierten Proben erkennen lassen. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle unter Verwendung eines anderen Behandlungsplans auf anderem Wege als die Prüfchemikalie verabreicht wird und nur eine einzige Probenahme erfolgt. Gegebenenfalls könnte auch eine zusätzliche Positivkontrolle herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehört wie die zu prüfende Chemikalie. Beispiele für Positivkontrollchemikalien sind Tabelle 1 zu entnehmen.

Tabelle 1

Beispiele für Positivkontrollchemikalien.

Ethylmethansulfonat [CAS-Nr. 62-50-0]

Methylmethansulfonat [CAS-Nr. 66-27-3]

Ethylnitrosoharnstoff [CAS-Nr. 759-73-9]

Mitomycin C [CAS-Nr. 50-07-7]

Cyclophosphamid(monohydrat) [CAS-Nr. 50-18-0 (CAS-Nr. 6055-19-2)]

Triethylenmelamin [CAS-Nr. 51-18-3]

Colchicin [CAS-Nr. 64-86-8] oder Vinblastin [CAS-Nr. 865-21-4] — als Aneugen

Negativkontrollen

Zu jedem Probenahmezeitpunkt sind Tiere der Negativkontrollgruppe einzubeziehen, die — abgesehen davon, dass ihnen die Prüfchemikalie nicht verabreicht wird — ebenso behandelt werden wie die Behandlungsgruppen. Sofern ein Lösungsmittel/Vehikel bei der Verabreichung der Prüfchemikalie verwendet wird, sollte die Kontrollgruppe dieses Lösungsmittel/Vehikel erhalten. Wenn jedoch aus historischen Negativkontrolldaten für das Prüflabor zu jedem Stichprobenzeitpunkt übereinstimmende Werte zur Variabilität der Tiere und zur Häufigkeit der Zellen mit Mikrokernen hervorgehen, ist bei den Negativkontrollen gegebenenfalls nur eine einzige Probenahme erforderlich. Erfolgt bei den Negativkontrollen nur eine einzige Probenahme, so ist diese zum ersten in der Studie vorgesehenen Probenahmezeitpunkt vorzunehmen.

Bei Verwendung von peripherem Blut ist anstelle einer gleichzeitigen Negativkontrolle möglicherweise auch eine vor der Behandlung entnommene Probe vertretbar, jedoch nur bei Kurzzeitstudien unter der Voraussetzung, dass die gewonnenen Daten mit der historischen Kontrolldatenbank für das Prüflabor übereinstimmen. Es wurde belegt, dass bei Ratten die Entnahme von Proben kleiner Volumina (z. B. unter 100 μl/Tag) vor der Behandlung nur minimale Auswirkungen auf die Hintergrundhäufigkeit von Mikrokernen hat (25).

VERFAHREN

Anzahl und Geschlecht der Tiere

Die Mikrokernreaktion verläuft im Normalfall bei männlichen und weiblichen Tieren ähnlich. Daher können die meisten Studien unabhängig vom Geschlecht durchgeführt werden (26). Daten, aus denen nennenswerte Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tieren hervorgehen (z. B. Unterschiede bei der systemischen Toxizität, beim Stoffwechsel, bei der Bioverfügbarkeit, bei der Knochenmarktoxizität usw., auch beispielsweise im Rahmen einer Dosisfindungsstudie), würden die Verwendung von Tieren aus jedem Geschlecht nahe legen. In diesem Fall kann es angebracht sein, eine Studie an Tieren beider Geschlechter durchzuführen, z. B. als Teil einer Toxizitätsstudie bei wiederholter Verabreichung. Gegebenenfalls ist die Verwendung eines faktoriellen Versuchsplans geeignet, wenn beide Geschlechter einbezogen werden. Einzelheiten zur Analyse der Daten bei Verwendung eines solchen Versuchsplans sind in Anlage 2 enthalten.

Zu Beginn der Studie sollten die Gruppengrößen so bestimmt werden, dass man pro Gruppe mindestens 5 analysierbare Tiere pro Geschlecht oder aus beiden Geschlechtern, sofern beide Geschlechter einbezogen werden, erhält. Sollte es sich beim Menschen um eine geschlechtsspezifische Exposition handeln, z. B. bei bestimmten Pharmazeutika, ist der Versuch an Tieren des betreffenden Geschlechts durchzuführen. Bei einer gemäß den unter Nummer 37 festgelegten Parametern durchgeführten Knochenmarkstudie mit drei Dosisgruppen und gleichzeitigen Negativ- und Positivkontrollen (wobei jede Gruppe aus fünf Tieren eines einzigen Geschlechts besteht) kann als Richtwert für die üblicherweise erforderliche Höchstmenge an Tieren eine Anzahl von 25 bis 35 Versuchstieren angegeben werden.

Dosierungen

Wenn zunächst eine Dosisfindungsstudie durchgeführt wird, da keine geeigneten Daten zur Dosierungswahl verfügbar sind, sollte diese im gleichen Labor unter Verwendung des/der gleichen Spezies, Rasse, Geschlechts und Behandlungsverfahrens wie im Hauptversuch stattfinden (27). Ziel der Studie sollte sein, die maximal verträgliche Dosis (MTD) zu ermitteln, die definiert ist als die höchste Dosierung, die vertragen wird, ohne dass Anzeichen von Toxizität auftreten, die die Studie, bezogen auf den Untersuchungszeitraum, begrenzen würden (z. B. durch Rückgang des Körpergewichts oder Zytotoxizität des blutbildenden Systems, ausgenommen jedoch Tod oder Anzeichen von Schmerzen und Leiden, die eine humane Tötung erforderlich machen würden (28)).

Die Höchstdosis kann auch als Dosis definiert werden, die Toxizität im Knochenmark hervorruft (z. B. eine Reduzierung des Anteils unreifer Erythrozyten an der Gesamtzahl der Erythrozyten im Knochenmark oder peripheren Blut von mehr als 50 %, nicht jedoch auf weniger als 20 % des Kontrollwerts). Bei der Analyse von CD71-positiven Zellen im peripheren Blutkreislauf (d. h. anhand einer Durchflusszytometrie) reagiert diese sehr junge Fraktion unreifer Erythrozyten jedoch schneller als die größere RNA-positive Kohorte unreifer Erythrozyten auf toxische Einwirkungen. Daher kann sich gegebenenfalls eine höhere scheinbare Toxizität bei Versuchsplänen mit akuter Exposition ergeben, bei denen die Fraktion der CD71-positiven unreifen Erythrozyten untersucht wird, vergleicht man sie mit der von unreifen Erythrozyten mit entsprechendem RNA-Gehalt. Aus diesem Grund kann die Höchstdosis für Toxizität hervorrufende Prüfchemikalien bei Versuchen mit fünf oder weniger Behandlungstagen auch als die Dosis verstanden werden, die eine statistisch signifikante Verringerung des Anteils CD71-positiver unreifer Erythrozyten an der Gesamtzahl der Erythrozyten hervorruft, nicht jedoch auf weniger als 5 % des Kontrollwerts (29).

Chemikalien, die eine Sättigung der toxikokinetischen Eigenschaften aufweisen oder Entgiftungsprozesse einleiten, die nach einer Langzeitgabe möglicherweise zu einem Rückgang der Exposition führen, entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden.

Um Dosis-Wirkungs-Informationen zu erhalten, sollte eine vollständige Studie eine Negativkontrollgruppe und mindestens drei Dosierungen enthalten, die sich in der Regel um einen Faktor von 2 (maximal von 4) unterscheiden. Ruft die Prüfchemikalie in einer Dosisfindungsstudie oder auf der Basis bereits vorhandener Daten keine Toxizität hervor, sollte die höchste Dosierung für einen Behandlungszeitraum von 14 Tagen oder mehr 1 000  mg/kg Körpergewicht/Tag bzw. für Behandlungszeiträume von weniger als 14 Tagen 2 000  mg/kg Körpergewicht/Tag betragen. Ruft die Prüfchemikalie jedoch Toxizität hervor, sollte die MTD die höchste verabreichte Dosierung sein und die Dosierung sollte vorzugsweise einen Bereich vom Höchstwert bis zu einer Dosierung, die wenig oder keine Toxizität erzeugt, abdecken. Wenn bei allen untersuchten Dosierungen toxische Wirkungen im Zielgewebe (Knochenmark) beobachtet werden, sind weitere Untersuchungen bei nichttoxischen Dosierungen anzuraten. Studien zur ausführlicheren Charakterisierung der quantitativen Dosis-Wirkungs-Informationen erfordern gegebenenfalls weitere Dosisgruppen. Bei bestimmten Arten von Prüfchemikalien (z. B. Humanpharmazeutika), für die spezielle Anforderungen gelten, können die Grenzen variieren.

Limit-Test

Wenn Dosisfindungsstudien oder bereits vorhandene Daten von verwandten Tierstämmen darauf hindeuten, dass eine Behandlung mit mindestens der Limit-Dosis (siehe Beschreibung unten) keine feststellbaren toxischen Wirkungen (und auch keinen Rückgang der Proliferation des Knochenmarks oder andere Anzeichen für toxische Wirkungen im Zielgewebe) verursacht, und wenn auf der Basis von In-vitro-Studien zur Untersuchung der Genotoxizität oder von Daten strukturell verwandter Chemikalien keine Genotoxizität zu erwarten ist, ist eine vollständige Studie mit drei Dosierungen gegebenenfalls nicht erforderlich, vorausgesetzt, es wurde nachgewiesen, dass die Prüfchemikalie(n) das Zielgewebe (Knochenmark) erreicht bzw. erreichen. In solchen Fällen ist eine Einzeldosierung mit der Limit-Dosis gegebenenfalls ausreichend. Bei einem Behandlungszeitraum von 14 Tagen oder mehr beträgt die Limit-Dosis 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag. Bei Behandlungszeiträumen von weniger als 14 Tagen beträgt die Limit-Dosis 2 000 mg/kg Körpergewicht/Tag.

Verabreichung

Bei der Versuchsplanung sind die zu erwartenden Verabreichungswege beim Menschen zu berücksichtigen. Verabreichungswege, wie etwa eine Aufnahme über die Nahrung, über das Trinkwasser, eine topische, subkutane, intravenöse, orale (über eine Magensonde), intratracheale Verabreichung, durch Inhalation oder Implantation, sind mit entsprechender Begründung zu wählen. In jedem Fall sollte der Verabreichungsweg so gewählt werden, dass das bzw. die Zielgewebe eine angemessene Exposition erfährt bzw. erfahren. Eine intraperitoneale Injektion wird in der Regel nicht empfohlen, da diese nicht als Verabreichungsweg beim Menschen vorgesehen ist, und sollte nur mit spezieller wissenschaftlicher Begründung angewandt werden. Sofern die Prüfchemikalie der Nahrung oder dem Trinkwasser beigemischt wird, insbesondere im Fall von Einzeldosierungen, ist darauf zu achten, einen ausreichenden Abstand zwischen der Nahrungsmittel- und Trinkwasseraufnahme und der Probenahme einzuhalten, damit ein Nachweis der Wirkungen möglich ist (siehe Nummer 37). Die Höchstmenge an Flüssigkeit, die jeweils über eine Magensonde oder eine Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte im Normalfall 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, bei wässrigen Lösungen können aber auch 2 ml/100 g in Betracht gezogen werden. Werden größere Volumina verwendet, ist dies zu begründen. Mit Ausnahme von reizenden oder ätzenden Prüfchemikalien, die normalerweise bei höheren Konzentrationen gravierende Wirkungen zeigen, sollte die Variabilität der Prüfvolumina durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen im Verhältnis zum Körpergewicht bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden.

Behandlungsplan

Vorzugsweise werden 2 oder mehr Behandlungen durchgeführt mit Verabreichung der Prüfchemikalie in Abständen von 24 Stunden, insbesondere wenn dieser Test in andere Toxizitätsstudien eingebunden wird. Alternativ können Einzelbehandlungen erfolgen, wenn dies wissenschaftlich begründet ist (wenn z. B. bekannt ist, dass die Prüfchemikalie den Zellzyklus blockiert). Die Prüfchemikalien können auch in Form von zwei oder mehreren Teilmengen am gleichen Tag im Abstand von nicht mehr als 2 bis 3 Stunden verabreicht werden, wenn es sich um ein großes Materialvolumen handelt. In diesen Fällen, oder wenn die Prüfchemikalie durch Inhalation verabreicht wird, sollte der Zeitpunkt der Probenahme ausgehend von der letzten Dosis oder dem Zeitpunkt, an dem die Exposition beendet wurde, geplant werden.

Die Prüfung kann an Mäusen oder Ratten auf dreierlei Weise durchgeführt werden:

a.
Die Tiere erhalten die Prüfchemikalie einmal. Knochenmark wird mindestens zweimal (von unabhängigen Gruppen von Tieren) entnommen, wobei die erste Probenahme frühestens 24 Stunden nach der Behandlung und die letzte spätestens 48 Stunden nach der Behandlung erfolgen muss (mit angemessenen Abständen zwischen den Probenahmen), es sei denn, eine Prüfchemikalie verfügt bekanntermaßen über außergewöhnlich lange Halbwertszeiten. Wird eine Probe bereits früher als 24 Stunden nach der Behandlung entnommen, so ist dies zu begründen. Bei Verwendung peripheren Bluts werden mindestens zweimal Proben entnommen (von derselben Gruppe von Tieren), wobei die erste Probenahme frühestens 36 Stunden nach der Behandlung und die letzte spätestens 72 Stunden nach der Behandlung zu erfolgen hat und nach der ersten Probenahme angemessene Abstände einzuhalten sind. Bei der ersten Probenahme sollten alle Dosisgruppen behandelt und zur Analyse aufgearbeitet werden. Bei einer oder mehreren weiteren Probenahmen muss nur die höchste Dosierung verabreicht werden. Wird bei einer Probenahme eine positive Reaktion verzeichnet, so ist die Entnahme weiterer Proben nicht erforderlich, es sei denn, es werden quantitative Dosis-Wirkungs-Informationen benötigt. Die beschriebenen Gewinnungszeitpunkte ergeben sich aus der Kinetik des Auftretens und Verschwindens der Mikrokerne in diesen zwei Gewebekompartimenten.
b.
Bei 2 Behandlungen pro Tag (z. B. zwei Behandlungen in Abständen von 24 Stunden) sollte eine Probenahme einmalig 18 bis 24 Stunden nach der letzten Behandlung beim Knochenmark oder einmalig 36 bis 48 Stunden nach der letzten Behandlung bei peripherem Blut erfolgen (30). Die beschriebenen Gewinnungszeitpunkte ergeben sich aus der Kinetik des Auftretens und Verschwindens der Mikrokerne in diesen zwei Gewebekompartimenten.
c.
Bei 3 oder mehr Behandlungen pro Tag (z. B. drei oder mehr Behandlungen in Abständen von etwa 24 Stunden) sollte eine Probenahme beim Knochenmark spätestens 24 Stunden nach der letzten Behandlung und bei peripherem Blut spätestens 40 Stunden nach der letzten Behandlung erfolgen (31). Durch diese Behandlungsoption können der Comet-Assay (z. B. Probenahme 2 bis 6 Stunden nach der letzten Behandlung) mit dem Mikrokerntest kombiniert und der Mikrokerntest in Toxizitätstests mit Wiederholungsdosen integriert werden. Gesammelte Daten lassen darauf schließen, dass über diese breiter angelegten Zeiträume eine Induktion von Mikrokernen zu beobachten ist, wenn 3 oder mehr Applikationen stattgefunden haben (15).

Sofern relevant oder wissenschaftlich begründet und zur leichteren Einbindung in andere Toxizitätstests sind auch andere Dosierungs- oder Probenahmeverfahren vertretbar.

Beobachtungen

Mindestens einmal täglich — vorzugsweise zum gleichen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist — sollten allgemeine klinische Beobachtungen der Versuchstiere vorgenommen und protokolliert werden. Mindestens zweimal täglich während der Verabreichungszeit sind alle Tiere auf Morbidität und Mortalität zu überprüfen. Alle Tiere sollten zu Studienbeginn, mindestens einmal pro Woche während Studien mit Wiederholungsdosen und bei humaner Tötung gewogen werden. In Studien von mindestens einwöchiger Dauer sollten mindestens wöchentlich Messungen der Futteraufnahme vorgenommen werden. Wenn die Prüfchemikalie über das Trinkwasser verabreicht wird, sollte auch die Wasseraufnahme bei jedem Wasserwechsel und mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Tiere mit Anzeichen von übermäßiger, jedoch nicht tödlich wirkender Toxizität sollten vor Ende des Prüfzeitraums human getötet werden (28). Unter bestimmten Umständen kann die Körpertemperatur der Versuchstiere überwacht werden, da behandlungsabhängige Hyper- und Hypothermien eine Rolle bei falschen Ergebnissen gespielt haben mögen (32) (33) (34).

Exposition des Zielgewebes

Zu einem oder mehreren geeigneten Zeitpunkten sollte eine Blutprobe genommen werden, um eine Untersuchung der Plasmaspiegel der Prüfchemikalie zu ermöglichen. Damit soll nachgewiesen werden, dass eine Exposition des Knochenmarks stattgefunden hat, wo dies gerechtfertigt erscheint und keine anderen Expositionsdaten vorhanden sind (siehe Nummer 48).

Knochenmark-/Blutpräparation

Die Knochenmarkzellen werden in der Regel unmittelbar nach der humanen Tötung aus den Oberschenkel- oder Schienbeinknochen gewonnen. Dabei werden die Zellen gewöhnlich entnommen und unter Verwendung erprobter Methoden präpariert und gefärbt. Kleine Mengen peripheren Bluts können, unter Einhaltung entsprechender Tierschutznormen, entweder anhand einer Methode gewonnen werden, die ein Überleben des Versuchstiers ermöglicht, wie z. B. eine Blutentnahme aus der Schwanzvene oder einem anderen geeigneten Blutgefäß, oder durch Kardialpunktion oder Blutentnahme aus einem großen Blutgefäß bei humaner Tötung des Versuchstiers. Bei Erythrozyten sowohl aus dem Knochenmark als auch aus peripherem Blut werden die Zellen, abhängig von der Analysemethode, sofort supravital gefärbt (16) (17) (18), es werden Ausstrichpräparate hergestellt und sie werden dann für mikroskopische Zwecke gefärbt, oder die Zellen werden fixiert und für eine Durchflusszytometrie-Analyse entsprechend gefärbt. Durch Verwendung eines DNA-spezifischen Farbstoffs [z. B. Acridin Orange (35) oder Hoechst 33258 plus pyronin-Y (36)] lassen sich bestimmte Artefakte vermeiden, die bei Verwendung eines nicht DNA-spezifischen Farbstoffs auftreten. Trotz dieses Vorteils ist aber die Verwendung herkömmlicher Farbstoffe (z. B. Giemsa für mikroskopische Analyse) nicht ausgeschlossen. Zusätzliche Systeme [z. B. Cellulosesäulen zur Entfernung kernhaltiger Zellen (37) (38)] können ebenfalls verwendet werden, falls diese Systeme nachweislich für die Aufbereitung von Proben im Labor kompatibel sind.

Sofern diese Verfahren anwendbar sind, können Anti-Kinetochor-Antikörper (39), FISH mit panzentromerischen DNA-Sonden (40) oder eine In-situ-Markierung mit Panzentromer-spezifischen Primern zusammen mit einer geeigneten DNA-Gegenfärbung (41) zur Untersuchung der Art der Mikrokerne (Chromosom/Chromosomenfragment) herangezogen werden, um zu bestimmen, ob der der Mikrokerninduktion zugrunde liegende Mechanismus auf clastogene und/oder aneugene Wirkungen zurückzuführen ist. Es können auch andere Verfahren zur Unterscheidung zwischen Clastogenen und Aneugenen verwendet werden, sofern ihre Wirksamkeit nachgewiesen wurde.

Analyse (manuell und automatisiert)

Alle Objektträger oder Analysenproben, einschließlich der Positiv- und Negativkontrollen, sollten vor der Analyse, gleich welcher Art, unabhängig kodiert und randomisiert werden, damit die Auswertung ohne Kenntnis der Behandlungsbedingungen erfolgt. Eine solche Codierung erübrigt sich, wenn automatisierte Auswertungssysteme verwendet werden, die nicht auf einer Sichtprüfung beruhen und keinen Bedienungseinflüssen unterliegen. Der Anteil unreifer Erythrozyten an der Gesamtzahl (unreife + reife Erythrozyten) wird für jedes Tier bestimmt, indem bei Verwendung von Knochenmark mindestens 500 Erythrozyten und bei Verwendung von peripherem Blut mindestens 2 000 Erythrozyten gezählt werden (42). Je Tier werden mindestens 4 000 unreife Erythrozyten auf das Vorhandensein von unreifen mikrokernhaltigen Erythrozyten untersucht (43). Wenn aus der Datenbank der historischen Negativkontrollen hervorgeht, dass die mittlere Hintergrundhäufigkeit für unreife mikrokernhaltige Erythrozyten im Prüflabor < 0,1 % beträgt, sollte eine Auswertung weiterer Zellen in Erwägung gezogen werden. Bei der Analyse der Proben sollte der Anteil der unreifen Erythrozyten an der Gesamtzahl der Erythrozyten in behandelten Tieren nicht weniger als 20 % des Anteils in der (Vehikel-/Lösungsmittel)kontrolle bei einer mikroskopischen Auswertung und nicht weniger als etwa 5 % des Anteils in der (Vehikel-/Lösungsmittel)kontrolle bei Auswertung der unreifen CD71+-Erythrozyten anhand von zytometrischen Verfahren betragen (siehe Nummer 31) (29). Bei einem mikroskopisch ausgewerteten Knochenmarktest würde die Höchstgrenze der Toxizität beispielsweise bei einem Anteil unreifer Erythrozyten von 10 % liegen, wenn der Anteil der unreifen Erythrozyten im Knochenmark bei den Kontrollen 50 % beträgt.

Da die Milz von Ratten mikrokernhaltige Erythrozyten sequestriert und vernichtet, ist es zur Beibehaltung einer hohen Empfindlichkeit des Tests bei der Analyse von peripherem Blut von Ratten ratsam, die Analyse mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten auf die jüngste Fraktion zu beschränken. Bei der Verwendung automatisierter Analysemethoden können diese am wenigsten ausgereiften Erythrozyten aufgrund ihres hohen RNA-Gehalts oder ihres hohen Anteils an Transferrin-Rezeptoren (CD71+) auf ihrer Oberfläche nachgewiesen werden (31). Der direkte Vergleich verschiedener Färbemethoden hat jedoch ergeben, dass mit unterschiedlichen Methoden zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden können, darunter auch die herkömmliche Färbung mit Acridin Orange (3) (4).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Behandlung der Ergebnisse

Die Daten für die einzelnen Tiere sind in tabellarischer Form darzustellen. Die Anzahl der ausgewerteten unreifen Erythrozyten, die Anzahl mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten und der Anteil unreifer Erythrozyten an der Gesamtzahl sind getrennt für jedes Tier aufzulisten. Werden Mäuse kontinuierlich über einen Zeitraum von 4 Wochen oder länger behandelt, sind auch die Daten zur Anzahl und zum Anteil mikrokernhaltiger reifer Erythrozyten anzugeben, sofern sie erfasst wurden. Daten zur Toxizität bei Tieren und klinische Anzeichen sind ebenfalls anzugeben.

Gültigkeitskriterien

Die folgenden Kriterien entscheiden über die Gültigkeit des Versuchs:

a.
die Aufnahme der Daten zu den gleichzeitigen Negativkontrollen in die Datenbank des Labors zu historischen Negativkontrollen ist zulässig (siehe Nummern 15-18);
b.
die gleichzeitigen Positivkontrollen oder Auswertungskontrollen sollten Reaktionen auslösen, die mit denen kompatibel sind, die in der Datenbank zu den historischen Positivkontrollen erzeugt werden, und verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle eine statistisch signifikante Zunahme bewirken (siehe Nummern 24-25);
c.
es wurde die entsprechende Anzahl an Dosierungen und Zellen analysiert;
d.
die Kriterien für die Wahl der höchsten Dosierung stimmen mit den unter den Nummern 30-33 beschriebenen überein.

Bewertung und Interpretation der Ergebnisse

Unter der Voraussetzung, dass alle Gültigkeitskriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig positiv, wenn

a.
mindestens eine der Behandlungsgruppen, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme der Häufigkeit mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten aufweist,
b.
diese Zunahme bei der Bewertung mit einem geeigneten Trendtest mindestens zu einem Probenahmezeitpunkt dosisabhängig ist und
c.
eines oder mehrere dieser Ergebnisse außerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegen (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %).

Wird zu einem bestimmten Probenahmezeitpunkt nur die höchste Dosierung untersucht, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig positiv, wenn, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme vorliegt und die Ergebnisse außerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegen (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %). Empfehlungen zu den am besten geeigneten statistischen Methoden sind der Literatur zu entnehmen (44) (45) (46) (47). Bei der Durchführung einer Dosis-Wirkungs-Analyse sollten mindestens drei behandelte Dosisgruppen analysiert werden. Bei statistischen Versuchen sollte das Tier als Versuchseinheit zugrunde gelegt werden. Positive Ergebnisse im Mikrokerntest deuten darauf hin, dass eine Prüfchemikalie Mikrokerne induziert, die das Ergebnis von Chromosomenschäden oder einer Schädigung im mitotischen Apparat von Erythroblasten der getesteten Spezies sind. In den Fällen, in denen der Test durchgeführt wurde, um Zentromere in Mikrokernen nachzuweisen, dient eine Prüfchemikalie, die zentromerhaltige Mikrokerne erzeugt (zentromerische DNA oder Kinetochore, die auf den Verlust ganzer Chromosomen hinweisen) als Nachweis dafür, dass es sich bei der Prüfchemikalie um ein Aneugen handelt.

Unter der Voraussetzung, dass alle Gültigkeitskriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig negativ, wenn unter allen untersuchten Versuchsbedingungen

a.
keine der Behandlungsgruppen, verglichen mit der gleichzeitigen Negativkontrolle, eine statistisch signifikante Zunahme der Häufigkeit mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten aufweist,
b.
zu keinem Probenahmezeitpunkt eine dosisabhängige Zunahme bei der Bewertung mit einem geeigneten Trendtest vorliegt,
c.
alle Ergebnisse innerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegen (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %) und
d.
eine Exposition des Knochenmarks gegenüber der /den Prüfchemikalie(n) erfolgt ist.

Empfehlungen zu den am besten geeigneten statistischen Methoden sind der Literatur zu entnehmen (44) (45) (46) (47). Als Nachweis für eine Exposition des Knochenmarks gegenüber einer Prüfchemikalie kann ein Rückgang des Verhältnisses von unreifen zu reifen Erythrozyten oder der gemessenen Plasma- oder Blutspiegel der Prüfchemikalie dienen. Im Falle einer intravenösen Verabreichung ist kein Nachweis für eine Exposition zu erbringen. Alternativ dazu können ADME-Daten herangezogen werden, die in einer unabhängigen Studie unter Verwendung der gleichen Verabreichungswege und der gleichen Spezies gewonnen wurden, um nachzuweisen, dass eine Knochenmarkexposition stattgefunden hat. Negative Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Prüfchemikalie unter den Versuchsbedingungen keine Mikrokerne in den unreifen Erythrozyten der getesteten Spezies erzeugt.

Bei einer eindeutig positiven oder negativen Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich.

In den Fällen, in denen die Reaktion weder eindeutig negativ noch eindeutig positiv ist, oder um die biologische Relevanz eines Ergebnisses zu untermauern (z. B. eine geringe oder grenzwertige Zunahme), sollten die Daten durch eine fachkundige Beurteilung und/oder anhand weiterer Untersuchungen der vorliegenden abgeschlossenen Versuche bewertet werden. In einigen Fällen kann die Auswertung weiterer Zellen oder die Durchführung eines Wiederholungsversuchs unter veränderten Versuchsbedingungen hilfreich sein.

In seltenen Fällen erlaubt der Datensatz auch nach weiteren Untersuchungen keine definitive Aussage darüber, ob die Prüfchemikalie positive oder negative Ergebnisse zur Folge hat, und die Studie wird daher als nicht eindeutig abgeschlossen.

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Zusammenfassung

Prüfchemikalie:

Herkunft, Partienummer, gegebenenfalls Verwendungsdatum;
Stabilität der Prüfchemikalie, falls bekannt.

Einkomponentiger Stoff:

physikalisches Erscheinungsbild, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, falls zutreffend und praktisch durchführbar usw.

Mehrkomponentiger Stoff, UVCB-Stoffe und Gemische:

so weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten.

Zubereitung der Prüfchemikalie:

Begründung der Auswahl des Vehikels;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfchemikalie im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt;
Zubereitung von Formulierungen für Nahrung, Trinkwasser oder Inhalationspräparaten;
analytische Bestimmung der Formulierungen (z. B. Stabilität, Homogenität, nominale Konzentrationen), wenn erfolgt.

Versuchstiere:

verwendete(r) Spezies/Stamm, Begründung für deren Verwendung;
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.
Methode zur eindeutigen Identifizierung der Tiere;
bei Kurzzeitstudien: individuelles Gewicht der Tiere bei Beginn und am Ende der Studie; bei Studien über einer Woche: individuelles Körpergewicht während der Studie und Futteraufnahme. Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

Prüfbedingungen:

Positiv- und Negativ-(Vehikel-/Lösungsmittel-)Kontrollen;
Daten aus einer gegebenenfalls durchgeführten Dosisfindungsstudie;
Begründung der gewählten Dosisstufen;
Angaben zur Zubereitung der Prüfchemikalie;
Angaben zur Verabreichung der Prüfchemikalie;
Begründung für den Verabreichungsweg und die Verabreichungsdauer;
Methoden zur Überprüfung, ob die Prüfchemikalie(n) in den allgemeinen Kreislauf oder ins Zielgewebe gelangt bzw. gelangen;
Angaben zur tatsächlichen Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag), errechnet aus der Konzentration der Prüfchemikalie im Futter/Wasser (ppm) und gegebenenfalls der Futteraufnahme;
Angaben über Futter- und Wasserqualität;
Angaben zur humanen Tötungsmethode;
Analgesiemethode (sofern angewandt);
nähere Angaben zu Behandlungs- und Probenenahmeplänen und Begründungen für die Wahl;
Methode für die Präparation der Objektträger;
Verfahren zur Isolierung und Konservierung der Proben;
Methode zur Untersuchung der Toxizität;
Kriterien für die Auswertung mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten;
Anzahl der pro Tier zur Bestimmung der Häufigkeit mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten und zur Bestimmung des Verhältnisses unreifer/reifer Erythrozyten analysierten Zellen;
Kriterien für die Gültigkeit der Studie;
gegebenenfalls Verfahren, wie z. B. die Verwendung von Anti-Kinetochor-Antikörpern oder Zentromer-spezifischen DNA-Sonden, zur Ermittlung ganzer oder fragmentierter Chromosomen in den Mikrokernen.

Ergebnisse:

Zustand des Tiers vor und während des Testzeitraums, einschließlich Anzeichen von Toxizität;
Anteil unreifer Erythrozyten an der Gesamtzahl der Erythrozyten;
Anzahl mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten, gesondert für jedes Tier anzugeben;
Mittelwert und Standardabweichung mikrokernhaltiger unreifer Erythrozyten je Gruppe;
gegebenenfalls Dosis-Wirkungsverhältnis;
statistische Analysen und angewandte Methoden;
Daten zu gleichzeitigen Negativkontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;
historische Negativkontroll- und Positivkontrolldaten mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen und 95 %-Kontrollgrenzen für die Verteilung sowie Behandlungszeitraum und Anzahl der Datenpunkte;
Daten zum Nachweis, dass eine Exposition des Knochenmarks stattgefunden hat;
gegebenenfalls Charakterisierungsdaten, aus denen hervorgeht, ob Mikrokerne ganze oder fragmentierte Chromosomen enthalten;
für eine positive oder negative Reaktion erfüllte Kriterien.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerung.

Referenzdokumente.

LITERATURHINWEISE

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(29) LeBaron, M.J. et al. (2013), Influence of counting methodology on erythrocyte ratios in the mouse micronucleus test, Environmental and Molecular Mutagenesis, Band 54/3, 222-228.

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(43) OECD (2014), Statistical analysis supporting the revision of the genotoxicity Test Guidelines, OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment, No. 198, OECD Publishing, Paris.

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Anlage 1

DEFINITIONEN

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Erythroblast : Frühe Entwicklungsstufe von Erythrozyten, unmittelbar vor der Bildung unreifer Erythrozyten, bei der die Zelle noch einen Zellkern enthält.

Kinetochore : Proteinstruktur, die dem Zentromer eukaryotischer Zellen aufsitzt und die Chromosomen während der Mitose und Meiose mit Mikrotubuli-Polymeren aus dem mitotischen Spindelapparat verbindet, wodurch während der Zellteilung die Schwesterchromatiden auseinander gezogen werden.

Mikrokerne : kleine Kerne zusätzlich zu den Hauptkernen der Zellen und von diesen getrennt, die während der Telophase der Mitose (Meiose) durch zurückgebliebene Chromosomenteile oder ganze Chromosomen gebildet werden.

Normochromatischer oder reifer Erythrozyt : vollständig ausgereifter Erythrozyt, der nicht mehr die nach der Enukleation verbleibende residuale RNA und/oder andere kurzlebige Zellmarker nach der Enukleation im Anschluss an die letzte Teilung in den Erythroblasten enthält.

Polychromatischer oder unreifer Erythrozyt : neu gebildeter Erythrozyt in einer Zwischenstufe der Entwicklung, der sich aufgrund des Vorhandenseins residualer RNA in den neu gebildeten Zellen sowohl mit den blauen als auch den roten Komponenten klassischer Blutfarbstoffe, wie z. B. Giemsa von Wright, färben lässt. Solche neu gebildeten Zellen entsprechen in etwa den Retikulozyten, die mithilfe eines Vitalfarbstoffs sichtbar gemacht werden, durch den die residuale RNA in einem Retikulum ausfällt. Zum Nachweis der neu gebildeten roten Blutkörperchen werden derzeit oft andere Verfahren verwendet, unter anderem die monochromatische Färbung von RNA mit Fluoreszenzfarbstoffen oder die Kennzeichnung kurzlebiger Oberflächenmarker wie CD71 mit fluoreszierenden Antikörpern. Polychromatische Erythrozyten, Retikulozyten und CD71-positive Erythrozyten sind allesamt den unreifen Erythrozyten zuzuordnen, auch wenn sie vom Alter geringfügig verschieden verteilt sind.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Retikulozyt : neu gebildeter Erythrozyt, mit einem Vitalfarbstoff gefärbt, durch den residuale zelluläre RNA in einem charakteristischen Retikulum ausfällt. Bei Retikulozyten und polychromatischen Erythrozyten ist das Zellalter ähnlich verteilt.

Zentromere : Region(en) eines Chromosoms, an die während der Zellteilung die Spindelfasern anhaften, wodurch die ordnungsgemäße Beförderung der Tochterchromosomen zu den Polen der Tochterzellen ermöglicht wird.

Anlage 2

FAKTORIELLER VERSUCHSPLAN ZUR ERMITTLUNG GESCHLECHTSSPEZIFISCHER UNTERSCHIEDE BEIM IN-VIVO-MIKROKERNTEST

Faktorieller Versuchsplan und zugehörige Analysen

Anhand dieses Versuchsplans werden mindestens 5 männliche und 5 weibliche Tiere je Konzentration getestet. So ergibt sich ein Versuch, bei dem mindestens 40 Tiere verwendet werden (20 männliche und 20 weibliche zzgl. entsprechende Positivkontrollen).

Der Versuchsaufbau, der zu den einfacheren faktoriellen Versuchsplänen zählt, entspricht einer Zweiwege-Varianzanalyse, wobei das Geschlecht und die Konzentration im Wesentlichen die Wirkung bestimmen. Die Daten können anhand vieler Standard-Statistiksoftwareanwendungen wie SPSS, SAS, STATA oder Genstat oder auch mit „R“ analysiert werden.

Durch die Analyse lässt sich die Varianz im Datensatz zwischen den Geschlechtern, zwischen den Konzentrationen und in Bezug auf die Wechselwirkungen zwischen den Geschlechtern und Konzentrationen partitionieren. Jede der Bedingungen wird anhand eines Schätzwerts der Varianz zwischen den Wiederholungsversuchstieren innerhalb der gleichgeschlechtlichen Tiergruppen überprüft, die die gleiche Konzentration erhalten haben. Die zugrundeliegende Methodik ist in vielen Standardwerken zur Statistik (siehe Referenzdokumente) und in den in Statistiksoftware-Paketen mitgelieferten Hilfe-Funktionen im Einzelnen beschrieben.

Die Analyse beginnt mit der Untersuchung der Interaktionsbedingung „Konzentration x Geschlecht“ anhand der ANOVA-Tabelle . Liegt keine signifikante Interaktion vor, liefern die kombinierten Werte für die Geschlechter oder Konzentrationen gültige statistische Tests für die jeweiligen Konzentrationen, und zwar basierend auf der ANOVA-Bedingung der innerhalb der Gruppe gepoolten Varianz.

Es folgt eine Partitionierung des Schätzwerts für die Varianzen zwischen den Konzentrationen in Kontraste, die einen Test für lineare und quadratische Kontraste aus den Reaktionen der verschiedenen Konzentrationen liefern. Ergibt sich hingegen eine signifikante Interaktion für die Bedingung „Konzentration x Geschlecht“, kann diese Bedingung auch in Interaktionskontraste „linearer Wert x Geschlecht“ und „quadratischer Wert x Geschlecht“ partitioniert werden. Diese Bedingungen liefern Tests dazu, ob die Reaktionen der jeweiligen Konzentrationen für die zwei Geschlechter parallel verlaufen oder ob es zu einer zwischen den Geschlechtern differenzierten Reaktion kommt.

Anhand des Schätzwerts für die innerhalb der Gruppen gepoolten Varianzen lassen sich paarweise Tests zu Abweichungen zwischen den Mittelwerten durchführen. Diese Vergleiche könnten zwischen den Mittelwerten für die beiden Geschlechter und zwischen den Mittelwerten für die verschiedenen Konzentrationen durchgeführt werden, beispielsweise um einen Vergleich mit den Negativkontrollen vorzunehmen. In Fällen mit signifikanter Interaktion können Vergleiche zwischen den Mittelwerten verschiedener Konzentrationen innerhalb eines Geschlechts oder zwischen den Mittelwerten beider Geschlechter bei gleicher Konzentration vorgenommen werden.

Referenzdokumente

Es sind viele Werke zur Statistik erhältlich, in denen die Theorie, der Aufbau, die Methodik, die Analyse und die Interpretation faktorieller Versuchspläne erörtert werden, von einfachen Zweifaktorenanalysen bis hin zu komplexeren Formen, wie sie in der „Design of Experiment“-Methode verwendet werden. Die folgende Auflistung ist nicht erschöpfend. Einige Bücher enthalten Beispielrechnungen zu vergleichbaren Versuchsplänen, in einigen Fällen auch mit einem Code zur Durchführung der Analysen unter Verwendung verschiedener Softwarepakete.

Box, G.E.P, Hunter, W.G. and Hunter, J.S. (1978). Statistics for Experimenters. An Introduction to Design, Data Analysis, and Model Building. New York: John Wiley & Sons.

Box G.E.P. & Draper, N.R. (1987). Empirical model-building and response surfaces. John Wiley & Sons Inc.

Doncaster, C.P. & Davey, A.J.H. (2007). Analysis of Variance and Covariance: How to Choose and Construct Models for the Life Sciences. Cambridge University Press.

Mead, R. (1990). The Design of Experiments. Statistical principles for practical application. Cambridge University Press.

Montgomery D.C. (1997). Design and Analysis of Experiments. John Wiley & Sons Inc.

Winer, B.J. (1971). Statistical Principles in Experimental Design. McGraw Hill.

Wu, C.F.J & Hamada, M.S. (2009). Experiments: Planning, Analysis and Optimization. John Wiley & Sons Inc.

B.13./14.   MUTAGENITÄT — RÜCKMUTATIONSTEST UNTER VERWENDUNG VON BAKTERIEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht den OECD TG 471, Bacterial Reverse Mutation Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Beim Rückmutationstest an Bakterien werden Stämme von Salmonella typhimurium und Escherichia coli, die Aminosäure benötigen, zum Nachweis von Punktmutationen verwendet, die Substitution, Addition oder Deletion eines oder mehrerer DNA-Basenpaare umfassen (1) (2) (3). Der unter Verwendung von Bakterien durchgeführte Rückmutationstest beruht auf dem Nachweis von Mutationen, durch die Mutationen in den entsprechenden Stämmen rückgängig gemacht und die funktionale Kapazität der Bakterien zur Synthetisierung einer essenziellen Aminosäure wiederhergestellt wird. Die Revertanten-Bakterien lassen sich an ihrer Fähigkeit zum Wachstum ohne die vom Elternstamm benötigte Aminosäure erkennen.

Punktmutationen sind die Ursache für zahlreiche humangenetische Erkrankungen. Es spricht manches dafür, dass Punktmutationen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen somatischer Zellen an der Entstehung von Krebs bei Menschen und Versuchstieren beteiligt sind. Der Rückmutationstest an Bakterien ist wenig zeitaufwendig, kostengünstig und relativ leicht durchzuführen. Viele Versuchsstämme weisen mehrere Merkmale auf, die ihnen eine größere Empfindlichkeit beim Nachweis von Mutationen verleihen, darunter reaktive DNA-Sequenzen an den Reversionsorten, erhöhte Zelldurchlässigkeit gegenüber großen Molekülen und Eliminierung von DNA-Reparatursystemen oder Anstieg der fehlerhaften DNA-Reparaturprozesse. Die Spezifität der Versuchsstämme kann wertvollen Aufschluss über die Typen der von gentoxischen Agenzien ausgelösten Mutationen liefern. Für Rückmutationstests unter Verwendung von Bakterien steht ein sehr umfangreicher Bestand an Ergebnissen für eine Vielzahl von Strukturen zur Verfügung, und es wurden gründlich erprobte Methoden zur Prüfung von Chemikalien mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften, darunter flüchtige Verbindungen, entwickelt.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Ein Rückmutationstest bei Salmonella typhimurium oder Escherichia coli dient zum Nachweis von Mutationen, die in einem Stamm auftreten, der eine Aminosäure (Histidin bzw. Tryptophan) benötigt, und zur Bildung eines Stammes führen, der nicht auf eine Aminosäurezufuhr von außen angewiesen ist.

Basenpaaraustauschmutagene sind Agenzien, die in DNA eine Basenveränderung verursachen. Bei einem Reversionstest kann diese Veränderung am Ort der ursprünglichen Mutation oder an einem zweiten Ort des bakteriellen Genoms auftreten.

Rasterschubmutagene sind Agenzien, die eine Addition oder Deletion von einem oder mehreren Basenpaaren in der DNA verursachen, wodurch sich der Leseraster der RNS verändert.

1.3.   AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Beim Rückmutationstest an Bakterien werden prokaryotische Zellen verwendet, die sich im Hinblick auf Faktoren wie Aufnahme. Stoffwechsel, Chromosomenstruktur und DNA-Reparaturprozesse von Säugetierzellen unterscheiden. In vitro durchgeführte Versuche erfordern in der Regel den Zusatz eines exogenen Fremdstoff-Metabolisierungssystems. Mit einem ln-vitro-Metabolisierungssystem lassen sich aber die In-vivo-Bedingungen bei Säugetieren nicht gänzlich nachvollziehen. Der Test gibt daher keinen direkten Aufschluss über das mutagene und kanzerogene Potential einer Substanz bei Säugetieren.

Der unter Verwendung von Bakterien durchgeführte Rückmutationstest dient in der Regel zur Erstuntersuchung auf gentoxische Aktivität, insbesondere auf Punktmutationen. Aus dem umfangreichen Datenbestand geht hervor, dass sich zahlreiche chemische Stoffe, die bei diesem Test einen positiven Befund ergeben, auch bei anderen Prüfungen als mutagen erweisen. Es gibt allerdings Beispiele dafür, dass mutagene Agenzien nicht durch diesen Test nachgewiesen werden. Zurückzuführen ist dies auf die spezifische Art des ermittelten Endpunkts und auf Unterschiede in der Stoffwechselaktivierung bzw. in der Bioverfügbarkeit. Andererseits können Faktoren, die eine verstärkte Empfindlichkeit des Rückmutationstests an Bakterien bewirken, zu einer Überbewertung der mutagenen Wirkung führen.

Der Rückmutationstest an Bakterien eignet sich möglicherweise nicht zur Bewertung bestimmter Klassen von chemischen Substanzen, so etwa von stark bakteriziden Verbindungen (z. B. bestimmten Antibiotika) und Stoffen, die vermutlich (oder nachweislich) in das Zellreplikationssystem von Säugetieren eingreifen (z. B. bestimmten Topoisomerasehemmern und Nucleosidanalogen). In diesen Fällen sind wohl Mutationstests an Säugetieren eher angebracht.

Zahlreiche Verbindungen, die bei diesem Test einen positiven Befund ergeben, haben zwar eine kanzerogene Wirkung auf Säugetiere, doch besteht keine absolute Korrelation. Ausschlaggebend ist die chemische Klasse, und bestimmte Kanzerogene sind durch diesen Test nicht nachweisbar, weil ihre Wirkung auf anderen, nicht gentoxischen Mechanismen oder in Bakterienzellen fehlenden Mechanismen beruht.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Suspensionen von Bakterienzellen werden mit und ohne ein exogenes Stoffwechselaktivierungssystem mit der Prüfsubstanz behandelt. Bei der Platteninkorporationsmethode werden die Suspensionen mit Schichtagar vermischt und unmittelbar danach auf einem Minimalmedium ausgestrichen. Bei der Vorinkubationsmethode wird das Prüfgemisch bebrütet und dann mit Schichtagar vermischt, bevor es auf einem Minimalmedium ausgestrichen wird. Bei beiden Verfahren wird nach einer Inkubationszeit von zwei oder drei Tagen die Anzahl der Revertanten-Kolonien bestimmt und mit der Anzahl der spontanen Revertanten-Kolonien auf den Lösungsmittel-Kontrollplatten verglichen.

Es wurden verschiedene Verfahren zur Durchführung des Rückmutationstests an Bakterien beschrieben. Zu den gebräuchlichsten Verfahren zählen die Platteninkorporationsmethode (1) (2) (3) (4), die Vorinkubationsmethode (2) (3) (5) (6) (7) (8), die Fluktuationsmethode (9) (10) und die Suspensionsmethode (11). Beschrieben wurden auch Abänderungen zur Untersuchung von Gasen oder Dämpfen (12).

Die hier beschriebenen Verfahren beziehen sich im Wesentlichen auf die Platteninkorporations- und Vorinkubationsmethode. Beide sind für die Durchführung von Versuchen mit und ohne Stoffwechselaktivierungssystem geeignet. Einige Substanzen lassen sich möglicherweise besser mit der Vorinkubationsmethode nachweisen. Sie gehören chemischen Klassen an, zu denen unter anderem kurzkettige aliphatische Nitrosamine, bivalente Metalle, Aldehyde, Azofarbstoffe und Diazoverbindungen, Pyrollizidinalkaloide, Allylverbindungen und Nitroverbindungen zählen (3). Dabei wird anerkannt, dass bestimmte Klassen von Mutagenen bei Anwendung von Standardverfahren wie der Platteninkorporations- oder Vorinkubationsmethode nicht immer nachweisbar sind. Diese sind als „Sonderfälle“ anzusehen, zu deren Nachweis unbedingt alternative Verfahren eingesetzt werden sollten. Es könnten sich die folgenden „Sonderfälle“ ergeben (mit Beispielen für möglicherweise geeignete Nachweisverfahren): Azofarbstoffe und Diazoverbindungen (3) (5) (6) (13), Gase und flüchtige chemische Stoffe (12) (14) (15) (16) sowie Glycoside (17) (18). Abweichungen von den Standardverfahren sind wissenschaftlich zu begründen.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Vorbereitungen

1.5.1.1.   Bakterien

Frische Bakterienkulturen sollten bis zur späten exponentiellen oder frühen stationären Wachstumsphase kultiviert werden (ca. 109 Zellen pro ml). Kulturen, die sich im Spätstadium der stationären Phase befinden, sind nicht heranzuziehen. Entscheidend ist dabei, dass die zur Prüfung verwendeten Kulturen einen hohen Anteil an lebensfähigen Bakterien enthalten. Der Anteil lässt sich entweder anhand historischer Kontrolldaten über Wachstumskurven bestimmen oder aber für jeden Versuch gesondert durch Bestimmung der Anzahl lebensfähiger Zellen mittels eines Plattentests.

Die empfohlene Inkubationstemperatur beträgt 37 oC.

Es sind mindestens fünf Bakterienstämme zu verwenden. Dazu sollten vier Stämme von S. typhimurium (TA 1535; TA 1537 oder TA 97a oder TA 97; TA 98; und TA 100) gehören, die erwiesenermaßen zuverlässige und in anderen Labors reproduzierbare Ergebnisse liefern. Diese vier Stämme von S. typhimurium weisen am primären Reversionslocus GC-Basenpaare auf. Bekannt ist, dass möglicherweise bestimmte oxidierende Mutagene, cross-linking induzierende Agenzien und Hydrazine damit nicht nachzuweisen sind. Diese Substanzen lassen sich durch Stämme von E. Coli WP2 oder S. typhimurium TA 102 (19) nachweisen, die am primären Reversionslocus ein AT-Basenpaar aufweisen. Empfohlen wird daher eine Kombination folgender Stämme:

S. typhimurium TA 1535 und
S. typhimurium TA 1537 oder TA 97 oder TA 97a und
S. typhimurium TA 98 und
S. typhimurium TA 100 und
E. coli WP2 uvrA oder E. coli WP2 uvrA (pKMI01) oder S. typhimurium TA 102.

Zum Nachweis cross-linking induzierender Mutagene ist es vielleicht ratsam, TA 102 einzubeziehen oder einen reparatur-profizienten Stamm von E. coli (z. B. E. coli WP 2 oder E. coli WP2 (pKM101)) hinzuzugeben.

Zur Vorbereitung der Stammkulturen, zur Verifizierung der Marker und zur Lagerung sollten bewährte Verfahren verwendet werden. Der wachstumsbedingte Aminosäurebedarf ist für jedes tiefgefrorene Stammkulturpräparat nachzuweisen (Histidin bei Stämmen von S. typhimurium und Tryptophan bei Stämmen von E. coli). Auch andere phänotypische Merkmale sind zu überprüfen, so ggf. das Vorhandensein oder Fehlen von R-Faktor-Plasmiden (d. h. die Ampicillinresistenz bei den Stämmen TA 98, TA 10Ü und TA 97a oder TA 97, WP2 uvrA und WP2 uvrA (pKM101) und die Ampicillin- + Tetracyclinresistenz bei den Stämmen TA 102); das Vorhandensein charakteristischer Mutationen (d. h. rfa-Mutation bei S. typhimurium durch Empfindlichkeit gegenüber Kristallviolett und uvr A-Mutation bei E. coli oder uvrB-Mutation bei S. typhimurium durch Empfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht) (2) (3). Zudem sollten die Stämme eine Anzahl von Spontan-Revertanten-Kolonien in Häufigkeitsbereichen aufweisen, die anhand der historischen Kontrolldaten des Labors zu erwarten sind, und möglichst innerhalb des in der Literatur angegebenen Bereichs liegen.

1.5.1.2.   Medium

Verwendet werden geeigneter Minimalagar (z. B. aus Vogel-Bonner-Minimalmedium E und Glucose) und Schichtagar mit Histidin und Biotin oder Tryptophan, damit mehrere Zellteilungen erfolgen können (1) (2) (9).

1.5.1.3.   Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Bakterien mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Stoffwechselaktivierungssystems erfolgen. Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (1) (2) oder einem Gemisch aus Phenobarbital und β-Naphthoflavon (18) (20) (21) vorbehandelt wurden. Die post-mitochondriale Fraktion wird im S9-Gemisch in der Regel in Konzentrationen von 5 bis 30 % v/v verwendet. Wahl und Status des Stoffwechselaktivierungssystems sind möglicherweise von der geprüften chemischen Klasse abhängig. In bestimmten Fällen ist es ggf. zweckmäßig, mehr als eine Konzentration der post-mitochondrialen Fraktion zu verwenden. Bei Azofarbstoffen und Diazoverbindungen ist möglicherweise eher der Einsatz eines reduktiven Stoffwechselaktivierungssystems angebracht (6) (13).

1.5.1.4.   Prüfsubstanz/Zubereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Behandlung der Bakterien in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können den Versuchssystemen vor der Behandlung direkt beigegeben und/oder verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen, und es sollte mit dem Überleben der Bakterien und der S9-Aktivität kompatibel sein (22). Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Bei der Prüfung wasserinstabiler Substanzen sollten die verwendeten organischen Lösungsmittel frei von Wasser sein.

1.5.2.   Prüfbedingungen

1.5.2.1.   Versuchsstämme (siehe 1.5.1.1)

1.5.2.2.   Expositionskonzentrationen

Zu den Kriterien, die bei der Bestimmung der höchsten Konzentration der Prüfsubstanz zu berücksichtigen sind, zählen die Zytotoxizität und die Löslichkeit im Endgemisch.

Es ist möglicherweise sinnvoll, die Zytotoxizität und Unlöslichkeit in einem Vorversuch zu bestimmen. Aufschluss über die Zytotoxizität geben der zahlenmäßige Rückgang der Revertanten-Kolonien, der Wegfall bzw. die Verkleinerung des Hintergrundrasens oder die Überlebensrate der behandelten Kulturen. Die Zytotoxizität einer Substanz verändert sich möglicherweise bei Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems. Die Unlöslichkeit sollte als Ausfällung im Endgemisch unter realen Prüfbedingungen ermittelt werden und mit dem bloßen Auge erkennbar sein.

Bei löslichen nicht zytotoxischen Substanzen wird eine maximale Prüfkonzentration von 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte empfohlen. Im Falle nicht zytotoxischer Substanzen, die bei 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte nicht löslich sind, sollte eine oder mehrere der geprüften Konzentrationen im Endgemisch unlöslich sein. Prüfsubstanzen, die sich bereits unter 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte als zytotoxisch erweisen, sind bis zu einer zytotoxischen Konzentration zu prüfen. Die Ausfällung sollte die Bewertung nicht beeinträchtigen.

Es sind mindestens fünf verschiedene analysierbare Konzentrationen der Prüfsubstanz zu verwenden, wobei beim ersten Versuch der Abstand zwischen den Prüfpunkten etwa eine halbe Log-Phase (d. h. √10) beträgt. Kleinere Abstände sind ggf. angebracht, wenn eine Konzentrations-Effekt-Beziehung untersucht wird. Bei der Bewertung von Substanzen, die größere Mengen an potenziell mutagenen Verunreinigungen enthalten, ist die Prüfung bei Konzentrationen über 5 mg/Platte bzw. 5 μl/Platte in Betracht zu ziehen.

1.5.2.3.   Negativ- und Positivkontrollen

Für jeden Versuch sind gleichzeitig stammspezifische Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel- oder Vehikel-)Kontrollen mit oder ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems anzulegen. Für die Positivkontrollen sind Konzentrationen zu wählen, die die Wirksamkeit des jeweiligen Versuchs belegen.

Bei Versuchen mit Stoffwechselaktivierungssystem sollten die Positivkontrollsubstanzen anhand der verwendeten Bakterienstämme ausgewählt werden.

Die folgenden Substanzen gelten als Beispiele für geeignete Positivkontrollen bei Versuchen mit Stoffwechselaktivierung:



SubstanzCAS-NummerEINECS-Nummer
9,10-Dimethylanthracen781-43-1212-308-4
7,12-Dimethylbenz[α]anthracen57-97-6200-359-5
Benzo[a]pyren50-32-8200-028-5
2-Aminoantracen613-13-8210-330-9
Cyclophosphamid50-18-0200-015-4
Cyclophosphamidmonohydrat6055-19-2

Die folgende Substanz eignet sich als Positivkontrolle bei der reduktiven Stoffwechselaktivierungsmethode



SubstanzCAS-NummerEINECS-Nummer
Kongorot573-58-0209-358-4

2-Aminoantracen sollte nicht als alleiniger Gradmesser für die Wirksamkeit des S9-Gemischs dienen. Bei Verwendung von 2-Aminoanthracen sollte jede Charge von S9 ebenfalls durch ein Mutagen gekennzeichnet sein, das eine Stoffwechselaktivierung durch mikrosomale Enzyme, z. B. Benzo[a]pyren oder Dimethylbenzanthracen, erfordert.

Die folgenden Substanzen sind Beispiele für stammspezifische Positivkontrollen bei Versuchen ohne exogenes Stoffwechselaktivierungssystem:



SubstanzCAS-NummerEINECS-NummerStamm
Natriumazid26628-22-8247-852-1TA 1535 und TA 100
2-Nitrofluoren607-57-8210-138-5TA 98
9-Aminoacridin90-45-9201-995-6TA 1537, TA 97 und TA 97a
ICR 19117070-45-0241-129-4TA 1537, TA 97 und TA 97a
Cumolhydroperoxid80-15-9201-254-7TA 102
Mitomycin C50-07-7200-008-6WP2uvrA und TA 102
N-ethyl-N-nitro-N-nitrosoguanidin70-25-7200-730-1WP2, WP2uvrA und WP2uvrA (pKM101)
4-Nitroquinolin-l-oxid56-57-5200-281-1WP2, WP2uvrA und WP2uvrA (pKM101)
Furylfuramid (AF2)3688-53-7Plasmide enthaltende Stämme

Es können auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen verwendet werden. Ggf. sollten Positivkontrollen herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehören wie der Prüfstoff.

Es sind Negativkontrollen, die allein aus dem Lösungsmittel oder Vehikel ohne Prüfsubstanz bestehen und auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen behandelt werden, anzulegen. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrollen verwendet werden, wenn nicht historische Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.5.3.   Verfahren

Bei der Platteninkorporationsmethode (1) (2) (3) (4) ohne Stoffwechselaktivierung werden gewöhnlich 0,05 ml oder 0,1 ml Prüflösung, 0,1 ml frische Bakterienkultur (mit ca. 108 lebensfähigen Zellen) und 0,5 ml sterile Pufferlösung mit 2,0 ml Schichtagar vermischt. Für Ansätze mit Stoffwechselaktivierung werden gewöhnlich 0,5 ml Stoffwechselaktivierungsgemisch, das eine ausreichende Menge post-mitochondrialer Fraktion (im Bereich von 5 bis 30 % v/v im Stoffwechselaktivierungsgemisch) enthält, mit Schichtagar (2,0 ml) und zugleich mit den Bakterien und der Prüfsubstanz/Prüflösung vermischt. Der Inhalt jedes Röhrchens wird vermischt und auf der Oberfläche einer Minimalagarplatte ausgegossen. Vor der Inkubation lässt man den Schichtagar verfestigen.

Bei der Vorinkubationsmethode (2) (3) (5) (6) wird die Prüfsubstanz/Prüflösung ca. 20 Minuten oder länger bei 30-37 oC mit dem Versuchsstamm (der ca. 108 lebensfähige Zellen enthält) und der sterilen Pufferlösung oder dem Stoffwechselaktivierungssystem (0,5 ml) vorinkubiert, bevor sie mit dem Schichtagar vermischt und auf der Oberfläche einer Minimalagarplatte ausgegossen wird. Gewöhnlich werden 0,05 oder 0,1 ml Prüfsubstanz/Prüflösung, 0,1 ml Bakterien und 0,5 ml S9-Gemisch oder sterile Pufferlösung mit 2,0 ml Schichtagar vermischt. Die Röhrchen sind während der Vorinkubation mit Hilfe eines Schüttlers zu belüften.

Um die Schwankungsbreite hinreichend beurteilen zu können, sind für jede Dosisstufe drei Platten anzulegen. Die Verwendung von zwei Platten ist vertretbar, wenn dies wissenschaftlich begründet wird. Durch den gelegentlichen Verlust einer Platte wird der Versuch nicht zwangsläufig entwertet.

Gasförmige oder flüchtige Substanzen sind mit Hilfe geeigneter Methoden zu prüfen, z. B. in hermetisch verschlossenen Gefäßen (12) (14) (15) (16).

1.5.4.   Inkubation

Sämtliche Platten des jeweiligen Versuchs sind 48 bis 72 Stunden bei 37 oC zu bebrüten. Nach Ablauf der Inkubationszeit wird die Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte ermittelt.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten sind als Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte anzugeben. Die Anzahl der Revertanten-Kolonien sowohl auf den Negativkontrollplatten (Lösungsmittelkontrolle und ggf. unbehandelte Kontrolle) als auch auf den Positivkontrollplatten ist ebenfalls zu dokumentieren. Für die Prüfsubstanz und die Positivkontrollen sowie Negativkontrollen (unbehandelte und/oder Lösungsmittelkontrollen) sind die Zahlenwerte der einzelnen Platten, die mittlere Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte und die Standardabweichung aufzuführen.

Bei einer eindeutigen positiven Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich. Nicht eindeutige Ergebnisse sind durch weitere Prüfungen abzuklären, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen. Negative Befunde sind durch Einzelfallprüfung zu bestätigen. In jenen Fällen, in denen eine Bestätigung negativer Befunde nicht für notwendig erachtet wird, ist dies zu begründen. Bei Folgeversuchen sollte die Abänderung der Studienparameter zur Erweiterung des Umfangs der bewerteten Bedingungen in Betracht gezogen werden. Zu den Studienparametern, die für eine Abänderung in Frage kommen, gehören die Abstände der Konzentrationen, die Prüfmethode (Platteninkorporation oder flüssige Vorinkubation) und der Stoffwechselaktivierungsstatus.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine konzentrationsbezogene Zunahme im Prüfbereich und/oder eine reproduzierbare Zunahme der Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte bei einer oder mehreren Konzentrationen in mindestens einem Stamm mit oder ohne Stoffwechselaktivierungssystem (23). Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen (24). Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem Versuch als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Befunde beim Rückmutationstest an Bakterien deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz durch Basenaustausch oder Rasterverschiebungen Punktmutationen im Genom von Salmonella typhimurium und/oder Escherichia coli hervorruft. Negative Befunde sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen bei den geprüften Spezies keine mutagene Wirkung auslöst.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

Lösungsmittel/Vehikel

Begründung für die Wahl des Vehikels;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

Stämme:

verwendete Stämme;
Anzahl der Zellen je Kultur;
Merkmale des Stammes.

Prüfbedingungen:

Menge der Prüfsubstanz je Platte (mg/Platte oder μl/Platte) mit Begründung für die Wahl der Dosis und Anzahl der Platten je Konzentration;
verwendete Medien;
Art und Zusammensetzung des Stoffwechselaktivierungssystems einschließlich Eignungskriterien;
Behandlungsverfahren.

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;
Ausfällungszeichen;
Zählwerte der einzelnen Platten;
mittlere Anzahl der Revertanten-Kolonien je Platte und Standardabweichung;
nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;
ggf. statistische Analysen;
Daten zu gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;
Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Arnes, B. N., McCann, J. and Yamasaki E. (1975), Methods for Detecting Carcinogens and Mutagens with the Salmonella/Mammalian-Microsome Mutagenicity Test, Mutation Res., 31, 347-364.

(2) Maron, D. M. and Arnes, B. N. (1983), Revised Methods for the Salmonella Mutagenicity Test, Mutation Res., 113, 173-215.

(3) Gatehouse, D., Haworth, S., Cebula, T., Gocke, E., Kier, L., Matsushima, T., Melcion, C., Nohmi, T., Venitt, S. and Zeiger, E. (1994), Recommendations for the Performance of Bacterial Mutation Assays, Mutation Res., 312, 217-233.

(4) Kier, L. D., Brusick, D. J., Auletta, A. E., Von Halle, E. S., Brown, M. M., Simmon, V. F., Dunkel, V., McCann, J., Mortelmans, K., Prival, M., Rao, T. K. and Ray V. (1986), The Salmonella typhimurium/Mammalian Microsomal Assay: A Report of the U.S. Environmental Protection Agency Gene-Tox Program, Mutation Res., 168, 69-240.

(5) Yahagi, T., Degawa, M., Seino, Y.Y., Matsushima, T., Nagao, M., Sugimura, T. and Hashimoto, Y. (1975), Mutagenicity of Carcinogen Azo Dyes and their Derivatives, Cancer Letters, 1, 91-96.

(6) Matsushima, M., Sugimura, T., Nagao, M., Yahagi, T., Shirai, A. and Sawamura, M. (1980), Factors Modulating Mutagenicity Microbial Tests, in: Short-term Test Systems for Detecting Carcinogens, ed. Norpoth K. H. and Garner, R. C., Springer, Berlin-Heidelberg-New York, 273-285.

(7) Gatehouse, D. G., Rowland, I. R., Wilcox, P., Callender, R. D. and Foster R. (1980), Bacterial Mutation Assays, in: Basic Mutagenicity Tests: UKEMS Part 1 Revised, ed. D. J. Kirkland, Cambridge University Press., 13-61.

(8) Aeschacher. H. U., Wolleb, U. and Porchet, L. (1987), Liquid Preincubation Mutagenicity Test for Foods, J. Food Safety, 8, 167-177.

(9) Green, M. H. L., Muriel, W. J. and Bridges, B. A. (1976), Use of a simplified fluctuation test to detect low levels of mutagens, Mutations Res., 38, 33-42.

(10) Hubbard, S. A., Green, M. H. L., Gatehouse, D. and Bridges, J. W. (1984), The Fluctuation Test in Bacteria, in: Handbook of Mutagenicity Test Procedures, 2nd Edition, ed. Kilbey, B. J., Legator, M., Nichols, W. and Ramel, C. Elsevier, Amsterdam-New York-Oxford, 141-161.

(11) Thompson, E. D. and Melampy, P. J. (1981), An Examination of the Quantitative Suspension Assay for Mutagenesis with Strains of Salmonella typhimurium, Environmental Mutagenesis, 3, 453-465.

(12) Araki, A., Noguchi, T., Kato, F. and Matsushima, T. (1994), Improved Method for Mutagenicity Testing of Gaseous Compounds by Using a Gas Sampling Bag, Mutation Res., 307, 335-344.

(13) Prival, M. J., Bell, S. J., Mitchell, V. D., Reipert, M. D. and Vaughan, V. L. (1984), Mutagenicity of Benzidine and Benzidine-Congener Dyes and Selected Monoazo Dyes in a Modified Salmonella Assay, Mutation Res., 136, 33-47.

(14) Zeiger, E., Anderson B. E., Haworth, S., Lawlor, T. and Mortelmans, K. (1992), Salmonella Mutagenicity Tests. V. Results from the Testing of 311 Chemicals, Environ. Mol. Mutagen., 19, 2-141.

(15) Simmon, V., Kauhanen K. and Tardiff, R. G. (1977), Mutagenic Activity of Chemicals Identified in Drinking Water, in Progress in Genetic Toxicology, D. Scott, B. Bridges and F. Sobels (eds.) Elsevier, Amsterdam, 249-258.

(16) Hughes, T. J., Simmons, D. M., Monteith, I. G. and Claxton, L. D. (1987), Vaporisation Technique to Measure Mutagenic Activity of Volatile Organic Chemicals in the Ames/Salmonella Assay, Environmental Mutagenesis, 9, 421-441.

(17) Matsushima, T., Matsumoto, A., Shirai, M., Sawamura, M. and Sugimura, T. (1979), Mutagenicity of the Naturally Occurring Carcinogen Cycasin and Synthetic Methylazoxy Methane Conjugates in Salomonella typhimurium, Cancer Res., 39, 3780-3782.

(18) Tamura, G., Gold, C, Ferro-Luzzi, A. and Arnes, B. N. (1980), Fecalase: A Model for Activation of Dietary Glycosides to Mutagens by Intestinal Flora, Proc. Natl. Acad. Sa. USA, 77, 4961-4965.

(19) Wilcox, P., Naidoo, A., Wedd, D. J. and Gatehouse, D. G. (1990), Comparison of Salmonella typhimurium TA 102 with Escherichia coli WP2 Tester strains, Mutagenesis, 5, 285-291.

(20) Matsushima, T., Sawamura, M., Hara, K. and Sugimura T. (1976), A Safe Substitute for Polychlorinated Biphenyls as an Inducer or Metabolic Activation Systems, in: In Vitro Metabolic Activation in Mutagenesis Testing, eds. F. J. de Serres et al. Elsevier, North Holland, 85-88.

(21) Elliot, B. M., Combes, R. D., Elcombe, C. R., Tatehouse, D. G., Gibson, G. G., Mackay, J. M. and Wolf, R. C. (1992), Alternatives to Aroclor 1254-induced S9 in in vitro Genotoxicity Assays, Mutagenesis, 7, 175-177.

(22) Maron, D., Katzenellenbogen, J. and Arnes, B. N. (1981), Compatibility of Organic Solvents with the Salmonella/Microsome Test, Mutation Res., 88, 343-350.

(23) Claxton, L. D., Allen J., Auletta, A., Mortelmans, K., Nestmann, E. and Zeiger, E. (1987), Guide for the Salmonella typhimurium/Mammalian Microsome Tests for Bacterial Mutagenicity, Mutation Res., 189, 83-91.

(24) Mahon, G. A. T., Green, M. H. L, Middleton, B., Mitchell, I., Robinson, W. D. and Tweats, D. J. (1989), Analysis of Data from Microbial Colony Assays, in: UKEMS Sub-Committee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Part II. Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, ed. Kirkland, D. J., Cambridge University Press, 28-65.

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B.17.   MUTAGENITÄT — IN-VITRO-GENMUTATIONSTEST AN SÄUGETIERZELLEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 476, In Vitro Mammalian Cell Gene Mutation Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen kann zum Nachweis von chemisch induzierten Genmutationen herangezogen werden. Zu den geeigneten Zelllinien gehören Maus-Lymphomazellen L5178Y, die Zelllinien CHO, CHO-AS52 und V79 des chinesischen Hamsters und menschliche Lymphoblastoidzellen TK6 (1). Mit diesen Zelllinien werden in den gebräuchlichsten Systemen Mutationen an den Loci für Thymidinkinase (TK) und Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HPRT) sowie für ein Transgen von Xanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (XPRT) nachgewiesen. Durch den TK-, HPRT- und XPRT-Mutationstest lassen sich unterschiedliche Spektren genetischer Ereignisse ermitteln. Die Autosomenlokation von TK und XPRT ermöglicht ggf. den Nachweis genetischer Ereignisse (z. B. großer Deletionen), die nicht am HPRT-Locus auf den X-Chromosomen feststellbar sind (2) (3) (4) (5) (6).

Beim In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen können Kulturen von etablierten Zelllinien oder Zellstämmen zum Einsatz kommen. Die verwendeten Zellen werden unter dem Gesichtspunkt der Wachstumsfähigkeit in Kultur und der Stabilität der Spontanmutationshäufigkeit ausgewählt.

In vitro durchgeführte Versuche erfordern in der Regel den Zusatz eines exogenen Fremdstoff-Metabolisierungssystems. Mit diesem System lassen sich aber die In-vivo-Bedingungen bei Säugetieren nicht gänzlich nachvollziehen. Es sind unbedingt Bedingungen zu vermeiden, bei denen positive Ergebnisse auftreten, die nicht die intrinsische Mutagenität widerspiegeln und möglicherweise aus Veränderungen des pH-Werts bzw. der Osmolalität oder hochgradiger Zytotoxizität herrühren (7).

Dieser Test dient zum Nachweis möglicher Mutagene und Karzinogene in Säugetierzellen. Viele chemische Verbindungen, bei denen der Test positiv ausfällt, haben eine karzinogene Wirkung auf Säugetiere, doch besteht keine absolute Korrelation zwischen Test und Karzinogenität. Die Korrelation ist von der chemischen Klasse abhängig, und es gibt zunehmende Anzeichen dafür, dass bestimmte Karzinogene durch diesen Test nicht nachweisbar sind, da ihre Wirkung anscheinend auf anderen, nicht gentoxischen Mechanismen oder in Bakterienzellen fehlenden Mechanismen beruht (6).

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Vorwärtsmutation: Genmutation vom Elterntyp zur mutierten Form, die eine Veränderung oder den Ausfall der Enzymaktivität der Funktion des kodierten Proteins bewirkt.

Basenpaaraustauschmutagene: Agenzien, die den Austausch eines oder mehrerer Basenpaare in der DNA verursachen.

Rasterschubmutagene: Agenzien, die die Addition oder Deletion von einem oder mehreren Basenpaaren im DNA-Molekül verursachen.

Expressionszeit des Phänotyps: Zeitraum, in dem aus neu mutierten Zellen unveränderte Genprodukte abgebaut werden.

Mutantenhäufigkeit: Verhältnis der Anzahl der mutierten Zellen zur Anzahl der lebensfähigen Zellen.

Relative Gesamtwachstumsrate: Anstieg der Zellpopulation im Zeitverlauf gegenüber einer Kontrollzellpopulation; ermittelt durch Multiplikation der Suspensionswachstumsrate im Verhältnis zur Negativkontrolle mit der Klonierungseffizienz im Verhältnis zur Negativkontrolle.

Relative Suspensionswachstumsrate: Anstieg der Zellpopulation während der Expressionszeit gegenüber der Negativkontrolle.

Lebensfähigkeit: Klonierungseffizienz der behandelten Zellen zum Zeitpunkt der Ausplattierung unter selektiven Bedingungen nach der Expressionszeit.

Überlebensrate: Klonierungseffizienz der behandelten Zellen beim Ausplattieren nach Ablauf der Behandlungszeit; die Überlebensrate wird gewöhnlich in Relation zur Überlebensrate der Kontrollzellpopulation angegeben.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Zellen, die infolge der Mutation TK+/- → TK-/- keine Thymidinkinase (TK) enthalten, sind gegenüber der zytotoxischen Wirkung des Pyrimidinanalogons Trifluorthymidin (TFT) resistent. Bei Anwesenheit von Thymidinkinase sind Zellen hingegen empfindlich gegenüber TFT, das die Hemmung des Zellstoffwechsels verursacht und eine weitere Zellteilung verhindert. So können die Mutantenzellen bei Anwesenheit von TFT proliferieren, während die normalen Zellen, die Thymidinkinase enthalten, nicht dazu in der Lage sind. In ähnlicher Weise werden HPRT- oder XPRT-defiziente Zellen durch Resistenz gegenüber 6-Thioguanin (TG) oder 8-Azaguanin (AG) selektiert. Die Eigenschaften der Prüfsubstanz sind sorgfältig zu beachten, wenn bei einem Genmutationstest an Säugetierzellen ein mit dem selektierenden Agens verwandtes Basenanalogon bzw. eine damit verwandte Verbindung geprüft wird. Beispielsweise sollte jedem Verdacht auf selektive Toxizität der Prüfsubstanz bei mutierenden und nichtmutierenden Zellen nachgegangen werden. Bei der Prüfung von Chemikalien, die strukturell mit dem selektierenden Agens verwandt sind, muss die Leistungsfähigkeit des Selektivsystems bzw. des selektierenden Agens bestätigt werden (8).

Zellen in Suspensions- oder Monoschichtkultur werden über einen angemessenen Zeitraum mit und ohne Metabolisierungssystem mit der Prüfsubstanz behandelt und subkultiviert, um die Zytotoxizität zu bestimmen und vor der Mutantenselektion die Expression des Phänotyps zu ermöglichen (9) (10) (11) (12) (13). Die Zytotoxizität wird gewöhnlich durch Bestimmung der relativen Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder des relativen Gesamtwachstums der Kulturen nach Ablauf der Behandlungszeit ermittelt. Die behandelten Kulturen werden für einen ausreichenden Zeitraum, der für den jeweils gewählten Locus und Zelltyp charakteristisch ist, in einem Wachstumsmedium gehalten, um eine annähernd optimale phänotypische Expression der induzierten Mutationen zu ermöglichen. Die Mutantenhäufigkeit wird bestimmt, indem man eine bekannte Anzahl von Zellen auf ein Medium mit dem selektierenden Agens zur Bestimmung der Mutantenzahl und auf ein Medium ohne selektierendes Agens zur Bestimmung der Klonierungseffizienz (Lebensfähigkeit) aufimpft. Nach einer geeigneten Inkubationszeit werden die Kolonien gezählt. Die Mutantenhäufigkeit wird aus der Anzahl der Mutantenkolonien im selektiven Medium und der Anzahl der Kolonien im nichtselektiven Medium berechnet.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Zellen

Für diesen Versuch steht eine Reihe von Zelltypen zur Verfügung. Dazu gehören Subklone von L5178Y, CHO-, CHO-AS52-, V79- oder TK6-Zellen. Die bei diesem Test verwendeten Zelltypen sollten nachweislich eine Empfindlichkeit für chemische Mutagene, eine hohe Klonierungseffizienz und eine geringe Spontanmutationshäufigkeit aufweisen. Die Zellen sind auf Mycoplasmaverunreinigung zu überprüfen und bei Verunreinigung nicht heranzuziehen.

Der Test sollte so angelegt werden, dass er ausreichende Sensitivität hat. Die Anzahl der Zellen, die verwendeten Kulturen und Konzentrationen der Prüfsubstanz sollten den vorgegebenen Parametern entsprechen (14). Die Mindestzahl der lebensfähigen Zellen, die die Behandlung überstehen und im jeweiligen Stadium der Prüfung verwendet werden, sollte auf der Spontanmutationshäufigkeit beruhen. Als allgemeine Faustregel gilt die Verwendung einer Anzahl von Zellen, die mindestens dem Zehnfachen des reziproken Wertes der Spontanmutationshäufigkeit entspricht. Es wird aber empfohlen, mindestens 106 Zellen zu verwenden. Es sollten angemessene historische Daten zum verwendeten Zellsystem vorhanden sein, um die durchgängige Aussagefähigkeit des Tests zu belegen.

1.4.1.2.   Kulturmedien und Inkubationsbedingungen

Zur Kultivierung sind geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen (Kulturgefäße, CO2-Konzentration, Temperatur und Feuchtigkeit) zu verwenden. Die Medien sind entsprechend dem beim Test verwendeten Selektivsystem und Zelltyp auszuwählen. Vor allem ist für Inkubationsbedingungen zu sorgen, die ein optimales Zellwachstum während der Expressionszeit und die Fähigkeit der mutierenden und nichtmutierenden Zellen zur Koloniebildung gewährleisten.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Kulturen

Die Zellen werden aus Stammkulturen gewonnen, auf das Kulturmedium aufgeimpft und bei 37 oC inkubiert. Vor der Verwendung bei diesem Test sind die Kulturen ggf. von bereits vorhandenen Mutantenzellen zu reinigen.

1.4.1.4.   Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Bakterien mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Metabolisierungssystems erfolgen. Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (15) (16) (17) (18) oder einem Gemisch aus Phenobarbiton und β-Naphtoflavon (19) (20) vorbehandelt wurde.

Im Endmedium wird die post-mitochondriale Fraktion in der Regel in Konzentrationen von 1 bis 10 % v/v verwendet. Wahl und Bedingungen des Metabolisierungssystems können von der geprüften chemischen Klasse abhängig sein. In bestimmten Fällen ist es ggf. zweckmäßig, mehr als eine Konzentration der postmitochondrialen Fraktion zu verwenden.

Eine Reihe von Entwicklungen, darunter die Herstellung gentechnisch veränderter Zelllinien zur Expression spezifischer Aktivierungsenzyme, eröffnen vielleicht die Möglichkeit für eine endogene Aktivierung. Die Wahl der verwendeten Zelllinien sollte wissenschaftlich begründet sein (z. B. durch die Relevanz des Isoenzyms Cytochrom P450 für den Stoffwechsel der Prüfsubstanz).

1.4.1.5.   Prüfsubstanz/Zubereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Zellbehandlung in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können den Versuchssystemen vor der Behandlung direkt beigegeben und/oder verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Die Lösungsmittel/Vehikel sollten nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen, und sie sollten mit dem Überleben der Zellen und der S9-Aktivität kompatibel sein. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Bei der Prüfung wasserinstabiler Substanzen sollten die verwendeten organischen Lösungsmittel frei von Wasser sein. Das Wasser lässt sich durch Zusatz eines Molekularsiebs entfernen.

1.4.2.2.   Expositionskonzentrationen

Zu den Kriterien, die bei der Bestimmung der höchsten Konzentration zu berücksichtigen sind, zählen die Zytotoxizität, die Löslichkeit im Versuchssystem und die Veränderungen des pH-Werts oder der Osmolalität.

Die Zytotoxizität sollte im Hauptversuch mit und ohne Stoffwechselaktivierung unter Verwendung eines geeigneten Indikators für Zellintegrität und -Wachstum wie relative Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder relatives Gesamtwachstum bestimmt werden. Es ist möglicherweise sinnvoll, die Zytotoxizität und Löslichkeit in einem Vorversuch zu bestimmen.

Es sind mindestens vier analysierbare Konzentrationen zu verwenden. Wenn Zytotoxizität auftritt, sollten diese Konzentrationen den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Im Normalfall bedeutet dies, dass sich die Konzentrationen maximal um einen Faktor zwischen 2 und 10 unterscheiden. Beruht die höchste Konzentration auf der Zytotoxizität, sollte sie eine relative Überlebensrate (relative Klonierungseffizienz) oder relative Gesamtwachstumsrate von ca. 10 bis 20 % (aber mindestens 10 %) ergeben. Bei relativ nichtzytotoxischen Substanzen sollte die maximale Prüfkonzentration 5 mg/ml, 5 μl/ml oder 0,01 M betragen, je nachdem, welcher Wert am niedrigsten ist.

Relativ unlösliche Substanzen sind unter Kulturbedingungen bis zur Löslichkeitsgrenze und darüber hinaus zu testen. Eine etwaige Unlöslichkeit ist im Endmedium zu bestimmen, dem die Zellen ausgesetzt werden. Möglicherweise ist es sinnvoll, die Löslichkeit zum Anfang und Abschluss der Behandlung zu bewerten, da sich die Löslichkeit im Versuchssystem während der Exposition aufgrund des Vorhandenseins von Zellen, S9, Serum usw. verändern kann. Die Unlöslichkeit ist mit dem bloßen Auge erkennbar. Die Ausfällung sollte die Bewertung nicht beeinträchtigen.

1.4.2.3.   Kontrollen

Für jeden Versuch sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel- oder Vehikel-)Kontrollen mit oder ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems anzulegen. Bei Stoffwechselaktivierung sollte die Positivkontrollsubstanz jene Substanz sein, die zur mutagenen Reaktion eine Aktivierung benötigt.

Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:



StoffwechselaktivierungsstatusOrtSubstanzCAS-NummerEINECS-Nummer
Ohne exogene StoffwechselaktivierungHPRTEthylmethansulfonat62-50-0200-536-7
Ethylnitrosoharnstoff759-73-9212-072-2
TK (kleine und große Kolonien)Methylmethansulfonat66-27-3200-625-0
XPRTEthylmethansulfonat62-50-0200-536-7
Ethylnitrosoharnstoff759-73-9212-072-2
Mit exogener StoffwechselaktivierungHPRT3-Methylcholanthren56-49-5200-276-4
N-Nitrosodimethylamin62-75-9200-549-8
7,12-Dimethylbenzanthracen57-97-6200-359-5
TK (kleine und große Kolonien)Cyclophosphamid50-18-0200-015-4
Cyclophosphamidmonohydrat6055-19-2
Benzo[a]pyren50-32-8200-028-5
3-Methylcholanthren56-49-5200-276-5
XPRTN-Nitrosodimethylamin (für hohe Konzentrationen von S9)62-75-9200-549-8
Benzo[a]pyren50-32-8200-028-5

Es kommen auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen in Betracht. Wenn z. B. ein Labor über historische Datenbestände zu 5-Bromo 2’-deoxyuridin (CAS-Nummer 59-14-3, EINECS-Nummer 200-415-9) verfügt, könnte auch diese Bezugssubstanz zum Einsatz kommen. Gegebenenfalls sollten Positivkontrollen herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehören wie der Prüfstoff.

Es sind Negativkontrollen zu verwenden, bei denen das Behandlungsmedium lediglich Lösungsmittel oder Vehikel enthält und die auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen behandelt werden. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrollen verwendet werden, wenn nicht historische Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.4.3.   Verfahren

1.4.3.1.   Behandlung mit der Prüfsubstanz

Proliferierende Zellen werden mit und ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Exposition sollte über einen geeigneten Zeitraum (gewöhnlich 3 bis 6 Stunden) erfolgen. Die Expositionszeit kann sich über einen oder mehrere Zellzyklen erstrecken.

Es sollten für jede überprüfte Konzentration behandelte Zweifach- oder Einfachkulturen herangezogen werden. Bei Einfachkulturen ist die Anzahl der Konzentrationen zu erhöhen, damit eine ausreichende Anzahl von Kulturen zur Analyse vorliegt (d. h. mindestens 8 analysierfähige Konzentrationen). Es sind zweifache Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrollkulturen zu verwenden.

Gasförmige oder flüchtige Substanzen sind mit Hilfe geeigneter Methoden zu prüfen, z. B. in hermetisch verschlossenen Kulturgefäßen (21) (22).

1.4.3.2.   Bestimmung der Überlebensrate, der Lebensfähigkeit und der Mutantenhäufigkeit

Am Ende der Expositionszeit werden die Zellen gewaschen und kultiviert, um die Überlebensrate zu bestimmen und die Expression des Mutantenphänotyps zu ermöglichen. Die Bestimmung der Zytotoxizität durch Ermittlung der relativen Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder des relativen Gesamtwachstums der Kulturen erfolgt in der Regel nach Ablauf der Behandlungszeit.

Jeder Locus hat eine bestimmte Mindestzeit, um eine annähernd optimale phänotypische Expression der neu induzierten Mutanten zu ermöglichen (HPRT und XPRT benötigen mindestens 6 bis 8 Tage, TK mindestens 2 Tage). Die Zellen werden in Medien mit und ohne selektierende Agenzien kultiviert, um die Mutantenzahl bzw. die Klonierungseffizienz zu bestimmen. Die Bestimmung der Lebensfähigkeit (zur Berechnung der Mutantenhäufigkeit) erfolgt nach dem Ablauf der Expressionszeit durch Ausplattieren in einem nicht selektierenden Medium.

Wenn die Prüfsubstanz im L5178Y-TK+/--Test einen positiven Befund ergibt, sollte zumindest bei einer der Prüfkulturen (der höchsten positiven Konzentration) und bei den Negativ- und Positivkontrollen eine Größeneinteilung der Kolonien erfolgen. Ergibt die Prüfsubstanz beim L5178Y-TK+/--Test einen negativen Befund, so ist eine Koloniegrößeneinstufung bei den Negativ- und Positivkontrollen durchzuführen. Eine Koloniegrößeneinstufung ist ggf. auch bei Studien mit TK6TK+/- vorzunehmen.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Anzugeben sind die Zytotoxizität, die Lebensfähigkeit, die Koloniezahlen und die Mutantenhäufigkeit für die Prüf- sowie Kontrollkulturen. Ergibt der L5178/Y-TK+/--Test einen positiven Befund, werden die Kolonien bei mindestens einer Konzentration der Prüfsubstanz (der höchsten positiven Konzentration) sowie bei den Negativ- und Positivkontrollen nach dem Kriterium kleine oder große Kolonie ausgewertet. Die molekulare und zellgenetische Beschaffenheit von Mutanten mit Bildung großer und Mutanten mit Bildung kleiner Kolonien ist gründlich erforscht (23) (24). Beim TK+/--Test werden die Kolonien nach dem Kriterium normal wachsende (große) oder langsam wachsende (kleine) Kolonie eingestuft (25). Mutantenzellen mit einer erheblichen genetischen Schädigung weisen eine längere Generationszeit auf und bilden daher kleine Kolonien. Die Schädigung kann vom Verlust eines kompletten Gens bis zu karyotypisch erkennbaren Chromosomenaberrationen reichen. Mutanten mit der Bildung kleiner Kolonien treten vor allem bei Chemikalien auf, die starke Chromosomenaberrationen hervorrufen (26). Weniger stark betroffene Mutantenzellen wachsen in ähnlichem Tempo wie die Elternzellen und bilden große Kolonien.

Es ist die Überlebensrate (relative Klonierungseffizienz) oder das relative Gesamtwachstum anzugeben. Unter der Mutantenhäufigkeit ist der zahlenmäßige Anteil der Mutantenzellen an den überlebenden Zellen zu verstehen.

Es sind die Daten für die einzelnen Kulturen zu dokumentieren. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden.

Bei einer eindeutigen positiven Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich. Nicht eindeutige Ergebnisse sind durch weitere Prüfungen abzuklären, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen. Negative Ergebnisse sind durch Einzelfallprüfung zu bestätigen. In jenen Fällen, in denen eine Bestätigung negativer Ergebnisse nicht für notwendig erachtet wird, ist dies zu begründen. Bei Folgeversuchen sollte die Abänderung der Studienparameter zur Erweiterung des Umfangs der bewerteten Bedingungen in Betracht gezogen werden. Zu den Studienparametern, die für eine Abänderung in Frage kommen, gehören die Abstände der Konzentrationen und der Stoffwechselaktivierungsstatus.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine konzentrationsbezogene Zunahme und/oder eine reproduzierbare Zunahme der Mutationsrate. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen. Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem System als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Ergebnisse aus dem In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz in den verwendeten kultivierten Säugetierzellen Genmutationen hervorruft. Eine reproduzierbare positive Relation zwischen Konzentration und Wirkung ist sehr bedeutsam. Negative Ergebnisse sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen in den verwendeten kultivierten Säugetierzellen keine Genmutation auslöst.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels/Lösungsmittels;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

Zellen:

Typ und Herkunft der Zellen;
Anzahl der Zellkulturen;
ggf. Passagenanzahl;
ggf. zum Erhalt der Zellkultur verwendete Verfahren;
Nichtvorhandensein von Mycoplasma.

Prüfbedingungen:

Begründung für die Auswahl der Konzentrationen und die Anzahl der Kulturen, darunter z. B. Angaben zur Zytotoxizität und Löslichkeitsgrenze, falls vorhanden;
Medienzusammensetzung, CO2-Konzentration;
Konzentration der Prüfsubstanz;
Volumen des Vehikels und der beigegebenen Prüfsubstanz;
Inkubationstemperatur;
Inkubationszeit;
Behandlungsdauer;
Zelldichte während der Behandlung;
Art und Zusammensetzung des Stoffwechselaktivierungssystems einschließlich Eignungskriterien;
Positiv- und Negativkontrollen;
Dauer der Expressionszeit (ggf. einschließlich Anzahl der überimpften Zellen, Subkulturen und Medienwechsel);
selektierende Agenzien;
Kriterien zur Einstufung der Tests als positiv, negativ oder nicht eindeutig;
Methoden zur Zählung der lebensfähigen und mutierten Zellen;
Angaben zur Berücksichtigung der Kolonien nach Größe und Typ (ggf. einschließlich Kriterien für, kleine' und, große' Kolonien).

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;
Ausfällungszeichen;
Angaben zum pH-Wert und zur Osmolalität des Behandlungsmediums, falls ermittelt;
Koloniegröße, falls bewertet, zumindest für Negativ- und Positivkontrollen;
ggf. Voraussetzungen des Labors zur Bestimmung von Mutanten mit geringer Koloniebildung durch das L5178Y-TK+/--System;
nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;
ggf. statistische Analysen;
Daten zu gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen;
Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;
Mutantenhäufigkeit.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Moore, M.M., DeMarini, D. M., DeSerres, F. J. and Tindall, K. R. (eds.) (1987), Banbury Report 28: Mammalian Cell Mutagenesis, Cold Spring Harbor Laboratory, New York.

(2) Chu, E. H. Y. and Malling, H. V. (1968), Mammalian Cell Genetics. II. Chemical Induction of Specific Locus Mutations in Chinese Hamster Cells In Vitro, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 61, 1306-1312.

(3) Liber, H. L. and Thilly, W. G. (1982), Mutation Assay at the Thymidine Kinase Locus in Diploid Human Lymphoblasts, Mutation Res., 94, 467-485.

(4) Moore, M. M., Harington-Brock, K, Doerr, C. L. and Dearfield, K. L. (1989), Differential Mutant Quantitation at the Mouse Lymphoma TK and CHO HGPRT Loci, Mutagenesis, 4, 394-403.

(5) Aaron, C. S. and Stankowski, Jr. L. F. (1989), Comparison of the AS52/XPRT and the CHO/HPRT Assays: Evaluation of Six Drug Candidates, Mutation Res., 223, 121-128.

(6) Aaron, C. S., Bolcsfoldi, G., Glatt, H. R., Moore, M., Nishi, Y., Stankowski, Jr. L. F., Theiss, J. and Thompson, E. (1994), Mammalian Cell Gene Mutation Assays Working Group Report. Report of the International Workshop on Standardisation of Genotoxicity Test Procedures. Mutation Res., 312, 235-239.

(7) Scott, D., Galloway, S. M., Marshall, R. R., Ishidate, M., Brusick. D., Ashby, J. and Myhr, B. C. (1991), Genotoxicity Under Extreme Culture Conditions. A report from ICPEMC Task Group 9, Mutation Res., 257, 147-204.

(8) Clive, D., McCuen, R., Spector, J. F. S., Piper, C. and Mavournin, K. H. (198 3), Specific Gene Mutations in L5178Y Cells in Culture. A Report of the U. S. Environmental Protection Agency Gene-Tox Program, Mutation Res., 115, 225-251.

(9) Li, A. P., Gupta, R. S., Heflich, R. H. and Wasson, J. S. (1988), A Review and Analysis of the Chinese Hamster Ovary/Hypoxanthine Guanine Phosphoribosyl Transferase System to Determine the Mutagenicity of Chemical Agents: A Report of Phase III of the U. S. Environment Protection Agency Gene-Tox Program, Mutation Res., 196, 17-36.

(10) Li, A. P., Carver, J. H., Choy, W. N., Hsie, A. W., Gupta, R. S., Loveday, K. S., O'Neill, J. R, Riddle, J. C, Stankowski, L. F. Jr. and Yang, L. L. (1987), A Guide for the Performance of the Chinese Hamster Ovary Cell/Hypoxanthine-Cuanine Phosphoribosyl Transferase Gene Mutation Assay, Mutation Res., 189, 135-141.

(11) Liber, H. L, Yandell, D. W. and Little, J. B. (1989), A Comparison of Mutation Induction at the TSC and HPRT Loci in Human Lymphoblastoid Cells: Quantitative Differences are Due to an Additional Class of Mutations at the Autosomal TK Locus, Mutation Res., 216, 9-17.

(12) Stankowski, L. F. Jr., Tindall, K. R. and Hsie, A. W. (1986), Quantitative and Molecular Analyses of Ethyl Methanosulphonate — and ICR 191-Induced Molecular Analyses of Ethyl Methanosulphonate — and JCR 191-lnduced Mutation in AS52 Cells, Mutation Res., 160, 133-147.

(13) Turner, N. T., Batson, A. G. and Clive, D. (1984), Procedures for the L5178Y/TK+/- — TK+/- Mouse Lymphoma Cell Mutagenicity Assay, in: Kilbey, B. J. et al (eds.) Handbook of Mutagenicity Test Procedures, Elsevier Science Publishers, New York, 239-268.

(14) Arlett, C. F., Smith, D. M., Clarke, G. M., Green, M. H. L., Cole, J., McGregor, D. B. and Asquith, J. C. (1989), Mammalian Cell Gene Mutation Assays Based upon Colony Formation, in: Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, Kirkland D. J., ed., Cambridge University Press, 66-101.

(15) Abbondandolo, A., Bonatti, S., Corti, G., Fiorio, R., Loprieno, N. and Mazzaccaro, A. (1977), Induction of 6-Thioguanine-Resistant Mutants in V79 Chinese Hamster Cells by Mouse-Liver Microsome-Activated Dimethylnitrosamine, Mutation Res., 46, 365-373.

(16) Arnes, B. N., McCann, J. and Yamasaki, E. (1975), Methods for Detecting Carcinogens and Mutagens with the Salmonella/Mammalian-Microsome Mutagenicity Test, Mutation Res., 31, 347-364.

(17) Clive, D., Johnson, K. O., Spector, J. F. S., Batson, A. G. and Brown M. M. M. (1979), Validation and Characterisation of the L5178Y/TK+/- Mouse Lymphoma Mutagen Assay System, Mutat. Res., 59, 61-108.

(18) Maron, D. M. and Arnes, B. N. (1983), Revised Methods for the Salmonella Mutagenicity Test, Mutation Res., 113, 173-215.

(19) Elliott, B. M., Combes, R. D., Elcome, C. R., Gatehouse, D. G., Gibson, G. G., Mackay, J. M. and Wolf, R. C. (1992), Alternatives to Aroclor 1254-Induced S9 in In Vitro Genotoxicity Assays, Mutagenesis, 7, 175-177.

(20) Matsushima, T., Sawamura, M., Hara, K. and Sugimura, T. (1976), A Safe Substitute for Polychlorinated Biphenyls as an Inducer of Metabolic Activation Systems, in In Vitro Metabolic Activation in Mutagenesis Testing, de Serres, F. J., Fouts, J. R., Bend, J. R. and Philpot. R. M. (eds.) Elsevier, North-Holland, 85-88.

(21) Krahn, D. F., Barsky, F. C. and McCooey, K. T. (1982), CHO/HGPRT Mutation Assay: Evaluation of Gases and Volatile Liquids, In: Tice, R. R., Costa, D. L., Schaich, K. M. (eds.), Genotoxic Effects of Airborne Agents. New York, Plenum, 91-103.

(22) Zamora, P. O., Benson, J. M., Li, A. P. and Brooks, A. L. (1983), Evaluation of an Exposure System Using Cells Grown on Collagen Gels for Detecting Highly Volatile Mutagens in the CHO/HGPRT Mutation Assay, Environmental Mutagenesis, 5, 795-801.

(23) Applegate, M. L., Moore, M. M., Broder, C. B., Burrell, A. and Hozier, J. C. (1990), Molecular Dissection of Mutations at the Heterozygous Thymidine Kinase Locus in Mouse Lymphoma Cells, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 87. 51-55.

(24) Moore, M. M., Clive, D., Hozier, J. C., Howard, B. E., Batson, A. G., Turner, N. T. and Sawyer, J. (1985), Analysis of Trifluorothymidine-Resistant (TFT) and Mutants of L5178Y/TK Mouse Lymphoma Cells, Mutation Res., 151, 161-174.

(25) Yandell, D. W., Dryja, T. P. and Little, J. B. (1990), Molecular Genetic Analysis of Recessive Mutations at a Heterozygous Autosomal Locus in Human Cells, Mutation Res., 229, 89-102.

(26) Moore, M. M. and Doerr, C. L. (1990), Comparison of Chromosome Aberration Frequency and Small Colony TK-Deficient Mutant Frequency in L5178Y/TK — 3.7.2C Mouse Lymphoma Cells, Mutagenesis 5, 609-614.

 —————

B.21.   IN-VITRO-ZELLTRANSFORMATIONSTEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

KEINE.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mit Säugetierzell-Kultursystemen können durch chemische Substanzen induzierte phänotypische Veränderungen in vitro ermittelt werden, die mit malignen Transformationen in vivo in Zusammenhang gebracht werden. Häufig verwendete Zellen sind: C3H10T 1/2, 3T3, SHE, Fisher-Ratten-Zellen. Die Tests beruhen auf Veränderungen der Zellmorphologie, Fokusbildung oder der Eigenschaft, im Weichagar wachsen zu können. Mit einigen weniger häufig verwendeten Systemen lassen sich andere physiologische oder morphologische Veränderungen der Zellen nach Exposition gegenüber karzinogenen Substanzen feststellen. Für keinen der In-vitro-Test-Endpunkte wurde eine kausale Beziehung zu Krebs nachgewiesen. Mit einigen der Testsysteme lassen sich Tumorpromotoren ermitteln. Die Zytotoxizität kann festgestellt werden anhand der Auswirkung der Prüfsubstanz auf das Koloniebildungsvermögen (Klonierungseffizienz) oder die Wachstumsraten der Kulturen. Durch Ermittlung der Zytotoxizität kann man feststellen, ob die Exposition gegenüber der Prüfsubstanz toxikologisch relevant war, man kann damit jedoch nicht in allen Versuchen die Transformationshäufigkeit berechnen, da bei einigen längere Inkubationszeiten und/oder Neuplattierungen erforderlich sind.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Zellen

Je nach verwendetem Transformationstest stehen verschiedene Zelllinien oder primäre Zellen zur Verfügung. Der Untersucher muss sicherstellen, dass die Zellen in dem durchzuführenden Versuch nach der Exposition gegenüber bekannten Karzinogenen die entsprechenden phänotypischen Veränderungen aufweisen und dass Validität und Zuverlässigkeit des Tests in seinem Labor nachgewiesen und dokumentiert wurden.

Medien

Die Medien und Versuchsbedingungen müssen für den durchzuführenden Transformationsversuch geeignet sein.

Prüfsubstanz

Die Prüfsubstanzen können in einem Kulturmedium oder in geeigneten Vehikeln gelöst oder suspendiert werden, bevor die Behandlung der Zellen beginnt. Die Endkonzentration des Lösungsmittels im Kultursystem darf weder die Überlebensrate noch die Wachstumsrate der Zellen oder die Transformationsinzidenz beeinflussen.

Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Zellen mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines exogenen Säugetier-Metabolierungssystems erfolgen. Werden Zelltypen mit endogener Stoffwechselaktivität verwendet, sollte bekannt sein, dass diese Zellen Substanzen der entsprechenden chemischen Klasse zu metabolisieren vermögen.

Versuchsbedingungen

Verwendung von Positiv- und Negativkontrollen

Jeder Versuch sollte Positivkontrollen umfassen unter Verwendung sowohl einer direkt wirkenden Substanz als auch einer Substanz, bei der eine Stoffwechselaktivierung erforderlich ist. Auch eine Negativ-(Vehikel-)Kontrolle sollte angelegt werden.

Folgende Substanzen können beispielsweise als Positivkontrollen dienen:

Direkt wirksame Verbindungen:

 

— Ethylmethansulfonat,

— β-Propiolacton,

Verbindungen, bei denen eine Stoffwechselaktivierung erforderlich ist:

 

— 2-Acetylaminofluoren,

— 4-(Dimethylamino)-azobenzol,

— 7,12-Dimethylbenzanthracen.

Gegebenenfalls ist eine weitere Positivkontrolle erforderlich, die der gleichen chemischen Klasse angehört, wie die zu untersuchende Substanz.

Konzentrationen

Es sind mehrere Konzentrationen der Prüfsubstanz zu verwenden. Diese Konzentrationen sollten eine konzentrationsabhängige toxische Wirkung ausüben, wobei die höchste Konzentration eine geringe Überlebensrate ergibt und die Überlebensrate in der niedrigsten Konzentration etwa der in der negativen Kontrolle entspricht. Relativ wasserunlösliche Substanzen sind mit geeigneten Verfahren bis zur Löslichkeitsgrenze zu testen. Bei voll wasserlöslichen, nichttoxischen Substanzen ist die höchste Prüfkonzentration von Fall zu Fall festzulegen.

Versuchsdurchführung

Die Zellen sind je nach verwendetem Testsystem während einer angemessenen Zeitdauer zu exponieren; bei längerer Exposition kann deshalb eine Neudosierung mit Erneuerung des Mediums (und ggf. des Stoffwechselaktivierungsgemischs) erforderlich werden. Die Behandlung der Zellen ohne ausreichende eigene Stoffwechselaktivität mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Stoffwechselaktivierungssystems erfolgen. Nach Ende der Behandlungszeit wird die Prüfsubstanz durch Waschen von den Zellen entfernt. Dann werden die Zellen unter Bedingungen kultiviert, die es ermöglichen, den veränderten Phänotyp zu erfassen. Anschließend wird die Transformationsinzidenz ermittelt. Alle Ergebnisse sind in einem unabhängigen Versuch zu bestätigen.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form darzustellen. Je nach Versuch sind zum Beispiel Anzahl der Platten, Platten mit Transformation oder Anzahl der transformierten Zellen anzugeben. Gegebenenfalls ist die Überlebensrate als Prozentsatz der Überlebensrate in den Kontrollkulturen und die Transformationshäufigkeit als Anzahl der transformierten Zellen pro Anzahl der überlebenden Zellen auszudrücken. Die Daten sind unter Verwendung geeigneter statistischer Verfahren abzusichern.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendeter Zelltyp, Anzahl der Zellenkulturen, Zellkulturbedingungen;
Versuchsbedingungen, Konzentration der Prüfsubstanz, verwendetes Lösungsmittel, Inkubationstemperatur, Inkubationsdauer, Behandlungsdauer und -häufigkeit, Zelldichte während der Behandlung, Art des verwendeten exogenen Stoffwechselaktivierungs-Systems, Positiv- und Negativkontrollen, genaue Beschreibung des zu erfassenden Phänotyps, ggf. verwendetes Selektivsystem, Begründung für die Wahl der Konzentrationen;
das zur Zählung der lebenden und transformierten Zellen verwendete Verfahren;
statistische Auswertung;
Diskussion der Ergebnisse;
Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.22.   SÄUGER-IN-VIVO-DOMINANT-LETAL-TEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Dominante Letaleffekte bewirken den Tod des Embryos bzw. des Fötus. Die Induktion dominanter Letalgene durch Behandlung mit einer chemischen Substanz weist darauf hin, dass die Substanz das Keimgewebe der Tierart geschädigt hat. Man geht allgemein davon aus, dass dominante Letalgene auf Chromosomenschäden (strukturelle und numerische Anomalien) zurückgehen. Das Absterben des Embryos in behandelten Weibchen kann auch durch toxische Effekte bedingt sein.

Im Allgemeinen werden die männlichen Tiere mit der Prüfsubstanz behandelt und dann mit unbehandelten jungfräulichen Weibchen gepaart. Die verschiedenen Keimzellstadien können durch Verwendung aufeinander folgender Paarungsintervalle getrennt getestet werden. Die Differenz zwischen der Anzahl der toten Implantate pro Weibchen in der behandelten Gruppe und der Anzahl toter Implantate pro Weibchen in der Kontrollgruppe entspricht dem Postimplantationsverlust. Der Präimplantationsverlust kann abgeschätzt werden auf der Grundlage der Corpora lutea oder durch den Vergleich der Gesamtimplantate pro Weibchen in der behandelten und der Kontrollgruppe. Der gesamte dominante Letaleffekt entspricht der Summe der Prä- und Postimplantationsverluste. Die Berechnung des gesamten dominanten Letaleffekts beruht auf einem Vergleich der Zahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Versuchsgruppe mit der Zahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Kontrollgruppe. Eine Verringerung der Implantatenanzahl in bestimmten Paarungsgruppen kann darauf zurückzuführen sein, dass Zellen (z. B. Spermatozyten und/oder Spermatogonien) abgetötet wurden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanzen sind möglichst in isotonischer Kochsalzlösung zu lösen oder zu suspendieren. Wasserunlösliche Substanzen können in geeigneten Vehikeln gelöst öder suspendiert werden. Das verwendete Vehikel darf weder die Wirkung der Prüfsubstanz beeinträchtigen noch eine toxische Wirkung ausüben. Es sind frische Lösungs- oder Suspensionsansätze zu verwenden.

Versuchsbedingungen

Verabreichungsweg

Die Prüfsubstanz sollte im Allgemeinen nur einmal verabreicht werden. Wenn toxikologische Gründe dafür sprechen, ist eine wiederholte Behandlung möglich. Die üblichen Verabreichungswege sind per os oder intraperitoneal. Auch andere Verabreichungswege können geeignet sein.

Versuchstiere

Als Versuchstiere werden Ratten oder Mäuse empfohlen. Gesunde, voll geschlechtsreife Tiere werden randomisiert und Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeordnet.

Anzahl und Geschlecht

Man sollte eine ausreichende Anzahl behandelter Männchen verwenden, um der spontanen Variation des auszuwertenden biologischen Merkmals Rechnung zu tragen. Die Entscheidung über die Anzahl sollte auf der vorher festgelegten Erkennungsgenauigkeit und gewünschten Signifikanz-Schranke beruhen. So sollte in einem typischen Versuch die Anzahl der Männchen in jeder Dosierungsgruppe ausreichen, um 30 bis 50 trächtige Weibchen pro Paarungsintervall zu erzielen.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Normalerweise sind für jeden Versuch gleichzeitige Positiv- und Negativkontrollen erforderlich. Stehen Ergebnisse von positiven Kontrollen zur Verfügung, die in letzter Zeit im selben Labor erhoben wurden, so können anstelle einer gleichzeitigen Positivkontrolle diese Ergebnisse verwendet werden. Bekannte Mutagene sind als Positivkontrollen mit einer angemessenen niedrigeren Dosierung (z. B. MMS, i. p., mit 10 mg/kg) zum Nachweis der Testempfindlichkeit zu verwenden.

Dosierung

Normalerweise sind drei verschiedene Dosierungen zu verwenden. Die hohe Dosierung sollte Toxizitätsanzeichen oder verringerte Fruchtbarkeit bei den behandelten Tieren hervorrufen. In bestimmten Fällen kann eine einmalige hohe Dosierung ausreichen.

Limit-Test

Nichttoxische Substanzen sind mit 5 g/kg bei einmaliger Verabreichung oder mit 1 g/kg pro Tag bei mehrmaliger Verabreichung zu testen.

Versuchsdurchführung

Man kann nach verschiedenen Behandlungsplänen vorgehen. Am weitesten verbreitet ist die einmalige Verabreichung der Prüfsubstanz, doch kann man auch andere Behandlungspläne anwenden.

Einzelne Männchen werden in angemessenen Abständen der Behandlung mit einem oder zwei unbehandelten virginellen Weibchen verpaart. Die Weibchen und Männchen sollten mindestens während der Dauer eines Östruszyklus zusammenbleiben oder so lange, bis die Paarung stattgefunden hat. Eine erfolgte Paarung wird durch Anwesenheit von Sperma in der Vagina oder anhand eines Vaginalpfropfes festgestellt.

Die Anzahl der Paarungen nach der Behandlung richtet sich nach dem Behandlungsplan; sie muss ausreichen, um alle Keimzellenstadien nach der Behandlung zu erfassen.

Die Weibchen werden in der zweiten Hälfte der Trächtigkeit getötet. Der Uterusinhalt wird zur Bestimmung der Anzahl toter und lebender Implantate untersucht. Eine Untersuchung der Ovarien zur Bestimmung der Anzahl der Corpora lutea ist möglich.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe der Anzahl der Männchen, der Anzahl der trächtigen Weibchen und der Anzahl nicht trächtiger Weibchen darzustellen. Die Ergebnisse jeder Paarung einschließlich der Identität jedes Männchens und Weibchens sind einzeln durchzuführen. Für jedes Weibchen ist die Paarungswoche, die den Männchen verabreichte Dosis und die Häufigkeit der lebenden und der toten Implantate anzugeben.

Die Berechnung des gesamten dominanten Letaleffekts beruht auf einem Vergleich der Anzahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Versuchsgruppe mit der Anzahl der lebenden Implantate pro Weibchen in der Kontrollgruppe. Eine Analyse des Verhältnisses von toten und lebenden Implantaten aus der behandelten Gruppe verglichen mit dem gleichen Verhältnis aus der Kontrollgruppe ergibt den Postimplantationsverlust.

Werden frühes oder spätes Absterben gesondert erfasst, muss dies aus den Tabellen hervorgehen. Wird der Präimplantationsverlust berechnet, ist er anzugeben. Der Präimplantationsverlust kann als Differenz zwischen der Anzahl der Corpora lutea und der Anzahl der Implantate oder als Verringerung der Durchschnittsanzahl der Implantate pro Uterus gegenüber den Kontrollpaarungen berechnet werden.

Die Auswertung der Daten erfolgt mit geeigneten statistischen Verfahren.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Art, Stamm, Alter und Gewicht der verwendeten Tiere, Anzahl der Männchen und Weibchen in Versuchs- und Kontrollgruppen;
Prüfsubstanz, Lösungsmittel, getestete Dosierungen und Begründung für die Wahl der Dosierung, Negativ- und Positivkontrollen, Toxizitätsdaten;
Behandlungsart und -dauer;
Paarungsplan;
Verfahren zur Feststellung, ob die Paarung erfolgt ist;
Zeitpunkt der Tötung;
Kriterien für die Erfassung der dominanten Letaleffekte;
ggf. Dosis-Wirkungs-Beziehung;
statistische Auswertung;
Diskussion der Ergebnisse;
Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.23.   SPERMATOGONIEN-CHROMOSOMENABERRATIONSTEST BEI SÄUGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 483, Mammalian Spermatogonial Chromosome Aberration Test (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vivo-Spermatogenientest auf Chromosomenaberrationen bei Säugetieren dient zum Nachweis von Agenzien, die bei Säugetieren strukturelle Chromosomenaberrationen in den Spermatogonien auslösen (1) (2) (3) (4) (5). Dabei ist zwischen strukturellen Chromosomentyp- und Chromatidentypaberrationen zu unterscheiden. Bei der Mehrzahl der chemischen Mutagene sind die Aberrationen dem Chromatidentyp zuzuordnen, doch kommen auch Chromosomentypaberrationen vor. Allerdings ist diese Methode nicht zur Messung numerischer Aberrationen bestimmt und wird folglich auch nicht routinemäßig dafür eingesetzt. Chromosomenmutationen und ähnliche Vorgänge sind die Ursache für zahlreiche humangenetische Erkrankungen.

Mit diesem Test werden Chromosomenveränderungen in Spermatogonien ermittelt, so dass Prognosen zur Auslösung vererbbarer Mutationen in Keimzellen möglich sind.

Bei dieser Prüfung werden routinemäßig Nagetiere eingesetzt. Mit diesem zytogenetischen In-vivo-Test werden Chromosomenaberrationen in Mitosen von Spermatogonien ermittelt. Andere Zielzellen sind nicht Gegenstand dieser Methode.

Zum Nachweis von Chromatidentypaberrationen in Spermatogonien ist die erste mitotische Zellteilung nach der Behandlung zu untersuchen, bevor diese Läsionen bei anschließenden Zellteilungen verloren gehen. Die meiotische Chromosomenanalyse der Spermatozyten in der Diakinese-Metaphase I auf Chromosomenaberrationen nach Behandlung der Spermatogoniestammzellen kann weitere nützliche Informationen liefern.

Mit dem In-vivo-Test soll ermittelt werden, ob Mutagene für somatische Zellen auch in Keimzellen aktiv sind. Darüber hinaus ist der Keimzellentest für die Bewertung des mutagenen Risikos von Relevanz, da er die Berücksichtigung von Faktoren des in-vivo-Stoffwechsels, der Pharmakokinetik und der DNA-Reparaturprozesse ermöglicht.

In den Hoden finden sich mehrere Generationen von Spermatogonien mit einem Spektrum der Empfindlichkeit gegenüber chemischer Behandlung. Die festgestellten Aberrationen stellen also eine Gesamtreaktion der behandelten Spermatogoniepopulationen dar, wobei die zahlreicheren differenzierten Spermatogonien dominieren. Je nach ihrer Position im Hoden sind einzelne Generationen von Spermatogonien dem allgemeinen Kreislauf ausgesetzt oder nicht, und zwar wegen der physischen und physiologischen Sertoli-Zellen-Schranke und der Blut-Hoden-Schranke.

Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfsubstanz oder ein reaktiver Metabolit das Zielgewebe nicht erreicht, ist dieser Test nicht geeignet.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Chromatidentypaberration: strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch einzelner Chromatiden oder Bruch und Reunion von Chromatiden.

Chromosomentypaberration: strukturelle Chromosomenanomalie, gekennzeichnet durch Bruch oder Bruch und Reunion beider Chromatiden an gleicher Position.

Lücke: achromatische Läsion von geringerer Breite als eine Chromatide und mit minimaler Verlagerung der Chromatiden.

Numerische Aberration: Abweichung der Chromosomenzahl vom Normalwert, der für die verwendeten Tiere charakteristisch ist.

Polyploidie: Vorhandensein von mehr als zwei haploiden Chromosomensätzen (n) (z. B. 3n, 4n usw.).

Strukturelle Aberration: Veränderung der Chromosomenstruktur, nachweisbar durch mikroskopische Untersuchung des Metaphase-Stadiums der Zellteilung, äußert sich in Form von Deletionen, intrachromosalen oder reziproken Translokationen.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz mittels einer geeigneten Expositionsform verabreicht und werden zu einem geeigneten Zeitpunkt nach der Behandlung getötet. Vor der Tötung werden die Tiere mit einem Spindelgift (z. B. Colchicin oder Colcemid®) behandelt. Aus den Keimzellen werden dann Chromosomen präpariert und gefärbt, und die Metaphasezellen werden auf Chromosomenaberrationen untersucht.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Versuchstiere

Gewöhnlich werden männliche chinesische Hamster und Mäuse verwendet, doch kommen auch männliche Tiere anderer geeigneter Säugetierarten in Frage. Es sollten junge gesunde und geschlechtsreife Tiere üblicher Labortierstämme zum Einsatz kommen. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung des Körpergewichts der Tiere vom Mittelwert so gering wie möglich sein und nicht mehr als ± 20 % betragen.

1.4.1.2.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Es gelten die allgemeinen Bedingungen in der allgemeinen Einleitung zu Teil B, doch ist bei der Luftfeuchtigkeit ein Wert von 50-60 % anzustreben.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Tiere

Gesunde und geschlechtsreife junge Männchen werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass sich ihre Position möglichst wenig auswirkt. Es erfolgt eine Einzelidentifizierung der Tiere. Die Tiere werden vor Beginn der Studie über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.

1.4.1.4.   Vorbereitung der Dosierung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Referenzdaten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen.

1.4.2.2.   Kontrollen

Für jeden Versuch und jedes Geschlecht sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen anzulegen. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppen ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.

Die Positivkontrollen sollten in vivo strukturelle Chromosomenaberrationen in Spermatogonien hervorrufen, wenn sie in Expositionskonzentrationen verabreicht werden, die voraussichtlich eine erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben.

Die Positivkontrollkonzentrationen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Ablesen nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen lassen. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle auf anderem Wege als die Prüfsubstanz verabreicht wird und nur eine Probenahme erfolgt. Gegebenenfalls könnte eine zusätzliche Positivkontrolle herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehört wie die zu prüfende Substanz. Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:



SubstanzCAS-NummerEINECS-Nummer

Cyclophosphamid

Cyclophosphamidmonohydrat

50-18-0

6055-19-2

200-015-4
Cyclohexylamin108-91-8203-629-0
Mitomycin C50-07-7200-008-6
Monomeres Acrylamid79-06-1201-173-7
Triethylenmelamin51-18-3200-083-5

Zu jedem Zeitpunkt der Probenahme sind Tiere der Negativkontrolle einzubeziehen, die lediglich ein Lösungsmittel oder Vehikel erhalten und ansonsten ebenso wie die Behandlungsgruppen behandelt werden, soweit nicht aus historischen Kontrolldaten akzeptable Werte zur Variabilität der Tiere und Häufigkeit der Zellen mit Chromosomenaberrationen vorliegen. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrolltiere verwendet werden, soweit nicht historische oder veröffentlichte Kontrolldaten belegen, dass das gewählte Lösungsmittel/Vehikel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

1.5.   VERFAHREN

1.5.1.   Anzahl der Tiere

Jede Behandlungs- und Kontrollgruppe muss mindestens 5 analysierbare Tiere umfassen.

1.5.2.   Behandlungsplan

Die Prüfsubstanzen sind möglichst als Einmal- oder Zweimalgabe zu verabreichen. Die Gabe kann in Form von zwei Teilmengen erfolgen, die am gleichen Tag im Abstand von wenigen Stunden verabreicht werden, wenn es sich um ein großes Materialvolumen handelt. Andere Verabreichungsschemata sollten wissenschaftlich begründet sein.

In der Gruppe mit der höchsten Dosis wird nach der Behandlung zu zwei verschiedenen Zeitpunkten eine Stichprobe entnommen. Da die Zellzykluskinetik von der Prüfsubstanz beeinflusst werden kann, erfolgt eine Probenahme ca. 24 Stunden und die andere ca. 48 Stunden nach der Behandlung. Bei den übrigen Dosen sollte die Probenahme 24 Stunden nach der Behandlung oder nach Ablauf eines Zeitraums erfolgen, der der l,5fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht, wenn nicht ein anderer Zeitpunkt erwiesenermaßen zur Feststellung von Effekten günstiger ist (6).

Für die Probenahme kommen auch andere Zeitpunkte in Frage. Bei Chemikalien, die eine Chromosomenverzögerung bewirken oder S-unabhängige Effekte auslösen können, ist möglicherweise eine Probenahme zu einem früheren Zeitpunkt angebracht (1).

Die Zweckmäßigkeit einer wiederholten Behandlung ist im Einzelfall zu prüfen. Bei wiederholter Behandlung sind die Tiere 24 Stunden (l,5facher Zellzyklus) nach der letzten Gabe zu töten. Ggf. sind zusätzliche Zeiten für die Probenahme vorzusehen.

Vor der Tötung wird den Tieren intraperitoneal eine geeignete Dosis eines Spindelgiftes (z. B. Colcemid® oder Colchicin) verabreicht. Eine Stichprobe wird den Tieren danach zu einem geeigneten Zeitpunkt entnommen. Bei Mäusen beträgt der Zeitabstand ca. 3 bis 5 Stunden, bei chinesischen Hamstern ca. 4 bis 5 Stunden.

1.5.3.   Dosierungen

Wird eine Studie zur Dosisfindung durchgeführt, weil keine geeigneten Daten verfügbar sind, so sollte sie im gleichen Labor unter Verwendung der gleichen Spezies, des gleichen Stammes und Geschlechts und der gleichen Behandlungsform wie im Hauptversuch erfolgen (7). Liegt Toxizität vor, so sind zum ersten Zeitpunkt der Probenahme drei Dosisstufen zu verwenden. Die Dosisstufen sollten den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Bei der späteren Probenahme muss nur die Höchstdosis verwendet werden. Unter der Höchstdosis ist jene Dosis zu verstehen, die so deutliche Toxizitätszeichen hervorruft, dass höhere Dosisstufen bei gleichem Verabreichungsschema voraussichtlich zum Tode führen.

Substanzen mit spezifischen biologischen Aktivitäten bei geringen nichttoxischen Dosen (wie Hormone und Mitogene) entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden. Die Höchstdosis kann auch als jene Dosis definiert werden, die bestimmte Anzeichen von Toxizität in den Spermatogonien hervorruft (z. B. eine Reduzierung des Verhältnisses der Spermatogonienmitosen zur ersten und zweiten meiotischen Metaphase; diese Reduzierung sollte nicht mehr als 50 % betragen).

1.5.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht bei Einmalgabe oder Gabe von zwei Teilmengen am gleichen Tag keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Gentoxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen verzichtet werden. Die voraussichtlichen Expositionswirkungen beim Menschen können aber beim Limit-Test eine höhere Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.5.   Verabreichung

Die Prüfsubstanz wird in der Regel mittels Magen- oder Schlundsonde bzw. durch intraperitoneale Injektion verabreicht. Auch andere Expositionsformen können bei entsprechender Begründung vertretbar sein. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils durch Sonde oder Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstieres ab. Das Volumen sollte 2 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Die Verwendung eines höheren Volumens ist zu begründen. Abgesehen von Reizstoffen oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird, die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.

1.5.6.   Chromosomenpräparation

Unmittelbar nach der Tötung werden aus einem oder beiden Hoden Zellsuspensionen gewonnen, mit hypotoner Lösung behandelt und fixiert. Die Zellen werden dann auf Objektträger aufgetropft und gefärbt.

1.5.7.   Analyse

Es sind mindestens 100 gut gespreitete Metaphasen je Tier (d. h. mindestens 500 Metaphasen je Gruppe) zu analysieren. Eine zahlenmäßige Reduzierung ist möglich, wenn eine hohe Zahl von Aberrationen beobachtet wird. Alle Objektträger, auch die für die Positiv- und Negativkontrollen, sind vor der mikroskopischen Untersuchung von unabhängiger Seite zu kodieren. Da es bei der Fixierung häufig zum Bruch eines Teils der Metaphasezellen unter Verlust von Chromosomen kommt, sollten die ausgewerteten Zellen daher eine Zentromerzahl enthalten, die bei allen Zelltypen der Zahl 2n ± 2 entspricht.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten für die einzelnen Tiere sind in tabellarischer Form darzustellen. Versuchseinheit ist das Tier. Für jedes Tier sind die Anzahl der Zellen mit strukturellen Chromosomenaberrationen und die Anzahl der Chromosomenaberrationen je Zelle anzugeben. Für die Versuchs- und Kontrollgruppen sind die unterschiedlichen Typen struktureller Chromosomenaberrationen mit Anzahl und Häufigkeit aufzuführen. Lücken werden getrennt erfasst und angegeben, aber in der Regel nicht bei der Gesamthäufigkeit der Aberrationen berücksichtigt.

Wird Mitose sowie Meiose beobachtet, ist das Verhältnis der Spermatogonienmitosen zur ersten und zweiten meiotischen Metaphase als Gradmesser der Zytotoxizität bei allen behandelten Tieren und Tieren der Negativkontrolle in einer Gesamtstichprobe von 100 sich teilenden Zellen zu bestimmen, um eine mögliche zytotoxische Wirkung festzustellen. Wird nur Mitose beobachtet, so ist der Mitoseindex für mindestens 1 000 Zellen je Tier zu bestimmen.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z. B. eine dosisbezogene Zunahme der Anzahl der Zellen mit Chromosomenaberrationen oder eine eindeutige Zunahme der Anzahl der Zellen mit Aberrationen in einer bestimmten Dosisgruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt der Probenahme. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen (8). Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein. Nicht eindeutige Ergebnisse sollten durch weitere Prüfungen abgeklärt werden, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den oben genannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem Versuch als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Befunde des In-vivo-Keimzellentests auf Chromosomenaberrationen deuten darauf hin, dass die Prüfsubstanz in den Keimzellen der untersuchten Spezies Chromosenaberrationen hervorruft. Negative Befunde sind ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen keine Chromosomenaberrationen in den Keimzellen der untersuchten Spezies hervorruft.

Zu erörtern ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfsubstanz oder ihre Metaboliten in das spezifische Zielgewebe gelangen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

Versuchstiere:

Spezies/Stamm;
Anzahl und Alter der Tiere;
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn, einschließlich Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

Prüfbedingungen:

Daten aus einer ggf. durchgeführten Dosisfindungsstudie;
Begründung der gewählten Dosisstufen;
Begründung für den Verabreichungsweg;
Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
Begründung für die Tötungszeiten;
ggf. Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag);
Angaben über Futter- und Wasserqualität;
nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;
Methoden zur Bestimmung der Toxizität;
Bezeichnung des Spindelgifts, Konzentration und Behandlungsdauer;
Methoden zur Präparation des Objektträgers;
Kriterien zur Bewertung von Aberrationen;
Anzahl der analysierten Zellen pro Tier;
Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig.

Ergebnisse:

Toxizitätszeichen;
Mitoseindex;
Verhältnis der Spermatogenienmitosen zur ersten und zweiten meiotischen Metaphase;
Typ und Anzahl der Aberrationen, für jedes Tier gesondert anzugeben;
Gesamtzahl der Aberrationen pro Gruppe;
Anzahl der Zellen mit Aberrationen pro Gruppe;
nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;
ggf. statistische Analysen;
Daten zu gleichzeitigen Negativkontrollen;
Daten zu historischen Negativkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;
Daten zu gleichzeitigen Positivkontrollen;
ggf. beobachtete Veränderungen der Ploidie.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Adler, I. D. (1986), Clastogenic Potential in Mouse Spermatogonia of Chemical Mutagens Related to their Cell-Cycle Specifications, in: Genetic Toxicology of Environmental Chemicals, Part B: Genetic Effects and Applied Mutagenesis, Ramel, C, Lambert B., and Magnusson, J. (eds.) Liss, New York, 477-484.

(2) Adler, I. D. (1984), Cytogenic tests in Mammals, in: Mutagenicity Testing: a Practical Approach, ed. S. Venitt and J. M. Parry, IRL Press, Oxford, Washington DC, 275-306.

(3) Evans, E. P.. Breckon. G. and Ford, C. E. (1964), An Air-drying Method for Meiotic Preparations from Mammalian Testes, Cytogenetics and Cell Genetics. 3. 289-294.

(4) Richold, M., Ashby, J., Chandley, A,, Gatehouse, D. G. and Henderson, L. (1990), In Vivo Cytogenetic Assays, in: D. J. Kirkland (ed.), Basic Mutagenicity Tests, UKEMS Recommended Procedures. UKEMS Subcommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing. Report. Part I revised, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 115-141.

(5) Yamamoto, K. and Kikuchi, Y. (1978), A New Method for Preparation of Mammalian Spermatogonial Chromosomes, Mutation Res., 52, 207-209.

(6) Adler, I. D., Shelby. M. D., Bootman, J., Favor, J., Generoso, W., Pacchierotti, F., Shibuya, T. and Tanaka, N. (1994), International Workshop on Standardisation of Genotoxicity Test Procedures. Summary Report of the Working Group on Mammalian Germ Cell Tests, Mutation Res., 312, 313-318.

(7) Fielder, R. J., Allen, J. A., Boobis, A. R., Botham, P. A., Doe, J., Esdaile, D.)., Gatehouse, D. G., Hodson- Walker, G., Morton, D. B., Kirkland D. J. and Richold, M. (1992), Report of British Toxicology Society/UK Environmental Mutagen Society Working Group: Dose setting in In Vivo Mutagenicity Assays, Mutagenesis, 7, 313-319.

(8) Lovell, D. P., Anderson, D., Albanese, R., Amphlett, G. E., Clare, G., Ferguson, R., Richold, M, Papworth, D. G. and Savage, J. R. K. (1989), Statistical Analysis of In Vivo Cytogenetic Assays, in: D. J. Kirkland (ed.), Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data. UKEMS Subcommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing, report, Part III, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 184-232.

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B.25.   IN-VIVO-SÄUGER-TRANSLOKATIONSTEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Mit dem Translokationstest der Maus lassen sich strukturelle und numerische Chromosomenveränderungen, die in Säugetier-Keimzellen auftreten, unter Nachkommen der ersten Generation ermitteln. Bei den beobachteten Chromosomenveränderungen handelt es sich um reziproke Translokationen und — bei weiblichen Nachkommen — um X-Chromosomenverlust. Träger von Translokationen und XO-Weibchen weisen eine verringerte Fertilität auf, die man zur Auswahl von F1-Nachkommen für die zytogenetische Analyse nutzt. Bestimmte Translokationstypen (X-Autosomentranslokation und Zentromer-/Telomer-Translokation) verursachen vollständige Sterilität. Translokationen werden zytogenetisch in meiotischen Zellen in der Diakinese-Metaphase I männlicher Tiere (entweder F1-Männchen oder Söhne von F1-Weibchen) beobachtet. Die XO-Weibchen lassen sich zytogenetisch aufgrund der Anwesenheit von 39 statt 40 Chromosomen in Knochenmarksmitosen identifizieren.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Prüfsubstanz wird in isotonischer Kochsalzlösung gelöst. Wasserunlösliche Substanzen werden in geeigneten Lösungsmitteln gelöst oder suspendiert. Es sind frisch zubereitete Lösungen oder Suspensionen der Prüfsubstanzen zu verwenden. Wird zur Erleichterung der Dosierung ein Lösungsmittel verwendet, darf dieses weder die Wirkung der Prüfsubstanz beeinträchtigen noch eine toxische Wirkung ausüben.

Verabreichungsweg

Die Prüfsubstanz wird normalerweise per os oder intraperitoneal verabreicht. Auch andere Verabreichungswege können geeignet sein.

Versuchstiere

Die Versuche werden an Mäusen durchgeführt, da deren Zucht und zytologische Untersuchung relativ einfach sind. Ein bestimmter Stamm ist nicht vorgeschrieben.

Bei Anwendung der Fertilitätsuntersuchung sollte jedoch die durchschnittliche Wurfgröße des verwendeten Stammes mehr als acht Junge betragen und relativ konstant sein. Es werden gesunde, geschlechtsreife Tiere verwendet.

Anzahl der Tiere

Die erforderliche Anzahl der Versuchstiere hängt von der spontanen Translokationshäufigkeit und der für ein positives Ergebnis erforderlichen Erhöhung der Translokationshäufigkeit ab.

Normalerweise umfasst der Test die Untersuchung der männlichen F1-Nachkommen. Pro Dosierungsgruppe sind mindestens 500 männliche F1-Nachkommen zu testen. Werden auch weibliche F1-Nachkommen berücksichtigt, sind 300 Männchen und 300 Weibchen erforderlich.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Geeignete Daten gleichzeitig durchgeführter und historischer Kontrollen sollten vorliegen. Stehen Ergebnisse von Positivkontrollen zur Verfügung, die in letzter Zeit im selben Labor erhoben wurden, so können diese Ergebnisse anstelle einer gleichzeitigen Positivkontrolle verwendet werden.

Dosierung

Getestet wird eine Dosierung. Dabei handelt es sich normalerweise um die höchste Dosis, die eine minimale toxische Wirkung ausübt, ohne jedoch das reproduktive Verhalten oder die Überlebensrate der behandelten Tiere zu beeinträchtigen. Zur Erstellung einer Dosis-Wirkungs-Beziehung sind zwei zusätzliche niedrigere Dosierungen erforderlich. Bei nichttoxischen Substanzen sollte die Behandlung mit der höchstmöglichen Dosierung erfolgen.

Versuchsdurchführung

Behandlung und Paarung

Es stehen zwei Behandlungspläne zur Verfügung. Am häufigsten wird die einmalige Verabreichung der Prüfsubstanz gewählt. Auch die Verabreichung an 7 Tagen/Woche während 35 Tagen ist möglich. Die Anzahl der Paarungen nach der Behandlung richtet sich nach dem gewählten Behandlungsplan; es ist sicherzustellen, dass alle behandelten Keimzellstadien erfasst werden. Nach dem Ende der Paarungsperiode werden die Weibchen einzeln in Käfigen untergebracht. Für jeden Wurf werden Geburtsdatum, Wurfgröße und Geschlecht der Jungen aufgezeichnet. Alle männlichen Jungen werden abgesetzt, alle weiblichen Jungen ausgesondert, sofern sie nicht in dem Versuch verwendet werden.

Untersuchung auf Translokationsheterozygotie

Es stehen zwei Verfahren zur Auswahl:

Fertilitätsuntersuchung der F1-Nachkommen und anschließende Ermittlung möglicher Translokationsträger durch zytogenetische Analyse,
zytogenetische Analyse aller männlichen F1-Nachkommen ohne vorherige Auswahl der Fertilitätsuntersuchung.
a)
Fertilitätsuntersuchung

Die verringerte Fertilität eines F1-Tieres lässt sich durch Beobachtung der Wurfgröße bzw. Analyse des Uterusinhalts des mit diesem Tier gepaarten Weibchens feststellen.

Die Kriterien für die Bestimmung der normalen und reduzierten Fertilität sind jeweils für den verwendeten Mäusestamm festzulegen.

Beobachtung der Wurfgröße: Die zu untersuchenden F1-Männchen werden einzeln mit Weibchen aus dem gleichen Versuch oder aus der Kolonie gepaart. Die Käfige werden ab dem 18. Tag nach der Paarung täglich inspiziert. Wurfgröße und Geschlecht der F2-Nachkommen werden bei der Geburt aufgezeichnet; die Würfe werden danach ausgesondert. Bei der Untersuchung weiblicher F1-Nachkommen behält man die F2-Nachkommen kleiner Würfe zur weiteren Untersuchung. Weibliche Translokationsträger werden durch zytogenetischen Nachweis einer Translokation in wenigstens einem ihrer männlichen Nachkommen identifiziert. XO-Weibchen erkennt man daran, dass sich bei ihren Nachkommen das Geschlechtsverhältnis von 1:1 zu 1:2 (Männchen; Weibchen) ändert. Bei einem sequenziellen Verfahren werden normale F1-Tiere nicht weiter untersucht, wenn der erste F2-Wurf einen vorher festgelegten Normalwert erreicht oder überschreitet. Anderenfalls wird ein zweiter oder dritter F2-Wurf untersucht.

F1-Tiere, die nach Inspektion von bis zu drei F2-Würfen nicht als normal eingestuft werden können, werden entweder durch Analyse des Uterusinhaltes der mit ihnen gepaarten Weibchen weiter untersucht oder direkt einer zytogenetischen Analyse unterzogen.

Analyse des Uterusinhalts: Die Verringerung der Wurfgröße bei Translokationsträgern ist auf das Absterben von Embryonen zurückzuführen. Eine hohe Anzahl toter Implantate weist also auf eine Translokation in dem Versuchstier hin. Die zu untersuchenden F1-Männchen werden jeweils mit zwei oder drei Weibchen gepaart. Ob eine Empfängnis stattgefunden hat, wird durch tägliche Untersuchung auf Vaginalpfropf zwischen 8 und 10 Uhr morgens festgestellt. 14 bis 16 Tage danach werden die Weibchen getötet; die Anzahl der lebenden und toten Implantate in ihren Uteri wird aufgezeichnet.

b)
Zytogenetische Analyse

Es werden luftgetrocknete Hodenpräparate hergestellt. Translokationsträger lassen sich durch das Vorhandensein von Multivalentkonfigurationen in der Diakinese-Metaphase I in primären Spermatozyten identifizieren. Werden mindestens zwei Zellen mit Translokationsmultivalenten beobachtet, ist damit der erforderliche Nachweis erbracht, dass es sich bei dem untersuchten Tier um einen Translokationsträger handelt.

Erfolgt keine Zuchtauswahl, werden F1-Männchen zytogenetisch untersucht. Mindestens 25 Diakinese-Metaphasen I pro Männchen sind mikroskopisch auszuwerten. Bei F1-Männchen mit kleinen Hoden und Zusammenbruch der Meiose vor der Diakinese oder bei F1-Weibchen, bei denen XO-Verdacht besteht, ist eine Untersuchung der mitotischen Metaphasen in Spermatogonien oder im Knochenmark erforderlich. Das Vorhandensein eines ungewöhnlich langen und/oder kurzen Chromosoms in jeder von 10 Zellen beweist, dass eine bestimmte, für Männchen steril wirkende Translokation (Typ c/t) vorliegt. Einige X-Autosomentranslokationen, die männliche Sterilität verursachen, lassen sich nur durch Bandenanalyse mitotischer Chromosomen ermitteln. Das Vorhandensein von 39 Chromosomen in jeder von 10 Mitosen ist ein Beweis dafür, dass es sich um ein XO-Weibchen handelt.

2.   DATEN

Die Daten werden in tabellarischer Form dargestellt.

Für jeden Paarungsabschnitt sind die durchschnittliche Wurfgröße und das Geschlechtsverhältnis bei der Geburt und beim Absetzen anzugeben.

Die Angaben der Fertilitätsuntersuchung von F1-Tieren müssen die durchschnittliche Wurfgröße aus allen normalen Paarungen und die jeweiligen Wurfgrößen bei F1-Translokationsträgern umfassen. Zur Analyse des Uterininhalts sind die durchschnittliche Anzahl der lebenden und toten Implantate aus normalen Paarungen und die Anzahl der lebenden und toten Implantate aus jeder Paarung von F1-Translokationsträgern anzugeben.

Die Angaben zur zytogenetischen Analyse der Diakinese-Metaphase I sollten für jeden Translokationsträger die Anzahl der Multivalentkonfigurationstypen sowie die Gesamtzahl der Zellen umfassen.

Für sterile F1-Tiere sind die Gesamtzahl der Paarungen und die Dauer der Paarungsperiode anzugeben, ebenso die Hodengewichte und nähere Einzelheiten über die zytogenetische Analyse.

Für XO-Weibchen sind die durchschnittliche Wurfgröße, das Geschlechtsverhältnis unter den F2-Nachkommen und die Ergebnisse der zytogenetischen Analyse aufzuführen.

Erfolgt eine Vorauswahl möglicher F1-Translokationsträger aufgrund von Fertilitätsuntersuchungen, müssen die Tabellen auch Angaben darüber enthalten, bei wie vielen dieser Tiere die Translokationsheterozygotie bestätigt wurde.

Auch die Daten aus Negativkontrollen und die Positivkontrollversuche sind anzuführen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Mäusestamm, Alter der Tiere, Gewicht der behandelten Tiere;
Anzahl der Elterntiere beiderlei Geschlechts in Versuchs- und Kontrollgruppen;
Prüfbedingungen, genaue Beschreibung der Behandlung, Dosierungen, Lösungsmittel, Paarungsplan;
Anzahl und Geschlecht der Jungen pro Weibchen, Anzahl und Geschlecht der zur Translokationsanalyse aufgezogenen Jungen;
Zeitpunkt der und Kriterien für die Translokationsanalyse;
Anzahl und eingehende Beschreibung der Translokationsträger einschließlich Zuchtdaten und ggf. Daten über den Uterusinhalt;
Zytogenetische Verfahren und nähere Angaben über die mikroskopische Analyse, möglichst mit Abbildungen;
statistische Auswertung;
Diskussion der Ergebnisse;
Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einhaltung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.26.   PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE ORALE TOXIZITÄT — 90-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE BEI WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NAGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung auf subchronische orale Toxizität entspricht der OECD TG 408 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Merkmale eines chemischen Stoffs kann die Bestimmung der subchronischen Toxizität bei wiederholter oraler Verabreichung von Wirkstoffgaben durchgeführt werden, nachdem erste Toxizitätsdaten anhand von Prüfungen auf akute Toxizität oder 28-Tage-Tests auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung erzielt wurden. Die 90-Tage-Studie liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen längeren Zeitraum, einschließlich der Entwicklung nach dem Abstillen bis zum Erwachsensein, entstehen können. Die Studie liefert ferner Informationen über die wichtigsten toxischen Wirkungen, zeigt die Zielorgane und eine mögliche Akkumulation auf und kann zur Ableitung einer NOAEL (NOAEL — Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) beitragen, die zur Wahl der Dosierungen für Untersuchungen der chronischen Toxizität und zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann.

Die Methode legt außerdem den Schwerpunkt auf neurologische Endpunkte und liefert Hinweise auf immunologische und fortpflanzungsspezifische Wirkungen. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, um möglichst umfangreiche Informationen zu erhalten. Durch diese Studie sollten chemische Stoffe mit potenzieller neurotoxischer und immunologischer Wirkung sowie Wirkung auf die Fortpflanzungsorgane ermittelt werden, die gegebenenfalls weitergehende Untersuchungen erforderlich machen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Dosis ist die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Gewicht (g, mg) oder als Gewicht der Prüfsubstanz je Gewichtseinheit des Versuchstiers (z. B. mg/kg) oder als konstante Futterkonzentration (ppm) ausgedrückt.

Dosierung ist ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

NOAEL ist die Abkürzung für „no-observed-adverse-effect level“ und entspricht der höchsten Dosis, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird täglich über einen Zeitraum von 90 Tagen in abgestuften Dosen an mehrere Gruppen von Versuchstieren verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätsanzeichen beobachtet. Während der Prüfung verendete oder getötete Tiere werden seziert. Am Ende der Prüfung werden alle noch lebenden Tiere getötet und ebenfalls seziert.

1.4.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.4.1.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind gesunde Tiere, die mindestens fünf Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und bisher nicht für Tierversuche verwendet wurden. Von den Versuchstieren sollten Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter festgestellt werden. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen so gering wie möglich sind. Jedes Versuchstier sollte zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer erhalten.

1.4.2.   Zubereitung der Dosen

Die Prüfsubstanz wird über eine Magensonde, mit der Nahrung oder dem Trinkwasser verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt von dem Zweck der Studie und den physikalischen/chemischen Eigenschaften des Prüfmaterials ab.

Die Prüfsubstanz wird über eine Magensonde, mit der Nahrung oder dem Trinkwasser verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt von dem Zweck der Studie und den physikalischen/chemischen Eigenschaften des Prüfmaterials ab.

1.4.3.   Prüfbedingungen

1.4.3.1.   Versuchstiere

Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, doch können als Versuchstiere auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Es sind junge, gesunde und ausgewachsene Tiere üblicher Laborstämme zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Mit der Dosierung sollte möglichst bald nach der Entwöhnung begonnen werden, auf jeden Fall jedoch, bevor die Tiere neun Wochen alt sind. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn die Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität durchgeführt wird, sollten in beiden Studien Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

1.4.3.2.   Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

Für jede Dosisstufe sind mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche) zu verwenden. Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die bereits vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Aufgrund bereits bekannter Wirkungen des chemischen Stoffs oder eines eng verwandten Analogons sollte darüber hinaus für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit der höchsten Dosis die Aufnahme einer Satellitengruppe von 10 Tieren (fünf jeden Geschlechts) zwecks Behandlung und anschließender Beobachtung der Reversibilität oder Persistenz etwaiger toxischer Wirkungen erwogen werden. Die Dauer dieses Zeitraums nach der Behandlung sollte den beobachteten Wirkungen angemessen sein.

1.4.3.3.   Dosierung

Es sollten mindestens drei Dosierungen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden, es sei denn, ein Limit-Test wird durchgeführt (siehe 1.4.3.4). Die Dosierungen können auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit wiederholter Verabreichung oder Studien zur Ermittlung des Dosisbereichs festgelegt werden und sollten sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Materialien verfügbaren toxikologischen und toxikokinetischen Daten berücksichtigen. Außer wenn dies wegen der physikalisch-chemischen Eigenschaften oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz unmöglich ist, sollte die höchste Dosierung gewählt werden, um Toxizität, jedoch nicht Tod oder schweres Leiden der Tiere zu induzieren. Zum Nachweis dosisabhängiger Reaktionen und einer NOAEL bei niedrigster Dosierung, sollten die Dosierungen in absteigender Folge verabreicht werden. Zwei- bis vierfache Abstände haben sich oft als optimale Dosisabstufungen erwiesen, auch ist meist eine vierte Testgruppe der Anwendung sehr großer Dosisabstände (z. B. mehr als ein Faktor von ca. 6-10) vorzuziehen.

Die Kontrollgruppe sollte eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe identisch mit denen der Testgruppen behandelt werden. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich sein, wobei zwischen einer verminderten Futteraufnahme aus geschmacklichen Gründen oder wegen toxikologischer Veränderungen im Prüfmodell unterschieden wird.

Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Wirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Wirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die zur Änderung von toxischen Eigenschaften führen können; ferner Wirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere.

1.4.3.4.   Limit-Test

Ergibt eine Prüfung bei einer einzigen Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag unter Anwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine adversen Effekte und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test ist anzuwenden, außer wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt.

1.5.   VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

1.5.1.   Verabreichung der Dosen

Die Versuchstiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen der Woche über einen Zeitraum von 90 Tagen. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage je Woche, ist zu begründen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier mit einer Gabe verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 1 ml/100g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, von denen 2 ml/100g Körpergewicht gegeben werden können. Außer für Reizungen auslösende oder ätzende Stoffe, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine Verschlimmerung bewirken, sollte die Variabilität des Prüfvolumens durch Anpassung der Konzentration möglichst gering gehalten werden, um ein konstantes Volumen bei allen Dosen zu gewährleisten.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, können entweder eine konstante Futterkonzentration (ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Versuchstiers verwendet werden. Die angewandte Alternative ist zu spezifizieren. Eine mit einer Magensonde verabreichte Dosis sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten wird. Wird eine 90-Tage-Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität verwendet, sollte in beiden Studien die gleiche Nahrung gegeben werden.

1.5.2.   Beobachtungen

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 90 Tage betragen. Tiere einer Satellitengruppe, die für Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für einen angemessenen Zeitraum ohne Behandlung bleiben, um festzustellen, ob die toxischen Wirkungen fortbestehen oder sich als reversibel erweisen.

Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen werden. Der klinische Zustand der Tiere ist zu dokumentieren. Alle Tiere sind mindestens zweimal täglich, in der Regel morgens und abends, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen.

Mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche) und danach einmal pro Woche sollten bei allen Tieren eingehende klinische Beobachtungen vorgenommen werden. Diese Beobachtungen sollten außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Es ist dafür zu sorgen, dass die Beobachtungsbedingungen möglichst konstant bleiben. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere beziehen auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie auf autonome Reaktionen (z. B. Tränenfluss, Piloerektion, Pupillengröße, anormale Atmung). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (1).

Ophthalmologische Untersuchungen unter Verwendung eines Ophthalmoskops oder eines entsprechenden geeigneten Geräts sollten vorgenommen werden, bevor die Prüfsubstanz verabreicht wird, sowie zum Abschluss der Studie, vorzugsweise an allen Tieren, doch zumindest in den höchstdosierten Gruppen und den Kontrollgruppen. Sofern Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sollten alle Tiere untersucht werden.

Zum Ende des Expositionszeitraums, jedenfalls nicht früher als in der 11. Woche, sollten sensorische Reaktionen auf Reize verschiedener Art (1) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (2) (3) (4) sowie die Greifstärke (5) und die motorische Aktivität (6) erfasst werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.

Funktionelle Beobachtungen zum Abschluss der Studie können entfallen, wenn Daten über funktionelle Beobachtungen aus anderen Studien vorliegen und die täglichen klinischen Beobachtungen keine Funktionsdefizite aufweisen.

In Ausnahmefällen können funktionelle Beobachtungen auch bei Gruppen entfallen, die so starke sonstige Toxizitätsanzeichen aufweisen, dass die Leistungen in Funktionstests dadurch signifikant beeinträchtigt würden.

1.5.2.1.   Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme

Alle Tiere sollten mindestens einmal wöchentlich gewogen werden. Messungen der Futteraufnahme sollten mindestens wöchentlich vorgenommen werden. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, sollte auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Die Wasseraufnahme kann auch in Fütterungsstudien oder in Studien mit Sondenapplikation berücksichtigt werden, bei denen sich das Trinkverhalten ändern kann.

1.5.2.2.   Hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen

Die Blutproben sind an einer zu benennenden Stelle zu entnehmen und möglichst unter geeigneten Bedingungen zu lagern. Am Ende des Prüfzeitraums werden bei den Versuchstieren Blutproben kurz vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs entnommen.

Folgende hämatologische Untersuchungen sind am Ende des Prüfzeitraums und bei etwaigen zwischenzeitlich entnommenen Blutproben durchzuführen: Hämatokritwert, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl (Gesamt- und Differenzialblutbild), Thrombozytenzahl und Messung der Blutgerinnungszeit/Blutgerinnungsfähigkeit.

Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von jedem Tier unmittelbar vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs entnommen werden (dies gilt nicht für Tiere, die sterbend aufgefunden und/oder zwischenzeitlich getötet werden). Vergleichbar zu den hämatologischen Untersuchungen können klinisch-biochemische Untersuchungen bei den zwischenzeitlich entnommenen Blutproben durchgeführt werden. Es empfiehlt sich eine Futterkarenz der Tiere über Nacht, bevor die Blutproben entnommen werden . Die Plasma- oder Serumbestimmungen umfassen die Parameter Natrium, Kalium, Glukose, Gesamtcholesterin, Harnstoff, Harnstoff-Stickstoff im Blut, Kreatinin, Gesamtprotein und Albumin sowie mehr als zwei Enzyme, die auf hepatozelluläre Wirkungen (wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, alkalische Phosphatase, Gammaglutamyl-Transpeptidase und Sorbitoldehydrogenase) schließen lassen. Ferner kann die Bestimmung weiterer Enzyme (der Leber oder sonstiger Organe) und der Gallensäuren, die unter bestimmten Bedingungen ebenfalls nützliche Informationen liefern, durchgeführt werden.

Optional können in der letzten Woche der Studie am Urin, der zu festgelegten Zeiten gesammelt wird, folgende Analysebestimmungen durchgeführt werden: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Eiweiß, Glukose und Blut/Blutzellen.

Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Des Weiteren sollten, wenn die bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz die entsprechenden Stoffwechselprofile beeinträchtigen können oder wenn mit einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen ist, die Parameter Calcium, Phosphor, Nüchtern-triglyzeride, spezifische Hormone, Methämoglobin und Cholinesterase bestimmt werden. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.

Insgesamt jedoch ist je nach der Versuchstierart und den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

Bei unzureichender Datenlage zu den Normalwerten sollte die Bestimmung hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter gegebenenfalls auch vor Verabreichung der Prüfsubstanz erwogen werden. In der Regel empfiehlt es sich nicht, diese Daten vor der Behandlung zu bestimmen (7).

1.5.2.3.   Autopsie

Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden Autopsie unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Uterus, Eierstöcke, Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (außer der tot aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tiere) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern.

Die folgenden Gewebe sind in dem für Gewebsarten und die vorgesehene nachfolgende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmedium aufzubewahren: alle Gewebe mit makroskopischen Läsionen, Gehirn (repräsentative Bereiche, insbesondere Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons), Rückenmark (auf drei Ebenen: cervical, mittlerer Thoraxbereich, und lumbar), Hypophyse, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Thymusdrüse, Speiseröhre, Speicheldrüsen, Magen, Dünn- und Dickdarm (einschließlich Peyer'schen Platten), Leber, Bauchspeicheldrüse, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Luftröhre und Lungen (durch Inflation mit Fixiermittel und anschließende Immersion konserviert), Aorta, Gonaden, Uterus akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüsen, Prostata, Harnblase, Gallenblase (Maus), Lymphknoten (vorzugsweise ein Lymphknoten des Verabreichungsweges und ein weiterer vom Verabreichungsweg entfernter Lymphknoten, um systemische Wirkungen abzudecken), periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis), vorzugsweise in der Nähe des Muskels, ein Knochenmarksschnitt (und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat) Haut und Augen (sofern bei den ophthalmologischen Untersuchungen Veränderungen beobachtet wurden). Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebsuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als wahrscheinliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.

1.5.2.4.   Histopathologische Untersuchungen

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosis sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe ist eine umfassende histopathologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller anderen Dosisgruppen auszudehnen, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Gruppe mit der höchsten Dosis festgestellt werden.

Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.

Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen toxische Wirkungen aufgetreten sind.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Es sollten Daten für jedes einzelne Tier vorgelegt werden. Außerdem sollten alle Daten in Tabellenform zusammengefasst werden, aus denen für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Gründen des Tierschutzes getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des eingetretenen Todes oder der aus Tierschutzgründen vorgenommenen Tötung, die Zahl der Tiere, die Anzeichen von Toxizität aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der davon betroffenen Tiere.

Wenn möglich sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sollten bei der Planung der Studie festgelegt werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften;
Identifizierungsdaten;
Vehikel (sofern zutreffend): Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

2.2.2.   Versuchstierart

Tierart und Stamm;
Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;
individuelles Gewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Begründung der Wahl der Dosisstufen;
Einzelheiten der Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (ppm) in die tatsächliche Dosis;
Einzelheiten der Futter- und Wasserqualität.

2.2.4.   Ergebnisse

Körpergewicht und Änderungen des Körpergewichts;
gegebenenfalls Angaben zur Futter- und Wasseraufnahme;
Daten der toxischen Wirkung nach Geschlecht und Dosis, einschließlich Toxizitätsanzeichen;
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);
Ergebnisse aus der ophthalmologischen Untersuchung;
Bewertung der Sensorik, Greifstärke und motorische Aktivität (sofern zutreffend);
hämatologische Tests mit entsprechenden Normalwerten;
klinisch-biochemische Tests mit entsprechenden Normalwerten;
terminales Körpergewicht, Organgewichte und Verhältnis Organ-/Körpergewicht;
Sektionsbefunde;
ausführliche Beschreibung aller histopathologischen
Befunde;
statistische Auswertung der Ergebnisse, wenn möglich.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

3.   LITERATUR

(1) IPCS (1986). Principles and Methods for the Assessment of Neurotoxicity Associated with Exposure to Chemicals. Environmental Health Criteria Document No 60.

(2) Tupper, D. E., Wallace, R.B. (1980). Utility of the Neurologic Examination in Rats. Acta Neurobiol. Exp., 40, 999-1003.

(3) Gad, S. C. (1982). A Neuromuscular Screen for Use in Industrial Toxicology. J. Toxicol. Environ. Health, 9, 691-704.

(4) Moser. V. C, Mc Daniel, K. M., Phillips, P. M. (1991). Rat Strain and Stock Comparisons Using a Functional Observational Battery: Baseline Values and Effects of Amitraz. Toxicol. Appl. Pharmacol 108, 267-283.

(5) Meyer O. A., Tilson H. A., Byrd W. C, Riley M. T. (1979). A Method for the Routine Assessment of Fore- and Hind- limb grip Strength of Rats and Mice. Neurobehav. Toxivol., 1, 233-236.

(6) Crofton K. M., Howard J. L., Moser V. C, Gill M. W., Reiter L. W., Tilson H. A., MacPhail R. C. (1991). Interlaboratory Comparison of Motor Activity Experiments: lmplication for Neurotoxicological Assessments. Neurotoxicol. Teratol, 13, 599-609.

(7) Weingand K., Brown G., Hall R. et al (1996). „Harmonisation of Animal Clinic Pathology Testing in Toxicity and Safety Studies“, Fundam. & Appl. Toxicol., 29, 198-201.

B.27.   PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE ORALE TOXIZITÄT — 90-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE BEI WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NICHT-NAGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung auf subchronische orale Toxizität entspricht der OECD TG 409 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Merkmale eines chemischen Stoffs kann die Bestimmung der subchronischen Toxizität bei wiederholter oraler Verabreichung von Wirkstoffgaben durchgeführt werden, nachdem erste Toxizitätsdaten anhand von Prüfungen auf akute Toxizität oder 28-Tage-Tests auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung erzielt wurden. Die 90-Tage-Studie liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen Zeitraum des schnellen Wachstums bis zum frühen Stadium des Erwachsenseins entstehen können. Die Studie liefert ferner Informationen über die wichtigsten toxischen Wirkungen, zeigt die Zielorgane und eine mögliche Akkumulation auf und kann zur Ableitung einer NOAEL (NOAEL — Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) beitragen, die zur Wahl der Dosierungen für Untersuchungen der chronischen Toxizität und zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann.

Die Prüfmethode soll dazu beitragen, die schädigenden Wirkungen einer Exposition gegenüber Chemikalien bei Nicht-Nagetieren festzustellen und sollte nur in folgenden Fällen angewandt werden:

wenn in anderen Studien beobachtete Wirkungen eine Klärung/Charakterisierung an einer zweiten Tierart, den Nicht-Nagetieren, erforderlich machen;
wenn toxikokinetische Studien darauf hindeuten, dass die Verwendung einer spezifischen Art von Nicht-Nagetieren die relevanteste Wahl von Versuchstieren ist, oder
wenn andere spezifische Gründe die Verwendung einer Nicht-Nagetierart rechtfertigen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Dosis ist die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Gewicht (g, mg) oder als Gewicht der Prüfsubstanz je Gewichtseinheit des Versuchstiers (z. B. mg/kg) oder als konstante Futterkonzentration (ppm) ausgedrückt.

Dosierung ist ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

NOAEL ist die Abkürzung für no-observed-adverse-effect level und entspricht der höchsten Dosis, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird täglich über einen Zeitraum von 90 Tagen in abgestuften Dosen an mehrere Gruppen von Versuchstieren verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe, Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätsanzeichen beobachtet. Während der Prüfung verendete oder getötete Tiere werden seziert. Am Ende der Prüfung werden alle noch lebenden Tiere getötet und ebenfalls seziert.

1.4.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.4.1.   Auswahl von Versuchstierarten

Die am häufigsten verwendete Nicht-Nagetierart ist der Hund, der einer bestimmten Rasse angehören sollte. Häufig wird der Beagle verwendet. Ferner können Tierarten wie Schwein oder Minischwein verwendet werden. Primaten werden nicht empfohlen, und ihre Verwendung ist zu begründen. Es sollten junge und gesunde Tiere verwendet werden. Bei Hunden sollte mit der Dosierung vorzugsweise im Alter von vier bis sechs Monaten, jedoch nicht später als neun Monaten begonnen werden. Wird die Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität durchgeführt, sollten in beiden Studien dieselbe Art/Rasse verwendet werden.

1.4.2.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind gesunde Jungtiere, die an die Laborbedingungen gewöhnt und bisher nicht für Tierversuche verwendet wurden. Die Dauer der Gewöhnung hängt von der für die Prüfung gewählten Art und der Herkunft der Tiere ab. Empfohlen werden mindestens fünf Tage für Hunde oder für speziell zu diesem Zweck gezüchtete Schweine aus einer internen Kolonie und mindestens zwei Wochen für Tiere externer Herkunft. Von den Versuchstieren sollten Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter festgestellt werden. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier sollte zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer erhalten.

1.4.3.   Zubereitung der Dosen

Die Prüfsubstanz wird mit dem Futter oder im Trinkwasser über eine Magensonde oder in Kapseln verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt von dem Zweck der Studie und den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Prüfmaterials ab.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Medium gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, sodann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in anderen Medien in Betracht zu ziehen. Bei anderen Medien als Wasser müssen seine toxischen Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz unter den Verabreichungsbedingungen ist festzustellen.

1.5.   VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

1.5.1.   Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

Für jede Dosisstufe sind mindestens acht Tiere (vier weibliche und vier männliche) zu verwenden. Sollten im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die bereits vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Die Zahl der Tiere bei Beendigung der Studie muss für eine sinnvolle Bewertung der toxischen Wirkungen angemessen sein. Aufgrund bereits bekannter Wirkungen der Substanz oder eines eng verwandten Analogons sollte darüber hinaus für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit der höchsten Dosis die Aufnahme einer Satellitengruppe von acht Tieren (vier jeden Geschlechts) zwecks Behandlung und anschließender Beobachtung der Reversibilität oder Persistenz etwaiger toxischer Wirkungen erwogen werden. Die Dauer dieses Zeitraums nach der Behandlung sollte den beobachteten Wirkungen angemessen sein.

1.5.2.   Dosierung

Es sollten mindestens drei Dosierungen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden, es sei denn, ein Limit-Test wird durchgeführt (siehe 1.4.3.4). Die Dosierungen können auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit wiederholter Verabreichung oder Studien zur Ermittlung des Dosisbereichs festgelegt werden und sollten sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Materialien verfügbaren toxikologischen und toxikokinetischen Daten berücksichtigen. Außer wenn dies wegen der physikalisch-chemischen Eigenschaften oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz unmöglich ist, sollte die höchste Dosierung gewählt werden, um Toxizität, jedoch nicht Tod oder schweres Leiden der Tiere zu induzieren. Zum Nachweis dosis-abhängiger Reaktionen und einer NOAEL bei niedrigster Dosierung sollten die Dosierungen in absteigender Folge verabreicht werden. Zwei- bis vierfache Abstände haben sich oft als optimale Dosisabstufungen erwiesen, auch ist meist eine vierte Testgruppe der Anwendung sehr großer Dosisabstände (z. B. mehr als ein Faktor von ca. 6-10) vorzuziehen.

Die Kontrollgruppe sollte eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe identisch mit denen der Testgruppen behandelt werden. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich sein, wobei zwischen einer verminderten Futteraufnahme aus geschmacklichen Gründen oder wegen toxikologischer Veränderungen im Prüfmodell unterschieden wird.

Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Wirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Wirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die zur Änderung von toxischen Eigenschaften führen können; ferner Wirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere.

1.5.3.   Limit-Test

Ergibt eine Prüfung bei einer einzigen Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag unter Anwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine adversen Effekte und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test ist anzuwenden, außer wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt.

1.5.4.   Verabreichung der Dosen

Die Versuchstiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen der Woche über einen Zeitraum von 90 Tagen. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage je Woche, ist zu begründen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier mit einer Gabe verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Generell sollte das Volumen möglichst gering sein. Außer für Reizungen auslösende oder ätzende Stoffe, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine Verschlimmerung bewirken, sollte die Variabilität des Prüfvolumens durch Anpassung der Konzentration möglichst gering gehalten werden, um ein konstantes Volumen bei allen Dosen zu gewährleisten.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, können entweder eine konstante Futterkonzentration (ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht verwendet werden. Jede angewandte Alternative ist zu spezifizieren. Eine mit einer Magensonde oder in Kapseln verabreichte Substanz sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten bleibt. Wird eine 90-Tage-Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität verwendet, sollte in beiden Studien die gleiche Nahrung verabreicht werden.

1.5.5.   Beobachtungen

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 90 Tage betragen. Tiere einer Satellitengruppe, die für Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für einen angemessenen Zeitraum ohne Behandlung bleiben, um festzustellen, ob die toxischen Wirkungen fortbestehen oder sich als reversibel erweisen.

Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen werden. Der klinische Zustand der Tiere ist zu dokumentieren. Alle Tiere sind mindestens zweimal täglich, in der Regel morgens und abends, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen.

Mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche) und danach einmal pro Woche sollten bei allen Tieren umfassende klinische Beobachtungen vorgenommen werden. Diese Beobachtungen sollten, sofern praktisch durchführbar, außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Die Beobachtungsbedingungen sollten möglichst konstant sein. Anzeichen von Toxizität sind sorgfältig zu dokumentieren, insbesondere Beginn, Schweregrad und Dauer. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere beziehen auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie auf autonome Reaktionen (z. B. Tränenfluss, Piloerektion, Pupillengröße, anormale Atmung). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden.

Ophthalmologische Untersuchungen unter Verwendung eines Ophthalmoskops oder eines entsprechenden geeigneten Geräts sollten vorgenommen werden, bevor die Prüfsubstanz verabreicht wird, sowie zum Abschluss der Studie, vorzugsweise an allen Tieren, zumindest jedoch in den höchstdosierten Gruppen und den Kontrollgruppen. Sofern behandlungsbedingte Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sollten alle Tiere untersucht werden.

1.5.5.1.   Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme

Alle Tiere sollten mindestens einmal wöchentlich gewogen werden. Messungen der Futteraufnahme sollten mindestens wöchentlich vorgenommen werden. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, sollte auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Die Wasseraufnahme kann auch in Fütterungsstudien oder in Studien mit Sondenapplikation berücksichtigt werden, bei denen sich das Trinkverhalten ändern kann.

1.5.5.2.   Hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen

Die Blutproben sind an einer zu benennenden Stelle zu entnehmen und möglichst unter geeigneten Bedingungen zu lagern. Am Ende des Prüfzeitraums werden bei den Versuchstieren Blutproben kurz vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs entnommen.

Hämatologische Untersuchungen sind zu Beginn der Studie und anschließend entweder monatlich oder zur Halbzeit und schließlich am Ende des Prüfzeitraums vorzunehmen: Hämatokritwert, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl (Gesamt- und Differenzialblutbild), Thrombozytenzahl und Bestimmung des Gerinnungspotenzials, wie Gerinnungszeit, Prothrombinzeit oder Thromboplastinzeit.

Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von jedem Tier zu Beginn und anschließend entweder monatlich oder zur Halbzeit und schließlich am Ende des Prüfzeitraums entnommen werden. Die Prüfungen sollten folgende Bereiche abdecken: Elektrolythaushalt, Kohlehydratstoffwechsel sowie Leber- und Nierenfunktion. Die Wahl der spezifischen Prüfungen hängt von den Beobachtungen über die Wirkungsweise der Prüfsubstanz ab. Vor der Blutentnahme empfiehlt sich eine der Tierart angemessene Futterkarenz. Es wird empfohlen, Bestimmungen insbesondere für folgende Parameter durchzuführen: Calcium, Phosphor, Chlor, Natrium, Kalium, Nüchternglukose, Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Ornithindecarboxylase, Gammaglutamyl-Transpeptidase, Harnstoff-Stickstoff, Albumin, Blutkreatinin, Gesamtbilirubin und Messungen des Serum-Gesamtproteins.

Untersuchungen zur Urinanalyse sind zumindest zu Beginn, anschließend zur Halbzeit und schließlich zum Abschluss der Studie an zu festgelegten Zeiten gesammeltem Urin durchzuführen: Aussehen, Volumen, Osmolarität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Glukose und Blut/Blutzellen. Sofern erforderlich, können zusätzliche Parameter verwendet werden, um die Untersuchung beobachteter Wirkungen zu erweitern.

Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Sonstige Bestimmungen, die für eine angemessene toxikologische Bewertung erforderlich sein können, umfassen Analysen von Lipiden, Hormonen, Säure-/Basengleichgewicht, Methämoglobin und Cholinesteraseinhibitation. Weitere klinisch-biochemische Untersuchungen können, sofern erforderlich, durchgeführt werden, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu erweitern. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.

Insgesamt ist je nach Versuchstierart und den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

1.5.5.3.   Autopsie

Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden Autopsie unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber und Gallenblase, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Uterus, Eierstöcke, Schilddrüse, (mit Nebenschilddrüse), Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (außer der tot aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tiere) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern.

Die folgenden Gewebe sind in dem für Gewebsarten und die vorgesehene nachfolgende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmedium aufzubewahren: alle Gewebe mit makroskopischen Läsionen, Gehirn (repräsentative Bereiche, insbesondere Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons), Rückenmark (auf drei Ebenen: cervical, mittlerer Thoraxbereich, und lumbar), Hypophyse, Augen, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Thymusdrüse, Speiseröhre, Speicheldrüsen, Magen, Dünn- und Dickdarm (einschließlich Peyer'schen Platten), Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Luftröhre und Lungen, Aorta, Gonaden, Uterus, akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüsen, Prostata, Harnblase, Lymphknoten (vorzugsweise ein Lymphknoten des Verabreichungswegs und ein weiterer vom Verabreichungsweg entfernter, um systemische Wirkungen abzudecken), periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis), vorzugsweise in der Nähe des Muskels, ein Knochenmarksschnitt (und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat) und Haut. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebsuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.

1.5.5.4.   Histopathologische Untersuchungen

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosis sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe ist eine umfassende histopathologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller Dosisgruppen auszudehnen, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Gruppe mit der höchsten Dosis festgestellt werden.

Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.

Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Es sollten Daten für jedes einzelne Tier vorgelegt werden. Außerdem sollten alle Daten in Tabellenform zusammengefasst werden, aus denen für jede Prüfgruppe folgende Daten hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Gründen des Tierschutzes getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des eingetretenen Todes oder der aus Tierschutzgründen vorgenommenen Tötung, die Zahl der Tiere, die Anzeichen von Toxizität aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der davon betroffenen Tiere.

Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sollten bei der Planung der Studie festgelegt werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften;
Identifizierungsdaten;
Vehikel (sofern zutreffend): Begründung der Wahl des Vehikels, sofern anders als Wasser.

2.2.2.   Versuchstierart

Tierart und Stamm:
Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere:
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;
individuelles Gewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Begründung der Wahl der Dosisstufen;
Einzelheiten der Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (ppm) in die tatsächliche Dosis;
Einzelheiten der Futter- und Wasserqualität.

2.2.4.   Ergebnisse

Körpergewicht und Änderungen des Körpergewichts;
gegebenenfalls Angaben zur Futter- und Wasseraufnahme;
Daten der toxischen Wirkung nach Geschlecht und Dosis, einschließlich Toxizitätsanzeichen;
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);
Ergebnisse aus der ophthalmologischen Untersuchung;
hämatologische Tests mit entsprechenden Normalwerten;
klinisch-biochemische Tests mit entsprechenden Normalwerten;
terminales Körpergewicht, Organgewichte und Verhältnis Organ-/Körpergewicht;
Sektionsbefunde;
ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;
Absorptionsdaten, sofern zutreffend;
statistische Bearbeitung der Ergebnisse, wenn möglich.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen

B.28.   PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE TOXIZITÄT NACH DERMALER APPLIKATION — 90-TAGE-TEST MIT NAGERN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird mehreren Versuchstiergruppen täglich in abgestuften Dosierungen auf die Haut aufgetragen, und zwar eine Dosierung je Gruppe über einen Zeitraum von 90 Tagen. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere täglich auf Vergiftungserscheinungen beobachtet. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt. Kurz vor Beginn des Tests wird das Rückenfell der Versuchstiere geschoren. Ein Abrasieren des Fells ist ebenfalls möglich, sollte jedoch etwa 24 Stunden vor dem Versuch erfolgen. Das Scheren oder Rasieren muss normalerweise wöchentlich wiederholt werden. Es ist darauf zu achten, dass dabei die Haut nicht verletzt wird. Mindestens 10 % der Körperoberfläche wird für die Applikation der Prüfsubstanz vorbereitet. Bei der Bestimmung des zu scherenden Bereichs und der Applikationsfläche ist das Gewicht der Tiere zu berücksichtigen. Werden Versuche mit festen Stoffen durchgeführt, die ggf. pulverisiert werden können, sollte die Prüfsubstanz ausreichend mit Wasser oder, falls erforderlich, mit einem geeigneten Vehikel angefeuchtet werden, um einen guten Kontakt mit der Haut zu gewährleisten. Flüssige Prüfsubstanzen werden gewöhnlich unverdünnt angewendet. Die Applikation erfolgt normalerweise an fünf bis sieben Tagen pro Woche.

Versuchsbedingungen

Versuchstiere

Es können erwachsene Ratten, Kaninchen oder Meerschweinchen verwendet werden. Andere Tierarten sind ebenfalls geeignet, jedoch muss ihre Verwendung begründet werden. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung im Körpergewicht nicht mehr als ± 20 % vom Mittelwert betragen. Wird eine subchronische dermale Toxizitätsstudie einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche) mit gesunder Haut sind für jede Dosierung zu verwenden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 20 Tieren (10 Tiere pro Geschlecht) über 90 Tage mit der höchsten Dosierung behandelt werden, um während eines Zeitraums von 28 Tagen nach der Behandlung auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen achten zu können.

Dosierungen

Es sind mindestens drei Dosisgruppen und eine Kontrollgruppe und — sofern ein Vehikel benutzt wird — eine Vehikelkontrollgruppe erforderlich. Die Applikation der Prüfsubstanz sollte täglich zur gleichen Zeit und in festgesetzten Intervallen (wöchentlich oder 14-tägig) erfolgen, um ein in Relation zum Körpergewicht des Tieres konstantes Dosierungsniveau zu gewährleisten. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Wird zur Erleichterung der Verabreichung ein Vehikel benutzt, so ist dieses der entsprechenden Kontrollgruppe in gleicher Weise zu verabreichen wie den behandelten Tieren und zwar in der Menge, die die Gruppe mit der höchsten Dosierung erhält. Die höchste Dosierung ist so zu wählen, dass auf jeden Fall toxische Wirkungen eintreten, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Dosierung darf keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so sollte die niedrigste Dosierung diesen Wert nicht überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Dosierung nur geringe toxische Wirkungen verursachen. Werden mehrere Zwischendosierungen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, dass sich eine graduelle Abstufung der toxischen Wirkungen ergibt. In den Gruppen mit niedriger und mittlerer Dosierung sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl von Todesfällen gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Führt die Applikation der Prüfsubstanz zu schweren Hautreizungen, sollten die Konzentrationen herabgesetzt werden, was bei hoher Dosierung zu einer Verminderung oder einem Ausbleiben weiterer toxischer Wirkungen führen dürfte. Wurde die Haut stark beschädigt, ist es unter Umständen notwendig, den Versuch abzubrechen und mit einer niedrigeren Konzentration erneut zu beginnen.

Limit-Test

Hat im Rahmen einer Vorstudie die Verabreichung einer Dosis von 1 000 mg/kg bzw. einer höheren Dosis, die einer bekannten Exposition beim Menschen entspricht, keine toxischen Auswirkungen, so ist eine weitere Prüfung nicht erforderlich.

Beobachtungszeitraum

Alle Tiere sind täglich auf Vergiftungssymptome zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Vergiftungssymptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

Versuchsdurchführung

Die Tiere sind in Einzelkäfigen zu halten; die Prüfsubstanz wird ihnen vorzugsweise an 7 Tagen pro Woche während eines Zeitraums von 90 Tagen verabreicht.

Tiere einer Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 28 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um die Reversibilität von toxischen Effekten bzw. deren Fortbestehen festzustellen. Die Expositionszeit beträgt 6 Stunden pro Tag.

Die Prüfsubstanz ist gleichmäßig auf einen Bereich, der etwa 10 % der Körperoberfläche entspricht, aufzutragen. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner sein, es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer möglichst dünnen und einheitlichen Schicht bedeckt werden.

Die Prüfsubstanz ist während der Expositionszeit mittels eines porösen Mullverbandes und eines hautschonenden Pflasters in Kontakt mit der Haut zu halten. Die Versuchsfläche ist außerdem auf eine geeignete Art abzudecken, um den Mullverband und die Prüfsubstanz zu fixieren und sicherzustellen, dass die Tiere die Prüfsubstanz nicht verschlucken können. Zu diesem Zweck können ggf. Mittel zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit angewendet werden; eine vollständige Immobilisierung ist jedoch nicht zu empfehlen.

Nach Ablauf der Expositionszeit entfernt man — soweit möglich — den Rest der Prüfsubstanz mit Hilfe von Wasser oder eines anderen geeigneten Hautreinigungsverfahrens.

Alle Tiere müssen täglich beobachtet und Vergiftungssymptome sowie deren Beginn, Grad und Dauer aufgezeichnet werden. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufssystems, des autonomen und zentralen Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Die Futteraufnahme und das Gewicht der Tiere werden wöchentlich bestimmt. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um sicherzustellen, dass sich der Bestand an Tieren während der Studie nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe bzw. Fehler beim Umsetzen der Tiere verringert. Nach Abschluss der Studie werden alle überlebenden Tiere, mit Ausnahme der Tiere der Satellitengruppe, seziert. Moribunde Tiere sollten ausgesondert, getötet und seziert werden.

Bei allen Tieren, einschließlich der Kontrolltiere, sind üblicherweise folgende Untersuchungen durchzuführen:

a)
Eine ophthalmologische Untersuchung mit Hilfe eines Ophthalmoskops oder eines gleichwertigen geeigneten Geräts sollte vor der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz und zum Abschluss der Studie — vorzugsweise bei allen Tieren, zumindest jedoch in der Gruppe mit der höchsten Dosierung und in der Kontrollgruppe — durchgeführt werden. Sind bei Versuchsende Veränderungen der Augen feststellbar, sind alle Tiere zu untersuchen.
b)
Am Ende des Versuchs sind hämatologische Untersuchungen, einschließlich Hämatokritwert und Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl, Differenzialblutbild, Messungen der Gerinnungsfähigkeit, z. B. Gerinnungszeit, Prothrombinzeit, Thromboplastinzeit oder Thrombozytenzahl, durchzuführen.
c)
Am Ende des Versuchs sind ebenfalls klinisch-chemische Untersuchungen des Blutes durchzuführen. Für diese Untersuchungen eignen sich folgende Analysen: Elektrolytbilanz, Kohlenhydratstoffwechsel, Leber- und Nierenfunktion. Die Durchführung spezifischer Analysen richtet sich nach der festgestellten Wirkungsweise der Prüfsubstanz. Vorgeschlagen werden folgende Bestimmungen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose (mit auf die Tierart abgestimmter Fastenperiode), Serum-Glutamat-Pyruvat-Transaminase , Serum-Glutamat-Oxalacetat-Transaminase , Ornithin-Dekarboxylase, Gamma-Glutamyl-transpeptidase, Harnstickstoff, Albumin, Blutkreatinin, Gesamtbilirubin- und -serumeiweißmessungen. Weitere Analysen, die gegebenenfalls für eine geeignete toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Lipide, Hormone, Säuren-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität. Zusätzliche klinisch-chemische Analysen können erforderlich sein, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu vertiefen.
d)
In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, erscheint jedoch erforderlich, sofern eine toxische Wirkung zu erwarten oder zu beobachten ist.

Erweisen sich Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch-chemischer Parameter vor Versuchsbeginn in Betracht gezogen werden.

Autopsie

Bei allen im Versuch befindlichen Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen, einschließlich einer Untersuchung der Körperoberfläche, aller Körperöffnungen, sowie der Schädel, Brust- und Bauchhöhle einschließlich der jeweiligen Organe. Leber, Nieren, Nebennieren und Hoden werden so bald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die folgenden Organe und Gewebe sind für eine eventuelle spätere histopathologische Untersuchung in einem geeigneten Medium aufzubewahren: alle Organe mit makroskopischen Veränderungen, Gehirn, einschließlich Medulla/Pons, der Kleinhirn- und Großhirnrinde, der Hypophyse, der Schilddrüse/Nebenschilddrüse, des Thymusgewebes, von Trachea und Lungen, Herz, Aorta, (Speicheldrüse), Leber, Milz, Nieren, Nebennieren, Pankreas, Gonaden, Uterus, akzessorische Geschlechtsorgane, Gallenblase (sofern vorhanden), Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Coecum, Kolon, Rektum, Harnblase, repräsentative Lymphknoten (weibliche Brustdrüse), (Oberschenkelmuskulatur), Nerven des peripheren Systems, Brustbein mit Knochenmark (Augen), (Femur, einschließlich Gelenkoberfläche), (Wirbelsäule in drei Ebenen: Hals-, mittlerer Thorax- und Lendenbereich) sowie (extraorbitale Tränendrüse). Die in Klammern angegebenen Gewebe sind nur bei Anzeichen von Toxizität oder bei Einbeziehung des Zielorgans zu untersuchen.

Histopathologische Untersuchung

a)
Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und den Tieren mit der höchsten Dosis ist eine vollständige histopathologische Untersuchung der behandelten und der unbehandelten Hautflächen sowie der Organe und Gewebe durchzuführen.
b)
Alle Organe mit makroskopischen Veränderungen sind zu untersuchen.
c)
Die Zielorgane der Tiere der anderen Dosisgruppen sind zu untersuchen.
d)
Werden Ratten benutzt, sind die Lungen der Tiere in der Gruppe mit niedriger und mittlerer Dosierung zur Feststellung einer möglichen Infektion histopathologisch so zu untersuchen, dass eine geeignete Beurteilung des Gesundheitszustandes der Tiere möglich ist. Weitere histopathologische Untersuchungen der Tiere dieser Gruppen sind routinemäßig nicht erforderlich, müssen jedoch bei den Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung stets für alle geschädigten Organe durchgeführt werden.
e)
Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe histopathologisch zu untersuchen, die in den behandelten Gruppen auf die Prüfsubstanz reagierten.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus muss für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit Veränderungen, die Art der Veränderungen sowie der Prozentsatz der Tiere für jede Art der Veränderung hervorgehen. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Tierarten, Tierstamm, Herkunft, Haltungsbedingungen, Fütterung;
Versuchsbedingungen;
Dosierungen (ggf. Vehikel) und Konzentrationen;
Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Dosierung;
nichttoxische Dosis, sofern möglich;
Zeitpunkt des Todes während des Versuchs bzw. Angabe, ob die Tiere den Versuch überlebten;
Beschreibung toxischer oder anderer Wirkungen;
Zeitpunkt der Beobachtung der einzelnen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;
Angaben über Futterverbrauch und Körpergewichtsentwicklung;
ophthalmologische Befunde;
hämatologische Tests und deren Ergebnisse;
klinisch-chemische Tests und deren Ergebnisse (einschließlich Ergebnis einer evtl. Urinanalyse);
Sektionsbefunde;
detaillierte Beschreibung aller histopathologischen Befunde;
statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;
Diskussion der Ergebnisse;
Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.29   PRÜFUNG AUF SUB-CHRONISCHE TOXIZITÄT NACH INHALATION — 90-TAGE-TEST

ZUSAMMENFASSUNG

Diese überarbeitete Prüfmethode B.29 wurde entwickelt, um die Toxizität der Prüfsubstanz nach Inhalation über einen subchronischen Zeitraum (90 Tage) umfassend zu beschreiben und um robuste Daten für die quantitative Bewertung des Inhalationsrisikos zu gewinnen. Gruppen von zehn männlichen und zehn weiblichen Nagern werden über einen Zeitraum von 90 Tagen (13 Wochen) 6 Stunden am Tag a) der Prüfsubstanz in drei oder mehr Konzentrationsstufen, b) gefilterter Luft (negative Kontrolle) und/oder c) dem Vehikel (Vehikelkontrolle) ausgesetzt. Im Allgemeinen werden die Tiere der Prüfsubstanz an fünf Tagen pro Woche ausgesetzt, aber auch sieben Tage pro Woche sind zulässig. Es werden immer männliche und weibliche Tiere geprüft, aber sie können unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, wenn bekannt ist, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert als das andere. Bei dieser Methode hat der Studienleiter die Möglichkeit, Satellitengruppen (Reversibilitätsprüfung) aufzunehmen, Tiere im Verlauf der Studie zu töten, sowie eine bronchoalveoläre Lavage (BAL), neurologische Tests, zusätzliche klinische Pathologieuntersuchungen und histopathologische Untersuchungen durchzuführen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz besser beschreiben zu können.

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 413 (2009). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 413 (TG 413) zur subchronischen Inhalation wurde 1981 angenommen (1). Diese Prüfmethode B.29 (die der überarbeiteten TG 413 (2009) entspricht), wurde aktualisiert, um dem neuesten Stand der Wissenschaft Rechnung zu tragen und derzeitige und künftige Regulierungsanforderungen zu erfüllen.
2.
Prüfungen auf subchronische Toxizität nach Inhalation haben hauptsächlich den Zweck, die in Vorschriften festzusetzenden Konzentration zu bestimmen, nach denen das Risiko für Arbeitnehmer im beruflichen Umfeld beurteilt wird. Sie werden auch verwendet, um das mit einer Exposition verbundene Risiko für den Menschen am Wohnort, im Verkehr und in der Umwelt zu beurteilen. Diese Methode ermöglicht die Beschreibung der schädlichen Wirkungen nach wiederholter täglicher inhalativer Exposition gegen eine Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 90 Tagen (etwa 10 % der Lebenszeit einer Ratte). Die in Prüfungen auf subchronische Toxizität nach Inhalation gewonnenen Daten können für quantitative Risikobewertungen und für die Auswahl von Konzentrationen für chronische Prüfungen verwendet werden. Diese Prüfmethode ist nicht speziell für die Prüfung von Nanomaterialien bestimmt. Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document (GD 39 (2)) definiert.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

3.
Um die Qualität der Studie zu verbessern und möglichst wenig Versuchstiere zu verwenden, sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen. Für die Auswahl der am besten geeigneten Prüfkonzentrationen könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Falls Neurotoxizität erwartet oder im Verlauf der Studie beobachtet wird, kann der Studienleiter beschließen, geeignete Untersuchungen wie eine FOB (functional observational battery) und die Messung der motorischen Aktivität aufzunehmen. Obwohl die Expositionszeit bei bestimmten Untersuchungen ein kritischer Aspekt sein kann, darf die Durchführung dieser zusätzlichen Versuche die Auslegung der Hauptstudie nicht beeinträchtigen.
4.
Verdünnungen ätzender oder reizender Prüfsubstanzen können in Konzentrationen geprüft werden, die den gewünschten Toxizitätsgrad erzielen. Weitere Informationen sind GD 39 (2) zu entnehmen. Wenn Versuchstiere diesen Stoffen ausgesetzt werden, sollten die Zielkonzentrationen so niedrig sein, dass sie keine starken Schmerzen oder Leiden verursachen; sie sollten aber ausreichen, um die Konzentrations-Wirkungs-Kurve so zu erweitern, dass das regulatorische und wissenschaftliche Ziel der Prüfung erreicht wird. Diese Konzentrationen sollten von Fall zu Fall festgelegt werden, möglichst auf Basis einer entsprechend ausgelegten Dosisfindungsstudie, die Informationen über den kritischen Endpunkt, eine etwaige Reizschwelle und den Zeitpunkt des Einsetzens der Wirkung liefert (siehe Nummern 11, 12 und 13). Die Wahl der Konzentration ist zu begründen.
5.
Moribunde Tiere oder Tiere, die Anzeichen starker und andauernder Qualen zeigen, sollten tierschutzgerecht getötet werden. Moribunde Tiere werden auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

6.
Es sind junge, gesunde, adulte Nagetiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Wird eine andere Tierart eingesetzt, ist dies zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

7.
Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Randomisierung sollten die jungen, adulten Tiere 7 bis 9 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt.

Tierhaltung

8.
Um die Beobachtungen zu erleichtern und Verwechslungen auszuschließen, sollten die Tiere möglichst mit einem subkutanen Transponder einzeln gekennzeichnet werden. Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall im Bereich zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

9.
Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und der Gegenstand der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die „Nose-only“-Exposition (dieser Begriff umfasst „nur Kopf“, „nur Nase“ oder „nur Schnauze“). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die „Nose-only“-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Grundzüge der „Nose-only“- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind in GD 39 (2) beschrieben.

TOXIZITÄTSSTUDIEN

Grenzkonzentrationen

10.
Anders als bei Studien zur akuten Toxizität gibt es bei Prüfungen auf subchronische Toxizität nach Inhalation keine festgelegten Grenzkonzentrationen. Bei der Festlegung der maximalen Prüfkonzentration ist Folgendes zu beachten: 1) die höchste erreichbare Konzentration, 2) das maximale Expositionsniveau von Menschen (‚worst case), 3) die Notwendigkeit, eine ausreichende Sauerstoffversorgung aufrechtzuerhalten, und 4) Tierschutzerwägungen. Gibt es keine auf Daten basierenden Grenzwerte, können die akuten Grenzwerte der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (13) zugrunde gelegt werden (d. h. bis zu einer Höchstkonzentration von 5 mg/l bei Aerosolen, 20 mg/l bei Dämpfen und 20 000 ppm bei Gasen); siehe GD 39 (2). Wenn diese Grenzen bei der Prüfung von Gasen oder hochflüchtigen Prüfsubstanzen (z. B. Kältemitteln) überschritten werden müssen, ist dies zu begründen. Die Grenzkonzentration muss eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).

Dosisfindungsstudie

11.
Vor Beginn der Hauptstudie muss in der Regel eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden. Diese ist umfassender als eine Vorstudie, weil sie nicht auf die Wahl der Konzentration begrenzt ist. Die in einer Dosisfindungsstudie gewonnenen Erkenntnisse können zu einer erfolgreichen Hauptstudie führen. Sie kann z. B. technische Informationen zu den Analysemethoden, zur Partikelgröße, zur Erkennung toxischer Mechanismen, klinische Pathologiedaten und histopathologische Daten sowie Schätzungen möglicher NOAEL- und MTC-Konzentrationen in einer Hauptstudie liefern. Der Studienleiter kann entscheiden, mithilfe der Dosisfindungsstudie die Schwelle für die Reizung der Atemwege (z. B. durch histopathologische Untersuchung der Atemwege, Lungenfunktionsprüfung oder bronchoalveoläre Lavage), die höchste Konzentration, die von den Tieren ohne übermäßigen Stress toleriert wird, und die Parameter, die die Toxizität der Prüfsubstanz am besten beschreiben, zu identifizieren.
12.
Eine Dosisfindungsstudie kann aus einer oder mehreren Konzentrationsstufen bestehen. Auf jeder Konzentrationsstufe sollten je nach den gewählten Endpunkten drei bis sechs männliche und drei bis sechs weibliche Tiere der Prüfsubstanz ausgesetzt werden. Eine Dosisfindungsstudie sollte mindestens fünf Tage und im Allgemeinen nicht mehr als 28 Tage dauern. Die Wahl der Konzentrationen für die Hauptstudie ist im Prüfbericht zu begründen. Ziel der Hauptstudie ist es, nachzuweisen, dass eine Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung besteht, die am voraussichtlich empfindlichsten Endpunkt auftritt. Die niedrigste Konzentration sollte im Idealfall eine Konzentration sein, bei der keine zu beobachtenden schädlichen Wirkungen auftreten, und die höchste Konzentration sollte eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).
13.
Bei der Auswahl der Konzentrationsstufen für die Dosisfindungsstudie sollten alle verfügbaren Informationen berücksichtigt werden, einschließlich der Struktur-Wirkungs-Beziehungen und der Daten über ähnliche Stoffe (siehe Nummer 3). Eine Dosisfindungsstudie kann bestätigen/widerlegen, welche Endpunkte nach mechanistischen Kriterien als die empfindlichsten Endpunkte angesehen werden, z. B. die Cholinesterasehemmung durch Organophosphate, die Methämoglobinbildung durch für Erythrozyten toxische Stoffe, Schilddrüsenhormone (T3, T4) im Fall von thyrotoxischen Stoffen, Proteine, LDH oder Neutrophile in bronchoalveolärer Lavage im Fall schwach löslicher unschädlicher Partikel oder lungenreizender Aerosole.

Hauptstudie

14.
Die Hauptstudie zur Prüfung auf subchronische Toxizität umfasst im Allgemeinen drei Konzentrationsstufen sowie, falls erforderlich, eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrolle und/oder eine Vehikelkontrolle (siehe Nummer 18). Die Festlegung der geeigneten Expositionsstufen sollte sich auf alle verfügbaren Daten stützen, einschließlich der Ergebnisse systemischer Toxizitätsprüfungen, des Metabolismus und der Kinetik (hohe Konzentrationsstufen, die kinetische Prozesse sättigen, sind zu vermeiden). Jede Prüfgruppe umfasst zehn männliche und zehn weibliche Nager, die der Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 13 Wochen an fünf Tagen in der Woche jeweils 6 Stunden pro Tag ausgesetzt werden (Gesamtdauer der Prüfung 90 Tage). Die Tiere können auch an sieben Tagen in der Woche exponiert werden (z. B. wenn inhalierte Arzneimittel geprüft werden). Ist bekannt, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert, können die Geschlechter unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, um die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung genauer zu bestimmen (siehe Nummer 15). Wenn für eine „Nose-only“-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden/Tag oder die Notwendigkeit einer Ganzkörperexpositionsstudie mit Langzeitexposition (z. B. 22 Stunden/Tag) ist zu begründen (siehe GD 39 (2). Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden, es sei denn die Exposition dauert länger als 6 Stunden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition jederzeit angeboten werden.
15.
Die gewählten Zielkonzentrationen sollen es ermöglichen, die Zielorgane zu identifizieren und eine deutliche Konzentrations-Wirkungs-Beziehung zu belegen:
Die hohe Konzentrationsstufe sollte toxische Wirkungen hervorrufen, aber keine anhaltenden Symptome oder Todesfälle verursachen, die eine Auswertung der Ergebnisse beeinträchtigen würden.
Der Abstand zwischen den mittleren Konzentrationsstufen muss eine Abstufung der toxischen Wirkungen zwischen der niedrigen und der hohen Konzentration ermöglichen.
Die untere Konzentrationsstufe sollte praktisch keine Toxizitätszeichen hervorrufen.

Tötungen im Verlauf der Studie

16.
Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Zahl der Tiere jeder Expositionsstufe um die Zahl der Tiere erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Tötungen im Verlauf der Studie sind zu begründen und in den statistischen Analysen entsprechend zu berücksichtigen.

Satellitenstudie (Reversibilität)

17.
Es kann eine Satellitenstudie durchgeführt werden, um die Tiere für einen angemessenen Zeitraum nach der Behandlung (mindestens 14 Tage) auf Reversibilität, Persistenz oder ein verzögertes Auftreten von Toxizität zu beobachten. Satellitengruppen bestehen aus zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren, die der Prüfsubstanz gleichzeitig mit den Versuchstieren der Hauptstudie ausgesetzt werden. Dabei sollten sie der Prüfsubstanz auf der höchsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden, und erforderlichenfalls sollte es gleichzeitige Luft- und/oder Vehikelkontrollen geben (siehe Nummer 18).

Kontrolltiere

18.
Eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrollgruppe ist genauso zu behandeln wie die Prüfgruppe, außer dass die Tiere nicht der Prüfsubstanz, sondern gefilterter Luft ausgesetzt werden. Wenn die Prüfatmosphäre mithilfe von Wasser oder einem anderen Stoff erzeugt wird, ist statt der negativen (Luft-)Kontrollgruppe eine Vehikelkontrollgruppe zu verwenden. Wenn möglich sollte Wasser als Vehikel benutzt werden. In diesem Fall sind die Tiere Luft mit derselben relativen Luftfeuchtigkeit auszusetzen wie die exponierten Gruppen. Das geeignete Vehikel ist auf der Grundlage einer geeigneten Vorstudie oder von historischen Daten auszuwählen. Ist die Toxizität eines Vehikels unklar, kann der Studienleiter beschließen, sowohl eine negative (Luft-)Kontrolle als auch eine Vehikelkontrolle zu verwenden; hiervon wird jedoch dringend abgeraten. Wenn historische Daten belegen, dass ein Vehikel nicht toxisch ist, besteht keine Notwendigkeit für eine negative (Luft-)Kontrollgruppe und es sollte nur eine Vehikelgruppe verwendet werden. Ergibt eine Vorstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch, und diese Vehikelkontrolle sollte verwendet werden.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

19.
Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, den gewählten Konzentrationen und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden. Bei Partikeln kann die Partikelgröße durch mechanische Prozesse verringert werden. GD 39 (2) enthält nähere Hinweise.

Partikelgrößenverteilung

20.
Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 3 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (4). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldampfpartikel liegen z. B. unter diesen Werten, geladene Partikel und Fasern dagegen können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

21.
Im Idealfall sollte die Prüfsubstanz ohne ein Vehikel geprüft werden. Wenn für die Erzeugung einer geeigneten Prüfsubstanzkonzentration oder Partikelgröße ein Vehikel verwendet werden muss, ist Wasser zu bevorzugen. Wird eine Prüfsubstanz in einem Vehikel gelöst, so ist seine Stabilität nachzuweisen.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

22.
Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Echtzeit-Überwachung der Konzentration (oder zeitlichen Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Inhalationsparameter zu messen. Wenn die Konzentration in Echtzeit überwacht wird, kann die Frequenz der Messung der Luftströme auf eine einzige Messung je Exposition und Tag reduziert werden. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in „Nose-only“-Expositionskammern zu vermeiden. Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen zu messen. Wenn die Messungen am ersten Expositionstag die richtigen Werte dieser Gase bestätigen, sollten keine weiteren Messungen erforderlich sein.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

23.
Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der „Nose-only“- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere kontinuierlich überwacht und während jeder Exposition möglichst stündlich dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte möglichst zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

24.
Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch die Inhalationskammer geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

25.
Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können entweder durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden.
26.
Für die gesamte Dauer der Studie sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.
27.
Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten. Um die Stabilität der Expositionsbedingungen nachzuweisen, kann ein Echtzeitüberwachungsgerät verwendet werden, z. B. ein Aerosol-Photometer für Aerosole oder ein Gesamtkohlenwasserstoff-Analysator (THC) für Dämpfe. Die tatsächliche Konzentration in der Kammer sollte an jedem Expositionstag für jede Expositionsstufe mindestens dreimal gemessen werden. Falls dies wegen geringer Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich ist, reicht eine Probe je Expositionsperiode. Im Idealfall sollte diese Probe dann über die gesamte Expositionszeit gewonnen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird. Dies schließt die Zeiten zur Erreichung des Gleichgewichts in der Kammer (t95) und zum Abbau der Konzentrationen ein. GD 39 (2) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.
28.
Bei sehr komplexen Mischungen aus Gasen/Dämpfen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden), kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten. Daher sollte mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Gas/Dampf und Aerosol) ausgewählt werden. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die gesamte Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder die Indikatorsubstanz (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind in GD 39 (2) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

29.
Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte auf jeder Konzentrationsstufe mindestens wöchentlich mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und dem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden.
30.
Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe GD 39 (2)]. Wenn die Gleichwertigkeit bei allen geprüften Konzentrationen zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Exposition wiederholt werden muss.
31.
Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden.

BEOBACHTUNGEN

32.
Die Tiere sollten vor, während und nach der Exposition auf klinische Zeichen beobachtet werden. Je nach Reaktion der Tiere während der Exposition können häufigere Beobachtungen angezeigt sein. Wenn die Beobachtung der Tiere durch die Verwendung von Restrainern, wegen schlecht beleuchteter Ganzkörperkammern oder getrübter Atmosphäre erschwert ist, sind die Tiere nach der Exposition sorgfältig zu beobachten. Durch Beobachtungen vor der Exposition am folgenden Tag kann beurteilt werden, ob toxische Wirkungen sich zurückgebildet oder verschlimmert haben.
33.
Sämtliche Beobachtungen werden in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.
34.
Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufsystems, des Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern. Darüber hinaus können zusätzliche Aspekte wie Kinetik, Biomonitoring, Lungenfunktion, Retention schlecht löslicher Stoffe, die im Lungengewebe akkumulieren, und Verhaltensstörungen in das Studienprotokoll aufgenommen werden.

KÖRPERGEWICHT

35.
Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte kurz vor der ersten Exposition (Tag 0), danach zweimal wöchentlich (z. B. freitags und montags, um die Erholung während eines expositionsfreien Wochenendes nachzuweisen, oder in einem Zeitintervall, das die Beurteilung der systemischen Toxizität ermöglicht) und zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung dokumentiert werden. Treten in den ersten vier Wochen keine Wirkungen auf, kann das Körpergewicht während der restlichen Studiendauer wöchentlich gemessen werden. Satellitentiere (Reversibilitätsprüfung) (falls verwendet) sollten während der gesamten Erholungsphase weiterhin wöchentlich gewogen werden. Am Ende der Studie sollten alle Tiere kurz vor der Tötung gewogen werden, um eine objektive Berechnung der Organ-Körpergewicht-Verhältnisse zu ermöglichen.

FUTTER- UND WASSERAUFNAHME

36.
Die Futteraufnahme sollte wöchentlich gemessen werden. Auch die Wasseraufnahme kann gemessen werden.

KLINISCHE PATHOLOGIE

37.
An allen Tieren, auch an Kontroll- und Satellitentieren (Reversibilitätsprüfung) sollten klinische Pathologieuntersuchungen durchgeführt werden, wenn sie getötet werden. Der Zeitraum zwischen dem Ende der Exposition und der Blutentnahme ist zu protokollieren, insbesondere wenn der betreffende Endpunkt rasch zu seinem ursprünglichen Wert zurückkehrt. Für Parameter mit einer kurzen Plasmahalbwertszeit (z. B. COHb, CHE und MetHb) ist die Probenahme nach Ende der Exposition angezeigt.
38.
In Tabelle 1 sind die im Allgemeinen für alle Toxikologiestudien erforderlichen klinischen Pathologieparameter aufgeführt. In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, kann aber durchgeführt werden, wenn sie wegen erwarteter oder festgestellter Toxizität für nützlich gehalten wird. Der Studienleiter kann beschließen, zusätzliche Parameter zu bestimmen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz genauer zu beschreiben (z. B. Cholinesterase, Lipide, Hormone, Säure-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin oder Heinz-Körper, Creatin-Kinase, Verhältnis von myeloiden zu erythroiden Zellen, Troponin, arterielle Blutgase, Lactatdehydrogenase, Sorbitdehydrogenase, Glutamatdehydrogenase und γ-Glutamyltranspeptidase).



Tabelle 1

Klinische Standardpathologieparameter

Hämatologische Untersuchung

Erythrozytenzahl

Hämatokrit

Hämoglobinkonzentration

Mittleres korpuskuläres Hämoglobin

Mittleres Erythrozyteneinzelvolumen

Mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration

Retikulozyten

Gesamtleukozytenzahl

Differentialleukozytenzahl

Thrombozytenzahl

Gerinnungsfähigkeit (einen Wert wählen):

— Prothrombinzeit

— Blutgerinnungszeit

— Partielle Thromboplastinzeit

Klinische Chemie

Glucose (1)

Gesamtcholesterin

Triglyceride

Harnstoff-N

Gesamtbilirubin

Kreatinin

Gesamteiweiß

Albumin

Globulin

Alanin-Aminotransferase

Aspartat-Aminotransferase

Alkalische Phosphatase

Kalium

Natrium

Calcium

Phosphor

Chlorid

Urinuntersuchung (fakultativ)

Aussehen (Farbe und Trübung)

Menge

Spezifisches Gewicht oder Osmolarität

pH-Wert

Gesamtprotein

Glucose

Blut/Blutzellen

(*1)   Da ein längerer Futterentzug die Glucosemessungen bei den behandelten gegenüber den Kontrolltieren verzerren kann, sollte der Studienleiter entscheiden, ob eine Futterkarenz angezeigt ist. Die Dauer des Futterentzugs muss auf die verwendete Art abgestimmt sein; bei der Ratte kann sie 16 Stunden betragen (nächtliche Futterkarenz). Der Nüchternglucosewert kann nach nächtlicher Futterkarenz in der letzten Expositionswoche oder nach nächtlicher Futterkarenz vor der Nekropsie (in letzterem Fall zusammen mit allen anderen klinischen Pathologieparametern) bestimmt werden.
39.
Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die unteren Atemwege (d. h. die Alveolen) die Hauptablagerungs- und Retentionsorte sind, kann die bronchoalveoläre Lavage (BAL) die Methode der Wahl sein, um hypothesenbasierte Dosis-Wirkungs-Parameter quantitativ zu analysieren, wobei Alveolitis, Lungenentzündung und Phospholipidose im Vordergrund stehen. Auf diese Weise können Veränderungen der Dosis-Wirkungs-Beziehung und des zeitlichen Verlaufs alveolärer Läsionen angemessen untersucht werden. Die BAL-Flüssigkeit kann auf Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Gesamtprotein und Laktatdehydrogenase analysiert werden. In Betracht gezogen werden können auch Parameter, die auf lysosomale Schäden, Phospholipidose, Fibrose und reizende oder allergische Entzündung hindeuten; dazu kann auch die Bestimmung entzündungsfördernder Zytokine/Chemokine gehören. BAL-Messungen dienen im Allgemeinen zur Ergänzung der Ergebnisse histopathologischer Untersuchungen, können sie aber nicht ersetzen. GD 39 (2) enthält eine Anleitung zur Durchführung der Lungenlavage.

OPHTHALMOLOGISCHE UNTERSUCHUNG

40.
Mit einem Ophthalmoskop oder einem gleichwertigen Gerät werden vor der Verabreichung der Prüfsubstanz bei allen Tieren und nach Abschluss der Prüfung bei allen Hochkonzentrations- und Kontrollgruppen der Augenhintergrund, die brechenden Medien, die Iris und die Bindehaut untersucht. Werden Veränderungen der Augen festgestellt, sind alle Tiere in den anderen Gruppen, einschließlich der Satellitengruppe (Reversibilität) ebenfalls zu untersuchen.

MAKROSKOPISCHE PATHOLOGIE UND ORGANGEWICHTE

41.
Alle Versuchstiere, einschließlich der Tiere, die während der Prüfung sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden, sind (falls möglich) vollständig zu entbluten und auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Der Zeitabstand zwischen dem Ende der letzten Exposition des Tiers und seiner Tötung ist zu dokumentieren. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.
42.
In Tabelle 2 sind die Organe und Gewebe aufgeführt, die bei der Sektion zur histopathologischen Untersuchung in einem geeigneten Medium aufbewahrt werden sollten. Die Aufbewahrung der in [Klammern] gesetzten Organe und Gewebe sowie aller sonstigen Organe und Gewebe liegt im Ermessen des Studienleiters. Die durch Fettdruck hervorgehobenen Organe sind so bald wie möglich nach der Sektion von anhaftendem Gewebe zu befreien und feucht zu wiegen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die Schilddrüse und die Nebenhoden sind nur zu wiegen, wenn dies notwendig ist, da ihre Befreiung von anhaftendem Gewebe die histopathologische Bewertung erschweren kann. Gewebe und Organe sind unmittelbar nach der Nekropsie und je nach verwendetem Fixierungsmittel mindestens 24-48 Stunden vor der Befreiung von anhaftendem Gewebe in 10 %ig gepuffertem Formalin oder einem anderen geeigneten Fixierungsmittel zu fixieren.

Tabelle 2

Bei der Nekropsie aufbewahrte Organe und Gewebe

Nebennieren

Aorta

Knochenmark (und/oder frisches Aspirat)

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

Caecum

Kolon

Duodenum

[Nebenhoden]

[Augen (Netzhaut, Sehnerv) und Lider]

Femur und Kniegelenk

Gallenblase (falls vorhanden)

[Hardersche Drüsen]

Herz

Ileum

Jejunum

Nieren

[Tränendrüsen (extraorbital)]

Larynx (3 Ebenen einschließlich der Basis der Epiglottis)

Leber

Lunge (alle Lungenlappen auf einer Ebene, einschließlich der Hauptbronchien)

Lymphknoten aus der Hilusregion der Lunge, insbesondere bei schlecht löslichen Prüfsubstanzen, die in Partikelform vorliegen. Für gründlichere Untersuchungen und/oder Studien mit immunologischem Schwerpunkt können zusätzliche Lymphknoten in Betracht gezogen werden, z. B. aus der mediastinalen, der cervicalen/submandibulären und/oder der aurikularen Region.

Lymphknoten (distal vom Eingangsort)

Brustdrüsen (weibliche)

Muskel (Oberschenkel)

Nasopharyngeale Gewebe (mindestens 4 Ebenen; 1 Ebene muss den Nasen-Rachen-Gang und das Lymphgewebe des Nasen-Rachen-Raums (NALT) umfassen.

Speiseröhre

[Riechkolben]

Ovarien

Pankreas

Nebenschilddrüsen

Periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis, vorzugsweise in der Nähe des Muskels)

Hypophyse

Prostata

Rectum

Speicheldrüsen

Samenbläschen

Haut

Rückenmark (zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

Milz

Brustbein

Magen

Zähne

Hoden

Thymus

Schilddrüse

[Zunge]

Trachea (mindestens 2 Ebenen mit einem Längsschnitt durch die Carina und 1 Querschnitt)

[Harnleiter]

[Harnröhre]

Harnblase

Uterus

Zielorgane

Alle makroskopischen Läsionen und Massen

43.
Die Lungen sind in intaktem Zustand zu entfernen, zu wiegen und mit einem geeigneten Fixierungsmittel bei einem Druck von 20-30 cm Wasser zu behandeln, damit die Lungenstruktur erhalten bleibt (5). Die Schnitte werden bei allen Lungenlappen auf einer Ebene einschließlich der Hauptbronchien hergestellt; wenn eine Lungenlavage durchgeführt wird, ist der nicht gewaschene Lappen jedoch auf drei Ebenen zu schneiden (keine seriellen Schnitte).
44.
Mindestens vier Ebenen der nasopharyngealen Gewebe sind zu untersuchen; eine der Ebenen sollte den Nasen-Rachen-Gang umfassen (5, 6, 7, 8, 9), damit das Plattenepithel, das (nicht Zilien-tragende respiratorische) Übergangsepithel, das (Zilien-tragende respiratorische) Flimmerepithel und das Riechepithel sowie das Lymphgewebe (NALT; 10,11) gründlich untersucht werden können. Drei Ebenen des Larynx sind zu untersuchen; eine dieser Ebenen sollte die Basis der Epiglottis enthalten (12). Mindestens zwei Ebenen der Trachea sind zu untersuchen, darunter ein Längsschnitt durch die Carina der Bifurkation der extrapulmonalen Bronchien und ein Querschnitt.

HISTOPATHOLOGIE

45.
Die in Tabelle 2 aufgeführten Organe und Gewebe der Tiere in der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der höchsten Konzentration und aller während der Studie gestorbenen oder getöteten Tiere sollten histopathologisch untersucht werden. Besonderes Augenmerk ist auf Atemwege, Zielorgane und makroskopische Veränderungen zu richten. Die Organe und Gewebe, die in der Gruppe mit der höchsten Konzentration makroskopische Veränderungen aufweisen, sollten in allen Gruppen untersucht werden. Der Studienleiter kann beschließen, histopathologische Untersuchungen bei zusätzlichen Gruppen durchzuführen, um eine eindeutige Konzentrationswirkung nachzuweisen. Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe (Reversibilitätsprüfung), sind alle Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind. Treten in der Gruppe mit der höchsten Konzentration übermäßig viele frühzeitige Todesfälle oder andere Probleme auf, die die Signifikanz der Daten beeinträchtigen, so ist die nächstniedrigere Konzentration histopathologisch zu untersuchen. Man sollte versuchen, die makroskopischen Befunde mit den Ergebnissen der mikroskopischen Untersuchung zu korrelieren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

46.
Körpergewichte, Futteraufnahme, Ergebnisse der klinischen Pathologie, makroskopische Befunde, Organgewichte und Ergebnisse der Histopathologie sind für die einzelnen Tiere anzugeben. Die Daten der klinischen Beobachtung sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein. Sowohl die quantitativen als auch die gelegentlich erzielten Ergebnisse sind anhand eines geeigneten statistischen Verfahrens zu bewerten. Hierzu ist eine allgemein anerkannte Statistikmethode heranzuziehen; die Statistikmethoden sind bei der Auslegung der Studie festzulegen.

Prüfbericht

47.
Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,
Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte; Daten zur Herkunft der Tiere und historische Daten können angegeben werden, wenn sie Tiere mit ähnlichen Expositions-, Unterbringungs- und Futterkarenzbedingungen betreffen,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,
Randomisierungsmethode,
Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),
Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),
historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

Inhalationskammer

ausführliche Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe des Volumens sowie ein Diagramm,
Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,
Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,
Herkunft der Luft und Klimatisierungssystem,
für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,
Druckunterschied (positiv oder negativ),
Expositions-Öffnungen je Kammer („Nose-only“-Exposition); Anordnung der Tiere in der Kammer (Ganzkörperexposition),
Stabilität der Prüfatmosphäre,
Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,
Behandlung der zugeführten/entzogenen Luft,
Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung („Nose-only“-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),
Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer (t95),
Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,
Messgeräte (falls zutreffend).

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,
nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),
im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Gemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,
alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten (z. B. mg/l, mg/m3 usw.) und nicht in Volumeneinheiten (z. B. ppm, ppb usw.) angegeben werden,
Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz,
eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wurde,
Angaben zur Ausrüstung, die für die Überwachung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer verwendet wird (Erstellung einer Kalibrationskurve),
Angaben zur Ausrüstung, mit der die Proben zur Bestimmung der Konzentration in der Kammer und der Partikelgrößenverteilung genommen werden,
Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium),
Randomisierungsmethode für die Einteilung der Tiere in Prüf- und Kontrollgruppen,
Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),
Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,
tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,
tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,
tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität, sowie Art, Schweregrad, Zeitpunkt des Einsetzens und Dauer der Wirkungen),
tabellarische Darstellung des Körpergewichts der einzelnen Tiere,
tabellarische Darstellung der Futteraufnahme,
tabellarische Darstellung der klinischen Pathologieparameter,
Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden.

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.
Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.
Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.
Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.
Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf humane Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3) zu geben.
Die Zielorgane sollten identifiziert werden.
Der NOAEL und der LOAEL sollten bestimmt werden.

LITERATUR:

1.
OECD (1981). Subchronic Inhalation Toxicity Testing, Original Test Guideline No 413, Environment Directorate, OECD, Paris.
2.
OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.
3.
OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19, ENV/JM/MONO(2000)7, OECD, Paris.
4.
Whalan E and Redden JC (1994). Interim Policy for Particle Size and Limit Concentration Issues in Inhalation Toxicity Studies. Office of Pesticide Programs, United States Environmental Protection Agency.
5.
Dungworth DL, Tyler WS, Plopper CE (1985). Morphological Methods for Gross and Microscopic Pathology (Chapter 9) in Toxicology of Inhaled Material, Witschi, H.P. and Brain, J.D. (eds), Springer Verlag Heidelberg, pp. 229-258.
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Young JT (1981). Histopathological examination of the rat nasal cavity. Fundam. Appl. Toxicol. 1: 309-312.
7.
Harkema JR (1990). Comparative pathology of the nasal mucosa in laboratory animals exposed to inhaled irritants. Environ. Health Perspect. 85: 231-238.
8.
Woutersen RA, Garderen-Hoetmer A, van Slootweg PJ, Feron VJ (1994). Upper respiratory tract carcinogenesis in experimental animals and in humans. In: Waalkes MP and Ward JM (eds) Carcinogenesis. Target Organ Toxicology Series, Raven Press, New York, 215-263.
9.
Mery S, Gross EA, Joyner DR, Godo M, Morgan KT (1994). Nasal diagrams: A tool for recording the distribution of nasal lesions in rats and mice. Toxicol. Pathol. 22: 353-372.
10.
Kuper CF, Koornstra PJ, Hameleers DMH, Biewenga J, Spit BJ, Duijvestijn AM, Breda Vriesman van PJC, Sminia T (1992). The role of nasopharyngeal lymphoid tissue. Immunol. Today 13: 219-224.
11.
Kuper CF, Arts JHE, Feron VJ (2003). Toxicity to nasal-associated lymphoid tissue. Toxicol. Lett. 140-141: 281-285.
12.
Lewis DJ (1981). Mitotic Indices of Rat Laryngeal Epithelia. Journal of Anatomy 132(3): 419-428.
13.
Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.30   PRÜFUNGEN AUF CHRONISCHE TOXIZITÄT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 452 (2009). Die ursprüngliche TG 452 wurde 1981 angenommen. Die Entwicklung dieser überarbeiteten Prüfmethode B.30 wurde für notwendig gehalten, um neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des Tierschutzes sowie Regulierungsanforderungen Rechnung zu tragen (1) (2) (3) (4). Diese Prüfmethode B.30 wurde parallel zur Überarbeitung von Kapitel B.32 dieses Anhang „Prüfungen auf Kanzerogenität“ und Kapitel B.33 dieses Anhangs „Kombinierte Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität“ aktualisiert mit dem Ziel, zusätzliche Informationen von den in der Untersuchung verwendeten Tieren und detailliertere Angaben zur Wahl der Dosis zu gewinnen. Diese Prüfmethode ist dazu ausgelegt, für die Prüfung eines breiten Spektrums von chemischen Stoffen, einschließlich Pestiziden und Industriechemikalien, verwendet zu werden.
2.
Bei den meisten Prüfungen auf chronische Toxizität werden Nagetierarten verwendet; diese Prüfmethode gilt daher hauptsächlich für Prüfungen an diesen Arten. Wenn solche Prüfungen an Nichtnagern erforderlich sind, können die in dieser Prüfmethode beschriebenen Grundsätze und Verfahren in Kombination mit denen des Kapitels B.27 dieses Anhangs „Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren“ (5), mit entsprechenden Änderungen, wie im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (6) beschrieben, ebenfalls angewendet werden.
3.
Bei Prüfungen auf chronische Toxizität finden im Wesentlichen die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen ab. Zusätzliche Informationen zur Wahl des Expositionswegs sind im OECD Guidance Document No. 116 (6) enthalten.
4.
Bei dieser Prüfmethode steht die Exposition auf oralem Weg im Vordergrund. Dies ist der bei Prüfungen auf chronische Toxizität am häufigsten verwendete Expositionsweg. Zwar sind Prüfungen auf Langzeittoxizität mit Exposition über die Haut oder durch Inhalation möglicherweise auch notwendig, um das Risiko für die menschliche Gesundheit zu beurteilen, und/oder im Rahmen bestimmter Regelungen vorgeschrieben, aber diese beiden Expositionswege sind aus technischer Sicht außerordentlich komplex. Derartige Prüfungen sind von Fall zu Fall zu konzipieren, wobei die hier beschriebene Prüfmethode für die Bewertung und Evaluierung chronischer Toxizität bei oraler Verabreichung allerdings mit Bezug auf Empfehlungen für Behandlungszeiten, klinische und Pathologieparameter usw. als Grundlage für ein Protokoll für Inhalations- und/oder dermale Prüfungen dienen könnte. Es gibt OECD-Leitlinien für die Verabreichung von Prüfsubstanzen durch Inhalation (6) (7) und über die Haut (6). Bei der Konzeption länger dauernder Prüfungen mit Exposition durch Inhalation sind insbesondere Kapitel B.8 dieses Anhangs (8) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (9) sowie das OECD Guidance Document über Prüfungen auf akute Toxizität nach Inhalation (7) zu berücksichtigen. Bei Prüfungen mit dermaler Applikation ist Kapitel B.9 dieses Anhangs (10) zu beachten.
5.
Die Prüfung auf chronische Toxizität liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen beträchtlichen Teil der Lebensdauer der verwendeten Art entstehen können. Sie liefert Informationen über die toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz und gibt Hinweise auf Zielorgane und die Möglichkeit der Akkumulation. Außerdem kann sie zur Ableitung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) beitragen, der zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, damit so viele Informationen wie möglich gewonnen werden können.
6.
Zu den Zielen von Prüfungen nach dieser Prüfmethode gehören
die Feststellung der chronischen Toxizität einer Prüfsubstanz,
die Identifizierung von Zielorganen,
die Beschreibung der Dosis-Wirkungs-Beziehung,
die Bestimmung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) oder eines Ausgangspunkts für die Festlegung einer Benchmark-Dosis (BMD),
die Vorhersage der Wirkungen chronischer Toxizität beim Expositionsniveau von Menschen,
die Gewinnung von Daten zur Prüfung von Hypothesen über die Wirkungsweise (6).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

7.
Bei der Beurteilung und Bewertung der toxikologischen Eigenschaften einer Prüfsubstanz sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen, damit die Studienauslegung auf eine effizientere Prüfung des Potenzials für chronische Toxizität ausgerichtet und die Verwendung von Versuchstieren minimiert werden kann. Für die Auslegung der Studie könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, sämtliche Informationen über die Wirkungsweise, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen, toxikokinetische Daten (Kinetik bei Einzel- und Mehrfachdosierung) sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Die chronische Toxizität sollte erst bestimmt werden, wenn erste Informationen über die Toxizität aus Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 Tage und/oder 90 Tage vorliegen. Im Rahmen der Gesamtbewertung der potenziellen schädlichen Wirkungen einer bestimmten Prüfsubstanz auf die Gesundheit sollte bei der Prüfung auf chronische Toxizität etappenweise vorgegangen werden (11) (12) (13) (14).
8.
Vor Beginn der Prüfung ist festzulegen, welche Statistikmethoden angesichts der Versuchsauslegung und der Ziele am besten für die Analyse der Ergebnisse geeignet sind. Dabei ist unter anderem festzulegen, ob bei der statistischen Auswertung Anpassungen in Bezug auf die Überlebensrate zu berücksichtigen sind und welche Art der Analyse bei vorzeitigem Tod der Tiere einer oder mehrerer Gruppen durchzuführen ist. Hinweise zu den geeigneten statistischen Analysen und wichtige Literaturverweise zu international anerkannten Statistikmethoden sind im Guidance Document No. 116 (6) sowie im Guidance Document No. 35 on the analysis and evaluation of chronic toxicity and carcinogenicity studies (15) zu finden.
9.
Bei der Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität sind stets die im OECD Guidance Document No. 19 on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation (16), insbesondere in Absatz 62, genannten Grundsätze und Erwägungen zu befolgen. In diesem Absatz heißt es: Wenn ein Tier in Studien mit wiederholter Verabreichung progressive klinische Anzeichen für eine fortschreitende Verschlechterung seines Zustands aufweist, ist eine informierte Entscheidung zu treffen, ob das Tier tierschutzgerecht getötet werden sollte oder nicht. Bei dieser Entscheidung sind Faktoren wie der Wert der Informationen, die bei Verbleiben des Tiers in der Studie gewonnen werden können, und der allgemeine Gesundheitszustand des Tiers gegeneinander abzuwägen. Wird beschlossen, das Tier in der Studie zu belassen, ist es entsprechend den Erfordernissen häufiger zu beobachten. Zur Linderung von Schmerzen oder Qualen kann auch die Verabreichung der Prüfsubstanz unterbrochen oder die Dosis verringert werden, sofern dabei der Zweck der Prüfung nicht beeinträchtigt wird.
10.
Ausführliche Informationen und eine Diskussion der Prinzipien der Dosiswahl bei Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind im Guidance Document No. 116 (6) sowie in zwei Veröffentlichungen des International Life Sciences Institute (17) (18) zu finden. Die grundlegende Strategie der Dosiswahl hängt von den Hauptzielen der Studie ab (Nummer 6). Bei der Auswahl der geeigneten Dosisstufen ist ein Gleichgewicht zwischen Gefahrenidentifizierung einerseits und der Beschreibung von Wirkungen bei geringer Dosierung und ihrer Relevanz andererseits herzustellen. Dieses Gleichgewicht ist bei einer kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und auf Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) besonders wichtig (Nummer 11).
11.
Es sollte in Betracht gezogen werden, statt der getrennten Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität (diese Prüfmethode B.30) und einer Prüfung auf Kanzerogenität (Kapitel B.32 dieses Anhangs) eher eine kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) durchzuführen. Die kombinierte Methode ist zeit- und kosteneffizienter als zwei getrennte Studien, ohne dass dabei die Qualität der Daten der chronischen Komponente oder der Kanzerogenitätskomponente beeinträchtigt würde. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) sind die Grundsätze der Dosiswahl (Nummer 9 und Nummern 20-25) jedoch genau zu beachten. Es wird allerdings anerkannt, dass im Rahmen bestimmter Regelungen möglicherweise getrennte Prüfungen vorgeschrieben sind.
12.
Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document 116 (6) definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

13.
Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen von Versuchstieren täglich in abgestuften Dosen verabreicht, und zwar normalerweise über einen Zeitraum von 12 Monaten, wobei je nach Regulierungsanforderungen (siehe Nummer 33) auch eine längere oder kürzere Dauer gewählt werden kann. Die Dauer sollte ausreichend lang sein, damit sich etwaige Wirkungen kumulativer Toxizität manifestieren können, ohne dass sich die verzerrenden Wirkungen geriatrischer Veränderungen bemerkbar machen. Abweichungen von der 12-monatigen Expositionsdauer sind zu begründen, insbesondere wenn eine kürzere Dauer gewählt wird. Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral verabreicht, aber auch die Verabreichung durch Inhalation oder auf dermalem Weg kann angebracht sein. Die Studienauslegung kann auch eine oder mehrere zwischenzeitliche Tötungen vorsehen, z. B. nach 3 und 6 Monaten; außerdem können zu diesem Zweck auch zusätzliche Gruppen von Versuchstieren aufgenommen werden (siehe Nummer 19). Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätszeichen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss der Prüfung überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

14.
Diese Prüfmethode betrifft hauptsächlich die Bewertung und Evaluierung chronischer Toxizität bei Nagetieren (Nummer 2). Bestimmte Regelungen können jedoch ähnliche Studien an Nichtnagern vorschreiben. Die Wahl der Tierart ist zu begründen. Wenn Prüfungen auf chronische Toxizität bei Nichtnagern erforderlich sind, sollten Auslegung und Durchführung der Versuche auf den Grundsätzen der vorliegenden Prüfmethode sowie denen von Kapitel B.27 dieses Anhangs — Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren (5) basieren. Zusätzliche Informationen zur Wahl der Tierart und des Stamms sind im Guidance Document No. 116 (6) enthalten.
15.
Bei dieser Prüfmethode ist die Ratte die bevorzugte Nagetierart, doch können auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Ratten und Mäuse sind wegen ihrer relativ kurzen Lebenszeit, der weit verbreiteten Verwendung in pharmakologischen und toxikologischen Studien, ihrer Anfälligkeit für die Entstehung von Tumoren und der Verfügbarkeit ausreichend beschriebener Stämme die bevorzugten Versuchsmodelle. Daher liegen über ihre Physiologie und Pathologie umfangreiche Informationen vor. Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Für die Prüfung auf chronische Toxizität sollten Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden wie für die kürzere(n) Toxizitätsvorstudie(n). Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

16.
Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden. Eine Einzelunterbringung ist nur in Betracht zu ziehen, wenn sie wissenschaftlich gerechtfertigt ist (19) (20) (21). Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Das Futter sollte den Nährstoffbedarf der eingesetzten Tierart decken und möglichst wenig Schadstoffe wie z. B. Pestizidrückstände, persistente organische Schadstoffe, Phytoöstrogene, Schwermetalle und Mykotoxine enthalten, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen könnten. Das Futter ist regelmäßig, und zwar zumindest zu Beginn der Prüfung und bei Verwendung einer anderen Charge, auf den Nährstoff- und Schadstoffgehalt hin zu analysieren; die Ergebnisse sind im Abschlussbericht anzugeben. Ergebnisse von Analysen des in der Prüfung verwendeten Trinkwassers sind ebenfalls anzugeben. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz und die Deckung des Nährstoffbedarfs der Tiere sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird.

Vorbereitung der Tiere

17.
Es sind gesunde Tiere zu verwenden, die mindestens sieben Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Bei Nagetieren sollte die Verabreichung so bald wie möglich nach dem Absetzen und der Eingewöhnung beginnen, vorzugsweise bevor die Tiere 8 Wochen alt sind. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede bei den Tieren beider Geschlechter möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts aller Tiere in der Studie nicht überschreiten. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Nach der Randomisierung sollte sich das Durchschnittsgewicht der Tiere desselben Geschlechts von Gruppe zu Gruppe nicht signifikant unterscheiden. Gibt es statistisch signifikante Unterschiede, sollte die Randomisierung möglichst wiederholt werden. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer und wird durch Tätowierung, Mikrochipimplantat oder auf eine andere geeignete Weise mit dieser Nummer gekennzeichnet.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

18.
Es sind Tiere beider Geschlechter zu verwenden. Es sind so viele Tiere zu verwenden, dass am Ende der Studie in jeder Gruppe genug Tiere für eine gründliche biologische und statistische Auswertung zur Verfügung stehen. Bei Nagern sind in der Regel auf jeder Dosisstufe je Gruppe mindestens je 20 Tiere beider Geschlechter zu verwenden, bei Nichtnagern werden pro Gruppe mindestens je 4 Tiere beider Geschlechter empfohlen. Bei Studien an Mäusen werden in jeder Dosisgruppe möglicherweise zusätzliche Tiere benötigt, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können.

Tötungen im Verlauf der Studie, Satellitengruppen und Sentineltiere

19.
Es kann vorgesehen werden, dass im Verlauf der Studie, z. B. nach sechs Monaten, Tiere getötet werden (mindestens 10 Tiere/Geschlecht/Gruppe), um Erkenntnisse über den Fortgang toxikologischer Veränderungen und mechanistische Informationen zu gewinnen, falls dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Wenn diese Informationen bereits aus vorherigen Studien mit wiederholter Gabe der Prüfsubstanz vorliegen, sind zwischenzeitliche Tötungen möglicherweise wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Es können auch Satellitengruppen aufgenommen werden, um die Reversibilität etwaiger toxikologischer Veränderungen zu beobachten, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden. Satellitengruppen sind normalerweise auf die höchste Dosisgruppe der Studie zuzüglich einer Kontrolle beschränkt. Der Krankheitsstatus während der Studie kann erforderlichenfalls auch mit einer zusätzlichen Gruppe von Sentineltieren (normalerweise je fünf Tiere beider Geschlechter) überwacht werden (22). Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden oder Satelliten- oder Sentinelgruppen aufgenommen werden, ist die Zahl der Tiere in der Studienauslegung um die Zahl zu erhöhen, die vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Diese Tiere sind normalerweise in Bezug auf die Bestimmung des Körpergewichts und der Futter-/Wasseraufnahme, hämatologische und klinisch-biochemische Bestimmungen sowie pathologische Untersuchungen genauso zu behandeln wie die Tiere in der chronischen Toxizitätsphase der Hauptstudie; es kann allerdings vorgesehen werden, die Messungen (in den Gruppen mit im Verlauf der Studie zu tötenden Tieren) auf bestimmte Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken.

Dosisgruppen und Dosierung

20.
Das Guidance Document No. 116 (6) enthält Hinweise zu allen Aspekten der Dosiswahl und zu den Abständen der Dosisstufen. Es sollten mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden, es sei denn, ein Limit-Test wird durchgeführt (siehe Nummer 27). Die Dosisstufen werden im Allgemeinen auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit kurzzeitiger wiederholter Verabreichung oder Dosisfindungsstudien festgelegt und sollten alle vorliegenden toxikologischen und toxikokinetischen Daten für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe berücksichtigen.
21.
Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosisstufe normalerweise so zu wählen, dass zwar die Hauptzielorgane und die toxischen Wirkungen identifiziert werden können, aber Leiden, schwere Toxizität, Morbidität oder Tod der Tiere vermieden werden. Unter Berücksichtigung der unter Nummer 22 beschriebenen Faktoren ist die höchste Dosisstufe so zu wählen, dass Anzeichen von Toxizität hervorgerufen werden, die sich z. B. in einer verzögerten Körpergewichtsentwicklung äußern (etwa 10 %).
22.
Je nach den Zielen der Studie (siehe Nummer 6) kann jedoch eine Höchstdosis festgelegt werden, die unter der zu Toxizitätszeichen führenden Dosis liegt, z. B. wenn eine Dosis eine besorgniserregende Wirkung auslöst, die sich aber nur geringfügig auf Lebensdauer oder Körpergewicht auswirkt. Die Höchstdosis darf 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag nicht übersteigen (Grenzdosis siehe Nummer 27).
23.
Die Dosisstufen und die Abstände der Dosisstufen können so gewählt werden, dass auf der niedrigsten Dosisstufe eine Dosis-Wirkungs-Beziehung und ein NOAEL-Wert oder andere angestrebte Studienergebnisse, z. B. ein BMD (siehe Nummer 25), festgestellt werden können. Zu den Faktoren, die bei der Festlegung niedrigerer Dosen zu berücksichtigen sind, gehören die voraussichtliche Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve, die Dosen, bei denen wichtige Änderungen des Metabolismus oder der toxischen Wirkungsweise eintreten können, und das Niveau, bei dem eine Schwelle oder ein Ausgangspunkt für eine Extrapolation niedriger Dosen erwartet wird.
24.
Welche Dosisstufenabstände gewählt werden, hängt von den Merkmalen der Prüfsubstanz ab und kann in dieser Prüfmethode nicht vorgeschrieben werden. Abstände mit einem Faktor von 2 bis 4 erweisen sich jedoch oft als gut geeignet für die Festsetzung abnehmender Dosisstufen. Außerdem ist es oft besser, statt der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mit einem Faktor zwischen 6 und 10) zwischen den Dosierungen eine vierte Prüfgruppe einzurichten. Die Verwendung von Faktoren über 10 sollte im Allgemeinen vermieden bzw. gegebenenfalls begründet werden.
25.
Entsprechend dem Guidance Document No. 116 (6) sind bei der Dosisfestlegung u. a. folgende Faktoren zu berücksichtigen:
bekannte oder vermutete Nichtlinearitäten oder Wendepunkte der Dosis-Wirkungs-Kurve;
Toxikokinetik und Dosisbereiche, bei denen die metabolische Induktion, die Sättigung oder die Nichtlinearität zwischen externen und internen Dosen auftritt oder nicht auftritt;
Vorläuferläsionen, Wirkungsmarker oder Indikatoren für den Ablauf zugrunde liegender biologischer Schlüsselprozesse;
wichtige (oder vermutete) Aspekte der Wirkungsweise, z. B. Dosen, ab denen Zytotoxizität auftritt, Hormonspiegel beeinflusst werden, homöostatische Mechanismen gestört werden usw.;
Bereiche der Dosis-Wirkungs-Kurve, bei denen eine besonders genaue Schätzung erforderlich ist, z. B. im Bereich der voraussichtlichen BMD oder einer vermuteten Schwelle;
Berücksichtigung voraussichtlicher Expositionsniveaus von Menschen.
26.
Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten bei den Dosisgruppen verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies aus geschmacklichen Gründen zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich und eine bessere Kontrolle sein.
27.
Wenn aufgrund von Informationen aus Vorstudien davon ausgegangen werden kann, dass eine Prüfung bei einer einzigen Dosisstufe von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag unter Anwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren wahrscheinlich keine schädlichen Wirkungen hervorrufen wird und wenn aufgrund der Daten strukturverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten ist, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Sofern die Exposition des Menschen nicht die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt, kann eine Grenze von 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag angewandt werden.

Zubereitung der Dosen und Verabreichung der Prüfsubstanz

28.
Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral, d. h. mit der Nahrung oder dem Trinkwasser, oder über eine Schlundsonde verabreicht. Zusätzliche Informationen zu Verabreichungswegen und -methoden sind im Guidance Document No. 116 (6) enthalten. Verabreichungsweg und -methode richten sich nach dem Zweck der Studie, den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, ihrer Bioverfügbarkeit und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen. Der gewählte Verabreichungsweg und die Methode sollten begründet werden. Aus Tierschutzgründen sollte die Schlundsonde nur für Agenzien gewählt werden, bei denen dieser Weg und diese Methode der Verabreichung die potenzielle Humanexposition annähernd repräsentieren (z. B. Arzneimittel). Nahrungs- oder Umweltchemikalien einschließlich Pestizide werden normalerweise mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreicht. Für bestimmte Szenarios, z. B. berufliche Exposition, können andere Applikationswege besser geeignet sein.
29.
Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz, Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspenion, sodann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in anderen Vehikeln in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen deren toxische Merkmale bekannt sein. Es sollten Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz und die Homogenität der Lösungen oder Futterrationen, die (je nach Fall) die Dosierung enthalten, unter den Verabreichungsbedingungen (z. B. mit dem Futter) vorliegen.
30.
Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Um eine unausgewogene Ernährung zu vermeiden, sollte die Konzentration der Prüfsubstanz in Langzeittoxizitätsstudien mit Verabreichung über die Nahrung normalerweise eine Obergrenze von 5 % der Gesamtnahrung nicht übersteigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Futterkonzentration (mg/kg Futter oder ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Tiers (mg/kg Körpergewicht), berechnet auf Wochenbasis, verwendet werden. Die jeweils gewählte Verfahrensweise ist anzugeben.
31.
Bei oraler Verabreichung erhalten die Tiere die Prüfsubstanz täglich (sieben Tage in der Woche), in der Regel für einen Zeitraum von 12 Monaten (siehe auch Nummer 33); je nach Regulierungsanforderungen kann auch eine längere Dauer erforderlich sein. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage pro Woche, ist zu begründen. Bei dermaler Applikation werden die Tiere, wie in Kapitel B.9 dieses Anhangs (10) beschrieben, für einen Zeitraum von 12 Monaten an sieben Tagen in der Woche mindestens 6 Stunden pro Tag mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Inhalationsexposition wird an sieben Tagen in der Woche für 6 Stunden pro Tag durchgeführt, aber auch fünf Tage in der Woche sind möglich, wenn dies gerechtfertigt ist. Die Expositionsdauer beträgt normalerweise 12 Monate. Wenn für eine „Nose-only“-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden pro Tag ist zu begründen. Siehe auch Kapitel B.8 dieses Anhangs (8).
32.
Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle jeweils zur gleichen Tageszeit erfolgen. Normalerweise wird einmal am Tag eine einzige Dosis verabreicht; wenn es sich bei der Prüfsubstanz z. B. um einen lokal reizenden Stoff handelt, kann die Tagesdosis auf zwei Teilmengen aufgeteilt werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte so gering wie möglich sein und bei Nagetieren normalerweise 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten (22). Die Variabilität der Prüfvolumina sollte durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden. Davon ausgenommen sind potenziell ätzende oder reizende Stoffe, die zur Vermeidung schwerwiegender lokaler Wirkungen verdünnt werden müssen. Die Prüfung in Konzentrationen, die wahrscheinlich eine ätzende oder reizende Wirkung für den Magen-Darm-Trakt haben, ist zu vermeiden.

Versuchsdauer

33.
Diese Prüfmethode ist zwar hauptsächlich zur Prüfung auf chronische Toxizität über 12 Monate ausgelegt, aber je nach den Anforderungen bestimmter Regulierungsregelungen oder für spezifische mechanistische Zwecke sind auch kürzere (z. B. 6 oder 9 Monate) oder längere (z. B. 18 oder 24 Monate) Zeiträume möglich. Abweichungen von der 12-monatigen Expositionsdauer sind zu begründen, insbesondere wenn eine kürzere Dauer gewählt wird. Satellitengruppen zur Beobachtung der Reversibilität von toxikologischen Veränderungen, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden, sollten nach Beendigung der Exposition noch für einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen, aber nicht länger als ein Drittel der Gesamtstudiendauer ohne Behandlung beibehalten werden. Weitere Hinweise, insbesondere in Bezug auf das Überleben der Versuchstiere, sind im Guidance Document No. 116 (6) zu finden.

BEOBACHTUNGEN

34.
Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis über eine Schlundsonde zu erwarten ist, vorgenommen werden.
35.
Bei allen Tieren sind mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche), am Ende der ersten Studienwoche und danach monatlich gründliche klinische Beobachtungen vorzunehmen. Das Beobachtungsprotokoll ist so zu gestalten, dass Abweichungen zwischen den Beobachtern minimiert werden und von der Prüfgruppe unabhängig stattfinden. Diese Beobachtungen sollten außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Die Beobachtungsbedingungen sollten möglichst konstant sein. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (24).
36.
Alle Tiere sind vor der ersten Verabreichung der Prüfsubstanz mit einem Ophthalmoskop oder einem anderen geeigneten Instrument ophthalmologisch zu untersuchen. Am Ende der Studie ist diese Untersuchung möglichst bei allen, aber mindestens bei der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe zu wiederholen. Wenn behandlungsbedingte Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sind alle Tiere zu untersuchen. Wenn eine Strukturanalyse oder andere Informationen auf eine Toxizität für die Augen hindeuten, ist die Frequenz der Augenuntersuchungen zu erhöhen.
37.
Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle neurotoxische Wirkungen hindeuten, können vor Studienbeginn, in Abständen von drei Monaten nach Beginn einer Studie von bis zu 12 Monaten einschließlich sowie bei Beendigung der Studie (falls länger als 12 Monate) fakultativ die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (24) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (25), (26), (27), die Greifkraft (28) und die motorische Aktivität (29) bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.
38.
Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle immunotoxische Wirkungen hindeuten, können bei Beendigung der Studie fakultativ weitere Untersuchungen durchgeführt werden.

Körpergewicht, Futter-/Wasseraufnahme und Futtereffizienz

39.
Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie und klinische Biochemie

40.
Bei Prüfungen an Nagetieren sind die hämatologischen Untersuchungen bei mindestens zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren je Gruppe nach 3, 6 und 12 Monaten sowie bei Beendigung der Studie (falls sie länger als 12 Monate dauert) durchzuführen, wobei immer dieselben Tiere zu verwenden sind. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können (siehe Nummer 18). Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tieren (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den hämatologischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Die Blutproben müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen werden.
41.
Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (30): Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Erythrozytenzahl, Thrombozytenzahl, Hämoglobinkonzentration, Hämatokrit, mittleres Erythrozyteneinzelvolumen (MCV), mittleres korpuskuläres Hämoglobin (MCH), mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (MCHC), Prothrombinzeit und aktivierte partielle Thromboplastinzeit. Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere hämatologische Parameter wie Heinz-Körper oder andere atypische Erythrozytenmorphologie oder Methämoglobin gemessen werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen. Wenn die Prüfsubstanz Auswirkungen auf die Hämatopoese hat, können auch eine Bestimmung der Retikulozytenzahl und eine Knochenmarkzytologie angezeigt sein; sie müssen aber nicht routinemäßig durchgeführt werden.
42.
Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von mindestens zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren je Gruppe in den für die hämatologischen Untersuchungen angegebenen gleichen Zeitabständen entnommen werden, wobei immer dieselben Tiere zu verwenden sind. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen klinisch-biochemischen Bestimmungen vornehmen zu können. Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tieren (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den klinisch-biochemischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Es empfiehlt sich eine Futterkarenz der Tiere (ausgenommen Mäuse) über Nacht, bevor die Blutproben entnommen werden. Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (30): Glucose, Harnstoff (Harnstoff-Stickstoff), Kreatinin, Gesamtprotein, Albumin, Calcium, Natrium, Kalium, Gesamtcholesterin, mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatozelluläre Evaluierung (Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Glutamatdehydrogenase, Gesamtgallensäuren) (31) und mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatobiliäre Evaluierung (alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltransferase, 5’-Nucleotidase, Gesamtbilirubin, Gesamtgallensäuren) (31). Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere klinisch-chemische Parameter wie Nüchtern-Triglyceride, spezifische Hormone und Cholinesterase bestimmt werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.
43.
An Proben, die von mindestens zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren je Gruppe in den gleichen Abständen entnommen wurden wie die Proben für die hämatologische und die klinisch-chemische Untersuchung, sind Urinanalysen durchzuführen. Es brauchen keine Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei der Urinanalyse in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Eine Empfehlung von Sachverständigen zu klinischen Pathologiestudien (30) enthält die folgende Liste von Parametern: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Gesamteiweiß und Glucose. Außerdem können Ketone, Urobilinogen, Bilirubin und okkultes Blut bestimmt werden. Sofern erforderlich, können weitere Parameter verwendet werden, um die Untersuchung beobachteter Wirkungen zu erweitern.
44.
Bei Studien an Hunden werden im Allgemeinen Bestimmungen der Ausgangsdaten hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter für notwendig gehalten; bei Studien an Nagern müssen sie aber nicht bestimmt werden (30). Wenn keine ausreichenden historischen Ausgangsdaten vorliegen (siehe Nummer 50), sollten sie jedoch bestimmt werden.

Pathologie

Makroskopische Untersuchung

45.
Normalerweise sind alle an der Studie beteiligten Tiere einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung zu unterziehen, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Es kann jedoch auch vorgesehen werden, die Untersuchungen (in den Gruppen der Tiere, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, und in den Satellitengruppen) auf spezifische Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken (siehe Nummer 19). Diese Tiere brauchen weder seziert noch den nachstehend beschriebenen Verfahren unterzogen zu werden. Sentineltiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden.
46.
Die Organgewichte aller Tiere sind zu erfassen, außer von denen, die gemäß dem letzten Teil von Nummer 45 ausgenommen sind. Nebennieren, Gehirn, Nebenhoden, Herz, Nieren, Leber, Ovarien, Milz, Hoden, Schilddrüse (nach Fixierung gewogen, mit Nebenschilddrüsen) und Uterus (außer von moribund aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tieren) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern. Bei einer Studie an Mäusen ist das Wiegen der Nebennieren fakultativ.
47.
Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (32) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):



alle makroskopischen VeränderungenHerzPankreasMagen (Vormagen, Drüsenmagen)
NebennierenIleumNebenschilddrüse[Zähne]
AortaJejunumperiphere NervenHoden
Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)NierenHypophyseThymus
CaecumTränendrüse (exorbital)ProstataSchilddrüse
ZervixLeberRectum[Zunge]
KoagulationsdrüseLungeSpeicheldrüseTrachea
KolonLymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)SamenbläschenHarnblase
DuodenumBrustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)SkelettmuskelUterus (mit Zervix)
Nebenhoden[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]Haut[Harnleiter]
Auge (mit Netzhaut)SpeiseröhreRückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)[Harnröhre]
[Femur mit Gelenk][Riechkolben]MilzVagina
Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)Ovarien[Brustbein]Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat
Hardersche Drüse

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe aufzubewahren; außerdem sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien entspricht die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts den Empfehlungen von Kapitel B.8 dieses Anhangs (8) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (9). Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

48.
Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (32). Histopathologisch zu untersuchen sind mindestens
alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,
alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,
alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten,
Zielgewebe oder Gewebe, die in der Hochdosisgruppe behandlungsbedingte Veränderungen aufwiesen, von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen,
bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

49.
Für alle bestimmten Parameter sollen Daten zu den einzelnen Tieren angegeben werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere. Die Mittelwerte und Standardabweichungen (für kontinuierliche Versuchsdaten) von Tieren, die toxische Wirkungen oder Läsionen aufweisen, sind zusätzlich zum Schweregrad der Läsionen in Übersichtstabellen anzugeben.
50.
Historische Kontrolldaten können die Auswertung der Studienergebnisse erleichtern, z. B. wenn die Daten der gleichzeitigen Kontrollen erheblich von neueren Daten von Kontrolltieren aus derselben Versuchseinrichtung abweichen. Wenn historische Kontrolldaten bewertet werden, sollten sie von demselben Labor stammen, sich auf Tiere desselben Alters und Stamms beziehen und höchstens fünf Jahre vor der fraglichen Studie erhoben worden sein.
51.
Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sind bei der Planung der Studie festzulegen (Nummer 8). Diese Auswahl sollte es ermöglichen, erforderlichenfalls Anpassungen je nach Überlebensrate vorzunehmen.

Prüfbericht

52.
Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,
Daten zur Identifikation,
Herkunft des Stoffs,
Chargennummer,
Bescheinigung der chemischen Analyse.

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

Versuchstiere:

Art/Stamm und Begründung für die getroffene Wahl,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere bei Versuchsbeginn,
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

Prüfbedingungen:

Begründung für Verabreichungsweg und Festlegung der Dosis,
gegebenenfalls die statistischen Methoden zur Analyse der Daten,
Angaben zur Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung,
Analysedaten über die erreichte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,
Verabreichungsweg und Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,
bei Inhalationsstudien: „Nose-only“- oder Ganzkörperexposition,
tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (mg/kg oder ppm) in die tatsächliche Dosis,
Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

Ergebnisse (zusammenfassende Übersichtstabellen und Daten für die einzelnen Tiere):

Überlebensdaten,
Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,
Futteraufnahme, gegebenenfalls Berechnungen der Futtereffizienz und der Wasseraufnahme, falls erfasst,
Daten der toxischen Reaktionen nach Geschlecht und Dosis, einschließlich Toxizitätszeichen,
Art, Inzidenz (und, falls bewertet, Schweregrad) sowie Dauer der klinischen Beobachtungen (sowohl vorübergehend als auch dauerhaft),
Ergebnisse der ophthalmologischen Untersuchung,
hämatologische Untersuchungen,
klinisch-biochemische Untersuchungen,
Urinuntersuchungen,
Ergebnisse etwaiger Neurotoxizitäts- oder Immunotoxizitätsuntersuchungen,
terminales Körpergewicht,
Organgewichte (und gegebenenfalls Verhältnis Organ-/Körpergewicht),
Sektionsbefunde,
ausführliche Beschreibung aller behandlungsbedingten histopathologischen Befunde,
Angaben zur Resorption, falls vorhanden.

Statistische Auswertung der Ergebnisse, soweit zutreffend

Diskussion der Ergebnisse einschließlich

Dosis-Wirkungs-Beziehungen,
Prüfung aller Informationen über die Wirkungsweise,
Diskussion von Modellierungsansätzen,
Bestimmung von BMD, NOAEL oder LOAEL,
historische Kontrolldaten,
Relevanz für Menschen.

Schlussfolgerungen

LITERATUR:

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5.
Kapitel B.27 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren
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8.
Kapitel B.8 dieses Anhangs, Prüfung auf subakute Toxizität nach Inhalation -28-Tage-Test.
9.
Kapitel B.29 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische Toxizität nach Inhalation — 90-Tage-Test.
10.
Kapitel B.9 dieses Anhangs, Toxizität nach 28-tägiger Gabe (dermal)
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Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.31.   STUDIE ZUR PRÜFUNG AUF PRÄNATALE ENTWICKLUNGSTOXIZITÄT

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 414 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Die vorliegende Methode zur Prüfung auf Entwicklungstoxizität ist darauf ausgerichtet, allgemeine Informationen über die Auswirkungen einer pränatalen Exposition auf das trächtige Versuchstier und den sich im Uterus entwickelnden Organismus zu liefern; dabei können sowohl Auswirkungen auf das Muttertier als auch Tod, strukturelle Abnormitäten oder Wachstumsstörungen im Fetus untersucht werden. Die Erfassung funktioneller Defizite ist kein integraler Bestandteil dieser Prüfmethode, auch wenn funktionelle Aspekte einen wichtigen Teil der Entwicklung darstellen. Diese können in einer gesonderten Studie untersucht oder als Ergänzung zu der vorliegenden Studie behandelt werden unter Einsatz der Methode zur Prüfung auf Entwicklungsneurotoxizität. Zur Information über die Prüfung auf Funktionsmängel und andere postnatale Auswirkungen ist gegebenenfalls die Methode zur Prüfung der Reproduktion über zwei Generationen sowie die Studie über die Entwicklungsneurotoxizität heranzuziehen.

In Einzelfällen bei Vorliegen spezieller Kenntnisse, z. B. über physikalisch-chemische oder toxikologische Eigenschaften der Prüfsubstanz, können bei dieser Prüfmethode besondere Anpassungen erforderlich sein. Eine solche Anpassung ist dann akzeptabel, wenn überzeugende wissenschaftliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Prüfung durch die Anpassung aussagekräftiger wird. Diese wissenschaftlichen Anhaltspunkte sind in einem solchen Fall im Prüfbericht sorgfältig zu dokumentieren.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Entwicklungstoxikologie: ist die Untersuchung schädigender Wirkungen auf den sich entwickelnden Organismus, die aus einer Einwirkung vor der Empfängnis, während der pränatalen Entwicklung oder postnatal bis zur Geschlechtsreife auftreten können. Entwicklungstoxizität äußert sich in der Hauptsache durch 1) den Tod des Organismus, 2) strukturelle Abnormitäten, 3) Wachstumsstörungen und 4) Funktionsdefizite. Entwicklungstoxikologie wurde früher häufig als Teratologie bezeichnet.

Schädigende Wirkung; behandlungsbedingte Veränderung gegenüber dem Normalzustand, bei der die Fähigkeit eines Organismus zu überleben, sich fortzupflanzen oder an die Umwelt anzupassen beeinträchtigt wird. Im weitesten Sinne sind im Begriff Entwicklungstoxikologie auch alle Wirkungen mit eingeschlossen, die die normale Entwicklung des Conceptus vor und auch nach der Geburt stören.

Wachstumsstörung: Veränderung von Organ- oder Körpergröße oder -gewicht der Nachkommen.

Veränderungen (Anomalien): strukturelle Veränderungen in der Entwicklung, zu denen sowohl Fehlbildungen als auch Variationen gehören (28).

Fehlbildung/größere Abnormität: strukturelle Veränderung, die als für das Tier schädlich angesehen wird (und auch zum Tode führen kann) und im Allgemeinen in seltenen Fällen auftritt.

Variation/kleinere Abnormität: strukturelle Veränderung, bei der man von geringen oder gar keinen schädlichen Auswirkungen auf das Tier ausgeht; dabei kann es sich um eine vorübergehende Erscheinung handeln, und sie kann in der Kontrollpopulation relativ häufig vorkommen.

Conceptus: die Summe der Derivate eines befruchteten Eis zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung von der Befruchtung bis zur Geburt, dazu gehören auch die extraembryonalen Membranen sowie der Embryo oder der Fetus.

Implantation (Einnistung): Anhaftung der Blastozyste an der Epithelauskleidung der Gebärmutter; dazu gehört auch die Wanderung der Blastozyste durch das Gebärmutterepithel und deren Einbettung in der Gebärmutterschleimhaut.

Embryo: das Frühstadium oder Entwicklungsstadium eines jeden Organismus, speziell das sich entwickelnde Produkt aus der Befruchtung eines Eis nach dem Entstehen der Längsachse und bis alle größeren Strukturen vorhanden sind.

Embryotoxizität: schädigend für die normale Struktur, die Entwicklung, das Wachstum und/oder die Lebensfähigkeit eines Embryos.

Fetus: der ungeborene Nachkomme in der postembryonalen Phase.

Fetotoxizität: schädigend für die normale Struktur, die Entwicklung, das Wachstum und/oder die Lebensfähigkeit eines Fetus.

Abort: die vorzeitige Ausstoßung der Empfängnisprodukte aus der Gebärmutter, d. h. des Embryos oder eines nicht lebensfähigen Fetus.

Resorption: ein Conceptus, der nach der Einnistung in der Gebärmutter abgestorben ist und resorbiert wird oder bereits resorbiert wurde.

Frühresorption: Anzeichen für eine Implantation, ohne dass ein Embryo/Fetus erkennbar ist.

Spätresorption: Toter Embryo oder Fetus mit äußeren degenerativen Veränderungen.

NOAEL: Abkürzung für no-observed-adverse-effect level und entspricht der höchsten Dosis oder Exposition, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   REFERENZSTOFF

Keiner.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Im Normalfall wird die Prüfsubstanz trächtigen Tieren mindestens vom Zeitpunkt der Implantation bis einen Tag vor der geplanten Tötung verabreicht, welche möglichst unmittelbar vor dem normalen Tag der Geburt erfolgen soll, und ohne dabei Gefahr zu laufen, Daten infolge vorzeitiger Geburt zu verlieren. Mit der Prüfmethode sollen nicht nur die Phase der Organogenese (z. B. Tag 5 bis 15 bei Nagern und Tag 6 bis 18 bei Kaninchen), sondern auch Wirkungen während der Zeit vor der Einnistung, soweit angebracht, und über die gesamte Dauer der Gravidität bis zum Tag vor dem Kaiserschnitt untersucht werden. Kurz vor dem Kaiserschnitt werden die Weibchen getötet, der Gebärmutterinhalt untersucht und die Feten im Hinblick auf äußerlich erkennbare Anomalien sowie auf Veränderungen an Weichteilen und Skelett beurteilt.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Auswahl der Versuchstierarten

Es wird empfohlen, die Prüfung mit den geeignetsten Tierarten durchzuführen und Labortierspezies und -stämme zu verwenden, die üblicherweise bei Untersuchungen zur pränatalen Entwicklungstoxizität zum Einsatz kommen. Die bevorzugte Nagerart ist die Ratte, die bevorzugte Nicht-Nagerart ist das Kaninchen, Wird eine andere Tierart eingesetzt, ist dies zu begründen.

1.5.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll bei Nagern 22 oC (± 3 oC) und bei Kaninchen 18 oC (± 3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchte wenigstens 30 % betragen sollte und außer bei Reinigung des Raumes 70 % nicht übersteigen sollte, sollte sie vorzugsweise bei 50 bis 60 % liegen. Es ist eine künstliche Beleuchtung vorzusehen, wobei ein Hell-Dunkel-Zyklus von jeweils 12 Stunden eingehalten werden soll. Zur Fütterung kann übliches Laborfutter verwendet werden, und Trinkwasser kann in unbeschränkter Menge gegeben werden.

Die Verpaarung erfolgt in für diese Zwecke geeigneten Käfigen. Auch wenn verpaarte Tiere nach Möglichkeit einzeln untergebracht werden sollten, so ist auch eine Unterbringung in kleinen Gruppen akzeptabel.

1.5.3.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind gesunde Tiere, die mindestens fünf Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Die Tiere aller Testgruppen sollen so weit wie möglich gleiches Gewicht und Alter aufweisen. Jede Dosierung ist an jungen ausgewachsenen Weibchen einzusetzen, die vorher noch nicht geworfen haben. Die Weibchen werden mit Männchen derselben Art und desselben Stamms verpaart, die Verpaarung von Geschwistern ist zu vermeiden. Bei Nagern ist der Tag 0 der Gravidität der Tag, an dem ein Vaginalpfropf und/oder Spermien beobachtet werden; bei Kaninchen ist der Tag 0 im Allgemeinen der Tag des Koitus oder der künstlichen Befruchtung, sofern dieses Verfahren zum Einsatz kommt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer. Nach der Verpaarung werden die Weibchen nach dem Zufallsprinzip auf die Kontroll- und Behandlungstiergruppen verteilt; erfolgt die Verpaarung der Weibchen in Gruppen, werden die Tiere in jeder Gruppe gleichmäßig auf die vorstehend genannten Gruppen verteilt. Entsprechend werden Weibchen, die von demselben Männchen begattet wurden, gleichmäßig auf die Gruppen verteilt.

1.6.   VERFAHREN

1.6.1   Anzahl und Geschlecht der Versuchstiere

Jede Versuchs- und Kontrollgruppe soll eine ausreichende Zahl von Weibchen enthalten, so dass etwa 20 Weibchen mit Implantationsstellen bei der Sektion zur Verfügung stehen. Gruppen mit weniger als 16 Tieren mit Implantationsstellen sind unter Umständen unzureichend. Durch Mortalität bei den Muttertieren wird die Studie nicht zwangsläufig invalide, sofern diese nicht mehr als etwa 10 % beträgt.

1.6.2.   Zubereitung der Dosen

Wird ein Vehikel oder ein anderer Zusatz zur leichterer Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet, sind die folgenden Merkmale zu berücksichtigen: Auswirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel und die Retention oder Exkretion der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können; ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Das Vehikel soll weder entwicklungstoxisch sein noch Auswirkungen auf die Reproduktion haben.

1.6.3   Dosierung

Normalerweise soll die Prüfsubstanz täglich ab der Implantation (z. B. Tag 5 nach der Verpaarung) bis zum Tag vor dem geplanten Kaiserschnitt verabreicht werden. Sofern aus eventuell vorliegenden Vorstudien kein hohes Risiko eines Präimplantationsverlusts hervorgeht, kann die Behandlung auf die gesamte Graviditätszeit von der Verpaarung bis zum Tag vor der geplanten Tötung ausgeweitet werden. Bekanntermaßen kann eine unangemessene Behandlung oder Stress während der Gravidität zu pränatalen Verlusten führen. Zum Schutz vor pränatalen Verlusten durch nicht behandlungsbedingte Faktoren sind die unnötige Handhabung von trächtigen Tieren sowie Stress infolge von äußeren Faktoren, wie Lärm, zu vermeiden.

Mindestens drei Dosen und eine gleichzeitige Kontrolle werden verwendet. Gesunde Tiere werden nach dem Zufallsprinzip auf die Kontroll- und Behandlungstiergruppen verteilt. Die Dosierungen sollten so gewählt werden, dass eine Abstufung der toxischen Wirkungen erkennbar ist. Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalischen/chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Eigenschaften der Prüfsubstanz bestehen, wird die höchste Dosis so gewählt, dass zwar eine gewisse Entwicklungstoxizität und/oder maternale Toxizität (klinische Anzeichen oder eine Abnahme des Körpergewichts), jedoch kein Tod oder schweres Leiden herbeigeführt wird. Mindestens eine unter der höchsten Dosis liegende Dosis soll zu minimalen wahrnehmbaren toxischen Auswirkungen führen. Die niedrigste Dosis soll keine Anzeichen von Toxizität bei den Muttertieren oder Entwicklungstoxizität hervorrufen. Eine absteigende Folge von Dosierungen sollte so ausgewählt werden, dass die Dosisabhängigkeit der Reaktion und ein NOAEL belegt werden können. Dosisintervalle mit dem Faktor 2 bis 4 haben sich für die Festlegung absteigender Dosierungen häufig als optimal erwiesen. Gegenüber der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mehr als Faktor 10) ist die Hinzunahme einer vierten Testgruppe häufig vorzuziehen. Auch wenn die Bestimmung eines NOAEL für die Muttertiere das Ziel ist, können auch Studien, bei denen eine solche Dosis nicht ermittelt wird, akzeptiert werden (1).

Bei der Auswahl der Dosierungen sollen eventuell vorliegende Toxizitätsdaten sowie zusätzliche Informationen über den Stoffwechsel und die Toxikokinetik der Prüfsubstanz oder verwandter Stoffe berücksichtigt werden. Diese Angaben sind außerdem nützlich, die Angemessenheit des Dosierungsplans zu belegen.

Eine gleichzeitige Kontrollgruppe soll verwendet werden. Diese Kontrollgruppe soll eine scheinbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Allen Gruppen ist die gleiche Menge der Prüfsubstanz beziehungsweise des Vehikels zu verabreichen. Tiere der Kontrollgruppe(n) werden genauso behandelt wie die Tiere in der Prüfgruppe. Vehikelkontrollgruppen erhalten das Vehikel in der höchsten verwendeten Menge (wie die Behandlungsgruppe mit der niedrigsten Dosierung).

1.6.4.   Limit-Test

Ergibt eine Prüfung mit einer einzigen Dosierung von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag bei oraler Verabreichung nach den für diese Studie beschriebenen Verfahren keine wahrnehmbare Toxizität bei den trächtigen Tieren oder deren Nachkommen und ist aufgrund von vorliegenden Daten Struktur- und/oder stoffwechselverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Ist eine Exposition des Menschen zu erwarten, kann die Notwendigkeit einer höheren oralen Dosis im Limit-Test angezeigt sein. Bei anderen Arten der Verabreichung, wie z. B. Inhalation oder dermale Applikation, kann durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz häufig die maximal erreichbare Expositionsdosis vorbestimmt und somit limitiert sein (beispielsweise soll ein Auftragen auf die Haut keine schwere lokale Toxizität verursachen).

1.6.5.   Verabreichung der Dosen

Die Prüfsubstanz oder das Lösungsmittel wird im Allgemeinen oral durch Schlundsonde verabreicht. Wird eine andere Form der Verabreichung gewählt, hat der Prüfer seine Wahl zu begründen, unter Umständen sind dann entsprechende Änderungen erforderlich (2) (3) (4). Die Prüfsubstanz ist jeden Tag in etwa zur selben Zeit zu verabreichen.

Die Dosis für das einzelne Tier beruht normalerweise auf dessen zuletzt bestimmtem Körpergewicht. Vorsicht ist jedoch bei der Anpassung der Dosis im letzten Trimester der Gravidität geboten. Zur Vermeidung von übermäßiger Toxizität bei den Muttertieren sind vorliegende Daten bei der Dosisauswahl heranzuziehen. Wird bei den behandelten Muttertieren übermäßige Toxizität festgestellt, sind diese Tiere auf humane Weise zu töten. Weisen verschiedene trächtige Tiere Anzeichen von übermäßiger Toxizität auf, ist die Tötung der ganzen Dosisgruppe zu erwägen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so soll dies möglichst in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen soll 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, bei denen 2 ml/100 g Körpergewicht gegeben werden können. Bei Verwendung von Maisöl als Lösungsmittel soll das Volumen 0,4 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Schwankungen beim Applikationsvolumen sind durch entsprechende Dosierung so gering wie möglich zu halten, so dass bei allen Dosen ein gleich bleibendes Volumen gewährleistet ist.

1.6.6.   Beobachtung der Muttertiere

Klinische Beobachtungen sollen mindestens einmal täglich, vorzugsweise zum gleichen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen und protokolliert werden. Der Zustand der Tiere ist dabei festzuhalten, d. h. Mortalität, Siechtum, relevante Verhaltensänderungen und alle Anzeichen akuter Toxizität.

1.6.7.   Körpergewicht und Futteraufnahme

Die Tiere sind am Tag 0 der Gravidität beziehungsweise nicht später als am Tag 3 der Gravidität, wenn gepaarte Tiere von einem externen Züchter unter Angabe der Paarungszeit geliefert werden, zu wiegen; weiterhin am ersten Tag der Verabreichung, mindestens alle drei Tage während der Verabreichungszeit und am Tag der geplanten Tötung.

Der Futterverbrauch ist in Abständen von drei Tagen zu protokollieren, an denselben Tagen ist auch das Körpergewicht zu bestimmen.

1.6.8.   Autopsie

Die Weibchen sind einen Tag vor der erwarteten Geburt zu töten. Weibchen, bei denen Anzeichen für einen Abort oder eine vorzeitige Geburt vor der geplanten Tötung vorliegen, sind zu töten und sorgfältig makroskopisch zu untersuchen.

Zum Zeitpunkt der Tötung oder bei vorzeitigem Tod im Verlauf der Studie ist das Muttertier makroskopisch auf etwaige strukturelle Abnormitäten oder pathologische Veränderungen zu untersuchen. Die Beurteilung der Muttertiere während des Kaiserschnitts und die anschließenden Untersuchungen der Feten sollen möglichst ohne Kenntnis der Behandlungsgruppe erfolgen, um etwaige Einflüsse durch Befangenheit so gering wie möglich zu halten.

1.6.9.   Untersuchung des Uterusinhalts

Unmittelbar nach der Tötung beziehungsweise so bald wie möglich nach dem Tod ist der Uterus zu entfernen und der Trächtigkeitsstatus des Tiers zu erheben. Weist der Uterus keine Anzeichen von Trächtigkeit auf, ist dieser weiter zu untersuchen (z. B. Färbung mit Ammoniumsulfid bei Nagern oder Salewski-Färbung oder ein geeignetes alternatives Verfahren für Kaninchen), um den nichtträchtigen Zustand zu bestätigen (5).

Der schwangere Uterus einschließlich der Zervix des trächtigen Tiers ist zu wiegen. Bei Tieren, die während der Studie tot aufgefunden werden, ist dieses Gewicht nicht zu bestimmen.

Bei den trächtigen Tieren ist die Anzahl der Gelbkörper zu bestimmen.

Der Uterusinhalt ist auf die Anzahl toter Embryonen oder Feten und lebensfähiger Feten zu untersuchen. Der Grad der Resorption ist zu beschreiben, um den relativen Todeszeitpunkt des Conceptus (siehe 1.2) zu bestimmen.

1.6.10.   Untersuchung der Feten

Für jeden Fetus sind Geschlecht und Körpergewicht zu bestimmen.

Jeder Fetus ist auf äußere Veränderungen zu untersuchen (6).

Die Feten sind auf Veränderungen an Skelett und Weichteilen (z. B. Abweichungen und Fehlbildungen oder Anomalien) zu untersuchen (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21) (22) (23) (24). Nach Möglichkeit ist eine Kategorisierung fetaler Veränderungen vorzunehmen, auch wenn dies nicht zwingend erforderlich ist. Erfolgt eine Kategorisierung, sind die Kriterien zur Bestimmung jeder Kategorie eindeutig anzugeben. Besondere Beachtung erfordert der Reproduktionstrakt, der auf Anzeichen für eine veränderte Entwicklung zu untersuchen ist.

Bei Nagern sollte etwa eine Hälfte jedes Wurfs präpariert und auf Veränderungen am Skelett untersucht werden. Der Rest ist zu präparieren und auf Veränderungen an den Weichteilen zu untersuchen, wobei akzeptierte oder geeignete Methoden der Serienschnittherstellung oder sorgfältige makroskopische Schnitttechniken anzuwenden sind.

Bei anderen Tieren als Nagern, z. B. Kaninchen, sind sämtliche Feten sowohl auf Weichteil- als auch auf Skelettveränderungen zu untersuchen. Die Körper dieser Feten werden sorgfältig seziert und auf Weichteilveränderungen untersucht; das kann auch Verfahren zur weiteren Beurteilung der inneren Herzstruktur umfassen (25). Bei der Hälfte der auf diese Weise untersuchten Feten entfernt man die Köpfe und präpariert sie zur Untersuchung auf Weichteilveränderungen (einschließlich Augen, Hirn, Nasenwege und Zunge) unter Verwendung von Standardschnitttechniken (26) oder eines gleichermaßen empfindlichen Verfahrens. Die Körper dieser Feten und der übrigen intakten Feten werden präpariert und mit denselben Methoden wie für Nager beschrieben auf Skelettveränderungen untersucht.

2.   DATEN

2.1.   VERARBEITUNG DER ERGEBNISSE

Für die Muttertiere und deren Nachkommen werden die Daten jeweils einzeln protokolliert und in tabellarischer Form zusammengefasst; dabei werden für jede Prüfgruppe die Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, die Anzahl der während der Prüfung tot aufgefundenen Tiere beziehungsweise der aus humanen Gründen getöteten Tiere, der jeweilige Zeitpunkt des Todes beziehungsweise der Tötung, die Anzahl der trächtigen Weibchen, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen von Toxizität, eine Beschreibung der beobachteten Anzeichen von Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen eingetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Arten von Beobachtungen an Embryonen/Feten und alle relevanten Daten zu den Würfen angegeben.

Numerische Ergebnisse werden mit Hilfe eines geeigneten statistischen Verfahrens ausgewertet, wobei als Bezugsgröße für die Datenanalyse der Wurf verwendet wird. Anzuwenden ist ein allgemein anerkanntes statistisches Verfahren; die statistischen Verfahren sind im Rahmen der Studienplanung auszuwählen und zu begründen. Auch Daten über Tiere, die nicht bis zur geplanten Tötung überlebt haben, sind zu protokollieren, Soweit relevant, können solche Daten in Gruppenmittelwerten berücksichtigt werden. Die Relevanz der von solchen Tieren stammenden Daten und demzufolge deren Einbeziehung in oder Ausschluss aus (einem) etwaig(en) Gruppenmittelwert(en) sind zu begründen und jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

2.2.   BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

Die Befunde der Studie zur pränatalen Entwicklungstoxizität sind anhand der beobachteten Wirkungen zu beurteilen. Die Bewertung soll die folgenden Informationen beinhalten:

Ergebnisse von Prüfungen an Muttertieren und Embryonen/Feten, einschließlich Bewertung des bestehenden beziehungsweise nicht bestehenden Zusammenhangs zwischen der Exposition der Tiere gegenüber der Prüfsubstanz und der Häufigkeit und Schwere alter Befunde;
Kriterien, die zur Kategorisierung von äußerlichen Veränderungen sowie von Weichteil- und Skelettveränderungen bei Feten herangezogen wurden, sofern eine Kategorisierung erfolgte;
falls angebracht, historische Kontrolldaten zur besseren Interpretation der Studienergebnisse;
die Zahlen, die bei der Berechnung alter Prozentangaben oder Indizes verwendet wurden;
eine angemessene statistische Analyse der Studienbefunde, soweit angebracht, wobei hinreichende Informationen über die Analysemethode anzugeben sind, so dass ein unabhängiger Überprüfer/Statistiker die Analyse nachbewerten und nachvollziehen kann.

Für Prüfungen, bei denen keine toxischen Wirkungen nachgewiesen werden, sind weitere Untersuchungen zur Bestimmung von Absorption und Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz in Erwägung zu ziehen.

2.3.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Eine Studie zur Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität liefert Informationen über die Auswirkungen einer wiederholten Exposition gegenüber einer Substanz während der Trächtigkeit auf die Muttertiere und auf die intrauterine Entwicklung ihrer Nachkommen. Die Ergebnisse der Studie sind in Verbindung mit Befunden aus Studien zur subchronischen Toxizität, Reproduktionstoxizität und Toxikokinetik sowie anderen Studien zu interpretieren. Da der Schwerpunkt sowohl auf allgemeine Toxizität im Sinne maternaler Toxizität als auch auf die Entwicklungstoxizität gelegt wird, bieten die Ergebnisse der Studie zu einem bestimmten Maß die Möglichkeit zur Unterscheidung zwischen Auswirkungen auf die Entwicklung, die nur bei Dosierungen ausgelöst werden, die auch für das Muttertier toxisch sind, und solchen ohne allgemeine Toxizität.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden konkreten Angaben enthalten: Prüfsubstanz:

Physikalische Beschaffenheit und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften;

Identifizierung einschließlich CAS-Nummer, sofern bekannt/festgelegt;
Reinheit.
Vehikel (sofern zutreffend):

Begründung der Wahl des Vehikels, sofern nicht Wasser verwendet wurde.

Versuchstiere:

Art und Stamm;

Zahl und Alter der Versuchstiere;
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;
Einzelgewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.
Prüfbedingungen:

Begründung der Wahl der Dosisabstufung;

Einzelheiten der Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
Umrechnung der Prüfsubstanzkonzentration in Futter/Trinkwasser (ppm) auf die tatsächliche Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag), soweit zutreffend;
Umgebungsbedingungen;
Einzelheiten zur Futter- und Wasserqualität.
Ergebnisse:

Dosisbezogene Daten zur toxischen Reaktion der Muttertiere, unter anderem:

Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, Anzahl der überlebenden Tiere, Anzahl der trächtigen Tiere sowie Anzahl der Aborte und Anzahl der Frühgeburten;

Tag des Todes im Verlauf der Studie oder Angabe, ob Tiere bis zum Schluss überlebt haben;
Daten von Tieren, die nicht bis zur geplanten Tötung überlebten, sind zwar zu protokollieren, nicht jedoch in die gruppenübergreifenden statistischen Vergleiche mit einzubeziehen;
Tag der Beobachtung jedes anormalen klinischen Anzeichens und dessen weiterer Verlauf;
Körpergewicht, Veränderung des Körpergewichts und Gewicht des Uterus in trächtigem Zustand, wahlweise einschließlich Veränderung der Körpergewichts korrigiert um das Gewicht des Uterus in trächtigem Zustand;
Futteraufnahme und, sofern gemessen, Wasseraufnahme;
Sektionsbefunde einschließlich Uterusgewicht;
NOAEL-Werte für Auswirkungen auf die Muttertiere und auf die Entwicklung sind anzugeben.
Dosisbezogene Entwicklungsparameter für Würfe mit Implantationen, einschließlich:

Anzahl Gelbkörper;

Anzahl Implantationen, Anzahl und prozentualer Anteil von lebenden und toten Feten sowie von Resorptionen;
Anzahl und prozentualer Anteil von Prä- und Postimplantationsverlusten.
Dosisbezogene Entwicklungsparameter für Würfe mit lebenden Feten einschließlich:

Anzahl und prozentualer Anteil lebender Nachkommen;

Verhältnis der Geschlechter;
fetales Körpergewicht, möglichst jeweils getrennt nach Geschlechtern und für beide Geschlechter
zusammen;
äußere Weichteil- und Skelettmissbildungen und sonstige relevante Veränderungen;
Kriterien für die Kategorisierung, sofern zutreffend;
Gesamtanzahl und prozentualer Anteil von Feten und Würfen mit äußerlichen Veränderungen, Weichteil- oder Skelettveränderungen sowie Arten und Häufigkeiten einzelner Anomalien und sonstiger relevanter Veränderungen.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Kavlock R.J. et al. (1996) A Simulation Study of the Influence of Study Design on the Estimation of Benchmark Doses for Developmental Toxicity, Risk Analysis 16; 399-410.

(2) Kimmel, C.A, and Francis, E.Z. (1990) Proceedings of the Workshop on the Acceptability and Interpretation of Dermal Developmental Toxicity Studies. Fundamental and Applied Toxicology 14; 386-398.

(3) Wong, B.A., et al. (1997) Developing Specialized Inhalation Exposure Systems to Address Toxicological Problems. CIIT Activities 17; 1-8.

(4) US Environmental Protection Agency (1985) Subpart E-Specific Organ/Tissue Toxicity, 40 CFR 798.4350: Inhalation Developmental Toxicity Study.

(5) Salewski, E. (1964) Faerbermethode zum makroskopischen Nachweis von Implantationsstellen am Uterus der Ratte. Naunyn-Schmeidebergs Archiv für Pharmakologie und Experimentelle Pathologie 247, 367.

(6) Edwards, J.A. (1968) The external Development of the Rabbit and Rat Embryo. In Advances in Teratology. D.H.M. Woolam (ed.) Vol. 3. Academic Press, NY.

(7) Inouye, M. (1976) Differential Staining of Cartilage and Bone in Fetal Mouse Skeleton by Alcian Blue and Alizarin Red S. Congenital Anomalies 16; 171-173.

(8) Igarashi, E. et al. (1992) Frequency Of Spontaneous Axial Skeletal Variations Detected by the Double Staining Technique for Ossified and Cartilaginous Skeleton in Rat Foetuses, Congenital Anomalies 32; 381-391.

(9) Kimmel, C.A. et al. (1993) Skeletal Development Following Heat Exposure in the Rat. Teratology 47, 229-242.

(10) Marr, M.C. et al. (1988) Comparison of Single and Double Staining for Evaluation of Skeletal Development: The Effects of Ethylene Glycol (EG) in CD Rats. Teratology 37; 476.

(11) Barrow, M.V. and Taylor, W.J. (1969) A Rapid Method for Detecting Malformations in Rat Foetuses. Journal of Morphology 127, 291-306.

(12) Fritz, H. (1974) Prenatal Ossification in Rabbits as Indicative of Foetal Maturity. Teratology 11; 313-320.

(13) Gibson, J.P. et al. (1966) Use of the Rabbit in Teratogenicity Studies. Toxicology and Applied Pharmacology 9; 398-408.

(14) Kimmel, C.A. and Wilson, J.G. (1973) Skeletal Deviation in Rats: Malformations or Variations? Teratology 8; 309-316.

(15) Marr, M.C. et al. (1992) Developmental Stages of the CD (Sprague-Dawley) Rat Skeleton after Maternal Exposure to Ethylene Glycol. Teratology 46; 169-181.

(16) Monie, I.W. et al. (1965) Dissection Procedures for Rat Foetuses Permitting Alizarin Red Staining of Skeleton and Histological Study of Viscera. Supplement to Teratology Workshop Manual, 163-173.

(17) Spark, C. and Dawson, A.B. (1928) The Order and Time of appearance of Centers of Ossification in the Fore and Hind Limbs of the Albino Rat, with Special Reference to the Possible Influence of the Sex Factor. American Journal of Anatomy 41; 411-445.

(18) Staples, R.E. and Schnell, V.L. (1964) Refinements in Rapid Clearing Technique in the KOH-Alizarin Red S Method for Fetal Bone. Stain Technology 39; 61-63.

(19) Strong, R.M. (1928) The Order Time and Rate of Ossification of the Albino Rat (Mus Norvegicus Albinus) Skeleton. American Journal of Anatomy 36; 313-355.

(20) Stuckhardt, J.L. and Poppe, S.M. (1984) Fresh Visceral Examination of Rat and Rabbit Foetuses Used in Teratogenicity Testing. Teratogenesis, Carcinogenesis, and Mutagenesis 4; 181-188.

(21) Walker, D.G. and Wirtschafter, Z.T. (1957) The Genesis of the Rat Skeleton. Thomas, Springfield, IL.

(22) Wilson, J.G. (1965) Embryological Considerations in Teratology. In Teratology: Principles and Techniques, Wilson J.G. and Warkany J. (eds). University of Chicago, Chicago, IL, 251-277.

(23) Wilson, J.G. and Fraser, F.C. (eds). (1977) Handbook of Teratology, Vol. 4. Plenum, NY.

(24) Varnagy, L. (1980) Use of Recent Fetal Bone Staining Techniques in the Evaluation of Pesticide Teratogenicity. Acta Vet. Acad. Sci. Hung, 28; 233-239.

(25) Staples, R.E. (1974) Detection of visceral Alterations in Mammalian Foetuses. Teratology 9; 37-38.

(26) Van Julsingha, E.B. and C.G. Bennett (1977) A Dissecting Procedure for the Detection of Anomalies in the Rabbit Foetal Head. In: Methods in Prenatal Toxicology Neubert, D., Merker, H.J. and Kwasigroch, T.E. (eds.). University of Chicago, Chicago, IL, 126-144.

(27) US Environmental Protection Agency (1991) Guidelines for Developmental Toxicity Risk Assessment. Federal Register 56; 63798-63826.

(28) Wise, D.L. et al. (1997) Terminology of Developmental Abnormalities in Common Laboratory Mammals (Version 1) Teratology 55; 249-292.

B.32   PRÜFUNGEN AUF KANZEROGENITÄT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 451 (2009). Die ursprüngliche TG 451 über Prüfungen auf Kanzerogenität wurde 1981 angenommen. Die Entwicklung dieser überarbeiteten Prüfmethode B.32 wurde für notwendig gehalten, um neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des Tierschutzes sowie Regulierungsanforderungen Rechnung zu tragen (2) (3) (4) (5) (6). Diese Prüfmethode B.32 wurde parallel zur Überarbeitung von Kapitel B.30 dieses Anhangs „Prüfungen auf chronische Toxizität“ und Kapitel B.33 dieses Anhang „Kombinierte Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität“ aktualisiert mit dem Ziel, zusätzliche Informationen von den in der Untersuchung verwendeten Tieren und detailliertere Angaben zur Wahl der Dosis zu gewinnen. Diese Prüfmethode B.32 ist dazu ausgelegt, für die Prüfung eines breiten Spektrums von chemischen Stoffen, einschließlich Pestiziden und Industriechemikalien, verwendet zu werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bestimmte Details und Anforderungen für Pharmazeutika abweichen können (siehe Internationale Harmonisierungskonferenz (ICH) Guidance S1B on Testing for Carcinogenicity of Pharmaceuticals).
2.
Bei den meisten Prüfungen auf Kanzerogenität werden Nagetierarten verwendet; diese Prüfmethode gilt daher hauptsächlich für Prüfungen, die an diesen Arten durchgeführt werden. Wenn solche Prüfungen an Nichtnagern erforderlich sind, gelten die Grundsätze und Verfahren dieser Prüfmethode in Kombination mit denen des Kapitels B.27 dieses Anhangs „Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren“ (6) mit entsprechenden Änderungen. Weitere Hinweise sind dem OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) zu entnehmen.
3.
Bei Prüfungen auf Kanzerogenität finden im Wesentlichen die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen ab. Zusätzliche Informationen zur Wahl des Expositionswegs sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.
4.
Bei dieser Prüfmethode steht die Exposition auf oralem Weg im Vordergrund. Dies ist der bei Prüfungen auf Kanzerogenität am häufigsten verwendete Expositionsweg. Zwar sind Prüfungen auf Kanzerogenität mit Exposition über die Haut oder durch Inhalation möglicherweise auch notwendig, um das Risiko für die menschliche Gesundheit zu beurteilen, und/oder im Rahmen bestimmter Regelungen vorgeschrieben, aber diese beiden Expositionswege sind aus technischer Sicht außerordentlich komplex. Derartige Prüfungen sind von Fall zu Fall zu konzipieren, wobei die hier beschriebene Prüfmethode für die Bewertung und Evaluierung der Kanzerogenität bei oraler Verabreichung allerdings mit Bezug auf Empfehlungen für Behandlungszeiten, klinische und Pathologieparameter usw. als Grundlage für ein Protokoll für Inhalations- und/oder dermale Prüfungen dienen könnte. Es gibt OECD-Leitlinien für die Verabreichung von Prüfsubstanzen durch Inhalation (7) (8) und über die Haut (7). Bei der Konzeption längerfristiger Prüfungen mit Exposition durch Inhalation sind insbesondere Kapitel B.8 dieses Anhangs (9) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (10) sowie das OECD Guidance Document über Prüfungen auf akute Toxizität nach Inhalation (8) zu berücksichtigen. Bei Prüfungen mit dermaler Applikation ist Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) zu beachten.
5.
Die Prüfung auf Kanzerogenität liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen Zeitraum entstehen können, der sich über die gesamte Lebensdauer der verwendeten Art erstrecken kann. Sie liefert Informationen über die toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz, einschließlich der potenziellen Kanzerogenität, und kann Hinweise auf Zielorgane und die Möglichkeit der Akkumulation geben. Außerdem kann sie zur Ableitung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) für toxische Wirkungen und, im Fall von nicht genotoxischen Karzinogenen, für Tumorreaktionen beitragen, der zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, damit so viele Informationen wie möglich gewonnen werden können.
6.
Zu den Zielen von Prüfungen auf Kanzerogenität nach dieser Prüfmethode gehören
die Identifizierung der kanzerogenen Eigenschaften einer Prüfsubstanz, die im Vergleich zu gleichzeitigen Kontrollgruppen zu einer erhöhten Inzidenz von Neoplasmen, einem erhöhten Anteil maligner Neoplasmen oder einem schnelleren Auftreten von Neoplasmen führen,
die Identifizierung des Zielorgans/der Zielorgane der Kanzerogenität,
die Ermittlung der Zeit bis zum Auftreten von Neoplasmen,
die Beschreibung der Beziehung zwischen der Dosis und der Tumorreaktion,
die Bestimmung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) oder eines Ausgangspunkts für die Festlegung einer Benchmark-Dosis (BMD),
die Extrapolation kanzerogener Wirkungen auf Expositionsniveaus von Menschen bei geringer Dosis,
die Gewinnung von Daten zur Prüfung von Hypothesen über die Wirkungsweise (2) (7) (12) (13) (14) (15).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

7.
Bei der Beurteilung und Bewertung des Kanzerogenitätspotenzials einer Prüfsubstanz sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen, damit die Studienauslegung auf eine effizientere Prüfung des Kanzerogenitätspotenzials ausgerichtet und die Verwendung von Versuchstieren minimiert werden kann. Es ist wichtig, die Wirkungsweise eines vermutlichen Karzinogens zu kennen und zu berücksichtigen (2) (7) (12) (13) (14) (15), da die optimale Studienauslegung je nachdem, ob die Prüfsubstanz ein bekanntes oder vermutliches genotoxisches Karzinogen ist, unterschiedlich sein kann. Nähere Hinweise zu Aspekten der Wirkungsweise sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.
8.
Für die Auslegung der Studie könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen einschließlich Genotoxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten, Daten über Mutagenität/Genotoxizität, Kanzerogenität und andere toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen, toxikokinetische Daten (Kinetik bei Einzel- und Mehrfachdosierung) sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Die Kanzerogenität sollte erst beurteilt werden, wenn erste Informationen über die Toxizität aus Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 Tage und/oder 90 Tage vorliegen. Auch Kurzzeitversuche zur Krebsinitiation-/promotion können nützliche Informationen liefern. Im Rahmen der Gesamtbewertung der potenziellen schädlichen Wirkungen einer bestimmten Prüfsubstanz auf die Gesundheit sollte bei der Prüfung auf Kanzerogenität etappenweise vorgegangen werden (16) (17) (18) (19).
9.
Vor Beginn der Prüfung ist festzulegen, welche Statistikmethoden angesichts der Versuchsauslegung und der Ziele am besten für die Analyse der Ergebnisse geeignet sind. Dabei ist u. a. zu entscheiden, ob die Statistiken Anpassungen in Bezug auf die Überlebensrate, die Analyse kumulativer Tumorrisiken bezogen auf die Überlebensdauer, die Analyse des Zeitraums bis zum Auftreten eines Tumors und die Analyse bei vorzeitigem Tod der Tiere einer oder mehrerer Gruppen umfassen sollten. Hinweise zu den geeigneten statistischen Analysen und wichtige Literaturverweise zu international anerkannten Statistikmethoden sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie im Guidance Document No. 35 on the analysis and evaluation of chronic toxicity and carcinogenicity studies (20) zu finden.
10.
Bei der Durchführung einer Prüfung auf Kanzerogenität sind stets die im OECD Guidance Document No. 19 on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation (21), insbesondere in Absatz 62, genannten Grundsätze und Erwägungen zu befolgen. In diesem Absatz heißt es: Wenn ein Tier in Studien mit wiederholter Verabreichung progressive klinische Anzeichen für eine fortschreitende Verschlechterung seines Zustands aufweist, ist eine informierte Entscheidung zu treffen, ob das Tier tierschutzgerecht getötet werden sollte oder nicht. Bei dieser Entscheidung sind Faktoren wie der Wert der Informationen, die bei Verbleiben des Tiers in der Studie gewonnen werden können, und der allgemeine Gesundheitszustand des Tiers gegeneinander abzuwägen. Wird beschlossen, das Tier in der Studie zu belassen, ist es entsprechend den Erfordernissen häufiger zu beobachten. Zur Linderung von Schmerzen oder Qualen kann auch die Verabreichung der Prüfsubstanz unterbrochen oder die Dosis verringert werden, sofern dabei der Zweck der Prüfung nicht beeinträchtigt wird.
11.
Ausführliche Informationen und eine Diskussion der Prinzipien der Dosiswahl bei Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie in zwei Veröffentlichungen des International Life Sciences Institute (22) (23) zu finden. Die grundlegende Strategie der Dosiswahl hängt von den Hauptzielen der Studie ab (Nummer 6). Bei der Auswahl der geeigneten Dosisstufen ist ein Gleichgewicht zwischen Gefahrenidentifizierung einerseits und der Beschreibung von Wirkungen bei geringer Dosierung und ihrer Relevanz andererseits herzustellen. Dieses Gleichgewicht ist bei einer kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und auf Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) besonders wichtig (Nummer 12).
12.
Es sollte in Betracht gezogen werden, statt einer getrennten Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität (Kapitel B.30 dieses Anhangs) und einer Prüfung auf Kanzerogenität (diese Prüfmethode B.32) eher eine kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) durchzuführen. Die kombinierte Methode ist zeit- und kosteneffizienter als zwei getrennte Studien, ohne dass dabei die Qualität der Daten der chronischen Komponente oder der Kanzerogenitätskomponente beeinträchtigt würde. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) sind die Grundsätze der Dosiswahl (Nummer 11 und Nummern 22-25) jedoch genau zu beachten. Es wird allerdings anerkannt, dass im Rahmen bestimmter Regelungen möglicherweise getrennte Prüfungen vorgeschrieben sind.
13.
Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document 116 (7) definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

14.
Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen von Versuchstieren für den größeren Teil ihrer Lebenszeit täglich in abgestuften Dosen in der Regel oral verabreicht. Die Verabreichung durch Inhalation oder auf dermalem Weg kann ebenfalls angebracht sein. Die Tiere werden sorgfältig auf Toxizitätszeichen und das Auftreten neoplastischer Veränderungen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss der Prüfung überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

15.
Diese Prüfmethode betrifft hauptsächlich die Bewertung und Evaluierung der Kanzerogenität bei Nagetieren (Nummer 2). Die Verwendung anderer Arten als Nagetiere kann in Betracht gezogen werden, wenn die vorliegenden Daten darauf hindeuten, dass sie für die Vorhersage gesundheitlicher Wirkungen beim Menschen von größerer Relevanz sind. Die Wahl der Tierart ist zu begründen. Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, doch können auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Obwohl die Verwendung der Maus in Prüfungen auf Kanzerogenität nur von begrenztem Nutzen sein mag (24) (25) (26), schreiben einige geltende Regulierungsprogramme nach wie vor Kanzerogenitätsprüfungen an der Maus vor, sofern nicht gezeigt werden kann, dass eine solche Studie wissenschaftlich nicht erforderlich ist. Ratten und Mäuse sind wegen ihrer relativ kurzen Lebenszeit, der weit verbreiteten Verwendung in pharmakologischen und toxikologischen Studien, ihrer Anfälligkeit für die Entstehung von Tumoren und der Verfügbarkeit ausreichend beschriebener Stämme die bevorzugten Versuchsmodelle. Daher liegen über ihre Physiologie und Pathologie umfangreiche Informationen vor. Zusätzliche Informationen zur Wahl der Tierart und des Stamms sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.
16.
Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Für die Prüfung auf Kanzerogenität sollten möglichst Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden wie für die kürzere(n) Toxizitätsvorstudie(n). Wenn jedoch bekannt ist, dass Tiere dieses Stamms und dieser Herkunft die allgemein anerkannten Überlebenskriterien für Langzeitstudien [siehe Guidance Document No. 116 (7)] nicht erfüllen, ist die Verwendung eines Tierstamms mit ausreichender Überlebensrate für die Langzeitstudie in Betracht zu ziehen. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein.

Haltung und Fütterung

17.
Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden. Eine Einzelunterbringung ist nur in Betracht zu ziehen, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist (27) (28) (29). Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Das Futter sollte den Nährstoffbedarf der eingesetzten Tierart decken und möglichst wenig Schadstoffe wie z. B. Pestizidrückstände, persistente organische Schadstoffe, Phytoöstrogene, Schwermetalle und Mykotoxine enthalten, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen könnten. Das Futter ist regelmäßig, und zwar zumindest zu Beginn der Prüfung und bei Verwendung einer anderen Charge, auf den Nährstoff- und Schadstoffgehalt hin zu analysieren; die Ergebnisse sind im Abschlussbericht anzugeben. Ergebnisse von Analysen des in der Prüfung verwendeten Trinkwassers sind ebenfalls anzugeben. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz und die Deckung des Nährstoffbedarfs der Tiere sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird.

Vorbereitung der Tiere

18.
Es sind gesunde Tiere zu verwenden, die mindestens sieben Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Bei Nagetieren sollte die Verabreichung so bald wie möglich nach dem Absetzen und der Eingewöhnung beginnen, vorzugsweise bevor die Tiere 8 Wochen alt sind. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede bei den Tieren beider Geschlechter möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts aller Tiere in der Studie nicht überschreiten. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Nach der Randomisierung sollte sich das Durchschnittsgewicht der Tiere desselben Geschlechts von Gruppe zu Gruppe nicht signifikant unterscheiden. Gibt es statistisch signifikante Unterschiede, sollte die Randomisierung möglichst wiederholt werden. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer und wird durch Tätowierung, Mikrochipimplantat oder auf eine andere geeignete Weise mit dieser Nummer gekennzeichnet.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

19.
Es sind Tiere beider Geschlechter zu verwenden. Es sollten so viele Tiere verwendet werden, dass eine gründliche biologische und statistische Auswertung möglich ist. Jede Dosisgruppe und jede gleichzeitige Kontrollgruppe sollte daher mindestens 50 Tiere je Geschlecht umfassen. Je nach Ziel der Studie kann die statistische Aussagekraft von Schlüsselwerten durch ungleiche Verteilung der Tiere auf die verschiedenen Dosisgruppen erhöht werden, wobei z. B. zur Einschätzung des karzinogenen Potenzials bei niedrigen Dosen mehr als 50 Tiere in die Gruppen mit niedriger Dosis eingeteilt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine mäßige Erhöhung der Gruppengröße nur zu einer relativ geringen Erhöhung der statistischen Aussagekraft der Studie führt. Weitere Informationen zur statistischen Auslegung der Studie und zur Wahl der Dosisstufen zwecks Maximierung der statistischen Aussagekraft sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

Tötungen im Verlauf der Studie und Satelliten-(Sentinel-)Gruppen

20.
Es kann vorgesehen werden, dass Tiere im Verlauf der Studie, z. B. nach zwölf Monaten, getötet werden, um Erkenntnisse über den Fortgang neoplastischer Veränderungen und mechanistische Informationen zu gewinnen, falls dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Wenn diese Informationen bereits aus vorherigen Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe der Prüfsubstanz vorliegen, sind zwischenzeitliche Tötungen möglicherweise wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Wenn vorgesehen ist, dass Tiere im Verlauf der Studie getötet werden, beträgt die Zahl der für derartige Tötungen vorgesehenen Tiere in jeder Dosisgruppe normalerweise je zehn Tiere beider Geschlechter, und die Gesamtzahl der Tiere in der Studie sollte um die Zahl der Tiere erhöht werden, die vor Beendigung der Studie getötet werden sollen. Der Krankheitsstatus während der Studie kann erforderlichenfalls mit einer zusätzlichen Gruppe von Sentineltieren (normalerweise je fünf Tiere beider Geschlechter) überwacht werden (30). Das Guidance Document No. 116 (7) enthält nähere Hinweise.

Dosisgruppen und Dosierung

21.
Das Guidance Document No. 116 (7) enthält Hinweise zu allen Aspekten der Dosiswahl und zu den Abständen der Dosisstufen. Mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle sollten verwendet werden. Die Dosisstufen werden im Allgemeinen auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit kurzzeitiger wiederholter Verabreichung oder Dosisfindungsstudien festgelegt und sollten alle vorliegenden toxikologischen und toxikokinetischen Daten für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe berücksichtigen.
22.
Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosisstufe so zu wählen, dass zwar die Hauptzielorgane und die toxischen Wirkungen identifiziert werden können, aber Leiden, schwere Toxizität, Morbidität oder Tod der Tiere vermieden werden. Unter Berücksichtigung der unter Nummer 23 beschriebenen Faktoren ist die höchste Dosisstufe normalerweise so zu wählen, dass Anzeichen von Toxizität hervorgerufen werden, die sich z. B. in einer verzögerten Körpergewichtsentwicklung äußern (etwa 10 %). Je nach den Zielen der Studie (siehe Nummer 6) kann jedoch eine Höchstdosis festgelegt werden, die unter der zu Toxizitätszeichen führenden Dosis liegt, z. B. wenn eine Dosis eine besorgniserregende Wirkung auslöst, die sich aber nur geringfügig auf Lebensdauer oder Körpergewicht auswirkt.
23.
Die Dosisstufen und die Abstände der Dosisstufen können so gewählt werden, dass auf der niedrigsten Dosisstufe eine Dosis-Wirkungs-Beziehung und, je nach Wirkungsweise der Prüfsubstanz, ein NOAEL-Wert oder andere angestrebte Studienergebnisse, z. B. ein BMD (siehe Nummer 25), festgestellt werden können. Zu den Faktoren, die bei der Festlegung niedrigerer Dosen zu berücksichtigen sind, gehören die voraussichtliche Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve, die Dosen, bei denen wichtige Änderungen des Metabolismus oder der toxischen Wirkungsweise eintreten können, und das Niveau, bei dem eine Schwelle oder ein Ausgangspunkt für eine Extrapolation niedriger Dosen erwartet wird.
24.
Welche Dosisstufenabstände gewählt werden, hängt von den Merkmalen der Prüfsubstanz ab und kann in dieser Prüfmethode nicht vorgeschrieben werden. Abstände mit einem Faktor von 2 bis 4 erweisen sich jedoch oft als gut geeignet für die Festsetzung abnehmender Dosisstufen. Außerdem ist es oft besser, statt der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mit einem Faktor zwischen 6 und 10) zwischen den Dosierungen eine vierte Prüfgruppe einzurichten. Die Verwendung von Faktoren über 10 sollte im Allgemeinen vermieden bzw. gegebenenfalls begründet werden.
25.
Entsprechend dem Guidance Document No. 116 (7) sind bei der Dosisfestlegung u. a. folgende Faktoren zu berücksichtigen:
bekannte oder vermutete Nichtlinearitäten oder Wendepunkte der Dosis-Wirkungs-Kurve;
Toxikokinetik und Dosisbereiche, bei denen die metabolische Induktion, die Sättigung oder die Nichtlinearität zwischen externen und internen Dosen auftritt oder nicht auftritt;
Vorläuferläsionen, Wirkungsmarker oder Indikatoren für den Ablauf zugrunde liegender biologischer Schlüsselprozesse;
wichtige (oder vermutete) Aspekte der Wirkungsweise, z. B. Dosen, ab denen Zytotoxizität auftritt, Hormonspiegel beeinflusst werden, homöostatische Mechanismen gestört werden usw.;
Bereiche der Dosis-Wirkungs-Kurve, bei denen eine besonders genaue Schätzung erforderlich ist, z. B. im Bereich der vorgesehenen BMD oder einer vermuteten Schwelle;
Berücksichtigung voraussichtlicher Expositionsniveaus von Menschen.
26.
Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten bei den Dosisgruppen verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht und führt dies aus geschmacklichen Gründen zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich und eine bessere Kontrolle sein.

Zubereitung der Dosen und Verabreichung der Prüfsubstanz

27.
Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral, d. h. mit der Nahrung oder dem Trinkwasser, oder über eine Schlundsonde verabreicht. Zusätzliche Informationen zu Verabreichungswegen und -methoden sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten. Verabreichungsweg und -methode richten sich nach dem Zweck der Studie, den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, ihrer Bioverfügbarkeit und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen. Der gewählte Verabreichungsweg und die Methode sollten begründet werden. Aus Tierschutzgründen sollte die Schlundsonde nur für Agenzien gewählt werden, bei denen dieser Weg und diese Methode der Verabreichung die potenzielle Humanexposition annähernd repräsentieren (z. B. Arzneimittel). Nahrungs- oder Umweltchemikalien einschließlich Pestizide werden normalerweise mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreicht. Für bestimmte Szenarios, z. B. berufliche Exposition, können andere Applikationswege besser geeignet sein.
28.
Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspenion, sodann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in anderen Vehikeln in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen deren toxische Merkmale bekannt sein. Es sollten Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz und die Homogenität der Lösungen oder Futterrationen, die (je nach Fall) die Dosierung enthalten, unter den Verabreichungsbedingungen (z. B. mit dem Futter) vorliegen.
29.
Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Um eine unausgewogene Ernährung zu vermeiden, sollte die Konzentration der Prüfsubstanz in Langzeittoxizitätsstudien mit Verabreichung über die Nahrung normalerweise eine Obergrenze von 5 % der Gesamtnahrung nicht übersteigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Futterkonzentration (mg/kg Futter oder ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Tiers (mg/kg Körpergewicht), berechnet auf Wochenbasis, verwendet werden. Die jeweils gewählte Verfahrensweise ist anzugeben.
30.
Bei oraler Verabreichung erhalten die Tiere die Prüfsubstanz täglich (sieben Tage in der Woche), im Fall von Nagetieren in der Regel für einen Zeitraum von 24 Monaten (siehe auch Nummer 32). Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage pro Woche, ist zu begründen. Bei dermaler Applikation werden die Tiere, wie in Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) beschrieben, für einen Zeitraum von 24 Monaten an sieben Tagen in der Woche mindestens 6 Stunden pro Tag mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Inhalationsexposition wird an sieben Tagen in der Woche für 6 Stunden pro Tag durchgeführt, aber auch fünf Tage in der Woche sind möglich, wenn dies gerechtfertigt ist. Die Expositionsdauer beträgt normalerweise 24 Monate. Wenn für eine „Nose-only“-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden pro Tag ist zu begründen. Siehe auch Kapitel B.8 dieses Anhangs (9).
31.
Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle jeweils zur gleichen Tageszeit erfolgen. Normalerweise wird einmal täglich eine Einzeldosis verabreicht. Wenn es sich bei der Prüfsubstanz z. B. um einen lokal reizenden Stoff handelt, kann die Tagesdosis auf zwei Teilmengen aufgeteilt werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte so gering wie möglich sein und bei Nagetieren normalerweise 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten (31). Die Variabilität der Prüfvolumina sollte durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden. Davon ausgenommen sind potenziell ätzende oder reizende Stoffe, die zur Vermeidung schwerwiegender lokaler Wirkungen verdünnt werden müssen. Die Prüfung in Konzentrationen, die wahrscheinlich eine verätzende oder reizende Wirkung für den Magen-Darm-Trakt haben, ist zu vermeiden.

Versuchsdauer

32.
Die Studie dauert bei Nagetieren in der Regel 24 Monate, was dem größten Teil der normalen Lebenszeit der verwendeten Tiere entspricht. Eine kürzere oder längere Studiendauer ist je nach Lebenszeit der in der Studie verwendeten Tierart möglich, sollte aber begründet werden. Bei bestimmten Stämmen von Mäusen, z. B. die Stämme AKR/J, C3H/J oder C57BL/6J, ist eine Dauer von 18 Monaten möglicherweise besser geeignet. Im Folgenden werden Hinweise zu Dauer und Beendigung der Studie und dem Überleben der Tiere gegeben. Weitere Hinweise, u. a. zu der Frage, wieweit ein aus der Überlebensrate der Tiere resultierendes negatives Ergebnis einer Kanzerogenitätsstudie akzeptiert werden kann, sind im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) zu finden.
Wenn die Anzahl der überlebenden Tiere in den Gruppen mit niedrigerer Dosierung oder in der Kontrollgruppe unter 25 % sinkt, ist die Beendigung der Studie in Betracht zu ziehen.
Ist lediglich in der Hochdosisgruppe ein vorzeitiger Tod aufgrund von Toxizität festzustellen, muss dies nicht zwangsläufig zur Beendigung der Studie führen.
Die Überlebensrate sollte nach Geschlechtern getrennt ausgewertet werden.
Die Studie sollte nicht über den Punkt hinaus fortgesetzt werden, an dem die Daten aus der Studie nicht mehr ausreichen, um eine statistisch valide Bewertung vorzunehmen.

BEOBACHTUNGEN

33.
Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Darüber hinaus sind die Tiere einmal am Tag auf spezielle Anzeichen von toxikologischer Bedeutung zu untersuchen, wobei der Zeitpunkt zu berücksichtigen ist, zu dem nach Verabreichung per Schlundsonde mit den maximalen Wirkungen zu rechnen ist. Die Entwicklung von Tumoren ist besonders aufmerksam zu verfolgen; dabei sind der Zeitpunkt der Entstehung, die Lokalisierung, das Ausmaß, das Erscheinungsbild und die Progression jedes deutlich sichtbaren oder fühlbaren Tumors festzuhalten.

Körpergewicht, Futter-/Wasseraufnahme und Futtereffizienz

34.
Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie, klinische Biochemie und sonstige Messungen

35.
Um möglichst viele Informationen aus der Studie zu gewinnen, insbesondere in Bezug auf die Wirkungsweise der Prüfsubstanz, können nach Ermessen des Studienleiters Blutproben für hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen genommen werden. Urinuntersuchungen können ebenfalls angezeigt sein. Weitere Hinweise zum Nutzen dieser Probenahmen im Rahmen einer Kanzerogenitätsprüfung sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden. Falls sie für angezeigt gehalten werden, können die Blutproben für hämatologische und klinisch-chemische Untersuchungen und Urinuntersuchungen im Rahmen einer Tötung im Verlauf der Studie (siehe Nummer 20) oder bei Beendigung der Studie bei mindestens je zehn Tieren beider Geschlechter je Gruppe genommen werden. Die Blutproben müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen und gegebenenfalls fachgerecht gelagert werden. Es können auch Blutausstriche zur Untersuchung angefertigt werden, insbesondere wenn das Knochenmark das Zielorgan zu sein scheint. Der Nutzen dieser Untersuchung für die Einschätzung des karzinogenen/onkogenen Potenzials ist jedoch fraglich (32).

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

36.
Alle an der Studie beteiligten Tiere, ausgenommen Sentineltiere (siehe Nummer 20) und andere Satellitentiere, sind einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung zu unterziehen, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Sentineltiere und andere Satellitentiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden. Organgewichte werden bei einer Prüfung auf Kanzerogenität normalerweise nicht erfasst, da der Nutzen dieser Daten durch geriatrische Veränderungen und in späteren Stadien durch die Entstehung von Tumoren beeinträchtigt wird. Sie können jedoch für die Durchführung einer Weight-of-Evidence-Bewertung und insbesondere für Fragen der Wirkungsweise von Bedeutung sein. Wenn sie Teil einer Satellitenstudie sind, sollten sie nicht später als ein Jahr nach Studienbeginn erfasst werden.
37.
Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (33) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):



alle makroskopischen VeränderungenHerzPankreasMagen (Vormagen, Drüsenmagen)
NebennierenIleumNebenschilddrüse[Zähne]
AortaJejunumperiphere NervenHoden
Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)NierenHypophyseThymus
CaecumTränendrüse (exorbital)ProstataSchilddrüse
ZervixLeberRectum[Zunge]
KoagulationsdrüseLungeSpeicheldrüseTrachea
KolonLymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)SamenbläschenHarnblase
DuodenumBrustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)SkelettmuskelUterus (mit Zervix)
Nebenhoden[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]Haut[Harnleiter]
Auge (mit Netzhaut)SpeiseröhreRückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)[Harnröhre]
[Femur mit Gelenk][Riechkolben]MilzVagina
Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)Ovarien[Brustbein]Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat
Hardersche Drüse

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe aufzubewahren; es sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien sollte sich die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts an den Empfehlungen der Kapitel B.8 und B.29 dieses Anhangs orientieren. Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

38.
Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (33). Zu untersuchen sind mindestens folgende Gewebe:
alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,
alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,
alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten einschließlich Tumoren,
wenn behandlungsbedingte histopathologische Veränderungen in der Hochdosisgruppe festgestellt werden, sind diese Gewebe von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen zu untersuchen,
bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

39.
Für alle bestimmten Parameter sollen Daten zu den einzelnen Tieren angegeben werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere. Die Mittelwerte und Standardabweichungen (für kontinuierliche Versuchsdaten) von Tieren, die toxische Wirkungen oder Läsionen aufweisen, sind zusätzlich zum Schweregrad der Läsionen in Übersichtstabellen anzugeben.
40.
Historische Kontrolldaten können die Auswertung der Studienergebnisse erleichtern, z. B. wenn die Daten der gleichzeitigen Kontrollen erheblich von neueren Daten von Kontrolltieren aus derselben Versuchseinrichtung abweichen. Wenn historische Kontrolldaten bewertet werden, sollten sie von demselben Labor stammen, sich auf Tiere desselben Alters und Stamms beziehen und höchstens fünf Jahre vor der fraglichen Studie erhoben worden sein.
41.
Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sind bei der Planung der Studie festzulegen (Nummer 9). Diese Auswahl sollte es ermöglichen, erforderlichenfalls Anpassungen je nach Überlebensrate vorzunehmen.

Prüfbericht

42.
Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,
Daten zur Identifikation,
Herkunft des Stoffs,
Chargennummer,
Bescheinigung der chemischen Analyse.

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

Versuchstiere:

Art/Stamm und Begründung für die getroffene Wahl,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere bei Versuchsbeginn,
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

Prüfbedingungen:

Begründung für Verabreichungsweg und Festlegung der Dosis,
gegebenenfalls die statistischen Methoden zur Analyse der Daten,
Angaben zur Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung,
Analysedaten über die erreichte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,
Verabreichungsweg und Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,
bei Inhalationsstudien: „Nose-only“- oder Ganzkörperexposition,
tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (mg/kg oder ppm) in die tatsächliche Dosis,
Angaben zur Futter- und Wasserqualität.

Ergebnisse (zusammenfassende Übersichtstabellen und Daten für die einzelnen Tiere):

Allgemeines

Überlebensdaten,
Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,
Futteraufnahme, gegebenenfalls Berechnungen der Futtereffizienz und der Wasseraufnahme, falls erfasst,
toxikokinetische Daten, falls vorhanden,
Ophthalmoskopie (falls zutreffend),
Hämatologie (falls zutreffend),
klinische Chemie (falls zutreffend).

Klinische Befunde

Toxizitätszeichen,
Inzidenz (und, falls bewertet, Schweregrad) jeder Abnormität,
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (sowohl vorübergehend als auch dauerhaft).

Nekropsiedaten

terminales Körpergewicht,
Organgewichte (und gegebenenfalls Verhältnis Organ-/Körpergewicht),
Sektionsbefunde; Inzidenz und Schweregrad von Abnormitäten.

Histopathologie

nicht neoplastische histopathologische Befunde,
neoplastische histopathologische Befunde,
Korrelation zwischen makroskopischen und mikroskopischen Befunden,
ausführliche Beschreibung aller behandlungsbedingten histopathologischen Befunde mit Einstufung des Schweregrads,
Bericht über eventuelle Peer-Reviews von Objektträgern.

Statistische Auswertung der Ergebnisse, soweit zutreffend

Diskussion der Ergebnisse einschließlich

Diskussion von Modellierungsansätzen,
Dosis-Wirkungs-Beziehungen,
historische Kontrolldaten,
Prüfung aller Informationen über die Wirkungsweise,
Bestimmung von BMD, NOAEL oder LOAEL,
Relevanz für Menschen.

Schlussfolgerungen

LITERATUR:

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6.
Kapitel B.27 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren
7.
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8.
OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.
9.
Kapitel B.8 dieses Anhangs, Prüfung auf subakute Toxizität nach Inhalation — 28-Tage-Test.
10.
Kapitel B.29 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische Toxizität nach Inhalation — 90-Tage-Test.
11.
Kapitel B.9 dieses Anhangs, Toxizität nach 28-tägiger Gabe (dermal).
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30.
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Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.33   KOMBINIERTE STUDIEN ZUR PRÜFUNG AUF CHRONISCHE TOXIZITÄT UND KANZEROGENITÄT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 453 (2009). Die ursprüngliche TG 453 wurde 1981 angenommen. Die Entwicklung dieser aktualisierten Prüfmethode B.33 wurde für notwendig gehalten, um neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des Tierschutzes sowie Regulierungsanforderungen Rechnung zu tragen (1) (2) (3) (4) (5). Diese Prüfmethode B.33 wurde parallel zur Überarbeitung von Kapitel B.32 dieses Anhang „Prüfungen auf Kanzerogenität“ und Kapitel B.30 dieses Anhangs „Prüfungen auf chronische Toxizität“ aktualisiert mit dem Ziel, zusätzliche Informationen von den in der Untersuchung verwendeten Tieren und detailliertere Angaben zur Wahl der Dosis zu gewinnen. Diese Prüfmethode ist dazu ausgelegt, für die Prüfung eines breiten Spektrums von chemischen Stoffen, einschließlich Pestiziden und Industriechemikalien, verwendet zu werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bestimmte Details und Anforderungen für Pharmazeutika abweichen können [siehe Internationale Harmonisierungskonferenz (ICH) Guidance S1B on Testing for Carcinogenicity of Pharmaceuticals].
2.
Bei den meisten Prüfungen auf chronische Toxizität und Kanzerogenität werden Nagetierarten verwendet; diese Prüfmethode gilt daher hauptsächlich für Prüfungen, die an diesen Arten durchgeführt werden. Wenn solche Prüfungen an Nichtnagern erforderlich sind, können die beschriebenen Grundsätze und Verfahren mit entsprechenden Änderungen in Kombination mit denen des Kapitels B.27 dieses Anhangs „Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren“ (6), wie im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) beschrieben, ebenfalls angewendet werden.
3.
Bei Prüfungen auf chronische Toxizität/Kanzerogenität finden im Wesentlichen die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen ab. Zusätzliche Informationen zur Wahl des Expositionswegs sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.
4.
Bei dieser Prüfmethode steht die Exposition auf oralem Weg im Vordergrund. Dies ist der bei Prüfungen auf chronische Toxizität und Kanzerogenität am häufigsten verwendete Expositionsweg. Zwar sind Langzeitprüfungen mit Exposition über die Haut oder durch Inhalation möglicherweise auch notwendig, um das Risiko für die menschliche Gesundheit zu beurteilen, und/oder im Rahmen bestimmter Regelungen vorgeschrieben, aber diese beiden Expositionswege sind aus technischer Sicht außerordentlich komplex. Derartige Prüfungen sind von Fall zu Fall zu konzipieren, wobei die hier beschriebene Prüfmethode für die Bewertung und Evaluierung von Kanzerogenität und chronischer Toxizität bei oraler Verabreichung allerdings mit Bezug auf Empfehlungen für Behandlungszeiten, klinische und Pathologieparameter usw. als Grundlage für ein Protokoll für Inhalations- und/oder dermale Prüfungen dienen könnte. Es gibt OECD-Leitlinien für die Verabreichung von Prüfsubstanzen durch Inhalation (7) (8) und über die Haut (7). Bei der Konzeption längerfristiger Prüfungen mit Exposition durch Inhalation sind insbesondere Kapitel B.8 dieses Anhangs (9) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (10) sowie das OECD Guidance (8) zu berücksichtigen. Bei Prüfungen mit dermaler Applikation ist Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) zu beachten.
5.
Die kombinierte Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität/Kanzerogenität liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen Zeitraum entstehen können, der sich über die gesamte Lebensdauer der verwendeten Art erstrecken kann. Sie liefert Informationen über die toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz, einschließlich der potenziellen Kanzerogenität, und gibt Hinweise auf Zielorgane und die Möglichkeit der Akkumulation. Außerdem kann sie zur Ableitung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) für toxische Wirkungen und, im Fall von nicht genotoxischen Karzinogenen, für Tumorreaktionen beitragen, der zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, damit so viele Informationen wie möglich gewonnen werden können.
6.
Zu den Zielen von Prüfungen auf chronische Toxizität/Kanzerogenität nach dieser Prüfmethode gehören
die Identifizierung der kanzerogenen Eigenschaften einer Prüfsubstanz, die im Vergleich zu gleichzeitigen Kontrollgruppen zu einer erhöhten Inzidenz von Neoplasmen, einem erhöhten Anteil maligner Neoplasmen oder einem schnelleren Auftreten von Neoplasmen führen,
die Ermittlung der Zeit bis zum Auftreten von Neoplasmen,
die Feststellung der chronischen Toxizität der Prüfsubstanz,
die Identifizierung des Zielorgans/der Zielorgane der chronischen Toxizität und der Kanzerogenität,
die Beschreibung der Dosis-Wirkungs-Beziehung,
die Bestimmung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) oder eines Ausgangspunkts für die Festlegung einer Benchmark-Dosis (BMD),
die Extrapolation kanzerogener Wirkungen auf Expositionsniveaus von Menschen bei geringer Dosis,
die Vorhersage der Wirkungen chronischer Toxizität beim Expositionsniveau von Menschen,
die Gewinnung von Daten zur Prüfung von Hypothesen über die Wirkungsweise (2) (7) (12) (13) (14) (15).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

7.
Bei der Beurteilung und Bewertung des Kanzerogenitätspotenzials und der chronischen Toxizität einer Prüfsubstanz sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen, damit die Studienauslegung auf eine effizientere Prüfung ihrer toxikologischen Eigenschaften ausgerichtet und die Verwendung von Versuchstieren minimiert werden kann. Es ist wichtig, die Wirkungsweise eines vermutlichen Karzinogens zu kennen und zu berücksichtigen (2) (7) (12) (13) (14) (15), da die optimale Studienauslegung je nachdem, ob die Prüfsubstanz ein bekanntes oder vermutliches genotoxisches Karzinogen ist, unterschiedlich sein kann. Nähere Hinweise zu Aspekten der Wirkungsweise sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.
8.
Für die Auslegung der Studie könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, sämtliche Informationen über die Wirkungsweise, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen einschließlich Genotoxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten, Daten über Mutagenität/Genotoxizität, Kanzerogenität und andere toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen, toxikokinetische Daten (Kinetik bei Einzel- und Mehrfachdosierung) sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Die chronische Toxizität/Kanzerogenität sollte erst bestimmt werden, wenn erste Informationen über die Toxizität aus Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 Tage und/oder 90 Tage vorliegen. Auch Kurzzeitversuche zur Krebsinitiation-/promotion können nützliche Informationen liefern. Im Rahmen der Gesamtbewertung der potenziellen schädlichen Wirkungen einer bestimmten Prüfsubstanz auf die Gesundheit sollte bei der Prüfung auf Kanzerogenität etappenweise vorgegangen werden (16) (17) (18) (19).
9.
Vor Beginn der Prüfung ist festzulegen, welche Statistikmethoden angesichts der Versuchsauslegung und der Ziele am besten für die Analyse der Ergebnisse geeignet sind. Dabei ist u. a. zu entscheiden, ob die Statistiken Anpassungen in Bezug auf die Überlebensrate, die Analyse kumulativer Tumorrisiken bezogen auf die Überlebensdauer, die Analyse des Zeitraums bis zum Auftreten eines Tumors und die Analyse bei vorzeitigem Tod der Tiere einer oder mehrerer Gruppen umfassen sollten. Hinweise zu den geeigneten statistischen Analysen und wichtige Literaturverweise zu international anerkannten Statistikmethoden sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie im Guidance Document No. 35 on the analysis and evaluation of chronic toxicity and carcinogenicity studies (20) zu finden.
10.
Bei der Durchführung einer Prüfung auf Kanzerogenität sind stets die im OECD Guidance Document No. 19 on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation (21), insbesondere in Absatz 62, genannten Grundsätze und Erwägungen zu befolgen. In diesem Absatz heißt es: Wenn ein Tier in Studien mit wiederholter Verabreichung progressive klinische Anzeichen für eine fortschreitende Verschlechterung seines Zustands aufweist, ist eine informierte Entscheidung zu treffen, ob das Tier tierschutzgerecht getötet werden sollte oder nicht. Bei dieser Entscheidung sind Faktoren wie der Wert der Informationen, die bei Verbleiben des Tiers in der Studie gewonnen werden können, und der allgemeine Gesundheitszustand des Tiers gegeneinander abzuwägen. Wird beschlossen, das Tier in der Studie zu belassen, ist es entsprechend den Erfordernissen häufiger zu beobachten. Zur Linderung von Schmerzen oder Qualen kann auch die Verabreichung der Prüfsubstanz unterbrochen oder die Dosis verringert werden, sofern dabei der Zweck der Prüfung nicht beeinträchtigt wird.
11.
Ausführliche Informationen und eine Diskussion der Prinzipien der Dosiswahl bei Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie in zwei Veröffentlichungen des International Life Sciences Institute (22) (23) zu finden. Die grundlegende Strategie der Dosiswahl hängt von den Hauptzielen der Studie ab (Nummer 6). Bei der Auswahl der geeigneten Dosisstufen ist ein Gleichgewicht zwischen Gefahrenidentifizierung einerseits und der Beschreibung von Wirkungen bei geringer Dosierung und ihrer Relevanz andererseits herzustellen. Dieses Gleichgewicht ist bei einer kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und auf Kanzerogenität besonders wichtig.
12.
Es sollte in Betracht gezogen werden, statt einer getrennten Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität (Kapitel B.30 dieses Anhangs) und einer Prüfung auf Kanzerogenität (Kapitel B.32 dieses Anhangs) eher diese kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität durchzuführen. Die kombinierte Methode ist zeit- und kosteneffizienter und benötigt weniger Versuchstiere als zwei getrennte Studien, ohne dass dabei die Qualität der Daten der chronischen Komponente oder der Kanzerogenitätskomponente beeinträchtigt würde. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind die Grundsätze der Dosiswahl (Nummer 11 und Nummern 22-26) jedoch genau zu beachten. Es wird allerdings anerkannt, dass im Rahmen bestimmter Regelungen möglicherweise getrennte Prüfungen vorgeschrieben sind. Weitere Hinweise zur Planung der kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität mit dem Ziel, die Effizienz der Studie zu maximieren, indem möglichst wenig Tiere verwendet und die verschiedenen Versuchsverfahren gestrafft werden, sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.
13.
Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document No. 116 (7) definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

14.
Die Studie umfasst zwei parallele Phasen: eine chronische Phase und eine Kanzerogenitätsphase (zur jeweiligen Dauer siehe Nummern 34 bzw. 35). Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral verabreicht, aber auch die Verabreichung durch Inhalation oder auf dermalem Weg kann angebracht sein. In der chronischen Phase wird die Prüfsubstanz mehreren Gruppen von Versuchstieren täglich in abgestuften Dosen verabreicht, eine Dosisstufe je Gruppe, und zwar normalerweise über einen Zeitraum von 12 Monaten, wobei je nach Regulierungsanforderungen (siehe Nummer 34) auch eine längere oder kürzere Dauer gewählt werden kann. Die Dauer sollte ausreichend lang sein, damit sich etwaige Wirkungen kumulativer Toxizität manifestieren können, ohne dass sich die verzerrenden Wirkungen geriatrischer Veränderungen bemerkbar machen. Die Studienauslegung kann auch eine oder mehrere zwischenzeitliche Tötungen vorsehen, z. B. nach 3 und 6 Monaten; außerdem können zu diesem Zweck auch zusätzliche Gruppen von Versuchstieren aufgenommen werden (siehe Nummer 20). In der Kanzerogenitätsphase wird die Prüfsubstanz mehreren Gruppen von Versuchstieren für den größeren Teil ihrer Lebenszeit täglich verabreicht. In beiden Phasen werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätszeichen und das Auftreten neoplastischer Veränderungen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss der Prüfung überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

15.
Diese Prüfmethode betrifft hauptsächlich die Bewertung und Evaluierung der chronischen Toxizität und der Kanzerogenität bei Nagetieren (Nummer 2). Die Verwendung anderer Arten als Nagetiere kann in Betracht gezogen werden, wenn die vorliegenden Daten darauf hindeuten, dass sie für die Vorhersage gesundheitlicher Wirkungen beim Menschen von größerer Relevanz sind. Die Wahl der Tierart ist zu begründen. Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, doch können auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Obwohl die Verwendung der Maus in Prüfungen auf Kanzerogenität nur von begrenztem Nutzen sein mag (24) (25) (26), schreiben einige geltende Regulierungsprogramme nach wie vor Kanzerogenitätsprüfungen an der Maus vor, sofern nicht gezeigt werden kann, dass eine solche Studie wissenschaftlich nicht erforderlich ist. Ratten und Mäuse sind wegen ihrer relativ kurzen Lebenszeit, der weit verbreiteten Verwendung in pharmakologischen und toxikologischen Studien, ihrer Anfälligkeit für die Entstehung von Tumoren und der Verfügbarkeit ausreichend beschriebener Stämme die bevorzugten Versuchsmodelle. Daher liegen über ihre Physiologie und Pathologie umfangreiche Informationen vor. Wenn Prüfungen auf chronische Toxizität/Kanzerogenität bei Nichtnagern erforderlich sind, sollten Auslegung und Durchführung der Versuche auf den Grundsätzen der vorliegenden Prüfmethode sowie denen von Kapitel B.27 dieses Anhangs — Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren (6) basieren. Zusätzliche Informationen zur Wahl der Tierart und des Stamms sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.
16.
Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Für die kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität/Kanzerogenität sollten Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden wie für die kürzere(n) Toxizitätsvorstudie(n). Wenn jedoch bekannt ist, dass Tiere dieses Stamms und dieser Herkunft die allgemein anerkannten Überlebenskriterien für Langzeitstudien [siehe Guidance Document No. 116 (7)] nicht erfüllen, ist die Verwendung eines Tierstamms mit ausreichender Überlebensrate für die Langzeitstudie in Betracht zu ziehen. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

17.
Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden. Eine Einzelunterbringung ist nur in Betracht zu ziehen, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist (27) (28) (29). Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Das Futter sollte den Nährstoffbedarf der eingesetzten Tierart decken und möglichst wenig Schadstoffe wie z. B. Pestizidrückstände, persistente organische Schadstoffe, Phytoöstrogene, Schwermetalle und Mykotoxine enthalten, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen könnten. Das Futter ist regelmäßig, und zwar zumindest zu Beginn der Prüfung und bei Verwendung einer anderen Charge, auf den Nährstoff- und Schadstoffgehalt hin zu analysieren; die Ergebnisse sind im Abschlussbericht anzugeben. Ergebnisse von Analysen des in der Prüfung verwendeten Trinkwassers sind ebenfalls anzugeben. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz und die Deckung des Nährstoffbedarfs der Tiere sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird.

Vorbereitung der Tiere

18.
Es sind gesunde Tiere zu verwenden, die mindestens sieben Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Bei Nagetieren sollte die Verabreichung so bald wie möglich nach dem Absetzen und der Eingewöhnung beginnen, vorzugsweise bevor die Tiere 8 Wochen alt sind. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede bei den Tieren beider Geschlechter möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts aller Tiere in der Studie nicht überschreiten. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Nach der Randomisierung sollte sich das Durchschnittsgewicht der Tiere desselben Geschlechts von Gruppe zu Gruppe nicht signifikant unterscheiden. Gibt es statistisch signifikante Unterschiede, sollte die Randomisierung möglichst wiederholt werden. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer und wird durch Tätowierung, Mikrochipimplantat oder auf eine andere geeignete Weise mit dieser Nummer gekennzeichnet.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

19.
Es sind Tiere beider Geschlechter zu verwenden. Es sollten so viele Tiere verwendet werden, dass eine gründliche biologische und statistische Auswertung möglich ist. Bei Nagetieren sollte daher jede Dosisgruppe (siehe Nummer 22) und jede gleichzeitige Kontrollgruppe für die Kanzerogenitätsphase der Studie mindestens je 50 Tiere beider Geschlechter umfassen. Je nach Ziel der Studie kann die statistische Aussagekraft von Schlüsselwerten durch ungleiche Verteilung der Tiere auf die verschiedenen Dosisgruppen erhöht werden, wobei z. B. zur Einschätzung des karzinogenen Potenzials bei niedrigen Dosen mehr als 50 Tiere in die Gruppen mit niedriger Dosis eingeteilt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine mäßige Erhöhung der Gruppengröße nur zu einer relativ geringen Erhöhung der statistischen Aussagekraft der Studie führt. Bei Nagetieren sollte jede Dosisgruppe (siehe Nummer 22) und jede gleichzeitige Kontrollgruppe für die chronische Toxizitätsphase der Studie mindestens je 10 Tiere beider Geschlechter umfassen. Dies sind weniger Tiere als in der Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität (Kapitel B.30 dieses Anhangs). Die Auswertung der Daten von der geringeren Anzahl Tiere je Gruppe in der chronischen Toxizitätsphase dieser kombinierten Studie wird jedoch durch die Daten von der größeren Anzahl Tiere in der Kanzerogenitätsphase unterstützt. Bei Studien an Mäusen sind in jeder Dosisgruppe der chronischen Toxizitätsphase möglicherweise zusätzliche Tiere nötig, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können. Weitere Informationen zur statistischen Auslegung der Studie und zur Wahl der Dosisstufen zwecks Maximierung der statistischen Aussagekraft sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

Tötungen im Verlauf der Studie, Satellitengruppen und Sentineltiere

20.
Es kann vorgesehen werden, dass Tiere im Verlauf der Studie für die chronische Toxizitätsphase, z. B. nach sechs Monaten, getötet werden, um Erkenntnisse über den Fortgang nicht neoplastischer Veränderungen und mechanistische Informationen zu gewinnen, falls dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Wenn diese Informationen bereits aus vorherigen Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe der Prüfsubstanz vorliegen, sind zwischenzeitliche Tötungen möglicherweise wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Die Tiere, die in der normalerweise 12 Monate dauernden chronischen Toxizitätsphase der Studie verwendet werden (Nummer 34) liefern Daten über zwischenzeitliche Tötungen für die Kanzerogenitätsphase, so dass insgesamt weniger Tiere verwendet werden müssen. In der chronischen Toxizitätsphase der Studie kann die Reversibilität toxikologischer Veränderungen, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden, auch mithilfe von Satellitengruppen überwacht werden. Diese können auf die höchste Dosisgruppe der Studie zuzüglich einer Kontrolle beschränkt werden. Der Krankheitsstatus während der Studie kann erforderlichenfalls mit einer zusätzlichen Gruppe von Sentineltieren (normalerweise je fünf Tiere beider Geschlechter) überwacht werden (30). Weitere Hinweise zur Planung der Studie in Bezug auf die Aufnahme von Tieren, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, sowie von Satelliten- und Sentineltieren unter gleichzeitiger Minimierung der Zahl der insgesamt verwendeten Tiere sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.
21.
Wenn Satellitentiere und/oder Tötungen von Tieren im Verlauf der Studie vorgesehen sind, beträgt die Zahl der für diese Zwecke aufgenommenen Tiere in jeder Dosisgruppe normalerweise je zehn Tiere beider Geschlechter, und die Gesamtzahl der Tiere in der Studie sollte um die Zahl der Tiere erhöht werden, die vor Beendigung der Studie getötet werden sollen. Tiere, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, und Satellitentiere sind normalerweise in Bezug auf die Bestimmung des Körpergewichts und der Futter-/Wasseraufnahme, hämatologische und klinisch-biochemische Bestimmungen sowie pathologische Untersuchungen genauso zu behandeln wie die Tiere in der chronischen Toxizitätsphase der Hauptstudie; es kann allerdings vorgesehen werden, die Messungen (in den Gruppen mit im Verlauf der Studie zu tötenden Tieren) auf bestimmte Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken.

Dosisgruppen und Dosierung

22.
Das Guidance Document No. 116 (7) enthält Hinweise zu allen Aspekten der Dosiswahl und zu den Abständen der Dosisstufen. Sowohl für die chronische als auch für die Kanzerogenitätsphase werden mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet. Die Dosisstufen werden im Allgemeinen auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit kurzzeitiger wiederholter Verabreichung oder Dosisfindungsstudien festgelegt und sollten alle vorliegenden toxikologischen und toxikokinetischen Daten für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe berücksichtigen.
23.
Für die chronische Toxizitätsphase der Studie ist u. U. keine vollständige Prüfung mit drei Dosisstufen erforderlich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein Versuch mit einer Dosisstufe, die mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag entspricht, wahrscheinlich keine schädlichen Wirkungen hervorruft. Die Entscheidung sollte sich auf Informationen aus Vorstudien stützen und darauf, dass angesichts der Daten für strukturverwandte Stoffe keine Toxizität zu erwarten ist. Sofern die Exposition des Menschen nicht die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt, kann eine Grenze von 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag angewandt werden.
24.
Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosisstufe so zu wählen, dass zwar die Hauptzielorgane und die toxischen Wirkungen identifiziert werden können, aber Leiden, schwere Toxizität, Morbidität oder Tod der Tiere vermieden werden. Die höchste Dosisstufe ist normalerweise so zu wählen, dass Anzeichen von Toxizität hervorgerufen werden, die sich z. B. in einer verzögerten Körpergewichtsentwicklung äußern (etwa 10 %). Je nach den Zielen der Studie (siehe Nummer 6) kann jedoch eine Höchstdosis festgelegt werden, die unter der zu Toxizitätszeichen führenden Dosis liegt, z. B. wenn eine Dosis eine besorgniserregende Wirkung auslöst, die sich aber nur geringfügig auf Lebensdauer oder Körpergewicht auswirkt.
25.
Die Dosisstufen und die Abstände der Dosisstufen können so gewählt werden, dass eine Dosis-Wirkungs-Beziehung und, je nach Wirkungsweise der Prüfsubstanz, ein NOAEL-Wert oder andere angestrebte Studienergebnisse, z. B. ein BMD (siehe Nummer 27), festgestellt werden können. Zu den Faktoren, die bei der Festlegung niedrigerer Dosen zu berücksichtigen sind, gehören die voraussichtliche Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve, die Dosen, bei denen wichtige Änderungen des Metabolismus oder der toxischen Wirkungsweise eintreten können, und das Niveau, bei dem eine Schwelle oder ein Ausgangspunkt für eine Extrapolation niedriger Dosen erwartet wird. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf Kanzerogenität und chronische Toxizität liegt der Schwerpunkt auf der Gewinnung von Informationen für die Einschätzung des Kanzerogenitätsrisikos, während die Gewinnung von Informationen über die chronische Toxizität normalerweise ein nachrangiges Ziel ist. Dies ist zu berücksichtigen, wenn die Dosisstufen und ihre Abstände für die Studie festgelegt werden.
26.
Welche Dosisstufenabstände gewählt werden, hängt von den Zielen der Studie und den Merkmalen der Prüfsubstanz ab und kann in dieser Prüfmethode nicht im Einzelnen vorgeschrieben werden. Abstände mit einem Faktor von 2 bis 4 erweisen sich jedoch oft als gut geeignet für die Festsetzung abnehmender Dosisstufen. Außerdem ist es oft besser, statt der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mit einem Faktor zwischen 6 und 10) zwischen den Dosierungen eine vierte Prüfgruppe einzurichten. Die Verwendung von Faktoren über 10 sollte im Allgemeinen vermieden bzw. gegebenenfalls begründet werden.
27.
Entsprechend dem Guidance Document No. 116 (7) sind bei der Dosisfestlegung u. a. folgende Faktoren zu berücksichtigen:
bekannte oder vermutete Nichtlinearitäten oder Wendepunkte der Dosis-Wirkungs-Kurve;
Toxikokinetik und Dosisbereiche, bei denen die metabolische Induktion, die Sättigung oder die Nichtlinearität zwischen externen und internen Dosen auftritt oder nicht auftritt;
Vorläuferläsionen, Wirkungsmarker oder Indikatoren für den Ablauf zugrunde liegender biologischer Schlüsselprozesse;
wichtige (oder vermutete) Aspekte der Wirkungsweise, z. B. Dosen, ab denen Zytotoxizität auftritt, Hormonspiegel beeinflusst werden, homöostatische Mechanismen gestört werden usw.;
Bereiche der Dosis-Wirkungs-Kurve, bei denen eine besonders genaue Schätzung erforderlich ist, z. B. im Bereich der vorgesehenen BMD oder einer vermuteten Schwelle;
Berücksichtigung der voraussichtlichen Expositionsniveaus von Menschen, insbesondere bei der Wahl mittlerer und niedriger Dosen.
28.
Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten bei den Dosisgruppen verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies aus geschmacklichen Gründen zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich und eine bessere Kontrolle sein.

Zubereitung der Dosen und Verabreichung der Prüfsubstanz

29.
Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral, d. h. mit der Nahrung oder dem Trinkwasser, oder über eine Schlundsonde verabreicht. Zusätzliche Informationen zu Verabreichungswegen und -methoden sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten. Verabreichungsweg und -methode richten sich nach dem Zweck der Studie, den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, ihrer Bioverfügbarkeit und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen. Der gewählte Verabreichungsweg und die Methode sollten begründet werden. Aus Tierschutzgründen sollte die Schlundsonde nur für Agenzien gewählt werden, bei denen dieser Weg und diese Methode der Verabreichung die potenzielle Humanexposition annähernd repräsentieren (z. B. Arzneimittel). Nahrungs- oder Umweltchemikalien einschließlich Pestizide werden normalerweise mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreicht. Für bestimmte Szenarios, z. B. berufliche Exposition, können andere Applikationswege besser geeignet sein.
30.
Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, dann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in einem anderen Vehikel in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen deren toxische Merkmale bekannt sein. Es sollten Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz und die Homogenität der Lösungen oder Futterrationen, die (je nach Fall) die Dosierung enthalten, unter den Verabreichungsbedingungen (z. B. mit dem Futter) vorliegen.
31.
Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Um eine unausgewogene Ernährung zu vermeiden, sollte die Konzentration der Prüfsubstanz in Langzeittoxizitätsstudien mit Verabreichung über die Nahrung normalerweise eine Obergrenze von 5 % der Gesamtnahrung nicht übersteigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Futterkonzentration (mg/kg Futter oder ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Tiers (mg/kg Körpergewicht), berechnet auf Wochenbasis, verwendet werden. Die jeweils gewählte Verfahrensweise ist anzugeben.
32.
Bei oraler Verabreichung erhalten die Tiere die Prüfsubstanz täglich (sieben Tage in der Woche) für einen Zeitraum von 12 Monaten (chronische Phase) oder 24 Monaten (Kanzerogenitätsphase), siehe auch Nummern 33 und 34. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage pro Woche, ist zu begründen. Bei dermaler Applikation werden die Tiere, wie in Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) beschrieben, für einen Zeitraum von 12 Monaten (chronische Phase) oder 24 Monaten (Kanzerogenitätsphase) an sieben Tagen in der Woche mindestens 6 Stunden pro Tag mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Inhalationsexposition wird an sieben Tagen in der Woche für 6 Stunden pro Tag durchgeführt, aber auch fünf Tage in der Woche sind möglich, wenn dies gerechtfertigt ist. Die Expositionsdauer beträgt normalerweise 12 Monate (chronische Phase) oder 24 Monate (Kanzerogenitätsphase). Wenn für eine „Nose-only“-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden pro Tag ist zu begründen. Siehe auch Kapitel B.8 dieses Anhangs (9).
33.
Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle jeweils zur gleichen Tageszeit erfolgen. Normalerweise wird einmal am Tag eine einzige Dosis verabreicht; wenn es sich bei der Prüfsubstanz z. B. um einen lokal reizenden Stoff handelt, kann die Tagesdosis auf zwei Teilmengen aufgeteilt werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte so gering wie möglich sein und bei Nagetieren normalerweise 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten (31). Die Variabilität der Prüfvolumina sollte durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden. Davon ausgenommen sind potenziell ätzende oder reizende Stoffe, die zur Vermeidung schwerwiegender lokaler Wirkungen verdünnt werden müssen. Die Prüfung in Konzentrationen, die wahrscheinlich eine verätzende oder reizende Wirkung für den Magen-Darm-Trakt haben, ist zu vermeiden.

Versuchsdauer

34.
Dosierungszeitraum und Dauer der chronischen Phase dieser Studie betragen normalerweise 12 Monate, aber je nach den Anforderungen bestimmter Regulierungsregelungen oder für spezifische mechanistische Zwecke sind auch kürzere (z. B. 6 oder 9 Monate) oder längere (z. B. 18 oder 24 Monate) Zeiträume möglich. Abweichungen von der 12-monatigen Expositionsdauer sind zu begründen, insbesondere wenn eine kürzere Dauer gewählt wird. Zur Bewertung der chronischen Toxizität und nicht neoplastischer pathologischer Läsionen wird die Behandlung aller Dosisgruppen dieser Phase zum festgelegten Zeitpunkt beendet. Satellitengruppen zur Beobachtung der Reversibilität von toxikologischen Veränderungen, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden, sollten nach Beendigung der Exposition noch für einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen, aber nicht länger als ein Drittel der Gesamtstudiendauer ohne Behandlung beibehalten werden.
35.
Die Kanzerogenitätsphase dieser Studie dauert bei Nagetieren in der Regel 24 Monate, was dem größten Teil der normalen Lebenszeit der verwendeten Tiere entspricht. Eine kürzere oder längere Studiendauer ist je nach Lebenszeit der in der Studie verwendeten Tierart möglich, sollte aber begründet werden. Bei bestimmten Stämmen von Mäusen, z. B. die Stämme AKR/J, C3H/J oder C57BL/6J, ist eine Dauer von 18 Monaten möglicherweise besser geeignet. Im Folgenden werden Hinweise zu Dauer und Beendigung der Studie und dem Überleben der Tiere gegeben. Weitere Hinweise, u. a. zu der Frage, wieweit ein aus der Überlebensrate der Tiere resultierendes negatives Ergebnis einer Kanzerogenitätsstudie akzeptiert werden kann, sind im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) zu finden.
Wenn die Anzahl der überlebenden Tiere in den Gruppen mit niedrigerer Dosierung oder in der Kontrollgruppe unter 25 % sinkt, ist die Beendigung der Studie in Betracht zu ziehen.
Ist lediglich in der Hochdosisgruppe ein vorzeitiger Tod aufgrund von Toxizität festzustellen, muss dies nicht zwangsläufig zur Beendigung der Studie führen.
Die Überlebensrate sollte nach Geschlechtern getrennt ausgewertet werden.
Die Studie sollte nicht über den Punkt hinaus fortgeführt werden, an dem die Daten aus der Studie nicht mehr ausreichen, um eine statistisch valide Bewertung vorzunehmen.

BEOBACHTUNGEN (CHRONISCHE TOXIZITÄTSPHASE)

36.
Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis über eine Schlundsonde zu erwarten ist, vorgenommen werden.
37.
Bei allen Tieren sind mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche), am Ende der ersten Studienwoche und danach monatlich gründliche klinische Beobachtungen vorzunehmen. Das Beobachtungsprotokoll ist so zu gestalten, dass Abweichungen zwischen den Beobachtern minimiert werden und von der Prüfgruppe unabhängig sind. Diese Beobachtungen sollten außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Die Beobachtungsbedingungen sollten möglichst konstant sein. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (32).
38.
Alle Tiere sind vor der ersten Verabreichung der Prüfsubstanz mit einem Ophthalmoskop oder einem anderen geeigneten Instrument ophthalmologisch zu untersuchen. Am Ende der Studie ist diese Untersuchung möglichst bei allen Tieren, aber mindestens bei der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe zu wiederholen. Wenn behandlungsbedingte Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sind alle Tiere zu untersuchen. Wenn eine Strukturanalyse oder andere Informationen auf eine Toxizität für die Augen hindeuten, ist die Frequenz der Augenuntersuchungen zu erhöhen.
39.
Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle neurotoxische Wirkungen hindeuten, können vor Studienbeginn, in Abständen von drei Monaten nach Beginn einer Studie von bis zu 12 Monaten einschließlich sowie bei Beendigung der Studie (falls länger als 12 Monate) fakultativ die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (32) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (33), (34), (35), die Greifkraft (36) und die motorische Aktivität (37) bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.
40.
Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle immunotoxische Wirkungen hindeuten, können bei Beendigung der Studie fakultativ weitere Untersuchungen dieses Endpunkts durchgeführt werden.

Körpergewicht, Futter-/Wasseraufnahme und Futtereffizienz

41.
Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie und klinische Biochemie

42.
Bei Prüfungen an Nagetieren sind die hämatologischen Untersuchungen an allen Versuchstieren (10 männliche und 10 weibliche Tiere je Gruppe) nach 3, 6 und 12 Monaten sowie bei Beendigung der Studie (falls sie länger als 12 Monate dauert) durchzuführen. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können (siehe Nummer 19). Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tiere (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den hämatologischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Die Blutproben müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen werden.
43.
Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (38): Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Erythrozytenzahl, Thrombozytenzahl, Hämoglobinkonzentration, Hämatokrit, mittleres Erythrozyteneinzelvolumen (MCV), mittleres korpuskuläres Hämoglobin (MCH), mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (MCHC), Prothrombinzeit und aktivierte partielle Thromboplastinzeit. Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere hämatologische Parameter wie Heinz-Körper oder andere atypische Erythrozytenmorphologie oder Methämoglobin gemessen werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen. Wenn die Prüfsubstanz Auswirkungen auf die Hämatopoese hat, können auch eine Bestimmung der Retikulozytenzahl und eine Knochenmarkzytologie angezeigt sein; sie müssen aber nicht routinemäßig durchgeführt werden.
44.
Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von jedem Versuchstier (10 männliche und 10 weibliche Tiere je Gruppe) in den für die hämatologischen Untersuchungen angegebenen gleichen Zeitabständen entnommen werden. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen klinisch-biochemischen Bestimmungen vornehmen zu können. Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tiere (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den klinisch-biochemischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Es empfiehlt sich eine Futterkarenz der Tiere (ausgenommen Mäuse) über Nacht, bevor die Blutproben entnommen werden . Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (38): Glucose, Harnstoff (Harnstoff-Stickstoff), Kreatinin, Gesamtprotein, Albumin, Calcium, Natrium, Kalium, Gesamtcholesterin, mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatozelluläre Evaluierung (Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Glutamatdehydrogenase, Gesamtgallensäuren) (39) und mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatobiliäre Evaluierung (alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltransferase, 5’-Nucleotidase, Gesamtbilirubin, Gesamtgallensäuren) (39). Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere klinisch-chemische Parameter wie Nüchtern-Triglyceride, spezifische Hormone und Cholinesterase bestimmt werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.
45.
An Proben, die allen Tieren in der Studie (zehn männliche und zehn weibliche Tiere je Gruppe) in den gleichen Abständen entnommen wurden wie die Proben für die hämatologische und die klinisch-chemische Untersuchung, sind Urinanalysen durchzuführen. Es brauchen keine Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei der Urinanalyse in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Eine Empfehlung von Sachverständigen zu klinischen Pathologiestudien (38) enthält die folgende Liste von Parametern: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Gesamteiweiß und Glucose. Außerdem können Ketone, Urobilinogen, Bilirubin und okkultes Blut bestimmt werden. Sofern erforderlich, können weitere Parameter verwendet werden, um die Untersuchung beobachteter Wirkungen zu erweitern.
46.
Bei Studien an Hunden werden im Allgemeinen Bestimmungen der Ausgangsdaten hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter vor der Behandlung für notwendig gehalten; bei Studien an Nagern müssen sie aber nicht bestimmt werden (38). Wenn keine ausreichenden historischen Ausgangsdaten vorliegen (siehe Nummer 58), sollten sie jedoch bestimmt werden.

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

47.
Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen normalerweise einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Es kann jedoch auch vorgesehen werden, die Untersuchungen (in den Gruppen der Tiere, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, und in den Satellitengruppen) auf spezifische Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken (siehe Nummer 21). Diese Tiere brauchen weder seziert noch den nachstehend beschriebenen Verfahren unterzogen zu werden. Sentineltiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden.
48.
Die Organgewichte aller Tiere sind zu erfassen, außer von denen, die gemäß dem letzten Teil von Nummer 47 ausgenommen sind. Nebennieren, Gehirn, Nebenhoden, Herz, Nieren, Leber, Ovarien, Milz, Hoden, Schilddrüse (nach Fixierung gewogen, mit Nebenschilddrüsen) und Uterus (außer der moribund aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tiere) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern.
49.
Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (40) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):



alle makro-skopischen VeränderungenHerzPankreasMagen (Vormagen, Drüsenmagen)
NebennierenIleumNebenschilddrüse[Zähne]
AortaJejunumperiphere NervenHoden
Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)NierenHypophyseThymus
CaecumTränendrüse (exorbital)ProstataSchilddrüse
ZervixLeberRectum[Zunge]
KoagulationsdrüseLungeSpeicheldrüseTrachea
KolonLymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)SamenbläschenHarnblase
DuodenumBrustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)SkelettmuskelUterus (mit Zervix)
Nebenhoden[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]Haut[Harnleiter]
Auge (mit Netzhaut)SpeiseröhreRückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)[Harnröhre]
[Femur mit Gelenk][Riechkolben]MilzVagina
Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)Ovarien[Brustbein]Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat
Hardersche Drüse

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe zu untersuchen; außerdem sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien entspricht die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts den Empfehlungen von Kapitel B.8 dieses Anhangs (9) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (10). Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

50.
Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (40). Histopathologisch zu untersuchen sind mindestens
alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,
alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,
alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten,
Zielgewebe oder Gewebe, die in der Hochdosisgruppe behandlungsbedingte Veränderungen aufwiesen, von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen,
bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

BEOBACHTUNGEN (Kanzerogenitätsphase)

51.
Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Darüber hinaus sind die Tiere einmal am Tag auf spezielle Anzeichen von toxikologischer Bedeutung zu untersuchen. Bei Studien mit Sondenapplikation sind die Tiere unmittelbar nach der Dosierung zu kontrollieren. Die Entwicklung von Tumoren ist mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen; dabei sind der Zeitpunkt der Entstehung, die Lokalisierung, das Ausmaß, das Erscheinungsbild und die Progression jedes deutlich sichtbaren oder fühlbaren Tumors festzuhalten.
52.
Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie, klinische Biochemie und sonstige Messungen

53.
Um möglichst viele Informationen aus der Studie zu gewinnen, insbesondere in Bezug auf die Wirkungsweise der Prüfsubstanz, können nach Ermessen des Studienleiters Blutproben für hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen genommen werden. Urinuntersuchungen können ebenfalls angezeigt sein. Daten über die Tiere, die in der normalerweise 12 Monate dauernden chronischen Toxizitätsphase der Studie (Nummer 34) verwendet wurden, liefern Informationen über diese Parameter. Weitere Hinweise zum Nutzen dieser Probenahmen im Rahmen einer Kanzerogenitätsprüfung sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden. Wenn Blutproben genommen werden, sollten sie am Ende des Prüfzeitraums kurz vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs genommen werden. Sie müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen werden. Es können auch Blutausstriche zur Untersuchung angefertigt werden, insbesondere wenn das Knochenmark das Zielorgan zu sein scheint. Der Nutzen dieser Untersuchung von Blutausstrichen in der Kanzerogenitätsphase für die Einschätzung des karzinogenen/onkogenen Potenzials ist jedoch fraglich (38).

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

54.
Alle an der Studie beteiligten Tiere, ausgenommen Sentineltiere und andere Satellitentiere (siehe Nummer 20), müssen einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Sentineltiere und andere Satellitentiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden. Organgewichte werden bei einer Prüfung auf Kanzerogenität normalerweise nicht erfasst, da der Nutzen dieser Daten durch geriatrische Veränderungen und in späteren Stadien durch die Entstehung von Tumoren beeinträchtigt wird. Sie können jedoch für die Durchführung einer Weight-of-Evidence-Bewertung und insbesondere für Fragen der Wirkungsweise von Bedeutung sein. Wenn sie Teil einer Satellitenstudie sind, sollten sie nicht später als ein Jahr nach Studienbeginn erfasst werden.
55.
Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (40) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):



alle makro-skopischen VeränderungenHerzPankreasMagen (Vormagen, Drüsenmagen)
NebennierenIleumNebenschilddrüse[Zähne]
AortaJejunumperiphere NervenHoden
Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)NierenHypophyseThymus
CaecumTränendrüse (exorbital)ProstataSchilddrüse
ZervixLeberRectum[Zunge]
KoagulationsdrüseLungeSpeicheldrüseTrachea
KolonLymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)SamenbläschenHarnblase
DuodenumBrustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)SkelettmuskelUterus (mit Zervix)
Nebenhoden[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]Haut[Harnleiter]
Auge (mit Netzhaut)SpeiseröhreRückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)[Harnröhre]
[Femur mit Gelenk][Riechkolben]MilzVagina
Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)Ovarien[Brustbein]Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat
Hardersche Drüse

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe zu untersuchen; außerdem sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien entspricht die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts den Empfehlungen von Kapitel B.8 dieses Anhangs (8) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (9). Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

56.
Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (40). Zu untersuchen sind mindestens folgende Gewebe:
alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,
alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,
alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten einschließlich Tumoren,
wenn behandlungsbedingte histopathologische Veränderungen in der Hochdosisgruppe festgestellt werden, sind diese Gewebe von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen zu untersuchen,
bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG (KANZEROGENITÄT UND CHRONISCHE TOXIZITÄT)

Daten

57.
Für alle bestimmten Parameter sollen Daten zu den einzelnen Tieren angegeben werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere. Die Mittelwerte und Standardabweichungen (für kontinuierliche Versuchsdaten) von Tieren, die toxische Wirkungen oder Läsionen aufweisen, sind zusätzlich zum Schweregrad der Läsionen in Übersichtstabellen anzugeben.
58.
Historische Kontrolldaten können die Auswertung der Studienergebnisse erleichtern, z. B. wenn die Daten der gleichzeitigen Kontrollen erheblich von neueren Daten von Kontrolltieren aus derselben Versuchseinrichtung abweichen. Wenn historische Kontrolldaten bewertet werden, sollten sie von demselben Labor stammen, sich auf Tiere desselben Alters und Stamms beziehen und höchstens fünf Jahre vor der fraglichen Studie erhoben worden sein.
59.
Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sind bei der Planung der Studie festzulegen (Nummer 9). Diese Auswahl sollte es ermöglichen, erforderlichenfalls Anpassungen je nach Überlebensrate vorzunehmen.
60.
Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,
Daten zur Identifikation,
Herkunft des Stoffs,
Chargennummer,
Bescheinigung der chemischen Analyse.

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

Versuchstiere:

Art/Stamm und Begründung für die getroffene Wahl,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere bei Versuchsbeginn,
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

Prüfbedingungen:

Begründung für Verabreichungsweg und Festlegung der Dosis,
gegebenenfalls die statistischen Methoden zur Analyse der Daten,
Angaben zur Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung,
Analysedaten über die erreichte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,
Verabreichungsweg und Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,
bei Inhalationsstudien: „Nose-only“- oder Ganzkörperexposition,
tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (mg/kg oder ppm) in die tatsächliche Dosis,
Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

Ergebnisse (zusammenfassende Übersichtstabellen und Daten für die einzelnen Tiere):

Allgemeines

Überlebensdaten,
Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,
Futteraufnahme, gegebenenfalls Berechnungen der Futtereffizienz und der Wasseraufnahme, falls erfasst,
toxikokinetische Daten, falls vorhanden,
Ophthalmoskopie (falls zutreffend),
Hämatologie (falls zutreffend),
klinische Chemie (falls zutreffend).

Klinische Befunde

Toxizitätszeichen,
Inzidenz (und, falls bewertet, Schweregrad) jeder Abnormität,
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (sowohl vorübergehend als auch dauerhaft).

Nekropsiedaten

terminales Körpergewicht,
Organgewichte (und gegebenenfalls Verhältnis Organ-/Körpergewicht),
Sektionsbefunde; Inzidenz und Schweregrad von Abnormitäten.

Histopathologie

nicht neoplastische histopathologische Befunde,
neoplastische histopathologische Befunde,
Korrelation zwischen makroskopischen und mikroskopischen Befunden,
ausführliche Beschreibung aller behandlungsbedingten histopathologischen Befunde mit Einstufung des Schweregrads,
Bericht über eventuelle Peer-Reviews von Objektträgern.

Statistische Auswertung der Ergebnisse, soweit zutreffend

Diskussion der Ergebnisse einschließlich

Diskussion von Modellierungsansätzen
Dosis-Wirkungs-Beziehungen
historische Kontrolldaten
Prüfung aller Informationen über die Wirkungsweise
Bestimmung von BMD, NOAEL oder LOAEL
Relevanz für Menschen

Schlussfolgerungen

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9.
Kapitel B.8 dieses Anhangs. Prüfung auf subakute Toxizität nach Inhalation — 28-Tage-Test.
10.
Kapitel B.29 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische Toxizität nach Inhalation — 90-Tage-Test.
11.
Kapitel B.9 dieses Anhangs, Toxizität nach 28-tägiger Gabe (dermal).
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EMEA-Dokument (Entwurf) „Non-clinical guideline on drug-induced hepatotoxicity“ (Doc. Ref. EMEA/CHMP/SWP/a50115/2006).
40.
Crissman JW, Goodman DG, Hildebrandt PK et al. (2004). Best Practices Guideline: Toxicological Histopathology. Toxicologic Pathology 32: 126-131.

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.34.   PRÜFUNG AUF REPRODUKTIONSTOXIZITÄT WÄHREND EINER GENERATION

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.3.   BEZUGSSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen männlicher und weiblicher Versuchstiere in abgestuften Dosierungen verabreicht. Den männlichen Tieren wird die Prüfsubstanz während der Wachstumsperiode und mindestens eines vollständigen Spermatogenesezyklus (etwa 56 Tage bei der Maus und 70 Tage bei der Ratte) verabreicht, um auf diese Weise negative Wirkungen der Prüfsubstanz auf die Spermiogenese feststellen zu können.

Den weiblichen Tieren der P-Generation wird die Prüfsubstanz während mindestens zweier vollständiger Östruszyklen verabreicht, um negative Wirkungen der Prüfsubstanz auf den Östrus beurteilen zu können, Anschließend werden die Tiere verpaart. Während der Paarungszeit wird die Prüfsubstanz beiden Geschlechtern verabreicht, anschließend nur den weiblichen Tieren während der Gravidität und der Laktation. Bei inhalativer Exposition sind Änderungen der Methode erforderlich.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Keine.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitungen

Vor Testbeginn werden gesunde, junge, ausgewachsene Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Tiere werden dann für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen vor dem Test unter versuchsnahen Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen gehalten. Es wird empfohlen, die Prüfsubstanz mit dem Futter oder im Trinkwasser zu verabreichen. Andere Verabreichungswege sind ebenfalls zulässig. Während des eigentlichen Versuchsteils muss allen Tieren die Prüfsubstanz auf dem gleichen Wege appliziert werden. Wird ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz zur Erleichterung der Verabreichung benutzt, muss deren nichttoxische Wirkung gesichert sein. Die Verabreichung erfolgt an 7 Tagen pro Woche.

Versuchstiere

Bevorzugte Tierarten sind Ratte oder Maus. Tierstämme mit geringer Fruchtbarkeit sind auszuschließen und nur gesunde Tiere, die bisher noch keinen Versuchen unterzogen worden waren, einzusetzen. Die Versuchstiere sind nach Tierart, Tierstamm, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter auszuwählen.

Um die Fruchtbarkeit ausreichend beurteilen zu können, müssen sowohl männliche als auch weibliche Tiere untersucht werden. Alle Versuchs- und Kontrolltiere müssen vor Verabreichung der Prüfsubstanz vom Muttertier entwöhnt sein.

Jede Versuchstier- und Kontrollgruppe muss so viele Tiere enthalten, dass darin etwa 20 trächtige Weibchen kurz vor bzw. zum Zeitpunkt der Geburt enthalten sind.

Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass genügend Graviditäten und Nachkommen erzeugt werden, um eine aussagekräftige Bewertung des Schädigungspotenzials der Prüfsubstanz für die Fertilität, Schwangerschaft, Verhalten des Muttertiers in der P-Generation sowie Säugen, Wachstum und Entwicklung der F1-Generation von der Konzeption bis zum Absetzen vom Muttertier vornehmen zu können.

Versuchsbedingungen

Futter und Wasser ist den Tieren ad libitum bereitzustellen. Kurz vor dem Geburtstermin werden die trächtigen Weibchen einzeln in Geburtskäfigen untergebracht, die gegebenenfalls mit Nestmaterial ausgestattet sind.

Dosierungen

Es sollten mindestens drei Behandlungs- und eine Kontrollgruppe eingesetzt werden. Wird ein Vehikel benutzt, muss die Kontrollgruppe das in der höchsten Dosierung applizierte Volumen erhalten. Wird die Nahrungsaufnahme oder -verwertung durch die Prüfsubstanz beeinträchtigt, könnte der Einsatz einer entsprechend restriktiv gefütterten Kontrollgruppe sinnvoll sein. Sofern die physikalisch-chemischen Eigenschaften bzw. die biologische Wirkungsweise der Prüfsubstanz es zulassen, sollte die höchste Dosierung möglichst so gewählt werden, dass bei den Elterntieren (P) zwar Vergiftungserscheinungen auftreten, aber keine Mortalität verursacht wird. Im günstigsten Falle sollte(n) die mittlere(n) Dosierung(en) minimale prüfsubstanzbedingte Vergiftungserscheinungen bewirken, die niedrigste Dosierung hingegen weder bei den Elterntieren noch bei den Nachkommen feststellbare negative Auswirkungen zeigen. Wird die Prüfsubstanz per Magensonde oder in Form von Kapseln verabreicht, muss die jeweilige Dosis entsprechend dem Körpergewicht unter Berücksichtigung der Veränderungen des Körpergewichts wöchentlich angepasst werden. Während der Gravidität kann die Dosierung bei den weiblichen Tieren entweder aufgrund des Körpergewichts am Tag 0 oder am Tag 6 der Gravidität bestimmt werden.

Limit-Test

Wenn im Falle einer Prüfsubstanz mit geringer Toxizität eine Dosierung von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht nachweisbar keinen Einfluss auf die Reproduktionsfähigkeit hat, sind Untersuchungen mit anderen Dosierungen nicht notwendig. Konnten in einer Vorstudie mit hoher Dosierung, die eindeutige, prüfsubstanzbedingte Vergiftungserscheinungen beim Muttertier hervorrief, keinerlei nachteilige Auswirkungen auf die Fertilität festgestellt werden, können auch hier Untersuchungen mit anderen Dosierungen als nicht notwendig erachtet werden.

Versuchsdurchführung

Vorgehensweise

Die tägliche Verabreichung der Prüfsubstanz an die männlichen Elterntiere (P) sollte nach der Entwöhnung vom Muttertier und einer mindestens 5-tägigen Akklimatisierung im Alter von 5 bis 9 Wochen beginnen. Bei den Ratten wird die Applikation für weitere 10 Wochen (bei Mäusen 8 Wochen) bis zur Paarungszeit fortgesetzt. Die männlichen Tiere werden nach der Verpaarung entweder getötet und untersucht oder weiterhin bei der Versuchsdiät belassen, um gegebenenfalls zur Erzeugung eines zweiten Wurfs zur Verfügung zu stehen, sollten jedoch noch vor Abschluss der Studie getötet und untersucht werden. Die weiblichen Elterntiere (P) erhalten die Prüfsubstanz nach einer mindestens 5-tägigen Akklimatisierung bis mindestens 2 Wochen vor der Paarung. Die Behandlung der P-Weibchen wird während der 3-wöchigen Paarungszeit, der gesamten Gravidität bis zur Entwöhnung der F1-Nachkommen fortgesetzt. Eine Änderung des Verabreichungsschemas kann aufgrund sonstiger verfügbarer Informationen über die Prüfsubstanz, z. B. über Stoffwechselmechanismen oder Bioakkumulation, erforderlich sein.

Verpaarung

Bei Reproduktionsstudien über die toxikologischen Auswirkungen kann die Verpaarung entweder im Verhältnis 1:1 (ein männliches und ein weibliches Tier) oder 1:2 (ein männliches und zwei weibliche Tiere) erfolgen.

Bei der 1:1-Verpaarung wird das weibliche mit einem männlichen Tier bis zum Eintritt der Gravidität oder bis nach Ablauf von 3 Wochen zusammengebracht. Jeden Morgen werden die weiblichen Tiere auf Sperma oder Vaginalpfröpfe untersucht. Als Tag 0 der Gravidität gilt der Tag, an dem Vaginalpfröpfe oder Sperma festgestellt werden konnten.

Bei erfolgloser Verpaarung sollten die entsprechenden Tiere zur Beurteilung der Ursache für die Unfruchtbarkeit untersucht werden.

Dies bedeutet gegebenenfalls eine weitere Verpaarung mit einem Tier mit nachgewiesener Fruchtbarkeit, die mikroskopische Untersuchung der Reproduktionsorgane und die Untersuchung der Östruszyklen oder der Spermiogenese.

Wurfgrößen

Die während der Fruchtbarkeitsstudie behandelten Tiere können ihre Jungen auf natürlichem Wege zur Welt bringen und ohne jeden äußeren Eingriff bis zum Zeitpunkt der Entwöhnung großziehen.

Soll die Anzahl der geworfenen Jungtiere reduziert werden, wird folgendes Verfahren vorgeschlagen: Zwischen Tag 1 und Tag 4 nach der Geburt werden aus jedem Wurf so viele Jungtiere ausgesondert, bis möglichst 4 männliche und 4 weibliche Tiere verbleiben.

Ist es aufgrund der Geschlechter-Verteilung nicht möglich, in jedem Wurf 4 männliche und 4 weibliche Junge zu belassen, so ist eine partielle Anpassung zulässig (z. B. 5 männliche und 3 weibliche Tiere). Für Würfe mit weniger als 8 Jungtieren gilt diese Anpassung nicht.

Beobachtungen

Während der gesamten Testperiode werden die Tiere mindestens einmal täglich beobachtet. Auffallende Verhaltensstörungen, Anzeichen einer schweren oder verzögerten Geburt, alle Vergiftungserscheinungen, einschließlich Mortalität, sind aufzuzeichnen. Vor und während der Paarungszeit ist die Futteraufnahme wöchentlich zu bestimmen. Wahlweise kann die tägliche Bestimmung der Nahrungsaufnahme auch während der Gravidität durchgeführt werden. Nach der Geburt und während der Stillperiode soll die Bestimmung der Nahrungsaufnahme (und der Wasseraufnahme, sofern die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird) am gleichen Tag wie das Wiegen der Jungtiere erfolgen. Männliche und weibliche Tiere der P-Generation müssen am ersten Tag der Behandlung und anschließend in wöchentlichen Abständen gewogen werden. Die Beobachtungen sind für jedes erwachsene Tier einzeln aufzuzeichnen.

Die Trächtigkeitsdauer wird vom Tag 0 der Gravidität an berechnet. Jeder Wurf ist so bald wie möglich nach der Geburt zu untersuchen, um die Anzahl und das Geschlecht der Nachkommen, Lebend- und Totgeburten und auffallende Anomalien feststellen zu können.

Tote und am Tag 4 getötete Jungtiere müssen asserviert und auf mögliche Fehlbildungen untersucht werden. Die lebend geborenen Jungtiere werden gezählt und der gesamte Wurf und die einzelnen Tiere am Morgen nach der Geburt, an den Tagen 4 und 7 und anschließend in wöchentlichen Abständen gewogen.

Bei den Muttertieren oder den Nachkommen zu beobachtende körperliche Anomalien oder Verhaltensstörungen müssen aufgezeichnet werden.

Pathologie

Autopsie

Die Tiere der P-Generation sollten zum Zeitpunkt der Tötung bzw. bei Eintritt des Todes während der Studie makroskopisch auf Anomalien oder pathologische Veränderungen, unter besonderer Berücksichtigung der Fortpflanzungsorgane, untersucht werden. Auch tote oder kranke Jungtiere sind auf Fehlbildungen zu untersuchen.

Histopathologie

Eierstöcke, Uterus, Zervix, Vagina, Hoden, Nebenhoden, Samenbläschen, Prostata, Koagulationsdrüse, Hirnanhangdrüse und Zielorgan(e) aller Tiere der P-Generation werden für die mikroskopische Untersuchung asserviert. Sollten diese Organe bisher nicht im Rahmen einer sonstigen Studie mit Mehrfachdosierung untersucht worden sein, ist in allen Versuchstiergruppen mit hoher Dosierung, bei den Kontrolltieren und den während der Studie gestorbenen Tieren — sofern durchführbar — eine mikroskopische Untersuchung vorzunehmen.

Alle Organe, die bei dieser Untersuchung pathologische Veränderungen aufweisen, müssen anschließend ebenfalls bei allen übrigen Tieren der P-Generation untersucht werden. In diesem Fall sollte eine mikroskopische Untersuchung aller Gewebe mit auffallenden pathologischen Veränderungen erfolgen.

Wie bereits im Abschnitt über die Verpaarung vorgeschlagen, sollten die Fortpflanzungsorgane aller Tiere bei Verdacht auf Unfruchtbarkeit mikroskopischen Untersuchungen unterzogen werden.

2.   DATEN

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Anzahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Anzahl der fruchtbaren männlichen Tiere, die Anzahl der trächtigen Weibchen, die jeweilige Art der Veränderungen und der Prozentsatz der Tiere mit der jeweiligen Veränderung.

Sofern möglich, sollten die numerischen Ergebnisse anhand eines geeigneten statistischen Verfahrens bewertet werden. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

verwendete Tierarten/Tierstamm;
Daten über toxische Reaktionen nach Geschlecht und Dosierung, einschließlich Fruchtbarkeit, Trächtigkeit und Lebensfähigkeit;
Zeitpunkt des Todes während der Studie bzw. Angabe, ob die Tiere bis zur geplanten Tötung bzw. zum Abschluss der Studie überlebten;
Tabelle mit Gewichtsangaben für jeden Wurf, das durchschnittliche Gewicht der Jungtiere sowie das individuelle Gewicht der Jungtiere bei Abschluss der Studie;
toxische oder andere Auswirkungen auf die Reproduktion, die Nachkommenschaft, das postnatale Wachstum usw.;
Zeitpunkt der Beobachtung der jeweiligen Vergiftungssymptome und deren weiterer Verlauf;
Körpergewicht der Tiere der P-Generation;
Sektionsbefunde;
detaillierte Beschreibung der mikroskopischen Befunde;
statistische Auswertung der Ergebnisse, sofern möglich;
Diskussion der Ergebnisse;
Bewertung der Ergebnisse.

3.2.   INTERPRETATION

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

4.   LITERATUR

Siehe allgemeine Einleitung zu Teil B.

B.35.   ZWEIGENERATIONENSTUDIE ZUR PRÜFUNG AUF REPRODUKTIONSTOXIZITAT

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 416 (2001).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Methode zur Prüfung der Reproduktion über zwei Generationen ist darauf ausgerichtet, allgemeine Informationen über die Auswirkungen einer Prüfsubstanz auf die Integrität und die Leistung des männlichen und weiblichen Fortpflanzungssystems zu liefern; dazu gehören die Funktion der Keimdrüsen, der Östruszyklus, das Paarungsverhalten, die Empfängnis, die Gravidität, der Geburtsvorgang, das Säugen und Entwöhnen sowie das Wachstum und die Entwicklung der Nachkommen. Die Studie kann außerdem Informationen über die Auswirkungen der Prüfsubstanz auf die neonatale Morbidität und Mortalität sowie vorläufige Daten über die prä- und postnatale Entwicklungstoxizität erbringen und als Richtschnur für Anschlussprüfungen dienen. Neben der Untersuchung von Wachstum und Entwicklung der F1-Generation soll diese Prüfmethode des Weiteren dazu dienen, Integrität und Leistung des männlichen und weiblichen Fortpflanzungssystems sowie Wachstum und Entwicklung der F2-Generation zu beurteilen. Im Hinblick auf weitere Informationen über die Entwicklungstoxizität oder Funktionsdefizite können zusätzliche Studiensegmente in dieses Protokoll aufgenommen werden, wobei gegebenenfalls die Methode für die Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität und/oder die Studie auf Entwicklungsneurotoxizität heranzuziehen sind; diese Endpunkte könnten aber auch mit Hilfe geeigneter Prüfmethoden in gesonderten Studien untersucht werden.

1.2.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird verschiedenen Gruppen von männlichen und weiblichen Tieren in abgestuften Dosen verabreicht. Männchen der P-Generation (Elterntiere) erhalten die Dosen während des Wachstums und mindestens über einen vollständigen Spermatogenesezyklus hinweg (etwa 56 Tage bei der Maus und 70 Tage bei der Ratte), um etwaige schädigende Wirkungen auf die Spermatogenese zu klären. Auswirkungen auf die Samenzellen werden anhand verschiedener Spermienparameter (beispielsweise Spermienmorphologie und -motilität) und anhand von Gewebepräparaten mit ausführlicher histopathologischer Untersuchung bestimmt. Liegen Daten zur Spermatogenese aus einer früheren Studie mit wiederholter Verabreichung von hinreichender Dauer vor, beispielsweise einer 90-Tage-Studie, müssen Männchen der P-Generation nicht mit in die Beurteilung einbezogen werden. Empfohlen wird allerdings, Proben oder digitale Aufzeichnungen von Spermien der P-Generation für eine eventuelle spätere Beurteilung aufzuheben. Weibchen der P-Generation erhalten die Dosen während des Wachstums und über mehrere vollständige Östruszyklen hinweg, um eventuelle schädigende Auswirkungen auf den normalen Östruszyklus durch die Prüfsubstanz festzustellen. Die Prüfsubstanz wird den Elterntieren (P) während der Verpaarung, während der daraus entstehenden Trächtigkeit und während der Entwöhnung ihrer F1-Nachkommen verabreicht. Nach der Entwöhnung wird die Substanz den F1-Nachkommen während des Wachstums bis zum Erwachsenenalter, während der Paarung und Produktion einer F2-Generation weiter verabreicht, bis die F2-Generation entwöhnt wird.

Bei allen Tieren erfolgen klinische Beobachtungen und pathologische Untersuchungen auf Anzeichen für Toxizität; einen besonderen Schwerpunkt bilden dabei die Auswirkungen auf die Integrität und Leistung des männlichen und weiblichen Fortpflanzungssystems sowie auf das Wachstum und die Entwicklung der Nachkommen.

1.3.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.3.1.   Auswahl der Versuchstierarien

Die bevorzugte Versuchstierart ist die Ratte. Die Verwendung anderer Tierarten ist zu begründen und entsprechende Änderungen sind vorzunehmen. Stämme mit geringer Fruchtbarkeit oder bekannter hoher Häufigkeit von Entwicklungsdefekten sind nicht zu verwenden. Bei Beginn der Studie sollen die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und 20 % des geschlechtsspezifischen mittleren Gewichts nicht überschreiten.

1.3.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchte wenigstens 30 % betragen sollte und außer bei Reinigung des Raumes 70 % nicht übersteigen sollte, sollte sie vorzugsweise bei 50 bis 60 % liegen. Es ist eine künstliche Beleuchtung vorzusehen, wobei ein Hell-Dunkel-Zyklus von jeweils 12 Stunden eingehalten werden soll. Zur Fütterung kann übliches Laborfutter verwendet werden, und Trinkwasser kann in unbeschränkter Menge gegeben werden. Die Auswahl des Futters kann dadurch beeinflusst werden, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz gewährleistet werden muss, wenn diese über das Futter verabreicht wird.

Die Tiere können einzeln oder in Käfigen mit kleinen Gruppen von Tieren gleichen Geschlechts untergebracht werden. Die Verpaarung erfolgt in für diesen Zweck geeigneten Käfigen. Wenn Anhaltungspunkte für die stattgefundene Kopulation vorliegen, sind die verpaarten Weibchen jeweils einzeln in Geburtskäfigen oder speziellen Käfigen für Muttertiere zu halten. Ratten können nach der Verpaarung auch in kleinen Gruppen gehalten und einen oder zwei Tage vor der Geburt getrennt werden. Kurz vor der Geburt soll verpaarten Tieren geeignetes und definiertes Material für den Nestbau zur Verfügung gestellt werden.

1.3.3.   Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind junge gesunde Tiere, die mindestens 5 Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für Experimente verwendet wurden. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Geschwisterbeziehungen unter den Tieren sollten bekannt sein, so dass eine Verpaarung von Geschwistern vermieden wird. Die Tiere sind den Kontroll- und Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zuzuordnen (empfohlen wird eine körpergewichtsabhängige Gruppenbildung). Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer. Für die P-Generation erfolgt dies, bevor mit der Behandlung begonnen wird. Für die F1-Generation wird dies nach Absetzen der Tiere, die für die Verpaarung ausgewählt wurden, durchgeführt. Für alle ausgewählten F1-Tiere sind Aufzeichnungen, aus denen der Wurf, dem sie entstammen, hervorgeht, zu führen. Darüber hinaus wird eine einzelne Kennzeichnung der Jungen so bald wie möglich nach der Geburt empfohlen, wenn ein Wiegen der einzelnen Jungen oder Funktionsprüfungen erwogen werden.

Die Elterntiere (P) sind bei Beginn der Verabreichung etwa 5 bis 9 Wochen alt. Die Tiere aller Testgruppen sollen so weit wie möglich gleiches Gewicht und Alter aufweisen.

1.4.   VERFAHREN

1.4.1.   Anzahl und Geschlecht der Versuchstiere

Jede Prüf- und Kontrollgruppe soll eine ausreichende Anzahl von Tieren umfassen, damit möglichst nicht weniger als 20 trächtige Weibchen, die gebären oder kurz davor stehen, vorhanden sind. Bei Substanzen, die unerwünschte behandlungsbedingte Wirkungen hervorrufen (z. B. Sterilität, übermäßige Toxizität bei hoher Dosis), ist dies unter Umständen nicht möglich. Es sollen genügend trächtige Weibchen vorhanden sein, so dass eine aussagekräftige Bewertung des Potenzials der Substanz, Fruchtbarkeit, Trächtigkeit, Verhalten des Muttertiers und Säugen, Wachstum und Entwicklung der F1-Generation von der Empfängnis bis zur Reife sowie die Entwicklung von deren Nachkommen (F2) bis zur Entwöhnung zu beeinträchtigen, sichergestellt ist. Wird die gewünschte Zahl an trächtigen Tieren (d. h. 20) nicht erreicht, bedeutet dies daher nicht notwendigerweise, dass die Studie invalide ist, dies ist jeweils von Fall zu Fall zu beurteilen.

1.4.2.   Zubereitung der Dosen

Empfohlen wird, die Prüfsubstanz oral (im Futter oder Trinkwasser oder über eine Magensonde) zu verabreichen, sofern nicht eine andere Form (z. B. Auftragen auf die Haut oder Einatmen) für besser geeignet gehalten wird.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässerigen Lösung/Suspension, dann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in einem anderen Vehikel in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen dessen toxische Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz in dem Vehikel ist zu bestimmen.

1.4.3.   Dosierung

Mindestens drei Dosen und eine entsprechende Kontrolle werden verwendet. Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosierung so zu wählen, dass zwar Toxizität, jedoch nicht Tod oder schweres Leiden der Tiere herbeigeführt wird. Im Falle unerwarteter Mortalität wären Studien mit einer Mortalitätsrate von weniger als etwa 10 % bei den Elterntieren (P) normalerweise immer noch annehmbar. Eine absteigende Folge von Dosierungen sollte so ausgewählt werden, dass die Dosisabhängigkeit der Reaktion und ein NOAEL belegt werden können. Dosisintervalle mit dem Faktor 2 bis 4 haben sich für die Festlegung absteigender Dosierungen häufig als optimal erwiesen. Gegenüber der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mehr als Faktor 10) ist die Hinzunahme einer vierten Testgruppe häufig vorzuziehen. Bei Fütterungsstudien soll der Konzentrationsunterschied nicht mehr als das Dreifache betragen. Bei der Auswahl der Dosen sind vorliegende Toxizitätsdaten, insbesondere Ergebnisse aus Studien mit wiederholter Dosierung, zu berücksichtigen. Vorhandene Informationen über den Stoffwechsel und die Kinetik der Prüfsubstanz oder verwandter Stoffe sind ebenfalls in Betracht zu ziehen. Diese Angaben helfen außerdem, die Angemessenheit des Dosierungsplans nachzuweisen. Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollen die Tiere der Kontrollgruppe genauso wie die Tiere in den Testgruppen behandelt werden. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz zusammen mit dem Futter verabreicht und führt dies zu einer geringeren Futteraufnahme oder -Verwertung, ist unter Umständen eine paarweise Fütterungskontrolle erforderlich. Alternativ können Daten aus kontrollierten Studien zur Bewertung der Auswirkungen einer verringerten Futteraufnahme auf Reproduktionsparameter anstelle einer gleichzeitigen paarweisen Fütterungskontrolle herangezogen werden.

Zu berücksichtigen sind die folgenden Merkmale des Vehikels und anderer Zusätze: Auswirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können; ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere.

1.4.4.   Limit-Test

Ergibt eine orale Prüfung mit einer einzigen Dosierung von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag oder bei einer Verabreichung in Futter oder Trinkwasser ein gleichwertiger prozentualer Anteil im Futter oder Trinkwasser nach den für diese Studie beschriebenen Verfahren keine wahrnehmbare Toxizität bei den Elterntieren oder deren Nachkommen und ist aufgrund von Daten struktur- und/oder stoffwechselverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit verschiedenen Dosisabstufungen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test kann angebracht sein, es sei denn, die Exposition beim Menschen lässt die Prüfung bei einer höheren oralen Dosis angezeigt erscheinen. Bei anderen Arten der Verabreichung, wie z. B. Inhalation oder dermale Applikation, kann die maximal erreichbare Expositionsdosis in vielen Fällen gegebenenfalls durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, wie beispielsweise die Löslichkeit, vorbestimmt und somit limitiert sein.

1.4.5.   Verabreichung der Dosen

Den Tieren ist die Prüfsubstanz an 7 Tagen pro Woche zu verabreichen. Die Prüfsubstanz soll möglichst oral (im Futter oder Trinkwasser oder über eine Magensonde) verabreicht werden. Die Verwendung einer anderen Form der Verabreichung ist zu begründen und es sind unter Umständen entsprechende Änderungen vorzunehmen. Allen Tieren sind die Dosen während des entsprechenden Versuchszeitraums nach derselben Methode zu verabreichen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, ist eine Magensonde zu verwenden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht wird, soll 1 ml/100 g Körpergewicht (maximal 0,4 ml/100 g Körpergewicht bei Maisöl) nicht übersteigen; bei wässrigen Lösungen können 2 ml/100 g Körpergewicht verabreicht werden. Außer für reizende oder ätzende Stoffe, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine Verschlimmerung der Wirkungen hervorrufen, soll die Veränderlichkeit des Prüfvolumens durch die Dosierung möglichst gering gehalten werden, um ein konstantes Volumen bei allen Dosen zu gewährleisten. Bei Studien, bei denen die Prüfsubstanz über eine Magensonde verabreicht wird, erhalten die Jungtiere die Prüfsubstanz im Normalfall nur indirekt über die Milch, bis für sie die direkte Verabreichung bei ihrer Entwöhnung beginnt. Bei Studien, bei denen die Prüfsubstanz über das Futter oder Trinkwasser verabreicht wird, erhalten die Jungtiere außerdem die Prüfsubstanz direkt, wenn sie selbst in der letzten Woche der Laktationszeit zu fressen beginnen.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz den normalen Nahrungs- oder Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder auf eine konstante Futterkonzentration (ppm) oder eine konstante Dosierung im Verhältnis zum Körpergewicht des Versuchstiers geachtet werden. Welche Methode angewandt wird, ist zu spezifizieren. Eine mit einer Magensonde verabreichte Dosis soll jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und mindestens einmal pro Woche so angepasst werden, dass eine konstante Dosis im Verhältnis zum Körpergewicht aufrechterhalten wird. Bei einer Anpassung der über die Magensonde verabreichten Dosis an das Gewicht sind Informationen über die Verteilung in der Plazenta zu berücksichtigen.

1.4.6.   Versuchsablauf

Die Verabreichung der täglichen Dosis an die Männchen und Weibchen der Elterngeneration (P) beginnt, wenn diese zwischen 5 und 9 Wochen alt sind. Die Verabreichung der täglichen Dosis an die Männchen und Weibchen der F1-Generation beginnt bei der Entwöhnung; nicht vergessen werden sollte, dass bei einer Verabreichung der Prüfsubstanz über das Futter oder Trinkwasser F1-Nachkommen möglicherweise der Prüfsubstanz bereits während der Säugezeit unmittelbar ausgesetzt werden. Bei beiden Geschlechtern (P- und F1-Generation) wird die Verabreichung über einen Zeitraum von mindestens 10 Wochen vor der Paarungszeit durchgeführt. Die Verabreichung wird bei beiden Geschlechtern während der 2-wöchigen Paarungszeit fortgesetzt. Die Männchen sind, wenn sie für die Beurteilung der Auswirkungen auf die Fortpflanzung nicht mehr benötigt werden, auf humane Weise zu töten und zu untersuchen. Bei den Weibchen der Elterngeneration (P) wird die Verabreichung während der Gravidität bis zur Entwöhnung der F1-Nachkommen fortgesetzt. Gegebenenfalls sind Änderungen am Dosierungsplan vorzunehmen aufgrund von vorliegenden Informationen über die Prüfsubstanz, wie z. B. vorhandene Toxizitätsdaten, Induktion des Stoffwechsels oder Bioakkumulation. Die Dosis für einzelne Tiere beruht normalerweise auf deren zuletzt bestimmtem Körpergewicht. Vorsicht ist allerdings bei der Anpassung der Dosis im letzten Trimester der Gravidität geboten.

Die Behandlung der Männchen und Weibchen der P- und F1-Generation wird fortgesetzt, bis die Tiere getötet werden. Alle ausgewachsenen Männchen und Weibchen der P- und F1-Generation werden auf humane Weise getötet, wenn sie zur Beurteilung der Auswirkungen auf die Fortpflanzung nicht mehr benötigt werden. F1-Nachkommen, die nicht für die Verpaarung ausgewählt werden, und alle F2-Nachkommen werden nach der Entwöhnung auf humane Weise getötet.

1.4.7.   Verpaarung

1.4.7.1.   Verpaarung der Elterngeneration (P)

Für die Verpaarung wird jedes Weibchen zusammen mit einem Männchen, das die gleiche Dosierung erhallen hat (1:1-Paarung), zusammengebracht, bis es zur Kopulation kommt beziehungsweise ein Zeitraum von 2 Wochen verstrichen ist. Die Weibchen werden täglich auf vorhandene Spermien oder Vaginalpfropfen hin untersucht. Der Tag 0 der Trächtigkeit ist definiert als der Tag, an dem ein Vaginalpfropf oder Spermien gefunden werden. Bei einer erfolglosen Verpaarung kann gegebenenfalls die erneute Verpaarung von Weibchen mit bewährten Männchen der gleichen Gruppe erwogen werden. Miteinander verpaarte Paare sind in den Daten eindeutig zu kennzeichnen. Eine Verpaarung von Geschwistern ist zu vermeiden.

1.4.7.2.   Verpaarung der F1-Generation

Bei der Verpaarung der F1-Nachkommen werden mindestens ein Männchen und ein Weibchen zum Zeitpunkt der Entwöhnung aus jedem Wurf zur Verpaarung mit Jungtieren, die die gleiche Dosis erhalten haben, jedoch aus einem anderen Wurf stammen, für die Zeugung der F2-Generation ausgewählt. Die Auswahl der Jungtiere aus jedem Wurf erfolgt nach dem Zufallsprinzip, wenn sich die Tiere eines Wurfs in Bezug auf Körpergewicht oder Erscheinungsbild nicht nennenswert voneinander unterscheiden. Werden solche Unterschiede beobachtet, sind aus jedem Wurf die besten Vertreter auszuwählen. Pragmatisch erfolgt dies am besten anhand des Körpergewichts, unter Umständen kann jedoch das Erscheinungsbild besser geeignet sein. Eine Verpaarung der F1-Nachkommen soll erst dann erfolgen, wenn sie die volle Geschlechtsreife erreicht haben.

Bei Paaren ohne Nachkommen ist, soweit möglich, die Ursache der Unfruchtbarkeit zu ermitteln. Dazu können Verfahren wie zusätzliche Verpaarungsgelegenheiten mit anderen bewährten Vater- oder Muttertieren, eine mikroskopische Untersuchung der Fortpflanzungsorgane und die Untersuchung der Östruszyklen oder der Spermatogenese eingesetzt werden.

1.4.7.3.   Zweite Verpaarung

Unter gewissen Umständen wie z. B. bei behandlungsbedingten Veränderungen an der Wurfgröße oder der Beobachtung unklarer Auswirkungen bei der ersten Verpaarung wird eine zweite Verpaarung der ausgewachsenen P- oder F1-Tiere empfohlen, um einen zweiten Wurf zu produzieren. Empfohlen wird, Weibchen oder Männchen, die keinen Wurf gezeugt haben, mit Tieren des jeweils anderen Geschlechts erneut zu verpaaren, die ihre Fortpflanzungsfähigkeit unter Beweis gestellt haben. Wird ein zweiter Wurf in einer Generation für notwendig befunden, sind die Tiere etwa eine Woche nach der Entwöhnung des letzten Wurfs erneut zu verpaaren.

1.4.7.4.   Wurfgröße

Man lässt die Tiere normal werfen und ihre Nachkommen bis zur Entwöhnung aufziehen. Wahlweise kann eine Standardisierung der Wurfgrößen vorgenommen werden. Sofern standardisiert wird, ist das dabei verwendete Verfahren im Einzelnen zu beschreiben.

1.5.   BEOBACHTUNGEN

1.5.1.   Klinische Beobachtungen

Allgemeine klinische Beobachtungen sind einmal täglich vorzunehmen; wird die Dosis über die Magensonde verabreicht, ist der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis bei der Wahl des Zeitpunkts zu berücksichtigen. Änderungen am Verhalten, Anzeichen für eine schwere oder langwierige Geburt sowie alle Anzeichen für Toxizität sind zu protokollieren. Darüber hinaus ist jedes Tier mindestens einmal pro Woche gründlicher zu untersuchen, dies kann beim Wiegen des Tiers erfolgen. Zweimal pro Tag, am Wochenende einmal täglich, soweit zutreffend, sind alle Tiere auf Morbidität und Mortalität zu überprüfen.

1.5.2.   Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme der Elterntiere

Die Elterntiere (P und F1) werden am ersten Tag der Verabreichung und anschließend mindestens einmal pro Woche gewogen. Weibchen der Elterngeneration (P und F1) werden mindestens an den Graviditätstagen 0, 7, 14 und 20 oder 21 und während der Laktationszeit an den gleichen Tagen wie die Würfe sowie an dem Tag gewogen, an dem die Tiere getötet werden. Diese Beobachtungen sind für jedes ausgewachsene Tier einzeln zu protokollieren. In der Zeit vor der Verpaarung und während der Gravidität ist die Futteraufnahme mindestens einmal pro Woche zu messen. Sofern die Prüfsubstanz im Wasser verabreicht wird, ist die Wasseraufnahme zumindest einmal pro Woche zu messen.

1.5.3   Östruszyklus

Bei den Weibchen der Generation P und F1 werden Länge und normaler Verlauf des Östruszyklus mit Hilfe von Vaginalabstrichen vor der Verpaarung und optional während der Verpaarung beurteilt, bis Anhaltspunkte für eine stattgefundene Besamung gefunden werden. Vaginal-/Zervixzellen sind vorsichtig zu entnehmen, damit die Schleimhäute nicht gestört und dadurch anschließend eine Scheinträchtigkeit hervorgerufen wird (1).

1.5.4.   Spermienparameter

Bei allen Männchen der P- und F1-Generation wird das Gewicht von Hoden und Nebenhoden protokolliert, jeweils ein Organ wird für eine histopathologische Untersuchung konserviert (siehe 1.5.7 und 1.5.8.1). Von einer Teilmenge von mindestens 10 Männchen jeder Gruppe von P- und F1-Männchen werden die übrigen Hoden und Nebenhoden zur Zählung der homogenisierungsresistenten Spermatiden beziehungsweise der Spermien aus den Samenspeichern im Nebenhodenschwanz verwendet. Bei derselben Teilmenge von Männchen werden Spermien aus dem Nebenhodenschwanz oder dem Samenleiter zur Beurteilung von Spermienmotilität und -morphologie entnommen. Werden behandlungsbedingte Auswirkungen beobachtet oder liegen Anhaltspunkte für mögliche Auswirkungen auf die Spermatogenese aus anderen Studien vor, ist die Spermienuntersuchung an allen Männchen jeder Dosisgruppe durchzuführen; andernfalls kann die Zählung auf die P- und F1-Männchen der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der hohen Prüfsubstanzdosis beschränkt werden.

Die Gesamtanzahl an homogenisierungsresistenten Hodenspermatiden und Spermien aus dem Nebenhodenschwanz ist zu bestimmen (2) (3). Samenspeicher im Nebenhodenschwanz lassen sich anhand von Spermienkonzentration und -volumen in der Suspension, die zur Vervollständigung der qualitativen Beurteilungen verwendet wird, und der Anzahl der Spermien ableiten, die bei der anschließenden Zerkleinerung und/oder Homogenisierung des restlichen Nebenhodenschwanzgewebes gewonnen werden. Die Zählung ist an der ausgewählten Teilmenge von Männchen aus allen Dosisgruppen unmittelbar nach der Tötung der Tiere vorzunehmen, ausgenommen es werden Videobilder oder digitale Aufzeichnungen gemacht oder die Proben werden eingefroren und später analysiert. Unter diesen Umständen können die Kontrolltiere und die Gruppe mit der hohen Dosierung zuerst analysiert werden. Werden keine behandlungsbedingten Auswirkungen (z. B. Auswirkungen auf Spermienzahl, -motilität oder -morphologie) festgestellt, brauchen die anderen Dosierungsgruppen nicht untersucht zu werden. Sind bei der Gruppe mit der hohen Dosierung behandlungsbedingte Auswirkungen festzustellen, dann sind auch die Gruppen mit den niedrigen Dosierungen zu beurteilen.

Die Motilität von Nebenhodenspermien (oder Spermien aus dem Samenleiter) ist unmittelbar nach der Tötung zu beurteilen oder auf Video aufzunehmen. Bei der Gewinnung der Spermien ist darauf zu achten, dass diese so wenig wie möglich geschädigt werden; für die Motilitätsanalyse sind die Spermien nach anerkannten Verfahren zu verdünnen (4). Der prozentuale Anteil an progressiv motilen Spermien ist subjektiv oder objektiv zu bestimmen. Bei einer computerunterstützten Spermienbewegungsanalyse (5) (6) (7) (8) (9) (10) beruht die Ableitung der progressiven Motilität auf benutzerdefinierten Schwellen für die durchschnittliche Streckengeschwindigkeit und Direktheit oder einem linearen Index. Werden zum Zeitpunkt der Sektion die Proben auf Video (11) aufgenommen oder die Bilder auf andere Weise aufgezeichnet, kann die Analyse der P- und F1-Männchen der Kontrollgruppe und der Gruppe, der die hohe Dosis verabreicht wurde, anschließend vorgenommen werden, es sei denn, behandlungsbedingte Auswirkungen wurden beobachtet; in diesem Fall sind auch die Gruppen mit den niedrigeren Dosierungen zu beurteilen. Liegt kein Video- oder digitales Bildmaterial vor, sind alle Proben aus allen Behandlungsgruppen bei der Sektion zu analysieren.

An einer Probe von Nebenhodenspermien (oder Spermien aus dem Samenleiter) ist eine morphologische Untersuchung durchzuführen. Dabei sind die Spermien (mindestens 200 je Probe) als fixierte Nasspräparate (12) zu untersuchen und als normal oder abnorm zu klassifizieren. Beispiele für morphologische Spermienabnormitäten sind Verschmelzungen, isolierte Köpfe und missgebildete Köpfe und/oder Schwänze. Die Untersuchungen sind an der ausgewählten Teilmenge von Männchen aller Dosisgruppen entweder unmittelbar nach der Tötung der Tiere oder zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, sofern Videobilder oder digitale Aufzeichnungen vorliegen. Fixierte Abstriche können ebenfalls später ausgewertet werden. Unter diesen Umständen können die Kontrolltiere und die Gruppe mit der hohen Dosierung zuerst analysiert werden. Werden keine behandlungsbedingten Auswirkungen (z. B. Auswirkungen auf die Spermienmorphologie) festgestellt, brauchen die anderen Dosierungsgruppen nicht untersucht zu werden. Sind bei der Gruppe mit der hohen Dosierung behandlungsbedingte Auswirkungen festzustellen, dann sind auch die Gruppen mit den niedrigen Dosierungen zu beurteilen.

Wurden oben genannte Spermienparameter bereits im Rahmen einer systemischen Toxizitätsstudie von einer Dauer von mindestens 90 Tagen untersucht, kann auf eine Wiederholung in der Zweigenerationenstudie verzichtet werden. Empfohlen wird allerdings, Proben oder digitale Aufzeichnungen von Spermien der P-Generation für eine eventuell später erforderliche Beurteilung aufzuheben.

1.5.5.   Nachkommen

Jeder Wurf ist so bald wie möglich nach der Geburt (Laktationstag 0) zu untersuchen, um Anzahl und Geschlecht der Jungtiere, Tot- und Lebendgeburten sowie eventuell vorhandene makroskopische Anomalien festzustellen. Jungtiere, die am Tag 0 tot aufgefunden werden und noch nicht mazeriert sind, sind möglichst auf Defekte und die Todesursache zu untersuchen und zu konservieren. Lebende Jungtiere sind zu zählen und jeweils einzeln bei der Geburt (Laktationstag 0) oder am Tag 1 und danach regelmäßig z. B. am Laktationstag 4, 7, 14 und 21 zu wiegen. Beobachtete körperliche oder Verhaltensabnormitäten bei den Muttertieren oder Nachkommen sind zu protokollieren.

Die körperliche Entwicklung der Nachkommen ist in der Hauptsache anhand der Körpergewichtszunahme festzuhalten. Andere körperliche Parameter (z. B. Öffnung von Ohren und Augen, Zahndurchbruch, Haarwachstum) können zwar zusätzliche Informationen bieten, diese Daten sind aber möglichst im Zusammenhang mit Daten zur Geschlechtsreife zu bewerten (z. B. Alter und Körpergewicht zum Zeitpunkt der Vaginalöffnung oder der Balano-Präputial-Separation) (13). Funktionelle Untersuchungen der F1-Nachkommen (z. B. Motorik, Sensorik und Reflexontogenese) vor und/oder nach der Entwöhnung, insbesondere solche, die mit der Geschlechtsreife in Zusammenhang stehen, werden empfohlen, sofern derartige Untersuchungen nicht Bestandteil gesonderter Studien sind. Bei entwöhnten F1-Tieren, die für die Verpaarung ausgewählt wurden, ist das Alter zum Zeitpunkt der Vaginalöffnung und der Präputial-Separation zu bestimmen. Bei F2-Nachkommen ist der Anogenitalabstand am Tag 0 nach der Geburt zu messen, wenn Veränderungen am Verhältnis der Geschlechter in der F1-Generation oder dem Zeitpunkt der Geschlechtsreife aufgetreten sind.

Bei Gruppen, die ansonsten eindeutige Anzeichen für schädigende Auswirkungen aufweisen (z. B. signifikante Verminderung der Gewichtszunahme usw.), kann von funktionellen Beobachtungen Abstand genommen werden. Sofern funktionelle Untersuchungen erfolgen, sind sie nicht an den Jungtieren vorzunehmen, die für die Verpaarung ausgewählt wurden.

1.5.6.   Nekropsie

Bei der Tötung oder bei vorzeitigem Tod im Verlauf der Studie werden alle Elterntiere (P und F1) und alle Jungtiere mit äußeren Abnormitäten oder klinischen Anzeichen sowie jeweils ein nach dem Zufallsprinzip ausgewähltes Jungtier/Geschlecht/Wurf sowohl aus der F1- als auch aus der F2-Generation makroskopisch auf strukturelle Abnormitäten oder pathologische Veränderungen untersucht. Besondere Beachtung ist dabei den Fortpflanzungsorganen zu schenken. Auf humane Weise getötete moribunde Jungtiere und noch nicht mazerierte tote Jungtiere werden auf mögliche Defekte und/oder die Todesursache untersucht und konserviert.

Die Gebärmutter aller erstgebärenden Weibchen wird auf Vorhandensein und Anzahl von Implantationsstellen in einer Weise untersucht, die keine Auswirkungen auf die histopathologische Bewertung hat.

1.5.7.   Organgewichte

Bei der Tötung werden das Körpergewicht und das Gewicht der folgenden Organe bei allen P- und F1-Elterntieren bestimmt (paarweise vorhandene Organe sind einzeln zu wiegen):

Uterus; Ovarien,
Hoden und Nebenhoden (gesamt und Schwanzteil),
Prostata,
Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen und deren Flüssigkeiten und Prostata (als eine Einheit),
Gehirn, Leber, Nieren, Milz, Hypophyse, Schilddrüse und Nebennieren sowie bekannte Zielorgane.

Bei den F1- und F2-Jungtieren, die für die Nekropsie ausgewählt werden, ist das Körpergewicht bei der Tötung zu bestimmen. Das Gewicht folgender Organe ist an je einem Jungtier/Geschlecht/Wurf (siehe 1.5.6) zu bestimmen, das nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurde: Gehirn, Milz und Thymusdrüse.

Die Ergebnisse der Nekropsie und die Organgewichte sind, sofern möglich, im Zusammenhang mit Beobachtungen aus anderen Studien mit wiederholter Exposition zu bewerten.

1.5.8.   Histopathologische Untersuchungen

1.5.8.1.   Elterntiere

Die folgenden Organe und Gewebe von Elterntieren (P und Fl) beziehungsweise repräsentative Proben hiervon sind für die histopathologische Untersuchung zu fixieren und in einem geeigneten Medium aufzubewahren:

Vagina, Uterus mit Zervix, Ovarien (konserviert in einem geeigneten Fixativ),
ein Hoden (konserviert in Bouinschem Fixiermittel oder einem vergleichbaren Fixativ), ein Nebenhoden, Samenbläschen, Prostata und Koagulationsdrüse,
zuvor ermittelte(s) Zielorgan(e) von allen P- und F1-Tieren, die für die Verpaarung ausgewählt wurden.

Eine vollständige histopathologische Untersuchung der oben genannten konservierten Organe und Gewebe ist bei allen P-und F1-Tieren aus der Gruppe mit der hohen Dosis und der Kontrollgruppe durchzuführen, die für die Verpaarung ausgewählt wurden. Die Untersuchung der Ovarien der P-Tiere kann wahlweise durchgeführt werden. Organe, bei denen man behandlungsbedingte Veränderungen feststellt, sind auch bei Tieren aus den Gruppen mit der niedrigen und mittleren Dosis zu untersuchen, um bei der Ermittlung des NOAEL zu helfen. Des weiteren sind die Fortpflanzungsorgane von Tieren mit der niedrigen und der mittleren Dosis, die im Verdacht einer verringerten Fertilität stehen, einer histopathologischen Untersuchung zu unterziehen, beispielsweise die Tiere, die sich nicht gepaart haben, die nicht empfangen oder gezeugt oder gesunde Nachkommen geboren haben oder bei denen die Regelmäßigkeit des Östruszyklus oder die Spermienanzahl, -motilität oder -morphologie beeinträchtigt waren. Alle makroskopischen Läsionen wie Atrophien oder Tumore sind zu untersuchen.

An den Hoden ist eine eingehende histopathologische Untersuchung vorzunehmen (z. B. Verwendung des Bouinschen Fixiermittels, Einbettung in Paraffin und transversale Schnitte von 4 bis 5 μm Dicke), um behandlungsbedingte Auswirkungen wie Retention von Spermatiden, fehlende Keimzellenschichten oder -typen, mehrkernige Riesenzellen oder die Ablösung von spermatogenen Zellen in das Lumen festzustellen (14). Bei der Untersuchung des intakten Nebenhodens sind Kopf, Körper und Schwanz mit einzubeziehen; dies kann durch Beurteilung eines Längsschnitts erfolgen. Der Nebenhoden ist auf die Infiltration mit Leukozyten, Veränderungen in der Prävalenz von Zelltypen, aberrante Zellarten und Phagozytose von Spermien zu untersuchen. Für die Untersuchung der männlichen Fortpflanzungsorgane kann eine PAS- und Hämatoxylinfärbung verwendet werden.

Nach Absetzen der Jungtiere sollte der Eierstock Primordialfollikel und wachsende Follikel sowie die großen Gelbkörper der Laktationsperiode enthalten. Bei der histopathologischen Untersuchung sollte die Abnahme der Primordialfollikel qualitativ erfasst werden. Bei den F1-Weibchen ist eine quantitative Beurteilung der Primordialfollikel vorzunehmen; die Anzahl der Tiere, die Auswahl der Eierstockquerschnitte und die Querschnittprobengröße sollten dabei für das herangezogene Bewertungsverfahren statistisch angemessen sein. Untersucht wird unter anderem die Anzahl der Primordialfollikel, die mit kleinen wachsenden Follikeln zusammengenommen werden können; dabei werden die Eierstöcke von behandelten Tieren und Kontrolltieren miteinander verglichen (15) (16) (17) (18) (19).

1.5.8.2.   Entwöhnte Tiere

Makroskopisch abnorme Gewebe und Zielorgane von allen Jungtieren mit äußerlich sichtbaren Abnormitäten oder klinischen Anzeichen sowie von je einem nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Jungtier/Geschlecht/Wurf aus der F1- und der F2-Generation, die nicht für die Paarung ausgewählt wurden, werden für die histopathologische Untersuchung fixiert und in einem geeigneten Medium aufbewahrt. An dem konservierten Gewebe ist eine vollständige histopathologische Untersuchung durchzuführen, wobei besonderes Schwergewicht auf die Fortpflanzungsorgane gelegt wird.

2.   DATEN

2.1.   VERARBEITUNG DER ERGEBNISSE

Die Daten sind jeweils einzeln zu protokollieren und in tabellarischer Form zusammenzufassen; dabei werden für jede Prüfgruppe und für jede Generation die Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, die Anzahl der während der Prüfung tot aufgefundenen Tiere beziehungsweise der aus humanen Gründen getöteten Tiere, der jeweilige Zeitpunkt des Todes beziehungsweise der Tötung, die Anzahl der fruchtbaren Tiere, die Anzahl der trächtigen Weibchen, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen von Toxizität, eine Beschreibung der beobachteten Anzeichen von Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen eingetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Arten von Beobachtungen an Elterntieren und Nachkommen, die Arten von histopathologischen Veränderungen und alle relevanten Daten zu den Würfen angegeben.

Zur Auswertung der numerischen Ergebnisse wird ein allgemein anerkanntes statistisches Verfahren angewendet; die statistischen Verfahren sind im Rahmen der Studienplanung auszuwählen und zu begründen. Für die Analyse der Daten können Verfahren zur Modellierung der Dosis-Wirkungs-Beziehung hilfreich sein. Der Bericht sollte hinreichende Informationen über das herangezogene Analyseverfahren und das verwendete Computerprogramm beinhalten, so dass ein unabhängiger Überprüfer/Statistiker die Analyse nachbewerten und nachvollziehen kann.

2.2.   BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

Die Befunde dieser Zweigenerationenstudie zur Reproduktionstoxizität sind im Hinblick auf die beobachteten Wirkungen, einschließlich Nekropsie- und Mikroskopiebefunde, zu bewerten. Die Bewertung beinhaltet den vorhandenen beziehungsweise nicht vorhandenen Zusammenhang zwischen der Prüfsubstanzdosis und vorhandenen beziehungsweise nicht vorhandenen Abnormitäten sowie deren Häufigkeit und Schwere, einschließlich der makroskopischen Läsionen, identifizierten Zielorgane, beeinträchtigten Fertilität, klinischen Abnormitäten, beeinträchtigten Reproduktions- und Wurfleistungen, Körpergewichtsveränderungen, Auswirkungen auf die Mortalität und etwaige sonstige toxische Auswirkungen. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und Daten zur Toxikokinetik, soweit verfügbar, sind bei der Bewertung der Prüfergebnisse zu berücksichtigen.

Aus einer ordnungsgemäß durchgeführten Prüfung der Reproduktionstoxizität sollte der NOAEL in angemessener Weise abgeschätzt werden können und sollten schädigende Wirkungen auf Reproduktion, Geburtsvorgang, Laktation, postnatale Entwicklung einschließlich Wachstum und Geschlechtsentwicklung klar werden.

2.3.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Eine Zweigenerationenstudie zur Reproduktionstoxizität liefert Informationen über die Auswirkungen einer wiederholten Exposition gegenüber einem Stoff während aller Phasen des Reproduktionszyklus. Die Studie vermittelt insbesondere Informationen über die Reproduktionsparameter sowie über Entwicklung, Wachstum, Reifung und Überleben der Nachkommen. Die Ergebnisse der Studie sind in Verbindung mit Befunden aus Studien zur subchronischen Toxizität, pränatalen Entwicklungstoxizität und Toxikokinetik sowie anderen vorliegenden Studien zu interpretieren. Die Ergebnisse dieser Studie können bei der Beurteilung der Frage, ob Bedarf an einer weiteren Prüfung einer Chemikalie besteht, herangezogen werden. In gewissem Grad ist auch eine Extrapolation der Studienergebnisse auf den Menschen zulässig. Sie sind am besten für Informationen über NOAEL-Werte und zulässige Expositionen für den Menschen zu verwenden (20) (21) (22) (23).

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften,
Daten zur Identifikation;
Reinheit.

Vehikel (sofern zutreffend):

Begründung der Wahl des Vehikels, sofern nicht Wasser verwendet wurde.

Versuchstiere:

Art und Stamm;
Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter, Material für den Nestbau usw.;
Einzelgewicht der Tiere zu Beginn der Prüfung.

Prüfbedingungen:

Begründung der Wahl der Dosisabstufung;
nähere Angaben zur Prüfsubstanzformulierung/Futterzubereitung, erreichte Konzentrationen;
Stabilität und Homogenität der Zubereitung;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
Umrechnung der Prüfsubstanzkonzentration in Futter/Trinkwasser (ppm) auf die tatsächliche Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag), soweit zutreffend;
Einzelheiten zur Futter- und Wasserqualität.

Ergebnisse:

Futter- und Wasseraufnahme, soweit vorhanden, Futtereffizienz (Zunahme des Körpergewichts je Gramm aufgenommenes Futter) und Prüfsubstanzaufnahme bei P- und F1-Tieren, ausgenommen in der Zeit der Kohabitation und mindestens des letzten Drittels der Laktationszeit;
Absorptionsdaten, soweit vorhanden;
Körpergewichtsdaten für P- und F1-Tiere, die für die Verpaarung ausgewählt wurden;
Gewichtsdaten für Wurf und Jungtiere;
Körpergewicht bei Tötung sowie absolute und relative Organgewichtsdaten für die Elterntiere;
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);
Zeitpunkt des Todes im Verlauf der Studie oder Angabe, ob Tiere bis zum Schluss überlebt haben;
Angaben zur geschlechts- und dosisspezifischen toxischen Reaktion, einschließlich Indizes zu Verpaarung, Fertilität, Gravidität, Geburt, Lebensfähigkeit und Laktation; der Bericht beinhaltet die Zahlen, die bei der Berechnung dieser Indizes verwendet wurden;
toxische oder sonstige Wirkungen auf Reproduktion, Nachkommen, postnatales Wachstum usw.;
Sektionsbefunde;
ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;
Anzahl der P- und F1-Weibchen mit normalem Zyklusverlauf und Zykluslänge;
Gesamtanzahl von Spermien im Nebenhodenschwanz, progressiv motile Spermien in Prozent, morphologisch normale Spermien in Prozent und abnorme Spermien in Prozent mit Angabe der jeweiligen festgestellten Abnormität;
Zeit bis zur Besamung, einschließlich Anzahl Tage bis zur Besamung;
Graviditätslänge;
Anzahl Implantationen, Gelbkörper, Wurfgröße;
Anzahl Lebendgeburten und Postimplantationsverluste;
Anzahl Jungtiere mit makroskopisch erkennbaren Abnormitäten; sofern ermittelt, ist die Anzahl der Kümmerlinge eines Wurfs anzugeben;
Daten zu physischen Entwicklungsmerkmalen bei Jungtieren und sonstige Daten zur postnatalen Entwicklung, physische Entwicklungsmerkmale, die erhoben wurden, sind zu begründen;
Daten zu funktionellen Beobachtungen an Jungtieren und Erwachsenen, soweit machbar;
statistische Bearbeitung der Ergebnisse, soweit angebracht.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen einschließlich NOAEL-Werte für Auswirkungen bei Elterntieren und Nachkommen.

4.   LITERATURHINWEISE

(l) Sadleir, R.M.F.S. (1979). Cycles and Seasons, In: Reproduction in Mammals: I. Germ Cells and Fertilization, C.R. Auston and R.V. Short (eds.), Cambridge, New York.

(2) Gray, L.E. et al. (1989). A Dose-Response Analysis of Methoxychlor-Induced Alterations of Reproductive Development and Function in the Rat. Fundamental and Applied Toxicology 12, 92-108.

(3) Robb, G.W. et al. (1978). Daily Sperm Production and Epididymal Sperm Reserves of Pubertal and Adult Rats. Journal of Reproduction and Fertility 54, 103-107.

(4) Klinefelter, G.R. et al. (1991). The Method of Sperm Collection Significantly Influences Sperm Motion Parameters Following Ethane Dimethanesulfonate Administration in the Rat. Reproductive Toxicology 5, 39-44.

(5) Seed, J. et al. (1996). Methods for Assessing Sperm Motility, Morphology, and Counts in the Rat, Rabbit, and Dog: a Consensus Report. Reproductive Toxicology 10(3), 237-244.

(6) Chapin, R.E. et al. (1992). Methods for Assessing Rat Sperm Motility. Reproductive Toxicology 6, 267-273.

(7) Klinefelter, G.R. et al. (1992). Direct Effects of Ethane Dimethanesulphonate on Epididymal Function in Adult Rats: an In Vitro Demonstration. Journal of Andrology 13, 409-421.

(8) Slott, V.L. et al. (1991). Rat Sperm Motility Analysis: Methodologic Considerations. Reproductive Toxicology 5, 449-458.

(9) Slott, V.L. and Perreault, S.D., (1993). Computer-Assisted Sperm Analysis of Rodent Epididymal Sperm Motility Using the Hamilton-Thorn Motility Analyzer. In: Methods in Toxicology, Part A., Academic, Orlando, Florida, 319-333.

(10) Toth, G.P. et al. (1989). The Automated Analysis of Rat Sperm Motility Following Subchronic Epichlorhydrin Administration: Methodologic and Statistical Considerations. Journal of Andrology 10, 401-415.

(11) Working, P.K. and M. Hurtt (1987). Computerized Videomicrographic Analysis of Rat Sperm Motility. Journal of Andrology 8, 330-337.

(12) Linder, R.E. et al. (1992). Endpoints of Spermatoxicity in the Rat After Short Duration Exposures to Fourteen Reproductive Toxicants. Reproductive Toxicology 6, 491-505.

(10) (13) Korenbrot, C.C. et al. (1977). Preputial Separation as an External Sign of Pubertal Development in the Male Rat. Biological Reproduction 17, 298303.

(14) Russell, L.D. et al. (1990). Histological and Histopathological Evaluation of the Testis, Cache River Press, Clearwater, Florida.

(15) Heindel, J.J. and R.E. Chapin, (eds.) (1993). Part B. Female Reproductive Systems, Methods in Toxicology, Academic, Orlando, Florida.

(16) Heindel, J.J. et al. (1989) Histological Assessment of Ovarian Follicle Number in Mice As a Screen of Ovarian Toxicity. In: Growth Factors and the Ovary, A.N. Hirshfield (ed.), Plenum, New York, 421-426.

(17) Manson, J.M. and Y.J. Kang (1989). Test Methods for Assessing Female Reproductive and Developmental Toxicology. In: Principles and Methods of Toxicology, A.W. Hayes (ed.), Raven, New York.

(18) Smith, B.J. et al. (1991). Comparison of Random and Serial Sections in Assessment of Ovarian Toxicity. Reproductive Toxicology 5, 379-383.

(19) Heindel, J.J. (1999). Oocyte Quantitation and Ovarian Histology. In: An Evaluation and Interpretation of Reproductive Endpoints for Human Health Risk Assessment, G. Daston, and C.A. Kimmel, (eds.), ILSI Press, Washington, DC.

(20) Thomas, J. A. (1991). Toxic Responses of the Reproductive System. In: Casarett and Doull's Toxicology, M.O. Amdur, J. Doull, and C.D. Klaassen (eds.), Pergamon, New York.

(21) Zenick, H. and E.D. Clegg (1989). Assessment of Male Reproductive Toxicity: A Risk Assessment Approach. In: Principles and Methods of Toxicology, A.W. Hayes (ed.), Raven Press, New York.

(22) Palmer, A.K. (1981). In: Developmental Toxicology, Kimmel, C.A. and J. Buelke-Sam (eds.), Raven Press, New York.

(23) Palmer, A.K. (1978). In Handbook of Teratology, Vol. 4, J.G. Wilson and F.C. Fraser (eds.), Plenum Press, New York.

B.36   TOXIKOKINETIK

EINLEITUNG

1.
Diese Methode entspricht der OECD TG 417 (2010). Studien zur Untersuchung der Toxikokinetik einer Prüfsubstanz werden durchgeführt, um geeignete Informationen über ihre Resorption, Verteilung, Biotransformation (d. h. ihren Metabolismus) und ihre Ausscheidung zu erhalten, um die Konzentration oder Dosis zur beobachteten Toxizität in Beziehung zu setzen und um mehr Erkenntnisse über den Mechanismus der Toxizität zu gewinnen. Die Toxikokinetik kann zum besseren Verständnis der Toxikologiestudien beitragen, indem gezeigt wird, dass die Versuchstiere der Prüfsubstanz systemisch ausgesetzt werden, und indem die Anteile des Ausgangsstoffs bzw. der Metaboliten im Blutkreislauf bestimmt werden. Die grundlegenden toxikokinetischen Parameter, die mithilfe dieser Studien bestimmt werden, geben auch Aufschluss über das Potenzial der Prüfsubstanz zur Akkumulation in Geweben und/oder Organen und über das Potenzial zur Induktion von Biotransformationsprozessen infolge der Exposition gegen die Prüfsubstanz.
2.
Toxikokinetik-Daten können dazu beitragen, die Eignung und Relevanz von Toxizitätsdaten aus Tierversuchen für die Extrapolation von Gefahren für den Menschen und/oder die Risikobewertung zu beurteilen. Darüber hinaus können Toxikokinetikstudien wichtige Informationen für die Bestimmung der Dosisstufen in Toxizitätsstudien (lineare oder nicht-lineare Kinetik), mit dem Verabreichungsweg zusammenhängende Wirkungen und andere Aspekte der Studienauslegung liefern. Bestimmte toxikokinetische Daten können für die Entwicklung von physiologisch-basierten toxikokinetischen Modellen verwendet werden.
3.
Daten über Metaboliten und Toxikokinetik sind in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Sie können insbesondere Aufschluss über eventuelle Toxizitäten und Wirkungsweisen sowie deren Zusammenhang mit der Dosisstufe und dem Expositionsweg geben. Ferner können Metabolismusdaten auch hilfreiche Informationen für die Einschätzung der toxikologischen Bedeutung der Exposition gegen exogene Metaboliten der Prüfsubstanz liefern.
4.
Angemessene toxikokinetische Daten können die Akzeptanz und Anwendbarkeit von quantitativen Struktur-Wirkungs-Beziehungen, Read-across- oder Grouping-Ansätzen bei der Sicherheitsbewertung von chemischen Stoffen unterstützen. Kinetikdaten können auch zur Bewertung der toxikologischen Relevanz anderer Studien (z. B. in vivo/in vitro) herangezogen werden.
5.
Wenn kein anderer Verabreichungsweg genannt wird (siehe insbesondere die Nummern 74-78), wird die Prüfsubstanz bei dieser Prüfmethode oral verabreicht.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

6.
Anforderungen und Erfordernisse in Bezug auf die Endpunkte und toxikokinetischen Parameter, die für verschiedene Klassen von Chemikalien (z. B. Pestizide, Biozide, Industriechemikalien) zu bestimmen sind, unterscheiden sich je nach Regulierungssystem. Anders als bei den meisten Prüfmethoden werden bei der vorliegenden Methode Versuche zur Toxikokinetik beschrieben, die mehrere Messungen und Endpunkte erfordern. In Zukunft könnten mehrere neue Prüfmethoden und/oder Leitfäden erarbeitet werden, um jeden Endpunkt einzeln und ausführlicher zu beschreiben. Welche Versuche oder Bewertungen vorgenommen werden, richtet sich bei dieser Prüfmethode nach den Anforderungen und/oder Erfordernissen jedes Regulierungssystems.
7.
Es gibt zahlreiche Studien, mit denen das toxikokinetische Verhalten einer Prüfsubstanz zu Regulierungszwecken bestimmt werden könnte. Je nach Regulierungsanforderung oder Einzelfall sind jedoch möglicherweise nicht alle diese Studien für die Bewertung einer Prüfsubstanz erforderlich. Bei der Planung von Toxikokinetikstudien ist daher Flexibilität erforderlich, und die Eigenschaften der Prüfsubstanz müssen berücksichtigt werden. In manchen Fällen kann eine bestimmte Reihe von Fragen ausreichen, um die mit der Prüfsubstanz verbundenen Gefahren und Risiken zu ermitteln. Manchmal können die Toxikokinetikdaten bei der Auswertung anderer Toxikologiestudien erfasst werden. In anderen Fällen können je nach Regulierungsanforderungen und/oder wenn bei der Bewertung einer Prüfsubstanz neue Fragen auftreten, zusätzliche und/oder ausführlichere Toxikokinetikstudien erforderlich sein.
8.
Um die Qualität der Studie zu verbessern und eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden, sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz und relevante Metaboliten und analoge Stoffe berücksichtigen. Dies kann Daten aus anderen relevanten Prüfmethoden umfassen (In-vivo-Studien, In-vitro-Studien und/oder In-silico-Bewertungen) Für die Studienplanung und die Interpretation der Ergebnisse können physikalisch-chemische Eigenschaften wie der Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (ausgedrückt als POW), pKa, die Wasserlöslichkeit, der Dampfdruck und das Molekulargewicht eines chemischen Stoffs von Nutzen sein. Diese können mit geeigneten Methoden, die in den betreffenden Prüfmethoden beschrieben sind, bestimmt werden.

GRENZEN

9.
Diese Prüfmethode ist weder für besondere Fälle wie trächtige oder säugende Weibchen oder Nachkommen noch für die Bewertung eventueller Rückstände in zur Lebensmittelerzeugung genutzten exponierten Tieren bestimmt. Die Daten aus der Studie gemäß Kapitel B.36 können jedoch als Orientierungshilfe für die Planung spezifischer Studien für derartige Untersuchungen dienen. Diese Prüfmethode ist nicht für die Prüfung von Nanomaterialien bestimmt. Ein Bericht über eine Vorprüfung von OECD-Prüfrichtlinien auf ihre Anwendbarkeit auf Nanomaterialien deutet darauf hin, dass die TG 417 (die dieser Prüfmethode B.36 entspricht) möglicherweise nicht auf Nanomaterialien anwendbar ist (1).

DEFINITIONEN

10.
Die für die Zwecke dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe sind in der Anlage definiert.

TIERSCHUTZERWÄGUNGEN

11.
Hinweise zur tierschutzgerechten Behandlung von Tieren sind im OECD Guidance Document (GD) 19 (2) zu finden. Es wird empfohlen, das OECD GD 19 für alle in dieser Prüfmethode beschriebenen In-vivo- und In-vitro-Studien zu beachten.

BESCHREIBUNG DER METHODEN

Pilotstudien

12.
Es wird empfohlen, die Versuchsparameter für die Toxikokinetikstudien (z. B. Metabolismus, Massenbilanz, Analyseverfahren, Dosisfindung, Ausatmung von CO2 usw.) auf der Grundlage von Pilotstudien festzulegen. Die Bestimmung dieser Parameter erfordert nicht in allen Fällen die Verwendung radiomarkierter Stoffe.

Auswahl von Versuchstieren

Tierart

13.
Für die toxikokinetische Prüfung sollte möglichst dieselbe Tierart (und derselbe Stamm) verwendet werden wie für andere toxikologische Prüfungen der betreffenden Prüfsubstanz. Normalerweise sollte dies die Ratte sein, da sie häufig in toxikologischen Studien verwendet wird. Die Verwendung anderer oder zusätzlicher Tierarten kann gerechtfertigt sein, wenn wichtige Toxikologiestudien Hinweise auf starke Toxizität bei diesen Tierarten ergeben oder wenn gezeigt werden kann, dass die Toxizität/Toxikokinetik bei diesen Tierarten von größerer Bedeutung ist, um die Wirkungen bei Menschen einschätzen zu können. Die Wahl der Tierart und des Stamms ist zu begründen.
14.
Sofern nichts anderes erwähnt ist, wird bei dieser Prüfmethode die Ratte als Versuchstier verwendet. Bei Verwendung anderer Versuchstierarten müssen bestimmte Aspekte der Methode möglicherweise geändert werden.

Alter und Stamm

15.
Es sind junge, gesunde, adulte Tiere (zum Zeitpunkt der Dosierung normalerweise 6-12 Wochen alt) zu verwenden (siehe auch Nummern 13 und 14). Die Verwendung anderer als junger, adulter Tiere ist zu begründen. Alle Tiere sollten zu Beginn der Studie annähernd gleich alt sein. Das Gewicht der einzelnen Tiere sollte nicht um mehr als ± 20 % vom mittleren Gewicht der Prüfgruppe abweichen. Im Idealfall sollte derselbe Stamm verwendet werden wie für die Ableitung der toxikologischen Datenbasis für die Prüfsubstanz.

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

16.
Für jede geprüfte Dosis sollten mindestens vier Tiere eines Geschlechts verwendet werden. Die Wahl des Geschlechts der verwendeten Tiere ist zu begründen. Gibt es Hinweise auf signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede der Toxizität, ist die Verwendung beider Geschlechter (vier männliche und vier weibliche Tiere) in Betracht zu ziehen.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

17.
Die Tiere sollten während der Prüfzeitraums im Allgemeinen einzeln untergebracht werden. Eine Unterbringung in Gruppen könnte unter besonderen Bedingungen gerechtfertigt sein. Die Beleuchtung sollte künstlich sein, und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) und die relative Luftfeuchtigkeit 30-70 % betragen. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist.

Prüfsubstanz

18.
Für alle Aspekte der Studie, die mit der Massenbilanz und der Identifizierung von Metaboliten zusammenhängen, sollte eine mit 14C radioaktiv markierte Prüfsubstanz verwendet werden. Wenn jedoch nachgewiesen werden kann, dass
die Massenbilanz und die Identifizierung von Metaboliten mit der nicht markierten Prüfsubstanz hinreichend beurteilt werden kann,
die analytische Spezifität und Sensitivität der Methode, bei der eine nicht radioaktive Prüfsubstanz verwendet wird, genau so gut oder besser sind als die, die mit einer radiomarkierten Prüfsubstanz erzielt werden könnten,

braucht keine radioaktiv markierte Prüfsubstanz verwendet zu werden. Ferner können andere stabile radioaktive Isotope verwendet werden, insbesondere dann, wenn das Element für den toxischen Anteil der Prüfsubstanz verantwortlich oder Teil des toxischen Anteils ist. Die Radiomarkierung sollte möglichst in einen Kernbereich des Moleküls eingebaut werden, der metabolisch stabil ist (d. h. er ist nicht austauschbar, wird nicht metabolisch als CO2 ausgeschieden und wird nicht Teil des Einkohlenstoff-Pools des Organismus). Um die Metabolisierung der Prüfsubstanz zu verfolgen, müssen eventuell mehrere Stellen oder spezifische Regionen des Moleküls markiert werden.

19.
Die radiomarkierten und nichtmarkierten Prüfsubstanzen sollten mit geeigneten Methoden analysiert werden, um ihre Reinheit und Identität festzustellen. Die radioaktive Prüfsubstanz sollte die höchste für die spezielle Substanz erreichbare radioaktive Reinheit aufweisen (im Idealfall über 95 %), und es sollte nach Möglichkeit versucht werden, Verunreinigungen von 2 % oder mehr zu identifizieren. Der Reinheitsgrad sowie Identität und Anteil etwaiger Verunreinigungen sind zu dokumentieren. Einzelne Regulierungsprogramme können zusätzliche Orientierungshilfen für die Festlegung und Spezifikation von aus Gemischen bestehenden Prüfsubstanzen sowie Methoden zur Bestimmung der Reinheit vorsehen.

Wahl der Dosis

Pilotstudie

20.
Für die Pilotstudie ist in der Regel eine einzige orale Dosis ausreichend. Die Dosis sollte nicht toxisch, aber dennoch hoch genug sein, dass die Metaboliten in den Exkreta (und gegebenenfalls im Plasma) identifiziert werden können und dass der Zweck der Pilotstudie gemäß Nummer 12 dieser Prüfmethode erfüllt ist.

Hauptstudien

21.
Bei den Hauptstudien sollten mindestens zwei Dosen verabreicht werden, da die Informationen aus mindestens zwei Dosisgruppen die Dosisfestsetzung in anderen Toxizitätsstudien erleichtern und zur Bewertung der Dosis-Wirkungs-Beziehung von bereits vorliegenden Toxizitätsversuchen beitragen können.
22.
Wenn zwei Dosen verabreicht werden, sollten beide hoch genug sein, dass die Metaboliten in den Exkreta (und gegebenenfalls im Plasma) identifiziert werden können. Für die Festlegung der Dosis sind Informationen aus vorliegenden Toxizitätsdaten heranzuziehen. Liegen keine Informationen vor (z. B. aus Prüfungen auf akute orale Toxizität, die klinische Toxizitätszeichen identifizieren, oder aus Toxizitätsstudien mit wiederholter Verabreichung), so kann für die höhere Dosis ein Wert angesetzt werden, der unter dem Schätzwert für die LD50 (orale und dermale Verabreichung) oder die LC50 (Inhalation) oder unter dem unteren Wert des geschätzten Bereichs der akuten Toxizität liegt. Die niedrigere Dosis sollte ein Bruchteil der höheren Dosis sein.
23.
Wird nur eine Dosisstufe geprüft, sollte die Dosis möglichst hoch genug sein, dass die Metaboliten in den Exkreta (und gegebenenfalls im Plasma) identifiziert werden können; sie sollte allerdings keine offensichtliche Toxizität hervorrufen. Es ist zu begründen, warum keine zweite Dosisstufe verwendet wurde.
24.
Wenn die Wirkung der Dosis auf kinetische Prozesse bestimmt werden muss, reichen zwei Dosen möglicherweise nicht aus; mindestens eine Dosis sollte hoch genug sein, um diese Prozesse zu sättigen. Ist die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) zwischen zwei in der Hauptstudie verwendeten Dosisstufen nicht linear, so kann daraus geschlossen werden, dass zwischen diesen beiden Dosisstufen die Sättigung eines oder mehrerer der kinetischen Prozesse stattfindet.
25.
Bei schwach toxischen Prüfsubstanzen ist eine Höchstdosis von 1 000 mg/kg Körpergewicht (orale und dermale Verabreichung) zu verwenden (bei Verabreichung durch Inhalation siehe Kapitel B.2 dieses Anhangs; diese Dosis sollte normalerweise nicht über 2 mg/l liegen). Je nach Regulierungsanforderungen können mit den chemischen Eigenschaften des Stoffs zusammenhängende Gründe eine höhere Dosis erfordern. Die Dosiswahl ist stets zu begründen.
26.
Für die Bestimmung des Akkumulations- und/oder Persistenzpotenzials können Daten über die Toxikokinetik und die Gewebeverteilung auf der Grundlage einer Einzeldosis ausreichen. Unter bestimmten Umständen kann jedoch eine mehrmalige Verabreichung erforderlich sein, i) um das Akkumulations- und/oder Persistenzpotenzial oder Veränderungen der Toxikokinetik (z. B. Enzyminduktion und -hemmung) genauer zu untersuchen oder ii) um Regulierungsanforderungen zu erfüllen. In Studien mit mehrmaliger Dosierung ist die Verabreichung niedriger Dosen zwar im Allgemeinen ausreichend, aber unter bestimmten Umständen kann auch die mehrmalige Verabreichung hoher Dosen notwendig sein (siehe auch Nummer 57).

Verabreichung der Prüfsubstanz

27.
Die Prüfsubstanz sollte homogen in demselben Vehikel gelöst oder suspendiert werden, das für die anderen mit dieser Prüfsubstanz durchgeführten Toxizitätsstudien mit oraler Gabe über eine Schlundsonde verwendet wurde, wenn diese Informationen vorliegen. Die Wahl des Vehikels ist zu begründen. Die Wahl des Vehikels und des Dosierungsvolumens sollten bei der Planung der Studie berücksichtigt werden. Die übliche Verabreichungsmethode ist die Schlundsonde. In bestimmten Fällen kann jedoch die Verabreichung in einer Gelatinekapsel oder als Futterbeimischung von Vorteil sein (beides ist zu begründen). Die jedem Versuchstier verabreichte tatsächliche Dosis ist zu überprüfen.
28.
Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier auf einmal oral über eine Schlundsonde verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers, der Art des Vehikels und einer etwaigen Futterkarenz vor der Verabreichung der Prüfsubstanz ab. Die Verabreichung oder Einschränkung von Futter vor der Dosierung ist zu begründen. Sowohl bei wässrigen als auch bei nichtwässrigen Vehikeln ist das Volumen so gering wie möglich zu halten. Bei Nagetieren sollte das Dosisvolumen normalerweise 10 ml/kg Körpergewicht nicht übersteigen. Bei Vehikeln für lipophilere Prüfsubstanzen können Volumina ab 4 ml/kg Körpergewicht verwendet werden. Bei mehrmaliger Dosierung, wenn täglicher Futterentzug kontraindiziert wäre, sind geringere Dosisvolumen zu verwenden (z. B. 2-4 ml/kg Körpergewicht). Soweit möglich, sollten Dosisvolumen verwendet werden, die mit denen im Einklang stehen, die in anderen Studien mit oraler Gabe einer Prüfsubstanz über eine Schlundsonde verabreicht wurden.
29.
Die Prüfsubstanz kann intravenös (IV) verabreicht und im Blut und/oder in den Exkreta gemessen werden, um die Bioverfügbarkeit oder die relative orale Resorption zu bestimmen. Bei dieser Art von Studie wird eine Einzeldosis der Prüfsubstanz (die normalerweise der unteren oralen Dosis entspricht, diese aber nicht übersteigt — siehe Dosiswahl) unter Verwendung eines geeigneten Vehikels verabreicht. Diese Dosis wird mindestens vier Tieren des geeigneten Geschlechts (falls gerechtfertigt, können beide Geschlechter verwendet werden — siehe Nummer 16) in einem geeigneten Volumen (z. B. 1 ml/kg Körpergewicht) an der gewählten Verabreichungsstelle verabreicht. Für die intravenöse Verabreichung muss die Prüfsubstanz vollständig in der Dosiszubereitung aufgelöst oder suspendiert sein. Das Vehikel für die intravenöse Verabreichung sollte die Integrität der Blutzellen oder die Durchblutung nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz infundiert wird, ist die Infusionsgeschwindigkeit zu protokollieren; sie sollte für alle Tiere gleich sein, vorausgesetzt, es wird eine Infusionspumpe verwendet. Beim Legen einer Kanüle in die Vena jugularis (zur Verabreichung der Prüfsubstanz und/oder zur Blutabnahme) oder bei Verwendung der Arteria femoralis für die Verabreichung sollten die Tiere narkotisiert werden. Die Wahl der Anästhesieart muss wohl überlegt sein, da sie Auswirkungen auf die Toxikokinetik haben kann. Vor Injektion der Prüfsubstanz mit dem Vehikel müssen sich die Tiere ausreichend von der Anästhesie erholen können.
30.
Für bestimmte Prüfsubstanzen können je nach ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften und der voraussichtlichen Verwendung durch Menschen oder die Exposition von Menschen auch andere Verabreichungswege wie die Verabreichung über die Haut oder durch Inhalation (siehe Nummern 74-78) angebracht sein.

Messungen

Massenbilanz

31.
Die Massenbilanz wird aufgestellt durch Addition des prozentualen Anteils der verabreichten (radioaktiven) Dosis, die in Urin, Fäzes und ausgeatmeter Luft ausgeschieden wurde, und des in Geweben, Tierkörper und Käfigreinigungsrückständen (siehe Nummer 46) vorliegenden prozentualen Anteils. Im Allgemeinen gilt eine Gesamtwiederfindungsrate im Bereich von > 90 % der verabreichten Prüfsubstanz (Radioaktivität) als ausreichend.

Resorption

32.
Eine erste Schätzung der Resorption ergibt sich, wenn man den Prozentsatz der Dosis im Magen-Darm-Trakt und/oder in den Fäzes aus der Bestimmung der Massenbilanz ausschließt. Für die Berechnung der prozentualen Resorption siehe Nummer 33. Für die Untersuchung der Exkreta siehe Nummern 44-49. Wenn das genaue Ausmaß der Resorption nach oraler Gabe nicht auf der Grundlage der Massenbilanz festgestellt werden kann (z. B. wenn die Fäzes mehr als 20 % der verabreichten Dosis enthalten), könnten weitere Untersuchungen erforderlich sein. Hierbei kann es sich handeln 1) um die orale Verabreichung einer Prüfsubstanz und ihre Messung in der Gallenflüssigkeit oder 2) um die orale und intravenöse Verabreichung einer Prüfsubstanz und die Messung der Nettomenge der Substanz im Urin, in der ausgeatmeten Luft und im Körper bei beiden Verabreichungswegen. In beiden Fällen wird die Radioaktivitätsmessung als Ersatzmethode für die chemisch-spezifische Analyse der Prüfsubstanz und ihrer Metaboliten durchgeführt.
33.
Zur Prüfung der biliären Ausscheidung wird die Prüfsubstanz normalerweise oral verabreicht. In dieser Studie sind Kanülen in die Gallengänge von mindestens vier Tieren des geeigneten Geschlechts (oder beider Geschlechter, falls gerechtfertigt) zu legen, und es ist eine Einzeldosis der Prüfsubstanz zu verabreichen. Nach Verabreichung der Prüfsubstanz ist die Ausscheidung der Radioaktivität/Prüfsubstanz in der Gallenflüssigkeit so lange zu überwachen, wie erforderlich ist, um den Prozentsatz der über diesen Weg ausgeschiedenen Dosis zu bestimmen; mit diesem Wert kann mithilfe nachstehender Formel unmittelbar das Ausmaß der oralen Resorption berechnet werden:

34.
Bei bestimmten Klassen von Prüfsubstanzen kann eine direkte Sekretion der resorbierten Dosis durch die Darmmembranen erfolgen. In diesen Fällen gilt die Messung der prozentualen Dosis in den Fäzes nach einer oralen Dosis im kanülierten Gallengang der Ratte nicht als repräsentativ für die nicht resorbierte Dosis. Für Fälle, in denen von einer intestinalen Sekretion ausgegangen wird, wird empfohlen, den Prozentsatz der resorbierten Dosis auf die Resorption zu stützen, die aus einem Vergleich der Ausscheidung nach oraler und nach intravenöser Verabreichung (intakte Ratte oder Ratte mit Gallengangkanülierung) berechnet wird (siehe Nummer 35). Wenn die intestinale Sekretion quantifiziert werden muss, wird auch empfohlen, die Exkretion bei der Ratte mit Gallengangkanülierung nach IV-Verabreichung der Dosis zu messen.

Bioverfügbarkeit

35.
Die Bioverfügbarkeit kann wie unter den Nummern 50, 51 und 52 beschrieben, aufgrund der Plasma-/Blutkinetik der oralen und intravenösen Gruppen durch spezifische chemische Analyse der Prüfsubstanz und/oder des/der relevanten Metaboliten bestimmt werden, d. h. es ist keine radiomarkierte Prüfsubstanz erforderlich. Die Bioverfügbarkeit (F) der Prüfsubstanz oder des/der relevanten Metaboliten kann dann wie folgt berechnet werden:

Dabei ist AUC die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve und exp der Verabreichungsweg (oral, dermal oder Inhalation).

36.
Für die Bewertung der Risiken in Bezug auf systemische Wirkungen wird im Allgemeinen die Bioverfügbarkeit der toxischen Komponente gegenüber der prozentualen Resorption bevorzugt, um die systemischen Konzentrationen aus Tierstudien mit analogen Biomonitoring-Daten aus Studien über die Exposition von Arbeitnehmern zu vergleichen. Die Situation kann allerdings komplizierter werden, wenn die Dosen im nicht linearen Bereich liegen. Daher ist es wichtig, dass die toxikokinetische Prüfung Dosen im linearen Bereich bestimmt.

Gewebeverteilung

37.
Kenntnisse über die Verteilung einer Prüfsubstanz und/oder ihrer Metaboliten im Gewebe sind wichtig für die Identifizierung der Zielgewebe, für das Verständnis der zugrunde liegenden Toxizitätsmechanismen und für die Einschätzung des Akkumulations- und Persistenzpotenzials der Prüfsubstanz und ihrer Metaboliten. Der Prozentsatz der (radioaktiven) Gesamtdosis in den Geweben und im restlichen Tierkörper wird mindestens am Ende des Ausscheidungsversuchs gemessen (z. B. normalerweise sieben Tage nach der Dosierung oder weniger je nach spezifischem Verhalten der Prüfsubstanz). Wird am Ende der Studie keine Prüfsubstanz in den Geweben gefunden (z. B. weil die Prüfsubstanz wegen einer kurzen Halbwertzeit vor Ende der Studie eliminiert worden sein könnte), ist darauf zu achten, dass die Daten nicht falsch interpretiert werden. In diesem Fall ist die Gewebeverteilung zum Zeitpunkt der maximalen Plasma-/Blutkonzentration (Tmax) der Prüfsubstanz (und/oder Metaboliten) oder der maximalen Urinausscheidungsrate zu untersuchen (siehe Nummer 38). Darüber hinaus können Gewebeentnahmen zu zusätzlichen Zeitpunkten erforderlich sein, um die Gewebeverteilung der Prüfsubstanz und/oder ihrer Metaboliten zu bestimmen, (gegebenenfalls) die Zeitabhängigkeit zu beurteilen und die Aufstellung der Massenbilanz zu erleichtern und/oder wenn eine zuständige Behörde sie vorschreibt. Zu den zu entnehmenden Geweben gehören u. a. Leber, Fett, Magen-Darm-Trakt, Nieren, Milz, Vollblut, der restliche Tierkörper, Zielorgangewebe und sonstige Gewebe (z. B. Schilddrüse, Erythrozyten, Fortpflanzungsorgane, Haut, Augen (insbesondere bei pigmentierten Tieren)), die für die toxikologische Bewertung der Prüfsubstanz potenziell von Bedeutung sind. Die Analyse zusätzlicher Gewebe zu denselben Zeitpunkten ist in Betracht zu ziehen, um die Nutzung der Tiere zu maximieren und falls bei subchronischen oder chronischen Toxizitätsstudien Zielorgantoxizität festgestellt wird. Die Konzentration (radioaktiver) Rückstände und die Gewebe/Plasma-Verhältnisse (Gewebe/Blut-Verhältnisse) sollten ebenfalls angegeben werden.
38.
Eine zuständige Behörde kann auch die Bewertung der Gewebeverteilung zu weiteren Zeitpunkten wie dem Zeitpunkt der maximalen Plasma-/Blutkonzentration (z. B. Tmax) oder der maximalen Urinausscheidungsrate, die in kinetischen Studien zu Plasma/Blut oder Ausscheidungen bestimmt wurde, benötigen oder vorschreiben. Diese Informationen können hilfreich sein, um die Toxizität und das Akkumulations- und Persistenzpotenzial der Prüfsubstanz und ihrer Metaboliten zu verstehen. Die Wahl der Proben ist zu begründen. Die zu analysierenden Proben sollten im Allgemeinen dieselben sein wie unter Nummer 37.
39.
Für die Gewebeverteilungsstudien kann die Radioaktivität mithilfe von Organsektion, Homogenisierung, Verbrennung und/oder Solubilisierung und anschließender Flüssigszintillationszählung von aufgefangenen Rückständen quantitativ bestimmt werden. Bestimmte Techniken, die sich zurzeit in unterschiedlichen Entwicklungsphasen befinden, z. B. die quantitative Ganzkörper-Autoradiographie oder die mikroskopische Autoradiographie der Rezeptoren, können nützlich sein, um die Verteilung einer Prüfsubstanz in den Organen und/oder Geweben zu bestimmen (3) (4).
40.
Bei anderer Exposition als auf oralem Weg sollten spezifische Gewebe entnommen und analysiert werden, z. B. die Lungen bei Inhalationsstudien und Haut bei Studien mit dermaler Applikation. Siehe Nummern 74-78.

Metabolismus

41.
Zur Identifizierung und Quantifizierung der unveränderten Prüfsubstanz und der Metaboliten sollten Exkreta (und gegebenenfalls Plasma) gesammelt werden (siehe Nummern 44-49). Das Poolen von Exkreta zur leichteren Identifizierung von Metaboliten innerhalb eines Dosisgruppe ist zulässig. Es wird empfohlen, das Profil der Metaboliten jedes Zeitabschnitts der Studie zu erstellen. Ist dies mangels Proben und/oder Radioaktivität nicht möglich, können Urin und Fäzes von unterschiedlichen Zeitpunkten, aber nur von Tieren desselben Geschlechts, die die gleiche Dosis erhalten haben, gepoolt werden. Bei der Untersuchung von Urin, Fäzes, ausgeatmeter Radioaktivität von behandelten Tieren und gegebenenfalls Gallenflüssigkeit sind geeignete qualitative und quantitative Methoden anzuwenden.
42.
Es sollte nach Möglichkeit versucht werden, alle Metaboliten, die zu 5 % oder mehr der verabreichten Dosis vorhanden sind, zu identifizieren und ein Metabolismusschema für die Prüfsubstanz zu erstellen. Prüfsubstanzen, von denen beschrieben wurde, dass sie zu 5 % oder mehr der verabreichten Dosis in Exkreta enthalten sind, sollten identifiziert werden. Die Identifizierung bezieht sich auf die genaue strukturelle Bestimmung der Komponenten. Die Identifizierung erfolgt normalerweise entweder durch Co-Chromatographie des Metaboliten mit bekannten Standards unter Verwendung von zwei unterschiedlichen Systemen oder durch Techniken, mit denen eine positive strukturelle Identifizierung erreicht werden kann, wie Massenspektrometrie, Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) usw. Bei der Co-Chromatographie sind Verfahren, die zur Bestimmung der Identität von Metaboliten die gleiche stationäre Phase mit zwei unterschiedlichen Lösungsmittelsystemen verwenden, zu vermeiden, da die Methoden dann nicht unabhängig sind. Bei der Identifizierung mithilfe der Co-Chromatographie sind zwei unterschiedliche, analytisch unabhängige Systeme wie die Umkehr- und Normalphasen-Dünnschichtchromatographie (TLC) und die Hochleistungsflüssigchromatograpie (HPLC) anzuwenden. Wenn die chromatographische Trennung gut genug ist, braucht das Ergebnis nicht spektroskopisch bestätigt zu werden. Eine eindeutige Identifizierung auf der Grundlage struktureller Informationen kann auch mit folgenden Methoden erzielt werden: Flüssigchromatographie/Massenspektrometrie (LC-MS) oder Flüssigchromatographie/Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS), Gaschromatographie/Massen-spektrometrie (GC/MS) und Kernspinresonanzspektroskopie (NMR).
43.
Ist die Identifizierung von Metaboliten, die 5 % oder mehr der verabreichten Dosis ausmachen, nicht möglich, ist dies im Abschlussbericht zu begründen/erläutern. Auch die Identifizierung von Metaboliten, die weniger als 5 % der verabreichten Dosis ausmachen, kann angezeigt sein, um den Metabolismusweg besser zu verstehen und die Gefahren und/oder Risiken der Prüfsubstanz bewerten zu können. Soweit möglich, ist eine Bestätigung der Struktur der Metaboliten anzugeben. Hierzu kann es erforderlich sein, ihr Profil im Plasma, im Blut oder in anderen Geweben zu erstellen.

Ausscheidung

44.
Geschwindigkeit und Ausmaß der Ausscheidung der verabreichten Dosis sollten durch Messung der Prozentsatzes der aus Urin, Fäzes und ausgeatmeter Luft wiedergewonnenen (radioaktiven) Dosis bestimmt werden. Diese Daten tragen auch zur Aufstellung der Massenbilanz bei. Die Mengen der mit Urin, Fäzes und ausgeatmeter Luft ausgeschiedenen Prüfsubstanz (Radioaktivität) sollte in geeigneten Zeitabständen bestimmt werden (siehe Nummern 47, 48 und 49). Versuche mit wiederholter Verabreichung sollten so ausgelegt sein, dass Ausscheidungsdaten erfasst werden können, die die unter Nummer 26 genannten Ziele erfüllen. Dann können Vergleich mit Einzeldosisversuchen angestellt werden.
45.
Wenn eine Pilotstudie ergeben hat, dass mit der ausgeatmeten Luft keine nennenswerten Mengen der Prüfsubstanz (Radioaktivität) (nach Nummer 49) ausgeschieden werden, braucht die ausgeatmete Luft in der Hauptstudie nicht aufgefangen zu werden.
46.
Die Tiere sind getrennt in Stoffwechselkäfigen zu halten, damit die Exkreta (Urin, Fäzes und ausgeatmete Luft) aufgefangen werden können. Am Ende jedes Auffangzeitraums (siehe Nummern 47, 48 und 49) sind die Stoffwechselkäfige mit einem geeigneten Lösungsmittel durchzuspülen, um möglichst viel von der Prüfsubstanz (Radioaktivität) zurückzugewinnen. Das Auffangen von Exkreta sollte nach sieben Tagen beendet werden, oder wenn mindestens 90 % der verabreichten Dosis wiedergewonnen wurde, je nachdem was zuerst eintritt.
47.
Die Gesamtmengen der Prüfsubstanz (Radioaktivität) im Urin sind am ersten Tag des Auffangens zu mindestens zwei Zeitpunkten, von denen einer 24 Stunden nach der Dosierung liegen sollte, und danach täglich bis zum Ende der Studie zu bestimmen. Es wird empfohlen, die Proben zu mehr als zwei Zeitpunkten am ersten Tag zu nehmen (z. B. nach 6, 12 und 24 Stunden). Die Ergebnisse der Pilotstudien sind auf Informationen zu alternativen oder zusätzlichen Auffangzeitpunkten zu analysieren. Die Auffangzeitpläne sind zu begründen.
48.
Die Gesamtmengen der Prüfsubstanz (Radioaktivität) in den Fäzes sollte täglich und zwar erstmals 24 Stunden nach der Dosierung bis zum Ende der Studie bestimmt werden, es sei denn, aufgrund von Pilotstudien erscheinen andere oder zusätzliche Zeitpunkte für das Auffangen angebracht. Alternative Auffangzeitpläne sind zu begründen.
49.
Ausgeatmetes CO2 und andere flüchtige Stoffe brauchen in einer Studie nicht mehr aufgefangen zu werden, wenn in der innerhalb von 24 Stunden aufgefangenen ausgeatmeten Luft weniger als 1 % der verabreichten Dosis gefunden wird.

Zeitverlaufsstudien

Plasma-/Blutkinetik

50.
Zweck dieser Studien ist die Bestimmung grundlegender Toxikokinetikparameter [z. B. Cmax, Tmax Halbwertszeit (t1/2), AUC] der Prüfsubstanz. Die Studien können mit einer Einzeldosis durchgeführt werden, im Allgemeinen werden jedoch zwei oder mehr Dosen verwendet. Die Dosis ist je nach Art des Versuchs und/oder der zu untersuchenden Frage festzusetzen. Zur Klärung von Fragen wie z. B. zur Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz und/oder zur Feststellung des Effekts der Dosis auf die Clearance (z. B. um festzustellen, ob die Sättigung der Clearance dosisabhängig ist) können kinetische Daten benötigt werden.
51.
Für diese Studien sind mindestens vier Tiere eines Geschlechts je Dosisgruppe zu verwenden. Die Wahl des Geschlechts der verwendeten Tiere ist zu begründen. Gibt es Hinweise auf signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede der Toxizität, ist die Verwendung beider Geschlechter (vier männliche und vier weibliche Tiere) in Betracht zu ziehen.
52.
Nach Verabreichung der (radiomarkierten) Prüfsubstanz werden jedem Tier zu angemessenen Zeitpunkten mit der geeigneten Methode Blutproben entnommen. Volumen und Anzahl der Blutproben, die je Tier genommen werden können, sind möglicherweise durch die potenziellen Wirkungen wiederholter Probenahmen auf die Gesundheit/Physiologie des Tiers und/oder durch die Sensitivität der Analysemethode begrenzt. Die Proben sind für jedes einzelne Tier zu analysieren. In bestimmten Fällen (z. B. Charakterisierung von Metaboliten) müssen Proben von mehreren Tieren gepoolt werden. Gepoolte Proben sind deutlich zu kennzeichnen, und das Poolen ist zu begründen. Wird eine radiomarkierte Prüfsubstanz verwendet, kann eine Analyse der vorhandenen Gesamtradioaktivität angebracht sein. In diesem Fall ist die Gesamtradioaktivität im Vollblut und im Plasma oder im Plasma und in den Erythrozyten zu bestimmen, damit das Blut/Plasmaverhältnis berechnet werden kann. In anderen Fällen können spezifischere Untersuchungen, die die Identifizierung der Ausgangssubstanz und/oder der Metaboliten erfordern, oder die Bewertung der Proteinbindung notwendig sein.

Sonstige Gewebekinetik

53.
Diese Studien sollen Informationen über den zeitlichen Verlauf liefern, um so über die Bestimmung der Konzentrationen der Prüfsubstanz in verschiedenen Geweben Fragen zur Art und Weise der toxischen Wirkungen, zur Bioakkumulation und zur Biopersistenz klären zu können. Die Auswahl der Gewebe und die Anzahl der zu bewertenden Zeitpunkte richtet sich danach, welcher Aspekt untersucht werden soll und welche toxikologischen Daten über die Prüfsubstanz vorliegen. Bei der Planung dieser zusätzlichen gewebekinetischen Studien sind die gemäß den Nummern 37-40 gewonnenen Informationen zu berücksichtigen. Die Studien können mit einfacher oder mehrmaliger Dosierung durchgeführt werden. Die gewählte Methode ist ausführlich zu begründen.
54.
Mögliche Gründe für die Durchführung weiterer gewebekinetischer Studien:
Hinweise auf eine längere Halbwertszeit im Blut, die auf die Möglichkeit einer Akkumulation der Prüfsubstanz in verschiedenen Geweben hindeutet, oder
Interesse daran herauszufinden, ob in bestimmten Geweben ein konstantes Niveau erreicht wurde. (In Studien mit wiederholter Verabreichung kann es z. B. selbst wenn sich offenbar ein konstanter Spiegel der Prüfsubstanz im Blut eingestellt hat, von Interesse sein, sich zu vergewissern, dass auch in den Zielgeweben ein konstantes Niveau erreicht wurde.)
55.
Bei dieser Art von Zeitverlaufsstudien ist eine geeignete orale Dosis der Prüfsubstanz an mindestens vier Tiere je Dosis je Zeitpunkt zu verabreichen. Dann ist der zeitliche Verlauf der Verteilung in den ausgewählten Geweben zu überwachen. Sofern keine geschlechtsspezifische Toxizität beobachtet wird, braucht nur ein Geschlecht verwendet zu werden. Ob die Gesamtradioaktivität oder die Ausgangssubstanz und/oder ihre Metaboliten bestimmt werden, richtet sich nach der zu untersuchenden Fragestellung. Die Gewebeverteilung ist mithilfe der geeigneten Verfahren zu bewerten.

Enzyminduktion/-inhibition

56.
Studien zu den möglichen Wirkungen der Enzyminduktion/-inhibition oder zur Biotransformation der Prüfsubstanz können in einem oder mehreren der folgenden Fälle erforderlich sein:
1.
Die vorliegenden Erkenntnisse deuten auf eine Beziehung zwischen der Biotransformation der Prüfsubstanz und erhöhter Toxizität hin;
2.
die vorliegenden Toxizitätsdaten deuten auf eine nicht lineare Beziehung zwischen Dosis und Metabolismus hin;
3.
die Ergebnisse der Studien zur Metabolitenidentifizierung ergeben einen potenziell toxischen Metaboliten, der durch einen Enzymweg produziert worden sein könnte, der durch die Prüfsubstanz induziert wurde;
4.
zur Erklärung der Wirkungen, die mit Phänomenen der Enzyminduktion verbunden sein sollen;
5.
Wenn in In-vitro- oder In-vivo-Versuchen mit unterschiedlichen Tierarten oder unter unterschiedlichen Bedingungen toxikologisch signifikante Veränderungen des Metabolismusprofils der Prüfsubstanz beobachtet werden, kann eine Bestimmung des beteiligten Enzyms bzw. der beteiligen Enzyme erforderlich sein (z. B. Phase-I-Enzyme wie Isozyme des Cytochrom-P450-Monooxygenasesystems, Phase-II-Enzyme wie Isozyme von Sulfotransferase oder Uridin-Diphosphat-Glucuronosyltransferase oder jedes andere relevante Enzym). Diese Informationen können zur Beurteilung der Relevanz von Extrapolationen von einer Tierart zu einer anderen Tierart verwendet werden.
57.
Zur Beurteilung der mit der Prüfsubstanz zusammenhängenden toxikokinetischen Veränderungen sind geeignete Studienprotokolle zu verwenden, die entsprechend validiert und gerechtfertigt sind. Die Studien können z. B. zwecks Bestimmung des Metabolismusprofils die mehrmalige Dosierung einer unmarkierten Prüfsubstanz, gefolgt von einer einzigen radiomarkierten Dosis an Tag 14 oder die mehrmalige Dosierung einer radiomarkierten Prüfsubstanz mit Probenahme an den Tagen 1, 7 und 14 vorsehen. Die mehrmalige Dosierung einer radiomarkierten Prüfsubstanz kann auch Aufschluss über die Bioakkumulation geben (siehe Nummer 26).

ZUSÄTZLICHE METHODEN

58.
Mithilfe zusätzlicher Methoden, die über die in dieser Prüfmethode beschriebenen In-vivo-Versuche hinausgehen, können nützliche Informationen über Resorption, Verteilung, Metabolismus und Elimination einer Prüfsubstanz bei bestimmten Tierarten gewonnen werden.

Nutzung von in-vitro-informationen

59.
Durch In-vitro-Studien mit geeigneten Testsystemen können mehrere Fragestellungen zum Metabolismus der Prüfsubstanz geklärt werden. Zur Untersuchung möglicher Metaboliten können frisch isolierte oder gezüchtete Hepatozyten und subzelluläre Fraktionen (z. B. Mikrosomen und Cytosol oder S9 Fraktion) von der Leber verwendet werden. Der lokale Metabolismus im Zielorgan, z. B. in der Lunge, kann für die Risikobewertung von Interesse sein. Für diese Zwecke können mikrosomale Fraktionen von Zielgeweben nützlich sein. Studien mit Mikrosomen können nützlich sein, um Unterschiede, die mit dem Geschlecht oder der Lebensphase zusammenhängen könnten, zu klären und Enzymparameter (Km und Vmax) zu beschreiben, die die Bewertung der Dosisabhängigkeit des Metabolismus bezogen auf die Expositionsstufen erleichtern können. Darüber hinaus können Mikrosome hilfreich sein, um die am Metabolismus der Prüfsubstanz beteiligten spezifischen mikrosomalen Enzyme zu identifizieren, die für die Extrapolation von einer Tierart zu einer anderen relevant sein können (siehe auch Nummer 56). Das Potenzial für die Induktion der Biotransformation kann auch mithilfe von subzellulären Fraktionen der Leber (z. B. Mikrosomen und Cytosol) von mit der Prüfsubstanz vorbehandelten Tieren durch In-vitro-Induktionsstudien an Hepatozyten oder auf der Grundlage spezifischer Zelllinien, die relevante Enzyme exprimieren untersucht werden. Unter bestimmten Bedingungen kann die Verwendung subzellulärer Fraktionen von menschlichen Geweben für die Bestimmung potenzieller artspezifischer Unterschiede in Betracht gezogen werden. Die Ergebnisse von In-vitro-Untersuchungen können auch für die Entwicklung von physiologisch-basierten toxikokinetischen Modellen von Nutzen sein (5).
60.
In-vitro-Hautresorptionsstudien können zusätzliche Informationen zur Beschreibung der Resorption liefern (6).
61.
Mit primären Zellkulturen von Leberzellen und frischen Gewebeschnitten können ähnliche Fragen untersucht werden wie mit Lebermikrosomen. In bestimmten Fällen kann es möglich sein, spezifische Fragen mithilfe von Zelllinien, die das betreffende Enzym exprimieren, oder mit genetisch veränderten Zelllinien zu beantworten. In anderen Fällen kann es hilfreich sein, die Inhibition und Induktion spezifischer Cytochrom-P450-Isozyme (z. B. CYP1A1, 2E1, 1A2 und andere) und/oder Phase-II-Enzyme durch die Ausgangsverbindung mittels In-vitro-Studien zu untersuchen. Die so gewonnenen Informationen können für strukturverwandte Verbindungen nützlich sein.

Verwendung toxikokinetischer Daten aus Toxizitätsstudien als ergänzende Informationen

62.
Die Analyse von Blut-, Gewebe- und/der Ausscheidungsproben, die im Verlauf anderer Toxizitätsstudien genommen wurden, kann Daten zur Bioverfügbarkeit, zu Veränderungen der Plasmakonzentration im Zeitverlauf (AUC, Cmax), zum Bioakkumulationspotenzial, zu den Clearance-Raten und zu Veränderungen des Metabolismus und der Kinetik liefern, die mit dem Geschlecht oder der Lebensphase der Tiere zusammenhängen.
63.
Die Studienauslegung kann auch im Hinblick auf die Klärung folgender Aspekte angepasst werden: Sättigung der Resorption, Biotransformations- oder Ausscheidungswege bei höheren Dosisstufen, Funktion neuer Stoffwechselwege bei höheren Dosen und Begrenzung toxischer Metaboliten auf höhere Dosen.
64.
Weitere Aspekte, die zur Beurteilung der Gefahren untersucht werden können:
die altersbedingte Empfindlichkeit, die vom Zustand der Blut-Hirn-Schranke, der Nieren und/oder der Detoxifizierungskapazität abhängt;
die Empfindlichkeit bestimmter Unterpopulationen aufgrund unterschiedlicher Biotransformationskapazitäten oder anderer toxikokinetischer Unterschiede;
Ausmaß der Exposition des Fötus durch transplazentare Übertragung von chemischen Stoffen oder der Exposition von Neugeborenen durch das Säugen.

Verwendung toxikokinetischer Modelle

65.
Toxikokinetische Modelle können für verschiedene Aspekte der Gefahren- und Risikobewertung von Nutzen sein, z. B. für die Vorhersage der systemischen Exposition und der die inneren Gewebe erreichenden Dosis. Außerdem können spezifische Fragen zur Wirkungsweise untersucht werden. Die Modelle können als Grundlage für die Extrapolation zwischen Tierarten, Expositionswegen und Dosierungsmustern sowie für die Bewertung des Risikos für den Menschen dienen. Zu den nützlichen Daten für die Entwicklung von physiologisch-basierten toxikokinetischen Modellen für eine Prüfsubstanz bei einer bestimmten Tierart gehören 1) die Verteilungskoeffizienten, 2) biochemische Konstanten und physiologische Parameter, 3) die für die verschiedenen Verabreichungswege spezifischen Resorptionsparameter und 4) In-vivo-Kinetikdaten für die Evaluierung der Modelle [z. B. Clearance-Parameter für relevante (> 10 %) Ausscheidungswege, Km und Vmax für den Metabolismus]. Die Versuchsdaten, die zur Entwicklung des Modells verwendet werden, sind mit wissenschaftlich fundierten Methoden zu erzeugen, und die Modellergebnisse sind zu validieren. Prüfsubstanz- und tierartspezifische Parameter wie Resorptionsraten, Blut-Gewebe-Verteilungskoeffizient und metabolische Umsatzraten werden oft bestimmt, um die Entwicklung von Nicht-Kompartiment-Modellen oder physiologisch basierten Modellen zu erleichtern (7).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

66.
Der Prüfbericht sollte ein Inhaltsverzeichnis enthalten.

Hauptteil des Berichts

67.
Der Hauptteil des Berichts sollte die unter diese Prüfmethode fallenden Informationen enthalten, die wie folgt in Abschnitte und Absätze zu gliedern sind:

Zusammenfassung

68.
Dieser Abschnitt des Berichts sollte eine Zusammenfassung der Studienauslegung und eine Beschreibung der angewandten Methoden enthalten. Er sollte außerdem die wichtigsten Erkenntnisse in Bezug auf die Massenbilanz, die Art und Menge der Metaboliten, die Rückstände der Prüfsubstanz in den Geweben, die Clearance-Rate, das Bioakkumulationspotenzial, geschlechtsspezifische Unterschiede usw. behandeln. Die Zusammenfassung muss so ausführlich sein, dass eine Bewertung der Ergebnisse möglich ist.

Einleitung

69.
Dieser Abschnitt des Berichts sollte die Ziele der Studie, die Begründung und Auslegung sowie geeignete Literaturhinweise und Hintergrundinformationen enthalten.

Material und Methoden

70.
Dieser Abschnitt des Berichts sollte ausführliche Erläuterungen aller einschlägigen Informationen enthalten. Dazu gehören:
a)
Prüfsubstanz

Dieser Unterabschnitt sollte Angaben zur Prüfsubstanz enthalten: chemische Bezeichnung, Molekülstruktur, qualitative und quantitative Bestimmung der chemischen Zusammensetzung, chemische Reinheit und, soweit möglich, Art und Mengen etwaiger Verunreinigungen. Er sollte auch Angaben zu den physikalischen/chemischen Eigenschaften, insbesondere Aggregatzustand, Farbe, Löslichkeits- und/oder Verteilungskoeffizient, Stabilität und gegebenenfalls Ätzwirkung enthalten. Soweit vorhanden, sind Informationen zu Isomeren anzugeben. Ist die Prüfsubstanz radiomarkiert, sollte dieser Unterabschnitt folgende Informationen enthalten: Art des Radionuklids, Position der Markierung, spezifische Aktivität und radiochemische Reinheit.

Die Art des Vehikels, etwaige Verdünnungsmittel, Suspendierhilfen und Emulgatoren oder andere Stoffe, die zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet werden, sind anzugeben.

b)
Versuchstiere

Dieser Unterabschnitt sollte Informationen über die Versuchstiere mit Angaben zur Auswahl von Art, Stamm und Alter zu Beginn der Studie, Geschlecht, Körpergewicht, Gesundheitszustand und Tierhaltung sowie die entsprechenden Begründungen enthalten.

c)
Methoden

Dieser Unterabschnitt sollte Angaben zur Studienauslegung und zur verwendeten Methodik enthalten. Hierzu gehört Folgendes:

1.
Begründung für jede Änderung des Expositionswegs und der Expositionsbedingungen, falls zutreffend;
2.
Begründung für die Auswahl der Dosisstufen;
3.
falls zutreffend, Erläuterung der Pilotstudien, die für die Konzeption von Follow-up-Studien verwendet wurden; die den Pilotstudien zugrunde liegenden Daten sind anzugeben;
4.
Zubereitungsweise der Dosierungslösung und Art des Lösungsmittels oder Vehikels, sofern verwendet;
5.
Anzahl der Behandlungsgruppen und Anzahl der Tiere je Gruppe;
6.
Dosierungsstufen und -volumen (sowie die spezifische Aktivität der Dosis bei Anwendung von Radioaktivität);
7.
Verabreichungsweg(e) und -methode(n);
8.
Frequenz der Dosierung;
9.
Futterkarenz (falls zutreffend);
10.
Gesamtradioaktivität je Tier;
11.
Umgang mit den Tieren;
12.
Entnahme/Auffangen von Proben und Aufbereitung;
13.
für die Trennung, quantitative Bestimmung und Identifizierung von Metaboliten verwendete Analysemethoden;
14.
Nachweisgrenzen der verwendeten Methoden;
15.
sonstige durchgeführte experimentelle Messungen und Verfahren (einschließlich der Validierung von Methoden für die Analyse von Metaboliten).
d)
Statistische Analysen

Werden die Studienergebnisse statistisch analysiert, so müssen ausreichende Informationen über das herangezogene Analyseverfahren und das verwendete Computerprogramm angegeben werden, damit ein unabhängiger Überprüfer/Statistiker die Analyse nachbewerten und nachvollziehen kann.

Bei Studien mit Systemmodellierung wie einem physiologisch-basierten toxikokinetischen Modell ist eine umfassende Beschreibung des Modells anzugeben, um eine unabhängige Rekonstruktion und Validierung des Modells zu ermöglichen (siehe Nummer 65 und Anlage: Definitionen).

Ergebnisse

71.
Alle Daten sind entsprechend der Beschreibung im vorliegenden Absatz zusammenzufassen und mit einer angemessenen statistischen Auswertung in Tabellenform darzustellen. Die Daten der Radioaktivitätsmessung sind zusammenzufassen und in für die Studie geeigneter Weise darzustellen, d. h. normalerweise als Mikrogramm- oder Milligrammäquivalent je Probenmasse; es können auch andere Einheiten verwendet werden. Dieser Abschnitt sollte grafische Darstellungen der Befunde, die repräsentativen Chromatographie- und Spektrometriedaten, Angaben zur Identität/Menge der Metaboliten und den möglichen Stoffwechselwegen, einschließlich der Molekülstruktur der Metaboliten enthalten. Darüber hinaus sollte dieser Abschnitt, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:
1.
Menge und prozentualer Anteil der Wiedergewinnung der Radioaktivität in Urin, Fäzes, ausgeatmeter Luft und Käfigreinigungsrückständen.
Bei Studien mit dermaler Applikation sind auch Daten über die Wiedergewinnung der Prüfsubstanz von der behandelten Haut und vom Abwaschen der Haut, Daten über die restliche Radioaktivität auf der Hautabdeckung und in den Stoffwechselkäfigen sowie die Ergebnisse der Hautwaschstudie anzugeben. Für weitere Erläuterungen siehe Nummern 74-77.
Bei Inhalationsstudien sind auch Daten über die Wiedergewinnung der Prüfsubstanz aus den Lungen und Nasengeweben anzugeben (8). Für weitere Erläuterungen siehe Nummer 78;
2.
die Gewebeverteilung, angegeben als Prozentsatz der verabreichten Dosis und als Konzentration (Mikrogrammäquivalent je Gramm Gewebe) und die Gewebe/Blut- oder Gewebe/Plasma-Verhältnisse;
3.
die für jede Studie aufgestellte Materialbilanz mit Untersuchung von Körpergeweben und Ausscheidungen;
4.
Plasmakonzentrationen und toxikokinetische Parameter (Bioverfügbarkeit, AUC, Cmax, Tmax, Clearance, Halbwertszeit) nach Verabreichung über den/die jeweilige(n) Expositionsweg(e);
5.
Geschwindigkeit und Ausmaß der Resorption der Prüfsubstanz nach Verabreichung über den/die jeweilige(n) Expositionsweg(e);
6.
in Ausscheidungen gefundene Mengen der Prüfsubstanz und Metaboliten (angegeben als Prozentsatz der verabreichten Dosis);
7.
Verweis auf Daten in der Anlage, die Daten zu allen gemessenen Endpunkten für die einzelnen Tiere enthalten (z. B. Dosisverabreichung, prozentuale Wiedergewinnung, Konzentrationen, toxikokinetische Parameter usw.);
8.
grafische Darstellung der vorgeschlagenen Stoffwechselwege und der Molekülstrukturen der Metaboliten.

Diskussion und Schlussfolgerungen

72.
In diesem Abschnitt sollte(n) der/die Verfasser
1.
auf der Grundlage des Metabolismus und der Eliminierung der Prüfsubstanz einen Stoffwechselweg vorschlagen;
2.
potenzielle tierart- und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Eliminierung und/oder Biotransformation der Prüfsubstanz untersuchen;
3.
die Identität und Bedeutung von Metaboliten, die Clearance-Raten, das Bioakkumulationspotenzial, die Menge an Rückständen des Ausgangsstoffs und/oder von Metaboliten in Geweben sowie gegebenenfalls dosisabhängige Veränderungen von toxikokinetischen Parametern tabellarisch darstellen und erläutern;
4.
alle relevanten Toxikokinetik-Daten aufnehmen, die bei der Durchführung von Toxizitätsstudien gewonnen wurden;
5.
eine kurze Schlussfolgerung formulieren, die durch die Ergebnisse der Studie gestützt werden kann;
6.
(falls notwendig oder angebracht) Abschnitte hinzufügen.
73.
Für bibliografische Angaben, Tabellen, Abbildungen, Anhänge usw. sind zusätzliche Abschnitte zu verwenden.

ALTERNATIVE EXPOSITIONSWEGE

Dermal

Dermale Applikation

74.
Dieser Abschnitt enthält spezifische Informationen zur Untersuchung der Toxikokinetik der Prüfsubstanz bei dermaler Applikation. Für die Hautresorption ist Kapitel B.44 dieses Anhangs [Hautresorption: In-vivo-Methode (9)] zu beachten. Für andere Endpunkte wie Verteilung und Metabolismus kann diese Prüfmethode B.36 verwendet werden. Bei dermaler Applikation sollten eine oder mehrere Dosisstufen der Prüfsubstanz verwendet werden. Die Prüfsubstanz (z. B. reines, verdünntes oder formuliertes Material, das die auf die Haut aufgetragene Prüfsubstanz enthält) muss der Substanz entsprechen (oder ein realistisches Surrogat hiervon bilden), der Menschen oder andere mögliche Zielarten ausgesetzt sein können. Die Dosisstufe(n) ist/sind gemäß den Nummern 20-26 dieser Prüfmethode festzulegen. Dabei kann berücksichtigt werden, mit welcher Exposition von Menschen zu rechnen ist und/oder bei welchen Dosen in anderen Studien zur dermalen Toxizität Toxizitätszeichen beobachtet wurden. Die dermale Dosis ist erforderlichenfalls in einem geeigneten Vehikel aufzulösen und in einem angemessenen Volumen zu applizieren. Kurz vor Versuchsbeginn wird das Fell auf dem Rücken der Versuchstiere geschoren. Ein Abrasieren des Fells ist ebenfalls möglich, sollte jedoch etwa 24 Stunden vor dem Versuch erfolgen. Beim Scheren oder Abrasieren des Fells ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird, da dies ihre Durchlässigkeit verändern könnte. Etwa 10 % der Körperoberfläche sollten für die Applikation der Prüfsubstanz enthaart werden. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner als etwa 10 % sein, es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer dünnen und einheitlichen Schicht bedeckt werden. Bei allen Gruppen, die der dermalen Prüfung unterzogen werden, sollte die gleiche Fläche behandelt werden. Die Bereiche, auf denen die Prüfsubstanz appliziert wurde, sind mit einer geeigneten Abdeckung, die befestigt wird, zu schützen. Die Tiere sind getrennt unterzubringen.
75.
Um die Menge der applizierten Dosis der Prüfsubstanz zu bestimmen, die mit milder Seife und Wasser von der behandelten Hautfläche abgewaschen werden kann, ist eine Hautwaschstudie durchzuführen. Diese Studie kann auch bei der Aufstellung der Massenbilanz helfen, wenn die Prüfsubstanz über die Haut verabreicht wird. Bei dieser Hautwaschstudie wird zwei Tieren eine Einzeldosis der Prüfsubstanz appliziert. Die Dosisstufe ist gemäß Nummer 23 dieser Prüfmethode festzulegen (für die Dauer des Hautkontakts siehe auch Nummer 76). Anhand der beim Abwaschen wiedergewonnenen Menge der Prüfsubstanz kann die Wirksamkeit der Entfernung der Prüfsubstanz durch das Abwaschen bestimmt werden.
76.
Sofern die Prüfsubstanz keine hautätzende Wirkung hat, sollte sie nach dem Auftragen mindestens 6 Stunden auf der Haut verbleiben. Dann ist die Abdeckung abzunehmen und die behandelte Fläche nach dem in der Hautwaschstudie beschriebenen Verfahren zu waschen (siehe Nummer 75). Sowohl die Abdeckung als auch die Waschflüssigkeit sind auf Rückstände der Prüfsubstanz zu analysieren. Am Ende der Studie werden die Tiere gemäß (2) tierschutzgerecht getötet und die behandelte Haut wird entfernt. Ein angemessener Teil der behandelten Haut ist auf Rückstände der Prüfsubstanz (Radioaktivität) zu analysieren.
77.
Für die toxikokinetische Bewertung von Arzneimitteln können je nach Regulierungssystem unterschiedliche Verfahren erforderlich sein.

Inhalation

78.
Für diese Prüfung ist eine einzige Konzentration der Prüfsubstanz zu verwenden (oder mehrere, falls erforderlich). Die Konzentration(en) ist/sind gemäß den Nummern 20-26 dieser Prüfmethode festzulegen. Um eine Resorption über andere Expositionswege zu verhindern, sind Inhalationsprüfungen mit einem „Nasentrichter“ oder einer „Head-only“-Vorrichtung durchzuführen (8). Wenn bei der Inhalationsexposition andere Bedingungen angewandt werden, ist die Änderung zu begründen. Die Dauer der Inhalationsexposition ist festzulegen und beträgt normalerweise 4-6 Stunden.

LITERATUR:

1.
OECD (2009). Preliminary Review of OECD Test Guidelines for their Applicability to Manufactured Nanomaterials, Series on the Safety of Manufactured Nanomaterials No. 15, ENV/JM/MONO(2009)21, OECD, Paris.
2.
OECD (2000). Guidance Document on Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation; Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment N°19, ENV/JM/MONO(2000), OECD, Paris.
3.
Solon E G, Kraus L (2002). Quantitative whole-body autoradiography in the pharmaceutical industry; Survey results on study design, methods, and regulatory compliance, J Pharm and Tox Methods 46: 73-81.
4.
Stumpf WE (2005). Drug localization and targeting with receptor microscopic autoradiography. J. Pharmacological and Toxicological Methods 51: 25-40.
5.
Loizou G, Spendiff M, Barton HA, Bessems J, Bois FY, d’Yvoire MB, Buist H, Clewell HJ 3rd, Meek B, Gundert-Remy U, Goerlitz G, Schmitt W. (2008). Development of good modelling practice for physiologically based pharmacokinetic models for use in risk assessment: The first steps. Regulatory Toxicology and Pharmacology 50: 400-411.
6.
Kapitel B.45 dieses Anhangs, Hautresorption: In-vitro-Methode.
7.
IPCS (2010). Characterization and application of Physiologically-BasedPharmacokinetic Models in Risk Assessment. IPCS Harmonization Project Document No 9. Geneva, World Health Organization, International Programme on Chemical Safety.
8.
OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.
9.
Kapitel B.44 dieses Anhangs, Hautresorption: In-vivo-Methode.
10.
Barton HA, et al. (2006). The Acquisition and Application of Absorption, Distribution, Metabolism, and Excretion (ADME) Data in Agricultural Chemical Safety Assessments, Critical Reviews in Toxicology 36: 9-35.
11.
Gibaldi M and Perrier D, (1982), Pharmacokinetics, 2nd edition, Marcel Dekker, Inc., New York.

Anlage

DEFINITIONEN

Resorption : Prozess(e) der Aufnahme von Chemikalien in oder über Gewebe. Die Resorption bezieht sich auf die Ausgangssubstanz und alle ihre Metaboliten. Nicht mit „Bioverfügbarkeit“ zu verwechseln.

Akkumulation (Bioakkumulation) : Zunahme der Menge einer Prüfsubstanz in den Geweben im Laufe der Zeit (normalerweise im Fettgewebe, nach wiederholter Exposition); wenn die Prüfsubstanz dem Körper in größeren Mengen zugeführt wird, als er sie ausscheidet, akkumuliert der Organismus die Prüfsubstanz, und es können toxische Konzentrationen des Stoffs erreicht werden.

ADME : Akronym für „Absorption, Distribution, Metabolism and Excretion“ (Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung).

AUC : (Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve): die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve einer Prüfsubstanz im Plasma. Diese Fläche entspricht der Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die vom Körper innerhalb eines festgelegten Zeitraums resorbiert wurde. Unter linearen Bedingungen ist die AUC (vom Zeitpunkt Null bis unendlich) proportional zur Gesamtmenge einer vom Körper resorbierten Prüfsubstanz, unabhängig von der Resorptionsgeschwindigkeit.

Autoradiographie : (Ganzkörper-Autoradiographie): wird verwendet zur qualitativen und/oder quantitativen Bestimmung des Aufenthaltsorts einer radioaktiven Prüfsubstanz im Gewebe. Bei dieser Technik werden Röntgenfilme oder in jüngerer Zeit digitale Phosphorbildplatten verwendet, um radioaktiv markierte Moleküle oder Molekülfragmente durch Aufzeichnung der im untersuchten Objekt emittierten Strahlung sichtbar zu machen. Die quantitative Ganzkörper-Autoradiographie ist für die Evaluierung der Verteilung der Prüfsubstanz und die Bewertung der Gesamtrückgewinnung und Auflösung von radioaktivem Material in Geweben möglicherweise besser geeignet als die Organsektion. Ein wichtiger Vorteil ist beispielsweise, dass sie in einem Versuchsmodell mit einem pigmentierten Tier verwendet werden kann, um die mögliche Assoziation der Prüfsubstanz mit Melanin zu bewerten, das sich an bestimmte Moleküle binden kann. Zwar lassen sich mit dieser Technik die Bindungsstellen mit hoher Kapazität und geringer Affinität im gesamten Körper gut darstellen, aber sie ist möglicherweise weniger gut geeignet für die Identifizierung bestimmter Zielorte wie Rezeptorbindungsstellen, an denen für den Nachweis eine relativ hohe Auflösung und eine hohe Sensitivität erforderlich sind. Wenn die Autoradiographie zum Einsatz kommt, sollten Versuche zur Aufstellung der Massenbilanz der verabreichten Verbindung mit einer getrennten Gruppe oder in einer von der Gewebeverteilungsstudie getrennten Studie durchgeführt werden, bei der alle Ausscheidungen (zu denen auch die ausgeatmete Luft gehören kann) und ganze Tierkörper homogenisiert und mithilfe der Flüssigszintillationszählung analysiert werden.

Biliäre Ausscheidung : Ausscheidung über die Gallengänge.

Bioakkumulation : siehe „Akkumulation“.

Bioverfügbarkeit : der Anteil einer verabreichten Dosis, die in den systemischen Kreislauf gelangt oder am Wirkort zur Verfügung gestellt wird. Die Bioverfügbarkeit einer Prüfsubstanz bezieht sich normalerweise auf den Ausgangsstoff; sie kann sich aber auch auf seine Metaboliten beziehen. Sie betrifft nur eine chemische Form. Hinweis: Bioverfügbarkeit und Resorption sind nicht identisch. Der Unterschied zwischen z. B. der oralen Resorption (d. h. dem Vorhandensein in der Darmwand und in der portalen Zirkulation) und der Bioverfügbarkeit (d. h. dem Vorhandensein im systemischen Blut und in Geweben) kann neben anderen Faktoren auf den chemischen Abbau aufgrund des Metabolismus der Darmwand oder auf Effluxtransport zurück zum Darmlumen oder auf präsystemischen Metabolismus in der Leber zurückzuführen sein (10). Die Bioverfügbarkeit der toxischen Komponente (Ausgangsstoff oder ein Metabolit) ist bei der Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit ein kritischer Parameter (Extrapolation von hoher zu niedriger Dosis, Extrapolation von einem Verabreichungsweg zu einem anderen) für die Ableitung eines internen Werts vom externen NOAEL- oder BMD-Wert (applizierte Dosis). Für die Untersuchung der Wirkungen auf die Leber bei oraler Verabreichung reicht die orale Resorption aus. Bei jeder anderen Wirkung als am Eingangsort ist die Bioverfügbarkeit jedoch im Allgemeinen ein zuverlässigerer Parameter für die weitere Risikobewertung als die Resorption.

Biopersistenz : siehe „Persistenz“.

Biotransformation : (normalerweise enzymatische) chemische Umwandlung einer Prüfsubstanz in einen anderen Stoff innerhalb des Körpers. Synonym „Metabolismus“.

Cmax : entweder maximale (Peak-)Konzentration im Blut (Plasma/Serum) nach der Verabreichung oder maximale (Peak-)Ausscheidung (in Urin oder Fäzes) nach der Verabreichung.

Clearance-Rate : quantitatives Maß der Geschwindigkeit, mit der eine Prüfsubstanz je Zeiteinheit aus dem Blut, dem Plasma oder einem bestimmten Gewebe eliminiert wird.

Kompartiment : struktureller oder biochemischer Teil (oder strukturelle oder biochemische Einheit) eines Körpers, eines Gewebes oder einer Zelle, die vom Rest abgetrennt ist.

Detoxifizierungswege : eine Reihe von Schritten, durch die toxische Stoffe aus dem Körper eliminiert werden, entweder durch metabolische Umwandlung oder durch Ausscheidung.

Verteilung : Verbreitung einer Prüfsubstanz und ihrer Derivate im Organismus.

Enzyme/Isozyme : Proteine, die chemische Reaktionen katalysieren. Isozyme sind Enzyme, die ähnliche chemische Reaktionen katalysieren, sich aber in ihrer Aminosäurensequenz unterscheiden.

Enzymparameter : Km: Michaeliskonstante und Vmax: maximale Geschwindigkeit.

Ausscheidung : Prozess(e), mit dem/denen eine verabreichte Prüfsubstanz und/oder ihre Metaboliten aus dem Körper entfernt werden.

Exogen : von außen in den Organismus oder das System eingebracht oder außerhalb des Organismus oder des Systems erzeugt.

Extrapolation : Folgerung eines oder mehrerer unbekannter Werte aus dem, was bekannt ist oder beobachtet wurde.

Halbwertszeit (t1/2) : Zeit, in der die Konzentration der Prüfsubstanz in einem Kompartiment um die Hälfte sinkt. Die Halbwertszeit bezieht sich normalerweise auf die Plasmakonzentration oder die Menge der Prüfsubstanz im gesamten Körper.

Induktion/Enzyminduktion : Enzymsynthese als Reaktion auf einen Umweltreiz oder ein Induktormolekül.

Linearität/lineare Kinetik : In der Kinetik ist ein Prozess linear, wenn die Geschwindigkeiten aller Übertragungen zwischen den Kompartimenten proportional zu den vorhandenen Mengen oder Konzentrationen sind, d. h. 1. Ordnung. Folglich sind die Clearance- und Verteilungsvolumen konstant, ebenso die Halbwertszeiten. Die erreichten Konzentrationen sind proportional zur Dosierungsrate (Exposition), und die Akkumulation kann leichter vorhergesagt werden. Ob Linearität oder Nichtlinearität vorliegt, kann durch Vergleich der relevanten Parameter, z. B. AUC, nach unterschiedlichen Dosen oder nach Einzel- oder Mehrfachexposition festgestellt werden. Besteht keine Dosisabhängigkeit, so kann dies auf die Sättigung der an der Metabolisierung der Verbindung beteiligten Enzyme hindeuten; eine Vergrößerung der AUC nach wiederholter Exposition im Vergleich zu einer Einmalexposition kann ein Hinweis auf eine Stoffwechselhemmung, eine Verkleinerung der AUC ein Hinweis auf eine Stoffwechselinduktion sein [siehe auch (11)].

Massenbilanz : Erfassung der Massen der Prüfsubstanz, die in das System eingehen und es verlassen.

Materialbilanz : siehe „Massenbilanz“.

Toxizitätsmechanismus/Wirkungsmechanismus (Wirkungsweise) : Wirkungsmechanismus bezieht sich auf spezifische biochemische Wechselwirkungen, durch die eine Prüfsubstanz ihre Wirkung entfaltet. Wirkungsweise bezieht sich auf allgemeinere Phänomene, die zur Toxizität einer Prüfsubstanz führen.

Metabolismus : Synonym „Biotransformation“.

Metaboliten : Produkte des Metabolismus oder metabolischer Prozesse.

Orale Resorption : der Prozentsatz der Dosis der Prüfsubstanz, die ab dem Verabreichungsort (z. B. Magen-Darm-Trakt) resorbiert wird. Mit diesem wichtigen Parameter kann bestimmt werden, welcher Anteil der verabreichten Prüfsubstanz die Pfortader und anschließend die Leber erreicht.

Verteilungskoeffizient : ein Maß für die unterschiedliche Löslichkeit eines chemischen Stoffs in zwei Lösungsmitteln.

Maximale Blut-(Plasma-/Serum-)Spiegel : maximale (Peak-)Konzentration im Blut (Plasma/Serum) nach Verabreichung (siehe auch „Cmax“).

Persistenz (Biopersistenz) : das langfristige Vorhandensein einer Chemikalie (in einem biologischen System) aufgrund ihrer Abbau-/Eliminationsresistenz.

Read-across : Die Endpunktinformationen für eine oder mehrere Chemikalien werden verwendet, um eine Prognose über den Endpunkt für die Zielchemikalie abzugeben.

Rezeptor-Mikroautoradiographie : Mit dieser Technik kann die xenobiotische Interaktion mit spezifischen Gewebestellen oder Zellpopulationen untersucht werden, wie z. B. in Studien zur Rezeptorbindung oder zur spezifischen Wirkungsweise, die eine hohe Auflösung und hohe Sensitivität erfordern, die bei anderen Verfahren wie der Ganzkörperautoradiographie möglicherweise nicht erreichbar sind.

Verabreichungsweg (oral, IV, dermal, Inhalation usw.) : bezieht sich darauf, auf welche Weise chemische Stoffe dem Körper verabreicht werden (z. B. oral über eine Sonde, oral mit dem Futter, dermal, durch Inhalation, intravenös usw.)

Sättigung : Zustand, in dem sich einer oder mehrere kinetische Prozesse (z. B. Resorption, Metabolismus oder Clearance) an einem Maximum befinden (d. h. „gesättigt“ sind).

Sensitivität : Fähigkeit einer Methode oder eines Messinstruments, zwischen Reaktionen zu unterscheiden, die verschiedene Niveaus einer Zielvariablen darstellen.

Konstanter Blutspiegel (Plasmaspiegel) : Nichtgleichgewichtszustand eines offenen Systems, bei dem alle auf das System einwirkenden Kräfte genau durch entgegenwirkende Kräfte ausgeglichen werden, so dass alle Komponenten des Systems eine konstante Konzentration aufweisen, obwohl Materie durch das System fließt.

Systemmodellierung (physiologisch-basiert toxikokinetisch, pharmakokinetisch-basiert, physiologisch-basiert pharmakokinetisch, biologisch-basiert usw.) : abstraktes Modell, das das Verhalten eines Systems mathematisch beschreibt.

Zielgewebe : Gewebe, in dem sich eine wichtige schädliche Wirkung eines toxischen Stoffs manifestiert.

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Gewebeverteilung : reversible Positionsveränderung einer Prüfsubstanz von einer Stelle im Körper an eine andere. Die Gewebeverteilung kann mithilfe von Organsektion, Homogenisation, Verbrennung und Flüssigkeitsszintillationszählung oder durch qualitative und/oder quantitative Ganzkörperautoradiographie untersucht werden. Die erste Methode ist gut geeignet, um die Konzentration und die prozentuale Wiedergewinnung in den Geweben und im Körper derselben Tiere zu bestimmen, hat aber möglicherweise eine zu geringe Auflösung für alle Gewebe und eine unter dem Idealwert liegende Gesamtwiedergewinnungsrate (< 90 %). Siehe auch die Definition der Autoradiographie.

Tmax : Zeit bis zum Erreichen von Cmax.

Toxikokinetik (Pharmakokinetik) : Untersuchung von Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung von chemischen Stoffen im Zeitverlauf.

Validierung von Modellen : Verfahren zur Bewertung der Eignung eines Modells, die verfügbaren toxikokinetischen Daten angemessen zu beschreiben. Modelle können durch einen statistischen und visuellen Vergleich ihrer Prognosen mit experimentellen Werten gegenüber einer gemeinsamen unabhängigen Variablen (z. B. der Zeit) bewertet werden. Der Umfang der Bewertung sollte in Bezug auf die vorgesehene Verwendung des Modells gerechtfertigt sein.

B.37.   VERZÖGERTE NEUROTOXIZITÄT PHOSPHORORGANISCHER SUBSTANZEN NACH AKUTER EXPOSITION

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Abschätzung und Bewertung der toxischen Wirkungen von Substanzen muss auch das Potenzial bestimmter Substanzklassen für spezifische neurotoxische Wirkungen, die in anderen Toxizitätsstudien möglicherweise nicht nachweisbar sind, untersucht werden. Bei einigen phosphororganischen Verbindungen wurden verzögerte neurotoxische Wirkungen beobachtet, diese Substanzen kommen für eine Untersuchung mit der vorliegenden Methode in Frage.

In-vitro-Screening-Tests könnten verwendet werden, um Substanzen zu identifizieren, die eine verzögerte Polyneuropathie hervorrufen können; allerdings lassen negative Ergebnisse von In-vitro-Studien nicht darauf schließen, dass die Prüfsubstanz kein Neurotoxikum ist.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Zu den phosphororganischen Substanzen zählen ungeladene phosphororganische Ester, Thioester oder Anhydride von Phosphinsäuren, Phosphonsäuren bzw. Phosphoramidsäuren oder die engverwandten Thiophosphinsäuren, Thiophosphonsäuren bzw. Thiophosphoramidsäuren oder sonstige Substanzen, welche die bei dieser Substanzklasse bisweilen zu beobachtende verzögerte Neurotoxizität aufweisen können.

Verzögerte Neurotoxizität ist ein Syndrom, das mit langsamem, verzögertem Auftreten von Ataxien, distalen Axonopathien in Rückenmarks- und peripheren Nerven sowie einer Hemmung und Alterung der Neuropathy Target Esterase (NTE) im Nervengewebe verbunden ist.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Eine Referenzsubstanz kann mit einer positiven Kontrollgruppe getestet werden, um nachzuweisen, dass sich die Reaktion der geprüften Spezies unter den Laborversuchsbedingungen nicht wesentlich verändert hat.

Ein Beispiel für ein weit verbreitetes Neurotoxikum ist das Tri-o-tolylphosphat (CAS 78-30-8, EINECS 201-103-5, CAS-Bezeichnung: Tris(2-methylphenyl)phosphorsäureester), das auch als Tris-o-cresylphosphat bezeichnet wird.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird oral als Einmalgabe an Haushühner verabreicht, die ggf. gegen akute cholinergische Wirkungen geschützt wurden. Die Tiere werden für die Dauer von 21 Tagen auf Verhaltensauffälligkeiten, Ataxien und Paralysen hin beobachtet. Biochemische Parameter, insbesondere die Neuropathy Target Esterase (NTE), werden im allgemeinen 24 und 48 Stunden nach Verabreichung bei Hennen bestimmt, die nach Zufallskriterien aus jeder Gruppe ausgewählt werden. 21 Tage nach der Exposition werden die verbliebenen Hennen getötet, und ausgewählte Nervengewebe werden histopathologisch untersucht.

1.5.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.5.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Hennen, die frei von störenden Viruserkrankungen und Arzneimitteln sind und keine Gangstörungen aufweisen, werden randomisiert, der Behandlungs- oder der Kontrollgruppe zugeteilt und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Beginn der Studie an die Laborbedingungen akklimatisiert.

Die Käfige oder Gehege sollten so groß sein, dass sich die Tiere frei bewegen können und ihr Gangbild gut zu beobachten ist.

Die Gabe der Prüfsubstanz erfolgt normalerweise auf oralem Wege mittels Magensonde, Gelatinekapseln oder einer vergleichbaren Methode. Flüssigkeiten können unverdünnt oder aufgelöst in einem geeigneten Vehikel wie z. B. Maisöl verabreicht werden. Feste Substanzen sollten nach Möglichkeit aufgelöst werden, da größere Dosen fester Stoffe in Gelatinekapseln möglicherweise nicht wirksam resorbiert werden. Bei nichtwässrigen Vehikeln sollten deren toxische Eigenschaften bekannt sein. Ist dies nicht der Fall, müssen sie vor der Prüfung bestimmt werden.

1.5.2.   Prüfbedingungen

1.5.2.1.   Versuchstiere

Junge erwachsene Legehennen (Gallus gallus domesticus) im Alter von 8 bis 12 Monaten werden für den Test empfohlen. Normalgroße Rassen sollten verwendet werden, und die Hennen sollten in der Regel unter Bedingungen aufgewachsen sein, unter denen sie sich frei bewegen konnten.

1.5.2.2.   Anzahl und Geschlecht

Neben der Behandlungsgruppe sollte eine Vehikelkontrollgruppe und eine positive Kontrollgruppe getestet werden. Die Vehikelkontrollgruppe ist, abgesehen von der Verabreichung der Prüfsubstanz, genauso zu behandeln wie die Behandlungsgruppe.

Die Anzahl der Tiere in jeder Gruppe sollte so bemessen sein, dass mindestens sechs Tiere zur Bestimmung biochemischer Parameter (jeweils drei Tiere zu zwei Beobachtungszeitpunkten) getötet werden können und sechs Tiere für die pathologische Untersuchung bis zum 21. Tag überleben.

Die positive Kontrollgruppe kann gleichzeitig getestet werden oder es kann sich um eine bereits zuvor untersuchte Kontrollgruppe handeln. Die Gruppe sollte aus mindestens sechs Hennen bestehen, die mit einem bekannten verzögerten Neurotoxikum behandelt wurden. Drei der Tiere sind für biochemische, drei für pathologische Untersuchungen nach Ende des Tests vorgesehen. Es empfiehlt sich eine regelmäßige Aktualisierung der Archivdaten. Neue positive Kontrolldaten sollten erarbeitet werden, wenn ein wesentlicher Aspekt des Testablaufs (z. B. Rasse, Futter, Haltungsbedingungen) vom durchführenden Labor geändert wurde.

1.5.2.3.   Dosierungen

In einer Vorstudie an einer geeigneten Zahl von Tieren und Dosisgruppen ist die in der Hauptstudie zu verwendende Dosis zu ermitteln. Hierbei sind in der Regel einige Todesfälle erforderlich, um eine angemessene Dosis für die Hauptstudie festlegen zu können. Um aber Todesfälle durch akute cholinerge Wirkungen zu vermeiden, kann Atropin oder ein anderer schützender Wirkstoff, von dem man weiß, dass er keinen Einfluss auf verzögerte neurotoxische Wirkungen hat, verabreicht werden. Zur Abschätzung der maximalen nicht letalen Dosis der Prüfsubstanz stehen eine Reihe verschiedener Methoden zur Auswahl (siehe Methode B.1 bis). Bereits vorliegende frühere Daten für Hennen oder andere toxikologische Daten können ebenfalls bei der Wahl der Dosis von Bedeutung sein.

Die Dosis der Prüfsubstanz in der Hauptstudie sollte unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Vorstudie zur Dosisfindung sowie der oberen Grenzdosis von 2 000 mg/kg Körpergewicht möglichst hoch sein. Auch wenn Todesfälle auftreten, sollten bis zum 21. Tag genügend Tiere für die biochemischen (sechs) und die histologischen Untersuchungen (sechs) überleben. Um Todesfälle infolge akuter cholinergischer Wirkungen auszuschließen, sollte Atropin oder ein anderer schützender Wirkstoff, der nachgewiesenermaßen keinen Einfluss auf verzögerte neurotoxische Wirkungen hat, gegeben werden.

1.5.2.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht pro Tag unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine Studie mit einer höheren Dosis gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung in einer höheren Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.2.5.   Beobachtungszeitraum

Der Beobachtungszeitraum sollte 21 Tage betragen.

1.5.3.   Versuchsdurchführung

Nach Verabreichung eines schützenden Wirkstoffs zur Verhinderung von Todesfällen durch akute cholinergische Wirkungen wird die Prüfsubstanz als Einmalgabe verabreicht.

1.5.3.1.   Allgemeine Beobachtungen

Die Beobachtungen sollten unmittelbar nach der Exposition beginnen. Alle Hennen sind in den ersten beiden Tagen mehrmals am Tag und danach bis zum 21. Tag oder bis zur vorgesehenen Tötung mindestens einmal täglich zu beobachten. Alle Toxizitätszeichen, einschließlich Zeitpunkt des Beginns, Art, Schweregrad und Dauer von Verhaltensauffälligkeiten, sind zu dokumentieren. Die Ataxie wird auf einer Ordinalskala aus mindestens vier Stufen bewertet, und Paralysen werden dokumentiert. Mindestens zweimal wöchentlich sollten die für die pathologische Untersuchung vorgesehenen Hennen aus dem Käfig genommen und für einen bestimmten Zeitraum zu verstärkter motorischer Aktivität, z. B. durch Begehen einer Leiter, gezwungen werden, um die Beobachtung bereits geringster toxischer Wirkungen zu erleichtern. Moribunde Tiere und Tiere, bei denen schweres Leiden oder starke Schmerzen festgestellt werden, sollten ausgesondert, unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

1.5.3.2.   Körpergewicht

Alle Hennen müssen unmittelbar vor der Verabreichung der Prüfsubstanz und danach mindestens einmal wöchentlich gewogen werden.

1.5.3.3.   Biochemische Untersuchungen

Je sechs Hennen, die nach Zufallskriterien aus der Behandlungs- und der Vehikelkontrollgruppe ausgewählt werden, sowie drei Hennen aus der positiven Kontrollgruppe (wenn diese Gruppe gleichzeitig getestet wird), sollten einige Tage nach der Gabe der Prüfsubstanz getötet werden, um Gehirn und lumbales Rückenmark zu präparieren und auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase zu untersuchen. Auch die Präparation und Untersuchung des Ischiasnervengewebes auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase kann aufschlussreich sein. In der Regel werden drei Tiere der Negativkontrolle sowie jeder Behandlungsgruppe nach 24 Stunden und drei nach 48 Stunden getötet, während die drei Hennen der Positivkontrolle nach 24 Stunden getötet werden sollten. Zeigt die Beobachtung der klinischen Zeichen der Intoxikation (z. B. durch Beobachtung des zeitlichen Beginns der cholinergen Zeichen), dass der toxische Wirkstoff möglicherweise ausgesprochen langsam eliminiert wird, empfiehlt es sich gegebenenfalls, von je drei Tieren zu jeweils zwei Zeitpunkten innerhalb von 24 bis spätestens 72 Stunden nach der Verabreichung der Prüfsubstanz Gewebeproben zu entnehmen.

An diesen Proben können auch Bestimmungen der Acetylcholinesterase (AChE) vorgenommen werden, wenn dies angezeigt erscheint. Allerdings kann es in vivo zur spontanen Reaktivierung von AChE kommen, so dass die Wirksamkeit der Prüfsubstanz als AChE-Hemmer unterschätzt wird.

1.5.3.4.   Autopsie

Alle Versuchstiere (sowohl die nach Plan getöteten als auch die aufgrund ihres moribunden Zustands getöteten) werden einer Autopsie zur Untersuchung von Gehirn und Rückenmark unterzogen.

1.5.3.5.   Histopathologische Untersuchung

Nervengewebe von Tieren, die die Beobachtungsdauer überleben und nicht für biochemische Untersuchungen vorgesehen sind, wird mikroskopisch untersucht. Die Gewebe werden in situ mittels Perfusionsverfahren fixiert. Gewebeschnitte werden unter anderem von Cerebellum (mittlere Längsebene), Medulla oblongata, Rückenmark und peripheren Nerven angefertigt. Die Rückenmarkschnitte sind vom oberen Halswirbelsegment, der mittleren thorakalen und der lumbosakralen Region zu entnehmen. Auch vom distalen Bereich des Nervus tibialis und seiner Verzweigungen zum Musculus gastrocnemius sowie vom Nervus sciaticus sollten Schnitte angefertigt werden. Die Schnitte werden mit geeigneten myelin- und axonspezifischen Färbemitteln angefärbt.

2.   DATEN

Negative Ergebnisse für die in dieser Methode gewählten Endpunkte (Biochemie, Histopathologie und Verhaltensbeobachtung) erfordern normalerweise keine weiteren Untersuchungen auf eine verzögerte Neurotoxizität. Zweifelhafte oder unklare Ergebnisse für diese Endpunkte erfordern ggf. weitere Untersuchungen.

Die Daten für die einzelnen Tiere sollten aufgeführt werden. Ferner sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Anzahl der verwendeten Tiere bei Beginn der Prüfung, die Anzahl der Tiere mit Läsionen, verhaltensbezogenen oder biochemischen Wirkungen, die Arten und Schweregrade dieser Läsionen bzw. Wirkungen sowie der Anteil der von den verschiedenen Arten und Schweregraden der Läsionen bzw. Wirkungen betroffenen Tiere.

Die Ergebnisse dieser Studie sind im Hinblick auf Häufigkeit, Schweregrad und Korrelation der verhaltensbezogenen, biochemischen und histopathologischen Wirkungen sowie sonstiger verzeichneter Wirkungen in den Behandlungs- und Kontrollgruppen zu bewerten.

Die numerischen Daten sind nach Möglichkeit durch geeignete und allgemein akzeptierte statistische Verfahren auszuwerten. Diese statistischen Verfahren sollten bei der Festlegung des Designs der Studie ausgewählt werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:

Versuchstiere:

verwendete Rasse;
Anzahl und Alter;
Herkunft, Haltungsbedingungen usw.;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn.

Prüfbedingungen:

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz, zur Stabilität und ggf. zur Homogenität;
Begründung für die Wahl des Vehikels;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
Angaben über Futter- und Wasserqualität;
Begründung für die Wahl der Dosis;
Angabe der verabreichten Dosen mit Angaben zu Vehikel, Volumen und physikalischer Form des verabreichten Stoffes;
Identität und Angaben zur Verabreichung eventueller schützender Wirkstoffe.
3.3.
Ergebnisse:
Angaben zum Körpergewicht;
Daten der toxischen Reaktionen nach Gruppen, einschließlich Todesfälle;
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);
ausführliche Beschreibung der biochemischen Methoden und Befunde;
Sektionsbefunde;
ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;
ggf. statistische Auswertung der Ergebnisse.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATUR

Diese Methode entspricht der OHCD TG 418.

B.38.   VERZÖGERTE NEUROTOXIZITÄT PHOSPHORORGANISCHER SUBSTANZEN BEI WIEDERHOLTER GABE ÜBER 28 TAGE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Abschätzung und Bewertung der toxischen Wirkungen von Substanzen muss auch das Potenzial bestimmter Substanzklassen für spezifische neurotoxische Wirkungen, die in anderen Toxizitätsstudien möglicherweise nicht nachweisbar sind, untersucht werden. Bei einigen phosphororganischen Verbindungen wurden verzögerte neurotoxische Wirkungen beobachtet; diese Substanzen kommen für eine Untersuchung mit der vorliegenden Methode in Frage.

In-vitro-Screening-Tests könnten verwendet werden, um Substanzen zu identifizieren, die eine verzögerte Polyneuropathie hervorrufen können; allerdings lassen negative Ergebnisse von In-vitro-Studien nicht darauf schließen, dass die Prüfsubstanz kein Neurotoxikum ist.

Diese Prüfung auf verzögerte Neurotoxizität nach 28-tägiger Gabe gibt Aufschluss über mögliche Gesundheitsgefahren infolge wiederholter Exposition über einen begrenzten Zeitraum. Die Prüfung erlaubt Rückschlüsse auf die Dosis-Wirkungs-Beziehung und ermöglicht die Abschätzung einer Schwellendosis, unterhalb der keine toxische Wirkung mehr feststellbar ist (NOAEL). Mit Hilfe des NOAEL lassen sich Sicherheitskriterien für die Exposition beim Menschen festlegen.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

Zu den phosphororganischen Substanzen zählen ungeladene phosphororganische Ester, Thioester oder Anhydride von Phosphinsäuren, Phosphonsäuren bzw. Phosphoramidsäuren oder die eng verwandten Thiophosphinsäuren, Thiophosphonsäuren bzw. Thiophosphoramidsäuren oder sonstige Substanzen, welche die bei dieser Substanzklasse bisweilen zu beobachtende verzögerte Neurotoxizität hervorrufen können.

Verzögerte Neurotoxizität ist ein Syndrom, das mit langsamem, verzögertem Auftreten von Ataxien, distalen Axonopathien in Rückenmarks- und peripheren Nerven sowie einer Hemmung und Alterung der Neuropathy Target Esterase (NTE) im Nervengewebe verbunden ist.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfsubstanz wird 28 Tage lang einmal täglich oral an Haushühner verabreicht. Die Tiere werden bis 14 Tage nach der letzten Gabe mindestens einmal täglich auf auffälliges Verhalten, Ataxie und Paralysen hin beobachtet. Biochemische Parameter, insbesondere die Neuropathy Target Esterase (NTE), werden im allgemeinen 24 und 48 Stunden nach Verabreichung der letzten Dosis bei Hennen bestimmt, die nach Zufallskriterien aus jeder Gruppe ausgewählt werden. Zwei Wochen nach der letzten Gabe werden die verbliebenen Hennen getötet, und ausgewählte Nervengewebe werden histopathologisch untersucht.

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

Gesunde junge erwachsene Hennen, die frei von störenden Viruserkrankungen und Arzneimitteln sind und keine Gangstörungen aufweisen, werden randomisiert, der Behandlungs- oder der Kontrollgruppe zugeteilt und für die Dauer von mindestens 5 Tagen vor Beginn der Studie an die Laborbedingungen akklimatisiert.

Die Käfige oder Gehege sollten so groß sein, dass sich die Tiere frei bewegen können und ihr Gangbild gut zu beobachten ist.

Die orale Gabe der Prüfsubstanz an 7 Tagen in der Woche sollte vorzugsweise mittels Magensonde oder Verabreichung von Gelatinekapseln erfolgen. Flüssigkeiten können unverdünnt oder aufgelöst in einem geeigneten Vehikel wie z. B. Maisöl verabreicht werden. Feste Substanzen sollten nach Möglichkeit aufgelöst werden, da größere Dosen fester Stoffe in Gelatinekapseln möglicherweise nicht wirksam resorbiert werden. Bei nichtwässrigen Vehikeln sollten deren toxische Eigenschaften bekannt sein. Ist dies nicht der Fall, müssen sie vor der Prüfung bestimmt werden.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Versuchstiere

Junge erwachsene Legehennen (Gallus gallus domesticus) im Alter von 8 bis 12 Monaten werden für den Test empfohlen. Normalgroße Rassen sollten verwendet werden, und die Hennen sollten normalerweise unter Bedingungen aufgewachsen sein, unter denen sie sich frei bewegen konnten.

1.4.2.2.   Anzahl und Geschlecht

In der Regel sollten mindestens drei Behandlungsgruppen sowie eine Vehikelkontrollgruppe getestet werden. Die Vehikelkontrollgruppe ist, abgesehen von der Verabreichung der Prüfsubstanz, genauso zu behandeln wie die Behandlungsgruppen.

Die Anzahl der Tiere in jeder Gruppe sollte so bemessen sein, dass mindestens sechs zur Bestimmung biochemischer Parameter (jeweils drei Tiere zu zwei Beobachtungszeitpunkten) getötet werden können und mindestens sechs Tiere für die pathologische Untersuchung bis 14 Tage nach der letzten Gabe überleben.

1.4.2.3.   Dosierungen

Bei der Wahl der Dosisstufen sind die Ergebnisse einer Akutprüfung auf verzögerte Neurotoxizität sowie weitere vorliegende Daten zur Toxizität oder Kinetik der Prüfsubstanz berücksichtigt worden. Die höchste Dosis sollte so gewählt werden, dass zwar toxische Wirkungen, vorzugsweise eine verzögerte Neurotoxizität, aber keine Todesfälle oder schweres Leiden hervorgerufen werden. Anschließend sollte eine absteigende Folge von Dosisstufen gewählt werden, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosis ohne zu beobachtende unerwünschte Wirkungen nachzuweisen.

1.4.2.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht pro Tag unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine Studie mit einer höheren Dosis gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Expositionswirkungen beim Menschen die Prüfung in einer höheren Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.4.2.5.   Beobachtungszeitraum

Alle Tiere werden während der Expositionsdauer und bis 14 Tage danach mindestens täglich beobachtet, sofern sie nicht für die Sektion vorgesehen sind.

1.4.3.   Versuchsdurchführung

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz für die Dauer von 28 Tagen an 7 Tagen in der Woche.

1.4.3.1.   Allgemeine Beobachtungen

Die Beobachtungen sollten unmittelbar nach Behandlungsbeginn beginnen. Alle Hennen sind an jedem der 28 Behandlungstage und an den 14 Tagen nach der letzten Gabe oder bis zur vorgesehenen Tötung mindestens einmal täglich zu beobachten. Alle Toxizitätszeichen, einschließlich Zeitpunkt ihres Beginns sowie Art, Schweregrad und Dauer, sind zu dokumentieren. Die Beobachtungen sollten auch, jedoch nicht nur, Verhaltensauffälligkeiten einschließen. Die Ataxie wird auf einer Ordinalskala aus mindestens vier Stufen bewertet, und Paralysen werden ebenfalls dokumentiert. Mindestens zweimal wöchentlich sollten die Hennen aus dem Käfig genommen und für einen bestimmten Zeitraum zu verstärkter motorischer Aktivität, z. B. durch Begehen einer Leiter, gezwungen werden, um die Beobachtung bereits geringster toxischer Wirkungen zu erleichtern. Moribunde Tiere und Tiere, bei denen schweres Leiden oder starke Schmerzen festgestellt werden, sollten ausgesondert, unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

1.4.3.2.   Körpergewicht

Alle Hennen müssen unmittelbar vor der ersten Gabe der Prüfsubstanz und danach mindestens einmal wöchentlich gewogen werden.

1.4.3.3.   Biochemische Untersuchungen

Je sechs Hennen, die nach Zufallskriterien aus der Behandlungs- und der Vehikelkontrollgruppe ausgewählt werden, sollten einige Tage nach der letzten Gabe der Prüfsubstanz getötet werden, um Gehirn und lumbales Rückenmark zu präparieren und auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase (NTE) zu untersuchen. Auch die Präparation und Untersuchung des Ischiasnervengewebes auf hemmende Aktivität gegen Neuropathy Target Esterase kann aufschlussreich sein. In der Regel werden drei Tiere der Kontrollgruppe sowie jeder Behandlungsgruppe nach 24 Stunden und drei 48 Stunden nach der letzten Dosis getötet. Sind aufgrund der Daten aus der Akutstudie oder aus anderen Untersuchungen (z. B. zur Toxikokinetik) andere Tötungszeiten nach der letzten Gabe der Prüfsubstanz angezeigt, sollte entsprechend vorgegangen und das geänderte Vorgehen begründet werden.

An diesen Proben können auch Bestimmungen der Acetylcholinesterase (AChE) vorgenommen werden, wenn dies angezeigt erscheint. Allerdings kann es in vivo zur spontanen Reaktivierung von AChE kommen, so dass die Wirksamkeit der Prüfsubstanz als AChE-Hemmer unterschätzt wird.

1.4.3.4.   Autopsie

Alle Versuchstiere (sowohl die nach Plan getöteten als auch die aufgrund ihres moribunden Zustands getöteten) werden einer Autopsie zur Untersuchung von Gehirn und Rückenmark unterzogen.

1.4.3.5.   Histopathologische Untersuchung

Nervengewebe von Tieren, die die Beobachtungsdauer überleben und nicht für biochemische Untersuchungen vorgesehen sind, wird mikroskopisch untersucht. Die Gewebe werden in situ mittels Perfusionsverfahren fixiert. Gewebeschnitte werden unter anderem von Cerebellum (mittlere Längsebene), Medulla oblongata, Rückenmark und peripheren Nerven angefertigt. Die Rückenmarkschnitte sind vom oberen Halswirbelsegment, der mittleren thorakalen und der lumbosakralen Region zu entnehmen. Auch vom distalen Bereich des Nervus tibialis und seiner Verzweigungen zum Musculus gastrocnemius sowie vom Nervus sciaticus sollten Schnitte angefertigt werden. Die Schnitte werden mit geeigneten myelin- und axonspezifischen Färbemitteln angefärbt. Die mikroskopischen Untersuchungen sind zunächst an den konservierten Geweben aller Tiere in der Kontrollgruppe sowie der höchsten Dosisgruppe vorzunehmen. Ergeben sich Anhaltspunkte für Wirkungen in der höchsten Dosisgruppe, sollte die mikroskopische Untersuchung auch bei den Hennen aus der mittleren und niedrigen Dosisgruppe erfolgen.

2.   DATEN

Negative Ergebnisse für die in dieser Methode gewählten Endpunkte (Biochemie, Histopathologie und Verhaltensbeobachtung) erfordern normalerweise keine weiteren Untersuchungen auf eine verzögerte Neurotoxizität. Zweifelhafte oder unklare Ergebnisse für diese Endpunkte erfordern ggf. weitere Untersuchungen.

Die Daten für die einzelnen Tiere sollten aufgeführt werden. Ferner sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Anzahl der verwendeten Tiere bei Beginn der Prüfung, die Anzahl der Tiere mit Läsionen, verhaltensbezogenen oder biochemischen Wirkungen, die Arten und Schweregrade dieser Läsionen bzw. Wirkungen sowie der Anteil der von den verschiedenen Arten und Schweregraden der Läsionen bzw. Wirkungen betroffenen Tiere.

Die Ergebnisse dieser Studie sind im Hinblick auf Häufigkeit, Schweregrad und Korrelation der verhaltensbezogenen, biochemischen und histopathologischen Wirkungen sowie sonstiger verzeichneter Wirkungen in den Behandlungs- und Kontrollgruppen zu bewerten.

Die numerischen Daten sind nach Möglichkeit durch geeignete und allgemein akzeptierte statistische Verfahren auszuwerten. Diese statistischen Verfahren sollten bei der Festlegung des Designs der Studie ausgewählt werden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten:

Versuchstiere:

verwendete Rasse;
Anzahl und Alter der Tiere;
Herkunft, Haltungsbedingungen usw.;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn.

Prüfbedingungen:

Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz, zur Stabilität und zur Homogenität;
Begründung für die Wahl des Vehikels;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
Angaben über Futter- und Wasserqualität;
Begründung für die Wahl der Dosis;
Angabe der verabreichten Dosen mit Angaben zu Vehikel, Volumen und physikalischer Form des verabreichten Stoffes;
Begründung für die Wahl anderer Zeitpunkte zur Bestimmung der biochemischen Parameter (falls nicht nach 24 und 48 Stunden).

Ergebnisse:

Angaben zum Körpergewicht;
Daten der toxischen Reaktionen nach Dosisstufen, einschließlich Todesfälle;
NOAEL;
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität);
ausführliche Beschreibung der biochemischen Methoden und Befunde;
Sektionsbefunde;
ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde;
ggf. statistische Auswertung der Ergebnisse.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATUR

Diese Methode entspricht der OECD TG 419.

B.39.   IN-VIVO-TEST ZUR UNPLANMÄSSIGEN DNA-SYNTHESE (UDS) IN SÄUGETIERLEBERZELLEN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 486, Unscheduled DNA Synthesis (UDS) Test with Mammalian Liver Cells In Vivo (1997).

1.1.   EINLEITUNG

Der In-vivo-Test zur unplanmäßigen DNA-Synthese in Säugetierleberzellen dient zum Nachweis von Agenzien, die in den Leberzellen der behandelten Tiere eine DNA-Reparatur auslösen (1) (2) (3) (4).

Dieser In-vivo-Test ermöglicht die Untersuchung der gentoxischen Wirkung von Chemikalien in der Leber. Der ermittelte Endpunkt deutet auf eine DNA-Schädigung und anschließende Reparatur in Leberzellen hin. Die Leber ist in der Regel Hauptort des Stoffwechsels der resorbierten Verbindungen. Sie eignet sich also gut zur In-vivo-Bestimmung einer DNA-Schädigung.

Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfsubstanz das Zielgewebe nicht erreicht, ist dieser Test nicht geeignet.

Der Endpunkt der unplanmäßigen DNA-Synthese (UDS) wird durch die Bestimmung der Aufnahme markierter Nukleoside in Zellen, die keine planmäßige (S-Phasen-)DNA-Synthese durchlaufen, ermittelt. Das gängigste Verfahren ist die Bestimmung der Aufnahme von tritiummarkiertem Thymidin3H-TdR) durch Autoradiografie. Für In-vivo-UDS-Tests wird vorzugsweise die Leber von Ratten verwendet. Neben Lebergewebe kann auch anderes Gewebe Verwendung finden, doch ist dieses nicht Gegenstand dieser Methode.

Der Nachweis einer UDS-Reaktion hängt von der Zahl der ausgeschnittenen und ersetzten DNA-Basen am Ort der Schädigung ab. Der UDS-Test eignet sich daher insbesondere zum Nachweis der von einer Substanz induzierten „Long-patch“-Reparatur (20-30 Basen). Die „Short-patch“-Reparatur (1-3 Basen) lässt sich hingegen nur mit einem wesentlich geringeren Empfindlichkeitsgrad feststellen. Zudem können mutagene Ereignisse aus der Nichtreparatur, fehlerhaften Reparatur oder fehlerhaften Replikation der DNA-Läsionen herrühren. Das Ausmaß der UDS-Reaktion gibt keinen Aufschluss über die Genauigkeit des Reparaturprozesses. Darüber hinaus ist es möglich, dass ein Mutagen mit der DNA reagiert, die DNA-Schädigung aber nicht über einen Exzisionsreparaturprozess behoben wird. Die Tatsache, dass der UDS-Test keine spezifischen Informationen zur mutagenen Aktivität liefert, wird durch die potenzielle Empfindlichkeit dieses Endpunkts kompensiert, denn er wird im gesamten Genom ermittelt.

Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B.

1.2.   DEFINITIONEN

In Reparatur befindliche Zellen: Nettokörnerzahl über dem Zellkern (NNG) oberhalb eines vorher festgelegten Schwellenwerts, der von dem jeweiligen Labor zu begründen ist.

Nettokörnerzahl über dem Zellkern (NNG): quantitative Maßzahl der UDS-Aktivität von Zellen bei autoradiografischen UDS-Tests, errechnet durch Subtraktion der durchschnittlichen Körnerzahl über kernäquivalenten Bereichen des Zytoplasmas (CG) von der Körnerzahl über dem Zellkern (NG): NNG = NG — CG. Die NNG wird für einzelne Zellen bestimmt, dann für alle Zellen in einer Kultur, in Parallelkulturen usw.

Unplanmäßige DNA-Synthese (UDS): DNA-Reparatursynthese nach Ausschneiden und Entfernen des Abschnitts eines DNA-Strangs, der eine Region mit einer durch chemische Substanzen oder physikalische Agenzien induzierten Schädigung enthält.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der In-vivo-UDS-Test an Säugetierleberzellen erbringt den Nachweis einer DNA-Reparatursynthese nach Ausschneiden und Entfernen eines DNA-Abschnitts, der eine Region mit einer durch chemische Substanzen oder physikalische Agenzien induzierten Schädigung enthält. Der Test beruht gewöhnlich auf dem Einbau von3H-TdR in die DNA von Leberzellen, wo sich nur wenige Zellen in der S-Phase des Zellzyklus befinden. Die Aufnahme von3H-TdR wird in der Regel durch Autoradiografie bestimmt, da dieses Verfahren nicht so anfällig für eine Einwirkung durch S-Phasen-Zellen ist wie beispielsweise die Flüssigkeitsszintillationszählung (LSC).

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Vorbereitungen

1.4.1.1.   Versuchstiere

Gewöhnlich werden Ratten verwendet, doch kommen auch andere geeignete Säugetierarten in Frage. Es sollten junge gesunde und geschlechtsreife Tiere üblicher Labortierstämme zum Einsatz kommen. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung des Körpergewichts der Tiere vom Mittelwert so gering wie möglich sein und bei beiden Geschlechtern nicht mehr als ± 20 % betragen.

1.4.1.2.   Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Es gelten die allgemeinen Bedingungen in der allgemeinen Einleitung zu Teil B, doch ist bei der Luftfeuchtigkeit ein Wert von 50-60 % anzustreben.

1.4.1.3.   Vorbereitung der Tiere

Gesunde und geschlechtsreife junge Tiere werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass sich ihre Position möglichst wenig auswirkt. Es erfolgt eine Einzelidentifizierung der Tiere. Vor Beginn der Studie werden die Tiere in ihren Käfigen über einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.

1.4.1.4.   Prüfsubstanz/Vorbereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, wenn die Stabilitätsdaten gegen eine Lagerung sprechen.

1.4.2.   Prüfbedingungen

1.4.2.1.   Lösungsmittel/Vehikel

Das Lösungsmittel/Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Referenzdaten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen.

1.4.2.2.   Kontrollen

Für jeden gesondert vorgenommenen Teil des Versuchs sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen anzulegen. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.

Die als Positivkontrollen verwendeten Substanzen sollten erwiesenermaßen eine UDS bei Expositionskonzentrationen hervorrufen, die voraussichtlich eine erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben. Positivkontrollen, die eine Stoffwechselaktivierung benötigen, sollten in Dosen verwendet werden, die eine mäßige Reaktion hervorrufen (4). Die Dosen sollten so gewählt werden, dass die Wirkungen eindeutig sind, aber beim Auswerten nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen lassen. Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:



Zeitpunkt der ProbenahmeSubstanzCAS-Nr.EINECS-Nr.
Früh (2-4 Std.)N-Nitrosodimethylamin62-75-9200-249-8
Spät (12-16 Std.)N-2-Fluorenylacetamid (2-AAF)53-96-3200-188-6

Auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen kommen in Betracht. Es ist vertretbar, dass die Positivkontrolle auf anderem Weg als die Prüfsubstanz verabreicht wird.

1.5.   VERFAHREN

1.5.1.   Anzahl und Geschlecht der Tiere

Es ist eine ausreichende Anzahl von Tieren zu verwenden, um die natürliche biologische Schwankungsbreite der Testreaktion zu berücksichtigen. Jede Gruppe sollte mindestens 3 analysierbare Tiere umfassen. Liegt ein größerer Bestand an historischen Daten vor, so sind für die gleichzeitigen Negativ- und Positivkontrollgruppen nur 1 oder 2 Tiere erforderlich.

Wenn zum Zeitpunkt der Studie Daten aus Untersuchungen zur gleichen Spezies und Expositionsform vorliegen, die belegen, dass zwischen den Geschlechtern kein nennenswerter Unterschied der Toxizität feststellbar ist, reicht die Prüfung von Tieren nur eines — vorzugsweise des männlichen — Geschlechts aus. Sollte es sich beim Menschen um eine geschlechtsspezifische Exposition handeln, z. B. bei bestimmten pharmazeutischen Wirkstoffen, ist der Versuch an Tieren des betreffenden Geschlechts durchzuführen.

1.5.2.   Behandlungsplan

Die Prüfsubstanzen werden in der Regel als Einmalgabe verabreicht.

1.5.3.   Dosierungen

Im Normalfall sind mindestens zwei Dosisstufen zu verwenden. Unter der Höchstdosis ist jene Dosis zu verstehen, die so deutliche Toxizitätszeichen hervorruft, dass höhere Dosisstufen bei gleichem Verabreichungsschema voraussichtlich zum Tode führen. Die geringere Dosis sollte in der Regel 50 % bis 25 % der hohen Dosis entsprechen.

Substanzen mit spezifischen biologischen Aktivitäten bei geringen nichttoxischen Dosen (wie Hormone und Mitogene) entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden. Wird eine Studie zur Dosisfindung durchgeführt, weil keine geeigneten Daten verfügbar sind, so sollte sie im gleichen Labor unter Verwendung der gleichen Spezies, des gleichen Stammes und Geschlechts und der gleichen Behandlungsform wie im Hauptversuch erfolgen.

Die Höchstdosis kann auch als jene Dosis definiert werden, die bestimmte Anzeichen von Toxizität in der Leber hervorruft (z. B. pyknotische Kerne).

1.5.4.   Limit-Test

Verursacht die Prüfung einer Dosis von mindestens 2 000 mg/kg Körpergewicht bei Einmalgabe oder Gabe von zwei Teilmengen am gleichen Tag keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Gentoxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie verzichtet werden. Die voraussichtlichen Expositionswirkungen beim Menschen können aber beim Limit-Test eine höhere Dosis angezeigt erscheinen lassen.

1.5.5.   Verabreichung

Die Prüfsubstanz wird in der Regel mittels Magen- oder Schlundsonde verabreicht. Auch andere Expositionsformen können bei entsprechender Begründung vertretbar sein. Eine intraperitoneale Injektion ist allerdings nicht zu empfehlen, da die Leber damit möglicherweise der Prüfsubstanz direkt und nicht über das Kreislaufsystem ausgesetzt wird. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils durch Sonde oder Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 2 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Die Verwendung eines höheren Volumens ist zu begründen. Abgesehen von Reizstoffen oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird. die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.

1.5.6.   Präparation der Leberzellen

Die Präparation der Leberzellen behandelter Tiere erfolgt in der Regel 12-16 Stunden nach der Verabreichung. Im Allgemeinen ist zusätzlich eine frühere Aufarbeitung (gewöhnlich 2-4 Stunden nach der Behandlung) erforderlich, wenn nicht nach 12-16 Stunden eine eindeutige positive Reaktion vorliegt. Auf der Grundlage der toxikokinetischen Daten sind aber bei entsprechender Begründung auch Aufarbeitungen zu anderen Zeitpunkten möglich.

Kurzzeitkulturen von Säugetier-Leberzellen werden in der Regel dadurch angelegt, dass eine Perfusion der Leber in situ mit Collagenase erfolgt und es frisch gewonnenen Leberzellen ermöglicht wird, sich an eine geeignete Wachstumsfläche festzuheften. Die Leberzellen von Tieren der Negativkontrollgruppe sollten eine Lebensfähigkeit (5) von mindestens 50 % aufweisen.

1.5.7.   Bestimmung der UDS

Frisch isolierte Säugetier-Leberzellen werden über einen angemessenen Zeitraum, z. B. 3-8 Stunden, in einem3H-TdR enthaltenden Medium inkubiert. Nach Ablauf der Inkubationszeit sollte das Medium aus den Zellen entfernt werden, die dann mit einem überschüssiges unmarkiertes Thymidin enthaltenden Medium inkubiert werden können, um die nicht inkorporierte Radioaktivität zu verringern („cold chase“). Anschließend werden die Zellen gewaschen, fixiert und getrocknet. Bei längeren Inkubationszeiten ist eine „cold chase“ möglicherweise nicht erforderlich. Die Objektträger werden in Autoradiografieemulsion getaucht, im Dunkeln „belichtet“ (z. B. gekühlt für 7-14 Tage), entwickelt und gefärbt, und es werden die belichteten Silberkörner gezählt. Von jedem Tier werden zwei bis drei Objektträger hergestellt.

1.5.8.   Analyse

Die Objektträgerpräparate sollten eine ausreichende Anzahl von morphologisch normalen Zellen enthalten, um eine aussagefähige Bewertung der UDS zu ermöglichen. Die Präparate werden mikroskopisch auf Zeichen offener Zytotoxizität (z. B. Pyknose, verringerte Werte der radioaktiven Markierung) untersucht.

Vor der Bestimmung der Körnerzahl sind die Objektträger zu kodieren. In der Regel werden je Tier 100 Zellen von mindestens zwei Objektträgern ausgewertet. Die Auswertung von weniger als 100 Zellen/Tier ist zu begründen. Bei der Körnerzahlbestimmung erfolgt keine Zählung der S-Phasen-Kerne, doch kann der Anteil der S-Phasen-Zellen erfasst werden.

Das Ausmaß des3H-TdR-Einbaus im Zellkern und Zytoplasma morphologisch normaler Zellen, das an der Ablagerung von Silberkörnern ablesbar ist, sollte durch geeignete Verfahren ermittelt werden.

Die Körnerzahl wird über dem Zellkern (NG) und über kernäquivalenten Bereichen des Zytoplasmas (CG) ermittelt. Als CG-Wert kommt entweder die für den am stärksten markierten Bereich des Zytoplasmas ermittelte Körnerzahl oder der Durchschnittswert von zwei bis drei nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Bereichen in Nähe des Zellkerns in Frage. Auch andere Zählverfahren (z. B. Ganzzellenzählung) können bei entsprechender Begründung angewendet werden (6).

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Es sind die Daten für die einzelnen Objektträger und Tiere zu dokumentieren. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Die Nettokörnerzahl über dem Zellkern (NNG) ist für jede Zelle, für jedes Tier und für jede Dosis und jeden Zeitpunkt zu bestimmen, indem der CG-Wert vom NG-Wert subtrahiert wird. Werden die „in Reparatur befindlichen Zellen“ gezählt, so sollten die Kriterien für die Definition der „in Reparatur befindlichen Zellen“ begründet werden und auf historischen oder gleichzeitigen Negativkontrolldaten beruhen. Numerische Ergebnisse können mit Hilfe statistischer Verfahren bewertet werden. Kommen statistische Tests zur Anwendung, so sind sie vor Durchführung der Studie auszuwählen und zu begründen.

2.2.   BEWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Als Beispiele für Kriterien zur Bestimmung positiver/negativer Reaktionen seien genannt:



positivi)NNG Werte oberhalb eines vorher festgelegten Schwellenwerts, der auf der Grundlage von historischen Daten des Labors zu begründen ist; oder
ii)NNG Werte, die deutlich über den Werten der gleichzeitigen Kontrolle liegen;
negativi)NNG Werte, die unterhalb des historisch begründeten Schwellenwerts liegen; oder
ii)NNG Werte, die nicht wesentlich über den Werten der gleichzeitigen Kontrolle liegen.

Es ist die biologische Relevanz der Daten zu untersuchen, d. h., es sind Parameter wie Variabilität der Tiere, Dosis-Wirkungs-Verhältnis und Zytotoxizität zu berücksichtigen. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen. Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, dass sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Ein positiver Befund des In-vivo-UDS-Tests an Säugetierleberzellen deutet darauf hin, dass die Prüfsubstanz in vivo bei Säugetierleberzellen eine DNA-Schädigung hervorruft, die in vitro durch unplanmäßige DNA-Synthese repariert werden kann. Ein negativer Befund ist ein Anzeichen dafür, dass die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen keine mit diesem Test nachweisbare DNA-Schädigung induziert.

Zu erörtern ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfsubstanz in den allgemeinen Blutkreislauf bzw. in das spezifische Zielgewebe gelangt (z. B. systemische Toxizität).

3.   ABSCHLUSSBERICHT

PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung für die Wahl des Vehikels;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt.

Versuchstiere:

Spezies/Stamm;
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn, einschließlich Bereich des Körpergewichts, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

Prüfbedingungen:

Positiv- und Negativ-(Vehikel-/Lösungsmittel-)Kontrollen;
Daten aus einer ggf. durchgeführten Dosisfindungsstudie;
Begründung der gewählten Dosisstufen;
Angaben zur Zubereitung der Prüfsubstanz;
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz;
Begründung für den Verabreichungsweg;
ggf. Methoden zur Überprüfung, ob die Prüfsubstanz in den allgemeinen Kreislauf oder in das Zielgewebe gelangt;
ggf. Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag);
Angaben über Futter- und Wasserqualität;
nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;
Methoden zur Bestimmung der Toxizität;
Methoden zur Leberzellenpräparation und -kultur;
verwendetes autoradiografisches Verfahren;
Anzahl der präparierten Objektträger und der ausgewerteten Zeilen;
Bewertungskriterien;
Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig.

Ergebnisse:

Mittelwerte der Körnerzahlen über dem Zellkern und über dem Zytoplasma sowie der Nettokörnerzahlen über dem Zellkern für jeden einzelnen Objektträger, jedes Tier und jede Gruppe;
nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;
ggf. statistische Auswertung;
Toxizitätszeichen;
Daten zur gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen;
Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-/Vehikel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen;
Anzahl der „in Reparatur befindlichen Zellen“, falls ermittelt;
Anzahl der S-Phasen-Zellen, falls ermittelt;
Lebensfähigkeit der Zellen.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Ashby, J., Lefevre, P. A., Burlinson, B. and Penman, M. G. (1985), An Assessment of the In Vivo Rat Hepatocyte DNA Repair Assay, Mutation Res., 156, 1-18.

(2) Butterworth, B. E., Ashby, J., Bermudez, E., Casciano, D., Mirsalis, J., Probst G. and Williams, G. (1987), A Protocol and Guide for the In Vivo Rat Hepatocyte DNA-Repair Assay, Mutation Res., 189, 123-133.

(3) Kennelly. J. C, Waters, R., Ashby, J., Lefevre, P. A., Burlinson B., Benford, D. J., Dean, S. W. and Mitchell I. de G. (1993), In Vivo Rat Liver UDS Assay, in: Kirkland D. J. and Fox M., (eds.), Supplementary Mutagenicity Tests: UKEM Recommended Procedures. UKEMS Subcommittee on Guidelines for Mutagenicity Testing Report. Part II revised, Cambridge University Press, Cambridge, New York, Port Chester, Melbourne, Sydney, 52-77.

(4) Madle, S., Dean, S. W., Andrae, U., Brambilla, G., Burlinson, B., Doolittle, D. J., Furihata, C., Hertner, T., McQueen, C. A. and Mori, H. (1993), Recommendations for the Performance of UDS Tests In Vitro and In Vivo. Mutations Res., 312, 263-285.

(5) Fautz, R., Hussain, B., Efstathiou, E. and Hechenberger-Freudl, C. (1993), Assessment of the Relation Between the Initital Viability and the Attachment of Freshly Isolated Rat Hepatocytes Used for the In Vivo/ln Vitro DNA Repair Assay (UDS), Mutation Res., 291, 21-27.

(6) Mirsalis, J. C, Tyson, C. K. and Butterworth, B. E. (1982), Detection of Genotoxic Carcinogens in the In Vivo/In Vitro Hepatocyte DNA Repair Assay, Environ Mutagen, 4, 553-562.

B.40.   IN-VITRO-PRÜFUNG AUF HAUTÄTZENDE WIRKUNG: TER-TEST (TRANSCUTANEOUS ELECTRICAL RESISTANCE TEST)

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 430 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Unter hautätzender Wirkung versteht man die irreversible Schädigung eines getesteten Gewebes nach Anwendung eines Testmaterials (gemäß Definition im Weltweit harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von chemischen Substanzen und Gemischen (GHS — Globally Harmonised System for the Classification and Labelling of Chemical Substances and Mixtures)) (1). Die vorliegende Methode umfasst ein Verfahren, nach dem die Beurteilung der hautätzenden Wirkung nicht an lebenden Tieren durchgeführt wird.

Bei der Beurteilung der hautätzenden Wirkung wurden üblicherweise Labortiere als Versuchstiere eingesetzt (2). Bedenken hinsichtlich der Schmerzen und Leiden der hierfür verwendeten Tiere wurden bei der Überarbeitung von Testmethode B.4 berücksichtigt, mit der die hautätzende Wirkung durch alternative In-vitro-Methoden ermittelt werden kann und somit unnötige Schmerzen und Leiden vermieden werden.

Als erster Schritt auf dem Weg zur Erarbeitung alternativer Tests, die unter gesetzgeberischen Aspekten für die Prüfung auf hautätzende Wirkung eingesetzt werden können, werden Vorvalidierungsstudien (3) durchgeführt. Im Anschluss hieran erfolgte eine formelle Validierungsstudie von In-vitro-Methoden zur Beurteilung der hautätzenden Wirkung (4) (5) (6) (7) (8). Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Studien sowie weiterer Veröffentlichungen erging die Empfehlung, die nachstehenden Tests als geeignet für die In-vivo-Beurteilung auf hautätzende Wirkung einzustufen (9) (10) (11): der Test mit einem menschlichen Hautmodell (siehe Testmethode B.40 bis) sowie der TER-Test (transcutaneous electrical resistance test — die hier beschriebene Methode).

In einer Validierungsstudie und weiteren veröffentlichten Studien wurde festgestellt, dass beim TER-Test (transcutaneous electrical resistance assay) an Ratten (12) (13) zuverlässig zwischen bekannten hautätzenden Stoffen und solchen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, unterschieden werden kann (5) (9).

Der in der vorliegenden Methode beschriebene Test ermöglicht die Feststellung ätzend wirkender chemischer Stoffe und Gemische. Außerdem können damit Stoffe und Gemische festgestellt werden, die keine ätzende Wirkung aufweisen, wenn dies durch eine Weight-of-Evidence-Ermittlung unter Auswertung anderer vorliegender Informationen untermauert wird (z. B. pH-Struktur-Wirkungs-Beziehungen, menschliche und/oder tierische Daten) (1) (2) (11) (14). Informationen zu Hautreizungen vermittelt dieser Test nicht; außerdem ermöglicht er auch nicht die Unterkategorisierung hautätzender Stoffe gemäß den Zulässigkeitskriterien des GHS-Systems (1).

Zur umfassenden Beurteilung lokaler Wirkungen auf die Haut nach einmaliger dermaler Exposition wird empfohlen, die sequenzielle Teststrategie einzuhalten, die in der Anlage zu Testmethode B.4 (2) und im GHS-System (1) festgelegt ist. Diese Teststrategie umfasst die Durchführung von In-vitro-Tests auf hautätzende Wirkung (wie sie in dieser Methode beschrieben werden) und Hautreizungen, bevor Tests an lebenden Tieren in Betracht gezogen werden.

1.2.   DEFINITION

In-vivo-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Herbeiführung irreversibler Schädigung des Hautgewebes: sichtbare Nekrose durch die Epidermis und in die Dermis nach Auftragen eines Teststoffs über einen Zeitraum von bis zu vier Stunden. Hautätzende Reaktionen sind typischerweise begleitet von Geschwüren, Blutungen, blutigem Schorf sowie am Ende des 14-tägigen Beobachtungszeitraums von Verfärbungen als Folge der Ausbleichung der Haut, Bereichen vollständiger Alopezie sowie Narbenbildung. Bei der Beurteilung fragwürdiger Schädigungen ist die Histopathologie mit zu berücksichtigen.

TER (Transcutaneous Electrical Resistance): ein Maß für den elektrischen Widerstand der Haut, angegeben als Widerstand in Ohm. Ein einfaches und stabiles Verfahren zur Beurteilung der Sperrfunktion, indem der Ionendurchtritt durch die Haut mithilfe einer Wheatstone-Messbrücke aufgezeichnet wird.

1.3.   REFERENZSTOFFE



Tabelle 1

Referenzchemikalien

BezeichnungEINECS-Nr.CAS-Nr.
1,2-Diaminopropan201-155-978-90-0Stark hautätzend
Acrylsäure201-177-979-10-7Stark hautätzend
2-tert. Butylphenol201-807-288-18-6Hautätzend
Kaliumhydroxid(10 %)215-181-31310-58-3Hautätzend
Schwefelsäure (10 %)231-639-57664-93-9Hautätzend
Octansäure (Caprylsäure)204-677-5124-07-02Hautätzend
4-Amino-1,2,4-Triazol209-533-5584-13-4Nicht hautätzend
Eugenol202-589-197-53-0Nicht hautätzend
Phenethylbromid203-130-8103-63-9Nicht hautätzend
Tetrachlorethylen204-825-927-18-4Nicht hautätzend
Isostearinsäure250-178-030399-84-9Nicht hautätzend
4-(Methylthio)-Benzaldehyd222-365-73446-89-7Nicht hautätzend

Die meisten der in obiger Liste angegebenen Chemikalien wurden der Liste der für die internationale Validierungsstudie der CEVMA ausgewählten Chemikalien entnommen (4). Die Auswahl stützt sich auf folgende Kriterien:

i)
gleiche Anzahl hautätzender und nicht hautätzender Stoffe,
ii)
gewerblich erhältliche Stoffe, die die meisten maßgeblichen chemischen Klassen abdecken,
iii)
Aufnahme sowohl stark hautätzender als auch weniger hautätzender Stoffe, um eine Unterscheidung nach dem Grad der hautätzenden Wirkung zu ermöglichen,
iv)
Auswahl von Chemikalien, die für eine Laborverwendung geeignet sind, ohne dass dabei — außer der hautätzenden Wirkung — anderweitige schwer wiegende Gefahren auftreten.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Das Testmaterial wird in einem Zweikammersystem bis zu 24 Stunden lang auf den Epidermisflächen von Hautstücken aufgebracht, wobei die Hautstücke als Trennwand zwischen den beiden Kammern fungieren. Die Hautstücke werden 28-30 Tage alten Ratten entnommen, die zuvor tierschutzgerecht getötet wurden. Hautätzende Materialien werden anhand ihrer Fähigkeit ermittelt, einen Verlust der normalen Beschaffenheit und Sperrfunktion der Hornhaut (Stratum Corneum) herbeizuführen, welcher als Senkung des TER unter einen bestimmten Schwellenwert (12) gemessen wird. Beim TER von Ratten wurde ein Grenzwert von 5 kΩ auf der Grundlage umfangreicher Datenbestände für ein breites Spektrum unterschiedlicher Chemikalien gewählt, wobei die überwiegende Mehrzahl der Werte entweder eindeutig deutlich oberhalb dieses Grenzwerts lag (oft > 10 kΩ) oder aber deutlich unterhalb dieses Werts (oft < 3 kΩ) (12). Im Allgemeinen sinkt der TER bei Materialien, die bei Tieren nicht hautätzend wirken, aber hautreizende bzw. nicht hautreizende Eigenschaften aufweisen, nicht bis unter diesen Schwellenwert. Außerdem kann sich durch die Verwendung anderer Hautherstellungen oder anderer Testgeräte der Schwellenwert verändern, wodurch eine zusätzliche Validierung notwendig wird.

Im Testverfahren ist zur Bestätigung der Tests auf positive Ergebnisse im TER (einschließlich Werten um ca. 5 kΩ) ein Farbbindungsschritt vorgesehen. Durch den Farbbindungsschritt wird festgestellt, ob die steigende Ionenpermeabilität auf die materielle Zerstörung der Hornhaut (Stratum Corneum) zurückzuführen ist. Durch die TER-Methode mit Rattenhaut konnte eine gute Vorhersagegenauigkeit der hautätzenden In-vivo-Wirkung bei dem nach Testmethode B.4 (2) untersuchten Kaninchen nachgewiesen werden. Zu beachten ist dabei, dass der In-vivo-Test an Hasen hinsichtlich der hautätzenden Wirkung und Hautreizung im Vergleich zum Test mit menschlichen Hautstücken ausgesprochen konservativ angelegt ist (15).

1.5.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.5.1.   Tiere

Für diesen Test werden Ratten verwendet, da die Empfindlichkeit der Haut dieser Tiere gegenüber Chemikalien in diesem Test bereits früher nachgewiesen wurde (10). Alter (wenn sich die Haut vollständig gebildet hat) und Abstammung der Ratte sind von besonderer Bedeutung, damit gewährleistet ist, dass sich die Fellfollikel in der Ruhephase befinden, bevor das Fellwachstum der erwachsenen Tiere beginnt.

An den jungen, ca. 22 Tage alten männlichen oder weiblichen Ratten (Wistar-Ratten oder vergleichbare Abstammung) wird das Fell am Rücken und an den Flanken mit einem geeigneten Instrument sorgfältig geschoren. Anschließend werden die Tiere mit vorsichtigen Wischbewegungen gewaschen, wobei die geschorenen Flächen in eine Antibiotikalösung getaucht werden (die Lösung enthält beispielsweise Streptomycin, Penicillin, Chloramphenicol und Amphotericin in Konzentrationen, die ein bakterielles Wachstum verhindern). Die Tiere werden dann am dritten oder vierten Tag nach dem ersten Waschvorgang erneut gewaschen und innerhalb von 3 Tagen nach dem zweiten Waschvorgang verwendet, wenn sich die Hornhaut vom Schervorgang erholt hat.

1.5.2.   Gewinnung der Hautstücke

Die Versuchstiere werden im Alter von 28-30 Tagen tierschutzgerecht getötet; dieses Alter ist von entscheidender Bedeutung. Die dorsal-laterale Haut der Tiere wird entfernt und von überschüssigem subkutanem Fett befreit, das von der Haut sorgfältig abgeschält wird. Es werden Hautstücke mit einem Durchmesser von je ca. 20 mm entnommen. Die Haut kann vor der Verwendung der Hautstücke eingelagert werden, wenn es sich zeigt, dass die positiven und negativen Kontrolldaten mit den an frischer Haut ermittelten Daten übereinstimmen.

Jedes Hautstück wird so über das Ende eines PTFE-(Polytetrafluorethylen)-Rohres gelegt, dass die Epidermisoberfläche auf dem Ende des Rohres aufliegt. Zur Fixierung des Hautstücks wird ein O-Ring aus Gummi straff über das Rohrende gezogen, so dass die Haut fixiert wird, und überflüssiges Hautgewebe wird abgeschnitten. Die Abmessungen des Rohrs und des O-Rings sind in Abbildung 2 angegeben. Der O-Ring wird sodann mit gereinigter Naturvaseline zum Ende des PTFE-Rohrs hin gründlich abgedichtet. Das Rohr wird durch eine Federklemme in einer Rezeptorkammer gehalten, die Magnesiumsulfatlösung (154 mM) enthält (Abbildung 1). Das Hautstück ist vollständig in die MgSO4-Lösung einzutauchen. Aus einer einzigen Rattenhaut können bis zu 10-15 Hautstücke entnommen werden.

Vor Beginn der Tests wird zu Qualitätssicherungszwecken bei jeder Tierhaut der elektrische Widerstand an zwei Hautstücken gemessen. Beide Hautstücke müssen einen Widerstand von mehr als 10 kΩ für die übrigen für den Test verwendeten Hautstücke aufweisen. Liegt der Widerstand unter 10 kΩ, sind die übrigen Hautstücke der betreffenden Tierhaut zu vernichten.

1.5.3.   Aufbringen der Test- und Kontrollsubstanzen

Für jede Studie sind gleichzeitige Positiv- und Negativ-Kontrollen zu verwenden, um eine angemessene Eignung des Experimentalmodells sicherzustellen. Es sind Hautstücke eines einzigen Tieres zu verwenden. Als Positiv- und Negativ-Kontrollsubstanzen werden 10 M Chlorwasserstoffsäure bzw. destilliertes Wasser zu verwenden.

Die flüssigen Testsubstanzen (150 μl) werden im Rohrinneren gleichmäßig auf die epidermale Oberfläche aufgebracht. Bei Tests an Feststoffen wird eine ausreichende Menge des Feststoffs gleichmäßig auf das Hautstück aufgebracht, so dass gewährleistet ist, dass die gesamte Epidermisoberfläche bedeckt ist. Auf den Feststoff wird entionisiertes Wasser (150 μl) aufgebracht und das Rohr vorsichtig bewegt. Um optimalen Kontakt der Testsubstanzen mit der Haut zu erreichen, müssen einige Feststoffe gegebenenfalls auf 30 oC erwärmt werden, so dass die Testsubstanz schmilzt oder weich wird, oder die Testsubstanz muss zu einem Granulat oder Pulver zermahlen werden.

Für jede Test- und Kontrollsubstanz werden je drei Hautstücke verwendet. Die Testsubstanzen werden 24 Stunden lang bei 20-23 oC aufgebracht. Die Testsubstanz wird durch Waschen unter fließendem Wasser bei maximal 30 oC gewaschen, bis kein weiteres Material mehr entfernt werden kann.

1.5.4.   TER-Messungen

Der Hautwiderstand wird als TER mit einer Wheatstone'schen Wechselstrom-Messbrücke mit niedriger Spannung gemessen (13). Die Kenndaten der Messbrücke lauten: Betriebsspannung 1-3 Volt, sinus- oder rechteckförmiger Wechselstrom mit 50-1 000 Hz, Messbereich mindestens 0,1 -30 kΩ. Die in der Validierungsstudie verwendete Datenbrücke misst Induktivität, Kapazität und Widerstand bis 2 000 H, 2 000 μF bzw. 2 MΩ bei Frequenzen von 100 Hz oder 1 kHz unter Verwendung serieller oder paralleler Werte. Für die TER-Messungen werden Messungen der hautätzenden Wirkung in Widerständen bei einer Frequenz von 100 Hz und unter Verwendung serieller Werte verwendet. Vor der Messung des elektrischen Widerstands wird die Oberflächenspannung der Haut durch Zugabe einer ausreichenden Menge von 70 %igem Ethanol verringert, so dass die Epidermis bedeckt ist. Nach einigen Sekunden wird das Ethanol aus dem Rohr entfernt und das Hautgewebe durch Hinzufügen von 3 ml MgSO4-Lösung (154 mM) befeuchtet. Zur Messung des Widerstands in kΩ/Hautstück (Abbildung 1) werden die Elektroden der Datenbrücke auf beiden Seiten des Hautstücks angebracht. Die Gesamtabmessungen der Elektroden sowie die Länge der Elektrode unterhalb der Abgreifklemmen sind in Abbildung 2 dargestellt. Die an der Innenelektrode angebrachte Abgreifklemme liegt während der Widerstandsmessung oben auf dem PTFE-Rohr auf, so dass stets eine gleich bleibende Elektrodenlänge in die MgSO4-Lösung eingetaucht bleibt. Die äußere Elektrode ist in der Rezeptorkammer so angeordnet, dass sie am Kammerboden ansteht. Der Abstand zwischen der Federklemme und dem unteren Ende des PTFE-Rohrs bleibt konstant (Abbildung 2), da dieser Abstand den erzielten Widerstandswert beeinflusst. Folglich muss auch der Abstand zwischen der Innenelektrode und dem Hautstück konstant und möglichst gering sein (1-2 mm).

Ist der gemessene Widerstand größer als 20 kΩ, so kann dies daran liegen, dass ein Rest der Testsubstanz die Epidermisoberfläche des Hautstücks bedeckt. Zur weiteren Entfernung dieser Schicht kann beispielsweise versucht werden, das PTFE-Rohr mit dem durch einen Gummihandschuh geschützten Daumen zu verschließen und das Rohr ca. 10 Sekunden lang zu schütteln; anschließend wird die MgSO4–Lösung weggeschüttet und die Widerstandsmessung mit frischer MgSO4-Lösung wiederholt.

Eigenschaften und Abmessungen der Testapparatur und das verwendete Versuchsverfahren können die ermittelten TER-Werte beeinflussen. Der Schwellenwert von 5 kΩ für hautätzende Wirkung wurde aus Daten entwickelt, die mit der/dem in dieser Methode beschriebenen speziellen Versuchsanordnung und Versuchsverfahren ermittelt wurden. Abweichende Schwellen- und Kontrollwerte gelten möglicherweise, wenn sich die Testbedingungen ändern oder eine andere Versuchsanordnung verwendet wird. Daher müssen die Schwellenwerte für die Methodik und den Widerstand durch Prüfung einer Reihe von Referenznormalen kalibriert werden, die aus den in der Validierungsstudie (4) (5) verwendeten Chemikalien ausgewählt wurden, oder aus Chemikalienklassen, die den untersuchten Chemikalien ähneln. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über geeignete Referenzchemikalien.

1.5.5.   Farbbindungsmethoden

Bei bestimmten nicht hautätzenden Materialien, denen die Haut ausgesetzt ist, kann der Widerstand unter den Schwellenwert von 5 kΩ sinken, wodurch es zum Ionendurchtritt durch die Hornhaut kommt und der elektrische Widerstand absinkt (5). So können beispielsweise neutrale organische Stoffe und Chemikalien mit oberflächenaktiven Eigenschaften (u. a. Detergenzien, Emulgatoren und andere Tenside) die Hautlipide entziehen, wodurch die Trennschicht ionendurchlässiger wird. Liegen die TER-Werte der Testsubstanzen also unter oder um 5 kΩ und sind keine optischen Anzeichen einer Schädigung zu erkennen, ist eine Beurteilung des Farbeindringvermögens an den Kontroll- und behandelten Hautgeweben durchzuführen, um festzustellen, ob die ermittelten TER-Werte durch gestiegene Hautpermeabilität oder durch hautätzende Wirkung zustande kamen (3) (5). In letzterem Fall dringt, wenn eine Unterbrechung der Hornhaut vorliegt, der auf die Hautoberfläche aufgetragene Farbstoff Sulforhodamin B rasch ein und verursacht eine Verfärbung des darunter liegenden Hautgewebes. Dieser Farbstoff ist gegenüber einer breiten Palette von Chemikalien stabil und wird durch das nachstehend beschriebene Extraktionsverfahren nicht beeinflusst.

1.5.5.1.   Anwendung und Entfernung von Sulforhodamin-B-Farbstoff

Nach der Beurteilung der TER-Tests wird das Magnesiumsulfat aus dem Röhrchen abgeschüttet und die Haut sorgfältig auf erkennbare Schäden untersucht. Sind keine erkennbaren größeren Schädigungen festzustellen, wird Farbstoff Sulforhodamin B (Acid Red 52; C.I. 45100; EINECS-Nummer 222-529-8; CAS-Nummer 3520-42-1), 150 μl in einer 10 %igen (w/v) Verdünnung in destilliertem Wasser 2 Stunden lang auf die Epidermisoberfläche jedes Hautstücks aufgetragen. Diese Hautstücke werden anschließend bei einer Temperatur bis zur Raumtemperatur unter fließendem Wasser ca. 10 Sekunden lang abgewaschen, um überschüssige/ungebundene Farbe zu entfernen. Jedes Hautstück wird sorgfältig vom PTFE-Rohr entfernt und in ein Gefäß (z. B. ein 20-ml-Szintillationsfläschchen) eingelegt, das entionisiertes Wasser (8 ml) enthält. Die Fläschchen werden 5 Minuten lang vorsichtig geschüttelt, um restliche ungebundene Farbe zu entfernen. Nach Wiederholung des Spülvorgangs werden die Hautstücke entnommen und in Fläschchen eingelegt, die 5 ml 30 %iges (w/v) Natriumdodecylsulfat (SDS) in destilliertem Wasser enthalten, und über Nacht bei 60 oC aufbewahrt.

Nach dieser Inkubation werden die einzelnen Hautstücke entnommen und entsorgt und die verbleibende Lösung 8 Minuten lang bei 21 oC zentrifugiert (relative Zentrifugalkraft ~175 × g). Eine 1-ml-Probe des oberflächenaktiven Stoffs wird 1:5 (v/v) (d. h. 1 ml + 4 ml) mit 30 %igem (w/v) SDS in destilliertem Wasser verdünnt. Die optische Dichte (OD) der Lösung wird bei 565 nm gemessen.

1.5.5.2.   Berechnung des Farbgehalts

Der Gehalt an Sulforhodamin-B-Farbstoff je Hautstück wird mittels der OD-Werte (5) berechnet (molarer Extinktionskoeffizient von Sulforhodamin B bei 565 nm = 8,7 × 104, Molekulargewicht = 580). Der Farbstoffgehalt wird für jedes der drei Hautstücke durch eine entsprechende Kalibrierungskurve bestimmt und dann der mittlere Farbstoffgehalt für die Wiederholungs-Gleichtests berechnet.

2.   DATEN

Die Widerstandswerte (kΩ) und ggf. der mittlere Farbstoffgehalt (μg/Hautstück) für das Testmaterial sowie für Positiv- und Negativkontrollen sind in Tabellenform (Einzelversuchsdaten und Mittelwerte ± statistische Abweichung) einschließlich der Daten für Wiederholungs-Gleichtests und Mehrfachbestimmungen sowie der Mittelwerte und Einzelwerte in Berichten zusammenzufassen.

2.1.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die mittleren TER-Werte werden akzeptiert, wenn die Ergebnisse der gleichzeitigen Positiv- und Negativkontrollen innerhalb der akzeptablen Bereiche für die Methode im Testlabor liegen. Die akzeptablen Widerstandsbereiche für die oben beschriebene Methode und Versuchsanordnung lauten wie folgt:



KontrolleSubstanzWiderstandsbereich (kΩ)
Positiv10M Chlorwasserstoffsäure0,5 - 1,0
NegativDestilliertes Wasser10-25

Die ermittelten Mittelwerte der Farbbindung werden nur akzeptiert, sofern die Ergebnisse der gleichzeitig getesteten Kontrollen innerhalb definierter Akzeptanzgrenzen der betreffenden Methode liegen. Für die Kontrollsubstanzen der oben beschriebenen Methodik und Versuchsanordnung werden folgende Akzeptanzbereiche vorgeschlagen:



KontrolleSubstanzFarbgehaltsbereich (μg/Hautstück)
Positiv10M Chlorwasserstoffsäure40-100
NegativDestilliertes Wasser15-35

Die Testsubstanz gilt als nicht hautätzend:

i)
wenn der Mittelwert des für die Testsubstanz ermittelten TER-Werts größer als 5 kΩ ist oder
ii)
wenn der Mittelwert des TER-Werts gleich 5 kΩ oder kleiner ist und
das Hautstück keine wahrnehmbaren Veränderungen erkennen lässt, und
der mittlere Farbstoffgehalt des Hautstücks deutlich unter dem mittleren Farbstoffgehalt des Hautstücks der gleichzeitig mit 10M HCl durchgeführten Positivkontrolle liegt.

Die Testsubstanz gilt als hautätzend:

i)
wenn der Mittelwert des TER-Werts gleich 5 kΩ oder kleiner ist und das Hautstück offensichtliche Schädigungen aufweist oder
ii)
wenn der Mittelwert des TER-Werts gleich 5 kΩ oder kleiner ist und
das Hautstück keine offensichtlichen Schädigungen aufweist, aber
der mittlere Farbstoffgehalt größer oder gleich dem mittleren Farbstoffgehalt der gleichzeitig mit 10M HCl ermittelten Positivkontrolle ist.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

Test- und Kontrollsubstanzen:

chemische Bezeichnung(en) wie IUPAC oder CAS-Bezeichnung und CAS-Nummer, sofern bekannt;
Reinheit und Zusammensetzung der Substanz oder Zubereitung (in Gewichts- %), physikalische Eigenschaften;
physikalisch-chemische Eigenschaften wie physikalischer Zustand, pH-Wert, Stabilität, Wasserlöslichkeit, die für die Durchführung der Untersuchung relevant sind;
Behandlung der Test-/Kontrollsubstanzen vor dem Test, sofern relevant (z. B. Erwärmen, Mahlen);
Stabilität, sofern bekannt.

Versuchstiere:

Abstammung und Geschlecht;
Alter der Tiere zum Zeitpunkt der Verwendung als Spendertiere;
Herkunft, Unterbringungsbedingungen, Ernährung usw.;
Details der Herstellung der Hautstücke.

Testbedingungen:

Eichkurven für die Versuchsapparaturen;
Eichkurven für die Durchführung des Farbbindungstests;
Details des Testverfahrens für die TER-Messungen;
Details des Testverfahrens für die Beurteilung der Farbbindefähigkeit (sofern relevant);
Beschreibung etwaiger an den Testverfahren vorgenommener Änderungen;
Beschreibung der zugrunde gelegten Beurteilungskriterien.

Ergebnisse:

Darstellung der Daten der TER- und Farbbindungstests in Tabellenform (sofern relevant) für Einzeltiere und einzelne Hautproben;
Beschreibung etwaiger beobachteter Wirkungen.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) OECD (2001) Harmonised Integrated Classification System for Human Health and Environmental Hazards of Chemical Substances and Mixtures. OECD Series on Testing and Assessment Number 33. ENV/JM/MONO(2001)6, Paris. http://www.olis.oecd.org/olis/2001doc.nsf/LinkTo/env-jm-mono(2001)6.

(2) Testmethode B.4. Acute Toxicity: Dermal Irritation/Corrosion (Akute Toxizität: Hautreizung/hautätzende Wirkung).

(3) Botham, P.A., Chamberlain, M., Barratt, M.D., Curren, R.D., Esdaile, D.J., Gardner, J.R., Gordon, V.C., Hildebrand, B., Lewis, R.W., Liebsch, M., Logemann, P., Osborne, R., Ponec, M., Regnier, J.F., Steiling, W., Walker, A.P., and Balls, M. (1995). A prevalidation study on in vitro skin corrosivity testing. The report and recommendations of ECVAM Workshop 6. ATLA 23, 219-255.

(4) Barratt, M.D., Brantom, P.G., Fentem, J.H., Gerner, I., Walker, A.P., and Worth, A.P. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 1. Selection and distribution of the test chemicals. Toxic. in Vitro 12, 471-482.

(5) Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhütter, H.-G., and Liebsch, M. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxic. in Vitro 12, 483-524.

(6) OECD (1996). Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods, 62 S.

(7) Balls, M., Blaauboer, B.J., Fentem. J.H., Bruner. L., Combes, R.D., Ekwall, B., Fielder. R.J., Guillouzo, A., Lewis, R.W., Lovell, D.P., Reinhardt, C.A., Repetto, G., Sladowski. D., Spielmann, H., and Zucco, F. (1995). Practical aspects of the validation of toxicity test procedures. The report and recommendations of ECVAM workshops. ATLA 23, 129-147.

(8) ICCVAM (Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods). (1997). Validation and Regulatory Acceptance of Toxicological Test Methods. NIH Publication No. 97-3981. National Institute of Environmental Health Sciences, Research Triangle Park, NC, USA. http://iccvam.niehs.nih.gov/docs/guidelines/validate.pdf.

(9) ECVAM (1998). ECVAM News & Views. ATLA 26, 275-280.

(10) ICCVAM (Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods). (2002). ICCVAM evaluation of EpiDermTM, EPISKINTM (EPI-200), and the Rat Skin Transcutaneous Electrical Resistance (TER) assay: In Vitro test methods for assessing dermal corrosivity potential of chemicals. NIH Publication No. 02-4502. National Toxicology Program Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods, National Institute of Environmental Health Sciences, Research Triangle Park, NC, USA. http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/epiddocs/epis_brd.pdf.

(11) OECD (2002) Extended Expert Consultation Meeting on The In Vitro Skin Corrosion Test Guideline Proposal, Berlin, 1st –2nd November 2001, Secretariat's Final Summary Report, 27. März 2002, OECD ENV/EHS; auf Anfrage beim Sekretariat erhältlich.

(12) Oliver, G.J.A., Pemberton, M.A. and Rhodes, C. (1986). An in vitro skin corrosivity test — modifications and validation. Fd. Chem. Toxicol. 24, 507-512.

(13) Botham, P.A., Hall, T.J., Dennett, R., McCall, J.C., Basketter, D.A., Whittle, E., Cheeseman, M., Esdaile, D.J. and Gardner, J. (1992). The skin corrosivity test in vitro: results of an interlaboratory trial. Toxic, in Vitro 6, 191-194.

(14) Worth A.P, Fentem J.H., Balls M, Botham P.A, Curren R.D, Earl L.K, Esdaile D.J, Liebsch M. (1998). An Evaluation of the Proposed OECD Testing Strategy for Skin Corrosion. ATLA 26: 709-720.

(15) Basketter, D.A., Chamberlain, M., Griffiths, H.A., Rowson, M., Whittle, E., York, M. (1997). The classification of skin irritants by human patch test. Fd. Chem. Toxicol. 35, 845-852.

(16) Oliver G.J.A, Pemberton M.A. and Rhodes C. (1988). An In Vitro model for identifying skin-corrosive chemicals. I. Initial Validation. Toxic, in Vitro. 2, 7-17.

Abbildung 1

Apparatur für den TER-Test mit Rattenhaut

Abbildung 2

Abmessungen der Polytetrafluorethylen- (PFTE-) und Rezeptorrohre und der verwendeten Elektroden

Kritische Faktoren der obigen Apparaturen

Innendurchmesser des PTFE-Rohrs,
Länge der Elektroden in Relation zum PTFE-Rohr und zum Rezeptorrohr, so dass die Hautscheibe nicht mit den Elektroden in Kontakt kommt und die Elektrode auf einer Standardlänge mit der MgSO4-Lösung in Kontakt steht,
die Menge an MgSO4-Lösung im Rezeptorrohr muss in Relation zum Füllstand im PTFE-Rohr den in Abbildung 1 dargestellten Flüssigkeitsstand ergeben,
das Hautstück muss so am PTFE-Rohr befestigt sein, dass der elektrische Widerstand ein richtiges Maß für die Hauteigenschaften darstellt.

B.40.bis.   IN-VITRO-PRÜFUNG AUF HAUTÄTZENDE WIRKUNG: TEST MIT MENSCHLICHEM HAUTMODELL

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 431 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Unter hautätzender Wirkung versteht man die irreversible Schädigung eines getesteten Gewebes nach Anwendung eines Testmaterials (gemäß Definition im weltweit harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von chemischen Substanzen und Gemischen (GHS — Globally Harmonised System for the Classification and Labelling of Chemical Substances and Mixtures)) (1). Bei dieser Testmethode ist die Verwendung lebender Tiere oder tierischen Gewebes für die Beurteilung der hautätzenden Wirkung nicht erforderlich.

Bei der Beurteilung der hautätzenden Wirkung wurden üblicherweise Labortiere als Versuchstiere eingesetzt (2). Bedenken hinsichtlich der Schmerzen und Leiden der hierfür verwendeten Tiere wurden bei der Überarbeitung von Testmethode B.4 berücksichtigt, mit der die hautätzende Wirkung durch alternative In-vitro-Methoden ermittelt werden kann und somit unnötige Schmerzen und Leiden vermieden werden.

Als erster Schritt auf dem Weg zur Erarbeitung alternativer Tests, die unter gesetzgeberischen Aspekten für die Prüfung auf hautätzende Wirkung eingesetzt werden können, wurden Vorvalidierungsstudien (3) durchgeführt. Im Anschluss hieran erfolgte eine formelle Validierungsstudie von In-vitro-Methoden zur Beurteilung der hautätzenden Wirkung (4) (5) (6) (7) (8). Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Studien sowie weiterer Veröffentlichungen (9) erging die Empfehlung, die nachstehenden Tests als geeignet für die In-vivo-Beurteilung auf hautätzende Wirkung einzustufen (10) (11) (12) (13): den Test mit einem menschlichen Hautmodell (die hier beschriebene Testmethode) sowie den TER-Test (transcutaneous electrical resistance test — siehe Testmethode B.40).

In Validierungsstudien wurde festgestellt, dass bei Tests mit dem menschlichen Hautmodell (3) (4) (5) (9) zuverlässig zwischen bekannten hautätzenden Stoffen und solchen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, unterschieden werden kann. Das Testprotokoll kann auch Angaben zur Unterscheidung zwischen stark und weniger stark hautätzend wirkenden Substanzen liefern.

Der in der vorliegenden Methode beschriebene Test ermöglicht die Feststellung ätzend wirkender chemischer Stoffe und Gemische. Außerdem können damit Stoffe und Gemische festgestellt werden, die keine ätzende Wirkung aufweisen, wenn dies durch eine Weight-of-Evidence-Ermittlung unter Auswertung anderer vorliegender Informationen untermauert wird (z. B. pH, Struktur-Wirkungs-Beziehungen, menschliche und/oder tierische Daten) (1) (2) (13) (14). Informationen zu Hautreizungen vermittelt dieser Test normalerweise nicht; außerdem ermöglicht er auch nicht die Unterkategorisierung hautätzender Stoffe gemäß den Zulässigkeitskriterien des GHS-Systems (1).

Zur umfassenden Beurteilung lokaler Wirkungen auf die Haut nach einmaliger dermaler Exposition wird empfohlen, die sequenzielle Teststrategie einzuhalten, die in der Anlage zu Testmethode B.4 (2) und im GHS-System (1) festgelegt ist. Diese Teststrategie umfasst die Durchführung von In-vitro-Tests auf hautätzende Wirkung (wie sie in dieser Methode beschrieben werden) und Hautreizungen, bevor Tests an lebenden Tieren in Betracht gezogen werden.

1.2.   DEFINITIONEN

In-vivo-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Herbeiführung irreversibler Schädigung des Hautgewebes: sichtbare Nekrose durch die Epidermis und in die Dermis nach Auftragen eines Teststoffs über einen Zeitraum von bis zu 4 Stunden. Hautätzende Reaktionen sind typischerweise begleitet von Geschwüren, Blutungen, blutigem Schorf sowie am Ende des 14-tägigen Beobachtungszeitraums von Verfärbungen als Folge der Ausbleichung der Haut, Bereichen vollständiger Alopezie sowie Narbenbildung. Bei der Beurteilung fragwürdiger Schädigungen ist die Histopathologie mit zu berücksichtigen.

Viabilität der Zellen: Parameter zur Messung der Gesamtaktivität einer Zellenpopulation (z. B. Fähigkeit der zellulären mitochondrialen Dehydrogenasen, die lebenswichtige Farbstoff-MTT zu reduzieren), die je nach gemessenem Endpunkt und verwendetem Testaufbau mit der Gesamtzahl und/oder Vitalität der Zellen korreliert.

1.3.   REFERENZSTOFFE



Tabelle 1

Referenzchemikalien

BezeichnungEINECS-Nr.CAS-Nr.
1,2-Diaminopropan201-155-978-90-0Stark hautätzend
Acrylsäure201-177-979-10-7Stark hautätzend
2-tert. Butylphenol201-807-288-18-6Hautätzend
Kaliumhydroxid (10 %)215-181-31310-58-3Hautätzend
Schwefelsäure (10 %)231-639-57664-93-9Hautätzend
Octansäure (Caprylsäure)204-677-5124-07-02Hautätzend
4-Amino-1,2,4-Triazol209-533-5584-13-4Nicht hautätzend
Eugenol202-589-197-53-0Nicht hautätzend
Phenethylbromid203-130-8103-63-9Nicht hautätzend
Tetrachlorethylen204-825-927-18-4Nicht hautätzend
Isostearinsäure250-178-030399-84-9Nicht hautätzend
4-(Methylthio)-Benzaldehyd222-365-73446-89-7Nicht hautätzend

Die meisten der in obiger Liste angegebenen Chemikalien wurden der Liste der für die internationale Validierungsstudie der CEVMA ausgewählten Chemikalien entnommen (4). Die Auswahl stützt sich auf folgende Kriterien:

i)
gleiche Anzahl hautätzender und nicht hautätzender Stoffe,
ii)
gewerblich erhältliche Stoffe, die die meisten maßgeblichen chemischen Klassen abdecken,
iii)
Aufnahme sowohl stark hautätzender als auch weniger hautätzender Stoffe, um eine Unterscheidung nach dem Grad der hautätzenden Wirkung zu ermöglichen,
iv)
Auswahl von Chemikalien, die für eine Laborverwendung geeignet sind, ohne dass dabei — außer der hautätzenden Wirkung — anderweitige schwer wiegende Gefahren auftreten.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Die Testsubstanz wird topisch auf ein dreidimensionales Modell menschlicher Haut aufgebracht, das mindestens eine rekonstruierte Epidermis mit funktionsfähiger Hornhaut aufweist. Ätzende Materialien werden aufgrund ihrer Fähigkeit ermittelt, bei einer spezifischen Expositionsdauer eine Verringerung der Viabilität (Lebensfähigkeit) der Zellen (dies kann beispielsweise mit dem MTT-Reduktionstest festgestellt werden (15)) unter festgelegte Schwellenwerte herbeizuführen. Dieses Testprinzip basiert auf der Hypothese, dass ätzende Chemikalien in der Lage sind, durch Diffusion oder Erosion die Hornhaut zu durchdringen, und darüber hinaus eine zytotoxische Wirkung auf die darunter liegenden Zellschichten ausüben.

1.4.1.   Testverfahren

1.4.1.1.   Modelle menschlicher Haut

Modelle menschlicher Haut können gewerblich aufgebaut oder bezogen werden (z. B. die Modelle EpiDerm™ und EPISKIN™) (16) (17) (18) (19) oder im Versuchslabor entwickelt oder aufgebaut werden (20) (21). Es versteht sich, dass die Verwendung menschlicher Haut einzelstaatlichen und internationalen ethischen Kriterien und Auflagen unterliegt. Jedes neue Modell ist zu validieren (mindestens in dem unter 1.4.1.1.2 beschriebenen Umfang). Modelle menschlicher Haut, die für diese Tests verwendet werden, müssen folgende Auflagen erfüllen:

1.4.1.1.1.   Allgemeine Bedingungen für die Modelle

Die Epithelschicht ist aus menschlichen Keratinozyten aufzubauen. Unter der funktionsfähigen Hornhaut müssen mehrere Lagen lebensfähiger Epithelzellen vorhanden sein. Das Hautmodell kann außerdem eine Schicht aus Stromalkomponenten aufweisen. Die Hornhaut muss aus mehreren Schichten bestehen und das notwendige Lipidprofil für den Aufbau einer funktionsfähigen Sperre aufweisen, die gegen das rasche Durchdringen zytotoxischer Markerstoffe beständig ist. Die Rückhalteeigenschaften des Modells müssen so gestaltet sein, dass der Durchtritt von Material rund um die Hornhaut in das lebensfähige Gewebe verhindert wird. Durch den Durchtritt der Testchemikalien um die Hornhaut kommt es zu einer mangelhaften Modellierung der Einwirkung auf die Haut. Das Hautmodell muss frei von bakterieller Kontamination (einschließlich Mykoplasma) und Pilzkontamination sein.

1.4.1.1.2.   Bedingungen für das Funktionsmodell

Die Größenordnung der Viabilität wird normalerweise durch die MTT oder andere metabolisch konvertierte vitale Farbstoffe quantifiziert. In diesen Fällen muss die optische Dichte (OD) des extrahierten (solubilisierten) Farbstoffs des negativen Kontrollgewebes mindestens dem Zwanzigfachen der OD des Extraktionslösemittels entsprechen (siehe Übersicht unter (22)). Das negative Kontrollgewebe muss während der Testexpositionsdauer in der Kultur stabile Eigenschaften aufweisen (d. h. zu ähnlichen Viabilitätsmessergebnissen führen). Die Hornhaut muss so robust sein, dass sie gegen das rasche Eindringen bestimmter zytotoxischer Markerchemikalien (z. B. 1 % Triton X-100) ausreichend beständig ist. Diese Eigenschaft kann anhand der Expositionszeit bestimmt werden, die notwendig ist, um die Zellviabilität um 50 % (ET50) zu reduzieren (bei den Modellen EpiDerm™ und EPISKIN™ liegt sie beispielsweise bei > 2 Stunden). Die Reproduktionsfähigkeit des Gewebes muss im zeitlichen Verlauf und vorzugsweise zwischen den Labors nachgewiesen werden. Darüber hinaus muss das Gewebe sich für die Vorhersage der hautätzenden Eigenschaften der Referenzchemikalien (siehe Tabelle 1) bei Verwendung im ausgewählten Testprotokoll eignen.

1.4.1.2.   Anwendung der Test- und Kontrollsubstanzen

Für jede Behandlung (Expositionszeit) einschließlich der Kontrollen werden zwei Wiederholungs-Gleichtests des Gewebes verwendet. Bei flüssigen Materialien muss eine ausreichende Menge der Testsubstanz gleichmäßig aufgetragen werden, so dass die Hautoberfläche bedeckt ist; hierfür ist eine Mindestmenge von 25 μl/cm2 zu verwenden. Bei Feststoffen ist eine ausreichende Menge der Testsubstanz gleichmäßig aufzutragen, so dass die Haut gleichmäßig bedeckt ist, und anschließend mit entionisiertem oder destilliertem Wasser zu befeuchten, so dass guter Kontakt mit der Haut gewährleistet ist. Soweit zweckmäßig, sind Feststoffe vor der Applikation zu einem Pulver zu mahlen. Es ist eine für die Testsubstanz geeignete Applikationsmethode zu wählen (siehe beispielsweise (5)). Am Ende der Expositionszeit ist das Testmaterial mit einer geeigneten Pufferlösung oder 0,9 %iger NaCl-Lösung sorgfältig von der Hautoberfläche abzuwaschen.

Zu jeder Studie sind gleichzeitige Positiv- und Negativkontrollen durchzuführen, damit eine angemessene Eignung des Experimentalmodells gewährleistet ist. Als Substanz für die Positivkontrolle wird Eisessig oder 8N KOH empfohlen. Als Substanz für die Negativkontrollen wird 0,9 %ige NaCl-Lösung oder Wasser empfohlen.

1.4.1.3.   Messungen der Zellviabilität

Zur Messung der Zellviabilität dürfen nur quantitative, validierte Methoden eingesetzt werden. Außerdem muss das Maß für die Viabilität mit der Verwendung in einem dreidimensionalen Gewebekonstrukt kompatibel sein. Eine unspezifische Farbstoffbindung darf die Viabilitätsmessung nicht beeinträchtigen. Protein-Bindefarbstoffe und solche Farbstoffe, bei denen keine metabolische Konversion erfolgt (z. B. Neutralrot), sind daher nicht geeignet. Der am häufigsten verwendete Test ist die MTT-Reduktion — 3-(4,5-Dimethylthiazol-2yl)-2,5-Diphenyltetrazol-Bromid, Thiazolylblau: EINECS-Nummer 206-069-5, CAS-Nummer 298-93-1 —, die nachweislich genaue und reproduzierbare Ergebnisse liefert (5); allerdings ist auch die Verwendung anderer Substanzen zulässig. Die Hautprobe wird ca. 3 Stunden in eine MTT-Lösung geeigneter Konzentration (z. B. 0,3 -1 mg/ml) bei einer geeigneten Inkubationstemperatur eingelegt. Die blaue Formazonausfällung wird anschließend mit einem Lösemittel (Isopropanol) extrahiert und die Formazonkonzentration durch Bestimmung des OD-Wertes bei einer Wellenlänge zwischen 540 und 595 nm gemessen.

Die chemische Wirkung des Testmaterials auf den Vitalfarbstoff kann die Wirkung des Zellmetabolismus nachahmen, wodurch es zu falschen Viabilitätsschätzungen kommen kann. Derartige Erscheinungen wurden in Fällen beobachtet, in denen das Testmaterial durch Spülen nicht vollständig von der Haut entfernt wurde (9). Wenn das Testmaterial direkt auf den Vitalfarbstoff wirkt, ist durch zusätzliche Kontrollen festzustellen, ob die Testsubstanzen die Viabilitätsmessungen beeinflussen (9) (23), und es sind ggf. entsprechende Korrekturen vorzunehmen.

2.   DATEN

Für jedes Gewebe sind die OD-Werte und die berechnete prozentuale Zellviabilität des Testmaterials, Positiv- und Negativkontrollen in Tabellenform im Bericht anzugeben, einschließlich der Daten von Mehrfachbestimmungen und Wiederholungstests sowie der Mittelwerte und Einzeldaten.

2.1.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die für jede Testprobe ermittelten OD-Werte können zur Berechnung einer prozentualen Viabilität im Vergleich zur Negativkontrolle herangezogen werden, die willkürlich gleich 100 % gesetzt wird. Der Schwellenwert der prozentualen Zellviabilität, der zur Unterscheidung zwischen ätzenden und nicht ätzenden Testsubstanzen verwendet wird (bzw. zur Differenzierung des ätzenden Potenzials in weiteren Unterklassen), oder die statistischen Verfahren zur Beurteilung der Ergebnisse und Bestimmung ätzender Materialien müssen in eindeutiger Form definiert und dokumentiert werden, und es muss die Richtigkeit dieser Werte bestätigt werden. Im Allgemeinen werden diese Schwellenwerte bei der Testoptimierung festgelegt, während einer Vorvalidierungsphase getestet und in einer Validierungsstudie bestätigt. Die Vorhersage der hautätzenden Wirkung beim EpiDerm™-Modell lautet beispielsweise (9):

Die Testsubstanz gilt als „hautätzend“:

i)
wenn die Viabilität nach einer 3-minütigen Exposition weniger als 50 % beträgt oder
ii)
wenn die Viabilität nach einer 3-minütigen Exposition gleich 50 % oder höher ist und die Viabilität nach einer einstündigen Exposition weniger als 15 % beträgt.

Die Testsubstanz gilt als „nicht hautätzend“:

i)
wenn die Viabilität nach einer 3-minütigen Exposition gleich 50 % oder höher ist und die Viabilität nach einer einstündigen Exposition gleich 15 % oder höher ist.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

Test- und Kontrollsubstanzen:

chemische Bezeichnung(en) wie IUPAC oder CAS-Bezeichnung und CAS-Nummer, sofern bekannt;
Reinheit und Zusammensetzung der Substanz oder Zubereitung (in Gewichtsprozent);
physikalisch-chemische Eigenschaften wie physikalischer Zustand, pH-Wert, Stabilität, Wasserlöslichkeit, die für die Durchführung der Untersuchung relevant sind;
Behandlung der Test-/Kontrollsubstanzen vor dem Test, sofern relevant (z. B. Erwärmen, Mahlen);
Stabilität, sofern bekannt.

Begründung für das verwendete Hautmodell und Protokoll.

Testbedingungen:

verwendetes Zellsystem;
Eichdaten für das zur Messung der Zellviabilität verwendete Messgerät (z. B. Spektrofotometer);
umfassende Begleitinformationen für das verwendete spezifische Hautmodell (einschließlich der Validität des Modells);
Details zum verwendeten Testverfahren;
verwendete Testdosen;
Beschreibung etwaiger Änderungen am Testverfahren;
Verweis auf historische Verlaufsdaten zu dem Modell.
Beschreibung der zugrunde gelegten Beurteilungskriterien.

Ergebnisse:

tabellarische Darstellung der Daten aus Einzelproben;
Beschreibung sonstiger beobachteter Wirkungen.

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   HINWEISE

(1) OECD (2001) Harmonised Integrated Classification System for Human Health and Environmental Hazards of Chemical Substances and Mixtures. OECD Series on Testing and Assessment Number 33. ENV/JM/MONO(2001)6, Paris. http://www.olis.oecd.org/olis/2001 doc.nsf/LinkTo/env-jm-mono(2001)6.

(2) Testing Method B.4. Acute Toxicity: Dermal Irritation/Corrosion (akute Toxizität: Hautreizung/hautätzende Wirkung).

(3) Botham, P.A., Chamberlain, M., Barratt, M.D., Curren, R.D., Esdaile, D.J., Gardner, J.R., Gordon, V.C., Hildebrand, B., Lewis, R.W., Liebsch, M., Logemann, P., Osborne, R., Ponec, M., Regnier, J.F., Steiling, W., Walker, A.P., and Balls, M. (1995). A prevalidation study on in vitro skin corrosivity testing. The report recommendations of ECVAM Workshop 6 ATLA 23, 219-255.

(4) Barratt, M.D., Brantom, P.G., Fentem, J.H., Gerner, I., Walker, A.P., and Worth, A.P. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 1. Selection and distribution of the test chemicals. Toxic. In Vitro 12, 471-482.

(5) Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Esdaile, D.J., Holzhutter, H.G. and Liebsch, M. (1998). The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team Toxic. In Vitro 12, 483-524.

(6) OECD (1996). Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods, 62 S.

(7) Balls, M., Blaauboer, B.J., Fentem, J.H., Bruner, L., Combes, R.D., Ekwall, B., Fielder, R.J., Guillouzo, A., Lewis, R.W., Lovell, D.P., Reinhardt, CA., Repetto, G., Sladowski, D., Spielmann, H., and Zucco, F. (1995). Practical aspects of the validation of toxicity test procedures. Test report and recommendations of ECVAM workshops. ATLA 23, 129-147.

(8) ICCVAM (Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods). (1997). Validation and Regulatory Acceptance of Toxicological Test Methods. NIH Publication No. 97-3981. National Institute of Environmental Health Sciences, Research Triangle Park, NC, USA. http://iccvam.niehs.nih.gov/docs/guidelines/validate.pdf.

(9) Liebsch, M., Traue, D., Barrabas, C, Spielmann, H., Uphill, P., Wilkins, S., McPherson, J.P., Wiemann, C, Kaufmann, T., Remmele, M. and Holzhutter, H.G. (2000). The ECVAM prevalidation study on the use of EpiDerm for skin Corrosivity testing. ATLA 28, 371-401.

(10) ECVAM (1998). ECVAM News & Views. ATLA 26, 275-280.

(11) ECVAM (2000). ECVAM News & Views. ATLA 28, 365-67.

(12) ICCVAM (Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods). (2002). ICCVAM evaluation of EpiDerm™, EPISKIN™ (EPI-200) and the Rat Skin Transcutaneous Electrical Resistance (TER) assay: In Vitro test methods for assessing dermal corrosivity potential of chemicals. NIH Publication No. 02-4502. National Toxicology Program Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods, National Institute of Environmental Health Sciences, Research Triangle Park, NC, USA. http:/iccvam.niehs.nih.gov/methods/epiddocs/epis^rd.pdf.

(13) OECD (2002) Extended Expert Consultation Meeting on The In Vitro Skin Corrosion Test Guideline Proposal, Berlin, 1st - 2nd November 2001, Secretariat's Final Summary Report, 27th March 2002, OECD ENV/EHS, auf Anfrage beim Sekretariat erhältlich.

(14) Worth AP, Fentem JH, Balls M, Botham PA, Curren RD, Earl LK, Esdaile DJ, Liebsch M (1998). An Evaluation of the Proposed OECD Testing Strategy for Skin Corrosion. ATLA 26, 709-720.

(15) Mosmann, T. (1983). Rapid colorimetric assay for cellular growth and survival: application to proliferation and cytotoxicity asssays. J.Immunol. Meth. 65, 55-63.

(16) Cannon, C.L., Neal, P.J., Southee, J.A., Kubilus, J., and Klausner, M., 1994. New epidermal model for dermal irritancy testing. Toxic. In Vitro 8, 889-891.

(17) Ponec, M., Boelsma, E., Weerheim, A., Mulder, A., Boutwstra, J., and Mommaas, M., 2000. Lipid and ultrastructural characterization of reconstructed skin models. International Journal of Pharmaceutics. 203, 211-225.

(18) Tinois E., Gaetani Q., Gayraud B., Dupont D., Rougier A., Pouradier D.X. (1994). The Episkin model: Successful reconstruction of human epidermis in vitro. In vitro Skin Toxicology. Edited by A. Rougier, A.M. Goldberg and H.I. Maibach: 133-140.

(19) Tinois E., Tiollier J., Gaucherand M., Dumas H., Tardy M., Thivolet J. (1991). In vitro and post -transplantation differentiation of human keratinocytes grown on the human type IV collagen film of a bilayered dermal substitute. Experimental Cell Research 193, 310-319.

(20) Parentau, N.L., Bilbo, P., Molte, C.J., Mason, V.S., and Rosenberg, H. (1992). The organotypic culture of human skin keratinocytes and fibroblasts to achieve form and function. Cytotechnology 9, 163-171.

(21) Wilkins, L.M., Watson, S.R., Prosky, S.J., Meunier, S.F., Parentau, N.L. (1994). Development of a bilayered living skin construct for clinical applications. Biotechnology and Bioengineering 43/8, 747-756.

(22) Marshall, N.J., Goodwin, C.J., Holt, S.J. (1995). A critical assessment of the use of microculture tetrazolium assays to measure cell growth and function. Growth Regulation 5, 69-84.

(23) Fentem, J.H., Briggs, D., Chesne', C, Elliot, G.R., Harbell, J.W., Heylings, J.R., Portes, P., Rouget, R., van de Sandt, J.J.M., and Botham, P.A. (2001). A prevalidation study on in vitro tests for acute skin irritation: results and evaluation by the Management Team. Toxic. InVitro 15, 57-93.

B.41.   IN-VITRO-3T3-NRU-FOTOTOXIZITÄTSTEST

1.   METHODE

Diese Methode entspricht OECD TG 432 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Unter Fototoxizität versteht man die toxische Reaktion eines auf den Körper aufgebrachten chemischen Stoffs, die bei anschließender Lichtexposition (in einer bei niedrigerer Dosierung wahrnehmbaren Form) entsteht oder verstärkt wird oder die durch Bestrahlung der Haut nach systematischer Verabreichung eines chemischen Stoffs induziert wird.

Der In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest dient zur Erfassung des fototoxischen Potenzials einer Testsubstanz, das nach Lichtexposition durch die erkannte Chemikalie induziert wird. Bei diesem Test wird die Fotozytotoxizität anhand der relativen Reduktion der Viabilität der Zellen, die der Chemikalie ausgesetzt sind, unter Einwirkung bzw. Nichteinwirkung von Licht beurteilt. Die durch diesen Test festgestellten Substanzen zeigen nach systemischer Verabreichung und Aufbringung auf der Haut oder nach topischer Anwendung in vivo voraussichtlich fototoxische Wirkung.

Fototoxische Wirkung wurde bei zahlreichen Arten von Chemikalien beobachtet (1) (2) (3) (4). Gemeinsames Merkmal dieser Chemikalien ist, dass sie Lichtenergie im Sonnenlichtbereich absorbieren können. Nach dem ersten fotochemischen Gesetz (dem Grotthaus-Draperschen-Gesetz) ist für eine Fotoreaktion eine ausreichende Lichtquantenabsorption erforderlich. Bevor biologische Tests in Frage kommen, muss daher nach OECD Test Guideline 101 ein UV/vis-Absorptionsspektrum der Testchemikalie ermittelt werden. Es wird davon ausgegangen, dass — wenn der molare Extinktions-/Absorptionskoeffizient unter 10 Liter × mol-1 × cm-1 liegt — der chemische Stoff kein fotoreaktives Potenzial besitzt. Diese Chemikalie braucht dann evtl. nicht durch den In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest oder einen anderen biologischen Test auf schädliche fotochemische Wirkungen getestet zu werden (1) (5). Siehe auch Anlage 1.

Zuverlässigkeit und Relevanz des In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstests wurden in neuerer Zeit untersucht (6) (7) (8) (9). Es wurde nachgewiesen, dass mit dem In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest akute fototoxische Wirkungen bei Tieren und Menschen in vivo vorhergesagt werden können. Der Test ist nicht für die Vorhersage schädlicher Wirkungen ausgelegt, die sich aus einer kombinierten Wirkung eines chemischen Stoffs und von Licht ergeben, d. h., Fotogenotoxizität, Fotoallergie oder Fotokarzinogenität und andere Erscheinungen werden durch diesen Test nicht erfasst, und auch die Beurteilung der fototoxischen Potenz ist damit nicht möglich. Auch indirekte Mechanismen der Fototoxizität, Wirkungen der Stoffwechselprodukte der Testsubstanz oder Wirkungen der Gemische deckt dieser Test nicht ab.

Die Verwendung von metabolisierenden Systemen ist bei sämtlichen In-vitro-Tests eine generelle Voraussetzung für die Vorhersage des genotoxischen und karzinogenen Potenzials; allerdings liegen bis jetzt in der Fototoxikologie nur seltene Fälle vor, in denen eine metabolische Transformation erforderlich ist, damit die Chemikalie als In-vivo- oder In-vitro-Fototoxin wirken kann. Daher ist es derzeit weder notwendig noch wissenschaftlich gerechtfertigt, dass der vorliegende Test mit einem Stoffwechselaktivierungssystem durchgeführt wird.

1.2.   DEFINITIONEN

Bestrahlungsstärke: die Intensität des auf eine Oberfläche auftreffenden ultravioletten (UV) oder sichtbaren Lichts, gemessen in W/m2 oder mW/cm2.

Lichtdosis: die Menge (= Intensität × Zeit) der auf eine Oberfläche auftreffenden ultravioletten (UV) oder sichtbaren Strahlung, ausgedrückt in Joule (= W × s) je Fläche, z. B. J/m2 oder J/cm2.

UV-Licht, Bandbreiten: Die von der Internationalen Beleuchtungskommission (CIE) empfohlenen Bezeichnungen sind: UVA (315-400 nm), UVB (280-315 nm) und UVC (100-280 nm). Andere Bezeichnungen werden ebenfalls verwendet; die Trennung zwischen UVB und UVA erfolgt oft bei 320 nm; UVA kann in UV-A1 und UV-A2 unterteilt werden, wobei die Trennung bei ca. 340 nm liegt.

Zellviabilität: Parameter zur Messung der Gesamtaktivität einer Zellpopulation (z. B. Aufnahme des Vitalfarbstoffs „Neutralrot“ in Zell-Lysosomen), die je nach dem gemessenen Endpunkt und der angewandten Versuchsauslegung mit der Gesamtzahl und/oder der Vitalität der Zellen korreliert.

Relative Zellviabilität: Zellviabilität, ausgedrückt in Relation zu Negativkontrollen (Lösemittel), die das gesamte Testverfahren (entweder +Irr oder –Irr) durchlaufen, jedoch nicht mit einer Testchemikalie behandelt wurden.

PIF (Fotoirritationsfaktor): ein Faktor, der durch Vergleich von zwei gleich wirksamen zytotoxischen Konzentrationen (IC50) der chemischen Testsubstanz in Abwesenheit (–Irr) und in Anwesenheit (+Irr) nicht zytotoxischer Strahlung mit UVA/vis-Licht ermittelt wird.

IC50: Konzentration der Testchemikalie, bei der die Zellviabilität um 50 % reduziert wird.

MPE (Mean Photo Effect): eine Messgröße, die von einer mathematischen Analyse der Konzentrations-Wirkungs-Kurven hergeleitet wurde, die in Abwesenheit (–Irr) und in Anwesenheit (+Irr) nicht zytotoxischer Strahlung mit UVA/vis-Licht erzielt wurden.

Fototoxizität: eine akute toxische Reaktion, die nach der ersten Exposition der Haut mit bestimmten chemischen Stoffen bei anschließender Lichtexposition eintritt oder die auf ähnliche Weise durch Bestrahlung der Haut nach systemischer Verabreichung eines chemischen Stoffs induziert wird.

1.3.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Der In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest basiert auf dem Vergleich der Zytotoxizität eines chemischen Stoffs, der mit Exposition und ohne Exposition einer nicht zytotoxischen Dosis simulierten Sonnenlichts getestet wird. Die Zytotoxizität wird bei diesem Test ausgedrückt als konzentrationsabhängige Reduktion der Aufnahme des Vitalfarbstoffs Neutralrot, wenn diese 24 Stunden nach der Behandlung mit der Testchemikalie und Bestrahlung gemessen wird (10). Neutralrot (NR) ist ein schwach kationischer Farbstoff, der durch Nichtdiffusion rasch in Zellmembranen eindringt und sich intrazellulär in Lysosomen ansammelt. Veränderungen der Zellenoberfläche der sensitiven Lysosomalmembran führen zu lysosomaler Fragilität und weiteren Veränderungen, die nach und nach irreversibel werden. Derartige, durch die Wirkung von Xenobiotika verursachte Veränderungen bewirken eine verringerte Aufnahme und Bindung von Neutralrot (NR). Auf diese Weise ist eine Unterscheidung zwischen lebensfähigen (viablen), geschädigten und toten Zellen möglich; auf dieser Unterscheidung baut auch der hier beschriebene Test auf.

Balb/c-3T3-Zellen werden zwecks Bildung eines Monolayers 24 Stunden kultiviert. Zwei „96-well“-Platten je Testchemikalie werden sodann mit acht verschiedenen Konzentrationen der Chemikalie 1 Stunde lang vorinkubiert. Daraufhin wird eine der zwei Platten mit der höchsten nicht zytotoxischen Bestrahlungsdosis bestrahlt, während die andere Platte im Dunkeln aufbewahrt wird. In beiden Platten wird dann das Behandlungsmedium durch ein Kulturmedium ersetzt, und nach weiteren 24 Stunden Inkubation wird die Zellviabilität anhand der Neutralrot-Aufnahme bestimmt. Die Zellviabilität, ausgedrückt als Prozentsatz unbehandelter Lösemittelkontrollen, wird für jede Testkonzentration berechnet. Um das fototoxische Potenzial vorherzusagen, wird die mit und ohne Strahlung erzielte Konzentrations-Wirkungs-Kurve verglichen, in der Regel für den IC50-Wert (d. h. die Konzentration, die die Zellviabilität gegenüber unbehandelten Kontrollen um 50 % vermindert).

1.4.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.4.1.   Zubereitungen

1.4.1.1.   Zellen

Eine permanente Mäuse-Fibroblastenzelllinie — Balb/c 3T3, Klon 31 — entweder von der American Type Culture Collection (ATCC), Manassas, VA, USA, oder von der European Collection of Cell Cultures (ECACC), Salisbury, Wiltshire, Vereinigtes Königreich — wurde in der Validierungsstudie verwendet und wird daher zur Beschaffung aus einem qualifizierten Zellendepot empfohlen. Andere Zellen oder Zelllinien können erfolgreich mit demselben Testverfahren verwendet werden, wenn die Kulturbedingungen den spezifischen Bedürfnissen der Zellen angepasst werden, jedoch muss die gleichwertige Eignung der Zellen nachgewiesen werden.

Zellen sollten regelmäßig auf die Abwesenheit von Mykoplasma-Kontamination hin geprüft und nur verwendet werden, wenn keine derartige Kontamination festgestellt wird (11).

Die UV-Empfindlichkeit der Zellen muss regelmäßig nach den in der vorliegenden Verfahrensbeschreibung dargestellten Qualitätssicherungsverfahren kontrolliert werden. Da die UVA-Sensitivität von Zellen mit der erreichbaren Passagenzahl zunehmen kann, sollten Balb/c-3T3-Zellen mit einer möglichst niedrigen Passagenzahl, vorzugsweise weniger als 100, verwendet werden (siehe 1.4.2.2.2 und Anlage 2).

1.4.1.2.   Medien und Kulturbedingungen

Für Routine-Zellpassagen und während des Testverfahrens sollten geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen angewendet werden. Bei Balb/c-3T3-Zellen sind dies DMEM (Dulbecco's Modified Eagle's Medium) mit einem Zusatz von 10 % Serum neugeborener Kälber, 4 mM Glutamin, Penicillin (100 IU) und Streptomycin (100 (μg/ml) sowie Feuchtinkubation bei 37 oC, 5-7,5 % CO2 (je nach Puffer, siehe Abschnitt 1.4.1.4, zweiter Absatz). Es ist dabei besonders wichtig, dass die Zell-Kulturbedingungen eine Zellzykluszeit innerhalb des normalen historischen Bereichs der verwendeten Zellen oder Zelllinien sicherstellen.

1.4.1.3.   Ansetzen der Kulturen

Zellen aus tiefgefrorenen Mutterkulturen werden in einem Kulturmedium in angemessener Dichte ausgesät und mindestens einmal vor ihrer Verwendung im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest passagiert.

Für den Fototoxizitätstest werden Zellen in einem Kulturmedium in einer geeigneten Dichte ausgesät, die sicherstellt, dass die Kulturen zum Ende des Tests, d. h. wenn die Zellviabilität 48 Stunden nach dem Aussäen der Zellen bestimmt wird, ihre maximale Dichte (Konfluenz) noch nicht erreicht haben. Für Balb/c 3-T3-Zellen, die in „96-well“-Platten kultiviert werden, beträgt die empfohlene Zelldichte 1 × 104 Zellen je „well“.

Für jede Testchemikalie werden Zellen identisch in zwei separate „96-well“-Platten ausgesät, die sodann gleichzeitig während des gesamten Testverfahrens unter identischen Kulturbedingungen behandelt werden, abgesehen von dem Zeitraum, in dem eine der Platten (+Irr) bestrahlt und die andere im Dunkeln (–Irr) aufbewahrt wird.

1.4.1.4.   Zubereitung der Testsubstanzen

Testchemikalien müssen unmittelbar vor ihrer Verwendung frisch zubereitet werden, es sei denn, Haltbarkeitsdaten rechtfertigen eine Lagerung der Präparation. Es wird empfohlen, die Behandlung sämtlicher Chemikalien und die Erstbehandlung der Zellen unter Ausleuchtungsbedingungen durchzuführen, bei denen eine Fotoaktivierung oder Degradation der Testsubstanz vor der Bestrahlung vermieden wird.

Die Testchemikalien sollten in einer gepufferten Salzlösung, z. B. EBSS (Earle's Balanced Salt Solution), oder anderen physiologisch ausgewogenen Pufferlösungen, gelöst werden, die, um Interferenzen während der Bestrahlung zu vermeiden, frei sein müssen von Proteinbestandteilen und Licht absorbierenden Bestandteilen (z. B. pH-Indikationsfarben und Vitaminen). Da die Zellen während der Bestrahlung ca. 50 Minuten lang außerhalb des CO2-Inkubators aufbewahrt werden, ist sorgfältig darauf zu achten, dass eine Alkalisierung vermieden wird. Werden schwache Pufferlösungen wie EBSS verwendet, lässt sich dies erreichen, indem die Inkubation der Zellen unter 7,5 %igem CO2 erfolgt. Werden die Zellen bei nur 5 %igem CO2 inkubiert, ist eine stärkere Pufferlösung zu verwenden.

Testchemikalien mit eingeschränkter Wasserlöslichkeit sind in einem geeigneten Lösemittel zu lösen. Wird ein Lösemittel verwendet, muss es in allen Kulturen mit konstantem Volumen vorhanden sein, d. h. in den Negativkontrollen (Lösemittelkontrollen) sowie in sämtlichen Konzentrationen der Testchemikalie, und darf bei dieser Konzentration keine zytotoxische Wirkung zeigen. Die Konzentrationen der Testchemikalien sind so zu wählen, dass Ausfällungen oder Trübungen der Lösung vermieden werden.

Dimethylsulfoxid (DMSO) und Ethanol (EtOH) werden als Lösemittel empfohlen. Andere Lösemittel mit geringer Zytotoxizität sind unter Umständen ebenfalls geeignet. Vor der Verwendung sind jedoch alle Lösemittel sorgfältig auf spezifische Eigenschaften zu untersuchen, wie Reaktion mit der Testchemikalie, Auslöschen der fototoxischen Wirkung, Einfangen von Radikalen und/oder Stabilität der Chemikalie im Lösemittel.

Wirbelmischung (Vortex) und/oder Anwendung von Ultraschall und/oder Erwärmung auf geeignete Temperaturen kommen als Möglichkeiten in Betracht, um die Löslichkeit zu fördern, sofern hierdurch nicht die Stabilität der Testchemikalie beeinträchtigt wird.

1.4.1.5.   Bestrahlungsbedingungen

1.4.1.5.1.   Lichtquelle

Die Wahl der geeigneten Lichtquelle und geeigneter Filter ist ein kritischer Faktor bei den Fototoxizitätstests. Für fototoxische In-vivo-Reaktionen sind in der Regel UVA und sichtbare Bereiche verantwortlich (3) (12), während UVB weniger relevant, aber selbst hochgradig zytotoxisch ist, da seine Zytotoxizität zwischen 313 und 280 nm um ein Tausendfaches zunimmt (13). Kriterien für die Wahl einer geeigneten Lichtquelle müssen die wesentliche Voraussetzung einschließen, dass die Lichtquelle Wellenlängen aussendet, die von der chemischen Testsubstanz absorbiert werden (Absorptionsspektrum), und dass die (in einer akzeptablen Zeit erreichbare) Lichtdosis für den Nachweis bekannter fotozytotoxischer Chemikalien ausreichen muss. Darüber hinaus dürfen die jeweils verwendeten Wellenlängen und Dosen, z. B. der Wärmeemission (Infrarotbereich), für das Testsystem nicht unnötig schädlich sein.

Die Simulierung von Sonnenlicht mit Solarsimulatoren wird als optimale Kunstlichtquelle betrachtet. Die Strahlungsleistungsverteilung des gefilterten Solarsimulators muss der in (14) dargestellten Verteilung von Tageslicht im Freien entsprechen. Sowohl Xenon-Lichtbogenlampen als auch (dotierte) Quecksilber-Metallhalogenid-Lichtbogenlampen werden in Solarsimulatoren verwendet (15). Letztere haben den Vorteil, dass sie weniger Wärme emittieren und preiswerter sind, doch ist die Übereinstimmung mit dem Sonnenlicht weniger perfekt als bei Xenon-Lichtbogenlampen. Da alle Solarsimulatoren signifikante Mengen UVB aussenden, müssen sie mit geeigneten Filtern versehen werden, um die hoch zytotoxischen UVB-Wellenlängen zu mindern. Da die Kunststoffmaterialien für Zellkulturen UV-Stabilisatoren enthalten, muss das Spektrum durch den gleichen „96-well“-Plattendeckel gemessen werden, wie er auch in dem Versuch verwendet wird. Unabhängig von Maßnahmen zur Dämpfung eines Teils des Spektrums durch Filterung oder durch unvermeidbare Filtereffekte der Testeinrichtungen darf das unterhalb dieser Filter aufgezeichnete Spektrum nicht vom standardisierten Tageslicht im Freien abweichen (14). Die spektrale Energieverteilung des in der Validierungsstudie zum In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest verwendeten gefilterten Solarsimulators wurde als Beispiel veröffentlicht (8) (16). Siehe dazu auch Anlage 2, Abbildung 1.

1.4.1.5.2.   Dosimetrie

Die Lichtintensität (Bestrahlungsstärke) sollte regelmäßig vor jedem Fototoxizitätstest unter Verwendung eines geeigneten Breitband-UV-Meters geprüft werden. Die Lichtintensität ist durch die gleiche Ausführung der „96-well“-Plattendeckel zu messen, wie sie auch in dem Versuch verwendet wird. Das UV-Meter muss für die Lichtquelle kalibriert sein. Die Leistungsfähigkeit des UV-Meters ist sicherzustellen. Zu diesem Zweck wird die Verwendung eines zweiten Referenz-UV-Meters des gleichen Typs und der gleichen Kalibrierung empfohlen. Im Idealfall sollte in größeren Abständen mit einem Spektroradiometer die spektrale Energieverteilung der gefilterten Lichtquelle gemessen und die Kalibrierung des Breitband-UV-Meters geprüft werden.

Eine Dosis von 5 J/cm2 (im UVA-Bereich gemessen) wurde als nicht zytotoxisch gegenüber Balb/c-3T3-Zellen und als ausreichend stark ermittelt, um fototoxische Chemikalien zu erkennen und damit fototoxische Reaktionen auszulösen (6) (17); so wurde beispielsweise die Bestrahlungsstärke auf 1,7 mW/cm2 eingestellt, um innerhalb von 50 Minuten 5 J/cm2 zu erreichen. Siehe hierzu Anlage 2, Abbildung 2. Wenn eine andere Zelllinie oder eine unterschiedliche Lichtquelle verwendet wird, muss die UVA-Dosis ggf. so angepasst werden, dass Unschädlichkeit gegenüber Zellen und eine ausreichende Stärke zur Erkennung von Standardfototoxinen gegeben ist. Die Zeit der Lichtexposition wird auf folgendem Wege berechnet:



(1 J = 1 Wsec)

1.4.2.   Testbedingungen

1.4.2.1.   Konzentrationen der Testsubstanz

Die in Anwesenheit (+Irr) und in Abwesenheit (–Irr) von Licht zu testenden Konzentrationsbereiche eines chemischen Stoffs sollten in Dosis-Vorversuchen auf angemessene Weise ermittelt werden. Ggf. empfiehlt es sich, die Löslichkeit eingangs und nach 60 min (bzw. nach der jeweils zugrunde gelegten Behandlungszeit) zu ermitteln, da sich die Löslichkeit zeitabhängig oder im Belichtungsverlauf ändern kann. Um eine durch ungeeignete Bedingungen der Kulturen oder hochgradig saure oder alkalische Chemikalien verursachte Toxizität zu vermeiden, muss der pH-Wert der Zellkulturen mit zugesetzter Testchemikalie im Bereich zwischen 6,5 und 7,8 liegen.

Die höchste Konzentration der Testsubstanz muss innerhalb der physiologischen Testbedingungen liegen, d. h., osmotischer Stress und pH-Stress sind zu vermeiden. Je nach Testchemikalie sind ggf. andere physikalisch-chemische Eigenschaften als Faktoren in Betracht zu ziehen, durch die die höchste Testkonzentration begrenzt wird. Bei relativ unlöslichen Substanzen, die bei Konzentrationen bis zum Sättigungspunkt nicht toxisch sind, ist die höchste erreichbare Konzentration zu verwenden. Grundsätzlich ist eine Ausfällung der Testchemikalie bei einer der Testkonzentrationen zu vermeiden. Die Maximalkonzentration der Testsubstanz darf 1 000 (μg/ml nicht überschreiten; die Osmolalität darf 10 mmol nicht überschreiten. Es ist eine geometrische Verdünnungsreihe von 8 Testsubstanzenkonzentrationen mit konstantem Verdünnungsfaktor zu verwenden (siehe Abschnitt 2.1, zweiter Absatz).

Liegen (aus Vorversuchen) Informationen darüber vor, dass die Testchemikalie bis zur Grenzkonzentration im Dunkelversuch (–Irr) nicht zytotoxisch ist, aber bei Bestrahlung (+Irr) hochgradig zytotoxisch ist, können die Konzentrationsbereiche, die für den (+Irr)-Versuch zugrunde gelegt werden müssen, von den Bereichen für den (–Irr)-Versuch abweichen, damit die Forderung einer ausreichenden Datenqualität erfüllt ist.

1.4.2.2.   Kontrollen

1.4.2.2.1.   Strahlungsempfindlichkeit der Zellen, Ermittlung historischer Daten

Die Zellen sind regelmäßig (etwa jede fünfte Passage) auf Empfindlichkeit gegenüber der Lichtquelle zu kontrollieren; dazu wird ihre Viabilität nach Belichtung mit steigenden Strahlungsdosen beurteilt. Bei dieser Beurteilung sind mehrere verschiedene Strahlungsdosen — einschließlich Dosen, die deutlich über denen des 3T3-NRU-Fototoxizitätstests liegen — zu verwenden. Eine Quantifizierung dieser Dosen ist am einfachsten durch Messung der UV-Anteile der Lichtquelle möglich. Die Zellen werden mit der im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest verwendeten und am darauf folgenden Tag bestrahlten Dichte ausgesät. Die Zellviabilität wird einen Tag später anhand der Aufnahme von Neutralrot ermittelt. Es muss sich nachweisen lassen, dass die resultierende höchste nicht zytotoxische Dosis (z. B. in der Validierungsstudie: 5 J/cm2 (UVA)) für eine korrekte Klassifizierung der Referenzchemikalien (Tabelle 1) ausreicht.

1.4.2.2.2.   Strahlungsempfindlichkeit, Kontrolle des laufenden Tests

Der Test erfüllt die Qualitätskriterien, wenn die bestrahlten Negativ-/Lösemittelkontrollen im Vergleich zu nicht bestrahlten Negativ-/Lösemittelkontrollen eine Viabilität von mehr als 80 % aufweisen.

1.4.2.2.3.   Viabilität der Lösemittelkontrollen

Die absolute optische Dichte (OD540 NRU) des aus den Lösemittelkontrollen extrahierten Neutralrot gibt an, ob die je „well“ ausgesäten 1 × 104 Zellen bei normaler Verdopplungszeit während der zwei Tages des Tests gut gewachsen sind. Der Test erfüllt die Akzeptanzkriterien, wenn der mittlere OD540 NRU der unbehandelten Kontrollen > 0,4 ist (d. h. rund das Zwanzigfache des Hintergrund-Lösemittelabsorptionsmaßes).

1.4.2.2.4.   Positivkontrolle

Ein bekannter fototoxischer chemischer Stoff soll zeitgleich mit jedem In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest getestet werden. Chlorpromazin (CPZ) wird empfohlen. Für mit dem Standardprotokoll im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest getestetes CPZ wurden folgende Test-Akzeptanzkriterien festgelegt: bestrahltes CPZ (+Irr): IC50 = 0,1 bis 2,0 μg/ml, nicht bestrahltes CPZ (–Irr): IC50 = 7,0 bis 90,0 μg/ml. Der Fotoirritationsfaktor (PIF) sollte > 6 sein. Das historische Verhalten der Positivkontrolle ist zu überwachen.

Andere bekannte, für die Chemikalienklasse oder Löslichkeitsmerkmale der bewerteten Chemikalie geeignete fototoxische Chemikalien können an Stelle von Chlorpromazin als gleichzeitige Positivkontrollen verwendet werden.

1.4.3.   Testverfahren (6) (7) (8) (16) (17)

1.4.3.1.   l. Tag

100 μl Kulturmedium werden in die peripheren „wells“ einer „96-well“-Gewebekultur-Mikrotiterplatte gegeben (= Blindproben). In die übrigen „wells“ werden 100 μl der Zellsuspension von 1 × 105 Zellen/ml (= 1 × 104 Zellen/well) pipettiert. Für jede Reihe einzelner Testsubstanzkonzentrationen werden zwei Platten zubereitet; eine weitere Platte wird für die Lösemittel- und Positivkontrollen zubereitet.

Die Zellen werden 24 Stunden lang (siehe 1.4.1.2) inkubiert, bis sie einen halbkonfluenten Monolayer bilden. Diese Inkubationszeit ermöglicht die Erholung der Zellen, das Anhaften und ein exponentielles Wachstum.

1.4.3.2.   2. Tag

Nach der Inkubation wird das Kulturmedium dekantiert. Darauf folgt ein Waschgang mit der für die Inkubation verwendeten Pufferlösung. 100 μl der Pufferlösung, welche die geeignete Konzentration der Testchemikalie oder des Lösemittels (Lösemittelkontrolle) enthält, werden hinzugefügt. Es sind 8 verschiedene Konzentrationen der Testchemikalie zu verwenden. Die Zellen werden mit der Testchemikalie im Dunkeln 60 Minuten lang inkubiert (siehe Abschnitt 1.4.1.2 und Abschnitt 1.4.1.4, zweiter Absatz).

Aus den zwei für jede Reihe der Testsubstanzkonzentrationen und Kontrollen vorbereiteten Platten wird — normalerweise willkürlich — eine Platte für die Bestimmung der Zytotoxizität (–Irr) ausgewählt (d. h. die Kontrollplatte) sowie eine Platte (die Behandlungsplatte) für die Bestimmung der Fotozytotoxizität (+Irr).

Zur Durchführung der +Irr-Belichtung werden die Zellen bei Raumtemperatur 50 Minuten lang durch den Deckel der „96-well“-Platte mit der höchsten Strahlungsdosis bestrahlt, die nicht zytotoxisch ist (siehe auch Anlage 2). Nicht bestrahlte Platten (–Irr) werden 50 Minuten lang (= Lichtexpositionszeit) bei Raumtemperatur in einem dunklen Kasten gehalten.

Die Testflüssigkeit wird dekantiert. Es folgen zwei Waschgänge mit 150 μl der für die Inkubation verwendeten Pufferlösung, jedoch ohne das Testmaterial. Die Pufferlösung wird durch ein Kulturmedium ersetzt und über Nacht (18-22 h) inkubiert (siehe 1.4.1.2).

1.4.3.3.   3. Tag

1.4.3.3.1.   Mikroskopische Evaluierung

Die Zellen werden unter einem Phasen-Kontrast-Mikroskop auf Wachstum, Morphologie und Intaktheit der Monolayer untersucht. Morphologische Veränderungen der Zelle und Wirkungen auf das Zellwachstum sind aufzuzeichnen.

1.4.3.3.2.   Neutralrot-Aufnahme-Test

Die Zellen werden mit 150 μl vorgewärmter Pufferlösung gewaschen. Die Waschlösung wird durch vorsichtiges Absaugen entfernt. 100 μl einer 50 μg/ml Neutralrotsubstanz (NR) (3-Amino-7-Dimethylamino-2-Methylphenazin-Hydrochlorid, EINECS-Nummer 209-035-8, CAS-Nummer 553-24-2, C.I. 50040) in einem Medium ohne Serum werden hinzugefügt (16) und 3 Stunden lang gemäß den Angaben in Abschnitt 1.4.1.2 inkubiert. Nach der Inkubation wird das NR-Medium entfernt, und die Zellen werden mit 150 μl Pufferlösung gewaschen. Die überschüssige Pufferlösung wird vollkommen dekantiert und durch Absaugen oder Zentrifugieren entfernt.

Es werden genau 150 μl NR-Desorptionslösung (frisch zubereitet aus 49 Teilen Wasser + 50 Teilen Ethanol + 1 Teil Essigsäure) hinzugefügt.

Die Mikrotiter-Platte wird 10 Minuten lang auf einem Mikrotiter-Platten-Schüttler vorsichtig geschüttelt, bis das NR aus den Zellen extrahiert ist und eine homogene Lösung bildet.

Die optische Dichte der NR-Extrakte wird bei 540 nm in einem Spektralfotometer gemessen, wobei die Blindproben als Referenz verwendet werden. Die Daten sind in angemessenem Dateiformat für spätere Analysen aufzuzeichnen.

2.   DATEN

2.1.   QUALITÄT UND QUANTITÄT DER DATEN

Die Testdaten sollten eine sinnvolle Analyse der in Anwesenheit und in Abwesenheit von Strahlung ermittelten Konzentrations-Wirkungs-Reaktionen sowie, wenn möglich, die Konzentration der Testchemikalien, bei der die Zellviabilität auf 50 % (IC50) sinkt, ermöglichen. Sofern Zytotoxizität festgestellt wird, sollten sowohl der Konzentrationsbereich als auch der Abstand einzelner Konzentrationen so gewählt sein, dass die experimentellen Daten in einer Kurve dargestellt werden können.

Bei klar positiven und klar negativen Ergebnissen (siehe Abschnitt 2.3, erster Absatz) ist gegebenenfalls der Hauptversuch — begleitet von einem oder mehreren Vorversuchen — ausreichend.

Mehrdeutige, grenzwertige oder unklare Ergebnisse sind durch weitere Tests abzuklären (siehe hierzu auch Abschnitt 2.4, zweiter Absatz). In derartigen Fällen ist auch eine Änderung der Versuchsbedingungen in Betracht zu ziehen. Zu den Versuchsbedingungen, die geändert werden könnten, zählen der Konzentrationsbereich und -raum, die Vorinkubationszeit und die Strahlungsexpositionszeit. Für Chemikalien, die in Wasser instabil sind, ist evtl. eine kürzere Expositionszeit ausreichend.

2.2.   ERGEBNISBEWERTUNG

Zur Evaluierung der Daten kann ein Fotoirritationsfaktor (PIF) oder der Mean Photo Effect (MPE) berechnet werden.

Zur Berechnung der Maße für die Fotozytotoxizität (siehe unten) müssen die Dosis-Wirkungs-Werte näherungsweise durch eine geeignete kontinuierliche Dosis-Wirkungs-Kurve (Modell) dargestellt werden. Die Anpassung der Kurve an die Daten erfolgt normalerweise nach dem nichtlinearen Regressionsverfahren (18). Zur Beurteilung des Einflusses der Datenvariabilität auf die angepasste Kurve wird die Verwendung eines Bootstrap-Verfahrens empfohlen.

Der Fotoirritationsfaktor (PIF) wird nach der folgenden Formel berechnet:

Ist die Berechnung von IC50 bei Anwesenheit oder Abwesenheit von Licht nicht möglich, kann der PIF des Testmaterials nicht ermittelt werden. Der MPE (Mean Photo Effect) basiert auf dem Vergleich der vollständigen Konzentrations-Wirkungs-Kurven (19). Er wird definiert als der gewichtete Durchschnitt einer repräsentativen Gruppe von Fotoeffektwerten.

Der Fotoeffekt PEc bei einer beliebigen Konzentration C ist definiert als das Produkt des Wirkungseffekts REc und des Dosiseffekts DEc, d. h. PEc = REc × DEc. Der Wirkungseffekt REc bezeichnet die Differenz zwischen den bei Abwesenheit und Anwesenheit von Licht ermittelten Wirkungen, d. h. REc = Rc (–Irr) — Rc (+Irr). Der Dosiseffekt wird ausgedrückt durch

Dabei stellt C* die Äquivalenzkonzentration dar, d. h. die Konzentration, bei der die +Irr-Wirkung der –Irr-Wirkung bei Konzentration C entspricht. Kann C* nicht ermittelt werden, weil die Wirkungswerte der +Irr-Kurve systematisch über oder unter RC(–Irr) liegen, wird der Dosiseffekt gleich 1 gesetzt. Die Gewichtungsfaktoren wi werden durch den höchsten Wirkungswert ausgedrückt, d. h. wi = MAX {Ri (+Irr), Ri (–Irr)}. Das Konzentrationsgitter Ci wird so gewählt, dass die gleiche Anzahl Punkte in jedes der Konzentrationsintervalle fällt, die durch die im Versuch verwendeten Konzentrationswerte definiert sind. Die Berechnung von MPE wird auf den maximalen Konzentrationswert beschränkt, bei dem mindestens eine der beiden Kurven noch einen Wirkungswert von mindestens 10 % aufweist. Liegt diese Maximalkonzentration über der höchsten Konzentration, die im +Irr-Versuch verwendet wurde, wird der restliche Teil der +Irr-Kurve gleich dem Wirkungswert „0“ gesetzt. Je nachdem, ob der MPE-Wert größer als ein auf geeignete Weise gewählter Schwellenwert (MPEc = 0,15 ) ist oder nicht, wird die Chemikalie als fototoxisch eingestuft.

Ein Softwarepaket für die Berechnung von PIF und MPE ist bei (20) erhältlich.

2.3.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Nach der Validierungsstudie (8) bedeutet eine Testsubstanz mit PIF < 2 oder MPE < 0,1 die Prognose „keine Fototoxizität“. Ein PIF > 2 und < 5 oder ein MPE > 0,1 und < 0,15 entspricht der Prognose: „Fototoxizität wahrscheinlich“; ein PIF > 5 oder ein MPE > 0,15 bedeutet: „Fototoxizität“.

Bei jedem Labor, das den einleitenden Aufbau dieses Versuchs vornimmt, sind die in Tabelle 1 aufgeführten Referenzmaterialien zu testen, bevor die Testsubstanzen zur fototoxischen Beurteilung getestet werden. Die PIF- oder MPE-Werte müssen in Nähe der in Tabelle 1 angegebenen Werte liegen.



Tabelle 1

Bezeichnung der ChemikalieEINECS-Nr.CAS-Nr.PIFMPEAbsorptionspeakLösemittel (1)
Amiodaron HCl243-293-2[19774-82-4]>3,25 0,27 - 0,54

242 nm

300 nm

(Schulter)

Ethanol
Choloropromazin HCl200-701-3[69-09-0]>14,4 0,33 - 0,63 309 nmEthanol
Norfloxacin274-614-4[70458-96-7]>71,6 0,34 - 0,90 316 nmAcetonitril
Anthracen204-371-1[120-12-7]>18,5 0,19 - 0,81 356 nmAcetonitril
Protoporphyrin IX, Dinatrium256-815-9[50865-01-5]>45,3 0,54 - 0,74 402 nmEthanol
L-Histidin[7006-35-1]kein PIF0,05 - 0,10 211 nmWasser
Hexacholorophen200-733-8[70-30-4]1,1 - 1,7 0,00 - 0,05

299 nm

317 nm

(Schulter)

Ethanol
Natriumlaurylsulfat205-788-1[151-21-3]1,0 - 1,9 0,00 - 0,05 Keine AbsorptionWasser
(1)   Lösemittel für die Messung der Absorption.

2.4.   INTERPRETATION DER DATEN

Werden fototoxische Wirkungen nur bei der höchsten Testkonzentration festgestellt (insbesondere bei wasserlöslichen Testchemikalien), sind zur Gefahrenbeurteilung evtl. noch weitere Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen, so z. B. Daten zur Absorption über die Haut sowie zur Ansammlung der Chemikalie in der Haut und/oder Daten aus anderen Tests, z. B. In-vitro-Tests der Chemikalie auf tierischer bzw. menschlicher Haut oder Hautmodellen.

Wird keine Toxizität nachgewiesen (+Irr und –Irr) und sind die Konzentrationen, die getestet werden können, durch mangelhafte Löslichkeit begrenzt, ist die Vergleichbarkeit der Testsubstanz mit dem durchgeführten Test zweifelhaft; in diesem Fall ist die Durchführung konfirmativer Tests, z. B. mit einem anderen Modell, in Betracht zu ziehen.

3.   BERICHTERSTATTUNG

TESTBERICHT

Der Testbericht muss mindestens folgende Informationen umfassen:

Testsubstanz:

Kenndaten, übliche generische Namen und IUPAC- und CAS-Nummern, sofern bekannt,
physikalische Eigenschaften und Reinheit,
physikalisch-chemische Eigenschaften, die für die Durchführung der Studie relevant sind,
UV/vis-Absorptionsspektrum,
Stabilität und Fotostabilität, sofern bekannt;

Lösemittel:

Begründung der Wahl des Lösemittels,
Löslichkeit der Testchemikalie in diesem Lösemittel,
Prozentsatz des in dem Behandlungsmedium vorhandenen Lösemittels;

Zellen:

Art und Quelle der Zellen,
Fehlen von Mykoplasma,
Zahl der Zellpassagen, sofern bekannt,
Strahlungssensitivität von Zellen, bestimmt mit dem im In-vitro-3T3-NRU-Fototoxizitätstest verwendeten Bestrahlungsgerät;

Testbedingungen (1); Inkubation vor und nach der Behandlung:

Art und Zusammensetzung des Kulturmediums,
Inkubationsbedingungen (CO2-Konzentration, Temperatur, Feuchtigkeit),
Inkubationsdauer (Vorbehandlung, Nachbehandlung);

Testbedingungen (2); Behandlung mit der Chemikalie:

Begründung der Wahl der in Anwesenheit und in Abwesenheit von Strahlungseinwirkung verwendeten Konzentrationen der Testchemikalie,
im Falle beschränkter Löslichkeit der Testchemikalie und bei Abwesenheit von Zytotoxizität: Begründung der höchsten getesteten Konzentration,
Art und Zusammensetzung des Behandlungsmediums (gepufferte Salzlösung),
Dauer der chemischen Behandlung;

Testbedingungen (3); Bestrahlung:

Begründung der Wahl der verwendeten Lichtquelle,
Hersteller und Art der Lichtquelle und des Radiometers,
Charakterisierung der spektralen Energieverteilung der Lichtquelle,
Durchlass-/Absorptionsmerkmale des bzw. der verwendeten Filter
Merkmale des Strahlenmessgeräts und Einzelheiten der Kalibrierung,
Abstand der Lichtquelle vom Testsystem,
UVA-Strahlung bei dieser Entfernung, ausgedrückt in mW/cm2,
Dauer der UV/vis-Lichtexposition,
UVA-Dosis (Strahlung × Zeit), ausgedrückt in J/cm2,
Temperatur der Zellkulturen während der Bestrahlung und der gleichzeitig im Dunkeln gehaltenen Zellkulturen;

Testbedingungen (4); Neutralrot-Viabilitätstest:

Zusammensetzung des Neutralrot-Mediums,
Dauer der Neutralrot-Inkubation,
Inkubationsbedingungen (CO2-Konzentration, Temperatur, Feuchtigkeit),
Neutralrot-Extraktionsbedingungen (Extraktionsmittel, Dauer),
Wellenlänge, die für die fotometrische Messung der optischen Dichte von Neutralrot verwendet wurde,
zweite Referenzwellenlänge, sofern verwendet,
Inhalt der fotometrischen Referenz (Blindprobe), sofern verwendet;

Ergebnisse:

bei den einzelnen Konzentrationen der Testchemikalie ermittelte Zellviabilität, ausgedrückt als Prozentsatz der mittleren Viabilität der Lösemittelkontrollen,
Konzentrations-Wirkungs-Kurven (Konzentration der Testchemikalie vs. relative Zellviabilität) der gleichzeitig durchgeführten +Irr- und –Irr-Versuche,
Analyse der Konzentrations-Wirkungs-Kurven: sofern möglich, Angabe der IC50(+Irr)- und IC50(–Irr)-Werte,
Vergleich der zwei in Anwesenheit und in Abwesenheit von UVA/vis-Bestrahlung ermittelten Konzentrations-Wirkungs-Kurven entweder durch Berechnung des Fotoirritationsfaktors (PIF) oder durch Berechnung des Mean Photo Effect (MPE),
Testakzeptanzkriterien; Lösemittelkontrolle des Tests,
absolute Viabilität (optische Dichte des NR-Extrakts) von bestrahlten und nicht bestrahlten Zellen,
historische Daten zur Negativkontrolle, Mittelwerte und Standardabweichungen,
Testakzeptanzkriterien, Positivkontrolle des Tests,
IC50(+Irr) und IC50(–Irr) und PIF/MPE der Positivkontroll-Chemikalie,
historische Daten zur Positivkontroll-Chemikalie: IC50(+Irr) und IC50(–Irr) und PIF/MPE, Mittelwerte und Standardabweichungen;

Diskussion der Ergebnisse;

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) Lovell W.W. (1993). A scheme for in vitro screening of substances for photoallergenic potential. Toxic. In Vitro 7, 95-102.

(2) Santamaria, L. and Prino, G. (1972). List of the photodynamic substances. In „Research Progress in Organic, Biological and Medicinal Chemistry“ Vol. 3 part 1. North Holland Publishing Co. Amsterdam, XI-XXXV.

(3) Spielmann, H., Lovell, W.W., Hölzle, E., Johnson, B.E., Maurer, T., Miranda, M.A., Pape, W.J.W., Sapora, O., and Sladowski, D. (1994). In vitro phototoxicity testing: The report and recommendations of ECVAM Workshop 2. ATLA, 22, 314-348.

(4) Spikes, J.D. (1989). Photosensitization. In „The science of Photobiology“ Edited by K.C. Smith. Plenum Press, New York. 2nd edition, 79-110.

(5) OECD (1997) Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No.7 „Guidance Document On Direct Phototransformation Of Chemicals In Water“ Environment Directorate, OECD, Paris.

(6) Spielmann, H., Balls, M., Döring, B., Holzhütter, H.G., Kalweit, S., Klecak, G., L'Eplattenier, H., Liebsch, M., Lovell, W.W., Maurer, T., Moldenhauer. F. Moore. L., Pape, W., Pfannbecker, U., Potthast, J., De Silva, O., Steiling, W., and Willshaw, A. (1994). EEC/COLIPA project on in vitro phototoxicity testing: First results obtained with a Balb/c 3T3 cell phototoxicity assay. Toxic. In Vitro 8, 793-796.

(7) Anon (1998). Statement on the scientific validity of the 3T3 NRU PT test (an in vitro test for phototoxicity), European Commission, Joint Research Centre: ECVAM and DGXI/E/2, 3. November 1997, ATLA, 26, 7-8.

(8) Spielmann, H., Balls, M., Dupuis, J., Pape, W.J.W., Pechovitch, G. De Silva, O., Holzhütter, H.G., Clothier, R., Desolle, P., Gerberick, F., Liebsch, M., Lovell, W.W., Maurer, T., Pfannenbecker, U., Potthast, J. M., Csato, M., Sladowski, D., Steiling, W., and Brantom, P. (1998). The international EU/COLIPA In vitro phototoxicity validation study: results of phase II (blind trial), part 1: the 3T3 NRU phototoxicity test. Toxic. In Vitro 12, 305-327.

(9) OECD (2002) Extended Expert Consultation Meeting on The In Vitro 3T3 NRU Phototoxicity Test Guideline Proposal, Berlin, 30th-31th October 2001, Secretariat's Final Summary Report, 15th March 2002, OECD ENV/EHS; auf Anfrage beim Sekretariat erhältlich.

(10) Borenfreund, E., and Puerner, J.A. (1985). Toxicity determination in vitro by morphological alterations and neutral red absorption. Toxicology Lett., 24, 119-124.

(11) Hay, RJ. (1988) The seed stock concept and quality control for cell lines. Analytical Biochemistry 171, 225-237.

(12) Lambert L.A, Warner W.G., and Kornhauser A. (1996) Animal models for phototoxicity testing. In „Dermatotoxicology“, edited by F.N. Marzulli and H.I. Maibach. Taylor & Francis, Washington DC. 5th Edition, 515-530.

(13) Tyrrell R.M., Pidoux M (1987) Action spectra for human skin cells: estimates of the relative cytotoxicity of the middle ultraviolet, near ultraviolet and violet regions of sunlight on epidermal keratinocytes. Cancer Res., 47, 1825-1829.

(14) ISO 10977. (1993). Photography — Processed photographic colour films and paper prints — Methods for measuring image stability.

(15) Sunscreen Testing (UV.B) TECHNICALREPORT, CIE, International Commission on Illumnation, Publication No. 90, Vienna, 1993, ISBN 3900734275

(16) ZEBET/ECVAM/COLIPA — Standard Operating Procedure: In Vitro 3T3 NRU Phototoxicity Test. Final Version, 7 September, 1998. 18 S.

(17) Spielmann, H., Balls, M., Dupuis, J., Pape, W.J.W., De Silva, O., Holzhütter, H.G., Gerberick, F., Liebsch, M., Lovell, W.W., and Pfannenbecker, U. (1998) A study on UV filter chemicals from Annex VII of the European Union Directive 76/768/EEC, in the in vitro 3T3 NRU phototoxicity test. ATLA 26, 679-708.

(18) Holzhütter, H.G., and Quedenau, J. (1995) Mathematical modeling of cellular responses to external signals. J. Biol. Systems 3, 127-138.

(19) Holzhütter, H.G. (1997). A general measure of in vitro phototoxicity derived from pairs of dose-response curves and its use for predicting the in vivo phototoxicity of chemicals. ATLA, 25, 445-462.

(20) http://www.oecd.org/document/55/0.2340.en_2649_34377_2349687_l_l_l_1.00. html

Anlage 1

Rolle des 3T3 NRU-PT in einer sequenziellen Prüfstrategie für Fototoxizitätstests von Chemikalien

Anlage 2

Abbildung 1

Spektrale Leistungsverteilung eines gefilterten Solarsimulators

(Siehe 1.4.1.5, zweiter Absatz)

Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für eine akzeptable spektrale Leistungsverteilung eines gefilterten Solarsimulators. Sie stammt aus der Quelle mit dotiertem Metallhalid, die im Validierungsversuch des 3T3-NRU-PT verwendet wurde (6) (8) (17). Die Wirkung der beiden verschiedenen Filter und der zusätzliche Filtereffekt des Deckels einer „96-well“-Zellkulturplatte werden hier dargestellt. Der H2-Filter wurde nur mit Testsystemen verwendet, die eine größere UVB-Menge tolerieren können (Hautmodelltest und Fotohämolysetest mit roten Blutzellen). Im 3T3-NRU-PT wurde der H1-Filter verwendet. Die Abbildung zeigt, dass der zusätzliche Filtereffekt des Plattendeckels in erster Linie im UVB-Bereich beobachtet wurde, so dass im Bestrahlungsspektrum noch genug UVB verbleibt, um Chemikalien zu erkennen, die typischerweise im UVB-Bereich absorbiert werden, z. B. Amiodaron (siehe Tabelle 1).

Abbildung 2

Bestrahlungsempfindlichkeit von Balb/c-3T3-Zellen (im UVA-Bereich gemessen)

Zellviabilität (Aufnahme von Neutralrot in % bei Dunkelkontrollen)

(Siehe 1.4.1.5.2, zweiter Absatz, 1.4.2.2.1, 1.4.2.2.2)

Empfindlichkeit der Balb/c-3T3-Zellen gegen Bestrahlung durch den Solarsimulator, der im Validierungsversuch des 3T3-NRU-Fototoxizitätstests (nach Messung im UVA-Bereich) verwendet wird. Die Abbildung zeigt die in sieben verschiedenen Labors in der Vorvalidierungsstudie ermittelten Ergebnisse (1). Die beiden Kurven mit offenen Symbolen wurden mit gealterten Zellen ermittelt (hohe Passagenzahl), die durch neue Zellenbestände ersetzt werden mussten. Die Kurven mit fett gedruckten Symbolen zeigen Zellen mit einer ausreichenden Bestrahlungstoleranz.

Aus diesen Daten wurde die höchste nicht zytotoxische Bestrahlungsdosis von 5 J/cm2 abgeleitet (senkrechte gestrichelte Linie). Die waagerechte gestrichelte Linie zeigt zusätzlich die in Abschnitt 1.4.2.2 angegebene maximal zulässige Bestrahlungswirkung.

B.42.   HAUTSENSIBILISIERUNG: LOKALER LYMPHKNOTENTEST

EINLEITUNG

1.
Die OECD-Richtlinien für die Prüfung von Chemikalien und die auf ihnen beruhenden EU-Prüfmethoden werden regelmäßig überarbeitet, um dem wissenschaftlichen Fortschritt, sich ändernden Rechtsvorgaben und Belangen des Tierschutzes gerecht zu werden. Die ursprüngliche Prüfmethode zur Bestimmung der Hautsensibilisierung bei der Maus, der Lokale Lymphknotentest (Local Lymph Node Assay bzw. LLNA; OECD-Prüfrichtlinie 429; Kapitel B.42 dieses Anhangs), wurde bereits vor einiger Zeit zugelassen (1). Verschiedene Veröffentlichungen (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) gehen genauer auf die Validierung des LLNA und auf die mit ihm verbundenen wissenschaftlichen Arbeiten ein. Der aktualisierte LLNA beruht auf der Auswertung von Experimenten und wissenschaftlichen Daten (12). Es handelt sich um die zweite Prüfmethode zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) bei Tieren. Die andere Prüfmethode (OECD-Prüfrichtlinie 406; Kapitel B.6 dieses Anhangs), namentlich der Meerschweinchen-Maximierungstest und der Bühler-Test, stützt sich auf Tests am Meerschweinchen (13). Der LLNA bietet gegenüber B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406 (13) gewisse Vorteile im Hinblick auf den Tierschutz. Die vorliegende aktualisierte LLNA-Prüfmethode beinhaltet eine Reihe von Leistungsstandards (Anlage 1) in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des OECD-Leitliniendokuments Nr. 34 (14). Diese können zur Bewertung des Validierungsstatus neuer und/oder modifizierter Prüfmethoden herangezogen werden, die dem LLNA in funktionaler oder mechanistischer Weise ähnlich sind.
2.
Bei dem LLNA wird die Induktionsphase der Hautsensibilisierung untersucht, und der Test liefert quantitative Daten für die Dosis-Wirkungs-Bewertungen. Es wird darauf hingewiesen, dass die leichten/mittelgradigen Sensibilisatoren, die als geeignete Positivkontrollen bei Prüfmethoden für Meerschweinchen empfohlen werden (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (13), ebenfalls für die Verwendung beim LLNA geeignet sind (6) (8) (15). Eine LLNA-Methode mit reduziertem Versuchstierbedarf (rLLNA), bei der bis zu 40 % weniger Tiere eingesetzt werden, wird ebenfalls als Option dieser Prüfmethode beschrieben (16) (17) (18). Der rLLNA kann verwendet werden, wenn aufgrund von Rechtsvorschriften lediglich die Bestätigung einer negativen Prädiktion des Hautsensibilisierungspotenzials gefordert ist, vorausgesetzt dass alle anderen Spezifikationen des LLNA-Protokolls, wie in dieser Prüfmethode beschrieben, eingehalten werden. Die Prädiktion eines negativen Ergebnisses sollte auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen vorgenommen werden, wie in Absatz 4 beschrieben. Vor Anwendung der rLLNA-Methode sollten entsprechende Erläuterungen und eine wissenschaftliche Begründung für ihre Verwendung vorgelegt werden. Sollte der rLLNA entgegen allen Erwartungen zu einem positiven oder nicht eindeutigen Ergebnis führen, können weitere Tests erforderlich sein, um diese Daten zu deuten oder zu präzisieren. Der rLLNA sollte nicht für die Feststellung schädlicher Wirkungen von Prüfsubstanzen mit Hautsensibilisierungspotenzial verwendet werden, wenn Informationen über die Dosis-Wirkungs-Beziehung benötigt werden, wie z. B. als Unterkategorisierung für die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen und das Global Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen.

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

3.
Die verwendeten Begriffsbestimmungen sind in Anlage 2 aufgeführt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

4.
Mit dem LLNA steht eine alternative Methode zum Nachweis von Chemikalien mit potenziell hautsensibilisierenden Eigenschaften zur Verfügung. Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass der LLNA zwingend in jedem Fall anstelle der Meerschweinchen-Tests (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (13) eingesetzt werden muss. Vielmehr erweist er sich als gleichermaßen wertvoller Test und kann als Alternative gewählt werden, bei der im Allgemeinen keine weitere Bestätigung von positiven wie auch negativen Ergebnissen erforderlich ist. Das Prüflabor sollte vor der Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz auswerten und berücksichtigen. Zu diesen Informationen zählen die Identität und die chemische Struktur der Prüfsubstanz, ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften, die Ergebnisse aller sonstigen in vitro- oder in vivo-Toxizitätsprüfungen der Prüfsubstanz sowie toxikologische Daten zu strukturell verwandten Chemikalien. Diese Informationen sind zu berücksichtigen, um die Eignung des LLNA für die jeweilige Substanz festzustellen (bestimmte chemische Stoffe sind mit dem LLNA nicht kompatibel — siehe Absatz 5) und die Festlegung der Dosis zu erleichtern.
5.
Beim LLNA handelt es sich um eine in vivo-Methode. Das bedeutet, dass die kontaktsensibilisierenden Eigenschaften weiterhin an Tieren bewertet werden. Der Test erlaubt es jedoch, die Anzahl der für diesen Zweck benötigten Tiere zu reduzieren. Es kommt hinzu, dass der LLNA eine substanzielle Verfeinerung (weniger Schmerzen und Leiden) im Hinblick auf die Behandlung der Versuchstiere bei Tests auf allergische Kontaktsensibilisierung darstellt. Der LLNA beruht auf der Bewertung immunologischer Reaktionen, die während der Induktionsphase der Sensibilisierung durch chemische Stoffe ausgelöst werden. Anders als die Tests an Meerschweinchen (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (13), erfordert der LLNA nicht, dass provozierte Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut ausgelöst werden. Außerdem wird beim LLNA, anders als beim Meerschweinchen-Maximierungstest, auf den Einsatz eines Adjuvans verzichtet (13). Daher erleiden die Tiere beim LLNA weniger Schmerzen und Qualen. Trotz der Vorteile, die der LLNA gegenüber B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406 aufweist, sollte nicht verkannt werden, dass er mit gewissen Einschränkungen behaftet ist, die die Anwendung von Kapitel B.6 oder OECD-Prüfrichtlinie 406 (13) erforderlich machen können (z. B. falsch negative Ergebnisse des LLNA bei bestimmten Metallen, falsch positive Ergebnisse bei bestimmten hautreizenden Stoffen [wie etwa bei tensidähnlichen Chemikalien] (19) (20), oder Löslichkeit der Prüfsubstanz). Zudem können chemische Klassen oder Substanzen mit Funktionsgruppen, die erwiesenermaßen als potenzielle Verwechslungsfaktoren wirken können (21), den Einsatz von Meerschweinchen-Tests erforderlich machen (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (13). Angesichts der begrenzten Validierungsdaten, die im Wesentlichen auf Pestizidformulierungen beruhen, ist die Wahrscheinlichkeit positiver Ergebnisse für diese Art von Prüfsubstanzen beim LLNA größer als beim Meerschweinchen-Test (22). Bei der Prüfung von Formulierungen könnte man jedoch in Erwägung ziehen, ähnliche Stoffe mit bekannten Ergebnissen als Vergleichssubstanzen einzuschließen, um das ordnungsgemäße Funktionieren des LLNA nachzuweisen (siehe Absatz 16). Abgesehen von diesen bekannten Beschränkungen dürfte der LLNA für die Prüfung aller Substanzen geeignet sein, sofern mit diesen Substanzen keine Eigenschaften verbunden sind, die die Genauigkeit des LLNA beeinträchtigen könnten.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

6.
Der LLNA beruht auf dem Prinzip, dass sensibilisierende Stoffe eine Lymphozytenproliferation in den drainierenden Lymphknoten an der Stelle der Applikation des chemischen Stoffes induzieren. Diese Proliferation verläuft proportional zur Dosis und zur Wirkstärke des applizierten Allergens und bietet sich als einfache Möglichkeit an, eine quantitative Messung der Sensibilisierung zu erhalten. Die Proliferation wird gemessen, indem man die mittlere Proliferation jeder Prüfgruppe mit der mittleren Proliferation der mit Vehikel behandelten Kontrollgruppe (VK) vergleicht. Das Verhältnis der mittleren Proliferation in jeder Behandlungsgruppe zu dem in der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe, auch als Stimulationsindex (SI) bezeichnet, wird festgelegt und sollte ≥ 3 betragen, ehe eine Prüfsubstanz als potenzieller Hautsensibilisator klassifiziert wird. Die hier beschriebenen Methoden beruhen auf der Nutzung der radioaktiven in vivo-Markierung zur Messung einer erhöhten Anzahl proliferierender Zellen in den drainierenden aurikulären Lymphknoten. Allerdings kann man sich bei der Bewertung der Anzahl proliferierender Zellen auch auf andere Endpunkte stützen, sofern die Leistungsstandards vollständig eingehalten werden (Anlage 1).

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Auswahl von Versuchstierarten

7.
Für diesen Test ist die Maus die Spezies der Wahl. Es werden junge ausgewachsene weibliche Mäuse (CBA/Ca- oder CBA/J-Stamm) verwendet, die weder geworfen haben noch trächtig sind. Bei Versuchsbeginn sollten die Tiere 8-12 Wochen alt sein; die Gewichtsunterschiede sollten minimal sein und 20 % des mittleren Gewichts nicht übersteigen. Alternativ können Tests an anderen Stämmen und männlichen Tieren erfolgen, wenn anhand von hinlänglich großen Datenangaben nachgewiesen werden kann, dass keine signifikanten stamm- und/oder geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Reaktion auf den LLNA bestehen.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

8.
Mäuse sollten in Gruppen gehalten werden (23), wenn nicht angemessene wissenschaftliche Begründungen eine Einzelhaltung nahelegen. Die Temperatur im Versuchsraum sollte 22 ± 3 °C betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und zu anderen Zeiten als während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen soll, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten.

Vorbereitung der Tiere

9.
Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung gekennzeichnet (aber nicht am Ohr) und vor Beginn der Dosierung für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt. Vor Behandlungsbeginn werden alle Tiere untersucht, um sicherzustellen, dass keine sichtbaren Hautverletzungen bestehen.

Vorbereitung der Dosierlösungen

10.
Feste Chemikalien sollten vor der Applikation in ein Mäuseohr in Lösungsmitteln/Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Chemikalien können direkt appliziert oder zuvor verdünnt werden. Unlösliche Chemikalien, wie sie in der Regel in Medizinprodukten vorliegen, sollten vor der Applikation in ein Mäuseohr in einem geeigneten Lösungsmittel einer übertrieben starken Extraktion unterzogen werden, um alle extrahierbaren Inhaltsstoffe vor der Prüfung sichtbar zu machen. Die Prüfsubstanzen sollten täglich zubereitet werden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

Überprüfung der Zuverlässigkeit:

11.
Anhand von positiven Kontrollchemikalien (PC) wird die ordnungsgemäße Leistung des Tests nachgewiesen. Hierzu ist eine angemessene und reproduzierbare Empfindlichkeit der Reaktion auf eine sensibilisierende Prüfsubstanz erforderlich, wobei die Reaktionsstärke gut charakterisiert ist. Es wird die Einbeziehung einer gleichzeitigen Positivkontrolle empfohlen, da diese die Fähigkeit des Labors belegt, jeden Test erfolgreich durchzuführen und eine Bewertung der Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Labors ermöglicht. Eine Positivkontrolle für jede Studie wird auch von einigen Regulierungsbehörden vorgeschrieben. Daher wird Anwendern empfohlen, vor Durchführung des LLNA die zuständigen Behörden zu konsultieren. Dementsprechend wird die routinemäßige Verwendung einer gleichzeitigen Positivkontrolle angeraten, um die Notwendigkeit zusätzlicher Tierversuche zur Erfüllung von Anforderungen, die aus der Verwendung einer nur periodischen Positivkontrolle resultieren könnten, zu vermeiden (siehe Absatz 12). Die PC sollte eine positive Reaktion auf den LLNA bei einem Expositionsniveau hervorrufen, das einen Anstieg des Stimulationsindex (SI > 3 im Vergleich zur Negativkontrollgruppe, NK) bewirkt. Die positive Kontrolldosis soll so gewählt werden, dass sie keine übermäßige Hautreizung oder systemische Toxizität verursacht und die Induktion reproduzierbar, aber nicht exzessiv ist (d. h. ein SI > 20 wäre exzessiv). Bevorzugte positive Kontrollstoffe sind 25 % Hexylcinnaminaldehyd (Chemical Abstracts Service [CAS]-Nr. 101-86-0) in Aceton: Olivenöl (4:1, v/v) und 5 % Mercaptobenzothiazol (CAS-Nr. 149-30-4) in N,N-Dimethylformamid (siehe Anhang 1, Tabelle 1). Unter bestimmten Umständen können in ausreichend begründeten Fällen andere Kontrollsubstanzen eingesetzt werden, die den genannten Kriterien entsprechen.
12.
Obwohl die Einbeziehung einer gleichzeitigen Positivkontrollgruppe empfohlen wird, können in gewissen Situationen periodische Prüfungen (d. h. in Abständen ≤ 6 Monaten) der Positivkontrolle für Labors ausreichen, die den LLNA regelmäßig (d. h. mindestens einmal pro Monat) durchführen und über eine etablierte historische Kontrolldatenbasis verfügen, die die Fähigkeit des Labors bestätigt, reproduzierbare und genaue Ergebnisse mit Positivkontrollen zu erzielen. Eine angemessene Beherrschung des LLNA kann erfolgreich nachgewiesen werden, indem durchgehend positive Ergebnisse mit den positiven Kontrollchemikalien in mindestens 10 unabhängigen Prüfungen erzielt werden, die innerhalb eines angemessenen Zeitraums (d. h. in weniger als einem Jahr) durchgeführt wurden.
13.
Eine gleichzeitige Positivkontrollgruppe sollte immer einbezogen werden, wenn Verfahrensänderungen im LLNA auftreten (z. B. Wechsel des geschulten Personals, Änderung der Materialien bei den Prüfmethoden und/oder der Reagenzien, Änderung der Ausrüstung, Änderung der Herkunft der Versuchstiere). Solche Änderungen sollten in Laborberichten dokumentiert werden. Ferner ist der Einfluss dieser Änderungen auf die Aussagefähigkeit der zuvor eingerichteten historischen Datenbank zu bedenken. Dabei sollte die Notwendigkeit überdacht werden, eine neue historische Datenbank einzurichten, um die gleichbleibende Qualität der positiven Kontrollergebnisse zu dokumentieren.
14.
Die Prüfer sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass die Entscheidung, eine PC-Studie periodisch statt gleichzeitig durchzuführen, Auswirkungen auf die Aussagefähigkeit und Akzeptanz negativer Studienergebnisse haben kann, die ohne gleichzeitige Positivkontrolle im Zeitraum zwischen den einzelnen periodischen PC-Studien auftreten können. Wenn zum Beispiel ein falsch negatives Ergebnis in der periodischen PC-Studie auftritt, können negative Ergebnisse für die Prüfsubstanz, die in dem Zeitraum zwischen der letzten akzeptablen periodischen PC-Studie und der inakzeptablen periodischen PC-Studie aufgetreten waren, in Frage gestellt werden. Die Auswirkungen solcher Ergebnisse sollten sorgfältig bedacht werden, wenn entschieden wird, ob gleichzeitige oder nur periodische PC-Studien durchgeführt werden sollen. Auch ist die Verwendung einer geringeren Anzahl an Versuchstieren bei der gleichzeitigen Positivkontroll-Gruppe zu bedenken, wenn dies wissenschaftlich zu begründen ist und wenn das Labor auf der Grundlage laborspezifischer historischer Daten nachweist, dass eine geringere Anzahl an Mäusen ausreicht (12).
15.
Obwohl eine positive Kontrollchemikalie in dem Vehikel geprüft werden sollte, von dem bekannt ist, dass es eine gleichbleibende Reaktion hervorruft (z. B. Aceton: Olivenöl; 4:1, v/v), können in bestimmten Rechtssituationen auch Prüfungen in einem Nichtstandard-Vehikel (klinisch/chemisch relevante Formulierung) erforderlich sein (24). Wenn die gleichzeitige Positivkontrolle in einem anderen Vehikel als der Prüfsubstanz getestet wird, sollte eine gesonderte Vehikelkontrolle für die gleichzeitige PC einbezogen werden.
16.
In Fällen, in denen Prüfsubstanzen einer bestimmten chemischen Klasse oder eine Reihe von Reaktionen bewertet werden, können Referenzsubstanzen nützlich sein, um nachzuweisen, dass die Prüfmethode zur Feststellung des Hautsensibilisierungspotenzials dieser Art von Substanzen ordnungsgemäß funktioniert. Geeignete Referenzsubstanzen sollten die folgenden Eigenschaften haben:
strukturelle und funktionale Ähnlichkeit mit der Klasse der getesteten Prüfsubstanz;
bekannte physikalische/chemische Eigenschaften;
zugrunde liegende Daten aus dem LLNA;
zugrunde liegende Daten aus anderen Tiermodellen und/oder von Menschen.

TESTVERFAHREN

Anzahl der Versuchstiere und Dosierungen

17.
Mindestens vier Tiere pro Dosisgruppe mit jeweils mindestens drei Konzentrationen der Prüfsubstanz werden benötigt; zusätzlich braucht man eine Negativkontrollgruppe, die nur mit dem Vehikel für die Prüfsubstanz behandelt wird, sowie eine Positivkontrolle (gleichzeitig oder jüngeren Datums, auf der Grundlage der Laborvorschriften in den relevanten Abschnitten 11-14. Tests mit Mehrfachdosen der PC sollten in Erwägung gezogen werden, insbesondere wenn die Positivkontrolle intermittierend getestet wird. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppen ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.
18.
Die Auswahl der Dosis und des Vehikels soll anhand der Empfehlungen in (3) (5) erfolgen. Für aufeinanderfolgende Dosierungen werden normalerweise geeignete abgestufte Konzentrationen gewählt, wie z. B. 100 %, 50 %, 25 %, 10 %, 5 %, 2,5 %, 1 %, 0,5 % usw. Die Auswahl der Konzentrationsfolge sollte angemessen wissenschaftlich begründet werden. Alle vorhandenen toxikologischen Angaben (z. B. über die akute Toxizität und Hautreizung) sowie strukturelle und physiochemische Angaben zu der jeweiligen Prüfsubstanz (und/oder strukturverwandten Substanzen) sollten bei der Festlegung von drei aufeinander folgenden Konzentrationen berücksichtigt werden, so dass bei der höchsten Konzentration einerseits die Exposition maximiert und andererseits eine systemische Toxizität und/oder eine übermäßige lokale Hautreizung ausgeschlossen werden (3) (25). Mangels solcher Informationen kann ein anfänglicher Dosisfindungstest erforderlich sein (siehe Absätze 21-24).
19.
Das Vehikel sollte das Testergebnis nicht beeinflussen oder beeinträchtigen und sollte so gewählt werden, dass die Löslichkeit zur Erzielung einer möglichst hohen Konzentration maximiert und gleichzeitig eine für das Applizieren der Prüfsubstanz geeignete Lösung/Suspension hergestellt werden kann. Empfohlene Vehikel sind Aceton: Olivenöl (4:1, v/v), N,N-Dimethylformamid, Methylethylketon, Propylenglykol und Dimethylsulphoxid (19), wobei mit hinreichender wissenschaftlicher Begründung auch andere Vehikel verwendet werden können. Unter bestimmten Umständen muss ein klinisch relevantes Lösungsmittel oder die handelsübliche Zubereitung, in der die Prüfsubstanz vermarktet wird, als zusätzliche Kontrolle genutzt werden. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, zu gewährleisten, dass in das Vehikelsystem durch die Verwendung geeigneter Lösungsvermittler (z. B. 1 % Pluronic® L92) hydrophile Stoffe eingearbeitet werden, die die Haut befeuchten und nicht sofort ablaufen. Folglich sind vollständig wässrige Vehikel zu vermeiden.
20.
Die Bearbeitung von Lymphknoten einzelner Mäuse ermöglicht die Bewertung der Variabilität von Tieren sowie einen statistischen Vergleich zwischen der Prüfsubstanz und Messungen an der Vehikelkontrollgruppe (siehe Absatz 35). Zudem besteht eine realistische Möglichkeit, die Anzahl der Mäuse in der Positivkontrollgruppe zu verringern, wenn Einzeltierdaten erhoben werden (12). Außerdem verlangen einige Regulierungsbehörden die Erhebung von Daten einzelner Tiere. Dennoch werden gepoolte Tierdaten von einigen Regulierungsbehörden als akzeptabel erachtet. In dieser Situation können Benutzer wahlweise einzelne oder gepoolte Tierdaten verwenden.

Dosisfindungstest

21.
Wenn über die höchst mögliche Dosierung keine Informationen vorliegen (siehe Absatz 18), sollte ein Dosisfindungstest durchgeführt werden, um die geeignete Dosierung für den LLNA festzulegen. Der Dosisfindungstest soll eine Orientierung bei der Auswahl der höchst möglichen Dosisstufe für die Hauptuntersuchung des LLNA in Fällen liefern, in denen keine Informationen über Konzentrationen vorliegen, die zur systemischen Toxizität (siehe Absatz 24) und/oder zu übermäßiger Hautreizung führen (siehe Absatz 23). Die höchsten geprüften Dosisstufen sollten 100 % der Prüfsubstanz bei Flüssigkeiten bzw. die höchst möglichen Konzentrationen bei Feststoffen oder Suspensionen sein.
22.
Der Dosisfindungstest wird unter Bedingungen durchgeführt, die denen der Hauptstudie des LLNA genau entsprechen. Allerdings gibt es hier keine Bewertung der Lymphknotenproliferation und es können weniger Tiere pro Dosisgruppe eingesetzt werden. Es werden ein oder zwei Tiere pro Dosisgruppe empfohlen. Alle Mäuse werden täglich auf klinische Zeichen für systemische Toxizität oder lokale Reizungen an der Applikationsstelle untersucht. Das Körpergewicht wird vor dem Test und vor dem Abschluss (Tag 6) protokolliert. Beide Ohren jeder Maus werden auf Anzeichen für Erytheme untersucht und mit Hilfe von Tabelle 1 bewertet (25). Die Ohrdicke wird mit Hilfe eines Ohrdickenmessgeräts (z. B. digitaler Mikrometer oder Peacock Dickenmessuhr) an Tag 1 vor der Dosierung, Tag 3 (ca. 48 Stunden nach der ersten Dosis) und Tag 6 bestimmt. Zusätzlich kann an Tag 6 die Ohrdicke durch die Gewichtsbestimmung von Ohrstanzproben ermittelt werden. Dies sollte nach der tierschutzgerechten Tötung der Tiere erfolgen. Eine übermäßige lokale Hautreizung wird durch eine Erythem-Punktzahl von ≥ 3 und/oder eine Zunahme der Ohrdicke von ≥ 25 % an jedem beliebigen Messtag angezeigt (26) (27). Als höchste Dosis für die Hauptuntersuchung des LLNA wird die nächst niedrigere Dosis in der Konzentrationsreihe des Dosisfindungstests gewählt (siehe Absatz 18), die keine systemische Toxizität und/oder übermäßige lokale Hautreizung verursacht.



Tabelle 1

Erythem-Klassifizierung

BeobachtungPunktzahl
Kein Erythem0
Sehr leichtes Erythem (kaum wahrnehmbar)1
Klar abgegrenztes Erythem2
Mäßiges bis ausgeprägtes Erythem3
Schweres Erythem (dunkelrot) bis hin zur Schorfbildung, so dass eine Bewertung nicht möglich ist4
23.
Zusätzlich zu einer Zunahme der Ohrdicke um 25 % (26) (27) wurde ein statistisch signifikanter Anstieg der Ohrdicke bei den behandelten Mäusen im Vergleich zu den Kontrollmäusen zugrunde gelegt, um Reizstoffe in dem LLNA zu identifizieren (28) (29) (30) (31) (32) (33) (34). Obwohl ein statistisch signifikanter Anstieg der Ohrdicke von weniger als 25 % auftreten kann, konnte kein spezifischer Zusammenhang mit einer übermäßigen Hautreizung festgestellt werden (30) (32) (33) (34).
24.
Die folgenden klinischen Beobachtungen können, sofern sie Bestandteil einer Gesamtbewertung sind, auf systemische Toxizität hinweisen (35) (36) und somit die höchst mögliche Dosisstufe für die Hauptuntersuchung des LLNA anzeigen: Änderungen der Funktionen des Nervensystems (z. B. Piloerektion, Ataxie, Tremor und Krämpfe); Verhaltensänderungen (z. B. Aggressivität, Änderungen bei der Fellpflege, auffallende Änderung des Aktivitätsniveaus); Änderungen des Atemmusters (d. h. Änderung der Häufigkeit und Intensität des Atmens wie Dyspnoe, Keuchen, rasselnder Atem) sowie Änderungen der Futter- und Wasseraufnahme. Zusätzlich sollten Anzeichen von Lethargie und/oder Teilnahmslosigkeit sowie alle klinischen Anzeichen für mehr als leichte oder momentane Schmerzen und Qual, eine Gewichtsreduktion von > 5 % zwischen Tag 1 und Tag 6 und die Sterblichkeit in der Bewertung berücksichtigt werden. Moribunde Tiere oder Tiere, die Anzeichen starker und andauernder Qualen zeigen, sollten tierschutzgerecht getötet werden (37).

Versuchsplan der Hauptuntersuchung

25.
Der Versuchsplan des Tests ist wie folgt:
Tag 1 : Jedes Tier wird einzeln gekennzeichnet und das Gewicht sowie jede klinische Beobachtung werden protokolliert. Es werden 25 μL der Prüfsubstanz in der geeigneten Verdünnung, des Vehikels allein oder der Positivkontrolle (gleichzeitig oder jüngeren Datums gemäß den Laborvorschriften in den relevanten Abschnitten 11-15) auf die Rückseite jedes Ohrs appliziert.
Tage 2 und 3 : Die am Tag 1 durchgeführte Applikationsprozedur wird wiederholt.
Tage 4 und 5 : Keine Behandlung.
Tag 6 : Das Gewicht jedes Tiers wird protokolliert. Es werden 250 μL sterile phosphatgepufferte Kochsalzlösung (PBS) mit 20 μCi (7,4×105 Bq) von tritiiertem (3H)-Methylthymidin in die Schwanzvenen aller Mäuse in den Prüf- und Kontrollgruppen injiziert. Alternativ dazu können 250 μL sterile PBS mit 2 μCi (7,4×104 Bq) von 125I-Ioddeoxyuridin und 10-5M Fluorodeoxyuridin in die Schwanzvenen aller Mäuse injiziert werden. Fünf Stunden (5 h) später werden die Tiere tierschutzgerecht getötet. Die drainierenden aurikulären Lymphknoten jedes Mäuseohrs werden entfernt und für jedes Tier in PBS gepoolt (Einzeltiermethode); alternativ hierzu können auch die Lymphknoten jedes Ohrs entfernt und für jede der Versuchsgruppen in PBS gepoolt werden (Methode der gepoolten Behandlungsgruppe). Einzelheiten und Diagramme der Lymphknotenidentifikation und -entfernung sind unter Referenz (12) aufgeführt. Zur weiteren Kontrolle der lokalen Hautreaktion in der Hauptuntersuchung können zusätzliche Parameter wie die Auswertung des Ohr-Erythems oder Ohrdickemessungen (mittels eines Dickenmessgeräts oder durch die Gewichtsbestimmung von Ohrstanzproben bei der Nekropsie) in das Untersuchungsprotokoll aufgenommen werden.

Vorbereitung der Zellsuspensionen

26.
Aus den Lymphknotenzellen (LNC), die mittels der Einzeltiermethode oder mittels der Methode der gepoolten Behandlungsgruppe paarweise entnommen wurden, wird durch vorsichtigen mechanischen Aufschluss in einem Edelstahlfilter mit einer Maschenweite von 200 Mikron oder mittels einer anderen geeigneten Technik eine Einzelzellsuspension hergestellt. Die LNC werden zweimal mit einem Überschuss an PBS gewaschen und die DNA wird bei 4 °C 18 Stunden lang mit 5 %iger Trichloressigsäure (TCA) ausgefällt (3). Die Pellets werden entweder in 1 mL TCA resuspendiert und in Szintillationsfläschchen eingetragen, die 10 mL einer Szintillationsflüssigkeit für die 3H-Zählung enthalten, oder direkt in Gammazähler zur 125I-Bestimmung überführt.

Bestimmung der Zellproliferation (der aufgenommenen Radioaktivität)

27.
Die Aufnahme von 3H-Methylthymidin wird mittels β-Szintillationszählung als Zerfallsereignisse pro Minute (disintegrations per minute; DPM) gemessen. Die Aufnahme von 125I-Ioddeoxyuridin wird mittels 125I-Zählung bestimmt und ebenfalls als DPM angegeben. In Abhängigkeit von der genutzten Methode wird die Aufnahme als DPM/Maus (Einzeltiermethode) oder als DPM/Behandlungsgruppe (Methode der gepoolten Behandlungsgruppe) angegeben.

Reduzierter LLNA

28.
In gewissen Situationen, in denen aufgrund von Rechtsvorschriften lediglich die Bestätigung einer negativen Prädiktion über das Hautsensibilisierungspotenzial gefordert ist, kann ein optionales rLLNA-Protokoll (16) (17) (18) mit weniger Versuchstieren verwendet werden, vorausgesetzt dass alle anderen Protokollspezifikationen für den LLNA in dieser Prüfmethode eingehalten werden. Vor Einsatz des rLLNA sollten entsprechende Erläuterungen und eine wissenschaftliche Begründung für seine Verwendung vorgelegt werden. Sollte ein positives oder nicht eindeutiges Ergebnis erzielt werden, können weitere Tests erforderlich sein, um diese Daten zu deuten oder zu klären.
29.
Die zahlenmäßige Reduktion der Dosisgruppen ist der einzige Unterschied zwischen den Prüfmethodenprotokollen des LLNA und des rLLNA. Aus diesem Grund liefert der rLLNA keine Informationen über die Dosis-Wirkungs-Beziehung. Der rLLNA sollte folglich nicht eingesetzt werden, wenn Informationen über die Dosis-Wirkungs-Beziehung benötigt werden. Ebenso wie im Multidosis-LLNA sollte die im rLLNA bewertete Konzentration der Prüfsubstanz die höchst mögliche Konzentration sein, die keine offensichtliche systemische Toxizität und/oder übermäßige lokale Hautreizung bei der Maus verursacht (siehe Absatz 18).

BEOBACHTUNGEN

Klinische Beobachtungen

30.
Jede Maus sollte mindestens einmal täglich sorgfältig auf klinische Zeichen, d. h. lokale Reizung an der Applikationsstelle, oder auf systemische Toxizität untersucht werden. Alle Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Die Überwachungspläne sollten Kriterien beinhalten, anhand derer Mäuse mit systemischer Toxizität, übermäßiger lokaler Hautreizung oder Hautätzung schnell zu Zwecken der schmerzlosen Tötung identifiziert werden können (37).

Körpergewicht

31.
In Abschnitt 25 wurde bereits ausgeführt, dass das Körpergewicht der einzelnen Tiere zu Versuchsbeginn und zum Zeitpunkt der tierschutzgerechten Tötung der Tiere laut Versuchsplan festgestellt werden soll.

BERECHNUNG DER ERGEBNISSE

32.
Die Ergebnisse für jede Behandlungsgruppe werden als Stimulationsindex (SI) angegeben. Bei Einsatz der Einzeltiermethode erhält man den SI durch Teilen der mittleren DPM pro Maus innerhalb jeder Prüfgruppe und der Positivkontrollgruppe durch die mittleren DPM pro Maus für die Lösungsmittel/Vehikelkontrollgruppe. Der durchschnittliche SI beträgt demnach für die mit Vehikel behandelten Kontrollen 1. Bei Einsatz der Methode der gepoolten Behandlungsgruppe erhält man den SI, indem die für jede Behandlungsgruppe ermittelte Gesamtaufnahme an Radioaktivität durch die Aufnahme in der gepoolten Vehikelkontrollgruppe dividiert wird; hieraus ergibt sich der mittlere SI.
33.
In dem Entscheidungsprozess gilt ein Ergebnis als positiv, wenn der SI ≥ 3 ist. Die Stärke der Dosis-Wirkung, die statistische Signifikanz und die gleichbleibende Qualität der Lösungsmittel-/Vehikel-Reaktion sowie der Reaktion der Positivkontrolle können aber auch benutzt werden, um festzulegen, ob ein Grenzergebnis als positiv bezeichnet werden soll (4) (5) (6).
34.
Sofern Klärungsbedarf in Bezug auf die Ergebnisse besteht, sollten die verschiedenen Eigenschaften der Prüfsubstanz beachtet werden, wobei es unter anderem zu klären gilt, ob ein struktureller Zusammenhang mit bekannten Hautsensibilisatoren besteht, ob sie eine übermäßige lokale Hautreizung bei der Maus hervorruft und wie die festgestellte Art der Reaktion bezüglich der Dosis ist. Diese und weitere Aspekte werden an anderer Stelle ausführlich erörtert (7).
35.
Werden die Daten zur Radioaktivität für jede einzelne Maus erhoben, kann eine statistische Analyse zu Vorhandensein und Grad des Dosis-Wirkungs-Verhältnisses in den Daten durchgeführt werden. Jede statistische Auswertung könnte eine Bewertung der Dosis-Wirkungs-Beziehung sowie geeignete Testgruppen-Vergleiche beinhalten (z. B. Gruppe mit paarweiser Dosierung gegen gleichzeitige Vehikelkontrollgruppe). Die statistischen Analysen könnten z. B. die lineare Regression, den Williams-Test zur Bewertung von Dosis-Wirkungs-Trends oder den Dunnett-Test für paarweise Vergleiche beinhalten. Bei der Auswahl einer geeigneten Methode für die statistische Analyse sollte sich der Prüfer möglicher ungleicher Varianzen und anderer damit zusammenhängender Probleme stets bewusst sein, denn diese erfordern unter Umständen eine Datentransformation oder ein nicht-parametrisches statistisches Verfahren. Auf jeden Fall muss der Prüfer unter Umständen SI-Berechnungen und statistische Analysen mit und ohne bestimmte Datenpunkte (manchmal als „Ausreißer“ bezeichnet) vornehmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

36.
Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Bei Einsatz der Einzeltiermethode sollten sie die DPM-Einzelwerte, die mittleren DPM-Gruppenwerte pro Tier, die damit verbundene Fehlervariable (z. B. SD, SEM) und den mittleren SI für jede Dosisgruppe, verglichen mit der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe angeben. Bei Einsatz der Methode der gepoolten Behandlungsgruppe werden die mittleren/medianen DPM und der mittlere SI für jede Dosisgruppe mit der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe verglichen.

Prüfbericht

37.
Der Testbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüf- und Kontrollsubstanzen:

Angaben zur Identität (z. B. CAS-Nummer und EG-Nummer, falls vorhanden; Bezugsquelle; Reinheit; bekannte Verunreinigungen; Chargennummer);
physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Flüchtigkeit, Stabilität, Löslichkeit);
bei Mischungen Zusammensetzung und relative Anteile der Bestandteile in Prozent;

Lösungsmittel/Vehikel:

Angaben zur Identität (Reinheit, Konzentration, gegebenenfalls verwendete Mengen);
Begründung für die Wahl des Vehikels;

Versuchstiere:

Herkunft der CBA-Mäuse;
mikrobiologischer Status der Tiere, soweit bekannt;
Anzahl und Alter der Tiere;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Prüfbedingungen:

Angaben zur Vorbereitung und Applikation der Prüfsubstanz;
Begründung der gewählten Dosierung (mit Ergebnissen des eventuell durchgeführten Dosisfindungstests);
verwendete Konzentrationen des Vehikels und der Prüfsubstanz sowie Gesamtmenge der applizierten Prüfsubstanz;
Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle);
nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;
Methoden zur Bestimmung der Toxizität;
Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv oder negativ;
Einzelheiten zu eventuellen Protokollabweichungen und eine Erklärung dazu, wie sich diese Abweichung auf Prüfdesign und Ergebnisse auswirkt.

Überprüfung der Zuverlässigkeit:

Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse der letzten Überprüfung der Zuverlässigkeit mit Angaben zu verwendeten Prüfsubstanzen, Konzentration und Vehikel;
gleichzeitige und/oder historische PC und gleichzeitige Daten zur NK für das Prüflabor;
wenn keine gleichzeitige PC eingeschlossen war, Datum und Laborbericht über die jüngste periodische PC sowie ein Bericht mit ausführlichen Angaben über die historischen positiven Kontrolldaten des Labors mit Angabe der Gründe, warum keine gleichzeitige PC genutzt wurde;

Ergebnisse:

Gewicht der einzelnen Tiere bei Beginn der Prüfung und zum Zeitpunkt der Tötung laut Versuchsplan, sowie mittlere und zugehörige Fehlervariable (z. B. SD, SEM) für jede Behandlungsgruppe;
Beginn und zeitlicher Verlauf der toxischen Erscheinungen für jedes Tier, einschließlich gegebenenfalls Hautreizungen an der Stelle der Verabreichung;
eine Tabelle der DPM-Werte sowie der SI-Werte jeder einzelnen Maus (Einzeltiermethode) oder der mittleren/medianen Werte (Methode der gepoolten Behandlungsgruppe) jeder Behandlungsgruppe;
mittlere verbundene Fehlervariable (z. B. SD, SEM) für DPM/Maus für jede Behandlungsgruppe sowie die Ergebnisse der Ausreißer-Analyse für jede Behandlungsgruppe bei Einsatz der Einzeltiermethode;
berechneter SI und geeignete Messung der Variabilität, welche die Variabilität der Tiere sowohl in der Behandlungsgruppe als auch in der Kontrollgruppe berücksichtigt, sofern die Einzeltiermethode benutzt wird;
Dosis-Wirkungs-Beziehung;
gegebenenfalls statistische Analysen;

Diskussion der Ergebnisse:

kurze Kommentierung der Ergebnisse, der Dosis-Wirkungs-Beziehung und gegebenenfalls statistische Analysen mit Schlussfolgerungen zur Frage, ob die Prüfsubstanz als Hautsensibilisator eingestuft werden soll.

LITERATUR

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(3) Kimber, I., Dearman, R.J., Scholes, E.W. and Basketter, D.A. (1994), The local lymph node assay: developments and applications, Toxicol., 93, 13-31.

(4) Kimber, I., Hilton, J., Dearman, R.J., Gerberick, G.F., Ryan, C.A., Basketter, D.A., Lea, L., House, R.V., Ladies, G.S., Loveless, S.E. and Hastings, K.L. (1998), Assessment of the skin sensitisation potential of topical medicaments using the local lymph node assay: An interlaboratory exercise, J. Toxicol. Environ. Health, 53, 563-79.

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(6) Basketter, D.A., Gerberick, G.F., Kimber, I. and Loveless, S.E. (1996), The local lymph node assay: A viable alternative to currently accepted skin sensitisation tests, Food Chem. Toxicol., 34, 985-997.

(7) Basketter, D.A., Gerberick, G.F. and Kimber, I. (1998), Strategies for identifying false positive responses in predictive sensitisation tests, Food Chem. Toxicol., 36, 327-33.

(8) Van Och, F.M.M., Slob, W., De Jong, W.H., Vandebriel, R.J. and Van Loveren, H. (2000), A quantitative method for assessing the sensitising potency of low molecular weight chemicals using a local lymph node assay: employment of a regression method that includes determination of uncertainty margins, Toxicol., 146, 49-59.

(9) Dean, J.H., Twerdok, L.E., Tice, R.R., Sailstad, D.M., Hattan, D.G., Stokes, W.S. (2001), ICCVAM evaluation of the murine local lymph node assay: II. Conclusions and recommendations of an independent scientific peer review panel, Reg. Toxicol. Pharmacol, 34: 258-273.

(10) Haneke, K.E., Tice, R.R., Carson, B.L., Margolin, B.H., Stokes, W.S. (2001), ICCVAM evaluation of the murine local lymph node assay: III. Data analyses completed by the national toxicology program interagency center for the evaluation of alternative toxicological methods, Reg. Toxicol. Pharmacol, 34, 274-286.

(11) Sailstad, D.M., Hattan, D., Hill, R.N., Stokes, W.S. (2001), ICCVAM evaluation of the murine local lymph node assay: I. The ICCVAM review process, Reg. Toxicol. Pharmacol, 34: 249-257.

(12) ICCVAM (2009), Recommended Performance Standards: Murine Local Lymph Node Assay, NIH Publication Number 09-7357, Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences. Abrufbar unter: [http://iccvam.niehs.nih.gov/docs/immunotox_docs/llna-ps/LLNAPerfStds.pdf]

(13) OECD (1992), Skin Sensitisation. OECD Guideline for Testing of Chemicals No 406, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(14) OECD (2005), Guidance Document on the Validation and International Acceptance of New or Updated Test Methods for Hazard Assessment, Environment, Health and Safety Monograph, Series on Testing and Assessment No. 34, ENV/JM/MONO (2005)14, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(15) Dearman, R.J., Hilton, J., Evans, P., Harvey, P., Basketter, D.A. and Kimber, I. (1998), Temporal stability of local lymph node assay responses to hexyl cinnamic aldehyde, J. Appl. Toxicol., 18, 281-284.

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(17) ESAC (2007), Statement on the Reduced Local Lymph Node Assay (rLLNA), European Commission Directorate General, Joint Research Centre, Institute for Health and Consumer Protection, European Centre for the Validation of Alternative Methods, April 2007. Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.it/ft_doc/ESAC26_statement_rLLNA_20070525-1.pdf]

(18) ICCVAM (2009), The Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) Test Method Evaluation Report. The Reduced Murine Local Lymph Node Assay: An Alternative Test Method Using Fewer Animals to Assess the Allergic Contact Dermatitis Potential of Chemicals and Products, NIH Publication Number 09-6439, Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences. Abrufbar unter: [http://iccvam.niehs.nih.gov/]

(19) ICCVAM (1999), The Murine Local Lymph Node Assay: A Test Method for Assessing the Allergic Contact Dermatitis Potential of Chemicals/Compounds, The Results of an Independent Peer Review Evaluation Coordinated by the Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) and the National Toxicology Program Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICEATM), NIH Publication No. 99-4494, Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences. Abrufbar unter: [http://iccvam.niehs.nih.gov/docs/immunotox_docs/llna/llnarep.pdf]

(20) Kreiling, R., Hollnagel, H.M., Hareng, L., Eigler, L., Lee, M.S., Griem, P., Dreessen, B., Kleber, M., Albrecht, A., Garcia, C. and Wendel, A. (2008), Comparison of the skin sensitising potential of unsaturated compounds as assessed by the murine local lymph node assay (LLNA) and the guinea pig maximization test (GPMT), Food Chem. Toxicol., 46, 1896-1904.

(21) Basketter, D., Ball, N., Cagen, S., Carrilo, J.C., Certa, H., Eigler, D., Garcia, C., Esch, H., Graham, C., Haux, C., Kreiling, R. and Mehling, A. (2009), Application of a weight of evidence approach to assessing discordant sensitisation datasets: implications for REACH, Reg. Toxicol. Pharmacol., 55, 90-96.

(22) ICCVAM (2009), ICCVAM Test Method Evaluation Report. Assessment of the Validity of the LLNA for Testing Pesticide Formulations and Other Products, Metals, and Substances in Aqueous Solutions, NIH Publication Number 10-7512, Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences, Abrufbar unter: [http://iccvam.niehs.nih.gov/]

(23) ILAR (1996), Institute of Laboratory Animal Research (ILAR) Guide for the Care and Use of Laboratory Animals, 7th ed. Washington, DC: National Academies Press.

(24) McGarry, H.F. (2007), The murine local lymph node assay: regulatory and potency considerations under REACH, Toxicol., 238, 71-89.

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(26) Reeder, M.K., Broomhead, Y.L., DiDonato, L. and DeGeorge, G.L. (2007), Use of an enhanced local lymph node assay to correctly classify irritants and false positive substances, Toxicologist, 96, 235.

(27) ICCVAM (2009), Non-radioactive Murine Local Lymph Node Assay: Flow Cytometry Test Method Protocol (LLNA: BrdU-FC) Revised Draft Background Review Document, Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences. Abrufbar unter: [http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/immunotox/fcLLNA/BRDcomplete.pdf]

(28) Hayes, B.B., Gerber, P.C., Griffey, S.S. and Meade, B.J. (1998), Contact hypersensitivity to dicyclohexylcarbodiimide and diisopropylcarbodiimide in female B6C3F1 mice, Drug. Chem. Toxicol., 21, 195-206.

(29) Homey, B., von Schilling, C., Blumel, J., Schuppe, H.C., Ruzicka, T., Ahr, H.J., Lehmann, P. and Vohr, V.W. (1998), An integrated model for the differentiation of chemical-induced allergic and irritant skin reactions, Toxicol. Appl. Pharmacol., 153, 83-94.

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(31) Hayes, B.B. and Meade, B.J. (1999), Contact sensitivity to selected acrylate compounds in B6C3F1 mice: relative potency, cross reactivity, and comparison of test methods, Drug. Chem. Toxicol., 22, 491-506.

(32) Ehling, G., Hecht, M., Heusener, A., Huesler, J., Gamer, A.O., van Loveren, H., Maurer, T., Riecke, K., Ullmann, L., Ulrich, P., Vandebriel, R. and Vohr, H.W. (2005), A European inter-laboratory validation of alternative endpoints of the murine local lymph node assay: first round. Toxicol., 212, 60-68.

(33) Vohr, H.W. and Ahr, H.J. (2005), The local lymph node assay being too sensitive? Arch. Toxicol., 79, 721-728.

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(35) OECD (1987), Acute Dermal Toxicity, OECD Guideline for Testing of Chemicals No 402, Paris, France. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(36) ICCVAM (2009), Report on the ICCVAM-NICEATM/ECVAM/JaCVAM Scientific Workshop on Acute Chemical Safety Testing: Advancing In Vitro Approaches and Humane Endpoints for Systemic Toxicity Evaluations. Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences, Abrufbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/acutetox/Tox_workshop.htm]

(37) OECD (2000), Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation, Environmental Health and Safety Monograph, Series on Testing and Assessment No. 19, ENV/JM/MONO(2000)7, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

Anlage 1

Leistungsstandards für die Bewertung vorgeschlagener ähnlicher oder modifizierter Llna-Prüfmethoden zur Einschätzung der Hautsensibilisierung

EINLEITUNG

1.
Ziel der Leistungsstandards (Performance Standards; PS) ist es, die Grundlage zu vermitteln, auf der neue Prüfmethoden, seien diese geschützt (d. h. per Urheberrecht, Handelsmarken, eingetragene Marken) oder nicht geschützt, als ausreichend genau und zuverlässig für spezifische Prüfzwecke beurteilt werden können. Diese auf validierten und akzeptierten Prüfmethoden basierenden Leistungsstandards können verwendet werden, um die Zuverlässigkeit und Genauigkeit anderer vergleichbarer Methoden (umgangssprachlich als „Me-too“-Tests bezeichnet) zu bewerten, die auf ähnlichen wissenschaftlichen Prinzipien beruhen und denselben biologischen oder toxischen Effekt messen oder vorhersagen (14).
2.
Vor der Annahme modifizierter Methoden (d. h. vorgeschlagener potenzieller Verbesserungen einer genehmigten Prüfmethode) sollte eine Bewertung erfolgen, um die Auswirkung der vorgeschlagenen Änderungen auf die Leistung des Tests und das Maß zu bewerten, in dem eine solche Änderung die verfügbare Information für andere Elemente des Validierungsprozesses beeinflusst. Je nach Anzahl und Art der vorgeschlagenen Änderungen, den generierten Daten und der Begleitdokumentation für diese Änderungen, sollten sie entweder dem für neue Tests beschriebenen Validierungsprozess, oder — gegebenenfalls — einer begrenzten Zuverlässigkeits- und Relevanzprüfung nach etablierten Leistungsstandards unterzogen werden (14).
3.
Vorgeschlagene vergleichbare oder modifizierte Methoden zur Verwendung nach der vorliegenden Prüfmethode sollten anhand von Chemikalien, die die volle Bandbreite der LLNA-Einstufungen repräsentieren, auf ihre Zuverlässigkeit und Genauigkeit untersucht werden. Um den ungerechtfertigten Einsatz von Tieren zu vermeiden, wird Modell-Entwicklern nachdrücklich empfohlen, sich vor Beginn der Validierungsstudien in Übereinstimmung mit den in dieser Prüfmethode niedergelegten Leistungsstandards und Leitlinien an die zuständigen Behörden zu wenden.
4.
Diese Leistungsstandards beruhen auf den US-ICCVAM, EC-ECVAM sowie den harmonisierten japanischen Leistungsstandards JaCVAM (12) und können zur Bewertung der Validität vergleichbarer oder modifizierter Versionen des LLNA herangezogen werden. Diese Leistungsstandards umfassen die wesentlichen Elemente der Prüfmethoden, empfohlene Referenzsubstanzen und die Standards für Genauigkeit und Zuverlässigkeit, welche die vorgeschlagene Methode erfüllen oder übertreffen sollten.

I.   Wesentliche Elemente der Prüfmethode

5.
Um sicherzustellen, dass eine vergleichbare oder modifizierte LLNA-Methode dem LLNA funktionell und mechanistisch entspricht und dass sie dieselben biologischen Wirkungen misst, sollten die folgenden Elemente in das Protokoll der Prüfmethode aufgenommen werden:
Die Prüfsubstanz sollte oberflächlich an beiden Mäuseohren appliziert werden.
Die Lymphozytenproliferation sollte in den drainierenden Lymphknoten an der Stelle der Applikation der Prüfsubstanz gemessen werden.
Die Lymphozytenproliferation sollte während der Induktionsphase der Hautsensibilisierung gemessen werden.
Bei Prüfsubstanzen sollte die gewählte Höchstdosis die höchstmögliche Konzentration sein, die keine systemische Toxizität und/oder übermäßige lokale Hautreizung bei der Maus verursacht. Bei positiven Referenzsubstanzen sollte die höchste Dosis mindestens so hoch sein wie die LLNA EC3-Werte der entsprechenden Referenzsubstanzen (siehe Tabelle 1), ohne dass eine systemische Toxizität und/oder übermäßige lokale Hautreizung bei der Maus verursacht wird.
In jede Studie sollte eine gleichzeitige Vehikelkontrolle aufgenommen werden sowie gegebenenfalls eine gleichzeitige Positivkontrolle.
Es sollten mindestens vier Tiere pro Dosisgruppe verwendet werden.
Es können entweder Einzeltierdaten oder gepoolte Daten verwendet werden.

Ist eines dieser Kriterien nicht erfüllt, können diese Leistungsstandards nicht zur Validierung der vergleichbaren oder modifizierten Methode verwendet werden.

II.   Mindestliste der Referenzsubstanzen

6.
Die US-ICCVAM, EC-ECVAM und die harmonisierten japanischen Leistungsstandards JaCVAM PS (12) geben 18 Mindest-Referenzsubstanzen an, die verwendet werden sollten, sowie vier wahlfreie in den Leistungsstandards des LLNA enthaltene Referenzsubstanzen (Substanzen, die im Vergleich zu den Ergebnissen von Tests am Menschen oder am Meerschweinchen (B.6, oder OECD-Prüfrichtlinie 406) (13) im LLNA entweder falsch positive oder falsch negative Ergebnisse hervorriefen und daher möglicherweise eine gleichwertige oder bessere Leistung als der LLNA nachweisen könnten). Die Auswahl dieser chemischen Stoffe erfolgte nach folgenden Kriterien:
die Liste der Referenzsubstanzen enthielt die Typen von Stoffen, die üblicherweise auf ihr Hautsensibilisierungspotenzial untersucht werden sowie die ganze Bandbreite der Reaktionen, die mittels des LLNA gemessen oder vorhergesagt werden können;
die Substanzen hatten klar definierte chemische Strukturen;
für jede Substanz lagen LLNA-Daten aus Meerschweinchen-Tests (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (13) und (soweit möglich) Daten aus Tests am Menschen vor, und
die Substanzen waren problemlos im Handel erhältlich.

Die empfohlenen Referenzsubstanzen sind in Tabelle 1 aufgeführt. Studien mit den vorgeschlagenen Referenzsubstanzen sollten in dem Vehikel bewertet werden, mit dem sie in Tabelle 1 aufgelistet sind. Sollte eine angegebene Substanz nicht verfügbar sein, können andere Substanzen, die die genannten Auswahlkriterien erfüllen, mit entsprechender Begründung verwendet werden.



Tabelle 1

Empfohlene chemische Rreferenzsubstanzen für die Leistungsstandards des LLNA

NummerChemikalien (1)CAS-Nr.FormVeh (2)EC3 % (3)N (4)0,5 x — 2,0 x EC3Tatsächlicher EC3-BereichLLNA vs. GPLLNA vs. Test am Menschen
15-Chloro-2-methyl-4-isothiazolin-3-on (CMI)/2-methyl-4-isothiazolin-3-on (MI) (5)26172-55-4/2682-20-4LiqDMF0,009 1 0,0045-0,018NC+/++/+
2DNCB97-00-7SolAOO0,049 15 0,025-0,0990.02-0.094+/++/+
34-Phenylenediamin106-50-3SolAOO0,11 6 0,055-0,220.07-0.16+/++/+
4Cobaltchlorid7646-79-9SolDMSO0,6 2 0,3-1,20.4-0.8+/++/+
5Isoeugenol97-54-1LiqAOO1,5 47 0,77-3,10.5-3.3+/++/+
62-Mercaptobenzothiazol149-30-4SolDMF1,7 1 0,85-3,4NC+/++/+
7Citral5392-40-5LiqAOO9,2 6 4,6-18,35,1-13+/++/+
8HCA101-86-0LiqAOO9,7 21 4,8-19,54,4-14,7+/++/+
9Eugenol97-53-0LiqAOO10,1 11 5,05-20,24,9-15+/++/+
10Phenylbenzoat93-99-2SolAOO13,6 3 6,8-27,21,2-20+/++/+
11Zimtalkohol104-54-1SolAOO21 1 10,5-42NC+/++/+
12Imidazolidinylharnstoff39236-46-9SolDMF24 1 12-48NC+/++/+
13Methylmethacrylat80-62-6LiqAOO90 1 45-100NC+/++/+
14Chlorbenzol108-90-7LiqAOO25 1 NANA–/––/ (1)
15Isopropanol67-63-0LiqAOO50 1 NANA–/––/+
16Milchsäure50-21-5LiqDMSO25 1 NANA–/––/ (1)
17Methylsalicylat119-36-8LiqAOO20 9 NANA–/––/–
18Salicylsäure69-72-7SolAOO25 1 NANA–/––/–
Wahlfreie Substanzen zum Nachweis einer verbesserten Leistung im Vergleich zum LLNA
19Natriumlaurylsulphat151-21-3SolDMF8,1 5 4,05-16,21,5-17,1+/–+/–
20Ethylenglykoldimethacrylat97-90-5LiqMEK28 1 14-56NC+/–+/+
21Xylol1330-20-7LiqAOO95,8 1 47,9-100NC+/ (2)+/–
22Nickelchlorid7718-54-9SolDMSO5 2 NANA–/+–/+

(*1)   Gilt als nicht sensibilisierend beim Menschen, da keine Ergebnisse klinischer Epikutantests (Patch-Tests) vorliegen, da es nicht als Allergen im Patch-Test-System aufgeführt ist und keine Fallberichte für die Sensibilisierung beim Menschen verfügbar sind.

(*2)   GP-Daten nicht verfügbar.

(1)   Die Prüfsubstanzen sollten täglich zubereitet werden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

(2)   Aufgrund der potenziellen Beeinträchtigung der Leistung des LLNA durch die Verwendung abweichender Vehikel sollte stets das empfohlene Vehikel für jede Referenzsubstanz verwendet werden (24) (32).

(3)   Mittelwert wenn mehr als ein EC3-Wert vorlag. Bei negativen Substanzen (d. h. mit einem Stimulationsindex < 3) wird die höchste getestete Konzentration angegeben.

(4)   Zahl der LLNA-Studien, von denen Daten vorliegen.

(5)   Im Handel als Kathon CG (CAS-Nr. 55965-84-9) erhältlich; es handelt sich um ein 3:1-Gemisch aus CMI und MI. Die relativen Konzentrationen jedes Bestandteils liegen zwischen 1,1 % und 1,25 % (CMI) bzw. 0,3 % und 0,45 % (MI). Die nicht wirksamen Bestandteile sind Magnesiumsalze (21,5 % bis 24 %) und Kupfernitrat (0,15 % bis 0,17 %); 74 % bis 77 % sind Wasser. Kathon CG ist bei Sigma-Aldrich und Rohm and Haas (nun Dow Chemical Corporation) erhältlich.

Abkürzungen: AOO = Aceton: Olivenöl (4:1, v/v); CAS-Nr. = Chemical Abstracts Service Number; DMF = N,N-Dimethylformamid; DMSO = Dimethylsulfoxid; DNCB = 2,4-Dinitrochlorobenzol; EC3 = geschätzte Konzentration, die zur Erzeugung des Stimulationsindex von 3 benötigt wird; GP = Ergebnis des Meerschweinchen-Tests (B. 6 oder OECD-Prüfrichtlinie 406) (13); HCA = Hexylcinnaminaldehyd; Liq = flüssig; LLNA = Ergebnis des lokalen Lymphknotentests an der Maus (B. 42 oder OECD-Prüfrichtlinie 429) (1); MEK = Methylethylketon; NA = nicht zutreffend, da Stimulationsindex < 3; NC = nicht berechnet, da Daten aus Einzelstudie stammen; Sol = fest; Veh = Testvehikel.

III.   Vorgegebene Zuverlässigkeits- und Genauigkeitsstandards

7.
Die Genauigkeit einer vorgeschlagenen vergleichbaren oder modifizierten LLNA-Methode sollte bei ihrer Bewertung anhand der 18 zu verwendenden Mindest-Referenzsubstanzen die Genauigkeit der LLNA-Leistungsstandards erreichen oder übertreffen. Die neue oder modifizierte Methode sollte zu der richtigen Einstufung auf der Grundlage einer „Ja/Nein“-Entscheidung führen. Es könnte allerdings sein, dass die neue oder modifizierte Methode nicht zur richtigen Einstufung aller zu verwendenden Mindest-Referenzsubstanzen führt. Wenn zum Beispiel einer der schwach sensibilisierenden Stoffe falsch klassifiziert wird, sollten eine wissenschaftliche Begründung für die falsche Einstufung sowie die Vorlage zusätzlicher Daten (z. B. Testergebnisse, die korrekte Einstufungen für andere Stoffe mit physikalischen, chemischen und sensibilisierenden Eigenschaften zeigen, die denen der falsch eingestuften Referenzsubstanz gleichen) in Erwägung gezogen werden, um eine gleichwertige Leistung nachzuweisen. Unter diesen Umständen würde der Validierungsstatus der neuen oder modifizierten LLNA-Prüfmethode für jeden Einzelfall bewertet werden.
8.
Zur Bestimmung der Intra-Labor-Reproduzierbarkeit sollte eine neue oder modifizierte LLNA-Methode unter Verwendung einer sensibilisierenden Substanz beurteilt werden, die im LLNA bereits gut bekannt ist. Daher basieren die LLNA-Leistungsstandards auf der Variabilität der Ergebnisse aus wiederholten Tests an Hexylcinnaminaldehyd (HCA). Um die Intra-Labor-Zuverlässigkeit zu bewerten, werden die Werte für die geschätzte Konzentrationsschwelle (ECt) für HCA zu vier verschiedenen Zeitpunkten ermittelt, zwischen denen jeweils mindestens eine Woche liegen sollte. Eine akzeptable Intra-Labor-Reproduzierbarkeit zeigt sich in der Fähigkeit eines Labors, in jedem HCA-Test ECt-Werte zwischen 5 % und 20 % zu erzielen, was einer Bandbreite von 0,5-2,0 mal dem mittleren spezifizierten EC3-Wert für HCA (10 %) im LLNA entspricht (siehe Tabelle 1).
9.
Zur Bestimmung der Inter-Labor-Reproduzierbarkeit sollte eine neue oder modifizierte LLNA-Methode unter Verwendung von zwei sensibilisierenden Substanzen beurteilt werden, die im LLNA bereits gut bekannt sind. Die LLNA-Leistungsstandards basieren auf der Variabilität der Ergebnisse aus Tests an HCA und 2,4-Dinitrochlorobenzol (DNCB) in unterschiedlichen Laboratorien. Die ECt-Werte sollten unabhängig aus einer einzelnen Studie abgeleitet werden, die in mindestens drei gesonderten Laboratorien durchgeführt wurde. Zum Nachweis einer akzeptablen Inner-Labor-Reproduzierbarkeit sollte jedes Labor ECt-Werte zwischen 5 % und 20 % für HCA und 0,025 % bis 0,1 % für DNCB erzielen, was einer Bandbreite von jeweils 0,5-2,0 mal den mittleren spezifizierten EC3-Konzentrationen für HCA (10 %) und DBCB (0,05 %) im LLNA entspricht (siehe Tabelle 1).

Anlage 2

Begriffsbestimmungen

Genauigkeit : Der Grad an Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und akzeptierten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der Relevanz. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode (14).

Vergleichssubstanz : Eine sensibilisierende oder nicht sensibilisierende Substanz, die als Standard zu Vergleichszwecken für eine Prüfsubstanz verwendet wird. Eine Vergleichssubstanz sollte die folgenden Eigenschaften haben: i) gleichbleibende und verlässliche Quelle(n); ii) strukturelle und funktionelle Ähnlichkeit mit der Klasse der zu prüfenden Stoffe; iii) bekannte physikalisch-chemische Eigenschaften; iv) unterstützende Daten zu bekannten Effekten und v) bekannte Wirksamkeit im Bereich der erwünschten Reaktion.

Geschätzte Konzentrationsschwelle (ECt) : Geschätzte Konzentration einer Prüfsubstanz, die benötigt wird, um einen Stimulationsindex zu erzeugen, der eine positive Reaktion anzeigt.

Effektive Konzentration drei (EC3) : Geschätzte Konzentration einer Prüfsubstanz, die benötigt wird, um einen Stimulationsindex von drei hervorzurufen.

Falsch negativ : Eine Prüfsubstanz, die durch eine Prüfmethode fälschlich als negativ oder nicht wirksam charakterisiert wird, obwohl sie in Wirklichkeit positiv bzw. wirksam ist.

Falsch positiv : Eine Prüfsubstanz, die durch eine Prüfmethode fälschlich als positiv oder wirksam charakterisiert wird, obwohl sie in Wirklichkeit negativ bzw. nicht wirksam ist.

Gefahr : Potenzial eines schädlichen Effekts für Gesundheit oder Umwelt. Die schädliche Wirkung manifestiert sich nur, wenn es zu einem ausreichenden Expositionsniveau kommt.

Inter-Labor-Reproduzierbarkeit : Das Ausmaß, in dem unterschiedliche qualifizierte Laboratorien, die dasselbe Protokoll verwenden und dieselben Prüfsubstanzen testen, qualitativ und quantitativ vergleichbare Ergebnisse erzielen können. Die Inter-Labor-Reproduzierbarkeit wird während der Prävalidierungs- und Validierungsverfahren ermittelt und zeigt das Maß an, in dem ein Test erfolgreich zwischen Laboratorien übertragen werden kann. Im englischen Sprachgebrauch spricht man in diesem Zusammenhang auch von „Between-laboratory reproducibility“ (14).

Intra-Labor-Reproduzierbarkeit : Das Ausmaß, in dem qualifizierte Personen innerhalb desselben Labors, die dasselbe spezifische Protokoll zu unterschiedlichen Zeiten verwenden, erfolgreich dieselben Ergebnisse replizieren können. In diesem Zusammenhang spricht man auch von laborinterner Reproduzierbarkeit (14).

Me-too-Test : Umgangssprachliche Bezeichnung einer Prüfmethode, die strukturell und funktionell mit einer validierten und akzeptierten Referenzprüfmethode vergleichbar ist. Eine solche Prüfmethode käme für die Catch-up-Validierung in Frage. Gleichbedeutend mit vergleichbarer Prüfmethode verwendet (14).

Ausreißer : Ein Ausreißer ist ein Messwert, der sich beträchtlich von anderen Werten in einem zufällig ausgewählten Muster in einer Population unterscheidet.

Leistungsstandards (PS) : Auf einer validierten Prüfmethode beruhende Normen, auf deren Grundlage die Vergleichbarkeit einer vorgeschlagenen, funktionell und mechanistisch ähnlichen Prüfmethode bewertet werden kann. Sie umfassen i) wesentliche Elemente der Prüfmethode; ii) ein Mindestverzeichnis von Referenzsubstanzen, ausgewählt aus den Substanzen, die zum Nachweis der akzeptablen Leistung der validierten Referenzmethode verwendet werden; und iii) je nach den für die validierte Referenzmethode erzielten Ergebnissen ähnliche Genauigkeits- und Zuverlässigkeitswerte, die die vorgeschlagene Prüfmethode bei der Bewertung anhand des Mindestverzeichnisses von Referenzsubstanzen demonstrieren sollte (14).

Geschützte Prüfmethode : Eine Prüfmethode, deren Herstellung und Vertrieb durch Patente, Urheberrechte, Handelsmarken usw. beschränkt sind.

Qualitätssicherung : Ein Managementprozess, mittels dessen die Einhaltung von Laborprüfnormen, Anforderungen und Aufzeichnungsverfahren sowie die Genauigkeit des Datentransfers durch Individuen bewertet wird, die von den testenden Personen unabhängig sind.

Referenzsubstanzen : Chemikalien, die zur Verwendung im Validierungsprozess ausgewählt werden und für die die Reaktionen innerhalb des in vitro- oder in vivo-Referenztestsystems oder der untersuchten Spezies bereits bekannt sind. Diese Chemikalien sollten repräsentativ für die Chemikalienklassen sein, für die die Prüfmethode voraussichtlich verwendet werden soll; ferner sollten sie die ganze Bandbreite an Reaktionen abdecken, die von den Zielchemikalien erwartet werden kann — von stark über schwach bis negativ. Für die unterschiedlichen Stadien des Validierungsprozesses, für verschiedene Prüfmethoden und Testverwendungen können unterschiedliche Reihen von Referenzchemikalien benötigt werden (14).

Relevanz : Dieser Begriff bezieht sich auf das Verhältnis zwischen dem Test und der betreffenden Wirkung und auf die Frage, ob er aussagekräftig und nützlich für einen bestimmten Zweck ist. Er beschreibt das Ausmaß, in dem der Test die untersuchte biologische Wirkung korrekt misst oder vorhersagt. Die Relevanz beinhaltet eine Beurteilung der Genauigkeit (Übereinstimmung) einer Prüfmethode (14).

Zuverlässigkeit : Maß der Verlässlichkeit der Reproduzierbarkeit der Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien in einem bestimmten Zeitintervall bei einheitlichem Protokoll. Sie wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit bewertet (14).

Hautsensibilisierung : Ein immunologischer Prozess, der auftritt, wenn ein empfindliches Individuum oberflächlich einem induzierenden chemischen Allergen ausgesetzt ist, das eine kutane Immunreaktion auslöst, die zur Entwicklung einer Kontaktsensibilisierung führen kann.

Stimulationsindex (SI) : Ein Wert, der zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials einer Prüfsubstanz berechnet wird. Der SI ist das Verhältnis der Proliferation in behandelten Gruppen zu dem der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe.

Prüfsubstanz (auch Prüfchemikalie) : Jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Validierte Prüfmethode : Eine Prüfmethode, für die Validierungsstudien durchgeführt wurden, um die Relevanz (einschließlich Genauigkeit) und Zuverlässigkeit für einen bestimmten Verwendungszweck zu bestimmen. Es ist zu beachten, dass die Leistungsfähigkeit einer validierten Prüfmethode im Hinblick auf Genauigkeit und Zuverlässigkeit unter Umständen nicht den Anforderungen eines vorgeschlagenen Verwendungszwecks genügt (14).

B.43.   PRÜFUNG AUF NEUROTOXIZITÄT BEI NAGETIEREN

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG 424 (1997).

Diese Prüfmethode wurde zur Gewinnung von Informationen entwickelt, die benötigt werden, um die potenzielle Neurotoxizität von Chemikalien bei ausgewachsenen Tieren zu bestätigen oder näher zu charakterisieren. Sie kann entweder mit bestehenden Testmethoden für Prüfungen auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung kombiniert oder als Einzelstudie durchgeführt werden. Es wird empfohlen, das OECD Guidance Document on Neurotoxicity Testing Strategies and Methods (1) als Hilfe hinzuzuziehen, wenn auf der Basis dieser Prüfmethode Studien entwickelt werden. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Änderungen der für die routinemäßige Anwendung dieser Methode empfohlenen Beobachtungen und Testverfahren in Betracht gezogen werden. Das Guidance Document wurde erarbeitet, um die Auswahl abweichender Testverfahren für spezifische Anwendungsbedingungen zu vereinfachen.

Die Beurteilung einer Entwicklungs-Neurotoxizität ist nicht Ziel dieser Methode.

1.1.   EINLEITUNG

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Eigenschaften von Chemikalien muss das Potenzial für neurotoxische Wirkungen berücksichtigt werden. Die Prüfmethode für systemische Toxizität bei wiederholter Verabreichung umfasst bereits Untersuchungen, mit denen auf potenzielle Neurotoxizität getestet wird. Diese Prüfmethode kann zur Entwicklung einer Studie eingesetzt werden, die zu weiteren Informationen über neurotoxische Wirkungen führt, die bei den Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung beobachtet wurden, oder diese Wirkungen bestätigt. Überlegungen zur potenziellen Neurotoxizität bestimmter Chemikalienklassen können jedoch zu der Vermutung führen, dass mit Hilfe dieser Methode eine zweckmäßigere Auswertung möglich ist, auch wenn vorherige Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung nicht auf eine potenzielle Neurotoxizität dieser Chemikalien hingewiesen haben. Anhaltspunkte für Überlegungen dieser Art können beispielsweise sein:

Beobachtung neurologischer Anzeichen oder neuropathologische Befunde bei anderen Toxizitätsstudien als Studien zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung oder
strukturelle Verwandtschaft mit bekannten neurotoxischen Substanzen oder sonstige Informationen, durch die sie mit diesen in Verbindung gebracht werden.

Darüber hinaus sind weitere Fälle vorstellbar, in denen die Anwendung dieser Prüfmethode sinnvoll ist (siehe (1)).

Bei der Entwicklung dieser Methode wurde darauf geachtet, dass sie in spezielle Anforderungen angepasst werden kann, um die spezifische histopathologische und verhaltensbezogene Neurotoxizität einer Chemikalie zu bestätigen und eine Charakterisierung und Quantifizierung der neurologischen Wirkungen zu ermöglichen.

In der Vergangenheit wurde Neurotoxizität mit Neuropathie in Form von neuropathologischen Befunden oder neurologischen Funktionsstörungen wie Krämpfen, Lähmungen oder Tremor gleichgesetzt. Neuropathie ist eine wichtige Ausprägung einer neurotoxischen Wirkung; heute ist jedoch unstrittig, dass noch viele weitere Anzeichen toxischer Wirkungen auf das Nervensystem in Betracht kommen (z. B. Verlust der motorischen Koordination, sensorische Defizite, Funktionsstörungen hinsichtlich Lernfähigkeit und Gedächtnis), die in der Neuropathie oder in anderweitigen Studien eventuell nicht berücksichtigt werden.

Diese Methode zur Prüfung auf Neurotoxizität wurde für die Erkennung deutlicher verhaltensbezogener und neuropathologischer Wirkungen bei ausgewachsenen Nagetieren entwickelt. Verhaltensbezogene Wirkungen können einen schädlichen Einfluss auf den Organismus widerspiegeln, selbst wenn keine morphologischen Veränderungen auftreten; nicht aber alle Verhaltensänderungen sind für das Nervensystem spezifisch. Daher sollen alle beobachteten Änderungen im Zusammenhang mit korrelierenden histopathologischen, hämatologischen oder biochemischen Daten sowie mit Daten zu anderen Arten systemischer Toxizität ausgewertet werden. Die Untersuchungen, die bei dieser Methode zur Charakterisierung und Quantifizierung der neurotoxischen Wirkungen erforderlich sind, beinhalten spezifische histopathologische und verhaltensbezogene Verfahren, die durch elektrophysiologische und/oder biochemische Untersuchungen (1) (2) (3) (4) weiter unterstützt werden können.

Innerhalb des Nervensystems können neurotoxische Stoffe über eine Vielzahl von Mechanismen und auf eine Anzahl verschiedener Zielgewebe wirken. Da keine einzelne Versuchsreihe in der Lage ist, das neurotoxische Potenzial sämtlicher Substanzen umfassend zu testen, kann der Einsatz weiterer In-vivo- oder In-vitro-Tests erforderlich sein, die für den beobachteten oder erwarteten Typ einer Neurotoxizität spezifisch sind.

Diese Prüfmethode kann auch in Verbindung mit den Hinweisen im OECD Guidance Document on Neurotoxicity Testing Strategies and Methods (1) für die Entwicklung von Studien verwendet werden, welche die Dosis-Wirkungs-Quantifizierung näher charakterisieren oder ihre Empfindlichkeit erhöhen sollen, um eine Dosis ohne beobachtete schädliche Wirkungen (NOAEL) besser abschätzen oder bekannte oder vermutete Gefahren einer Chemikalie bestätigen zu können. Beispielsweise können Studien entwickelt werden, die zur Ermittlung und Beurteilung der neurotoxischen Mechanismen oder zur Ergänzung der aus der Anwendung grundlegender verhaltensbezogener und neuropathologischer Beobachtungsverfahren bereits gewonnenen Daten dienen. Derartige Studien sollen keine Daten replizieren, die bei der Anwendung der in dieser Methode empfohlenen Standardverfahren gewonnen würden, wenn entsprechende Daten bereits vorliegen und nicht als erforderlich für die Interpretation der Ergebnisse der Studie angesehen werden.

Diese Prüfung auf Neurotoxizität führt, sowohl für sich allein als auch in Kombination mit anderen Studien, zu Informationen,

mit denen beurteilt werden kann, ob das Nervensystem durch die getestete Chemikalie dauerhaft oder reversibel geschädigt wird,
die dazu beitragen können, die Veränderungen des Nervensystems zu charakterisieren, die mit der Exposition gegenüber der Chemikalie in Verbindung stehen, und die zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen, und
die helfen können, den Zusammenhang zwischen Dosis/Zeit und Dosis/Wirkung zu bestimmen, um eine Dosis ohne beobachtete schädliche Wirkungen (NOAEL) abzuschätzen (die dann für die Festlegung von Sicherheitskriterien für die betreffende Chemikalie genutzt werden kann).

Bei dieser Prüfmethode wird die Testsubstanz oral verabreicht. Andere Verabreichungswege (z. B. dermal oder inhalativ) können besser geeignet sein und eine Modifizierung der empfohlenen Verfahren erforderlich machen. Überlegungen zur Wahl des Verabreichungswegs sind vom menschlichen Expositionsprofil und von den verfügbaren toxikologischen oder kinetischen Informationen abhängig.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Schädliche Wirkung: jede behandlungsbedingte Abweichung von den Basiswerten, welche die Fähigkeit eines Organismus herabsetzt, zu überleben, sich zu vermehren oder sich an die Umgebung anzupassen.

Dosis: verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht (g, mg), als Gewicht der Testsubstanz, pro Gewichtseinheit des Versuchstiers (z. B. mg/kg) oder als konstante Konzentration in der Nahrung (ppm) angegeben.

Dosierung: ein genereller Begriff, der sich aus Dosis, Häufigkeit und Dauer der Verabreichung zusammensetzt.

Neurotoxizität: schädliche Veränderung der Struktur oder Funktion des Nervensystems, die infolge der Exposition gegenüber einem chemischen, biologischen oder physikalischen Agens entsteht.

Neurotoxisches Agens: jedes chemische, biologische oder physikalische Agens, das neurologisch wirken kann.

NOAEL: ist die Abkürzung für „No-Observed-Adverse-Effect Level“ (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung); entspricht der höchsten Dosis, bei der keine behandlungsbedingten schädigenden Wirkungen festgestellt werden.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Testchemikalie wird bei oralem Applikationsweg in einer Reihe von Dosierungen mehreren Gruppen von Labor-Nagetieren verabreicht. In der Regel ist eine wiederholte Gabe erforderlich, wobei der Dosierungszeitplan 28 Tage, 90 Tage (subchronisch) oder 1 Jahr und mehr (chronisch) abdecken kann. Das für diese Prüfmethode beschriebene Verfahren kann auch für eine Studie zur akuten Neurotoxizität angewandt werden. Durch die Tests an den Versuchstieren soll die Erkennung oder Charakterisierung von verhaltensbezogenen und/oder neurologischen Anomalien ermöglicht werden. In jedem Beobachtungszeitraum wird eine Reihe von Verhaltensmerkmalen beurteilt, die durch ein neurotoxisches Agens beeinträchtigt werden könnten. Am Ende des Versuchs wird aus jeder Gruppe eine Teilmenge von Tieren beiderlei Geschlechts in situ mittels Perfusion fixiert, und es werden Gewebeschnitte von Gehirn, Rückenmark und peripheren Nerven angefertigt und untersucht.

Wenn die Untersuchung als Einzelstudie durchgeführt wird, um eine Prüfung auf Neurotoxizität durchzuführen oder um neurotoxische Wirkungen zu charakterisieren, können die Tiere in jeder Gruppe, die nicht für eine Perfusionsfixation und anschließende Histopathologie verwendet werden (siehe Tabelle 1), für spezifische verhaltensbezogene, neuropathologische, neurochemische oder elektrophysiologische Verfahren eingesetzt werden, die als Ergänzung zu den Daten dienen können, die bei den für diese Methode erforderlichen Standarduntersuchungen gewonnen wurden (1). Diese ergänzenden Verfahren können dann besonders nützlich sein, wenn empirische Beobachtungen oder erwartete Wirkungen auf einen spezifischen Typ oder ein spezifisches Zielgewebe für die Neurotoxizität einer Chemikalie hindeuten. Alternativ können die verbleibenden Tiere für Auswertungen verwendet werden, wie sie bei Prüfmethoden an Nagetieren zur Prüfung der Toxizität bei wiederholter Verabreichung erforderlich sind.

Wenn die Verfahren dieser Prüfmethode mit denen anderer Prüfungen kombiniert werden, muss die Anzahl der Versuchstiere ausreichend groß sein, um die Anforderungen für die Untersuchungen beider Studien zu erfüllen,

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Auswahl der Tierspezies

Die bevorzugte Nagetierspezies ist die Ratte, es können aber bei entsprechender Begründung auch andere Spezies verwendet werden. Es sind junge, gesunde, ausgewachsene Tiere üblicher Laborstämme zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein. Die Verabreichung soll normalerweise so bald wie möglich nach der Entwöhnung beginnen, vorzugsweise spätestens im Alter von 6 Wochen, in jedem Fall aber vor dem Alter von 9 Wochen. Wenn diese Studie allerdings mit anderen Studien kombiniert wird, müssen diese Altersanforderungen eventuell angepasst werden. Zu Beginn der Studie sollen die Gewichtsunterschiede zwischen den Tieren ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn eine kurzzeitige Studie mit wiederholter Verabreichung als Vorstudie für eine Langzeitstudie durchgeführt wird, sollen bei beiden Studien Tiere des gleichen Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

1.4.2.   Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll mindestens 30 % betragen und außer während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen; anzustreben ist ein Wert von 50-60 %. Die Beleuchtung soll künstlich sein, und die Heil- und Dunkelphasen sollen sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Kurzzeitige laute Geräusche sollen auf ein Minimum reduziert werden. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung der Testsubstanz sichergestellt werden muss, wenn die Testsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll. Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden.

1.4.3.   Vorbereitung der Versuchstiere

Für die Behandlungs- und Kontrollgruppen werden gesunde Jungtiere nach Zufallskriterien ausgewählt. Die Käfige sollen so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Tiere werden eindeutig gekennzeichnet und für eine Dauer von mindestens 5 Tagen vor Versuchsbeginn in ihren Käfigen gehalten, damit sie sich an die Laborbedingungen gewöhnen können.

1.4.4.   Verabreichungsweg und Vorbereitung der Testsubstanz

Diese Prüfmethode behandelt ausdrücklich die orale Verabreichung der Testsubstanz. Die orale Verabreichung kann per Sondenfütterung („gavage“), im Futter, im Trinkwasser oder in Form von Kapseln erfolgen. Andere Verabreichungswege (z. B. dermal oder inhalativ) können ebenfalls verwendet werden, machen aber eventuell eine Modifizierung der empfohlenen Verfahren erforderlich. Die Wahl des Verabreichungswegs ist vom zu erwartenden menschlichen Expositionsprofil und von den verfügbaren toxikologischen oder kinetischen Informationen abhängig. Die Entscheidung für einen geeigneten Verabreichungsweg sowie entsprechende Änderungen der Verfahrensweisen bei dieser Prüfmethode sind zu begründen.

Im Bedarfsfall kann die Testsubstanz gelöst oder in einem geeigneten Vehikel suspendiert werden. Es wird empfohlen, zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension in Betracht zu ziehen, dann eine Lösung/Suspension in Öl (z. B. Maisöl) und erst an dritter Stelle eine Lösung/Suspension in einem anderen Vehikel. Die toxischen Eigenschaften des Vehikels müssen bekannt sein. Darüber hinaus sollen die folgenden Eigenschaften des Vehikels berücksichtigt werden: Wirkungen des Vehikels auf Absorption, Verteilung, Verstoffwechslung oder Retention der Testsubstanz, durch die sich ihre toxischen Eigenschaften ändern können, sowie Wirkungen auf den Futter- oder Trinkwasserverzehr oder den Ernähungszustand der Tiere.

1.5.   VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

1.5.1.   Anzahl und Geschlecht der Tiere

Wenn die Untersuchung als Einzelstudie durchgeführt wird, sind mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche Tiere) in jeder Dosierungs- und Kontrollgruppe zur Auswertung der detaillierten klinischen und funktionsbezogenen Beobachtungen einzusetzen. Mindestens 5 männliche und 5 weibliche Tiere, die aus diesen 10 männlichen und 10 weiblichen Tieren ausgewählt wurden, sollen am Ende der Studie in situ mittels Perfusion fixiert und für eine ausführliche Neurohistopathologie verwendet werden. In Fällen, wo nur eine begrenzte Anzahl von Tieren in einer bestimmten Dosierungsgruppe Anzeichen für neurotoxische Wirkungen zeigt, sollte erwogen werden, diese Tiere gleichfalls in die Gruppe der für die Perfusionsfixation ausgewählten Tiere aufzunehmen. Wenn die Studie in Verbindung mit einer Prüfung auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung durchgeführt wird, sollte die Anzahl der Versuchstiere groß genug sein, um die Zielvorgaben beider Studien erfüllen zu können. Die Mindestzahl der Tiere pro Gruppe ist in Tabelle 1 für verschiedene Kombinationen von Studien angegeben, Wenn zwischenzeitliche Tötungen oder Erholungsgruppen zur Beobachtung von Reversibilität, Persistenz oder verzögertem Auftreten von toxischen Wirkungen nach der Behandlung vorgesehen sind oder wenn ergänzende Untersuchungen erwogen werden, sollte die Anzahl der Versuchstiere erhöht werden, um zu gewährleisten, dass genügend Tiere zur Beobachtung und für die Histopathologie zur Verfügung stehen.

1.5.2.   Behandlungs- und Kontrollgruppe

Es sollen mindestens drei Dosierungsgruppen und eine Kontrollgruppe eingesetzt werden; wenn aber angesichts der Beurteilung anderer Daten bei einer wiederholten Dosis von 1 000 mg pro kg Körpergewicht und Tag keine Wirkungen zu erwarten sind, kann ein Limit-Test durchgeführt werden. Wenn keine geeigneten Daten zur Verfügung stehen, kann als Hilfe zur Ermittlung der zu verwendenden Dosierungen eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden. Abgesehen von der Behandlung mit der Testsubstanz sollen die Tiere in der Kontrollgruppe unter identischen Bedingungen behandelt werden wie die Versuchstiere in der Testgruppe. Wenn bei der Verabreichung der Testsubstanz ein Vehikel verwendet wird, sollte die Kontrollgruppe die gröβte verwendete Volumenmenge des Vehikels erhalten.

1.5.3.   Überprüfung der Zuverlässigkeit

Das Labor, das die Untersuchung durchführt, soll Daten vorlegen, die seine Befähigung zur Durchführung der Studie sowie die Empfindlichkeit der eingesetzten Verfahren belegen. Diese Daten sollen zeigen, dass Änderungen bei den verschiedenen für die Beobachtung empfohlenen Endpunkten erkannt und quantifiziert weiden können, z. B. autonome Anzeichen, sensorisches Reaktionsvermögen, Greifkraft der Extremitäten und motorische Aktivität. Informationen zu Chemikalien, die neurotoxische Reaktionen verschiedener Art auslösen und als positive Kontrollsubstanzen eingesetzt werden können, sind den Quellen (2) bis (9) zu entnehmen. Historische Kontrolldaten können verwendet werden, wenn die wesentlichen Aspekte der Versuchsabläufe gleich bleiben. Eine regelmäßige Aktualisierung der historischen Kontrolldaten wird empfohlen. Wenn ein wesentliches Element der Versuchsdurchführung oder der Verfahrensweisen durch das ausführende Labor verändert wurde, sollen neue Daten erarbeitet werden, welche die unveränderte Empfindlichkeit der Verfahren belegen.

1.5.4.   Wahl der Dosierungen

Bei der Wahl der Dosierungen sollen zuvor ermittelte toxikologische und kinetische Daten berücksichtigt werden, die für die zu testende Verbindung oder verwandte Materialien zur Verfügung stehen, Die höchste Dosis solle mit dem Ziel gewählt werden, neurotoxische Wirkungen oder deutliche systemische toxische Wirkungen auszulösen. Anschließend soll eine absteigende Folge von Dosierungsstufen ausgewählt werden, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosis ohne zu beobachtende schädliche Wirkungen (NOAEL) zu bestimmen. Grundsätzlich sollen die Dosierungen so gewählt werden, dass primäre toxische Wirkungen auf das Nervensystem von Wirkungen in Zusammenhang mit systemischer Toxizität unterschieden werden können. Häufig sind zwei bis drei Intervalle das Optimum, und die Ergänzung durch eine vierte Testgruppe ist häufig der Anwendung sehr langer Intervalle (d. h. größer als Faktor 10) zwischen den Verabreichungen vorzuziehen. Sofern eine realistische Expositionsabschätzung für Menschen vorhanden ist, soll diese ebenfalls berücksichtigt weiden.

1.5.5.   Limit-Test

Wenn bei einer Untersuchung mit einer Dosierung von mindestens 1 000 mg pro kg Körpergewicht und Tag bei Anwendung der beschriebenen Verfahren keine neurotoxischen Wirkungen festzustellen und aufgrund der Daten für strukturverwandte Verbindungen keine toxischen Wirkungen zu erwarten sind, ist eine vollständige Untersuchung mit drei Dosierungen eventuell nicht erforderlich. Je nach der für Menschen zu erwartenden Exposition kann die Verwendung einer höheren oralen Dosierung beim Limit-Test notwendig sein. Bei anderen Verabreichungsformen, z. B. Inhalation oder dermale Applikation, wird der maximal erzielbare Expositionsgrad in vielen Fällen durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Testsubstanz bestimmt. Bei der Durchführung einer Studie zur akuten oralen Toxizität soll die Dosis für einen Limit-Test mindestens 2 000 mg/kg betragen,

1.5.6.   Verabreichung der Dosen

Die Testsubstanz wird den Tieren mindestens 28 Tage lang, sieben Tage pro Woche, täglich verabreicht. Wenn eine Verabreichung an nur fünf Tagen pro Woche oder eine kürzere Expositionsdauer gewählt wird, muss dies begründet werden. Wenn die Testsubstanz per Sondenfütterung verabreicht wird, soll dies in Form einer Einzeldosis über einen Magenschlauch oder eine geeignete Intubationskanüle erfolgen. Welches Flüssigkeitsvolumen jeweils höchstens auf einmal verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen soll 1 ml pro 100 g Körpergewicht nicht überschreiten. Bei wässrigen Lösungen kann jedoch auch die Verwendung von bis zu 2 ml pro 100 g Körpergewicht in Betracht gezogen werden. Außer bei reizenden oder ätzenden Stoffen, die bei höheren Konzentration normalerweise heftigere Wirkungen hervorrufen, sollen Veränderungen des Testvolumens durch Anpassung der Konzentration so minimiert werden, dass bei allen Dosierungen ein gleich bleibendes Volumen gewährleistet ist.

Bei Substanzen, die im Futter oder Trinkwasser verabreicht werden, ist es wichtig, sicherzustellen, dass die eingesetzte Menge der Testsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigt. Wenn die Testsubstanz im Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter (ppm) oder eine konstante Dosis, bezogen auf das Körpergewicht des Tieres, verwendet werden; die jeweils gewählte Verfahrensweise muss angegeben werden. Bei Verabreichung der Prüfsubstanz durch Sondenfütterung soll die Dosis jeden Tag zu ähnlichen Zeiten gegeben und nach Bedarf angepasst werden, um, bezogen auf das Körpergewicht der Tiere, eine konstante Dosierung einzuhalten, Wenn eine Prüfung mit wiederholter Verabreichung als Vorbereitung zu einer Langzeituntersuchung durchgeführt wird, soll bei beiden Studien ein ähnliches Futter verwendet werden. Bei Studien zur akuten Toxizität kann die Dosis, sofern die Verabreichung als Einzeldosis nicht möglich ist, über einen Zeitraum von maximal 24 Stunden in kleineren Teilmengen verabreicht werden,

1.6.   BEOBACHTUNGEN

1.6.1.   Häufigkeit der Beobachtungen und Untersuchungen

Bei Prüfungen mit wiederholter Verabreichung soll der Beobachtungszeitraum den gesamten Verabreichungszeitraum abdecken. Bei Studien zur akuten Toxizität soll ein Zeitraum von 14 Tagen nach der Behandlung beobachtet werden. Bei Tieren in Satelittengruppen, die wahrend eines auf die Behandlung folgenden Zeitraums ohne Exposition gehalten werden, sollen die Beobachtungen diesen Zeitraum ebenfalls abdecken.

Die Beobachtungen sollen ausreichend häufig erfolgen, damit verhaltensbezogene und/oder neurologische Anomalien mit möglichst großer Wahrscheinlichkeit erkannt werden. Die Beobachtungen sollen vorzugsweise jeden Tag zur gleichen Uhrzeit erfolgen, wobei die Zeit der nach der Verabreichung erwarteten maximalen Wirkungen zu berücksichtigen ist. Die Häufigkeit der klinischen Beobachtungen und Funktionstests ist in Tabelle 2 zusammengefasst. Wenn kinetische oder andere Daten, die aus einer früheren Studie gewonnen wurden, es notwendig erscheinen lassen, abweichende Beobachtungs- oder Testzeitpunkte oder andere Zeiträume nach der Beobachtung zu verwenden, sollte ein alternativer Zeitplan verwendet werden, um möglichst viele Informationen gewinnen zu können. Änderungen des Zeitplans sollen begründet werden.

1.6.1.1.   Beobachtungen zum allgemeinen Gesundheitszustand und zur Mortalität/Morbidität

Alle Versuchstiere sollen mindestens einmal täglich gründlich auf ihren Gesundheitszustand sowie mindestens zweimal täglich auf Morbidität und Mortalität untersucht werden.

1.6.1.2.   Detaillierte klinische Beobachtungen

Detaillierte klinische Beobachtungen sollen an allen für diesen Zweck ausgewählten Tieren durchgeführt werden (siehe Tabelle 1), und zwar einmal vor der ersten Exposition (um Vergleiche zwischen den Versuchstieren zu ermöglichen) sowie anschließend je nach Dauer der Untersuchung in unterschiedlichen Intervallen (siehe Tabelle 2). Am Ende des Erholungszeitraums sollen detaillierte klinische Beobachtungen an den Satellitengruppen vorgenommen werden. Die detaillierten klinischen Beobachtungen sollen außerhalb des Unterbringungskäfigs in einer üblichen Untersuchungsumgebung erfolgen. Diese Beobachtungen sollen anhand von Bewertungssystemen sorgfältig registriert werden, die Kriterien oder Bewertungsskalen für jede bei den Beobachtungen vorgenommene Messung enthalten. Die verwendeten Kriterien oder Skalen sollen vom Versuchslabor explizit festgelegt werden. Es soll versucht werden, dafür zu sorgen, dass Abweichungen der Versuchsbedingungen minimal sind (und nicht systematisch mit der Behandlung in Verbindung stehen) und dass die Beobachtungen von geschulten Beobachtern durchgeführt werden, denen die Behandlung des gegenwärtig beobachteten Tieres nicht bekannt ist.

Es wird empfohlen, die Beobachtungen in einer strukturierten Form durchzuführen, wobei auf jedes Versuchstier zu jedem Beobachtungszeitpunkt genau definierte Kriterien (einschließlich der Definition des „Normalbereichs“) auf systematische Weise angewandt werden. Der „Normalbereich“ soll auf geeignete Weise dokumentiert werden. Alle beobachteten Anzeichen sollen registriert werden. Wann immer möglich, sollte auch die Größenordnung der beobachteten Anzeichen registriert werden. Die klinischen Beobachtungen sollen mindestens, aber nicht ausschließlich Veränderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten sowie das Auftreten von Sekreten, Ausscheidungen und autonomen Aktivitäten umfassen (z. B. Tränenfluss, Haaraufrichtung, Pupillengröβe, ungewöhnliche Atemmuster und/oder Mundatmung, ungewöhnliche Anzeichen von Urin- oder Kotabsonderung sowie Urin mit Farbabweichungen).

Ungewöhnliche Reaktionen hinsichtlich Körperhaltung, Aktivitätsgrad (z. B. verminderte oder verstärkte Erkundung der üblichen Untersuchungsumgebung) sowie Bewegungskoordination sollen ebenfalls vermerkt werden. Veränderungen des Gangs (z. B. watschelnder Gang, Ataxie), der Haltung (z. B. Buckelhaltung) und des Reaktionsverhaltens beim Aufnehmen oder Umsetzen des Versuchstiers oder anderen Umgebungsstimuli sowie Auftreten von klonischen oder tonischen Bewegungen, Krämpfen oder Tremors, Stereotypien (z. B. übermäßige Fellpflege, ungewöhnliche Kopfbewegungen, repetitives Laufen im Kreis) oder auffälliges Verhalten (z. B. Beißen oder übermäßiges Lecken, Selbstverstümmelung, Rückwärtslaufen, Lautäußerungen) oder Aggressionen sollen registriert werden.

1.6.1.3.   Funktionstests

Ähnlich wie die detaillierten klinischen Beobachtungen sollen auch die Funktionstests bei allen für diesen Zweck ausgewählten Versuchstieren einmal vor der ersten Exposition und mehrmals danach durchgeführt werden (siehe Tabelle 1). Die Häufigkeit der Funktionstests ist ebenfalls von der Dauer der Studie abhängig (siehe Tabelle 2). Zusätzlich zu den in Tabelle 2 genannten Beobachtungszeiträumen sollen auch funktionsbezogene Beobachtungen an weiteren Erholungsgruppen so nahe wie möglich am Zeitpunkt der endgültigen Tötung erfolgen. Funktionstests sollen die sensorische Reaktionsfähigkeit auf Stimuli verschiedener Art (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Stimuli (5) (6) (7)) berücksichtigen und die Beurteilung der Greifkraft der Extremitäten (8) sowie die Beurteilung der motorischen Aktivität (9) beinhalten. Die motorische Aktivität soll mit Hilfe eines automatischen Geräts gemessen werden, mit dem sowohl eine Abnahme als auch eine Zunahme der Aktivität festgestellt werden kann. Wenn ein anderes definiertes System eingesetzt wird, sollte es quantitativ ausgerichtet sein; Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des Systems sollen nachgewiesen werden. Jedes Gerät soll getestet. werden, um die Langzeit-Zuverlässigkeit und die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Geräte sicherzustellen. Weitere Informationen zu den anwendbaren Verfahren sind den jeweiligen Literaturhinweisen zu entnehmen. Wenn keine Daten (z. B. Strukturaktivität, epidemiologische Daten, weitere toxikologische Studien) vorhanden sind, die auf potenzielle neurotoxische Wirkungen hindeuten, soll die Einbeziehung speziellerer Tests der sensorischen und motorischen Funktionen sowie der Lern- und Gedächtnisfähigkeit in Betracht gezogen werden, um diese möglichen Wirkungen gründlicher zu untersuchen. Weitere Informationen über speziellere Tests und ihre Anwendung sind (1) zu entnehmen.

Im Ausnahmefall können Tiere, die Anzeichen für Toxizität in einem Maß aufweisen, das die Funktionstests deutlich beeinträchtigen würde, von dem betreffenden Test ausgeschlossen werden. Wenn einzelne Tiere von einem Funktionstest ausgeschlossen wurden, sollte hierfür eine Begründung angegeben werden.

1.6.2.   Körpergewicht und Futter-/Trinkwasserverbrauch

Bei Prüfungen mit einer Dauer von bis zu 90 Tagen sollen alle Tiere mindestens einmal wöchentlich gewogen werden, und es sollen mindestens in wöchentlichem Abstand Messungen des Futterverbrauchs (sowie des Wasserverbrauchs, wenn die Testsubstanz auf diesem Wege verabreicht wird) durchgeführt werden. Bei Langzeitstudien sollen alle Tiere während der ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich sowie anschließend mindestens einmal alle 4 Wochen gewogen werden. Messungen des Futterverbrauchs (sowie des Wasserverbrauchs, wenn die Testsubstanz auf diesem Wege verabreicht wird) sollen während der ersten 13 Wochen mindestens einmal sowie anschließend in etwa dreimonatigem Abstand durchgeführt werden, sofern der Gesundheitszustand oder Veränderungen des Körpergewichts nicht ein anderes Vorgehen erforderlich machen.

1.6.3.   Ophthalmologie

Bei Prüfungen mit einer Dauer von über 28 Tagen soll vor der Verabreichung der Testsubstanz und am Ende der Studie eine ophthalmologische Untersuchung mit einem Ophthalmoskop oder einem vergleichbaren Instrument durchgeführt werden; die Untersuchung soll vorzugsweise bei allen Versuchstieren, zumindest aber bei den Tieren in der Gruppe mit hoher Dosierung und in der Kontrollgruppe vorgenommen werden. Wenn Veränderungen an den Augen festgestellt werden oder wenn klinische Anzeichen dies erforderlich erscheinen lassen, sollen alle Tiere untersucht werden. Bei Langzeitstudien soll außerdem nach 13 Wochen eine ophthalmologische Untersuchung durchgeführt werden. Ophthalmologische Untersuchungen sind nicht erforderlich, wenn diese Daten bereits aus anderen Studien mit ähnlicher Dauer und ähnlichen Dosierungen zur Verfügung stehen.

1.6.4.   Hämatologie und klinische Biochemie

Wenn die Prüfung auf Neurotoxizität in Verbindung mit einer Studie zur systemischen Toxizität bei wiederholter Verabreichung durchgeführt wird, sollen hämatologische Untersuchungen und klinische biochemische Untersuchungen durchgeführt werden, wie in der entsprechenden Methode für die Prüfung auf systemische Toxizität beschrieben. Die Werte sollen so erfasst werden, dass potenzielle verhaltensbezogene Wirkungen minimiert werden.

1.6.5.   Histopathologie

Die neuropathologische Untersuchung soll darauf abzielen, die während der In-vivo-Phase der Studie gemachten Beobachtungen zu ergänzen und zu erweitern. Gewebeproben von mindestens 5 Tieren pro Geschlecht und Gruppe (siehe Tabelle 1 und nächsten Abschnitt) sollen mit Hilfe allgemein anerkannter Perfusions- und Fixierungsverfahren in situ perfundiert und fixiert werden (siehe (3), Kapitel 5, und (4), Kapitel 50). Alle erkennbaren makroskopischen Veränderungen sollen registriert werden. Wenn die Studie als Einzeltest auf Neurotoxizität oder zur Charakterisierung von neurotoxischen Wirkungen durchgeführt wird, können die restlichen Tiere entweder für spezifische verhaltensbezogene (10) (11), neuropathologische (10) (11) (12) (13), neurochemische (10) (11) (14) (15) oder elektrophysiologische (10) (11) (16) (17) Untersuchungen verwendet werden, die eine Ergänzung zu den hier beschriebenen Verfahren und Untersuchungen bilden, oder für histopathologische Untersuchungen eingesetzt werden, um die Anzahl der Versuchstiere zu vergrößern. Diese ergänzenden Untersuchungen sind dann besonders sinnvoll, wenn empirische Beobachtungen oder erwartete Wirkungen auf einen bestimmten Typ oder ein bestimmtes Zielgewebe für die Neurotoxizität einer Chemikalie hindeuten (2) (3). Alternativ können die verbleibenden Tiere auch für pathologische Routineauswertungen verwendet werden, wie bei der Methode für Studien mit wiederholter Verabreichung beschrieben.

Bei allen in Paraffin eingebetteten Gewebeproben soll ein übliches Färbeverfahren, z. B. Hämatoxylin und Eosin (H&E), angewandt und eine mikroskopische Untersuchung durchgeführt werden. Wenn Anzeichen einer peripheren Neuropathie beobachtet oder vermutet werden, sollen an Kunststoff eingebettete Proben des peripheren Nervengewebes untersucht werden. Klinische Anzeichen können auch auf weitere zu untersuchende Bereiche hinweisen oder die Anwendung von speziellen Färbeverfahren nahelegen. Hinweise zu weiteren zu untersuchenden Bereichen finden sich in (3) (4). Geeignete Spezial-Färbeverfahren zur Sichtbarmachung bestimmter pathologischer Veränderungen können ebenfalls nützlich sein (18).

Repräsentative Gewebeschnitte aus dem zentralen und peripheren Nervensystem sollen histologisch untersucht werden (siehe (3), Kapitel 5, und (4), Kapitel 50). Dabei sollen normalerweise die folgenden Bereiche untersucht werden: Vorderhirn, Mitte des Großhirns einschließlich eines Anschnitts durch den Hippokampus, Mittelhirn, Kleinhirn, Brücke, verlängertes Mark, Auge mit Sehnerv und Netzhaut, Rückenmark an den zervikalen und lumbalen Verdickungen, dorsale Wurzelganglien, dorsale und ventrale Nervenwurzelfasern, proximaler Ischiasnerv, proximaler Schienbeinnerv (am Knie) und Wadenmuskel-Äste des Schienbeinnervs. Die Gewebeschnitte durch Rückenmark und peripheres Nervengewebe sollen sowohl Quer- als auch Längsschnitte umfassen. Auf die Gefäßversorgung des Nervensystems soll geachtet werden. Es soll auch eine Probe eines Skelettmuskels, insbesondere eines Wadenmuskels, untersucht werden. Bereiche mit Zell- und Faserstruktur und -muster im ZNS und PNS, bei denen eine besondere Anfälligkeit für neurotoxische Stoffe bekannt ist, sollen besonders beachtet werden.

Anmerkungen zu neuropathologischen Veränderungen, die typischerweise durch Exposition gegenüber neurotoxischen Stoffen entstehen, sind den Quellen (3) (4) zu entnehmen. Es wird eine schrittweise Untersuchung der Gewebeproben empfohlen, wobei zunächst Gewebeschnitte aus der Gruppe mit hoher Dosis mit denen der Kontrollgruppe verglichen werden. Wenn bei den Proben aus diesen Gruppen keine neuropathologischen Veränderungen festgestellt werden, ist eine anschließende Analyse nicht erforderlich. Wenn bei der Gruppe mit hoher Dosis neuropathologische Veränderungen beobachtet werden, soll anschließend eine Probe von jedem der potenziell betroffenen Gewebebereiche aus der Gruppe mit mittlerer und niedriger Dosis kodiert und nacheinander untersucht werden.

Wenn sich bei der qualitativen Untersuchung ein Hinweis auf neuropathologische Veränderungen ergibt, sollte in allen Bereichen des Nervensystems, die diese Veränderungen zeigen, eine zweite Untersuchung durchgeführt werden, Gewebeschnitte aus allen Dosierungsgruppen und aus jeder der potenziell betroffenen Regionen sollen kodiert und ohne Kenntnis des Kodes nach Zufallskriterien untersucht werden. Die Häufigkeit und der Schweregrad jedes Befunds sollen registriert werden. Nachdem in allen Dosierungsgruppen sämtliche Regionen bewertet wurden, kann die Kodierung aufgehoben und eine statistische Analyse durchgeführt werden, um die Dosis-Wirkungs-Beziehungen auszuwerten. Beispiele für die unterschiedlichen Schweregrade der einzelnen Befunde sollen beschrieben werden.

Die neuropathologischen Ergebnisse sollen in Zusammenhang mit verhaltensbezogenen Beobachtungen und Messungen sowie mit anderen Daten ausgewertet werden, die aus vorausgegangenen und gleichzeitig durchgeführten Studien zur systemischen Toxizität der Testsubstanz stammen.

2.   DATEN

2.1.   BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

Es sollen Einzeldaten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, die für jede Test- oder Kontrollgruppe die folgenden Informationen enthält: die Anzahl der Tiere zu Beginn des Tests, die Anzahl der Tiere, deren Tod während des Tests festgestellt wurde oder die aus Gründen des Tierschutzes getötet wurden, sowie der jeweilige Todes- oder Tötungszeitpunkt, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen einer toxischen Wirkung, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen einschließlich des Zeitpunkts des Einsetzens, der Dauer und des Schweregrads etwaiger toxischer Wirkungen, die Anzahl der Tiere, die pathologische Befunde aufweisen, einschließlich der Art und des Schweregrads.

2.2.   AUSWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse der Studie sollen hinsichtlich Häufigkeit, Schweregrad und Wechselbeziehung der verhaltensbezogenen und neuropathologischen Wirkungen (auch der neurochemischen oder elektrophysiologischen Wirkungen, sofern ergänzende Untersuchungen ebenfalls durchgeführt wurden) sowie im Hinblick auf sonstige beobachtete schädliche Wirkungen ausgewertet werden. Wenn möglich, sollen die numerischen Ergebnisse mittels einer geeigneten und allgemein anerkannten statistischen Methode ausgewertet werden. Die statistische Methode soll in der Entwurfsphase der Studie ausgewählt werden.

3.   BERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit (einschließlich Isomerie, Reinheit und physikalisch-chemischen Eigenschaften);
Identifizierungsdaten.

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung für die Wahl des Vehikels.

Versuchstiere:

verwendete Spezies/Stamm;
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft/Züchter der Tiere, Haltungsbedingungen, Eingewöhnung, Futter usw.;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

Testbedingungen:

Angaben über die Zubereitung der Testsubstanz/Futterzubereitung, erzielte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung;
Angabe zu den verabreichten Dosen, einschließlich Angaben über Vehikel, Volumen und physikalische Form des verabreichten Materials;
Angaben über die Verabreichung der Testsubstanz;
Begründung für die gewählten Dosierungen;
Begründung für den gewählten Applikationsweg und die Dauer der Exposition;
Umrechnung von der Konzentration der Testsubstanz im Futter/Trinkwasser (ppm) auf die tatsächliche Dosis (mg pro kg Körpergewicht und Tag), wenn maßgeblich;
Angaben über die Futter- und Trinkwasserqualität.

Beobachtungen- und Testverfahren:

Angaben über die Zuordnung der Tiere in den einzelnen Gruppen zu den Untergruppen für die Perfusionsfixation;
Angaben über die Bewertungssysteme, einschließlich der Kriterien und Bewertungsskalen für jede Messung im Rahmen der detaillierten klinischen Beobachtungen;
Angaben zu den Funktionstests für die sensorische Reaktionsfähigkeit auf Stimuli verschiedener Art (z. B. akustisch, visuell und propriozeptiv), für die Beurteilung der Greifkraft der Extremitäten, für die Beurteilung der motorischen Aktivität (einschließlich Angaben über automatische Geräte zur Aktivitätserkennung) sowie Angaben zu anderen eingesetzten Verfahren;
Angaben zu ophthalmologischen Untersuchungen und gegebenenfalls hämatologischen Untersuchungen und klinischen biochemischen Tests mit den entsprechenden Nominalwerten;
Angaben zu den einzelnen verhaltensbezogenen, neuropathologischen, neurochemischen oder elektrophysiologischen Untersuchungen.

Ergebnisse:

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts einschließlich Körpergewicht zum Zeitpunkt der Tötung;
Futterverbrauch und Trinkwasserverbrauch, wenn maßgeblich;
Daten zur toxischen Wirkung nach Geschlecht und Dosierung, einschließlich Anzeichen für Toxizität oder Mortalität;
Art, Schweregrad und Dauer (Zeitpunkt des Einsetzens und weiterer Verlauf) der detaillierten klinischen Beobachtungen (reversibel oder irreversibel);
detaillierte Beschreibung sämtlicher Ergebnisse der Funktionstests;
Sektionsbefunde;
ausführliche Beschreibung sämtlicher verhaltensbezogenen, neuropathologischen und neurochemischen oder neurophysiologischen Ergebnisse, sofern verfügbar;
Angaben zur Resorption und Metabolismus, sofern verfügbar;
statistische Auswertung der Ergebnisse, wenn möglich.

Diskussion der Ergebnisse:

Dosis-Wirkungs-Informationen;
Zusammenhang zwischen anderen toxischen Wirkungen und einer Schlussfolgerung bezüglich des neurotoxischen Potenzials der Testchemikalie;
Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkungen (NOAEL).

Schlussfolgerungen:

Eine konkrete Aussage über die Gesamt-Neurotoxizität der Testchemikalie ist wünschenswert.

4.   LITERATUR

(1) OECD Guidance Document on Neurotoxicity Testing Strategies and Test Methods. OECD, Paris, in Vorbereitung.

(2) Test Guideline for a Developmental Neurotoxicity Study, OECD Guidelines for the Testing of Chemicals, in Vorbereitung.

(3) World Health Organization (WHO) (1986). Environmental Health Criteria document 60: Principles and Methods for the Assessment of Neurotoxicity associated with Exposure to Chemicals.

(4) Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. (1980) Experimental and Clinical Neurotoxicology, Eds. Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. eds, Williams and Wilkins, Baltimore/London.

(5) Tupper, D.E. and Wallace, R.B. (1980). Utility of the Neurological Examination in Rats. Acta Neurobiol. Exp., 40, 999-1003.

(6) Gad, S.C. (1982). A Neuromuscular Screen for Use in Industrial Toxicology. J. Toxicol. Environ. Health, 9, 691704.

(7) Moser, V.C., McDaniel, K.M. and Phillips, P.M. (1991). Rat Strain and Stock Comparisons Using a Functional Observational Battery: Baseline Values and Effects of amitraz. Toxic. Appl. Pharmacol., 108, 267-283.

(8) Meyer, O.A., Tilson, H.A., Byrd, W.C. and Riley, M.T. (1979). A Method for the Routine Assessment of Fore- and Hind- limb Grip Strength of Rats and Mice. Neurobehav. Toxicol., 1, 233-236.

(9) Crofton, K.M., Haward, J.L., Moser, V.C., GUI, M.W., Reirer, L.W., Tilson, H.A. and MacPhail, R.C. (1991) Interlabotatory Comparison of Motor Activity Experiments: Implication for Neurotoxicological Assessments, Neurotoxicol. Teratol., 13, 599-609.

(10) Tilson, H.A., and Mitchell, C.L. eds. (1992). Neurotoxicology Target Organ Toxicology Series. Raven Press, New York.

(11) Chang, L.W., ed. (1995). Principles of Neurotoxicology. Marcel Dekker, New York.

(12) Broxup, B. (1991). Neuopathology as a screen for Neurotoxicity Assessment. J. Amer. Coll, Toxicol., U), 689-695.

(13) Moser, V.C, Anthony, D.C., Sette, W.R and MacPhail, R.C, (1992). Comparison of Subchronic Neurotoxicity of 2- Hydroxyethyl Acrylate and Acrylamide in Rats. Fund. Appl.Toxicol., 18, 343-352.

(14) O'Callaghan, J.P. (1988). Neurorypic and Gliotypic Proteins as Biochemical Markers of Neurotoxicity. Eurotoxicol. Teratol., 10, 445-452.

(15) O'Callaghan J.P. and Miller, D.B. (1988). Acute Exposure of the Neonatal Rat to Triethyltin Results in Persistent Changes in Neurotypic and Gliotypic Proteins. J. Pharmacol. Exp. Ther., 244, 368-378.

(16) Fox. D.A., Lowndes, H.E. and Birkamper, G.G. (1982). Electrophysiological Techniques in Neurotoxicology. In: Nervous System Toxicology. Mitchell, C.L. ed. Raven Press, New York, pp 299-335.

(17) Johnson, B.L. (1980). Electrophysiological Methods in neuroloxicity Testing. In: Experimental and Clinical Neurotoxicology. Spencer, P.S. and Schaumburg, H.H. eds., Williams and Wilkins Co., Baltimore/London, 726- 742.

(18) Bancroft, J.D. and Steven A. (1990). Theory and Pratice of Histological Techniques. Chapter 17, Neuropathological Techniques. Lowe, James and Cox, Gordon eds. Churchill Livingstone.



Tabelle 1

Benötigte Mindestanzahl der Tiere pro Gruppe, abhängig davon, ob die Prüfung auf Neurotoxizität als Einzelstudie oder in Verbindung mit anderen Studien durchgeführt wird

DURCHFÜHRUNG DER PRÜFUNG AUF NEUROTOXIZITÄT ALS:
EinzelstudieKombinierte Prüfung in Verbindung mit 28-Tage-StudieKombinierte Prüfung in Verbindung mit 90-Tage-StudieKombinierte Prüfung in Verbindung mit Studie zur chronischen Toxizität
Gesamtzahl der Tiere pro Gruppe10 männliche und 10 weibliche Tiere10 männliche und 10 weibliche Tiere15 männliche und 15 weibliche Tiere25 männliche und 25 weibliche Tiere
Anzahl der für Funktionstests einschließlich detaillierter klinischer Beobachtungen ausgewählten Tiere10 männliche und 10 weibliche Tiere10 männliche und 10 weibliche Tiere10 männliche und 10 weibliche Tiere10 männliche und 10 weibliche Tiere
Anzahl der für ln-situ-Perfusionsfixation und Neurohistopathologie ausgewählten Tiere5 männliche und 5 weibliche Tiere5 männliche und 5 weibliche Tiere5 männliche und 5 weibliche Tiere5 männliche und 5 weibliche Tiere
Anzahl der für die Beobachtungen (Toxizität bei wiederholter Verabreichung/subchronische Toxizität/chronische Toxizität, Hämatologie, klinische Biochemie, Histopathologie usw.) ausgewählten Tiere, wie in den entsprechenden Prüfrichtlinien (Guidelines) angegeben5 männliche und 5 weibliche Tiere10 männliche (†) und 10 weibliche Tiere (†)20 männliche (†) und 20 weibliche Tiere (†)
Ergänzende Beobachtungen nach Bedarf5 männliche und 5 weibliche Tiere
†  Einschließlich 5 Tiere, die für Funktionstests und detaillierte klinische Beobachtungen im Rahmen der Neurotoxizitätsstudie ausgewählt werden.



Tabelle 2

Häufigkeit der klinischen Beobachtungen und Funktionstests

Art der BeobachtungDauer der Studie
Akut28 Tage90 TageChronisch
Bei allen TierenAllgemeiner GesundheitszustandTäglichTäglichTäglichTäglich
Mortalität/MorbiditätZweimal täglichZweimal täglichZweimal täglichZweimal täglich
Bei den für Funktionsbeobachtungen ausgewählten TierenDetaillierte klinische Beobachtungen

— vor der ersten Exposition

— binnen 8 Stunden nach Verabreichung zum Zeitpunkt der erwarteten maximalen Wirkung

— am 7 und 14. Tag nach Verabreichung

— vor der ersten Exposition

— anschließend einmal wöchentlich

— vor der ersten Exposition

— einmal während der ersten oder zweiten Expositionswoche

— anschließend monatlich

— vor der ersten Exposition

— einmal am Ende des ersten Expositionsmonats

— anschließend alle drei Monate

Funktionstests

— vor der ersten Exposition

— binnen 8 Stunden nach Verabreichung zum Zeitpunkt der erwarteten maximalen Wirkung

— am 7. und 14. Tag nach Verabreichung

— vor der ersten Exposition

— während der vierten Behandlungswoche möglichst nahe am Ende des Expositionszeitraums

— vor der ersten Exposition

— einmal während der ersten oder zweiten Expositionswoche

— anschließend monatlich

— vor der ersten Exposition

— einmal am Ende des ersten Expositionsmonats

— anschließend alle drei Monate

B.44.   HAUTRESORPTION: IN-VIVO-METHODE

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 427 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Die meisten Chemikalien wirken über die Haut auf den Körper ein, während bei den meisten an Labortieren durchgeführten toxikologischen Studien die Chemikalie oral verabreicht wird. Die in dieser Richtlinie beschriebene Untersuchung der perkutanen In-vivo-Resorption stellt die Verbindung her, die bei der Sicherheitsbewertung im Anschluss an dermale Exposition für die Extrapolation der Ergebnisse oraler Studien notwendig ist.

Eine Substanz muss eine große Zahl von Hautschichten durchdringen, bevor sie in den Kreislauf gelangen kann. Bei den meisten Substanzen wird die Penetrationsgeschwindigkeit durch die aus toten Zellen bestehende Hornhaut (Stratum Corneum) bestimmt. Die Permeabilität der Haut wird sowohl von der Lipophilie der Chemikalie als auch von der Dicke der äußeren Epidermisschicht sowie durch Faktoren wie dem Molgewicht und der Stoffkonzentration bestimmt. Im Allgemeinen ist die Haut von Ratten und Hasen permeabler als die menschliche Haut, während die Permeabilität der Haut von Meerschweinchen und Affen der Permeabilität der menschlichen Haut ähnelt.

Die Methoden zur Messung der perkutanen Resorption lassen sich in zwei Kategorien einteilen: in vivo und in vitro. Die In-vivo-Methode liefert bei unterschiedlichen Labortierarten gute Informationen zur Hautresorption. In jüngerer Zeit wurden ergänzend In-vitro-Methoden entwickelt. Bei diesen wird der Transport durch die menschliche oder tierische Haut in ihrer vollständigen oder teilweisen Dicke in einem Flüssigkeitsbehälter untersucht. Die In-vitro-Methode wird in einer separaten Testverfahrensbeschreibung (1) beschrieben. Es wird empfohlen, das OECD Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies (2) als Hilfe bei der Wahl der für den jeweiligen Fall geeignetsten Methode zu Rate zu ziehen; dieses Dokument enthält nähere Angaben zur Eignung der In-vivo- und In-vitro-Methoden.

Die hier beschriebene In-vivo-Methode ermöglicht die Bestimmung der Penetration der Testsubstanz durch die Haut in den Kreislauf. Dieses Verfahren findet seit Jahren weithin Anwendung (3) (4) (5) (6) (7). Zwar sind In-vitro-Studien zur perkutanen Resorption in zahlreichen Fällen geeignet, doch können die benötigten Daten in bestimmten Fällen nur durch In-vivo-Studien gewonnen werden.

Die Vorteile der In-vivo-Methode bestehen darin, dass dabei ein physiologisch und metabolisch intaktes System und eine zahlreichen Toxizitätsstudien gemeinsame Tierart verwendet wird und dass diese Methode für die Verwendung mit anderen Arten modifiziert werden kann. Nachteile sind die Verwendung lebender Tiere und die Notwendigkeit, radioaktiv markiertes Material einzusetzen, damit zuverlässige Ergebnisse gewährleistet sind, ferner Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Frühresorptionsphase und die unterschiedliche Permeabilität der Haut der bevorzugt verwendeten Art (Ratten) und der menschlichen Haut. Tierische Haut ist im Allgemeinen durchlässiger, d. h., die perkutane Resorption der menschlichen Haut könnte demzufolge überschätzt werden (6) (8) (9). Ätzende Materialien sollten an lebenden Tieren nicht getestet werden.

1.2.   DEFINITIONEN

Unresorbierte Dosis: Dies entspricht der nach der Exposition von der Hautoberfläche abgewaschenen Dosis sowie der ggf. in der nicht okkludierten Abdeckung enthaltenen Dosis, einschließlich etwaiger Dosen, bei denen nachgewiesen wird, dass sie sich während der Exposition auf der Haut verflüchtigen.

Resorbierte Dosis (in vivo): Diese umfasst die im Urin, in Käfigreinigungsrückständen, Fäzes, ausgeatmeter Luft (soweit diese gemessen wird), im Blut, Gewebe (sofern erfasst) und dem übrigen Körper verbliebene Dosis nach Entfernung der Haut an der Stelle, an der die Substanz aufgetragen wurde.

Resorbierbare Dosis: Diese stellt die nach dem Waschen auf oder in der Haut vorhandene Dosis dar.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Testsubstanz wird — möglichst in radioaktiv markierter Form — in einer oder mehreren geeigneten Dosierungen als repräsentative praktische Präparation auf der geschorenen Haut der Tiere aufgebracht. Die Testpräparation bleibt während einer bestimmten Zeitdauer unter einer geeigneten (nicht okklusiven, semi-okklusiven oder okklusiven) Abdeckung mit der Haut in Kontakt. Am Ende des Expositionszeit wird die Abdeckung entfernt und die Haut mit einem geeigneten Reinigungsmittel gereinigt; Abdeckung und Reinigungsmittel werden zur Analyse aufbewahrt, und es wird eine frische Abdeckung angebracht. Die Tiere werden vor, während und nach der Expositionszeit in Stoffwechsel-Einzelkäfigen untergebracht, und die während dieses Zeitraums anfallenden Exkremente und die ausgeatmete Luft werden zu Analysezwecken gesammelt. Die Sammlung der ausgeatmeten Luft kann entfallen, wenn ausreichende Angaben darüber vorliegen, dass nur wenig oder gar keine flüchtigen radioaktiven Stoffwechselprodukte gebildet werden. Im Rahmen der Studien werden normalerweise mehrere Tiergruppen der Testpräparation ausgesetzt. Eine Gruppe wird am Ende der Expositionszeit getötet. Andere Gruppen werden zu festgelegten späteren Zeitpunkten getötet (2). Am Ende der Probenahmephase werden die verbleibenden Tiere getötet, Blut zu Analysezwecken entnommen, die Auftragsstelle zur Analyse entnommen und der Körper auf etwaige nicht ausgeschiedene Stoffe untersucht. Die Stichproben werden durch entsprechende Mittel untersucht und der Grad der perkutanen Resorption näherungsweise ermittelt (6) (8) (9).

1.4.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.4.1.   Auswahl von Versuchstierarten

Üblicherweise werden Ratten verwendet, allerdings können auch haarlose Stämme und Arten, deren Hautresorptionsrate denen der menschlichen Haut näherkommt, verwendet werden (3) (6) (7) (8) (9). Es sind junge, ausgewachsene und gesunde Tiere gleichen Geschlechts (standardmäßig männliche Tiere) üblicherweise verwendeter Laborstämme zu verwenden. Zu Beginn der Studie dürfen die Gewichtsunterschiede der verwendeten Tiere eine Grenze von ± 20 % des mittleren Gewichts nicht überschreiten. So sind beispielsweise männliche Ratten mit einem Gewicht von 200-250 g geeignet, insbesondere Tiere in der oberen Hälfte dieses Gewichtsbereichs.

1.4.2.   Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

Zur Vorbereitung des Tests und für jeden Beendigungszeitpunkt ist je eine Gruppe von mindestens 4 Tieren gleichen Geschlechts zu verwenden. Jede Gruppe von Tieren wird nach unterschiedlichen Zeitintervallen getötet, beispielsweise nach Ende der Expositionszeit (typischerweise 6 oder 24 Stunden) bzw. zu späteren Zeitpunkten (z. B. nach 48 und 72 Stunden). Liegen Daten vor, anhand deren erhebliche Unterschiede der dermalen Toxizität bei männlichen und weiblichen Tieren nachgewiesen werden, ist das empfindlichere Geschlecht zu wählen. Liegen keine diesbezüglichen Daten vor, ist die Wahl des Geschlechts freigestellt.

1.4.3.   Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen

Die Temperatur im Tierversuchsraum muss 22 oC (± 3 oC) betragen. Die relative Luftfeuchte muss mindestens 30 % betragen und sollte 70 % — außer beim Reinigen des Raums — nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchte von 50-60 %. Für die Beleuchtung ist Kunstlicht zu verwenden und so zu schalten, dass sich 12 Stunden Licht mit 12 Stunden Dunkelheit abwechseln. Zur Ernährung sind herkömmliche Labornahrungsmittel zu verwenden, die unrationiert mit einer unbegrenzten Menge Trinkwasser zur Verfügung stehen sollten. Während der Studie sowie vorzugsweise auch während der Eingewöhnungsphase werden die Tiere einzeln in Stoffwechselkäfigen untergebracht. Da die Ergebnisse durch verschüttetes Nahrungsmittel und Wasser beeinträchtigt würden, ist die Wahrscheinlichkeit derartiger Störungen zu minimieren.

1.4.4.   Präparation der Tiere

Die Tiere werden markiert, damit sie einzeln identifiziert werden können. Vor Beginn der Studie werden sie mindestens 5 Tage lang in ihren Käfigen gehalten, so dass eine Gewöhnung an die Laborbedingungen erfolgen kann.

Nach der Akklimatisierungsphase und rund 24 Stunden vor der Verabreichung der Dosis wird an jedem Tier ein Hautbereich im Schulter- und Rückenbereich geschoren. Da geschädigte Haut andere Permeationseigenschaften als intakte Haut aufweist, ist Abrieb der Hautoberfläche zu vermeiden. Nach der Schur und rund 24 Stunden vor Auftragen der Testsubstanz auf die Haut (siehe Abschnitt 1.4.7) ist die Hautoberfläche mit Aceton abzuwischen, um das Sebum zu entfernen. Zusätzliches Waschen mit Seife und Wasser ist nicht zu empfehlen, da Seifenrückstände die Resorption der Testsubstanz fördern könnten. Der Bereich muss so groß sein, dass eine zuverlässige Berechnung der resorbierten Menge der Testchemikalie je cm2 Haut gewährleistet ist, vorzugsweise also mindestens 10 cm2. Ein solcher Bereich kann an Ratten mit einem Körpergewicht von 200-250 g hergestellt werden. Nach der Vorbereitung werden die Tiere wieder in die Stoffwechselkäfige platziert.

1.4.5.   Testsubstanz

Als Testsubstanz wird der Stoff verwendet, dessen Penetrationseigenschaften untersucht werden sollen. Idealerweise ist die Testsubstanz radioaktiv zu markieren.

1.4.6.   Testpräparation

Die Präparation der Testsubstanz (z. B. reines, verdünntes oder formuliertes Material, das die auf der Haut aufgetragene Testchemikalie enthält) muss der Substanz entsprechen (oder ein realistisches Surrogat hiervon bilden), der Menschen oder andere betroffene Gruppen ausgesetzt sein können. Etwaige Abweichungen von der in der Praxis verwendeten Präparation sind zu begründen. Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Medium gelöst oder suspendiert. Bei anderen Trägermedien als Wasser müssen die Resorptionseigenschaften und mögliche Wechselwirkungen mit der Testsubstanz bekannt sein

1.4.7.   Aufbringen auf die Haut

Auf der Hautoberfläche wird eine Applikationsstelle mit einer bestimmten Fläche festgelegt. Eine bekannte Menge der Testpräparation wird gleichmäßig auf dieser Stelle aufgetragen. Diese Menge muss im Regelfall die potenzielle Exposition wiedergeben, der der Mensch ausgesetzt ist, typischerweise bei Feststoffen 1-5 mg/cm2 oder bei Flüssigkeiten bis zu 10 μl/cm2. Abweichende Mengen müssen aufgrund der zu erwartenden Verwendungsbedingungen, der Untersuchungsziele oder der physikalischen Eigenschaften der Testpräparation gerechtfertigt sein. Nach dem Auftrag ist die behandelte Stelle gegen Überstreichen zu schützen. Eine typische Vorrichtung hierfür ist in Abbildung 1 dargestellt; normalerweise wird die Hautstelle, an der der Auftrag erfolgte, durch eine nicht okklusive Abdeckung geschützt (z. B. eine permeable Nylongazeabdeckung). Bei infiniter Applikation ist die Applikationsstelle jedoch zu okkludieren. Falls durch die Verdunstung semiflüchtiger Testsubstanzen die Rückgewinnungsrate der Testsubstanz in einem inakzeptablen Maß verringert wird (siehe auch Abschnitt 1.4.10, erster Absatz), muss die verdunstete Substanz in einem Aktivkohlefilter über der Applikationsvorrichtung aufgefangen werden (siehe Abbildung 1). Derartige Vorrichtungen dürfen die Haut nicht schädigen und die Testpräparation weder absorbieren noch mit ihr reagieren. Die Tiere werden anschließend wieder in ihre Stoffwechsel-Einzelkäfige gesetzt, damit die Exkremente aufgefangen werden können.

1.4.8.   Dauer der Exposition und Probenahme

Die Expositionsdauer entspricht der Zeitdauer zwischen Auftrag und Entfernung der Testpräparation durch Waschen der Haut. Dabei ist eine aussagefähige Expositionszeit (normalerweise 6 oder 24 Stunden) entsprechend der beim Menschen zu erwartenden Expositionsdauer einzuhalten. Nach der Expositionsdauer verbleiben die Tiere bis zum planmäßigen Ende der Studie in den Stoffwechselkäfigen. Während der gesamten Dauer der Studie sind die Tiere in regelmäßigen Intervallen auf Anzeichen toxischer Wirkungen/abnormaler Reaktionen zu beobachten. Am Ende der Expositionszeit ist die behandelte Hautfläche auf sichtbare Anzeichen einer Reizung zu untersuchen.

Die Stoffwechselkäfige müssen so eingerichtet sein, dass Urin und Fäzes während der gesamten Untersuchungsdauer separat gesammelt werden können. Die Sammlung von 14C-Kohlendioxid und flüchtigen 14C-Kohlenstoffverbindungen muss möglich sein; diese Verbindungen sind, wenn sie in entsprechender Menge anfallen (> 5 %), zu analysieren. Urin, Exkremente und in der Auffangvorrichtung zurückgehaltene Flüssigkeiten (z. B. 14C-Kohlendioxid und flüchtige 14C-Verbindungen) sind zu den einzelnen Probenahmezeitpunkten aus jeder Gruppe einzeln zu sammeln. Liegen ausreichende Angaben darüber vor, dass kaum oder keine flüchtigen radioaktiven Stoffwechselprodukte gebildet werden, können auch offene Käfige verwendet werden.

Die Exkremente werden während der Dauer der Exposition, bis zu 24 Stunden nach dem erstmaligen Hautkontakt und anschließend täglich bis zum Ende des Versuchs gesammelt. Normalerweise sind drei Intervalle für die Sammlung von Exkrementen ausreichend, je nach beabsichtigtem Zweck der Testpräparation oder vorliegenden kinetischen Daten können jedoch auch geeignetere oder zusätzliche Zeitpunkte für eine Untersuchung in Betracht kommen.

Am Ende des Expositionszeitraums wird die Schutzvorrichtung von den Tieren entfernt und separat zur weiteren Analyse verwahrt. An allen Tieren ist die behandelte Haut mindestens dreimal mit geeigneten Tupfern zu waschen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine anderen Körperteile kontaminiert werden. Das Reinigungsmittel muss typisch für die bei normaler Körperhygiene verwendeten Produkte sein, z. B. eine wässrige Seifenlösung. Abschließend ist die Haut zu trocknen. Sämtliche Tupfer und Waschrückstände sind zur Analyse aufzubewahren. Bei Tieren jener Gruppen, die bis zu einem späteren Zeitpunkt untersucht werden, ist zum Schutz der behandelten Hautstelle eine neue Abdeckung anzubringen, bevor diese wieder in ihre Einzelkäfige verbracht werden.

1.4.9.   Abschließende Schritte

Die Tiere der einzelnen Gruppen sind zum festgelegten Zeitpunkt zu töten, und das Blut ist zur Analyse aufzufangen. Die Schutzvorrichtung bzw. -abdeckung ist zur Analyse zu entfernen. Die Haut an der Applikationsstelle und ein ähnlicher Bereich unbehandelter, rasierter Haut sind zur separaten Analyse bei jedem Tier zu entfernen. Die Applikationsstelle kann zerlegt werden, wobei das Stratum corneum von der darunter liegenden Epidermis getrennt wird und daraus weitere Informationen zur Verteilung der Testchemikalie gewonnen werden. Durch die Ermittlung der Ablagerung über einen bestimmten Zeitraum nach der Expositionszeit lassen sich Angaben zum Verbleib bzw. Verhalten der einzelnen Testchemikalien im Stratum corneum gewinnen. Um die Fraktionierung der Haut zu erleichtern (nachdem die Haut letztmalig gewaschen und das Tier getötet wurde), werden die einzelnen Schutzabdeckungen entfernt. Die Applikationsstelle auf der Haut sowie ein angrenzender ringförmiger Hautbereich werden aus dem Rattenkörper herausgeschnitten und auf einer Unterlage befestigt. Ein Klebestreifen wird mit leichtem Druck auf der Hautoberfläche angedrückt und das Klebeband zusammen mit einem Teil des Stratum corneum abgezogen. Anschließend werden weitere Klebestreifen aufgebracht, bis das Klebeband nicht mehr an der Hautoberfläche haftet; dann ist das gesamte Stratum corneum entfernt. Sämtliche Klebestreifen eines jeden Tieres können in einem einzigen Behälter gemeinsam verwahrt werden; diesem Behälter wird ein Gewebeauflösungsmittel zur Auflösung des Stratum corneum zugesetzt. Bestimmte für die Untersuchung bestimmte Gewebe können zur separaten Messung entnommen werden, bevor der Tierkörper auf die resorbierte Körperdosis untersucht wird. Die Körper der einzelnen Tiere sind zu Analysezwecken aufzubewahren. Normalerweise reicht die Analyse des Gesamtgehalts aus. Zur Untersuchung vorgesehene Organe können zur separaten Analyse entnommen werden (wenn dies durch andere Studien angezeigt ist). Der zum Zeitpunkt der Tötung in der Blase enthaltene Urin ist zu dem zuvor gesammelten Urin zu geben. Nachdem die Exkremente zum Zeitpunkt der Tötung aus den Stoffwechselkäfigen gesammelt wurden, sind die Käfige und ihre Auffangvorrichtungen mit einem geeigneten Lösemittel zu waschen. Andere möglicherweise verunreinigte Geräte sind ebenfalls zu analysieren.

1.4.10.   Analyse

In allen Studien ist eine ausreichende Rückgewinnung (d. h. ein Mittelwert von 100 ± 10 % der Radioaktivität) anzustreben. Rückgewinnungsraten außerhalb dieses Sollbereichs sind zu begründen. Die Menge der in jeder Probe verabreichten Dosis ist durch in geeigneter Weise validierte Verfahren zu analysieren.

Als Teil der statistischen Untersuchung ist bei den Wiederholungen jeder Anwendung ein Maß für die Streuung zu berücksichtigen.

2.   DATEN

An sämtlichen Tieren sind bei jeder Probenahme der Testchemikalie und/oder der Stoffwechselprodukte die unten stehenden Messungen durchzuführen. Zusätzlich zu Einzeldaten sind die entsprechend den Probenahmezeiten zu Gruppen zusammengefassten Daten als Mittelwerte in den Bericht aufzunehmen:

Menge, die den Schutzvorrichtungen zugeordnet wird,
Menge, die aus der Haut gelöst werden kann,
Menge in/auf der Haut, die nicht von der Haut abgewaschen werden kann,
Menge in der Blutprobe,
Menge in den Exkrementen und der ausgeatmeten Luft (falls maßgeblich),
im Körper und in zu separaten Analysen entnommenen Organen verbleibende Menge.

Anhand der in den Exkrementen, der ausgeatmeten Luft, im Blut und im Körper enthaltenen Menge der Testsubstanz und/oder der Metaboliten kann die zu den jeweiligen Zeitpunkten resorbierte Gesamtmenge bestimmt werden. Außerdem ist eine Berechnung der Menge der Testchemikalie möglich, die je cm2 der während der Expositionszeit der Testsubstanz ausgesetzten Haut resorbiert wurde.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Testbericht muss die im Protokoll festgelegten Anforderungen einschließlich einer Begründung für das verwendete Testsystem sowie folgende Angaben enthalten:

Prüfsubstanz

Kenndaten, z. B. CAS-Nummer, sofern vorhanden, Quelle, Reinheit (radiochemische Reinheit), bekannte Verunreinigungen, Partienummer;
physikalische Beschaffenheit, physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. pH-Wert, Flüchtigkeit, Löslichkeit, Stabilität, Molgewicht und log Pow).

Testpräparation:

Formulierung und Begründung für die Verwendung;
Details der Testpräparation, aufgetragene Menge, erreichte Konzentration, Vehikel, Stabilität und Homogenität.

Versuchstier:

Art/Stamm;
Zahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft der Tiere, Unterbringungsbedingungen, Ernährung usw.;
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

Prüfbedingungen:

Details zur Verabreichung der Testpräparation (Applikationsort, Testmethoden, Okklusion/Nicht-Okklusion, Volumen, Extraktion, Nachweis);
Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

Ergebnisse:

etwaige Anzeichen von Toxizität;
in Tabellenform dargestellte Resorptionsdaten (angegeben als Geschwindigkeit, Menge oder Prozentwert);
Gesamtrückgewinnungsrate aus dem Versuch;
Auswertung der Ergebnisse, Vergleich mit bereits vorliegenden Daten zur perkutanen Resorption der Testverbindung.

Erörterung der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

1.
Testing Method B.45. Skin Absorption: In vitro Method.
2.
OECD (2002). Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies. OECD, Paris.
3.
ECETOC (1993) Percutaneous Absorption. European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals, Monograph No. 20.
4.
Zendzian R.P. (1989) Skin Penetration Method suggested for Environmental Protection Agency Requirements. J. Am. Coll. Toxicol. 8(5), 829-835.
5.
Kemppainen B.W., Reifenrath W.G. (1990) Methods for skin absorption. CRC Press Boca Raton, FL, USA.
6.
EPA (1992) Dermal Exposure Assessment: Principles and Applications. Exposure Assessment Group, Office of Health and Environmental Assessment.
7.
EPA (1998) Health Effects Test Guidelines, OPPTS 870-7600, Dermal Penetration. Office of Prevention, Pesticides and Toxic Substances.
8.
Bronaugh R.L., Wester R.C., Bucks D., Maibach H.I. and Sarason R. (1990) In vivo percutaneous absorption of fragrance ingredients in reshus monkeys and humans. Fd. Chem. Toxic. 28, 369-373.
9.
Feldman R.J. and Maibach H.I. (1970) Absorption of some organic compounds through the skin in man. J. Invest Dermatol. 54, 399-404.

Abbildung 1

Beispiel für die Gestaltung einer typischen Vorrichtung zur Begrenzung und zum Schutz der dermalen Applikationsstelle bei In-vivo-Studien zur perkutanen Resorption

B.45.   HAUTRESORPTION: IN-VITRO-METHODE

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 428 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Methode soll Aufschluss über die Resorption einer auf ein ausgeschnittenes Hautstück aufgebrachten Testsubstanz geben. Sie kann entweder mit der Hautresorptionsmethode: In-vivo-Methode (1) kombiniert oder separat durchgeführt werden. Für die Gestaltung von Studien auf der Grundlage dieser Methode wird empfohlen, das OECD Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies (2) zu Rate zu ziehen. Diese Richtlinie soll Hilfestellung bei der Wahl geeigneter In-vitro-Verfahren für bestimmte Anwendungsfälle leisten, damit die Zuverlässigkeit der durch dieses Verfahren gewonnenen Ergebnisse gewährleistet ist.

Die Methoden zur Messung der Hautresorption und des dermalen Eintrags lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: in vivo und in vitro. In-vivo-Methoden zur Untersuchung der Hautresorption sind seit langem etabliert und liefern pharmakokinetische Angaben zu verschiedenen Tierarten. Eine In-vivo-Methode wird in einer weiteren Testmethode (1) beschrieben. In-vitro-Methoden werden seit Jahren ebenfalls zur Messung der Hautresorption eingesetzt. Offizielle Validierungsstudien der In-vitro-Methoden, die unter die vorliegende Testmethode fallen, wurden zwar nicht durchgeführt, doch wurde von den OECD-Experten im Jahr 1999 festgestellt, dass der Umfang der evaluierten Daten als Bestätigung der In-vitro-Methode ausreicht (3). Weitere Details zur Untermauerung dieser Bestätigung — darunter umfangreiche direkte Vergleiche von In-vitro- und In-vivo-Methoden — sind in der unter (2) angegebenen Richtlinie (Guidance Document) enthalten. Dieses Thema wurde bereits in zahlreichen Monografien dargestellt, die auch ausführliche Hintergrundinformationen zum Einsatz von In-vitro-Methoden enthalten (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12). Mit In-vitro-Methoden wird die Diffusion von Chemikalien in und durch die Haut in einen Flüssigkeitstank gemessen, wobei an nicht lebensfähiger Haut die reine Diffusion oder an frischer, stoffwechselaktiver Haut gleichzeitig Diffusion und Hautstoffwechsel gemessen werden können. Derartige Methoden finden insbesondere Verwendung als Raster für den Vergleich des Eintrags von Chemikalien aus unterschiedlichen Formulierungen in und durch die Haut und bieten sich darüber hinaus als nützliche Modelle für die Beurteilung der perkutanen Resorption beim Menschen an.

Die In-vitro-Methode eignet sich möglicherweise nicht für sämtliche Situationen und Chemikalienklassen. Möglicherweise kann die In-vitro-Testmethode zur einleitenden qualitativen Evaluierung der Penetration durch die Haut verwendet werden. In bestimmten Fällen muss dies durch In-vivo-Daten untermauert werden. Zur weiteren Vertiefung jener Fälle, in denen die In-vitro-Methode geeignet wäre, ist die unter (2) angegebene Richtlinie (Guidance Document) heranzuziehen. Weitere detaillierte Informationen zur Untermauerung der Entscheidungsfindung sind in (3) nachzulesen.

Die hier beschriebene Methode gibt Aufschluss über die grundlegenden Prinzipien der Messung der dermalen Resorption und des Eintrags einer Testsubstanz auf ausgeschnittenen Hautstücken. Hierfür können Hautproben zahlreicher Säugetierarten — auch menschliche Haut — verwendet werden. Die Permeabilitätseigenschaften der Haut bleiben nach dem Ausschneiden des Hautstücks aus dem Körper erhalten, da die abgestorbene Hornhaut (Stratum corneum) die Hauptdiffusionssperre bildet; ein aktiver Transport von Chemikalien durch die Haut wurde nicht festgestellt. Es wurde nachgewiesen, dass die Haut in der Lage ist, bei der perkutanen Resorption bestimmte Chemikalien in Stoffwechselprodukte umzusetzen (6); allerdings tritt bei diesem Prozess hinsichtlich der tatsächlich resorbierten Dosis keine Begrenzung der Geschwindigkeit ein, jedoch kann die Art des in den Blutkreislauf gelangenden Materials davon beeinflusst werden.

1.2.   DEFINITIONEN

Unresorbierte Dosis: Dies entspricht der nach der Exposition von der Hautoberfläche abgewaschenen Dosis sowie der ggf. in der nicht okkludierten Abdeckung enthaltenen Dosis, einschließlich etwaiger Dosen, bei denen nachgewiesen wird, dass sie sich während der Exposition auf der Haut verflüchtigen.

Resorbierte Dosis (in vitro): Masse der Testsubstanz, die innerhalb einer bestimmten Zeit in den Rezeptor-Flüssigkeits- oder -Systemkreislauf gelangt.

Resorbierbare Dosis (in vitro): die nach dem Abwaschen auf oder in der Haut vorhandene Dosis.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Testsubstanz, die radioaktiv markiert werden kann, wird auf die Oberfläche eines Hautprobestücks aufgetragen, das die beiden Kammern einer Diffusionszelle voneinander trennt. Die Chemikalie verbleibt unter festgelegten Bedingungen eine bestimmte Zeit lang auf der Haut, bevor sie durch ein geeignetes Reinigungsverfahren entfernt wird. Von der Rezeptorflüssigkeit werden zu bestimmten Zeitpunkten während des Versuchs Proben genommen und auf die Testchemikalie und/oder Metaboliten analysiert.

Bei Verwendung stoffwechselaktiver Systeme können die Metaboliten der Testchemikalie durch geeignete Verfahren analysiert werden. Am Ende des Experiments werden die Verteilung der Testchemikalie und ggf. deren Metaboliten quantifiziert.

Unter entsprechenden Bedingungen, die in der vorliegenden Methode und in Richtlinie (2) beschrieben sind, wird durch Analyse der Rezeptorflüssigkeit und der behandelten Haut die während eines bestimmten Zeitraums erfolgte Resorption einer Testsubstanz gemessen. Die auf der Haut verbleibende Testsubstanz ist als resorbiert zu betrachten, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass die Resorption anhand der Werte der Rezeptorflüssigkeit alleine ermittelt werden kann. Anhand der Analyse der übrigen Bestandteile (von der Haut abgewaschenes und zwischen den Hautschichten verbleibendes Material) kann eine weitere Evaluierung der Daten vorgenommen werden, unter anderem auch die Gesamtverteilung der Testsubstanz und die prozentuale Rückgewinnung.

Als Nachweis für die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Testsystems müssen die Ergebnisse der relevanten Referenzchemikalien vorliegen und mit dem veröffentlichten Schrifttum zu der verwendeten Methode übereinstimmen. Diese Anforderung könnte erfüllt werden, indem die Tests mit einer geeigneten Referenzsubstanz (deren Lipophilie vorzugsweise den Werten der Testsubstanz näherungsweise entsprechen sollte) zeitgleich mit der Testsubstanz durchgeführt werden oder indem ausreichende historische Daten für verschiedene Referenzsubstanzen unterschiedlicher Lipophilie vorgelegt werden (z. B. Koffein, Benzoesäure und Testosteron).

1.4.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.4.1.   Diffusionszelle

Die Diffusionszelle besteht aus einer Spenderkammer und einer Rezeptorkammer, zwischen denen die Haut angeordnet wird (ein Beispiel für einen typischen Aufbau einer solchen Kammer ist in Abbildung 1 dargestellt). Die Zelle muss so aufgebaut werden, dass die Haut dicht umschlossen wird, die Probenahme auf einfache Weise möglich ist und eine gute Durchmischung der Rezeptorlösung erreicht wird, die mit der Hautunterseite in Berührung kommt, und außerdem eine gute Temperaturregelung der Zelle und ihres Inhalts möglich ist. Es sind sowohl statische Diffusionszellen als auch Durchfluss-Diffusionszellen zulässig. Normalerweise sind die Spenderkammern bei der Exposition gegenüber einer finiten Dosis einer Testpräparation nicht okkludiert. Bei infiniten Applikationen und bestimmten bei finiten Dosen vorkommenden Szenarien können die Spenderkammern jedoch auch okkludiert werden.

1.4.2.   Rezeptorflüssigkeit

Vorzugsweise ist eine physiologisch geeignete Rezeptorflüssigkeit zu verwenden, allerdings sind auch andere Flüssigkeitsarten zulässig, sofern deren Verwendung begründet werden kann. Die genaue Zusammensetzung der Rezeptorflüssigkeit ist anzugeben. Eine ausreichende Löslichkeit der Testchemikalie in der Rezeptorflüssigkeit ist nachzuweisen, damit sie nicht als Resorptionssperre wirkt. Außerdem darf die Rezeptorflüssigkeit die Intaktheit des Hautstücks nicht beeinträchtigen. In einem Durchflusssystem darf die Durchflussgeschwindigkeit die Diffusion der Testsubstanz in die Rezeptorflüssigkeit nicht behindern. In einem statischen Zellensystem muss die Flüssigkeit ständig umgerührt werden, und es sind regelmäßig Proben zu entnehmen. Wird der Stoffwechsel untersucht, muss die Rezeptorflüssigkeit so beschaffen sein, dass die Viabilität der Haut während des gesamten Verlaufs des Experiments unterstützt wird.

1.4.3.   Herstellung der Hautstücke

Es kann menschliche oder tierische Haut verwendet werden. Natürlich unterliegt die Verwendung menschlicher Haut einzelstaatlichen und internationalen ethischen Kriterien und Auflagen. Vorzugsweise sollte lebensfähige Haut verwendet werden, allerdings ist auch die Verwendung von abgestorbener Haut zulässig, sofern die Intaktheit der Haut nachgewiesen werden kann. Es sind entweder Epidermismembranen (die durch Enzyme, durch Wärme oder auf chemischem Wege separiert wurden) oder geteilte Hautlagen (typischerweise mit einer Dicke von 200-400 μm), die mit einem Dermatom hergestellt wurden, zulässig. Es kann auch die volle Hautdicke verwendet werden, allerdings ist eine übermäßige Hautdicke (ca. > 1 mm) zu vermeiden, sofern dies nicht zur Feststellung der Testchemikalie in den einzelnen Hautlagen erforderlich ist. Die Wahl der Arten, die anatomische Entnahmestelle und das Präparationsverfahren sind zu begründen. Es müssen akzeptable Daten aus mindestens vier Wiederholungs-Gleichtests je Testpräparation vorliegen.

1.4.4.   Intakte Beschaffenheit des hergestellten Hautstücks

Eine sachgemäße Herstellung des Hautstücks ist von größter Bedeutung. Durch unsachgemäße Handhabung kann die Hornhaut (Stratum corneum) beschädigt werden; daher ist das hergestellte Hautstück auf intakte Beschaffenheit zu kontrollieren. Bei der Untersuchung des Hautstoffwechsels ist die frisch ausgeschnittene Haut möglichst zeitnah und unter Bedingungen, die nachgewiesenermaßen eine Stoffwechselaktivität unterstützen, zu verwenden. Als Richtwert gilt dabei, dass frisch ausgeschnittene Haut innerhalb von 24 Stunden zu verwenden ist; die zulässige Lagerungsdauer kann jedoch je nach dem an der Metabolisierung beteiligten Enzymsystem und den Lagertemperaturen variieren (13). Wurden die hergestellten Hautstücke vor der Verwendung gelagert, ist nachzuweisen, dass die Barrierefunktion erhalten bleibt.

1.4.5.   Testsubstanz

Als Testsubstanz gilt der Stoff, dessen Penetrationseigenschaften untersucht werden sollen. Idealerweise sollte die Testsubstanz radioaktiv markiert werden.

1.4.6.   Testpräparation

Die Präparation der Testsubstanz (z. B. reines, verdünntes oder formuliertes Material, das die auf der Haut aufgetragene Testchemikalie enthält) muss der Substanz entsprechen (oder ein realistisches Surrogat hiervon bilden), der Menschen oder andere mögliche Zielarten ausgesetzt sein können. Etwaige Abweichungen von der in der Praxis verwendeten Präparation sind zu begründen.

1.4.7.   Konzentrationen und Formulierungen von Testsubstanzen

Normalerweise wird mehr als eine Konzentration der Testsubstanz verwendet; dies deckt die Obergrenze der potenziell beim Menschen auftretenden Expositionswerte ab. Analog ist die Durchführung von Tests mit verschiedenen typischen Formulierungen in Betracht zu ziehen.

1.4.8.   Aufbringen auf die Haut

Unter den normalen Bedingungen der Chemikalienexposition beim Menschen kommen üblicherweise finite Dosen vor. Bei Applikationen, bei denen die Exposition beim Menschen nachgestellt wird, sind bei Feststoffen normalerweise 1-5 mg/cm2 Haut und bei Flüssigkeiten bis zu 10 μl/cm2 anzusetzen. Die verwendete Menge ist durch die zu erwartenden Einsatzbedingungen, die Ziele der Studie und die physikalischen Kenngrößen der Testpräparation zu begründen. So kann das Aufbringen auf die Haut beispielsweise in infiniter Form erfolgen, wenn größere Volumina je Flächeneinheit aufgebracht werden.

1.4.9.   Temperatur

Die passive Diffusion der Chemikalien (und damit ihre Hautresorption) wird durch die Temperatur beeinflusst. Die Diffusionskammer und die Haut müssen auf konstanter Temperatur in Nähe der normalen Hauttemperatur von 32 ±1 oC gehalten werden. Bei unterschiedlichem Zellaufbau sind auch unterschiedliche Wasserbad- oder Heizblocktemperaturen erforderlich, damit sich der Rezeptor bzw. die Haut innerhalb der physiologischen Normbedingungen befindet. Die Luftfeuchte sollte möglichst zwischen 30 und 70 % liegen.

1.4.10.   Dauer der Exposition und Probenahme

Die Exposition der Haut gegenüber der Testpräparation kann sich über die gesamte Versuchsdauer oder über kürzere Zeiträume erstrecken (z. B. zur Nachahmung einer bestimmten Expositionsart beim Menschen). Überschüssige Rückstände der Testpräparation sind mit einem geeigneten Reinigungsmittel von der Haut abzuwaschen und die Spülrückstände zur Analyse aufzufangen. Das Verfahren zur Entfernung der Testpräparation ist von den erwarteten Einsatzbedingungen abhängig und ist zu begründen. Normalerweise ist eine 24-stündige Probenahmephase erforderlich, um das Resorptionsprofil angemessen charakterisieren zu können. Da bereits nach 24 Stunden eine Verschlechterung der Hautbeschaffenheit eintreten kann, sollte die Probenahmedauer normalerweise einen Zeitraum von 24 Stunden nicht überschreiten. Bei Testsubstanzen, die rasch in die Haut eindringen, ist dies möglicherweise nicht erforderlich, bei Testsubstanzen mit einer sehr langsamen Penetrationsgeschwindigkeit ist evtl. ein längerer Untersuchungszeitraum erforderlich. Die Probenahmefrequenz der Rezeptorflüssigkeit muss so ausgelegt sein, dass das Resorptionsprofil der Testsubstanz grafisch dargestellt werden kann.

1.4.11.   Abschließende Schritte

Alle Komponenten des Testsystems sind zu analysieren, und die Rückgewinnungsrate ist zu ermitteln. Hierin einbezogen werden die Spenderkammer, die Spülung der Hautoberfläche, das hergestellte Hautstück und die Rezeptorflüssigkeit/-kammer. In bestimmten Fällen kann die Haut in den der Testsubstanz ausgesetzten Hautbereich und den Hautbereich unter dem Zellenflansch sowie zu separaten Analysen in die Hornhaut, die Epidermis und die Dermis aufgeteilt werden.

1.4.12.   Analyse

In sämtlichen Studien sollte eine angemessene Rückgewinnungsrate angestrebt werden (anzustreben ist ein Mittelwert von 100 ± 10 % der radioaktiven Substanz; etwaige Abweichungen sind zu begründen). Die Menge der Testsubstanz in der Rezeptorflüssigkeit, in dem hergestellten Hautstück, den Waschrückständen von der Hautoberfläche und dem Spülwasser aus dem Versuchsaufbau sind durch ein geeignetes Verfahren zu analysieren.

2.   DATEN

Die Analyse der Rezeptorflüssigkeit, die Verteilung der Testsubstanz im Testsystem und der zeitliche Verlauf des Resorptionsprofils sind darzustellen. Im Fall einer Exposition mit finiten Dosen sind die von der Haut abgewaschene Menge, die der Haut zugeordnete Menge (und die Menge in den verschiedenen Lagen der Haut, sofern diese analysiert werden) und die in der Rezeptorflüssigkeit enthaltene Menge (Geschwindigkeit und Menge bzw. Prozentsatz der applizierten Dosis) zu berechnen. Die Hautresorption kann in bestimmten Fällen auch nur anhand der Rezeptorflüssigkeitsdaten alleine ausgedrückt werden. Verbleibt die Testsubstanz am Ende der Studie jedoch in der Haut, muss sie evtl. in die resorbierte Gesamtmenge einbezogen werden (siehe Abschnitt 66 in Quelle (3)). Im Fall einer Exposition mit infiniten Dosen kann mithilfe der Daten die Permeabilitätskonstante (Kp) ermittelt werden. Unter den letzteren Bedingungen ist der resorbierte Prozentsatz nicht relevant.

3.   BERICHTERSTATTUNG

3.1.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Testbericht muss die im Protokoll angegebenen Anforderungen erfüllen und eine Begründung für das verwendete Testsystem sowie folgende Einzelangaben enthalten:

Testsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, physikalisch-chemische Eigenschaften (zumindest Molgewicht und log Pow), Reinheit (radiochemische Reinheit);
Kenndaten (z. B. Chargennummer);
Löslichkeit in der Rezeptorflüssigkeit.

Testpräparation:

Formulierung und Begründung für die Verwendung;
Homogenität.

Prüfbedingungen:

Herkunft und Lage der Haut, Herstellungsmethode, Lagerungsbedingungen vor der Verwendung, etwaige Vorbehandlung (Reinigung, Antibiotikabehandlungen usw.), Messung der Unversehrtheit der Haut, Stoffwechselstatus, Begründung der Verwendung;
Zellenaufbau, Zusammensetzung der Rezeptorflüssigkeit, Durchflussrate der Rezeptorflüssigkeit bzw. Probenahmezeiten und -verfahren;
Details für die Aufbringung der Testpräparation und Quantifizierung der aufgebrachten Dosis;
Expositionsdauer;
Details zur Entfernung der Testpräparation von der Haut, z. B. Spülen der Haut;
Details zur Hautanalyse und zu den zum Nachweis der Verteilung in der Haut verwendeten Fraktionierungstechniken;
Verfahren zum Waschen der Zelle und der Geräte;
Testmethoden, Extraktionsverfahren, Detektionsgrenzen und Validierung der Analysenmethoden.

Ergebnisse:

Gesamtrückgewinnungsrate aus dem Experiment (aufgebrachte Dosis = Waschrückstände von der Haut + Haut + Rezeptorflüssigkeit + Waschrückstände aus der Zelle);
tabellarische Darstellung der rückgewonnenen Mengen für die einzelnen Zellen in jeder Zellenkammer;
Resorptionsprofil;
tabellarische Darstellung der Resorptionsdaten (als Rate, Betrag oder Prozentwert angegeben).

Erörterung der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

4.   LITERATURHINWEISE

1.
Testing Method B.44. Skin Absorption: In vivo Method.
2.
OECD (2002). Guidance Document for the Conduct of Skin Absorption Studies. OECD, Paris.
3.
OECD (2000). Report of the Meeting of the OECD Extended Steering Committee for Percutaneous Absorption Testing, Annex 1 to ENV/JM/TG(2000)5. OECD, Paris.
4.
Kemppainen B.W and Reifenrath W.G. (1990). Methods for skin absorption. CRC Press, Boca Raton.
5.
Bronaugh R.L. and Collier, S.W. (1991). Protocol for In vitro Percutaneous Absorption Studies, in In vitro Percutaneous Absorption: Principles, Fundamentals and Applications, R.L. Bronaugh and H.I. Maibach, Eds., CRC Press, Boca Raton, 237-241.
6.
Bronaugh R.L. and Maibach H.I.. (1991). In vitro Percutaneous Absorption: Principles, Fundamentals and Applications. CRC Press, Boca Raton.
7.
European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals (1993). Monograph No. 20, Percutaneous Absorption, ECETOC, Brussels.
8.
Diembeck W., Beck H., Benech-Kieffer F., Courtellemont P., Dupuis J., Lovell W., Paye M., Spengler J., Steiling W. (1999). Test Guidelines for In Vitro Assessment of Dermal Absorption and Percutaneous Penetration of Cosmetic Ingredients, Fd Chem Tox, 37, 191-205.
9.
Recommended Protocol for In vitro Percutaneous Absorption Rate Studies (1996). US Federal Register, Vol. 61, No. 65.
10.
Howes D., Guy R., Hadgraft J., Heylings J.R. et al. (1996). Methods for assessing Percutaneous absorption. ECVAM Workshop Report ATLA 24, 81 R10.
11.
Schaefer H. and Redelmeier T.E. (1996). Skin barrier: principles of percutaneous absorption. Karger, Basel.
12.
Roberts M.S. and Walters K.A. (1998). Dermal absorption and toxicity assessment. Marcel Dekker, New York.
13.
Jewell, C., Heylings, J.R., Clowes, H.M. and Williams, F.M. (2000). Percutaneous absorption and metabolism of dinitrochlorobenzene in vitro. Arch Toxicol 74: 356-365.

Abbildung 1

Beispiel für den typischen Aufbau einer statischen Diffusionszelle für perkutane In-vitro-Resorptionsstudien

B.46.   IN-VITRO-HAUTREIZUNG: TEST AN REKONSTRUIERTEN MODELLEN HUMANER EPIDERMIS

EINLEITUNG

1.
Unter einer Hautreizung versteht man das Auslösen einer reversiblen Hautschädigung nach Applikation einer Prüfsubstanz für die Dauer von bis zu 4 Stunden [Definition nach dem Globalen Harmonisierten System (GHS) zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN) und nach Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (1) (3)]. Mit der vorliegenden Prüfmethode steht ein in vitro-Verfahren zur Verfügung, das zur Ermittlung schädlicher Wirkungen von hautreizenden Chemikalien (Stoffen und Gemischen) gemäß UN GHS und EU CLP-Verordnung Kategorie 2 (1) (2) (3) herangezogen werden kann. In der EU und in anderen Regionen, die die optionale Kategorie (leichte Reizstoffe) nach UN GHS nicht übernommen haben, kann diese Prüfmethode auch zur Identifizierung nicht klassifizierter Chemikalien, d. h. „Keine Kategorie“ nach UN GHS und EU CLP, verwendet werden (1) (3). Die vorliegende Prüfmethode kann außerdem als eigenständiger Ersatztest für in vivo-Tests auf Hautreizungen innerhalb einer sequenziellen Teststrategie eingesetzt werden, um das Hautreizungspotenzial von Chemikalien zu bestimmen (4 und Kapitel B.4 in diesem Anhang).
2.
Hautreizungen werden bislang in der Regel anhand von Versuchstieren bewertet [OECD-Prüfrichtlinie 404; Kapitel B.4 in diesem Anhang] (4). Um dem Tierschutzaspekt Rechnung zu tragen, wurde Methode B.4 2004 überarbeitet und sieht nun vor, dass Hautätzungen/-reizungen auch im Wege einer sequenziellen Teststrategie bestimmt werden können, bei der validierte in vitro- oder ex vivo-Prüfmethoden angewandt werden, die den Tieren Schmerzen und Leiden ersparen. Drei validierte in vitro-Prüfmethoden wurden als OECD-Prüfrichtlinien 430, 431 und 435 (5) (6) (7) verabschiedet, und zwei von ihnen — Kapitel B.40 und B.40bis dieses Anhangs — können für den Hautätzungen betreffenden Teil der sequenziellen Teststrategie der Testmethode in Kapitel B.4 oder der OECD-Prüfrichtlinie 404 (4) eingesetzt werden.
3.
Die vorliegende Prüfmethode bezieht sich auf Hautreizungen mit dem Endpunkt der menschlichen Gesundheit. Sie beruht auf Modellen rekonstruierter humaner Epidermis (RhE), die in ihrer allgemeinen Ausgestaltung (Verwendung von menschlichen, nicht transformierten Keratinozyten als zellulärem Ausgangsmaterial zum Aufbau einer repräsentativen Gewebe- und Zellarchitektur) die biochemischen und physiologischen Eigenschaften der menschlichen Oberhaut, d. h. der Epidermis, weitgehend widerspiegeln. Diese Prüfmethode umfasst auch eine Reihe von Leistungsstandards (Anlage 2) für die Bewertung ähnlicher und modifizierter Verfahren auf der Grundlage von RhE-Modellen, die vom Europäischen Zentrum zur Validierung alternativer Methoden (EC-ECVAM) (8) in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des OECD-Leitliniendokuments Nr. 34 (9) entwickelt wurden.
4.
Drei validierte Verfahren entsprechen derzeit der vorliegenden Prüfmethode. Für ein in vitro Verfahren (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20), das ein rekonstruiertes Modell menschlicher Epidermis verwendet und im Handel als EpiSkinTM erhältlich ist (auch als validierte Referenzmethode; VRM bezeichnet), wurden Prävalidierungs-, Optimierungs- und Validierungsstudien abgeschlossen. Zwei weitere im Handel erhältliche in vitro-Verfahren auf der Grundlage von RhE-Modellen zeigten nach Validierungsstudien auf der Basis der Leistungsstandards (21) ähnliche Ergebnisse wie das VRM. Hierbei handelt es sich um die auf rekonstruierten Modellen menschlicher Epidermis beruhenden Methoden EpiDermTM SIT (EPI-200) und SkinEthicTM (22).
5.
Bevor ein ähnliches oder modifiziertes in vitro Verfahren mit anderen RhE-Modellen — außer der VRM und außer EpiDermTM SIT (EPI-200) oder SkinEthicTM — für regulatorische Zwecke verwendet werden kann, sollten nach den in der vorliegenden Prüfmethode vorgegebenen Leistungsstandards (Anlage 2) Verlässlichkeit, Relevanz (Genauigkeit) und die Grenzen des Verfahrens für den vorgeschlagenen Verwendungszweck bestimmt werden, um sicherzustellen, dass es mit der VRM vergleichbar ist. Zudem empfiehlt es sich, das OECD-Hintergrunddokument („Explanatory Background Document“) (23) über in vitro-Hautreizungstests zu konsultieren, bevor ähnliche oder modifizierte in vitro-Methoden mit RhE-Modellen entwickelt, validiert und den Regulierungsbehörden zur Anerkennung vorgelegt werden.

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

6.
Die verwendeten Begriffsbestimmungen sind in Anlage 1 aufgeführt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

7.
Eine Begrenzung der Prüfmethode, wie durch die Validierungsstudie (16) nachgewiesen, besteht insofern, als keine Einstufung von Stoffen in die optionale Kategorie 3 (leichte Reizstoffe) des UN GHS-Systems möglich ist (1). Sollte sie in diesen Fällen als teilweiser Ersatztest verwendet werden, könnten weitere in vivo-Tests erforderlich sein, um das Hautreizungspotenzial vollständig zu charakterisieren (4 und Kapitel B.4 in diesem Anhang). Die Verwendung menschlicher Haut unterliegt anerkanntermaßen ethischen Überlegungen und Bedingungen auf nationaler und internationaler Ebene.
8.
Diese Prüfmethode bezieht sich auf die in vitro-Komponente von Hautreizungen innerhalb der sequenziellen Teststrategie nach B.4 (OECD-Prüfrichtlinie 404) zur Ermittlung von Hautätzung/Hautreizung (4). Obwohl diese Prüfmethode keine angemessene Information über Hautätzungen liefert, wird darauf hingewiesen, dass B.40bis (OECD-Prüfrichtlinie 431) über Hautätzung auf demselben Testsystem anhand eines RhE-Modells beruht, aber ein anderes Protokoll verwendet (Kapitel B.40bis). Die vorliegende Methode beruht auf Modellen unter Verwendung menschlicher Keratinozyten, die in vitro das Zielorgan der zu schützenden Spezies repräsentieren. Darüber hinaus bildet sie den Anfangsschritt der Entzündungskaskade bzw. des Wirkmechanismus ab (Zell- und Gewebeschädigung mit resultierendem lokalisiertem Trauma), der während der Reizung in vivo auftritt. Für die dieser Prüfmethode zugrunde liegende Validierung wurden Chemikalien unterschiedlicher Klassen getestet. Die empirische Datenbasis der Validierungsstudie umfasste insgesamt 58 chemische Stoffe (16) (18) (23), einschließlich Feststoffen, Flüssigkeiten, halbfesten Stoffe und Wachsen. Flüssigkeiten können wässrig oder nicht wässrig sein; Feststoffe in Wasser löslich oder unlöslich. Sofern möglich, sollten Feststoffe vor der Applikation zu Feinpulver gemahlen werden; eine weitere Behandlung der Probe ist nicht nötig. Gase und Aerosole wurden bislang in keiner Validierungsstudie bewertet (24). Obwohl deren Prüfung mit den RhE-Verfahren prinzipiell vorstellbar ist, erlaubt die vorliegende Prüfmethode das Testen von Gasen und Aerosolen nicht. Zu beachten ist auch, dass stark gefärbte Chemikalien mit den Zellviabilitätsmessungen interferieren können und daher die Verwendung geeigneter Kontrollen zur Korrektur erfordern (siehe Absätze 24-26).
9.
Vorausgesetzt der Test liefert ein eindeutiges Ergebnis, genügt ein einziger Testdurchlauf mit drei parallel geprüften Replikat-Geweben. Bei Grenzergebnissen, wie z. B. nicht übereinstimmenden Replikatmessungen und/oder einer mittleren prozentualen Viabilität von 50 ± 5 %, sollte ein zweiter Durchlauf in Betracht gezogen werden bzw. ein dritter bei abweichenden Ergebnissen der ersten beiden Durchläufe.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

10.
Die Prüfsubstanz wird oberflächlich auf ein RhE-Modell aufgetragen, bestehend aus nicht veränderten humanen epidermalen Keratinozyten, die zu einem mehrschichtigen, ausdifferenzierten Modell humaner Epidermis kultiviert wurden, das aus geordneten Basal-, Stachel- und Körnerzellschichten und einer mehrlagigen Hornschicht (stratum corneum) besteht, die interzelluläre lamellare Fettschichten enthält, deren dominierende Lipidklassen dem in vivo gefundenen Lipidmuster entsprechen.
11.
Durch Chemikalien hervorgerufene Reizungen der Haut manifestieren sich als Erytheme und Ödeme. Diese Symptome sind das Ergebnis einer Kaskade von Ereignissen, an deren Beginn das Eindringen in das stratum corneum mit nachfolgender Schädigung der darunter liegenden Keratinozytenschicht steht. Die absterbenden Keratinozyten setzen Mediatorsubstanzen frei, die die Entzündungskaskade in den Zellen der Dermis, insbesondere in den Stromalzellen und Endothelzellen, einleiten. Die Dilatation und erhöhte Durchlässigkeit der Endothelzellen erzeugen letztendlich das festgestellte Erythem bzw. Ödem (24). Die Verfahren auf der Grundlage des RhE Modells erlauben die Messung der Ereignisse zu Beginn der Kaskade.
12.
Die Zellviabilität an Modellen rekonstruierter menschlicher Epidermis wird durch Enzymkonversion des Vitalfarbstoffs MTT [3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-Diphenyltetrazoliumbromid, Thiazolyl-Blau; CAS-Nummer 298-93-1], zu einem blauen Formazan-Salz gemessen, das nach seiner Extraktion aus Geweben quantifiziert wird (25). Reizstoffe werden anhand ihrer Fähigkeit erkannt, die Zellviabilität unter vorgegebene Schwellenwerte zu senken (d. h. ≤ 50 % bei Reizstoffen der UN GHS-/EU CLP Kategorie 2). Bezogen auf die regulatorischen Rahmenbedingungen, in denen die Ergebnisse dieser Prüfmethode verwendet werden, können Chemikalien, die eine Zellviabilität oberhalb des vorgegebenen Grenzwerts erzeugen, als nicht-reizend eingestuft werden (d. h. > 50 %, Keine Kategorie).

NACHWEIS DER LEISTUNGFÄHIGKEIT

13.
Bevor eines der drei validierten Verfahren, die den Anforderungen der vorliegenden Prüfmethode genügen, routinemäßig angewandt werden kann, sollten Laboratorien anhand von zehn der in Tabelle 1 aufgeführten Referenzsubstanzen die technische Leistungsfähigkeit der Methode nachweisen. Für im Rahmen dieser Prüfmethode entwickelte ähnliche Verfahren oder für Modifikationen einer der drei validierten Methoden sollten die in Anlage 2 dieser Prüfmethode beschriebenen Leistungsstandards erfüllt werden, bevor die Methode für Regulierungszwecke eingesetzt wird.
14.
Als Teil des Nachweises der Leistungsfähigkeit sollte der Benutzer die von dem Hersteller des Hautmodells spezifizierten Barriereeigenschaften der Gewebe nach Erhalt überprüfen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Gewebe über große Entfernungen/Zeiträume transportiert werden. Sobald eine Methode erfolgreich etabliert und ihre Leistungsfähigkeit demonstriert wurde, ist diese Überprüfung nicht mehr routinemäßig erforderlich. Allerdings empfiehlt es sich auch bei routinemäßig angewandten Methoden, die Barriereeigenschaften in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren.



Tabelle 1

Referenzsubstanzen (1)

SubstanzCAS-Nr.In vivo- Punktzahl (2)AggregatzustandUN GHS/EU CLP Kategorie
Naphthalen-Essigsäure86-87-30 festKeine Kat.
Isopropanol67-63-00,3 flüssigKeine Kat.
Methylstearat112-61-81 festKeine Kat.
Heptyl-Butyrat5870-93-91,7 flüssig

Keine Kat.

(wahlfrei Kat. 3) (3) (4)

Hexyl-Salicylat6259-76-32 flüssig

Keine Kat.

(wahlfrei Kat.3) (3), (4)

Cyclamenaldehyd103-95-72,3 flüssigKat. 2
1-Bromohexan111-25-12,7 flüssigKat. 2
Kaliumhydroxid (5 % aq.)1310-58-33 flüssigKat. 2
1-Methyl-3-phenyl-1-piperazin;5271-27-23,3 festKat. 2
Heptanal111-71-73,4 flüssigKat. 2

(1)   Diese Referenzsubstanzen sind eine Untergruppe der in der Validierungsstudie verwendeten Referenzsubstanzen.

(2)   In vivo- Punktzahl in Übereinstimmung mit B.4 und OECD-Prüfrichtlinie 404 (4).

(3)   Im Rahmen dieser Prüfmethode wird die wahlfreie UN GHS Kategorie 3 (leichte Reizstoffe) (1) als Keine Einstufung betrachtet.

(4)   Die wahlfreie UN GHS Kategorie 3 ist auf das EU CLP nicht anwendbar.

VERFAHREN

15.
Es folgt eine Beschreibung der Elemente und Verfahrensschritte eines Hautreizungstests am RhE-Modell. Ein RhE-Modell sollte rekonstruiert sein und kann selbst hergestellt oder im Handel erworben werden. Standardarbeitsweisen (SOP's) für EpiSkinTM, EpiDermTM SIT (EPI-200) und SkinEthicTM RHE sind verfügbar (26) (27) (28). Die Tests sollten wie folgt durchgeführt werden:

Elemente der RhE-Prüfmethode

Allgemeine Bedingungen

16.
Die Epithelschicht sollte aus normalen menschlichen Keratinozyten gebildet werden. Unter der funktionsfähigen Hornschicht (stratum corneum) sollten mehrere Lagen lebensfähiger Epithelzellen (Basalzellschicht, stratum spinosum, stratum granulosum) vorhanden sein. Die Hornschicht sollte mehrlagig sein und das zur Erzeugung einer funktionsfähigen Barriere essenzielle Lipidprofil aufweisen. Die Barriere muss robust genug sein, um das schnelle Eindringen zytotoxischer Markersubstanzen wie Natriumdodecylsulfat (SDS) oder Triton X-100 zu verhindern. Die Barrierefunktion kann entweder durch Bestimmung der Konzentration, in der eine Markersubstanz die Viabilität der Gewebe nach einer vorgegebenen Expositionsdauer um 50 % verringert (IC50), oder durch die Bestimmung der Expositionszeit bewertet werden, die erforderlich ist, um die Zellviabilität bei Anwendung der Markersubstanz in einer vorgegebenen festen Konzentration um 50 % zu reduzieren (ET50). Die Konstruktionseigenschaften des Behältnisses zum RhE-Modell muss ausschließen, dass Material rund um die Hornschicht in lebensfähiges Gewebe eindringt, was zu einer mangelhaften Modellierung der Hautexposition führen würde. Das RhE-Modell sollte nicht mit Bakterien, Viren, Mykoplasma oder Pilzen kontaminiert sein.

Funktionale Bedingungen

Viabilität

17.
Die Größenordnung der Viabilität wird vorzugsweise anhand des MTT-Tests bestimmt (25). Die Anwender des RhE-Modells sollten sicherstellen, dass jede Charge des verwendeten Modells die vorgegebenen Kriterien für die Negativkontrolle (NK) erfüllt. Die optische Dichte (OD) des Extraktionslösungsmittels allein sollte ausreichend gering sein, d. h. OD < 0,1. Von dem Entwickler/Hersteller des Hautmodells wird ein Akzeptanzbereich (obere und untere Grenze) für OD-Werte der Negativkontrolle (unter den gleichen Bedingungen der Prüfmethode für Hautreizungen) bereitgestellt. Die Akzeptanzbereiche für die 3 validierten Verfahren sind in Tabelle 2 aufgeführt. Es sollte dokumentiert werden, dass die mit der Negativkontrolle behandelten Gewebe über die gesamte Dauer der Exposition stabil bleiben (bzw. vergleichbare Viabilitätsmessungen ergeben).



Tabelle 2

Akzeptanzbereiche für OD-Werte der Negativkontrolle

Untere AkzeptanzgrenzeObere Akzeptanzgrenze
EpiSkinTM (SM)≥ 0,6≤ 1,5
EpiDermTM SIT (EPI-200)≥ 1,0≤ 2,5
SkinEthicTM RHE≥ 1,2≤ 2,5

Barrierefunktion

18.
Das stratum corneum und die Zusammensetzung seiner Fette sollten das schnelle Eindringen zytotoxischer Markersubstanzen wie z. B. SDS oder Triton X-100 verhindern. Dies wird durch die Ermittlung von IC50 oder ET50 bestimmt (Tabelle 3).

Morphologie

19.
Bei der histologischen Untersuchung des RhE-Modells sollte nachgewiesen werden, dass das Modell eine der menschlichen Epidermis ähnliche Struktur (einschließlich mehrlagigem stratum corneum) aufweist.

Reproduzierbarkeit

20.
Die Ergebnisse der Positivkontrolle (PK) und der Negativkontrollen (NK) der Prüfmethode sollen die Reproduzierbarkeit über längere Zeit belegen.

Qualitätskontrolle (QK)

21.
Der Entwickler/Hersteller des RhE-Modells sollte sicherstellen und nachweisen, dass jede Charge des verwendeten Hautmodells bestimmten Freigabekriterien genügt, von denen die Kriterien der Viabilität (Absatz 17), der Barrierefunktion (Absatz 18) und der Morphologie (Absatz 19) die wichtigsten sind. Diese Daten sollten den Benutzern der Methode zur Verfügung gestellt werden, damit diese sie in ihre Prüfberichte aufnehmen können. Der Entwickler/Hersteller des Hautmodells (oder — bei Verwendung eines hauseigenen Modells — der Prüfer) sollte eine Akzeptanzspanne (oberer und unterer Grenzwert) für IC50 oder ET50 festlegen. Nur mit geeigneten Geweben erzielte Ergebnisse können für eine zuverlässige Vorhersage für die Einstufung von Reizwirkungen akzeptiert werden. Beispiele für Akzeptanzspannen für die drei validierten Verfahren sind in Tabelle 3 aufgeführt.



Tabelle 3

Beispiele für Chargenfreigabekriterien im Rahmen der Qualitätskontrolle

Untere AkzeptanzgrenzeObere Akzeptanzgrenze

EpiSkinTM (SM)

(18-stündige Behandlung mit SDS) (26)

IC50 = 1,0 mg/mlIC50 = 3,0 mg/ml

EpiDermTM SIT (EPI-200)

(1 % Triton X-100) (27)

ET50 = 4,8 hET50 = 8,7 h

SkinEthicTM RHE

(1 % Triton X-100) (28)

ET50 = 4,0 hET50 = 9,0 h

Applikation der Prüf- und Kontrollsubstanzen

22.
Für jede Prüfsubstanz und für die Kontrollen bei jedem Durchgang sollten mindestens drei Replikate verwendet werden. Bei flüssigen und festen Substanzen sollte eine ausreichende Menge Prüfsubstanz gleichmäßig auf die gesamte Oberfläche der Epidermis aufgetragen werden; überschüssige Dosen sind zu vermeiden, d. h. es sollten mindestens 25 μL/cm2 oder 25 mg/cm2 verwendet werden. Bei festen Stoffen sollte die Epidermis-Oberfläche vor der Applikation mit deionisiertem oder destilliertem Wasser angefeuchtet werden, um guten Hautkontakt zu gewährleisten. Feststoffe sollten nach Möglichkeit als Feinpulver getestet werden. Am Ende der Expositionszeit sollte die Prüfsubstanz mit wässriger Pufferlösung oder 0,9 % NaCl von der Hautoberfläche abgewaschen werden. Je nachdem, welches Modell rekonstruierter menschlicher Epidermis verwendet wird, kann die Expositionszeit 15 bis 60 Minuten betragen und die Inkubationstemperatur zwischen 20 und 37 °C liegen. Diese Expositionszeiten und -temperaturen werden für jedes RhE-Verfahren der jeweiligen Hautmodelle optimiert und bilden die Unterschiede der Verfahren dieser Prüfmethode ab. Für Einzelheiten siehe Standardarbeitsanweisungen (Standard Operating Procedures; SOP) der Methoden (26) (27) (28).
23.
Bei jeder Studie sollten gleichzeitig Negativkontrollen (NK) und Positivkontrollen (PK) verwendet werden, um nachweisen zu können, dass die Viabilität (mit der NK), die Barrierefunktion und die daraus resultierende Empfindlichkeit der Gewebe (mit der PK) innerhalb einer vorgegebenen historischen Akzeptanzspanne liegen. Als PK-Substanz wird 5 % wässrige SDS empfohlen. Als NK-Substanzen empfehlen sich Wasser oder Phosphatpuffer (PBS).

Zellviabilitätsmessungen

24.
Wichtigstes Element des Testverfahrens ist es, dass Viabilitätsmessungen nicht unmittelbar nach dem Kontakt mit den Prüfsubstanzen, sondern nach einer ausreichend langen Inkubationszeit der abgespülten Gewebe (nach der Behandlung) in einem frischen Medium erfolgen. Während dieser Zeit kann sich das Gewebe von milden zytotoxischen Wirkungen erholen bzw. deutliche zytotoxische Effekte können sich herausbilden. Während der Phase der Testoptimierung (11) (12) (13) (14) (15) hat sich eine Inkubationszeit von 42 Stunden nach der Behandlung als optimal erwiesen.
25.
Der MTT-Test ist eine validierte quantitative Methode, die zur Messung der Zellviabilität nach dieser Prüfmethode angewandt werden sollte. Sie ist zur Anwendung in einem dreidimensionalen Gewebemodell geeignet. Die Gewebeprobe wird für 3 Stunden in eine MTT-Lösung geeigneter Konzentration (z. B. 0,3-1 mg/mL) gelegt. Der blaue Formazan-Niederschlag wird sodann mit Hilfe eines Lösungsmittels (z. B. Isopropanol, Säure-Isopropanol) aus dem Gewebe extrahiert, und die Formazankonzentration wird durch Bestimmung des OD-Werts bei 570 nm innerhalb einer Filter-Bandbreite von maximal ± 30 nm gemessen.
26.
Optische Eigenschaften der Prüfsubstanz oder ihre chemische Wirkung auf MTT können mit dem Test interferieren und (weil die Prüfsubstanz die Farbbildung sowohl verhindern oder auch hervorrufen kann) zu einer falschen Viabilitätsschätzung führen. Dies kann der Fall sein, wenn eine bestimmte Prüfsubstanz nicht komplett von dem Gewebe abgewaschen wurde oder wenn sie in die Epidermis eindringt. Wirkt sich die Prüfsubstanz unmittelbar auf MTT aus (MTT-Reduktionsmittel), ist sie natürlich gefärbt oder verfärbt sie sich während der Gewebebehandlung, so sollten zum Nachweis und zur Korrektur einer etwaigen Interferenz der Prüfsubstanz mit der Viabilitätsmesstechnik zusätzliche Kontrollen verwendet werden. Für eine genaue Beschreibung der richtigen Durchführung der Korrektur der direkten MTT-Reduktion und der Interferenzen durch Färbemittel siehe die Standardarbeitsanweisungen für die drei validierten Methoden (26) (27) (28).

Akzeptanzkriterien

27.
Bei jeder Prüfung mit validen Chargen des betreffenden RhE-Modells (siehe Absatz 21) sollten mit der Negativkontrolle behandelte Gewebe OD-Werte aufweisen, die die Gewebequalität nach abgeschlossenen Beförderungs- und Annahmevorgängen und sämtlichen Schritten des Protokolls belegen. Die OD-Werte der Kontrollen sollten nicht unter historisch etablierten unteren Grenzwerten liegen. Gleichzeitig sollten mit der Positivkontrolle, d. h. 5 % wässrige SDS, behandelte Gewebe die Fähigkeit der Gewebe reflektieren, unter den Bedingungen der Prüfmethode auf hautreizende Chemikalien zu reagieren (26) (27) (28). Es sollten entsprechende und geeignete Maße der Variabilität zwischen Gewebereplikaten festgelegt werden (werden z. B. Standardabweichungen (SD) verwendet, sollten sie innerhalb des aufgrund historischer Daten berechneten einseitigen Toleranzintervalls von 95 % liegen; für die VRM gilt, dass die SD < 18 % betragen sollen).

Auswertung der Ergebnisse und Prädiktionsmodell

28.
Die für jede Prüfsubstanz erhaltenen OD-Werte können zur Berechnung einer prozentualen Zellviabilität im Vergleich zur Negativkontrolle, die auf 100 % festgesetzt ist, herangezogen werden. Der Grenzwert der prozentualen Zellviabilität, der zwischen Reizstoff und bisher nicht klassifizierten Prüfsubstanzen unterscheidet, und das (die) statistische(n) Verfahren zur Auswertung der Ergebnisse und zur Identifizierung von Reizstoffen sollten genau definiert und dokumentiert werden und nachweislich geeignet sein. Die Grenzwerte für die Vorhersage der Reizung sind nachstehend angegeben:
Die Prüfsubstanz gilt als hautreizend im Sinne von UN GHS/EU CLP Kategorie 2, wenn die Gewebeviabilität nach der Exposition und der Inkubation nach der Behandlung weniger als oder gleich (≤) 50 % beträgt.
Je nach dem regulatorischen Rahmen, in dem die Ergebnisse dieser Prüfmethode verwendet werden, gilt die Prüfsubstanz als nicht hautreizend im Sinne der Einstufung Keine Kategorie nach UN GHS/EU CLP, wenn die Gewebeviabilität nach der Exposition und der Inkubation nach der Behandlung mehr als (>) 50 % beträgt.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

29.
Für jeden Durchgang sollten Daten aus einzelnen Replikatgeweben (z. B. OD-Werte und Daten über die berechnete prozentuale Zellviabilität für jede Prüfsubstanz, einschließlich Einstufung), gegebenenfalls auch Daten aus Wiederholungsversuchen, tabellarisch zusammengefasst werden. Darüber hinaus sollten für jeden Durchgang die Mittelwerte ± Standardabweichung übermittelt werden. Außerdem sollten für jede geprüfte Substanz festgestellte Interaktionen mit dem MTT-Reagens und Testfarbstoffen berichtet werden.

Prüfbericht

30.
Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüf- und Kontrollsubstanzen:

Chemische Bezeichnung(en) wie CAS-Bezeichnung und CAS-Nummer, EG-Name und EG-Nummer, soweit bekannt;
Reinheit und Zusammensetzung der Substanz (in Gewichtsprozent);
physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Aggregatzustand, Stabilität, Flüchtigkeit, pH-Wert, Wasserlöslichkeit, soweit bekannt), die für die Durchführung der Studie relevant sind;
Behandlung der Prüf-/Kontrollsubstanzen vor dem Test, sofern relevant (z. B. Erwärmen, Mahlen);
Lagerbedingungen;

Gründe für die Verwendung des betreffenden Hautmodells und Protokolle

Prüfbedingungen:

Verwendetes Zellsystem;
umfassende Begleitdokumentation für das betreffende Hautmodell, einschließlich seiner Leistung. Diese sollte unter anderem die folgenden Aspekte beinhalten:

 

i) Viabilität

ii) Barrierefunktion

iii) Morphologie

iv) Reproduzierbarkeit und Prädiktivität

v) Qualitätskontrollen (QK) des Modells

Einzelheiten der angewandten Methode;
verwendete Testdosen, Dauer der Exposition und der Inkubationszeit nach der Behandlung;
Beschreibung etwaiger Änderungen im Prüfverfahren;
Verweis auf historische Modelldaten. Diese sollte unter anderem die folgenden Aspekte beinhalten:

 

i) Akzeptanz der QK-Daten mit Verweis auf historische Chargendaten

ii) Akzeptanz der Positiv- und Negativkontrollwerte mit Verweis auf die Mittelwerte und Spannbreiten der Positiv- und Negativkontrollen

Beschreibung der angewandten Auswertungskriterien, einschließlich Begründung der Wahl des (der) Schwellenwerte(s) für das Vorhersagemodell;
Verweis auf historische Kontrolldaten.

Ergebnisse:

Tabellarische Darstellung der Daten aus Einzelproben für jeden Durchgang und jede Replikatmessung;
Angabe verwendeter Kontrollen für direkte MTT-Reduktionsmittel und/oder Testfarbstoffe;
Beschreibung sonstiger beobachteter Wirkungen.

Diskussion der Ergebnisse

Schlussfolgerung

LITERATUR

(1) Globales Harmonisiertes System (GHS) zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN) 2009, dritte überarbeitete Fassung, UN New York und Genf. Abrufbar unter: [http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_rev03/03files_e.html]

(2) EC-ECVAM (2009), Statement on the „Performance under UN GHS of three in vitro assays for skin irritation testing and the adaptation of the Reference Chemicals and Defined Accuracy Values of the ECVAM skin irritation Performance Standards“, issued by the ECVAM Scientific Advisory Committee (ESAC30), 9 April 2009. Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(3) Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG, und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006. ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1.

(4) OECD (2004), Acute Dermal Irritation/Corrosion, OECD Guideline for the Testing of Chemicals No. 404, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(5) OECD (2004), In Vitro Skin Corrosion: Transcutaneous Electrical Resistance (TER), OECD Guideline for the Testing of Chemicals No. 430, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(6) OECD (2004), In Vitro Skin Corrosion: Human Skin Model Test, OECD Guideline for the Testing of Chemicals No. 431, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(7) OECD (2006), In Vitro Membrane Barrier Test Method for Skin Corrosion, OECD Guideline for the Testing of Chemicals No. 435, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(8) EC-ECVAM (2009), Performance Standards for in vitro skin irritation test methods based on Reconstructed human Epidermis (RhE). Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(9) OECD (2005), Guidance Document on the Validation and International Acceptance of New or Updated Test Methods for Hazard Assessment, OECD Series on Testing and Assessment No. 34, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(10) Fentem, J.H., Briggs, D., Chesné, C., Elliot, G.R., Harbell, J.W., Heylings, J.R., Portes, P., Roguet, R., van de Sandt, J.J. M. and Botham, P. (2001), A prevalidation study on in vitro tests for acute skin irritation, Results and evaluation by the Management Team, Toxicol. in Vitro 15, 57-93.

(11) Portes, P., Grandidier, M.-H., Cohen, C. and Roguet, R. (2002), Refinement of the EPISKIN protocol for the assessment of acute skin irritation of chemicals: follow-up to the ECVAM prevalidation study, Toxicol. in Vitro 16, 765–770.

(12) Kandárová, H., Liebsch, M., Genschow, E., Gerner, I., Traue, D., Slawik, B. and Spielmann, H. (2004), Optimisation of the EpiDerm test protocol for the upcoming ECVAM validation study on in vitro skin irritation tests, ALTEX 21, 107–114.

(13) Kandárová, H., Liebsch, M., Gerner, I., Schmidt, E., Genschow, E., Traue, D. and Spielmann, H. (2005), The EpiDerm test protocol for the upcoming ECVAM validation study on in vitro skin irritation tests — An assessment of the performance of the optimised test, ATLA 33, 351-367.

(14) Cotovio, J., Grandidier, M.-H., Portes, P., Roguet, R. and Rubinsteen, G. (2005), The in vitro acute skin irritation of chemicals: optimisation of the EPISKIN prediction model within the framework of the ECVAM validation process, ATLA 33, 329-349.

(15) Zuang, V., Balls, M., Botham, P.A., Coquette, A., Corsini, E., Curren, R.D., Elliot, G.R., Fentem, J.H., Heylings, J.R., Liebsch, M., Medina, J., Roguet, R., van De Sandt, J.J.M., Wiemann, C. and Worth, A. (2002), Follow-up to the ECVAM prevalidation study on in vitro tests for acute skin irritation, The European Centre for the Validation of Alternative Methods Skin Irritation Task Force report 2, ATLA 30, 109-129.

(16) Spielmann, H., mailto: Hoffmann, S., Liebsch, M., Botham, P., Fentem, J., Eskes, C., Roguet, R., Cotovio, J., Cole, T., Worth, A., Heylings, J., Jones, P., Robles, C., Kandárová, H., mailto: Gamer, A., Remmele, M., Curren, R., Raabe, H., Cockshott, A., Gerner, I. and Zuang, V. (2007), The ECVAM international validation study on in vitro tests for acute skin irritation: Report on the validity of the EPISKIN and EpiDerm assays and on the skin integrity function test, ATLA 35, 559-601.

(17) Hoffmann, S. (2006), ECVAM skin irritation validation study phase II: Analysis of the primary endpoint MTT and the secondary endpoint IL1-α. Available at: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(18) Eskes, C., Cole, T., Hoffmann, S., Worth, A., Cockshott, A., Gerner, I. and Zuang, V. (2007), The ECVAM international validation study on in vitro tests for acute skin irritation: selection of test chemicals, ATLA 35, 603-619.

(19) Cotovio, J., Grandidier, M.-H., Lelièvre, D., Roguet, R., Tinois-Tessonneaud, E. and Leclaire, J. (2007), In vitro acute skin irritancy of chemicals using the validated EPISKIN model in a tiered strategy — Results and performances with 184 cosmetic ingredients, AATEX, 14, 351-358.

(20) EC-ECVAM (2007), Statement on the validity of in vitro tests for skin irritation, issued by the ECVAM Scientific Advisory Committee (ESAC26), 27 April 2007. Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(21) EC-ECVAM (2007), Performance Standards for applying human skin models to in vitro skin irritation testing. Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(22) EC-ECVAM (2008), Statement on the scientific validity of in vitro tests for skin irritation testing, issued by the ECVAM Scientific Advisory Committee (ESAC29), 5 November 2008. Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(23) OECD (2010), Explanatory background document to the OECD draft Test Guideline on in vitro skin irritation testing. OECD Series on Testing and Assessment, No. 137, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/document/24/0,3746,en_2649_34377_47858904_1_1_1_1,00.html]

(24) Welss, T., Basketter, D.A. and Schröder, K.R. (2004), In vitro skin irritation: fact and future. State of the art review of mechanisms and models, Toxicol. in Vitro 18, 231-243.

(25) Mosmann, T. (1983), Rapid colorimetric assay for cellular growth and survival: application to proliferation and cytotoxicity assays, J. Immunol. Methods 65, 55-63.

(26) EpiSkinTM SOP, Version 1.8 (February 2009), ECVAM Skin Irritation Validation Study: Validation of the EpiSkinTM test method 15 min — 42 hours for the prediction of acute skin irritation of chemicals. Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(27) EpiDermTM SOP, Version 7.0 (Revised March 2009), Protocol for: In vitro EpiDermTM skin irritation test (EPI-200-SIT), For use with MatTek Corporation’s reconstructed human epidermal model EpiDerm (EPI-200). Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(28) SkinEthicTM RHE SOP, Version 2.0 (February 2009), SkinEthic skin irritation test-42bis test method for the prediction of acute skin irritation of chemicals: 42 minutes application + 42 hours post-incubation. Abrufbar unter: [http://ecvam.jrc.ec.europa.eu]

(29) Harvell, J.D., Lamminstausta, K., and Maibach, H.I. (1995), Irritant contact dermatitis, In: Practical Contact Dermatitis, pp 7-18, (Ed. Guin J. D.). Mc Graw-Hill, New York.

(30) Richtlinie 2001/59/EG der Kommission vom 6. August 2001 zur 28. Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt, ABl. L 225 vom 21.8.2001, S. 1.

(31) Basketter, D.A., York, M., McFadden, J.P. and Robinson, M.K. (2004), Determination of skin irritation potential in the human 4-h patch test. Contact Dermatitis 51, 1-4.

(32) Jirova, D., Liebsch, M., Basketter, D., Spiller, E., Kejlova, K., Bendova, H., Marriott, M. and Kandarova, H. (2007), Comparison of human skin irritation and photo-irritation patch test data with cellular in vitro assays and animalin vivo data, ALTEX, 14, 359-365.

(33) Jírová, D., Basketter, D., Liebsch, M., Bendová, H., Kejlová, K., Marriott, M. and Kandárová, H. (2010), Comparison of human skin irritation patch test data with in vitro skin irritation assays and animal data, Contact Dermatitis, 62, 109-116.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Genauigkeit : Der Grad an Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und akzeptierten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der Relevanz. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode (9).

Zellviabilität : Parameter zur Messung der Gesamtaktivität einer Zellpopulation, z. B. Fähigkeit zellulärer mitochondrialer Dehydrogenasen, den Vitalfarbstoff MTT (3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-Diphenyltetrazoliumbromid, Thiazolyl-Blau) zu reduzieren, der je nach gemessenem Endpunkt und angewandtem Testkonzept der Gesamtzahl und/oder der Vitalität lebender Zellen entspricht.

Übereinstimmung : Die Übereinstimmung ist ein Maß der Leistung einer Prüfmethode für Prüfverfahren mit kategorialen Ergebnissen und ein Aspekt der Relevanz. Der Begriff wird gleichbedeutend mit Genauigkeit verwendet und wird als Anteil aller geprüften Chemikalien definiert, die korrekt als positiv oder negativ eingestuft werden. (9).

ET50 : Die Expositionszeit, die erforderlich ist, um die Zellviabilität bei Anwendung der Markersubstanz in vorgegebener fester Konzentration um 50 % zu reduzieren, siehe auch IC50.

EU CLP (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen) : führt das UN GHS-System über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien (Stoffe und Gemische) in der Europäischen Union ein (3).

GHS (Globales Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN)) : Ein System zur Klassifizierung von Substanzen und Gemischen nach standardisierten Typen und Stufen physikalischer, gesundheitlicher und ökologischer Gefahren und zur entsprechenden Kennzeichnung durch Piktogramme, Signalwörter, Gefahrenhinweise, Sicherheitshinweise und Sicherheitsdatenbögen, um zum Schutz des Menschen (einschließlich Arbeitgeber, Arbeiter, Spediteure, Verbraucher und Notfall-Einsatzkräfte) und der Umwelt Informationen über die schädlichen Wirkungen der betreffenden Chemikalien zu verbreiten (1).

IC50 : Die Konzentration, bei der eine Markersubstanz die Viabilität der Gewebe nach einer vorgegebenen Expositionszeit um 50 % (IC50) reduziert, siehe auch ET50.

Überschüssige Dosis : Die Menge der auf die Haut aufgetragenen Prüfsubstanz, die über die zur vollständigen und gleichmäßigen Bedeckung der Hautoberfläche erforderliche Menge hinausgeht.

Me-too-Test : Umgangssprachliche Bezeichnung einer Prüfmethode, die strukturell und funktionell mit einer validierten und akzeptierten Referenzprüfmethode vergleichbar ist. Eine solche Prüfmethode käme für die Catch-up-Validierung in Frage. Gleichbedeutend mit vergleichbarer Prüfmethode verwendet (9).

Leistungsstandards (PS) : Auf einer validierten Prüfmethode beruhende Normen, auf deren Grundlage die Vergleichbarkeit einer vorgeschlagenen, mechanistisch und funktionell ähnlichen Prüfmethode bewertet werden kann. Sie umfassen (i) wesentliche Elemente der Prüfmethode; (ii) ein Mindestverzeichnis von Referenzsubstanzen, ausgewählt aus den Substanzen, die zum Nachweis der akzeptablen Leistung der validierten Referenzmethode verwendet werden; und (iii) je nach den für die validierte Referenzmethode erzielten Ergebnissen die vergleichbaren Genauigkeits- und Zuverlässigkeitswerte, die die vorgeschlagene Prüfmethode bei der Bewertung anhand des Mindestverzeichnisses von Referenzsubstanzen demonstrieren sollte (9).

Referenzsubstanzen : Chemikalien, die zur Verwendung im Validierungsprozess ausgewählt werden und für die die Reaktionen innerhalb des in vitro- oder in vivo-Referenztestsystems oder der untersuchten Spezies bereits bekannt sind. Diese Chemikalien sollten repräsentativ für die Chemikalienklassen sein, für die die Prüfmethode voraussichtlich verwendet werden soll; ferner sollten sie die ganze Bandbreite an Reaktionen abdecken, die von den Zielchemikalien erwartet werden kann — von stark über schwach bis negativ. Für die unterschiedlichen Stadien des Validierungsprozesses, für verschiedene Prüfmethoden und Testverwendungen können unterschiedliche Reihen von Referenzchemikalien benötigt werden (9).

Relevanz : Dieser Begriff bezieht sich auf das Verhältnis zwischen dem Test und der betreffenden Wirkung und auf die Frage, ob er aussagekräftig und nützlich für einen bestimmten Zweck ist. Er beschreibt das Ausmaß, in dem der Test die untersuchte biologische Wirkung korrekt misst oder vorhersagt. Die Relevanz schließt eine Beurteilung der Genauigkeit (Übereinstimmung) einer Prüfmethode ein (9).

Zuverlässigkeit : Maß der Verlässlichkeit der Reproduzierbarkeit der Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien in einem bestimmten Zeitintervall bei einheitlichem Protokoll. Sie wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit bewertet (9).

Ersatztest : Ein Test der einen routinemäßig angewandten Test zur Identifikation von Gefahren und/oder zur Risikobewertung ersetzen soll, und der im Vergleich zu dem akzeptierten Test nachweislich in allen möglichen Prüfsituationen und mit allen Stoffen einen gleichwertigen oder besseren Schutz der Gesundheit von Mensch oder Tier oder der Umwelt gewährleistet, je nachdem, was zutrifft (9).

Sensitivität : Der Anteil aller positiven/wirkenden Prüfsubstanzen, die durch den Test korrekt eingestuft werden. Die Sensitivität ist ein Maß der Genauigkeit einer Prüfmethode mit kategorialen Ergebnissen und ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung ihrer Relevanz (9).

Hautreizung : Das Auslösen einer reversiblen Hautschädigung nach Applikation einer Prüfsubstanz für die Dauer von bis zu 4 Stunden. Eine Hautreizung ist eine lokal auftretende, nicht immunogene Reaktion, die kurz nach der Stimulation eintritt (29). Ihr Hauptmerkmal ist ihr umkehrbarer Prozess, der mit Entzündungsreaktionen und den bei Entzündungen gängigsten klinischen Reizsymptomen (Erythema, Ödeme, Juckreiz und Schmerzen) einhergeht.

Spezifizität : Der Anteil aller negativen/wirkungslosen Prüfsubstanzen, die durch den Test korrekt eingestuft werden. Die Spezifität ist ein Maß der Genauigkeit einer Prüfmethode mit kategorialen Ergebnissen und ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung ihrer Relevanz (9).

Sequenzielle Teststrategie : Teststrategie, in der Prüfmethoden in aufeinanderfolgender Weise eingesetzt werden; dabei werden die in jeder folgenden Stufe gewählten Prüfmethoden auf der Grundlage der in früheren Stufen erzielten Ergebnisse ausgewählt (9).

Prüfchemikalie (auch Prüfsubstanz) : Jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Leistungsstandards zur Bewertung vorgeschlagener vergleichbarer oder modifizierter Prüfmethoden für die Hautreizung, die auf in vitro rekonstruierter humaner Epidermis beruhen (RhE)

EINLEITUNG

1.
Ziel der Leistungsstandards (Performance Standards; PS) ist es, die Grundlage zu vermitteln, auf der neue Methoden, seien diese geschützt (d. h. per Urheberrecht, Handelsmarken, eingetragene Marken) oder nicht geschützt, als ausreichend genau und zuverlässig für spezifische Prüfzwecke beurteilt werden können. Diese auf validierten und akzeptierten Methoden basierenden Leistungsstandards können auch verwendet werden, um die Zuverlässigkeit und Genauigkeit anderer analoger Methoden (umgangssprachlich als „Me-too“-Tests bezeichnet) zu bewerten, die auf ähnlichen wissenschaftlichen Prinzipien beruhen und denselben biologischen oder toxischen Effekt messen oder vorhersagen (9).
2.
Vor der Anerkennung modifizierter Methoden (d. h. vorgeschlagener potenzieller Verbesserungen einer anerkennten Prüfmethode) sollten die Auswirkung der vorgeschlagenen Änderungen auf die Leistung des Tests, sowie das Maß in dem Änderungen die verfügbare Information für andere Elemente des Validierungsprozesses beeinflusst, bewertet werden. Je nach Anzahl und Art der vorgeschlagenen Änderungen, den generierten Daten und der Begleitdokumentation für diese Änderungen, sollten sie entweder dem für neue Tests beschriebenen Validierungsprozess, oder — gegebenenfalls — einer begrenzten Zuverlässigkeits- und Relevanzprüfung nach etablierten Leistungsstandards unterzogen werden (9).
3.
Vergleichbare (Me-too-) oder modifizierte Verfahren in Bezug auf die drei validierten Verfahren [EpiSkinTM (Validierte Referenzmethode; VRM), EpiDermTM SIT (EPI-200) und SkinEthicTM RHE], deren Verwendung in der vorliegenden Prüfmethode empfohlen wird, sollten anhand von Chemikalien, die die volle Bandbreite der Draize-Reizstufen repräsentieren, auf ihre Zuverlässigkeit und Genauigkeit untersucht werden. Vorgeschlagene vergleichbare oder modifizierte Methoden, die mittels der 20 empfohlenen Referenzsubstanzen der Leistungsstandards (Tabelle 1) bewertet werden, sollten Zuverlässigkeits- und Genauigkeitswerte haben, die die Werte nach der VRM (Tabelle 2) erreichen oder übertreffen (2) 16). Die Zuverlässigkeits- und Genauigkeitswerte, die erreicht werden sollten, sind in den Absätzen 8 bis 12 dieser Anlage aufgeführt. Nicht eingestufte chemische Stoffe (UN GHS/EU CLP Keine Kategorie) und eingestufte chemische Stoffe der Kategorie 2 (UN GHS/EU CLP) (1), die unterschiedliche chemische Klassen bilden, werden ebenfalls einbezogen, so dass Zuverlässigkeit und Genauigkeit (Empfindlichkeit, Spezifizität und Gesamtgenauigkeit) der vorgeschlagenen Methode mit der der validierten Referenzmethode verglichen werden können. Die Zuverlässigkeit der Methode sowie ihre Fähigkeit, Reizstoffe der UN GHS/EU CLP Kategorie 2 korrekt einzustufen, und — je nach dem regulatorischen Rahmen, für den die Daten erzeugt werden — ebenso ihre Fähigkeit, chemische Stoffe mit der Einstufung Keine Kategorie nach UN GHS/EU CLP korrekt einzustufen, sollte vor ihrer Verwendung zum Testen neuer Prüfsubstanzen nachgewiesen werden.
4.
Diese Leistungsstandards basieren auf den EC-ECVAM Leistungsstandards (8), aktualisiert nach den UN GHS- und EU CLP-Systemen zur Einstufung und Kennzeichnung (1) (3). Die ursprünglichen Leistungsstandards wurden nach Abschluss der Validierungsstudie (21) festgelegt und beruhen auf dem Einstufungssystem der EU gemäß der Richtlinie 2001/59/EG der Kommission vom 6. August 2001 zur 28. Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt . Infolge der Annahme des UN GHS-Systems für die Einstufung und Kennzeichnung durch die EU (EU CLP) (3), die zwischen der Finalisierung der Validierungsstudie und dem Abschluss dieser Prüfmethode erfolgte, wurden die Leistungsstandards aktualisiert (8). Diese Überarbeitung bezieht sich hauptsächlich auf Änderungen (i) der Reihe der Referenzsubstanzen für die Leistungsstandards und (ii) der vorgegebenen Zuverlässigkeits- und Genauigkeitswerte (2) (23).

LEISTUNGSSTANDARDS FÜR PRÜFMETHODEN ANHAND VON IN VITRO REKONSTRUIERTEN MODELLEN MENSCHLICHER EPIDERMIS ZUR BEWERTUNG DER HAUTREIZUNG

5.
Die Leistungsstandards umfassen die folgenden drei Elemente (9):

I) Wesentliche Elemente der Prüfmethode

II) Mindestliste der Referenzsubstanzen

III) Vorgegebene Zuverlässigkeits- und Genauigkeitswerte

I)   Wesentliche Elemente der Prüfmethode

6.
Diese bestehen aus wesentlichen strukturellen, funktionellen und verfahrenstechnischen Elementen einer validierten Methode, die in das Protokoll einer vorgeschlagenen, mechanistisch und funktionell vergleichbaren oder modifizierten Methode aufgenommen werden sollten. Diese Elemente beinhalten spezifische Merkmale der Methode, kritische verfahrenstechnische Angaben sowie Maßnahmen zur Qualitätskontrolle. Die Einhaltung der wesentlichen Elemente der Prüfmethode trägt dazu bei, zu gewährleisten, dass eine vorgeschlagene vergleichbare oder modifizierte Methode auf denselben Konzepten beruht wie die entsprechende validierte Referenzmethode (9). Die wesentlichen Elemente der Prüfmethode sind ausführlich in den Absätzen 16 bis 21 der Prüfmethode beschrieben. Die Tests sollten unter Einhaltung der folgenden Bestandteile erfolgen:
Allgemeine Bedingungen (Absatz 16)
Funktionelle Bedingungen, darunter:

 

— Viabilität (Absatz 17);

— Barrierefunktion (Absatz 18);

— Morphologie (Absatz 19);

— Reproduzierbarkeit (Absatz 20) und

— Qualitätskontrolle (Absatz 21)

II)   Mindestliste der Referenzsubstanzen

7.
Referenzsubstanzen werden genutzt, um festzustellen, ob Zuverlässigkeit und Genauigkeit eines vorgeschlagenen vergleichbaren oder modifizierten Verfahrens, das in Struktur und Funktion nachweislich mit der VRM vergleichbar ist oder sich geringfügig von einer der drei validierten Verfahren unterscheidet, mit denen der VRM vergleichbar oder besser sind (2) (8) (16) (23). Die in Tabelle 1 aufgeführten 20 empfohlenen Referenzsubstanzen umfassen Stoffe aus unterschiedlichen chemischen Klassen (d. h. chemischen Kategorien auf der Basis funktioneller Gruppen) und repräsentieren die volle Bandbreite der Draize-Reizstufen (von nicht reizend bis stark reizend). Die in dieser Liste enthaltenen Stoffe umfassen 10 Chemikalien der UN GHS/EU CLP Kategorie 2 und 10 nicht kategorisierte Chemikalien, darunter 3 Stoffe der optionalen UN GHS Kategorie 3. Im Rahmen dieser Prüfmethode wird die optionale UN GHS Kategorie 3 als Keine Kategorie bezeichnet. Die in Tabelle 1 aufgeführten Chemikalien werden im Hinblick auf Funktionalität und Aggregatzustand unter den Stoffen ausgewählt, die in der Optimierungsphase nach der Prävalidierung, sowie in der Validierungsstudie der VRM verwendet wurden (14) (18). Diese Referenzsubstanzen bilden die Mindestzahl an Chemikalien, die zur Bewertung der Genauigkeit und Zuverlässigkeit einer vorgeschlagenen vergleichbaren oder modifizierten Methode herangezogen werden sollten. Sie sollten jedoch nicht zur Entwicklung neuer Methoden verwendet werden. Sollte ein aufgeführter chemischer Stoff nicht verfügbar sein, können andere Substanzen verwendet werden, für die angemessene in vivo-Referenzdaten vorliegen. Diese sind vorzugsweise unter den Stoffen auszuwählen, die in der Optimierungsphase nach der Prävalidierung, oder in der Validierungsstudie der VRM verwendet wurden. Um die Genauigkeit der vorgeschlagenen Methode weitergehend zu bewerten, kann die Mindestliste der Referenzsubstanzen auf Wunsch um zusätzliche Chemikalien anderer chemischer Klassen erweitert werden, sofern für diese entsprechende in vivo-Referenzdaten vorliegen.



Tabelle 1

Mindestliste der Referenzsubstanzen für die Bestimmung der Genauigkeits- und Zuverlässigkeitswerte für vergleichbare oder modifizierte Verfahren zur Untersuchung von Hautreizungen auf der Grundlage von RhE-Modellen (1)

SubstanzCAS-NummerAggregatzustandIn vivo- PunktzahlVRM in vitro Kat.UN GHS/EU CLP in vivo Kat.
1-Bromo-4-chlorobutan6940-78-9Flüssig0 Kat. 2Keine Kat.
Diethylphthalat84-66-2Flüssig0 Keine Kat.Keine Kat.
Naphthalen-Essigsäure86-87-3Fest0 Keine Kat.Keine Kat.
Allylphenoxyacetat7493-74-5Flüssig0,3 Keine Kat.Keine Kat.
Isopropanol67-63-0Flüssig0,3 Keine Kat.Keine Kat.
4-Methylthiobenzaldehyd3446-89-7Flüssig1 Kat. 2Keine Kat.
Methylstearat112-61-8Fest1 Keine Kat.Keine Kat.
Heptyl-Butyrat5870-93-9Flüssig1,7 Keine Kat.Keine Kat.
Hexyl-Salicylat6259-76-3Flüssig2 Keine Kat.Keine Kat.
Cinnamaldehyd104-55-2Flüssig2 Kat. 2

Keine Kat.

(wahlfrei Kat.3) (3)

1-Decanol (2)112-30-1Flüssig2,3 Kat. 2Kat. 2
Cyclamenaldehyd103-95-7Flüssig2,3 Kat. 2Kat. 2
1-Bromohexan111-25-1Flüssig2,7 Kat. 2Kat. 2
2-Chloromethyl-3,5-dimethyl-4-methoxypyridin HCl86604-75-3Fest2,7 Kat. 2Kat. 2
Di-n-Propyldisulphid (2)629-19-6Flüssig3 Keine Kat.Kat. 2
Kaliumhydroxid (5 % aq.)1310-58-3Flüssig3 Kat. 2Kat. 2
Benzenethiol, 5-(1,1-Dimethylethyl)-2-methyl7340-90-1Flüssig3,3 Kat. 2Kat. 2
1-Methyl-3-phenyl-1-piperazin;5271-27-2Fest3,3 Kat. 2Kat. 2
Heptanal111-71-7Flüssig3,4 Kat. 2Kat. 2
Tetrachloroethylen127-18-4Flüssig4 Kat. 2Kat. 2

(1)   Die Auswahl der Chemikalien basiert auf den folgenden Kriterien: i) die Substanzen sind im Handel erhältlich; ii) sie repräsentieren die volle Bandbreite der Draize-Reizstufen (von nicht reizend bis stark reizend); iii) sie haben eine klar definierte chemische Struktur; iv) sie sind repräsentativ für die im Validierungsprozess verwendete chemische Funktionalität, v) sie weisen kein extrem toxisches Profil auf (z. B. krebserregend oder toxisch für das Reproduktionssystem) und sie sind nicht mit unerschwinglichen Entsorgungskosten verbunden.

(2)   Chemische Stoffe, die beim Kaninchen reizend sind, deren nicht reizende Wirkung beim Menschen jedoch zuverlässig nachgewiesen wurde (31) (32) (33).

(3)   Nach dem UN GHS, nicht im EU CLP.

III)   Vorgegebene Zuverlässigkeits- und Genauigkeitswerte

8.
Zur Bewertung der Zuverlässigkeit und Relevanz vorgeschlagener vergleichbarer oder modifizierter Verfahren, die zwischen einzelnen Laboratorien ausgetauscht werden sollen, müssen alle 20 Referenzsubstanzen in Tabelle 1 in mindestens drei Laboratorien getestet werden. Wenn die vorgeschlagene Methode allerdings nur in einem einzigen Labor verwendet werden soll, sind Prüfungen in mehreren Laboratorien zu Validierungszwecken nicht erforderlich. Wesentlich ist jedoch, dass solche Validierungsstudien unabhängig von internationalen Validierungsstellen in Übereinstimmung mit internationalen Leitlinien bewertet werden (9). In jedem Labor sollten alle 20 Referenzsubstanzen in drei unabhängigen Durchgängen mit unterschiedlichen Gewebechargen und zu ausreichend weit auseinander liegenden Zeitpunkten getestet werden. Jeder Durchgang sollte mindestens drei gleichzeitig getestete Gewebereplikate für jede in der Prüfung enthaltene Prüfsubstanz, sowie Negativkontrolle und Positivkontrolle, umfassen.
9.
Die Berechnung der Zuverlässigkeits- und Genauigkeitswerte des vorgeschlagenen Verfahrens sollte unter Berücksichtigung aller vier unten genannten Kriterien erfolgen, wobei sicherzustellen ist, dass die Zuverlässigkeits- und Relevanzwerte auf vorgegebene und gleichbleibende Weise berechnet werden:
1.
Nur die Daten von vollständigen Durchgangsfolgen kommen für die Berechnung der Intra- und Inter-Labor-Variabilität und für die Vorhersagefähigkeit (Genauigkeit) in Frage.
2.
Die abschließende Einstufung für alle Referenzsubstanzen in jedem teilnehmenden Labor sollte ermittelt werden, indem bei sämtlichen Durchgängen einer vollständigen Durchgangsfolge der mittlere Viabilitätswert zugrunde gelegt wird.
3.
Nur die ermittelten Daten für Substanzen mit vollständigen Durchgangsfolgen in allen teilnehmenden Laboratorien kommen für die Berechnung der Inter-Labor-Variabilität in Frage.
4.
Die Berechnung der Genauigkeitswerte sollte auf der Grundlage der individuellen Laborvorhersagen für die 20 Referenzsubstanzen durch die unterschiedlichen teilnehmenden Laboratorien erfolgen.

In diesem Zusammenhang besteht eine Durchgangsfolge aus drei unabhängigen Durchgängen eines Labors für eine Prüfsubstanz. Eine vollständige Durchgangsfolge ist eine Durchgangsfolge eines Labors für eine Prüfsubstanz, in der alle drei Durchgänge gültig sind. Das bedeutet, dass jeder einzelne ungültige Durchgang eine ganze Durchgangsfolge von drei Durchgängen ungültig macht.

10.
Bei der Bewertung der laborinternen Reproduzierbarkeit sollte die Übereinstimmung der Einstufungen (UN GHS/EU CLP Kategorie 2 und Keine Kategorie), aus unterschiedlichen und voneinander unabhängigen Testdurchgängen innerhalb eines Labors mit den 20 Referenzsubstanzen ermittelt, gleich oder höher (≥) 90 % sein.
11.
Eine Bewertung der Inter-Labor-Reproduzierbarkeit ist nicht erforderlich, wenn die vorgeschlagene Methode nur in einem einzigen Labor verwendet werden soll. Für Methoden, die zwischen Laboratorien ausgetauscht werden sollen, sollte die Übereinstimmung zwischen den Einstufungen (UN GHS/EU CLP Kategorie 2 und Keine Kategorie) aus unterschiedlichen und voneinander unabhängigen Testdurchgängen mit den 20 Referenzsubstanzen, die vorzugsweise in mindestens drei Laboratorien durchgeführt wurden, zwischen diesen Laboratorien gleich oder höher (≥) 80 % sein.
12.
Die Genauigkeit (Sensitivität, Spezifizität und Gesamtgenauigkeit) der vorgeschlagenen vergleichbaren oder modifizierten Methode sollte die der validierten Referenzmethode erreichen oder übertreffen, wobei auch zusätzliche Informationen zur Relevanz für die betreffende Spezies zu berücksichtigen sind (Tabelle 2). Die Sensitivität sollte gleich oder höher (≥) 80 % sein (2) (8) (23). Eine weitere spezifische Einschränkung gilt allerdings für die Sensitivität der vorgeschlagenen in vitro-Methode insofern, als nur zwei Chemikalien der in vivo-Kategorie 2, 1-Decanol und D-n-propyldisulphid, von mehr als einem teilnehmenden Labor als Keine Kategorie fehleingestuft werden dürfen. Die Spezifizität sollte gleich oder höher (≥) 70 % sein (2) (8) (23). Es gibt keine weitere Einschränkung für die Spezifizität der vorgeschlagenen in vitro-Methode, d. h. jedes teilnehmende Labor kann jede Chemikalie mit der in vivo Einstufung Keine Kategorie fehleinstufen, solange die Endspezifizität der Prüfmethode innerhalb der akzeptablen Bandbreite liegt. Die Gesamtgenauigkeit sollte gleich oder höher (≥) 75 % sein (2) (8) (23). Obwohl die Empfindlichkeit der validierten Referenzmethode für die in Tabelle 1 aufgeführten 20 Referenzsubstanzen gleich 90 % ist, wird der vorgegebene minimale Empfindlichkeitswert, der erreicht werden muss, damit ein vergleichbares oder modifiziertes Verfahren als valide angesehen werden kann, auf 80 % festgelegt, da sowohl 1-Decanol (eine Grenzchemikalie) als auch Di-n-propyldisulphid (ein falsch negatives Ergebnis der VRM) als nicht reizend beim Menschen bekannt sind (31) (32) (33), obgleich sie im Kaninchentest als Reizstoffe eingestuft wurden. Da rekonstruierte Modelle menschlicher Epidermis auf Zellen menschlichen Ursprungs basieren, können sie die nicht reizenden Eigenschaften dieser Chemikalien vorhersagen (UN GHS/EU CLP Keine Kategorie).



Tabelle 2

Für die Gültigkeit einer vergleichbaren oder modifizierten Methode benötigte prädiktive Werte im Hinblick auf Empfindlichkeit, Spezifizität und Gesamtgenauigkeit.

EmpfindlichkeitSpezifizitätGesamtgenauigkeit
≥ 80 %≥ 70 %≥ 75 %
13.
Es ist möglich, dass einer oder mehrere Tests im Zusammenhang mit einer oder mehreren Prüfsubstanzen die Akzeptanzkriterien für die Prüf- und Kontrollsubstanzen nicht erfüllt/erfüllen oder aus anderen Gründen nicht akzeptabel ist/sind. Um fehlende Daten zu ergänzen, sind für jede Prüfsubstanz maximal zwei zusätzliche Prüfungen zulässig („Erneute Prüfung“). Genauer gesagt, da im Fall einer erneuten Prüfung auch PK und NK gleichzeitig getestet werden müssen, dürfen maximal zwei zusätzliche Durchgänge für jede Prüfsubstanz durchgeführt werden.
14.
Möglicherweise wird selbst nach der erneuten Prüfung die für jede Prüfsubstanz vorgeschriebene Mindestzahl von drei gültigen Durchgängen nicht für jede Referenzsubstanz in jedem beteiligten Labor erreicht, was zu einer unvollständigen Datenmatrix führen würde. In solchen Fällen sollten alle folgenden drei Kriterien erfüllt werden, damit die Datensätze akzeptiert werden können:
1.
Alle 20 Referenzsubstanzen sollten mindestens eine vollständige Durchgangsfolge haben.
2.
In jedem der mindestens drei teilnehmenden Laboratorien müssen mindestens 85 % der Durchgangsfolgen vollständig sein (für 20 Chemikalien; d. h. in einem einzelnen Labor sind 3 ungültige Durchgangsfolgen zulässig).
3.
Mindestens 90 % aller möglichen Durchgangsfolgen aus mindestens drei Laboratorien müssen vollständig sein (für 20 Chemikalien, die in 3 Laboratorien geprüft werden; d. h. insgesamt sind 6 ungültige Durchgangsfolgen zulässig).

B.47.   TRÜBUNGS- UND DURCHLÄSSIGKEITSTEST AN DER RINDERHORNHAUT ZWECKS IDENTIFIZIERUNG VON I) CHEMIKALIEN, DIE SCHWERE AUGENSCHÄDEN VERURSACHEN, UND II) CHEMIKALIEN, DIE KEINE EINSTUFUNG ALS AUGENREIZEND ODER SCHWER AUGENSCHÄDIGEND ERFORDERN

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 437 (2013). Der Trübungs- und Durchlässigkeitstest an der Rinderhornhaut (Bovine Corneal Opacity and Permeability, BCOP) wurde vom Organisationsübergreifenden Koordinationsausschuss zur Validierung alternativer Methoden Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods, ICCVAM) unter Mitwirkung des Europäischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden European Centre for the Validation of Alternative Methods, ECVAM) und des Japanischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden Japanese Centre for the Validation of Alternative Methods, JaCVAM) in den Jahren 2006 und 2010 evaluiert (1) (2). Im Rahmen der ersten Evaluierung wurde der BCOP-Test im Hinblick auf seine Eignung zur Identifizierung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) überprüft, die schwere Augenschäden verursachen (1). Im Rahmen der zweiten Evaluierung wurde der BCOP-Test im Hinblick auf seine Eignung zum Nachweis von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) überprüft, die nicht als augenreizende oder schwer augenschädigende Stoffe eingestuft wurden (2). Die BCOP-Validierungsdatenbank enthielt insgesamt 113 Stoffe und 100 Gemische (2)(3). Auf der Grundlage dieser Evaluierungen und zugehöriger Peer-Reviews wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass sich die Prüfmethode sowohl zum Nachweis von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) eignet, die schwere Augenschäden verursachen (Kategorie 1), als auch von Chemikalien, bei denen keine Einstufung aufgrund von Augenreizung oder schweren Augenschäden gemäß Definition im Globalen Harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) der Vereinten Nationen (4) und der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen  erforderlich ist, weshalb sie für beide Zwecke als wissenschaftlich gültig anerkannt wurde. Unter schweren Augenschäden sind Gewebeschäden im Auge oder eine schwerwiegende Verschlechterung des Sehvermögens nach Applikation einer Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Auges zu verstehen, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation nicht vollständig reversibel sind. Prüfchemikalien, die schwere Augenschäden hervorrufen, werden als Stoffe der UN-GHS-Kategorie 1 eingestuft. Chemikalien, die nicht als augenreizende oder schwer augenschädigende Stoffe eingestuft werden, sind als Stoffe definiert, die nicht den Anforderungen zur Einstufung in die UN-GHS-Kategorie 1 oder 2 (2A oder 2B) entsprechen, d. h. sie werden als Stoffe der UN-GHS-Kategorie „Keine Einstufung“ bezeichnet. Diese Prüfmethode berücksichtigt die empfohlenen Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen des BCOP-Tests auf Grundlage der zugehörigen Evaluierungen. Zu den wichtigsten Unterschieden zwischen der ursprünglichen Fassung der OECD-Prüfrichtlinie aus dem Jahr 2009 und der aktualisierten Fassung von 2013 gehören u. a. die Verwendung der BCOP-Prüfmethode zur Identifizierung von Chemikalien, die keine Einstufung nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem erfordern (Nummern 2 und 7), Klarstellungen zur Anwendbarkeit der BCOP-Prüfmethode für die Prüfung von Alkoholen, Ketonen und Feststoffen (Nummern 6 und 7) sowie von Stoffen und Gemischen (Nummer 8), Klarstellungen zur Art der Prüfung von oberflächenaktiven Stoffen und tensidhaltigen Gemischen (Nummer 28), Aktualisierungen und Klarstellungen zu Positivkontrollen (Nummern 39 und 40), eine Aktualisierung der Entscheidungskriterien der BCOP-Prüfmethode (Nummer 47), eine Aktualisierung der Gültigkeitskriterien der Studie (Nummer 48), eine Aktualisierung der Bestandteile des Prüfberichts (Nummer 49), eine Aktualisierung der Anlage 1 zu Definitionen, die Ergänzung von Anlage 2 zur Vorhersagefähigkeit der BCOP-Prüfmethode unter verschiedenen Klassifizierungssystemen, eine Aktualisierung der Anlage 3 zur Liste der Leistungschemikalien und eine Aktualisierung der Anlage 4 zum BCOP-Hornhauthalter (Nummer 1) und zum Opazimeter (Nummern 2 und 3).

Gegenwärtig herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass der In-vivo-Draize-Augentest in absehbarer Zukunft nicht durch einen einzigen In-vitro-Augenreizungstest ersetzt werden kann, der in der Lage ist, das gesamte Spektrum an Augenreizungen für verschiedene Chemikalienklassen vorherzusagen. Unter Umständen ist es jedoch möglich, den Draize-Augentest durch strategische Kombinationen mehrerer alternativer Prüfmethoden im Rahmen einer (gestuften) Prüfstrategie zu ersetzen (5). Der Top-Down-Ansatz (5) wird verwendet, wenn auf Basis der vorliegenden Informationen davon auszugehen ist, dass eine Chemikalie ein hohes Reizpotenzial aufweist. Umgekehrt wird der Bottom-Up-Ansatz (5) verwendet, wenn auf Basis der vorliegenden Informationen davon auszugehen ist, dass eine Chemikalie keine ausreichende Augenreizung erzeugt und somit keine Einstufung erfordert. Die BCOP-Prüfmethode ist eine In-vitro-Prüfmethode, die unter bestimmten Bedingungen und mit bestimmten Grenzen zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien mit augengefährdender Wirkung angewendet werden kann. Auch wenn der Test den In-vivo-Kaninchenaugentest nicht absolut ersetzen kann, wird die BCOP-Prüfmethode als erster Schritt im Rahmen einer Prüfstrategie wie des von Scott et al. vorgeschlagenen Top-Down-Ansatzes (5) empfohlen, um ohne weitere Tests (4) schwer augenschädigende Chemikalien, d. h. Chemikalien, die in die UN-GHS-Kategorie 1 einzustufen sind, zu identifizieren. Die BCOP-Prüfmethode wird auch für die Identifizierung von Chemikalien empfohlen, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend gemäß UN-GHS („Keine Einstufung“ ) (4) erfordern, und kann daher im Rahmen einer Prüfstrategie z. B. mit Bottom-up-Ansatz verwendet werden (5). Im Falle einer Chemikalie, bei der anhand der BCOP-Prüfmethode nicht vorhergesagt werden kann, dass sie schwere Augenschäden verursacht oder keine Einstufung als augenreizend/schwer augenschädigend erfordert, müssten jedoch weitere Tests (in vitro und/oder in vivo) durchgeführt werden, um eine eindeutige Einstufung vornehmen zu können.

Diese Prüfmethode beschreibt die Verfahrensschritte für die Beurteilung des augengefährdenden Potenzials einer Prüfchemikalie, gemessen als ihre Fähigkeit, bei isolierten Rinderhornhäuten Trübungs- und verstärkte Durchlässigkeitseffekte hervorzurufen. Toxische Effekte für die Hornhaut sind messbar durch: i) verminderte Lichtübertragung (Trübung) und ii) den verstärkten Durchtritt von Fluorescein-Natrium-Farbstoff (Durchlässigkeit). Die Trübungs- und Durchlässigkeitsbewertungen der Hornhaut nach Applikation einer Prüfchemikalie ergeben in Kombination einen In-Vitro-Reizwert (In Vitro Irritancy Score, IVIS), der für die Einstufung des Reizpotenzials der Prüfchemikalie maßgeblich ist.

Definitionen sind Anlage 1 zu entnehmen.

VORBEMERKUNGEN UND EINSATZGRENZEN

Diese Prüfmethode basiert auf dem BCOP-Testprotokoll des Organisationsübergreifenden Koordinationsausschusses zur Validierung alternativer Methoden (Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods, ICCVAM) (6)(7), das ursprünglich auf Informationen des Instituts für In-vitro- Forschung (Institute for In Vitro Sciences, IIVS) und auf dem INVITTOX-Protokoll 124 (8) beruht. Letzteres Protokoll wurde für die von der Europäischen Gemeinschaft finanzierte Prävalidierungsstudie aus den Jahren 1997-1998 herangezogen. Beide Protokolle beruhen auf der BCOP-Prüfmethodik, wie sie von Gautheron et al. (9) erstmals beschrieben wurde.

Die BCOP-Prüfmethode kann zur Identifizierung von schwer augenschädigenden Chemikalien gemäß UN-GHS-Definition, d. h. Chemikalien, die in die UN-GHS-Kategorie 1 einzustufen sind, angewendet werden (4). Gemessen an Daten aus In-vivo-Kaninchenaugentests, die nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem eingestuft wurden, weist die BCOP-Prüfmethode für diesen Zweck eine allgemeine Genauigkeit von 79 % (150/191), eine Falsch-Positiv-Rate von 25 % (32/126) und eine Falsch-Negativ-Rate von 14 % (9/65) auf (3) (siehe Anlage 2, Tabelle 1). Werden Prüfchemikalien einer bestimmten Chemikalienklasse (Alkohole, Ketone) oder mit bestimmten physikalischen Eigenschaften (Feststoffe) aus der Datenbank ausgeschlossen, so liegt die allgemeine Genauigkeit der BCOP-Prüfmethode gemessen am UN-GHS-Klassifizierungssystem bei 85 % (111/131), die Falsch-Positiv-Rate bei 20 % (16/81) und die Falsch-Negativ-Rate bei 8 % (4/50) (3). Potenzielle Mängel der BCOP-Prüfmethode bei der Identifizierung von schwer augenschädigenden Chemikalien (UN-GHS-Kategorie 1) gründen auf hohen Falsch-Positiv-Raten für Alkohole und Ketone und hohen Falsch-Negativ-Raten für Feststoffe, die in den Validierungsdaten beobachtet wurden (1)(2)(3). Da jedoch nicht für alle Alkohole und Ketone durch die BCOP-Prüfmethode zu hohe Werte vorhergesagt werden und einige korrekt als Stoffe der UN-GHS-Kategorie 1 eingestuft werden, werden diese beiden organischen funktionellen Gruppen nicht als Stoffe außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Prüfmethode betrachtet. Es muss also bei der Anwendung dieser Prüfmethode entschieden werden, ob eine gegebenenfalls zu hohe Vorhersage für einen Alkohol oder ein Keton vertretbar ist oder ob weitere Tests mit einem evidenzbasierten Bewertungsansatz durchgeführt werden sollten. Bezüglich der Falsch-Negativ-Raten für Feststoffe ist zu beachten, dass Feststoffe beim In-vivo-Draize-Augenreizungstest zu variablen und extremen Expositionsbedingungen führen können, aus denen sich möglicherweise irrelevante Vorhersagen über das tatsächliche Reizungspotenzial ableiten (10). Es ist ferner zu beachten, dass keine der Falsch-Negativ-Raten, die in den ICCVAM-Validierungsdaten (2)(3) im Zusammenhang mit der Identifizierung von schwer augenschädigenden Chemikalien (UN-GHS-Kategorie 1) festgestellt wurden, im Ergebnis zu einem IVIS ≤ 3 führten, dem Kriterium zur Identifizierung einer Prüfchemikalie als Stoff der UN-GHS-Klasse „Keine Einstufung“ . Des Weiteren gelten Falsch-Negativ-Raten der BCOP-Prüfmethode in diesem Zusammenhang nicht als kritisch, da alle Prüfchemikalien mit einem Wert von 3 < IVIS ≤ 55 nachfolgend, je nach den gesetzlichen Anforderungen und unter Verwendung einer sequentiellen Prüfstrategie mit einem evidenzbasierten Bewertungsansatz, anhand weiterer, angemessen validierter In-vitro-Tests oder als letzte Option an Kaninchen getestet werden würden. Angesichts der Tatsache, dass einige feste Chemikalien anhand der BCOP-Prüfmethode korrekterweise als Stoffe der UN-GHS-Kategorie 1 vorhergesagt werden, wird auch nicht davon ausgegangen, dass diese physikalischen Eigenschaften außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Prüfmethode liegen. Prüfer können diese Prüfmethode für alle Arten von Chemikalien einsetzen und ein IVIS-Wert > 55 sollte als Indikator für eine schwer augenschädigende Wirkung gelten, nach der eine Einstufung in UN-GHS-Kategorie 1 ohne weitere Tests vorzunehmen ist. Wie bereits erwähnt, sollten Positivergebnisse bei Verwendung von Alkoholen oder Ketonen angesichts des Risikos der Vorhersage zu hoher Werte jedoch mit einer gewissen Zurückhaltung interpretiert werden.

Die BCOP-Prüfmethode kann auch zur Identifizierung von Chemikalien angewendet werden, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend gemäß dem UN-GHS-Klassifizierungssystem erfordern (4). Gemessen an Daten aus In-vivo-Kaninchenaugentests, die nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem eingestuft wurden, weist die BCOP-Prüfmethode für diesen Zweck eine allgemeine Genauigkeit von 69 % (135/196), eine Falsch-Positiv-Rate von 69 % (61/89) und eine Falsch-Negativ-Rate von 0 % (0/107) auf (3) (siehe Anlage 2, Tabelle 2). Die erhaltene Falsch-Positiv-Rate (In-vivo-Chemikalien der UN-GHS-Klasse „Keine Einstufung“ mit einem IVIS-Wert > 3, siehe Nummer 47) ist zwar recht hoch, gilt in diesem Zusammenhang jedoch nicht als kritisch, da alle Prüfchemikalien mit einem Wert von 3 < IVIS ≤ 55 nachfolgend, je nach den gesetzlichen Anforderungen und unter Verwendung einer sequentiellen Prüfstrategie mit einem evidenzbasierten Bewertungsansatz, anhand weiterer, angemessen validierter In-vitro-Tests oder als letzte Option an Kaninchen getestet werden würden. Die BCOP-Prüfmethode weist keine nennenswerten Mängel für die Untersuchung von Alkoholen, Ketonen und Feststoffen auf, sofern das Ziel die Identifizierung von Chemikalien ist, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend (UN-GHS-Klasse „Keine Einstufung“ ) erfordern (3). Prüfer können diese Prüfmethode jedoch für alle Arten von Chemikalien einsetzen, und ein Negativergebnis (IVIS ≤ 3) sollte als Indikator dafür gelten, dass keine Einstufung vorzunehmen ist (UN-GHS-Klasse „Keine Einstufung“ ). Da mit der BCOP-Prüfmethode nur 31 % der Chemikalien richtig identifiziert werden können, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern, sollte diese Prüfmethode nicht die erste Wahl sein, wenn als erster Schritt ein Bottom-up-Ansatz verwendet werden soll (5), sofern andere validierte und akzeptierte In-vitro-Verfahren mit ähnlich hoher Empfindlichkeit, jedoch einer höheren Spezifität zur Verfügung stehen.

Die BCOP-Validierungsdatenbank enthielt insgesamt 113 Stoffe und 100 Gemische (2)(3). Die BCOP-Prüfmethode gilt demnach als für die Prüfung von Stoffen und Gemischen gleichermaßen anwendbar.

Aufgrund der beträchtlichen Anzahl von Chemikalien der UN-GHS-Kategorie 1, die zu niedrig in die UN-GHS-Kategorien 2, 2A oder 2B eingestuft sind, und von Chemikalien, die keine Einstufung erfordern, jedoch zu hoch in die UN-GHS-Kategorien 2, 2A oder 2B eingestuft sind, wird die BCOP-Prüfmethode nicht für die Identifizierung von Prüfchemikalien empfohlen, die als augenreizend (d. h. UN-GHS-Kategorie 2 oder Kategorie 2A) oder leicht augenreizend (UN-GHS-Kategorie 2B) eingestuft werden sollten (2)(3). Diesbezüglich können weitere Tests mit einer anderen geeigneten Methode erforderlich sein.

Bei allen Verfahren, die Rinderaugen und Rinderhornhäute involvieren, sollten die geltenden Regeln und Verfahrensvorschriften der Prüfanstalt für den Umgang mit Tiermaterial (u. a. Gewebe und Gewebeflüssigkeiten) eingehalten werden. Universelle Laborregeln sollten beachtet werden (11).

Bindehaut- und Irisverletzungen werden bei der BCOP-Prüfmethode zwar außer Acht gelassen, doch werden Auswirkungen auf die Hornhaut berücksichtigt, die wesentliche Einflussfaktoren für die In-vivo-Klassifizierung nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem bilden. Die Reversibilität von Hornhautläsionen lässt sich per se mit der BCOP-Prüfmethode nicht beurteilen. Doch wurde ausgehend von Kaninchenaugenstudien vorgeschlagen, eine Bewertung der anfänglichen Tiefe der Hornhautverletzung heranzuziehen, um einige Arten irreversibler Wirkungen zu identifizieren (12). Allerdings sind weitere wissenschaftliche Erkenntnisse erforderlich, um zu verstehen, wie irreversible Wirkungen auftreten, die nicht mit einer anfänglichen starken Verletzung im Zusammenhang stehen. Schließlich sei auch erwähnt, dass das Potenzial für eine mit der Augenexposition verbundene systemische Toxizität nach der BCOP-Methode nicht bewertet werden kann.

Diese Prüfmethode wird regelmäßig aktualisiert, um neue Informationen und Daten zu berücksichtigen. Beispielsweise können histopathologische Befunde potenziell nützlich sein, wenn eine umfassendere Charakterisierung der Hornhautschädigung erforderlich ist. Wie im OECD-Leitfaden Nr. 160 (13) umrissen, sollten Anwender Hornhäute aufbewahren und histopathologische Proben zubereiten, die zum Aufbau einer Datenbank und zur Entwicklung von Entscheidungskriterien herangezogen werden können, mit denen sich die Genauigkeit dieser Prüfmethode weiter verbessern lässt.

Laboratorien, die diese Prüfmethode zum ersten Mal anwenden, sollten die in Anlage 3 genannten Leistungschemikalien verwenden. Laboratorien können diese Chemikalien verwenden, um ihre technische Kompetenz zur Durchführung der BCOP-Prüfmethode nachzuweisen, bevor sie BCOP-Testdaten für Zwecke der vorschriftsmäßigen Gefahrenklassifizierung einreichen.

TESTPRINZIP

Die BCOP-Prüfmethode ist ein organtypisches Modell, das die normalen physiologischen und biochemikalischen Funktionen von Rinderhornhäuten in vitro kurzfristig aufrechterhält. Bei dieser Methode werden durch die Prüfchemikalie hervorgerufene Schäden bewertet, indem Veränderungen von Trübung und Durchlässigkeit der Hornhaut mithilfe eines Opazimeters bzw. eines VIS-Spektrofotometers quantitativ gemessen werden. Die beiden Messwerte dienen der Berechnung eines In-vitro-Reizwertes (IVIS), der seinerseits herangezogen wird, um zwecks Prädiktion des Augenreizpotenzials einer Prüfchemikalie am lebenden Objekt (in vivo) eine Zuordnung zu einer Gefahrenkategorie aufgrund des In-vitro-Reizungspotenzials des Stoffes vorzunehmen (siehe Entscheidungskriterien unter Nummer 48).

Für die BCOP-Prüfmethode werden isolierte Hornhäute der Augen frisch geschlachteter Rinder verwendet. Die Hornhauttrübung wird quantitativ bestimmt als Menge der die Hornhaut durchdringenden Lichtstrahlung. Die Durchlässigkeit der Hornhaut wird quantitativ bestimmt als die Menge an Natrium-Fluorescein, die die gesamte Dicke der Hornhaut durchdringt und im Medium in der Hinterkammer nachgewiesen wird. Die Applikation der Prüfchemikalien auf die Epitheloberfläche der Hornhaut erfolgt durch Zugabe der Stoffe in die Vorderkammer des Hornhauthalters. Anlage 4 enthält eine Beschreibung sowie ein Schaubild einer Halterung, wie sie für die BCOP-Prüfmethode verwendet wird. Hornhauthalter sind im Handel erhältlich oder können als Bausatz bezogen werden.

Bezugsquelle und Alter der Rinderaugen und Auswahl der Tiere

Schlachtrinder werden in der Regel für den menschlichen Verzehr oder für andere gewerbliche Zwecke getötet. Nur gesunde und für die menschliche Nahrungskette geeignet befundene Tiere kommen als Bezugsquelle für Augenhornhäute für den BCOP-Test in Frage. Da Rinder je nach Rasse, Alter und Geschlecht eine große Gewichtsspanne aufweisen, gibt es keine Gewichtsempfehlung für die Tiere zum Zeitpunkt der Schlachtung.

Augenhornhäute von Tieren verschiedener Altersklassen sind mitunter unterschiedlich groß. Hornhäute mit einem horizontalen Durchmesser > 30,5 mm und einer zentralen Hornhautdicke (CCT) mit Werten ≥ 1 100  μm stammen in der Regel von über acht Jahre alten Rindern, während Hornhäute mit einem horizontalen Durchmesser < 28,5 mm und CCT-Werten < 900 μm im Allgemeinen von weniger als fünf Jahre alten Tieren stammen (14). Deshalb werden Augen von über 60 Monate alten Tieren in der Regel nicht verwendet. Traditionsgemäß werden keine Augen von weniger als 12 Monate alten Rindern verwendet, da die Augen dieser Tiere noch nicht ausgewachsen sind und Hornhautdicke sowie Hornhautdurchmesser wesentlich kleiner sind als bei ausgewachsenen Rindern. Hornhäute von Jungtieren (d. h. Tiere im Alter von sechs bis 12 Monaten) sind aufgrund ihrer Vorteile jedoch zulässig: Sie sind beispielsweise leichter erhältlich, die Altersspanne ist geringer und das Laborpersonal ist in geringerem Maße BSE-gefährdet (15). Da eine weitere Evaluierung des Einflusses von Hornhautgröße oder Hornhautdicke auf die Wirkung verätzender oder reizender Stoffe nützlich wäre, sollten Anwender das geschätzte Alter und/oder das Gewicht der Tiere, von denen die für eine Studie verwendeten Hornhäute stammen, mitteilen.

Gewinnung und Beförderung der Augen zum Labor

Die Augen werden im Schlachthof gewonnen. Um jede mechanische und sonstige Schädigung der Augen auf ein Minimum zu beschränken, sollten die Augen nach der Tötung des Tieres so bald wie möglich ausgeschält und unmittelbar danach sowie während der Beförderung gekühlt werden. Damit die Augen nicht mit potenziellen Reizstoffen in Berührung kommen, sollte das Schlachthofpersonal zum Abspülen des Schädels keine Detergenzien verwenden.

Die Augen sollten in einem angemessen großen Behältnis vollständig in HBSS eingelegt und so zum Labor befördert werden, dass sich ihr Zustand möglichst nicht verschlechtert und/oder es möglichst nicht zu einer bakteriellen Kontamination kommt. Da die Augen während des Schlachtprozesses gewonnen werden, könnten sie mit Blut und anderen biologischen Stoffen wie Bakterien und sonstigen Mikroorganismen in Berührung kommen. Deshalb muss unbedingt sichergestellt werden, dass das Kontaminationsrisiko auf ein Mindestmaß begrenzt wird (z. B. indem das für die Beförderung der Augen verwendete Behältnis auf Nasseis gelagert und die zur Lagerung der Augen während der Beförderung verwendete HBSS-Lösung mit Antibiotika (z. B. 100 IU/ml Penizillin und 100 μg/ml Streptomycin) angereichert wird).

Der Zeitabstand zwischen der Gewinnung der Augen und der Verwendung der Hornhäute im BCOP-Test sollte möglichst gering sein (im Idealfall sollten die Hornhäute am selben Tag gewonnen und verwendet werden) und die Testergebnisse nachweislich nicht kompromittieren. Letztere basieren auf den Auswahlkriterien für die Augen sowie auf den Reaktionen der Positiv- und Negativkontrollen. Alle für die Prüfung verwendeten Augen sollten aus einer an ein und demselben Tag gewonnenen Partie Augen stammen.

Auswahlkriterien für Augen, die im BCOP-Test eingesetzt werden

Unmittelbar nach ihrer Ankunft im Labor werden die Augen sorgfältig auf Mängel wie unter anderem verstärkte Trübung, Kratzer und Neovaskularisation untersucht. Nur Hornhäute von Augen, die keine derartigen Mängel aufweisen, dürfen verwendet werden.

Die Qualität jeder Hornhaut wird auch in späteren Testphasen geprüft. Hornhäute, die nach einer ersten einstündigen Äquilibrierung mehr als sieben Trübungseinheiten oder einen vergleichbaren Wert für das verwendete Opazimeter und die verwendeten Hornhauthalterungen aufweisen (ANMERKUNG: der Opazimeter sollte nach den Trübungsnormen kalibriert werden, die auch zur Festlegung der Trübungseinheiten verwendet werden; siehe Anlage 4), sind zu verwerfen.

Jede Behandlungsgruppe (Prüfchemikalie sowie gleichzeitige Negativ- und Positivkontrollen) umfasst mindestens drei Augen. Für die Negativkontrollen des BCOP-Tests sollten drei Hornhäute verwendet werden. Da die Hornhäute operativ vom Augapfel entfernt und in die Hornhautkammern eingespannt werden, kann es infolge dieser Handgriffe bei einzelnen Hornhäuten zu veränderten Trübungs- und Durchlässigkeitswerten kommen (auch bei der Negativkontrolle). Außerdem werden die Trübungs- und Durchlässigkeitswerte von Hornhäuten der Negativkontrolle dazu verwendet, die Trübungs- und Durchlässigkeitswerte der mit der Prüfchemikalie behandelten Hornhäute und der Hornhäute der Positivkontrolle bei den IVIS-Berechnungen zu korrigieren.

VERFAHREN

Vorbereitung der Augen

Unbeschädigte Hornhäute werden seziert, wobei ein 2 bis 3 mm breiter Sklera-Rand belassen wird, um das anschließende Manipulieren zu erleichtern; dabei ist darauf zu achten, dass die Epithel- und Endothelzellschicht der Hornhaut nicht beschädigt wird. Die isolierten Hornhäute werden in speziell entwickelte Hornhauthalter eingespannt, die aus Vorder- und Hinterkammern bestehen, welche die Schnittstellen zur Epithel- bzw. Endothelseite der Hornhäute bilden. Beide Kammern (Hinterkammer zuerst) werden bis zum Überlaufen mit vorgewärmtem phenolrotfreiem EMEM-Medium gefüllt, wobei sicherzustellen ist, dass sich keine Luftblasen bilden. Das Gerät wird sodann bei 32 ± 11 °C für mindestens eine Stunde äquilibriert, um die Hornhäute mit dem Medium zu äquilibrieren und so weit wie möglich eine normale Stoffwechseltätigkeit zu gewährleisten (die ungefähre Temperatur der Hornhautoberfläche beträgt in vivo 321 °C).

Nach der Äquilibrierung wird frisches vorgewärmtes, phenolrotfreies EMEM-Medium in beide Kammern gegeben, und für jede Hornhaut werden Referenztrübungswerte abgelesen. Hornhäute, die makroskopische Gewebeschäden (z. B. Kratzer, Pigmentierung, Neovaskularisation) oder über sieben Trübungseinheiten bzw. einen für das verwendete Opazimeter und die verwendeten Hornhauthalterungen vergleichbaren Wert aufweisen, werden verworfen. Mindestens drei Hornhäute werden für die Negativ-(oder Lösungsmittel-)Kontrolle ausgewählt. Die restlichen Hornhäute werden in Behandlungs- und Positivkontrollgruppen aufgeteilt.

Da die Wärmekapazität von Wasser höher ist als die Wärmekapazität von Luft, bietet Wasser stabilere Temperaturbedingungen für die Inkubation. Deshalb wird ein Wasserbad empfohlen, um Hornhauthalter samt Inhalt auf einer Temperatur von 32 ± 11 °C zu halten. Es können jedoch auch Luftinkubatoren verwendet werden, sofern alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen wurden, um die Temperatur stabil zu halten (z. B. durch Vorwärmen der Halterungen und Medien).

Applikation der Prüfchemikalie

Es werden zwei unterschiedliche Behandlungsprotokolle verwendet — eines für Flüssigkeiten und Tenside (Feststoffe oder Flüssigkeiten) und eines für nichttensidische Feststoffe.

Flüssigkeiten werden unverdünnt, halbfeste Stoffe, Cremes und Wachse werden in der Regel als Flüssigkeiten getestet. Unverdünnte Tenside werden in einer Konzentration von 10 % w/v in 0,9 % Natriumchloridlösung, destilliertem Wasser oder einem anderen Lösungsmittel, welches das Testsystem nachweislich nicht beeinträchtigt, getestet. Sofern alternative Lösungskonzentrationen verwendet werden, ist dies angemessen zu begründen. Tensidhaltige Gemische können unverdünnt getestet oder zunächst auf eine geeignete Konzentration entsprechend der jeweiligen In-vivo-Exposition verdünnt werden. Die getestete Konzentration ist angemessen zu begründen. Die Hornhäute werden den Flüssigkeiten und Tensiden für die Dauer von zehn Minuten ausgesetzt. Bei anderen Expositionszeiten sollten diese wissenschaftlich begründet werden. Vgl. Anlage 1 bezüglich einer Definition für „Tensid“ und „tensidhaltiges Gemisch“ .

Nichttensidische Feststoffe werden in der Regel als Lösungen oder Suspensionen in einer Konzentration von 20 % w/v in 0,9 % Natriumchloridlösung, destilliertem Wasser oder einem anderem Lösungsmittel, welches das Testsystem nachweislich nicht beeinträchtigt, getestet. Unter bestimmten Bedingungen und sofern wissenschaftlich begründet, können Feststoffe auch unverdünnt durch direkte Applikation auf die Hornhautoberfläche getestet werden, wobei die offene Methode (open chamber method, siehe Nummer 32) angewandt wird. Die Hornhäute werden den Feststoffen für die Dauer von vier Stunden ausgesetzt; soweit wissenschaftlich fundiert können jedoch auch, wie bei Flüssigkeiten und Tensiden, alternative Expositionszeiten verwendet werden.

Je nach den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfchemikalie (z. B. fest, flüssig, zähflüssig oder nicht zähflüssig) können unterschiedliche Behandlungsmethoden angewandt werden. Der kritische Faktor besteht darin sicherzustellen, dass die Prüfchemikalie die Epitheloberfläche angemessen bedeckt und während der Spülungen sachgemäß entfernt wird. Die geschlossene Methode (closed chamber method) wird in der Regel für nicht zähflüssige bis leicht zähflüssige Prüfchemikalien eingesetzt, während die offene Methode eher für halbzähflüssige und zähflüssige Prüfchemikalien sowie für unverdünnte Feststoffe verwendet wird.

Bei der geschlossenen Methode wird über die Dosieröffnungen auf der Oberseite der Kammer so viel Prüfchemikalie (750 μl) in die Vorderkammer gegeben, dass die Epithelseite der Hornhaut bedeckt ist; die Öffnungen werden anschließend für die gesamte Expositionsdauer mit den Kammerverschlüssen abgedichtet. Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass alle Hornhäute der Prüfchemikalie für eine angemessene Dauer ausgesetzt werden.

Bei der offenen Methode werden vor der Behandlung Scheibenverschlussring und Glasscheibe von der Vorderkammer entfernt. Die Kontroll- oder die Prüfchemikalie (750 μl bzw. genügend Prüfchemikalie, um die Hornhaut komplett zu bedecken) wird mit einer Mikropipette direkt auf die Epitheloberfläche der Hornhaut appliziert. Erweist sich das Pipettieren einer Prüfchemikalie als schwierig, so kann diese zur leichteren Dosierung mittels Druckausgleich in eine Direktverdrängungspipette geladen werden. Die Spitze der Direktverdrängungspipette wird in die Dosierspitze der Spritze eingeführt, damit das Material unter Druck in die Spitze der Verdrängungspipette geladen werden kann. Lässt man den Bedienknopf langsam zurückgleiten, fährt der Kolben der Pipette nach oben. Treten in der Pipettenspitze Luftbläschen auf, wird die Prüfchemikalie verworfen (ausgestoßen) und der Prozess wird so lange wiederholt, bis die Spitze ohne Luftblasen gefüllt ist. Erforderlichenfalls kann eine normale Spritze (ohne Nadel) verwendet werden, denn sie gestattet das Abmessen einer akkuraten Menge Prüfchemikalie und erleichtert die Applikation auf die Epitheloberfläche der Hornhaut. Nach der Dosierung wird die Glasscheibe wieder auf die Vorderkammer gesetzt, um das System wieder zu schließen.

Inkubation nach der Exposition

Nach Ablauf der Expositionszeit werden Prüfchemikalie, Negativkontrolle oder Positivkontrolle aus der Vorderkammer entfernt, und das Epithel wird mindestens drei Mal (oder bis keine Prüfchemikalie mehr sichtbar ist) mit (phenolrothaltigem) EMEM-Medium gewaschen. Phenolrot wird zum Abspülen verwendet, da sich aufgrund der Farbveränderung bei Phenolrot die Wirksamkeit des Abspülens saurer oder alkalischer Prüfchemikalien bestimmen lässt. Die Hornhäute werden mehr als drei Mal gewaschen, wenn die Farbveränderung (ins Gelbe oder Lila) anhält oder wenn die Prüfchemikalie nach wie vor sichtbar ist. Sobald das Medium frei von der Prüfchemikalie ist, werden die Hornhäute ein letztes Mal mit EMEM-Medium (ohne Phenolrot) abgespült. Das EMEM-Medium (ohne Zusatz von Phenolrot) wird als letzte Spülung verwendet, um sicherzustellen, dass der Phenolrot-Farbstoff vor der Trübungsmessung aus der Vorderkammer entfernt wurde. Die Vorderkammer wird sodann wieder mit nicht phenolrothaltigem frischem EMEM-Medium aufgefüllt.

Bei Flüssigkeiten oder Tensiden werden die Hornhäute nach dem Abspülen für weitere zwei Stunden bei 32 ± 11 °C inkubiert. Unter bestimmten Umständen könnte sich nach der Exposition eine längere Inkubationszeit als zweckdienlich erweisen; dies sollte auf Fallbasis geprüft werden. Mit Feststoffen behandelte Hornhäute werden nach Ablauf der vierstündigen Exposition gründlich abgespült; eine längere Inkubation ist nicht erforderlich.

Nach Ablauf der auf die Exposition folgenden Inkubation (Flüssigkeiten und Tenside) bzw. nach Ablauf der vierstündigen Exposition (nichttensidische Feststoffe) werden Trübung und Durchlässigkeit der einzelnen Hornhäute aufgezeichnet. Außerdem wird jede Hornhaut visuell geprüft, und relevante Befunde (z. B. Gewebeabschälung, Reste der Prüfchemikalie, uneinheitliche Trübungsmuster) werden aufgezeichnet. Diese Daten könnten insofern wichtig sein, als sie Abweichungen der Opazimeter-Messwerte bestätigen könnten.

Kontrollchemikalien

Jeder Versuch beinhaltet gleichzeitige Negativ- oder Lösungsmittel-/Vehikelkontrollen und Positivkontrollen.

Für Tests von Flüssigstoffen zu 100 % sieht der BCOP-Test eine gleichzeitige Negativkontrolle (z. B. 0,9 % Natriumchloridlösung oder destilliertes Wasser) vor, damit unspezifische Veränderungen im Testsystem festgestellt werden können und ein Referenzwert für die Test-Endpunkte ermittelt werden kann. Auf diese Weise wird auch sichergestellt, dass die Testbedingungen nicht zu einer unerwünschten Reizwirkung führen.

Für Tests von verdünnten Flüssigkeiten, Tensiden oder Feststoffen sieht der BCOP-Test eine Gruppe gleichzeitiger Lösungsmittel-/Vehikelkontrollen vor, damit unspezifische Veränderungen im Testsystem festgestellt werden können und ein Referenzwert für die Test-Endpunkte ermittelt werden kann. Es sind nur Lösungsmittel/Vehikel zulässig, die das Testsystem nachweislich nicht beeinträchtigen.

Jeder Versuch beinhaltet als gleichzeitige Positivkontrolle eine bekannte augenreizende Chemikalie, damit die Integrität des Testsystems und seine korrekte Durchführung überprüft werden können. Um sicherzustellen, dass im Zeitverlauf auftretende Wirkungsschwankungen bei der Positivkontrolle bewertet werden können, sollte die Reaktion jedoch nicht zu heftig sein.

Beispiele für Positivkontrollen für flüssige Prüfchemikalien sind 100 %iges Ethanol oder 100 %iges Dimethylformamid. Für feste Prüfchemikalien käme 20 %iges (Gewichtsprozent) Imidazol in 0,9 % Natriumchloridlösung als Positivkontrolle in Frage.

Referenzchemikalien sind nützlich für die Evaluierung des Augenreizpotenzials unbekannter Chemikalien einer bestimmten Chemikalien- oder Produktklasse oder zur Evaluierung des relativen Reizpotenzials eines Augenreizstoffes innerhalb einer spezifischen Spanne von Reizwirkungen.

Gemessene Endpunkte

Die Trübung wird durch Messung der durch die Hornhaut durchgehenden Lichtstrahlung bestimmt. Die quantitative Messung der Hornhauttrübung erfolgt mithilfe eines Opazimeters, eines Messgeräts, bei dem die Trübungswerte kontinuierlich gemessen werden.

Die Durchlässigkeit wird durch Messung der Menge Fluorescein-Natrium bestimmt, die alle Zellschichten der Hornhaut (d. h. von der Epithelzellschicht auf der äußeren Hornhautoberfläche bis zur Endothelzellschicht auf der inneren Hornhautfläche) passiert. Die Vorderkammer des Hornhauthalters, die die Verbindung zur Epithelseite der Hornhaut bildet, wird mit 1 ml Fluorescein-Natrium-Lösung (4 oder 5 mg/ml bei Flüssigkeiten und Tensiden bzw. nichttensidischen Feststoffen) aufgefüllt, während die Hinterkammer, die die Verbindung zur Endothelseite der Hornhaut bildet, mit frischem EMEM-Medium gefüllt wird. Die Halterung wird sodann in horizontaler Position für 90 ± 5 Minuten bei 32 ± 11 °C inkubiert. Die Menge an Fluorescein-Natrium, die in die Hinterkammer eindringt, wird mithilfe eines UV/VIS-Spektrofotometers gemessen. Bei 490 nm ausgewertete spektrofotometrische Messungen werden als Werte für optische Dichte (OD490) oder Absorbanzwerte aufgezeichnet, die kontinuierlich gemessen werden. Zur Bestimmung der Fluorescein-Durchlässigkeit werden OD490-Werte herangezogen, die mithilfe eines VIS-Spektrofotometers bei einer Standardpfadlänge von 1 cm ermittelt wurden.

Alternativ kann ein Plattenleser für 96-Mulden-Mikrotiterplatten verwendet werden, sofern i) der lineare Messbereich des Plattenlesers für die Bestimmung der Fluorescein- OD490-Werte festgelegt werden kann und ii) in der 96-Mulden-Mikrotiterplatte Fluorescein-Proben in der richtigen Menge verwendet werden, um OD490-Werte zu ergeben, die der Standardpfadlänge von 1 cm entsprechen (dies könnte vollständig gefüllte Mulden [in der Regel 360 μl] erfordern).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Datenauswertung

Sobald die Trübungs- und die mittleren Durchlässigkeits-(OD490-)Werte um die Hintergrundtrübungswerte und die OD490-Durchlässigkeitswerte der Negativkontrolle korrigiert wurden, werden die mittleren Trübungs- und OD490-Durchlässigkeitswerte für jede Behandlungsgruppe in einer empirisch abgeleiteten Formel kombiniert, um für jede Behandlungsgruppe einen In-vitro-Reizwert (IVIS) zu berechnen:

IVIS = mittlerer Trübungswert + (15 × mittlerer OD490-Durchlässigkeitswert)

Nach Sina et al. (16) wurde diese Formel aus Labor- und Interlaborstudien abgeleitet. Die für eine Serie von 36 Verbindungen in einer Multilaborstudie generierten Daten wurden einer multivariaten Analyse unterzogen, um die Best-fit-Gleichung zwischen In-vivo- und In-vitro-Daten zu ermitteln. Diese Analyse wurde von Wissenschaftlern zweier separater Unternehmen durchgeführt, die zu quasi identischen Gleichungsergebnissen gelangten.

Die Trübungs- und Durchlässigkeitswerte sollten auch unabhängig voneinander bestimmt werden, um feststellen zu können, ob eine Prüfchemikalie für nur einen der beiden Endpunkte (siehe Entscheidungskriterien) eine augenverätzende oder stark augenreizende Wirkung verursachte.

Entscheidungskriterien

Die IVIS-Schwellenwerte zur Identifizierung von schwer augenschädigenden Chemikalien (UN-GHS-Kategorie 1) und Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern (UN-GHS-Klasse „Keine Einstufung“ ) sind nachfolgend aufgeführt:



IVISUN-GHS
≤ 3Keine Einstufung
> 3; ≤ 55Keine Vorhersage möglich
> 55Kategorie 1

Studienakzeptanzkriterien

Ein Test gilt als akzeptabel, wenn die Positivkontrolle einen IVIS-Wert innerhalb von zwei Standardabweichungen des geltenden historischen Mittelwertes ergibt, der mindestens alle drei Monate bzw. immer dann aktualisiert werden muss, wenn Laboratorien, die nur selten Testungen vornehmen (d. h. weniger als einmal im Monat), einen akzeptablen Test durchführen. Die Negativ- oder Lösungsmittel-/Vehikelkontrollen sollten Trübungs- und Durchlässigkeitswerte ergeben, die geringer sind als die Obergrenzen, die für Hintergrundtrübungs- und Durchlässigkeitswerte für Rinderhornhäute vorgegeben sind, welche mit der jeweiligen Negativ- bzw. Lösungsmittel-/Vehikelkontrolle behandelt wurden. Kann eine eindeutige Klassifizierung vorgenommen werden, so ist ein einziger Testlauf, der aus mindestens drei Hornhäuten besteht, ausreichend. Kommt es jedoch im ersten Testlauf zu grenzwertigen Ergebnissen, sollte ein zweiter Testlauf in Erwägung gezogen werden (ist jedoch nicht unbedingt erforderlich) und darüber hinaus ein dritter, sollte es beim ersten und zweiten Testlauf zu abweichenden mittleren IVIS-Ergebnissen kommen. In diesem Zusammenhang gilt ein Ergebnis im ersten Testlauf als grenzwertig, wenn die Vorhersagen aus den 3 Hornhäuten nicht übereinstimmend waren, und zwar wie folgt:

2 der 3 Hornhäute ergaben Vorhersagen, die mit dem Mittelwert aller 3 Hornhäute nicht übereinstimmen, ODER
1 der 3 Hornhäute ergab eine Vorhersage, die mit dem Mittelwert aller 3 Hornhäute nicht übereinstimmt, UND das nicht-übereinstimmende Ergebnis lag mehr als 10 IVIS-Einheiten über dem Schwellenwert von 55.
Bestätigt die Vorhersage aus dem Wiederholungstestlauf das Ergebnis des ersten Testlaufs (basierend auf dem mittleren IVIS-Wert), kann eine endgültige Entscheidung getroffen werden, ohne weitere Tests durchzuführen. Ergibt der Wiederholungstestlauf eine mit dem ersten Testlauf nicht übereinstimmende Vorhersage (basierend auf dem mittleren IVIS-Wert), sollte ein dritter und letzter Testlauf erfolgen, um nicht eindeutige Vorhersagen zu klären und die Prüfchemikalie einzustufen. Wenn eine Prüfchemikalie in einem Testlauf nach der Vorhersage in die UN-GHS-Kategorie 1 einzustufen ist, kann von weiteren Tests zur Klassifizierung und Kennzeichnung abgesehen werden.

Prüfbericht

Der Prüfbericht sollte die folgenden Informationen umfassen, soweit sie für die Studie relevant sind:

Prüfchemikalien und Kontrollchemikalien

chemische Bezeichnung(en) wie der vom Chemical Abstracts Service (CAS) benutzte strukturelle Name, gefolgt von anderen Bezeichnungen, soweit bekannt; die CAS-Registrierungsnummer (CAS-Nr.), soweit bekannt;
Reinheit und Zusammensetzung der Prüfchemikalien/Kontrollchemikalien (in Gewichtsprozent), soweit diesbezügliche Informationen vorliegen;
physikalisch-chemische Eigenschaften wie physikalischer Zustand, Flüchtigkeit, pH-Wert, Stabilität, Chemikalienklasse, Wasserlöslichkeit, soweit sie für die Studie relevant sind;
Behandlung der Prüfchemikalien/Kontrollchemikalien vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);
Stabilität, soweit bekannt.

Informationen zu Auftraggeber und Prüfanstalt

Name und Anschrift des Auftraggebers, der Prüfanstalt und des Studienleiters.

Testbedingungen

verwendetes Opazimeter (z. B. Modell und Spezifikationen) und Geräteeinstellungen;
Kalibrierungsdaten zu den für die Messung der Trübung und Durchlässigkeit verwendeten Geräten (z. B. Opazimeter und Spektrofotometer) zur Gewährleistung linearer Messungen;
Typ des verwendeten Hornhauthalters (z. B. Modell und Spezifikationen);
Beschreibung weiterer verwendeter Geräte;
das zur Gewährleistung der Integrität (d. h. der Genauigkeit und Zuverlässigkeit) der Prüfmethode im Zeitverlauf angewandte Verfahren (z. B. regelmäßige Testung von Leistungschemikalien).

Testakzeptanzkriterien

akzeptable gleichzeitige Positiv- und Negativkontrollen auf der Grundlage historischer Daten;
gegebenenfalls akzeptable Reihen gleichzeitiger Referenzkontrollen auf der Grundlage historischer Daten.

Gewinnung und Vorbereitung der Augen

Angaben zur Identifizierung der Bezugsquelle der Augen (d. h. Einrichtung, in der sie gewonnen wurden);
Hornhautdurchmesser als Maß für das Alter des Herkunftstiers und seine Eignung für den Test;
Lager- und Transportbedingungen der Augen (z. B. Datum und Uhrzeit der Gewinnung, Zeitspanne vor Testbeginn, Transportmedien und Temperaturbedingungen, eventuell verwendete Antibiotika);
Vorbereitung und Einspannen der Rinderhornhäute, einschließlich Angaben zu ihrer Qualität, zur Temperatur der Hornhauthalter und zu den Kriterien für die Auswahl der bei den Tests verwendeten Hornhäute.

Testverfahren

Anzahl der verwendeten Replikate;
Identität der verwendeten Negativ- und Positivkontrollen (soweit zutreffend, auch der Lösungsmittel- und Referenzkontrollen);
verwendete Prüfchemikalienkonzentration(en), Applikations- und Expositionsdauer sowie Inkubationsdauer nach der Exposition;
Beschreibung der angewandten Bewertungs- und Entscheidungskriterien;
Beschreibung der angewandten Studienakzeptanzkriterien;
Beschreibung etwaiger Änderungen am Testverfahren;
Beschreibung der angewandten Entscheidungskriterien.

Ergebnisse

tabellarische Aufstellung von Daten aus einzelnen Testproben (z. B. Trübungs- und OD490-Werte und berechnete IVIS-Werte für die Prüfchemikalie und die Positiv-, Negativ- und Referenzkontrollen [soweit einbezogen], einschließlich Daten aus Wiederholungsversuchen, soweit durchgeführt, sowie Mittelwerte ± Standardabweichung für jeden Versuch);
Beschreibung anderer beobachteter Wirkungen;
gegebenenfalls die abgeleitete In-vitro-Klassifizierung nach UN GHS.

Erörterung der Ergebnisse

Schlussfolgerung

LITERATURHINWEISE

(1) ICCVAM (2006). Test Method Evaluation Report — In Vitro Ocular Toxicity Test Methods for Identifying Ocular Severe Irritants and Corrosives. Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) and the National Toxicology Program (NTP) Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICEATM). NIH-Veröffentlichung Nr. 07-4517. Verfügbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/ivocutox/ocu_tmer.htm.

(2) ICCVAM (2010). ICCVAM Test Method Evaluation Report: Current Validation Status of In Vitro Test Methods Proposed for Identifying Eye Injury Hazard Potential of Chemicals and Products. NIH-Veröffentlichung Nr. 10-7553: Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences. Verfügbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/MildMod-TMER.htm.

(3) OECD (2013). Streamlined Summary Document supporting the Test Guideline 437 for eye irritation/corrosion. Series on Testing and Assessment, No. 189, OECD, Paris.

(4) UN (2011). United Nations Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), ST/SG/AC.10/30 Rev 4, New York und Genf: United Nations. Verfügbar unter: http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_rev04/04files_e.html.

(5) Scott, L., Eskes, C., Hoffman, S., Adriaens, E., Alepee, N., Bufo, M., Clothier, R., Facchini, D., Faller, C., Guest, R., Hamernik, K., Harbell, J., Hartung, T., Kamp, H., Le Varlet, B., Meloni, M., Mcnamee, P., Osborn, R., Pape, W., Pfannenbecker, U., Prinsen, M., Seaman, C., Spielmann, H., Stokes, W., Trouba, K., Vassallo, M., Van den Berghe, C., Van Goethem, F., Vinardell, P., Zuang, V (2010), A proposed eye irritation testing strategy to reduce and replace in vivo studies using Bottom-Up and Top-Down approaches. Toxicol. in Vitro 24:1-9.

(6) ICCVAM (2006). ICCVAM Recommended BCOP Test Method Protocol. In: ICCVAM Test Method Evaluation Report — in vitro Ocular Toxicity Test Methods for Identifying Ocular Severe Irritants and Corrosives. Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) and the National Toxicology Program (NTP) Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICEATM). NIH-Veröffentlichung Nr. 07-4517. Verfügbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/ivocutox/ocu_tmer.htm.

(7) ICCVAM (2010). ICCVAM Recommended BCOP Test Method Protocol. In: ICCVAM Test Method Evaluation Report — Current Validation Status of In Vitro Test Methods Proposed for Identifying Eye Injury Hazard Potential of Chemicals and Products. Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) and the National Toxicology Program (NTP) Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICEATM). NIH-Veröffentlichung Nr. 10-7553A. Verfügbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/MildMod-TMER.htm.

(8) INVITTOX (1999). Protokoll Nr. 124: Bovine Corneal Opacity and Permeability Assay — SOP of Microbiological Associates Ltd. Ispra, Italien: European Centre for the Validation of Alternative Methods (ECVAM).

(9) Gautheron, P., Dukic, M., Alix, D. and Sina, J.F. (1992). Bovine corneal opacity and permeability test: An in vitro assay of ocular irritancy. Fundam. Appl. Toxicol. 18:442-449.

(10) Prinsen, M.K. (2006). The Draize Eye Test and in vitro alternatives; a left-handed marriage? Toxicol. in Vitro 20:78-81.

(11) Siegel, J.D., Rhinehart, E., Jackson, M., Chiarello, L. und das Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee (2007), Guideline for Isolation Precautions: Preventing Transmission of Infectious Agents in Healthcare Settings. Verfügbar unter: [http://www.cdc.gov/ncidod/dhqp/pdf].

(12) Maurer, J.K., Parker, R.D. und Jester, J.V. (2002). Extent of corneal injury as the mechanistic basis for ocular irritation: key findings and recommendations for the development of alternative assays. Reg. Tox. Pharmacol., 36:106-117.

(13) OECD (2011). Guidance Document on The Bovine Corneal Opacity and Permeability (BCOP) and Isolated Chicken Eye (ICE) Test Methods: Collection of Tissues for Histological Evaluation and Collection of Data on Non-severe Irritants. Series on Testing and Assessment, No. 160. Angenommen am 25. Oktober 2011. Paris: Organisation for Economic Co-operation and Development.

(14) Doughty, M.J., Petrou, S. and Macmillan, H. (1995). Anatomy and morphology of the cornea of bovine eyes from a slaughterhouse. Can. J. Zool. 73:2159-2165.

(15) Collee, J. and Bradley, R. (1997). BSE: A decade on — Part I. The Lancet 349: 636-641.

(16) Sina, J.F., Galer, D.M., Sussman, R.S., Gautheron, P.D., Sargent, E.V., Leong, B., Shah, P.V., Curren, R.D., and Miller, K. (1995). A collaborative evaluation of seven alternatives to the Draize eye irritation test using pharmaceutical intermediates. Fundam. Appl. Toxicol. 26:20-31.

(17) Kapitel B.5 dieses Anhangs, Akute Augenreizung/-verätzung.

(18) ICCVAM (2006). Current Status of In Vitro Test Methods for Identifying Ocular Corrosives and Severe Irritants: Bovine Corneal Opacity and Permeability Test Method. NIH-Veröffentlichung Nr. 06-4512. Research Triangle Park: National Toxicology Program. Verfügbar unter: [http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/ivocutox/ocu_brd_bcop.htm].

(19) OECD (1998). Series on Good Laboratory Practice and Compliance Monitoring. No. 1: OECD Principles on Good Laboratory Practice (revised in 1997).

Verfügbar unter: http://www.oecd.org/document/63/0,3343,en_2649_34381_2346175_1_1_1_1,00.html

Anlage 1

DEFINITIONEN

Augenreizung : Erzeugen von Veränderungen am Auge nach Applikation einer Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation vollständig reversibel sind. Austauschbar mit „Reversible Wirkungen am Auge“ und mit der „UN-GHS-Kategorie 2“ (4).

Bottom-Up-Ansatz : Schrittweiser Ansatz für eine Chemikalie, von der vermutet wird, dass sie keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordert. Dabei werden zuerst Chemikalien, die keine Einstufung erfordern (negatives Ergebnis), von anderen Chemikalien (positives Ergebnis) unterschieden.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Evidenzbasierte Bewertung : Prüfung der Stärken und Schwächen verschiedener Informationen, um über das Gefahrenpotenzial einer Prüfchemikalie entscheiden zu können und diese Entscheidung zu untermauern.

Falsch-Negativ-Rate : Der Anteil aller positiven Chemikalien, die von einer Prüfmethode fälschlicherweise als negativ identifiziert werden. Sie ist ein Leistungsindikator der Prüfmethode.

Falsch-Positiv-Rate : Der Anteil aller negativen Chemikalien, die von einer Prüfmethode fälschlicherweise als positiv identifiziert werden. Sie ist ein Leistungsindikator der Prüfmethode.

Gefahr : Inhärente Eigenschaft eines Stoffes oder eines Umfelds mit dem Potenzial, einen Organismus, ein System oder eine (Sub)population bei Exposition gegenüber diesem Stoff zu schädigen.

Gemisch : Gemisch oder Lösung aus zwei oder mehr Stoffen, die nicht miteinander reagieren (4).

Genauigkeit : Der Grad der Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und anerkannten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der „Relevanz“. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode.

Gestufte Prüfstrategie : Eine schrittweise Prüfstrategie, bei der alle vorhandenen Informationen über eine Prüfchemikalie in einer vorgegebenen Reihenfolge überprüft werden, wobei auf jeder Stufe nach dem evidenzbasierten Bewertungsansatz (weight-of-evidence) vorgegangen wird, um feststellen zu können, ob genügend Informationen für eine Gefahrenklassifizierung vorliegen, bevor zur nächsten Stufe übergegangen wird. Wenn das Reizpotenzial einer Prüfchemikalie auf Basis der vorliegenden Informationen zugeordnet werden kann, sind keine weiteren Testungen erforderlich. Ist dies nicht der Fall, müssen schrittweise sequenzielle Tierversuche durchgeführt werden, bis eine eindeutige Klassifizierung vorgenommen werden kann.

Globales Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN-GHS) : Ein System zur Klassifizierung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) nach standardisierten Typen und Stufen physikalischer, gesundheitlicher und ökologischer Gefahren und zur entsprechenden Kennzeichnung durch Piktogramme, Signalwörter, Gefahrenhinweise, Sicherheitshinweise und Sicherheitsdatenblätter, um zum Schutz des Menschen (einschließlich Arbeitgeber, Arbeiter, Spediteure, Verbraucher und Notfall-Einsatzkräfte) und der Umwelt Informationen über die schädlichen Wirkungen der betreffenden Chemikalien zu verbreiten (4).

Hornhaut : Der Iris und Pupille überdeckende transparente vordere Teil des Augapfels, über den Licht ins Augeninnere übertragen wird.

Hornhautdurchlässigkeit : Quantitativer Messwert für die Schädigung der Epithelzellschicht der Hornhaut, ermittelt durch Bestimmung der Menge an Fluorescein-Natrium, die alle Zellschichten der Hornhaut durchdringt.

Hornhauttrübung : Messwert für die Undurchsichtigkeit der Hornhaut nach Applikation einer Prüfchemikalie. Eine verstärkte Hornhauttrübung ist ein Indikator für die Schädigung der Hornhaut. Die Trübung kann subjektiv (Draize-Kaninchenaugentest) oder objektiv (mithilfe eines Messgeräts, z. B. eines Opazimeters) bestimmt werden.

In-vitro-Reizwert (In Vitro Irritancy Score, IVIS) : Eine bei der BCOP-Prüfmethode verwendete empirisch abgeleitete Formel, bei der der mittlere Trübungs- und der mittlere Durchlässigkeitswert für jede Behandlungsgruppe in einem einzigen In-Vitro-Wert zusammengefasst werden. IVIS = mittlerer Trübungswert + (15 × mittlerer Durchlässigkeitswert).

Irreversible Wirkungen am Auge : Siehe „Schwere Augenschädigung“

Keine Einstufung nach UN-GHS : Chemikalien, die die Voraussetzungen für eine Einstufung in die UN-GHS-Kategorien 1 oder 2 (2A oder 2B) nicht erfüllen. Austauschbar mit „Nicht eingestuft“.

Lösungsmittel-/Vehikelkontrolle : Eine unbehandelte Probe, die alle Komponenten eines Testsystems enthält, einschließlich des Lösungsmittels oder Vehikels, und die mit den prüfchemikalienbehandelten Proben und anderen Kontrollproben mitgeführt wird, um die Referenzreaktion für die mit der Prüfchemikalie behandelten Proben, die im selben Lösungsmittel oder Vehikel aufgelöst wurden, zu bestimmen. Bei der Testung mit einer gleichzeitigen Negativkontrolle zeigt diese Probe außerdem an, ob das Lösungsmittel oder Vehikel mit dem Testsystem interagiert.

Negativkontrolle : Ein unbehandeltes Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält. Diese Probe wird mit prüfchemikalienbehandelten Proben und anderen Kontrollproben mitgeführt, um festzustellen, ob das Lösungsmittel mit dem Testsystem interagiert.

Nicht eingestuft : Chemikalien, die nicht als augenreizend (UN-GHS-Kategorie 2, 2A oder 2B) oder schwer augenschädigend (UN-GHS-Kategorie 1) eingestuft sind. Austauschbar mit der UN-GHS-Klasse „Keine Einstufung“.

Opazimeter : Ein Instrument zur Messung der „Hornhauttrübung“ durch quantitative Evaluierung der Lichtübertragung durch die Hornhaut. Das Gerät besteht in der Regel aus zwei Kammern, beide mit eigener Lichtquelle und Fotozelle. Eine Kammer wird für die behandelte Hornhaut verwendet, die zweite zur Kalibrierung und Nulleinstellung des Instruments. Licht aus einer Halogenleuchte wird durch eine Kontrollkammer (leere Kammer ohne Fenster oder Flüssigkeit) zu einer Fotozelle geleitet und mit dem Lichtstrahl verglichen, der durch die Versuchskammer, welche die Kammer mit der Hornhaut enthält, zu einer Fotozelle geleitet wird. Der Unterschied bei der Lichtübertragung aus den Fotozellen wird errechnet und als numerischer Trübungswert digital angezeigt.

Positivkontrolle : Ein Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält und mit einer Chemikalie behandelt wird, die bekanntermaßen eine positive Reaktion hervorruft. Um sicherzustellen, dass Abweichungen bei der Positivkontrollreaktion im Zeitverlauf bewertet werden können, sollte die Reaktion nicht zu heftig sein.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Referenzchemikalie : Eine zum Vergleich mit einer Prüfchemikalie verwendete Bezugsgröße. Eine Referenzchemikalie sollte die folgenden Eigenschaften aufweisen: i) beständige und zuverlässige Quelle(n); ii) strukturelle und funktionelle Ähnlichkeit zur Klasse der geprüften Chemikalien; iii) bekannte physikalische/chemische Eigenschaften; iv) unterstützende Daten zu bekannten Wirkungen und v) bekannte Potenz innerhalb der gewünschten Wirkungsspanne.

Reversible Wirkungen am Auge : Siehe „Augenreizung“.

Schwere Augenschädigung : Erzeugen von Gewebeschäden im Auge oder eine schwerwiegende Verschlechterung des Sehvermögens nach Applikation einer Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation nicht vollständig reversibel sind. Austauschbar mit „Irreversible Wirkungen am Auge“ und mit der „UN-GHS-Kategorie 1“ (4).

Stoff : Chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder durch ein Produktionsverfahren hergestellt, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung entstehenden Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können (4).

Tensid : Auch als oberflächenaktiver Stoff bezeichnet. Hierbei handelt es sich um Stoffe, wie waschaktive Substanzen (Detergenzien), die die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit herabsetzen und so die Bildung von Schaum oder das Eindringen in feste Stoffe ermöglichen; auch bekannt als Netzmittel.

Tensidhaltiges Gemisch : Im Kontext dieser Prüfmethode ein Gemisch mit einem oder mehreren Tensiden in einer Endkonzentration von > 5 %.

Top-Down-Ansatz : Schrittweiser Ansatz für eine Chemikalie, von der vermutet wird, dass sie schwere Augenschäden verursacht. Dabei werden zuerst Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen (positives Ergebnis), von anderen Chemikalien (negatives Ergebnis) unterschieden.

UN-GHS-Kategorie 1 : Siehe „Schwere Augenschädigung“

UN-GHS-Kategorie 2 : Siehe „Augenreizung“.

Validierte Prüfmethode : Eine Prüfmethode, für die zwecks Bestimmung ihrer Relevanz (einschließlich Genauigkeit) und Zuverlässigkeit für einen bestimmten Zweck Validierungsstudien abgeschlossen wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass eine validierte Prüfmethode möglicherweise nicht genau und zuverlässig genug ist, um für den vorgeschlagenen Zweck akzeptiert zu werden.

Zuverlässigkeit : Maß der Reproduzierbarkeit einer Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien über einen längeren Zeitraum und bei einheitlichem Protokoll. Die Zuverlässigkeit wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und Intralabor-Wiederholbarkeit bewertet.

Anlage 2

VORHERSAGEFÄHIGKEIT DER BCOP-PRÜFMETHODE



Tabelle 1

Vorhersagefähigkeit der BCOP-Prüfmethode für die Ermittlung von Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen ([UN-GHS/EU-CLP Kategorie 1 vs. nicht Kategorie 1 (Kategorie 2 + Keine Einstufung); US-EPA-Kategorie I vs. nicht Kategorie I (Kategorie II + Kategorie III + Kategorie IV)]

KlassifizierungssystemNr.GenauigkeitEmpfindlichkeitFalsche NegativeSpezifitätFalsche Positive
%Nr.%Nr.%Nr.%Nr.%Nr.

UN-GHS

EU-CLP

19178,53150/19186,1556/6513,859/6574,6094/12625,4032/126
US-EPA19078,95150/19085,7154/6314,299/6375,5996/12724,4131/127



Tabelle 2

Vorhersagefähigkeit der BCOP-Prüfmethode für die Ermittlung von Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern („Stoffe ohne Reizwirkung“) [UN-GHS/EU-CLP Keine Einstufung vs. nicht Keine Einstufung (Kategorie 1 + Kategorie 2); US-EPA-Kategorie IV vs. nicht Kategorie IV (Kategorie I + Kategorie II + Kategorie III)]

KlassifizierungssystemNr.GenauigkeitEmpfindlichkeitFalsche NegativeSpezifitätFalsche Positive
%Nr.%Nr.%Nr.%Nr.%Nr.

UN-GHS

EU-CLP

19668,88135/196100107/10700/10731,4628/8968,5461/89
US-EPA19082,11156/19093,15136/1466,8510/14645,4520/4454,5524/44

Anlage 3

LEISTUNGSCHEMIKALIEN FÜR DIE BCOP-PRÜFMETHODE

Vor der routinemäßigen Anwendung dieser Prüfmethode sollten Laboratorien ihre technische Kompetenz nachweisen, indem sie die 13 in Tabelle 1 empfohlenen Chemikalien in die richtige Augengefährdungsklasse einstufen. Die Chemikalien wurden so ausgewählt, dass sie die Bandbreite von Augengefährdungen repräsentieren, die auf den Ergebnissen des In-vivo-Kaninchenaugentests (TG 405) (17) und dem UN-GHS-Klassifizierungssystem (d. h. den Kategorien 1, 2A, 2B oder „Nicht eingestuft“) basieren (4). Weitere Auswahlkriterien betrafen die Erhältlichkeit der Chemikalien im Handel, die Verfügbarkeit hochwertiger In-vivo-Referenzdaten und das Vorhandensein hochwertiger In-vitro-Daten aus der BCOP-Prüfmethode. Referenzdaten können aus dem Streamlined Summary Document (3) und den Background Review Documents des ICCVAM für die BCOP-Prüfmethode bezogen werden (2) (18).



Tabelle 1

Empfohlene Chemikalien für den Nachweis der technischen Kompetenz von Laboratorien zur Durchführung des BCOP-Tests

ChemikalieCAS-Nr.Chemikalienklasse (1)Physikalischer ZustandIn Vivo-Klassifizierung (2)BCOP-Klassifizierung
Benzalkoniumchlorid (5 %)8001-54-5OniumverbindungflüssigKategorie 1Kategorie 1
Chlorhexidin55-56-1Amin, AmidinfestKategorie 1Kategorie 1
Dibenzoyl-D-Weinsäure2743-38-6Carbonsäure, EsterfestKategorie 1Kategorie 1
Imidazol288-32-4heterocyclischfestKategorie 1Kategorie 1
Trichloressigsäure (30 %)76-03-9CarbonsäureflüssigKategorie 1Kategorie 1
2,6-Dichlorbenzoyl-chlorid4659-45-4AcylhalogenidflüssigKategorie 2AKeine genaue/zuverlässige Vorhersage möglich
Ethyl-2-methylaceto-acetat609-14-3Ketone, EsterflüssigKategorie 2BKeine genaue/zuverlässige Vorhersage möglich
Ammoniumnitrat6484-52-2Anorganisches SalzfestKategorie 2 (3)Keine genaue/zuverlässige Vorhersage möglich
EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure), Di-Kaliumsalz25102-12-9Amin, Carbonsäure (Salz)festNicht eingestuftNicht eingestuft
Tween 209005-64-5Ester, PolyetherflüssigNicht eingestuftNicht eingestuft
2-Mercaptopyrimidin1450-85-7AcylhalogenidfestNicht eingestuftNicht eingestuft
Phenylbutazon50-33-9heterocyclischfestNicht eingestuftNicht eingestuft
Polyoxyethylen-23-laurylether (BRIJ-35) (10 %)9002-92-0AlkoholflüssigNicht eingestuftNicht eingestuft

(1)   Jede Prüfchemikalie wurde anhand einer Standard-Klassifizierungsregelung auf Basis des Klassifizierungssystems der National Library of Medicine Medical Subject Headings (MeSH) einer Chemikalienklasse zugeordnet (verfügbar unter http//www.nlm.nih.gov/mesh).

(2)   Gestützt auf Ergebnisse aus dem In-vivo-Kaninchenaugentest (OECD TG 405) (17) unter Verwendung des UN-GHS (4).

(3)   Die Einstufung in die Kategorie 2A oder 2B ist von der Auswertung der Kriterien des UN-GHS zur Unterscheidung zwischen diesen beiden Kategorien abhängig, d. h. für eine Einstufung in die Kategorie 2A müssen an 1 von 3 gegenüber 2 von 3 Tieren Wirkungen an Tag 7 beobachtet werden. Die In-vivo-Studie umfasste drei Tiere. Alle Endpunkte mit Ausnahme einer Bindehautrötung bei einem Tier, gingen bis Tag 7 oder früher auf einen Wert von null zurück. Das eine Tier, das sich bis Tag 7 nicht vollständig regeneriert hatte, wies (an Tag 7) einen Bindehautrötungswert von 1 auf, der an Tag 10 ganz zurückging.

Abkürzungen: CAS-Nr. = Registernummer des Chemical Abstracts Service

Anlage 4

BCOP-HORNHAUTHALTER

BCOP-Hornhauthalter sind aus einem trägen Material (z. B. Polypropylen) gefertigt. Sie bestehen aus zwei Hälften (einer Vorder- und einer Hinterkammer) sowie zwei identischen zylindrischen Innenkammern. Jede Kammer hat ein Fassungsvermögen von ca. 5 ml und schließt mit einer Glasscheibe ab, durch die die Trübungsmesswerte abgelesen werden. Jede Innenkammer hat einen Durchmesser von 1,7 cm und ist 2,2 cm tief . Ein auf der Hinterkammer positionierter Dichtungsring verhindert Leckagen. Die Hornhäute werden mit der Endothel-Seite nach unten auf den Dichtungsring der Hinterkammern platziert, während die Vorderkammern auf die Epithel-Seite der Hornhäute gesetzt werden. Die Kammern werden mit drei Schrauben aus rostfreiem Stahl an den Außenkanten der Kammer fixiert. Jede Kammer schließt mit einer Glasscheibe ab, die für den leichten Zugang zur Hornhaut abgenommen werden kann. Um Leckagen zu verhindern, befindet sich zwischen Glasscheibe und Kammer ein weiterer Dichtungsring. Zwei Öffnungen auf der Oberseite jeder Kammer gestatten den Ein- und Auslass des Mediums und der Prüfchemikalien. Sie werden während der Behandlung und der Inkubation mit Gummistöpseln verschlossen. Die Lichtübertragung durch die Hornhauthalter kann sich potenziell verändern, da Lichtstreuung oder Reflexion durch Abnutzung oder Ablagerung bestimmter chemischer Rückstände an den Bohrungen der Innenkammer oder an der Glasscheibe beeinflusst werden können. Dies könnte höhere oder niedrigere Referenzwerte für die Lichtübertragung durch die Hornhauthalter (und umgekehrt niedrigere oder höhere Referenztrübungswerte) zur Folge haben und sich als deutliche Veränderungen bei den erwarteten ersten Referenzmessungen der Hornhauttrübung in den einzelnen Kammern bemerkbar machen (d. h. die anfänglichen Hornhauttrübungswerte bei spezifischen einzelnen Hornhauthaltern können regelmäßig um mehr als zwei oder drei Trübungseinheiten von den erwarten Referenzwerten abweichen). Jedes Labor sollte in Erwägung ziehen, ein Programm zur Evaluierung der Veränderungen der Lichtübertragung durch die Hornhauthalter einzurichten, das die Art der geprüften Chemikalien und die Häufigkeit des Gebrauchs der Kammern berücksichtigt. Zur Festlegung von Referenzwerten können die Hornhauthalter vor dem regelmäßigen Einsatz durch Messung der Referenztrübungswerte (oder Lichtübertragung) der vollständig mit dem Medium gefüllten Kammern, ohne Hornhäute, geprüft werden. Anschließend werden die Hornhauthalter während ihres Einsatzes in regelmäßigen Abständen auf Veränderungen der Lichtübertragung kontrolliert. Jedes Labor kann die Häufigkeit der Kontrollen der Hornhauthalter abhängig von der Art der geprüften Chemikalien, der Häufigkeit des Gebrauchs und der beobachteten Veränderungen der Referenzwerte für die Hornhauttrübung festlegen. Werden deutliche Veränderungen in der Lichtübertragung durch die Hornhauthalter festgestellt, sind eine Reinigung und/oder Polierung der Innenfläche der Hornhauthalter mit geeigneten Verfahren oder ein Austausch in Betracht zu ziehen.

Hornhauthalter: Explosionsdarstellung

Anlage 5

OPAZIMETER

Der Opazimeter ist ein Gerät zur Messung der Lichtübertragung. Bei dem zur Validierung des BCOP-Tests verwendeten Gerät OP-KIT von Electro Design (Riom, Frankreich) wird beispielsweise Licht aus einer Halogenleuchte durch eine Kontrollkammer (leere Kammer ohne Fenster oder Flüssigkeit) zu einer Fotozelle geleitet und mit dem Lichtstrahl verglichen, der durch die Versuchskammer, welche die Kammer mit der Hornhaut enthält, zu einer Fotozelle geleitet wird. Der Unterschied bei der Lichtübertragung aus den Fotozellen wird errechnet und als numerischer Trübungswert digital angezeigt. Die Trübungseinheiten sind vorgegeben. Andere Arten von Opazimetern mit einem anderen Aufbau (bei denen z. B. keine parallelen Messungen der Kontrollkammer und Versuchskammer erforderlich sind) können verwendet werden, wenn sie nachweislich ähnliche Ergebnisse wie das validierte Gerät liefern.

Der Opazimeter sollte eine lineare Reaktion innerhalb eines Bereichs von Trübungsmesswerten ergeben, der den Schwellenwerten für die vom Vorhersagemodell beschriebenen unterschiedlichen Klassifizierungen (d. h. bis zu dem Schwellenwert, der die verätzende/stark reizende Wirkung bestimmt) Rechnung trägt. Um lineare und akkurate Messwerte bis zu 75-80 Trübungseinheiten zu gewährleisten, muss der Opazimeter mit einer Reihe von Kalibratoren geeicht werden. Die Kalibratoren werden in die Kalibrierkammer (eine für die Aufnahme der Kalibratoren konzipierte Hornhautkammer) platziert und auf dem Opazimeter abgelesen. Die Kalibrierkammer ist derart konzipiert, dass die Kalibratoren in ungefähr demselben Abstand zu Lichtquelle und Fotozelle gehalten werden, in dem sich die Hornhäute bei der Trübungsmessung befinden würden. Die Referenzwerte und der anfängliche Sollwert sind von der Art des verwendeten Geräts abhängig. Die Linearität der Trübungsmessungen sollte durch geeignete (instrumentspezifische) Verfahren sichergestellt werden. Beim Gerät OP-KIT von Electro Design (Riom, Frankreich) wird der Opazimeter beispielsweise zunächst auf null Trübungseinheiten geeicht, wobei die Kalibrierkammer ohne Kalibrator verwendet wird. Anschließend werden nacheinander drei unterschiedliche Kalibratoren in die Kalibrierkammer gesetzt, und die Trübungswerte werden gelesen. Die Kalibratoren 1, 2 und 3 sollten Trübungswerte ergeben, die ihren eingestellten Werten von 75, 150 bzw. 225 Trübungseinheiten ± 5 % entsprechen.

B.48.   TEST AM ISOLIERTEN HÜHNERAUGE ZUR IDENTIFIZIERUNG VON I) CHEMIKALIEN, DIE SCHWERE AUGENSCHÄDEN VERURSACHEN, UND II) CHEMIKALIEN, DIE KEINE EINSTUFUNG ALS AUGENREIZEND ODER SCHWER AUGENSCHÄDIGEND ERFORDERN

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 438 (2013). Der Test am isolierten Hühnerauge Isolated Chicken Eye, ICE) wurde vom Organisationsübergreifenden Koordinationsausschuss zur Validierung alternativer Methoden Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods, ICCVAM) unter Mitwirkung des Europäischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden European Centre for the Validation of Alternative Methods, ECVAM) und des Japanischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden Japanese Centre for the Validation of Alternative Methods, JaCVAM) in den Jahren 2006 und 2010 evaluiert (1) (2) (3). Bei der ersten Evaluierung wurde der ICE-Test als wissenschaftlich fundierte Prüfmethode für den Einsatz als Screening-Test zur Identifizierung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen), die schwere Augenschäden (Kategorie 1) gemäß Definition im Globalen Harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) der Vereinten Nationen (UN) (1) (2) (4) und der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen  verursachen, anerkannt. Bei der zweiten Evaluierung wurde der ICE-Test im Hinblick auf seine Eignung als Screening-Test zur Identifizierung von Chemikalien, die nicht als augenreizend oder schwer augenschädigend gemäß UN-GHS einzustufen sind, beurteilt (3) (4). Die Ergebnisse der Validierungsstudie und die Empfehlungen der Peer-Review-Gruppe bestätigten die ursprüngliche Empfehlung, den ICE-Test für die Einstufung von schwer augenschädigenden Chemikalien (UN-GHS-Kategorie 1) zu verwenden, da sich die verfügbare Datenbank seit der ursprünglichen Validierung des ICCVAM nicht geändert hat. In jener Phase wurden keine weiteren Empfehlungen für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des ICE-Tests auch auf andere Kategorien ausgesprochen. Es wurde eine Neubewertung des in der Validierungsstudie verwendeten In-Vitro- und In-vivo--Datensatzes durchgeführt. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Evaluierung der Zweckmäßigkeit des ICE-Tests für die Identifizierung von Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend (5) erfordern. Die Neubewertung führte zu dem Ergebnis, dass der ICE-Test auch verwendet werden kann, um Chemikalien zu identifizieren, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend gemäß UN-GHS (4) (5) erfordern. Diese Prüfmethode berücksichtigt die empfohlenen Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen des ICE-Tests auf Grundlage dieser Evaluierungen. Die Hauptunterschiede zwischen der ursprünglichen Fassung der OECD-Prüflinie aus dem Jahr 2009 und der aktualisierten Fassung von 2013 sind u. a. die Verwendung des ICE-Tests zur Identifizierung von Chemikalien, die keine Einstufung nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem erfordern, eine Aktualisierung der Elemente des Prüfberichts, eine Aktualisierung der Definitionen in Anlage 1 sowie eine Aktualisierung der Leistungschemikalien in Anlage 2.

Gegenwärtig herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass der In-vivo-Draize-Augentest in absehbarer Zukunft nicht durch einen einzigen In-vitro-Augenreizungstest ersetzt werden kann, der in der Lage ist, das gesamte Spektrum an Augenreizungen für verschiedene Chemikalienklassen vorherzusagen. Unter Umständen ist es jedoch möglich, den Draize-Augentest durch strategische Kombinationen mehrerer alternativer Prüfmethoden im Rahmen einer (gestuften) Prüfstrategie zu ersetzen (6). Der Top-Down-Ansatz (7) wird verwendet, wenn auf Basis der vorliegenden Informationen davon auszugehen ist, dass eine Chemikalie ein hohes Reizpotenzial aufweist. Umgekehrt wird der Bottom-Up-Ansatz (7) verwendet, wenn auf Basis der vorliegenden Informationen davon auszugehen ist, dass eine Chemikalie keine ausreichende Augenreizung für eine Einstufung hervorruft. Der ICE-Test ist eine In-vitro-Prüfmethode, die unter bestimmten Bedingungen und mit bestimmten Grenzen, wie unter den Nummern 8 bis 10 erläutert, zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien mit augengefährdender Wirkung angewendet werden kann. Auch wenn der Test den In-vivo-Kaninchenaugentest nicht absolut ersetzen kann, wird der ICE-Test als erster Schritt im Rahmen einer Prüfstrategie wie des von Scott et al. vorgeschlagenen Top-Down-Ansatzes (7) empfohlen, um ohne weitere Tests (4) schwer augenschädigende Chemikalien, d. h. Chemikalien, die in die UN-GHS-Kategorie 1 einzustufen sind, zu identifizieren. Der ICE-Test wird auch für die Identifizierung von Chemikalien empfohlen, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend gemäß UN-GHS (Keine Einstufung (No Category), NC) (4) erfordern, und kann daher als erster Schritt im Rahmen einer Prüfstrategie mit Bottom-up-Ansatz verwendet werden (7). Im Falle einer Chemikalie, bei der mit dem ICE-Test nicht vorhergesagt werden kann, dass sie schwere Augenschäden verursacht oder keine Einstufung als augenreizend/schwer augenschädigend erfordert, müssten jedoch weitere Tests (in vitro und/oder in vivo) durchgeführt werden, um eine eindeutige Einstufung festzulegen. Außerdem sollten die zuständigen Regulierungsbehörden konsultiert werden, bevor der ICE-Test in einem Bottom-Up-Ansatz unter einer anderen Klassifizierungsregelung als dem UN-GHS angewendet wird.

Diese Prüfmethode beschreibt die Verfahrensschritte für die Beurteilung des augengefährdenden Potenzials einer Prüfchemikalie, gemessen als ihre Fähigkeit, im isolierten Hühnerauge eine toxische Wirkung hervorzurufen oder nicht. Toxische Wirkungen auf die Hornhaut werden gemessen durch i) qualitative Bewertung der Trübung, ii) qualitative Bewertung der Schädigung der Epithel-Zellschicht durch Applikation von Fluorescein auf das Auge (Fluorescein-Verfärbung), iii) quantitative Messung verstärkter Dicke (Schwellung) und iv) qualitative Beurteilung makroskopischer morphologischer Oberflächenschädigungen. Hornhauttrübungen, Hornhautschwellungen und Hornhautschädigungen nach Applikation einer Prüfchemikalie werden zunächst einzeln bewertet und anschließend zwecks Klassifizierung des Augenreizwertes (Eye Irritancy Classification) kombiniert.

Definitionen sind Anlage 1 zu entnehmen.

VORBEMERKUNGEN UND EINSATZGRENZEN

Diese Prüfmethode basiert auf dem im OECD Guidance Document 160 (8) empfohlenen Protokoll, das im Anschluss an eine internationale Validierungsstudie des ICCVAM (1) (3) (9) und unter Mitwirkung des Europäischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden (European Centre for the Validation of Alternative Methods), des Japanischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden (Japanese Center for the Validation of Alternative Methods) und der Abteilung Toxikologie und angewandte Pharmakologie des niederländischen Forschungsinstituts TNO Quality of Life entwickelt wurde. Das Protokoll beruht auf Informationen aus veröffentlichten Protokollen und auf dem von TNO derzeit verwendeten Protokoll (10) (11) (12) (13) (14).

Bei der dieser Prüfmethode zugrunde liegenden Validierung wurde ein breites Spektrum von Chemikalien getestet. Die empirische Datenbank der Validierungsstudie umfasste 152 Chemikalien (72 Stoffe und 80 Gemische) (5). Die Prüfmethode ist auf Feststoffe, Flüssigkeiten, Emulsionen und Gele anwendbar. Die Flüssigkeiten können wässrig oder nichtwässrig, die Feststoffe wasserlöslich oder wasserunlöslich sein. Gase und Aerosole wurden in einer Validierungsstudie bisher noch nicht bewertet.

Der ICE-Test kann zur Identifizierung von schwer augenschädigenden Chemikalien, d. h. Chemikalien, die in die UN-GHS-Kategorie 1 (4) einzustufen sind, angewendet werden. In diesem Anwendungsbereich beruhen die anerkannten Einsatzgrenzen des ICE-Tests auf den hohen Falsch-Positiv-Raten für Alkohole und den hohen Falsch-Negativ-Raten für Feststoffe und Tenside (1) (3) (9). Die Falsch-Negativ-Raten sind in diesem Kontext (UN-GHS-Kategorie 1 wird als nicht UN-GHS-Kategorie 1 erkannt) jedoch nicht maßgeblich, da alle Prüfchemikalien mit negativem Ergebnis anschließend im Rahmen anderer angemessen validierter In-vitro-Tests oder als letzte Möglichkeit — je nach Vorschriften — an Kaninchen anhand einer sequenziellen Prüfstrategie mit einem evidenzbasierten Bewertungsansatz (weight-of-evidence approach) geprüft werden. Es ist zu beachten, dass Feststoffe beim In-vivo-Draize-Augenreizungstest zu variablen und extremen Expositionsbedingungen führen können, aus denen sich möglicherweise irrelevante Vorhersagen über das tatsächliche Reizungspotenzial ableiten (15). Prüfer können diese Prüfmethode jedoch für alle Arten von Chemikalien einsetzen und ein Positivergebnis als Indikator für eine schwer augenschädigende Wirkung, d. h. eine Einstufung in UN-GHS-Kategorie 1, ohne weitere Tests akzeptieren. Positivergebnisse bei Verwendung von Alkohol sollten angesichts des Risikos von Falsch-Positiv-Prognosen (over-prediction) jedoch mit einer gewissen Zurückhaltung interpretiert werden.

Gemessen an Daten aus In-vivo-Kaninchenaugentests, die nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem eingestuft wurden, weist der ICE-Test hinsichtlich der Identifizierung von Chemikalien mit schwer augenschädigender Wirkung (UN-GHS-Kategorie 1) eine allgemeine Genauigkeit von 86 % (120/140), eine Falsch-Positiv-Rate von 6 % (7/113) und eine Falsch-Negativ-Rate von 48 % (13/27) auf (4) (5).

Der ICE-Test kann auch zur Identifizierung von Chemikalien angewendet werden, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend gemäß dem UN-GHS-Klassifizierungssystem erfordern (4). Bevor der ICE-Test in einem Bottom-Up-Ansatz unter einer anderen Klassifizierungsregelung angewendet wird, sollten die zuständigen Regulierungsbehörden konsultiert werden. Diese Prüfmethode kann für alle Arten von Chemikalien eingesetzt werden, wobei ein Negativergebnis als Indikator für die Nichteinstufung einer Chemikalie als augenreizend oder schwer augenschädigend akzeptiert werden könnte. Auf der Basis eines Ergebnisses aus der Validierungsdatenbank besteht bei Bewuchsschutzfarben mit organischen Lösungsmitteln jedoch das Risiko von Falsch-Negativ-Prognosen (under-prediction) (5).

Gemessen an Daten aus In-vivo-Kaninchenaugentests, die nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem eingestuft wurden, weist der ICE-Test hinsichtlich der Identifizierung von Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern, eine allgemeine Genauigkeit von 82 % (125/152), eine Falsch-Positiv-Rate von 33 % (26/79) und eine Falsch-Negativ-Rate von 1 % (1/73) auf (4) (5). Werden Stoffe einer bestimmten Chemikalienklasse (d. h. Bewuchsschutzfarben mit organischen Lösungsmitteln) aus der Datenbank ausgeschlossen, so liegt die Genauigkeit des ICE-Tests gemessen am UN-GHS-Klassifizierungssystem bei 83 % (123/149), die Falsch-Positiv-Rate bei 33 % (26/78) und die Falsch-Negativ-Rate bei 0 % (0/71) (4) (5).

Aufgrund der beträchtlichen Anzahl von Chemikalien der UN-GHS-Kategorie 1, die zu niedrig in die UN-GHS-Kategorien 2, 2A oder 2B eingestuft sind, und von Chemikalien, die keine Einstufung erfordern, jedoch zu hoch in die UN-GHS-Kategorien 2, 2A oder 2B eingestuft sind, wird der ICE-Test nicht für die Identifizierung von Prüfchemikalien empfohlen, die als augenreizend (d. h. UN-GHS-Kategorie 2 oder Kategorie 2A) oder leicht augenreizend (UN-GHS-Kategorie 2B) eingestuft werden sollten. Diesbezüglich können weitere Tests mit einer anderen geeigneten Methode erforderlich sein.

Bei allen Verfahren, die Hühneraugen involvieren, sind die geltenden Regeln und Verfahrensvorschriften der Prüfanstalt für den Umgang mit Human- bzw. Tiermaterial (u. a. Gewebe und Gewebeflüssigkeiten) einzuhalten. Universelle Laborregeln sollten beachtet werden (16).

Die im Kaninchenaugentest evaluierten Bindehaut- und Irisverletzungen werden beim ICE-Test zwar außer Acht gelassen, doch werden bei der Prüfmethode Auswirkungen auf die Hornhaut berücksichtigt, die wesentliche Einflussfaktoren für die In-vivo-Klassifizierung nach dem UN-GHS-Klassifizierungssystem bilden. Auch wurde — obwohl sich die Reversibilität von Hornhautläsionen per se mit dem ICE-Test nicht beurteilen lässt — ausgehend von Kaninchenaugenstudien vorgeschlagen, dass eine Bewertung der anfänglichen Tiefe der Hornhautverletzung herangezogen werden kann, um einige Arten irreversibler Wirkungen zu identifizieren (17). Insbesondere sind weitere wissenschaftliche Erkenntnisse erforderlich, um zu verstehen, wie irreversible Wirkungen auftreten, die nicht mit einer anfänglichen starken Verletzung im Zusammenhang stehen. Schließlich sei auch erwähnt, dass das Potenzial für eine mit der Augenexposition verbundene systemische Toxizität mit der ICE-Methode nicht bewertet werden kann.

Diese Prüfmethode wird regelmäßig aktualisiert, um neue Informationen und Daten zu berücksichtigen. Beispielsweise können histopathologische Befunde potenziell nützlich sein, wenn eine umfassendere Charakterisierung der Hornhautschädigung erforderlich ist. Zur Evaluierung dieser Möglichkeit sollten Anwender die Augen aufbewahren und histopathologische Proben zubereiten, die zum Aufbau einer Datenbank und zur Entwicklung von Entscheidungskriterien herangezogen werden können, mit denen sich die Genauigkeit dieser Prüfmethode weiter verbessern lässt. Die OECD hat einen Leitfaden (Guidance Document) für die Anwendung von Prüfmethoden zur Untersuchung der okularen Toxizität erarbeitet. Dieser enthält ausführliche Verfahrensanweisungen für die Entnahme histopathologischer Proben und Angaben darüber, wo die Proben und/oder histopathologischen Daten einzureichen sind (8).

Laboratorien, die diese Prüfmethode erstmals anwenden, sollten die in Anlage 2 genannten Leistungschemikalien verwenden. Laboratorien können diese Chemikalien verwenden, um ihre technische Kompetenz zur Durchführung des ICE-Tests nachzuweisen, bevor sie ICE-Testdaten zum Zwecke der vorschriftsmäßigen Gefahrenklassifizierung einreichen.

TESTPRINZIP

Die ICE-Prüfmethode ist ein organtypisches Modell, das die Zellstruktur des Hühnerauges in vitro kurzfristig funktionsfähig hält. Bei dieser Prüfmethode werden durch die Prüfchemikalie hervorgerufene Schäden als Hornhautschwellungen, Hornhauttrübung und korneale Fluorescein-Verfärbung festgestellt. Während die beiden letztgenannten Parameter eine qualitative Bewertung erfordern, muss die Hornhautschwellung quantitativ bestimmt werden. Jedes Messergebnis wird entweder in einen quantitativen Wert umgerechnet, der seinerseits für die Berechnung eines Gesamtreizindexes (Overall Irritancy Index) zugrunde gelegt wird, oder einer Qualitätskategorie zugeordnet, die wiederum für die Einordnung in Klassen für Chemikalien mit in vitro augengefährdender Wirkung (UN-GHS-Kategorie 1 oder keine Einstufung nach UN-GHS) herangezogen wird. Jedes dieser Ergebnisse kann dann verwendet werden, um das Potenzial einer Prüfchemikalie, in vivo schwere Augenschäden hervorzurufen oder keine Einstufung als augengefährdend zu erfordern, vorherzusagen (siehe Entscheidungskriterien). Allerdings ist keine Einstufung bei Chemikalien möglich, bei denen mit dem ICE-Test nicht vorhergesagt wird, dass sie schwere Augenschäden verursachen oder nicht einzustufen sind (siehe Nummer 11).

Bezugsquelle und Alter der Hühneraugen

Traditionell werden für diesen Test Augen von Hühnern verwendet, die in einer Schlächterei für den menschlichen Verzehr geschlachtet wurden; auf diese Weise wird der Einsatz von Versuchstieren vermieden. Nur Augen von gesunden Tieren, die als für die Nahrungskette geeignet angesehen werden, dürfen verwendet werden.

Es wurde keine kontrollierte Studie zur Bestimmung des optimalen Alters der Hühner durchgeführt, doch werden für diesen Test bisher Hühner verwendet, bei denen es sich nach Alter und Gewicht um Junghühner handelt (d. h. Hühner im Alter von ungefähr sieben Wochen mit einem Gewicht von 1,5 bis 2,5 kg), die in der Regel in einer Geflügelschlächterei geschlachtet werden.

Gewinnung und Beförderung der Augen zum Labor

Die Köpfe sollten unmittelbar nach dem Betäuben der Tiere, normalerweise durch Elektroschock, und nach dem Entbluten durch Nackenstich abgesetzt werden. Sie sollten aus einer in Nähe des Labors gelegenen Quelle bezogen werden, um die Köpfe möglichst schnell vom Schlachthof zum Labor befördern zu können, damit sich ihr Zustand nicht verschlechtert und/oder Bakterienkontaminationen auf ein Mindestmaß begrenzt werden. Der Zeitabstand zwischen der Gewinnung der Hühnerköpfe und ihrem Einsetzen in die Superfusionskammer nach der Ausschälung muss möglichst gering sein (d. h. höchstens zwei Stunden betragen), damit die Akzeptanzkriterien des Tests erfüllt werden. Alle für die Prüfung verwendeten Augen sollten aus einer an ein und demselben Tag gewonnenen Partie Augen stammen.

Da die Augen im Labor seziert werden, sind die intakten Köpfe in Kunststoffbehältnissen, die mit Tüchern, welche in isotonischer Kochsalzlösung getränkt wurden, ausgeschlagen sind, und bei Umgebungstemperatur (normalerweise zwischen 18 1 °C und 25 1 °C) vom Schlachthof zum Labor zu befördern.

Auswahlkriterien und Anzahl der Augen, die im ICE-Test eingesetzt werden

Augen mit starker Ausgangs-Fluorescein-Verfärbung (d. h. > 0,5) oder mit starker Hornhauttrübung (d. h. > 0,5) nach der Ausschälung werden verworfen.

Jede Behandlungsgruppe und die gleichzeitige Positivkontrolle umfassen mindestens drei Augen. Die Negativkontrollen bzw. die Lösungsmittelkontrolle (wenn ein anderes Lösungsmittel als Kochsalzlösung verwendet wird) bestehen aus mindestens einem Auge.

Im Fall von Feststoffen mit dem GHS-Ergebnis „Keine Einstufung“ (No Category, NC) wird ein zweiter Durchlauf mit drei Augen empfohlen, um das Negativergebnis zu bestätigen oder zu verwerfen.

VERFAHREN

Vorbereitung der Augen

Die Augenlider werden sorgfältig weggeschnitten, wobei darauf zu achten ist, dass die Hornhaut nicht beschädigt wird. Die Unversehrtheit der Hornhaut wird mithilfe eines Tropfens von 2 %igem (w/v) Natrium-Fluorescein, der für einige Sekunden auf die Hornhautoberfläche appliziert und anschließend mit isotonischer Kochsalzlösung abgespült wird, schnell überprüft. Fluorescein-behandelte Augen werden sodann mit einem Spaltlampenmikroskop auf Hornhautschädigung untersucht (d. h. Fluorescein-Verfärbung und Hornhauttrübungswerte müssen ≤ 0,5 betragen).

Liegt keine Schädigung vor, wird das Auge weiter freigelegt, wobei dafür Sorge zu tragen ist, dass die Hornhaut nicht beschädigt wird. Der Augapfel wird aus der Augenhöhle herausgezogen, indem die Nickhaut mithilfe einer chirurgischen Zange festgehalten und die Augenmuskulatur mit einer gebogenen, stumpfendigen Schere durchtrennt wird. Dieser Schritt ist wichtig, um zu vermeiden, dass die Hornhaut durch übermäßigen Druck geschädigt wird (Kompressionsartefakte).

Beim Herauslösen des Auges aus der Augenhöhle sollte ein sichtbarer Teil des Sehnervs noch anhaften. Das Auge wird anschließend auf eine saugfähige Unterlage gesetzt, und Nickhaut sowie anderes Bindegewebe werden weggeschnitten.

Das auf diese Weise ausgeschälte Auge wird in einer Klemme aus rostfreiem Stahl fixiert, wobei die Hornhaut vertikal positioniert sein muss. Die Klemme wird sodann in eine Kammer des Superfusionsgeräts gesetzt (18). Im Superfusionsgerät sind die Klemmen so zu positionieren, dass die gesamte Hornhaut mit der Kochsalzinfusion (3-4 Tropfen pro Minute bzw. 0,1-0,15 ml/min) versorgt wird. Die Temperatur in den Kammern des Superfusionsgeräts sollte auf 32 ± 1,5oC gehalten werden. Anlage 3 zeigt ein Schaubild eines typischen Superfusionsgeräts mit Augenklemmen; das Gerät ist im Handel fertig oder als Bausatz erhältlich. Es kann den Bedürfnissen des jeweiligen Labors angepasst werden (z. B. um Augen in verschiedener Anzahl aufzunehmen).

Nach dem Einsetzen ins Superfusionsgerät werden die Augen erneut mit einem Spaltlampenmikroskop untersucht, um sicherzustellen, dass sie während des Sezierens nicht beschädigt wurden. Bei dieser Gelegenheit sollte mit dem Pachometeraufsatz des Spaltlampenmikroskops auch die Hornhautdicke im Apex gemessen werden. Augen mit i) einer Fluorescein-Verfärbung von > 0,5, ii) einer Hornhauttrübung von > 0,5 oder iii) etwaigen anderen Anzeichen einer Schädigung sind zu ersetzen. Einzelne Augen, auf die keines der genannten Kriterien zutrifft, werden verworfen, wenn sie eine Hornhautdicke aufweisen, die mehr als 10 % vom mittleren Dickenwert aller Augen zusammengerechnet abweicht. Anwender sollten sich darüber im Klaren sein, dass Spaltlampenmikroskope mit unterschiedlicher Spaltbreiteneinstellung unterschiedliche Dickenmesswerte ergeben können. Die Spaltbreite sollte auf 0,095 mm eingestellt sein.

Sobald alle Augen untersucht und für einwandfrei befunden wurden, werden sie zwecks Äquilibrierung des Testsystems vor Applikation der Prüfchemikalie für ungefähr 45 bis 60 Minuten inkubiert. Nach der Äquilibrierung werden Referenzmessungen von Hornhautdicke und Hornhauttrübung zum Zeitpunkt Null vorgenommen, welche als Referenzszenario dienen (d. h. Zeitpunkt = 0). Der beim Sezieren ermittelte Fluorescein-Wert wird als Referenzmesswert für diesen Endpunkt verwendet.

Applikation der Prüfchemikalie

Unmittelbar nach den Referenzmessungen zum Null-Zeitpunkt wird das Auge (in seiner Halterung) aus dem Superfusionsgerät entnommen und zur Applikation der Prüfchemikalie auf die Hornhaut horizontal positioniert.

Flüssige Prüfchemikalien werden in der Regel unverdünnt getestet, können jedoch verdünnt werden, sofern dies für notwendig gehalten wird (z. B. als Teil des Studienkonzepts). Bevorzugtes Lösungsmittel für verdünnte Prüfchemikalien ist physiologische Kochsalzlösung. Unter kontrollierten Bedingungen können auch alternative Lösungsmittel verwendet werden, deren Eignung jedoch nachzuweisen ist.

Flüssige Prüfchemikalien werden so auf die Hornhaut appliziert, dass die gesamte Hornhautoberfläche gleichmäßig von der Prüfchemikalie bedeckt ist; das Standardvolumen beträgt 0,03 ml.

Feste Prüfchemikalien sollten wenn möglich im Mörser oder mit einem vergleichbaren Zerkleinerungsgerät so fein wie möglich gemahlen werden. Das Pulver wird so auf die Hornhaut appliziert, dass die Oberfläche von der Prüfchemikalie gleichmäßig bedeckt ist; die Standardmenge beträgt 0,03 g.

Die Prüfchemikalie (flüssig oder fest) wird für 10 Sekunden appliziert und anschließend mit isotonischer Kochsalzlösung (ungefähr 20 ml) bei Umgebungstemperatur vom Auge abgespült. Das Auge (in seiner Halterung) wird anschließend wieder in aufrechter Ausgangsstellung in das Superfusionsgerät eingesetzt. Bei Bedarf können nach der 10-sekündlichen Applikation und zu späteren Zeitpunkten (z. B. bei der Feststellung von Rückständen der Prüfchemikalie auf der Hornhaut) weitere Spülungen vorgenommen werden. Im Allgemeinen ist die Menge an Kochsalzlösung, die zusätzlich für die Spülungen verwendet wird, nicht maßgeblich; wichtig ist jedoch die Beobachtung von Anhaftungen der Chemikalie an der Hornhaut.

Kontrollchemikalien

Jeder Versuch sollte gleichzeitige Negativ- oder Lösungsmittel-/Vehikelkontrollen und gleichzeitige Positivkontrollen umfassen.

Beim Prüfen unverdünnter (100 %iger) Flüssigkeiten oder Feststoffe wird als gleichzeitige Negativkontrolle im ICE-Test physiologische Kochsalzlösung verwendet, um unspezifische Veränderungen im Testsystem festzustellen und um sicherzustellen, dass die Testbedingungen keine ungerechtfertigten Reizwirkungen hervorrufen.

Zum Testen verdünnter Flüssigkeiten umfasst der Test auch eine Gruppe gleichzeitiger Lösungsmittel-/Vehikelkontrollen, um unspezifische Veränderungen im Testsystem nachzuweisen und um sicherzustellen, dass die Testbedingungen keine ungerechtfertigten Reizwirkungen hervorrufen. Wie unter Nummer 31 erwähnt, sind nur Lösungsmittel/Vehikel zulässig, die das Testsystem nachweislich nicht beeinträchtigen.

Jeder Versuch umfasst als gleichzeitige Positivkontrolle einen bekannten Augenreizstoff, damit überprüft werden kann, ob eine adäquate Wirkung eintritt. Da der ICE-Test bei dieser Prüfmethode eingesetzt wird, um verätzende oder stark reizende Stoffe zu identifizieren, sollte es sich bei der Positivkontrolle um eine Referenzchemikalie handeln, die bei dieser Prüfmethode eine starke Wirkung hervorruft. Um zu gewährleisten, dass die Veränderlichkeit der Reaktion der Positivkontrolle im Zeitverlauf bewertet werden kann, sollte die Reaktionsstärke jedoch nicht allzu heftig sein. Es sollten genügend In-vitro-Daten für die Positivkontrolle generiert werden, damit eine statistisch vorgegebene vertretbare Spanne für die Positivkontrolle berechnet werden kann. Liegen für eine bestimmte Positivkontrolle keine angemessenen historischen Daten zur ICE-Prüfmethode vor, so können Studien erforderlich werden, um die notwendigen Daten zu generieren.

Beispiele für Positivkontrollen für flüssige Prüfchemikalien sind 10 %ige Essigsäure oder 5 %iges Benzalkoniumchlorid, während für Positivkontrollen für feste Prüfchemikalien Natriumhydroxid oder Imidazol in Frage kommen.

Referenzchemikalien sind nützlich für die Evaluierung des Augenreizpotenzials unbekannter Chemikalien einer bestimmten Chemikalien- oder Produktklasse oder zur Evaluierung des relativen Reizpotenzials eines Augenreizstoffes innerhalb einer spezifischen Spanne von Reizwirkungen.

Gemessene Endpunkte

Behandelte Hornhäute werden vor der Behandlung evaluiert sowie in Abständen von 30, 75, 120, 180 und 240 Minuten (± 5 Minuten) nach dem Abspülen im Anschluss an die Behandlung. Diese Zeitreihe gestattet eine angemessene Anzahl von Messungen während des vierstündigen Behandlungszeitraums und lässt genügend Zeit zwischen den Messungen, um alle Augen vorschriftsgemäß beobachten zu können.

Die evaluierten Endpunkte sind Hornhauttrübung, Hornhautschwellung, Fluorescein-Verfärbung und morphologische Effekte (z. B. durchlöchertes oder abgelöstes Epithel). Alle Endpunkte mit Ausnahme der Fluorescein-Verfärbung (die ausschließlich vor der Behandlung sowie 30 Minuten nach Applikation der Prüfchemikalie ermittelt wird) werden zu jedem der vorgenannten Zeitpunkte bestimmt.

Hornhauttrübung, Fluorescein-Verfärbung, morphologische Effekte und, sofern sie vorliegen, histopathologische Befunde sollten fotografiert werden.

Nach der abschließenden Untersuchung am Ende des vierstündigen Behandlungszeitraums sind die Augen in einer geeigneten Fixierlösung (z. B. neutrales gepuffertes Formalin) aufzubewahren, damit sie gegebenenfalls histopathologisch untersucht werden können (Einzelheiten siehe Nummer 14 und Literaturhinweis (8)).

Hornhautschwellungen werden durch Hornhautdickenmessungen bestimmt, die mit dem optischen Pachometeraufsatz eines Spaltlampenmikroskops vorgenommen werden. Der Schwellungsmesswert wird als Prozentsatz ausgedrückt und auf Basis der Hornhautdickenmesswerte nach folgender Formel berechnet:

Für alle getesteten Augen wird die mittlere Hornhautschwellung (in Prozent) für sämtliche Beobachtungszeitpunkte berechnet. Auf Basis des höchsten Mittelwertes für die Hornhautschwellung (beliebiger Beobachtungszeitpunkt) wird anschließend jeder Prüfchemikalie ein Gesamtwert für die Kategorie (overall category score) zugeordnet (siehe Nummer 51).

Die Hornhauttrübung wird anhand der Hornhautfläche bewertet, die am stärksten getrübt ist (siehe Tabelle 1). Für alle getesteten Augen wird der mittlere Trübungswert für jeden Beobachtungszeitpunkt berechnet. Auf Basis des höchsten Mittelwertes für die Hornhauttrübung (beliebiger Beobachtungszeitpunkt) wird anschließend jeder Prüfchemikalie ein Gesamtwert für die Kategorie (overall category score) zugeordnet (siehe Nummer 51).



Tabelle 1

Hornhauttrübungswerte

WertBeobachtung
0keine Trübung
0,5sehr schwache Trübung
1gestreute oder diffuse Strukturen; Iris deutlich sichtbar
2leicht erkennbare lichtdurchlässige Struktur; Iris weniger deutlich sichtbar
3starke Hornhauttrübung; Einzelheiten der Iris nicht sichtbar; Pupillengröße kaum erkennbar
4vollständige Trübung/Iris unsichtbar

Die Fluorescein-Verfärbung wird nur für den 30-minütigen Beobachtungszeitpunkt bewertet (siehe Tabelle 2). Anschließend wird für alle getesteten Augen die mittlere Fluorescein-Verfärbung für den 30-minütigen Beobachtungszeitpunkt berechnet und zur Ermittlung des jeder Prüfchemikalie zugeordneten Gesamtwertes für die Kategorie herangezogen (siehe Nummer 51).



Tabelle 2

Fluorescein-Verfärbungswerte

WertBeobachtung
0keine Fluorescein-Verfärbung
0,5sehr geringfügige Verfärbung einzelner Zellen
1Verfärbung einzelner Zellen auf der gesamten behandelten Fläche der Hornhaut
2Punktuelle oder konfluierende dichte Zellverfärbung
3konfluierende großflächige Fluorescein-Verfärbung der Hornhaut

Morphologische Effekte umfassen „durchlöcherte“ Hornhaut-Epithelzellen, „abgelöste“Epithelzellen, „aufgeraute“ Hornhautoberfläche und „Verklebung“ der Hornhaut mit der Prüfchemikalie. Diese Befunde können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und gleichzeitig auftreten. Ihre Einstufung erfolgt subjektiv je nach Auswertung des Prüfers.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Datenauswertung

Die Ergebnisse für die Hornhauttrübung, die Hornhautschwellung und die Fluorescein-Verfärbung sind einzeln zu evaluieren, um für jeden Endpunkt eine ICE-Klasse zu generieren. Kombiniert ergeben die ICE-Klassen für die einzelnen Endpunkte eine Reizklasse (Irritancy Classification) für die einzelnen Prüfchemikalien.

Entscheidungskriterien

Nach der Evaluierung jedes Endpunktes können die ICE-Klassen entsprechend einer vorgegebenen Spanne zugeordnet werden. Die Auswertung der Hornhautschwellung (Tabelle 3), der Hornhauttrübung (Tabelle 4) und der Fluorescein-Verfärbung (Tabelle 5) und ihre Einstufung in vier ICE-Klassen erfolgen anhand der nachstehenden Bewertungsskalen. Die Werte für die Hornhautschwellung in Tabelle 3 sind nur gültig, wenn die Dicke mit einem Spaltlampenmikroskop (z. B. Haag-Streit BP900) mit Tiefenmessgerät Nr. 1 und einer Spaltbreiteneinstellung von 9,5 (= 0,095 mm) gemessen wird. Anwender sollten sich darüber im Klaren sein, dass Spaltlampenmikroskope mit unterschiedlicher Spaltbreiteneinstellung unterschiedliche Dickenmesswerte ergeben können.



Tabelle 3

Kriterien für die Einstufung in ICE-Klassen — Hornhautschwellung

Mittlere Hornhautschwellung (in %) (*1)ICE-Klasse
0 bis 5I
> 5 bis 12II
> 12 bis 18 (> 75 Minuten nach der Behandlung)II
> 12 bis 18 (≤ 75 Minuten nach der Behandlung)III
> 18 bis 26III
> 26 bis 32 (> 75 Minuten nach der Behandlung)III
> 26 bis 32 (≤ 75 Minuten nach der Behandlung)IV
> 32IV
(*1)   Höchster Mittelwert für die Hornhauttrübung an einem beliebigen Beobachtungszeitpunkt



Tabelle 4

Kriterien für die Einstufung in ICE-Klassen — Hornhauttrübung

Höchster Mittelwert für die Hornhauttrübung (*1)ICE-Klasse
0,0-0,5I
0,6-1,5II
1,6-2,5III
2,6-4,0IV
(*1)   Höchster Mittelwert an einem beliebigen Beobachtungszeitpunkt (auf Basis der Trübungswerte gemäß Tabelle 1).



Tabelle 5

Kriterien für die Einstufung in ICE-Klassen — mittlere Fluorescein-Verfärbung

Mittlere Verfärbung 30 Minuten nach der Behandlung (*1)ICE-Klasse
0,0-0,5I
0,6-1,5II
1,6-2,5III
2,6-3,0IV
(*1)   Auf Basis der Werte gemäß Tabelle 2.

Die In-vitro-Klassifizierung einer Prüfchemikalie richtet sich nach der GHS-Klasse, die der Kombination von Kategorien entspricht, die für die Hornhautschwellung, die Hornhauttrübung und die Fluorescein-Verfärbung ermittelt wurden, und wird gemäß Tabelle 6 vorgenommen.



Tabelle 6

In-vitro-Gesamtklassifizierung

UN-GHS-KlassifizierungKombinationen der drei Endpunkte
Keine Einstufung

3 × I

2 × I, 1 × II

Keine Vorhersage möglichAndere Kombinationen
Kategorie 1

3 × IV

2 × IV, 1 × III

2 × IV, 1 × II (*1)

2 × IV, 1 × I (*1)

Hornhauttrübung ≥ 3 nach 30 Min. (bei mindestens zwei Augen)

Hornhauttrübung = 4 zu beliebigem Zeitpunkt (bei mindestens zwei Augen)

starkes Ablösen der Epithel-Zellschicht (bei mindestens einem Auge)

(*1)   weniger gängige Kombinationen.

Studienakzeptanzkriterien

Ein Test gilt als akzeptabel, wenn die gleichzeitigen Negativ- oder Vehikel-/Lösungsmittelkontrollen sowie die gleichzeitigen Positivkontrollen „Keine Einstufung“ nach GHS bzw. GHS-Kategorie 1 ergeben.

Prüfbericht

Der Prüfbericht sollte die folgenden Informationen umfassen, soweit sie für die Studie relevant sind:

Prüfchemikalien und Kontrollchemikalien

chemische Bezeichnung(en) wie der vom Chemical Abstracts Service (CAS) benutzte strukturelle Name, gefolgt von anderen Bezeichnungen, soweit bekannt;
CAS-Registrierungsnummer (CAS-Nr.), soweit bekannt;
Reinheit und Zusammensetzung der Prüfchemikalien/Kontrollchemikalien (in Gewichtsprozent), soweit diesbezügliche Informationen vorliegen;
physikalisch-chemische Eigenschaften wie physikalischer Zustand, Flüchtigkeit, pH-Wert, Stabilität, Chemikalienklasse, Wasserlöslichkeit, soweit sie für die Studie relevant sind;
Behandlung der Prüfchemikalien/Kontrollchemikalien vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);
Stabilität, soweit bekannt.

Informationen zu Auftraggeber und Prüfanstalt

Name und Anschrift des Auftraggebers, der Prüfanstalt und des Studienleiters;
Angaben zur Identifizierung der Bezugsquelle der Augen (z. B. Einrichtung, in der sie gewonnen wurden);

Testbedingungen

Beschreibung des angewandten Testsystems;
verwendetes Spaltlampenmikroskop (z. B. Modell) und Einstellungen des verwendeten Spaltlampenmikroskops;
Verweis auf historische Ergebnisse von Negativ- und Positivkontrollen und gegebenenfalls historische Daten, die akzeptable Reihen gleichzeitiger Referenzkontrollen dokumentieren;
das zur Gewährleistung der Integrität (d. h. Genauigkeit und Zuverlässigkeit) der Prüfmethode im Zeitverlauf angewandte Verfahren (z. B. regelmäßige Testung von Leistungschemikalien).

Gewinnung und Vorbereitung der Augen

Alter und Gewicht des Spendertieres und, soweit verfügbar, andere spezifische Angaben zu den Tieren, von denen die Augen gewonnen wurden (z. B. Geschlecht, Stamm);
Lager- und Transportbedingungen der Augen (z. B. Datum und Uhrzeit der Gewinnung der Augen, Zeitabstand zwischen der Gewinnung der Hühnerköpfe und dem Einsetzen der ausgeschälten Augen in die Superfusionskammer);
Vorbereitung und Einsetzen der Augen, einschließlich Angaben zu ihrer Qualität, zur Temperatur der Augenkammern und zu den Kriterien für die Auswahl der bei den Tests verwendeten Augen.

Testverfahren

Anzahl der verwendeten Replikate;
Identität der verwendeten Negativ- und Positivkontrollen (soweit zutreffend, auch der Lösungsmittel- und Referenzkontrollen);
verwendete Dosis, Applikations- und Expositionsdauer der Prüfchemikalie;
Beobachtungszeitpunkte (vor und nach der Behandlung);
Beschreibung der angewandten Bewertungs- und Entscheidungskriterien;
Beschreibung der angewandten Studienakzeptanzkriterien;
Beschreibung etwaiger Änderungen am Testverfahren.

Ergebnisse

tabellarische Aufstellung der Hornhautschwellungs-, Hornhauttrübungs- und Fluorescein-Verfärbungswerte für jedes einzelne Auge und an jedem Beobachtungszeitpunkt, einschließlich der Mittelwerte aller getesteten Augen an jedem Beobachtungszeitpunkt;
höchster Mittelwert für die Hornhautschwellung, die Hornhauttrübung und die Fluorescein-Verfärbung an einem beliebigen Beobachtungszeitpunkt und die zugehörige ICE-Klasse;
Beschreibung sonstiger festgestellter Wirkungen;
die abgeleitete In-vitro-Klassifizierung nach GHS;
gegebenenfalls Aufnahmen vom Auge.

Erörterung der Ergebnisse

Schlussfolgerung

LITERATURHINWEISE

(1) ICCVAM (2007). Test Method Evaluation ReportIn Vitro Ocular Toxicity Test Methods for Identifying Ocular Severe Irritants and Corrosives. Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) and the National Toxicology Program (NTP) Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICEATM). NIH-Veröffentlichung Nr. 07-4517. Verfügbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/ivocutox/ocu_tmer.htm.

(2) ESAC (2007). Statement on the conclusion of the ICCVAM retrospective study on organotypic in vitro assays as screening tests to identify potential ocular corrosives and severe eye irritants. Verfügbar unter: http://ecvam.jrc.it/index.htm.

(3) ICCVAM (2010). ICCVAM Test Method Evaluation ReportCurrent Status of in vitro Test Methods for Identifying Mild/Moderate Ocular Irritants: The Isolated Chicken Eye (ICE) Test Method. Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) and the National Toxicology Program (NTP) Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICEATM). NIH-Veröffentlichung Nr. 10-7553A. Verfügbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/MildMod-TMER.htm.

(4) Vereinte Nationen (UN) (2011). Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), vierte überarbeitete Ausgabe, UN New York und Genf, 2011. Verfügbar unter: http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_rev04/04files_e.html.

(5) Streamlined Summary Document Supporting OECD Test Guideline 438 on the Isolated Chicken Eye for Eye Irritation/Corrosion. Series on Testing and Assessment Nr. 188 (Part 1 und Part 2), OECD, Paris.

(6) Kapitel B.5 dieser Anlage, Akute Augenreizung/-verätzung.

(7) Scott, L., Eskes, C., Hoffman, S., Adriaens, E., Alepee, N., Bufo, M., Clothier, R., Facchini, D., Faller, C., Guest, R., Hamernik, K., Harbell, J., Hartung, T., Kamp, H., Le Varlet, B., Meloni, M., Mcnamee, P., Osborn, R., Pape, W., Pfannenbecker, U., Prinsen, M., Seaman, C., Spielmann, H., Stokes, W., Trouba, K., Vassallo, M., Van den Berghe, C., Van Goethem, F., Vinardell, P., Zuang, V (2010). A proposed Eye Irritation Testing Strategy to Reduce and Replace in vivo Studies Using Bottom-up and Top-down Approaches. Toxicology in Vitro, 24, 1-9.

(8) OECD (2011). Guidance Document on The Bovine Corneal Opacity and Permeability (BCOP) and Isolated Chicken Eye (ICE) Test Methods: Collection of Tissues for Histological Evaluation and Collection of Data on Non-Severe Irritants. Series on Testing and Assessment, Nr. 160, OECD, Paris.

(9) ICCVAM (2006). Background review document: Current Status of In Vitro Test Methods for Identifying Ocular Corrosives and Severe Irritants: Isolated Chicken Eye Test Method. NIH-Veröffentlichung Nr. 06-4513. Research Triangle Park: National Toxicology Program. Verfügbar unter: http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/ivocutox/ocu_brd_ice.htm.

(10) Prinsen, M.K. und Koëter, B.W.M. (1993). Justification of the enucleated eye test with eyes of slaughterhouse animals as an alternative to the Draize eye irritation test with rabbits. Fd. Chem. Toxicol. 31:69-76.

(11) DB-ALM (INVITTOX) (2009). Protokoll Nr. 80: Chicken enucleated eye test (CEET) / Isolated Chicken Eye Test, 13pp. Verfügbar unter: http://ecvam-dbalm.jrc.ec.europa.eu/.

(12) Balls, M., Botham, P.A., Bruner, L.H. und Spielmann H. (1995). The EC/HO international validation study on alternatives to the Draize eye irritation test. Toxicol. in Vitro, 9:871-929.

(13) Prinsen, M.K. (1996). The chicken enucleated eye test (CEET): A practical (pre)screen for the assessment of eye irritation/corrosion potential of test materials. Food Chem. Toxicol. 34:291-296.

(14) Chamberlain, M., Gad, S.C., Gautheron, P. und Prinsen, M.K. (1997). IRAG-Arbeitsgruppe I: Organotypic models for the assessment/prediction of ocular irritation. Food Chem. Toxicol. 35:23-37.

(15) Prinsen, M.K. (2006). The Draize Eye Test and in vitro alternatives; a left-handed marriage? Toxicology in Vitro, 20:78-81.

(16) Siegel, J.D., Rhinehart, E., Jackson, M., Chiarello, L. und das Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee (2007), Guideline for Isolation Precautions: Preventing Transmission of Infectious Agents in Healthcare Settings. Verfügbar unter: http://www.cdc.gov/ncidod/dhqp/pdf/isolation2007.pdf.

(17) Maurer, J.K., Parker, R.D. und Jester, J.V. (2002). Extent of corneal injury as the mechanistic basis for ocular irritation: key findings and recommendations for the development of alternative assays. Reg. Tox. Pharmacol., 36:106-117.

(18) Burton, A.B.G., M. York und R.S. Lawrence (1981). The in vitro assessment of severe irritants. Fd. Cosmet.- Toxicol., 19:471-480.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Augenreizung : Erzeugen von Veränderungen am Auge nach Applikation einer Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation vollständig reversibel sind. Austauschbar mit „Reversible Wirkungen am Auge“ und mit der „UN-GHS-Kategorie 2“ (4).

Bottom-Up-Ansatz : Schrittweiser Ansatz für eine Chemikalie, von der vermutet wird, dass sie keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordert. Dabei werden zuerst Chemikalien, die keine Einstufung erfordern (negatives Ergebnis), von anderen Chemikalien (positives Ergebnis) unterschieden.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Evidenzbasierte Bewertung : Prüfung der Stärken und Schwächen verschiedener Informationen, um über das Gefahrenpotenzial einer Chemikalie entscheiden zu können und diese Entscheidung zu untermauern.

Falsch-Negativ-Rate : Der Anteil aller positiven Chemikalien, die von einer Prüfmethode fälschlicherweise als negativ identifiziert werden. Sie ist ein Leistungsindikator der Prüfmethode.

Falsch-Positiv-Rate : Der Anteil aller negativen Chemikalien, die von einer Prüfmethode fälschlicherweise als positiv identifiziert werden. Sie ist ein Leistungsindikator der Prüfmethode.

Fluorescein-Verfärbung : Subjektiver Messwert im Rahmen des ICE-Tests für die Fluorescein-Natrium-Verfärbung der Epithel-Zellen in der Hornhaut nach Applikation einer Prüfchemikalie. Das Ausmaß der Fluorescein-Verfärbung ist ein Indikator der Schädigung des Hornhautepithels.

Gefahr : Inhärente Eigenschaft eines Stoffes oder eines Umfelds mit dem Potenzial, einen Organismus, ein System oder eine (Sub)population bei Exposition gegenüber diesem Stoff zu schädigen.

Gemisch : Gemisch oder Lösung aus zwei oder mehr Stoffen, die nicht miteinander reagieren (4).

Genauigkeit : Der Grad der Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und anerkannten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der „Relevanz“. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode.

Gestufte Prüfstrategie : Eine schrittweise Prüfstrategie, bei der alle vorhandenen Informationen über eine Prüfchemikalie in einer vorgegebenen Reihenfolge überprüft werden, wobei auf jeder Stufe nach dem evidenzbasierten Bewertungsansatz (weight-of-evidence) vorgegangen wird, um feststellen zu können, ob genügend Informationen für eine Gefahrenklassifizierung vorliegen, bevor zur nächsten Stufe übergegangen wird. Wenn das Reizpotenzial einer Prüfchemikalie auf Basis der vorliegenden Informationen zugeordnet werden kann, sind keine weiteren Testungen erforderlich. Ist dies nicht der Fall, müssen schrittweise sequenzielle Tierversuche durchgeführt werden, bis eine eindeutige Klassifizierung vorgenommen werden kann.

Globales Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN-GHS) : Ein System zur Klassifizierung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) nach standardisierten Typen und Stufen physikalischer, gesundheitlicher und ökologischer Gefahren und zur entsprechenden Kennzeichnung durch Piktogramme, Signalwörter, Gefahrenhinweise, Sicherheitshinweise und Sicherheitsdatenblätter, um zum Schutz des Menschen (einschließlich Arbeitgeber, Arbeiter, Spediteure, Verbraucher und Notfall-Einsatzkräfte) und der Umwelt Informationen über die schädlichen Wirkungen der betreffenden Chemikalien zu verbreiten (4).

Hornhaut : Der Iris und Pupille überdeckende transparente vordere Teil des Augapfels, über den Licht ins Augeninnere übertragen wird.

Hornhautschwellung : Objektiver Messwert im Rahmen des ICE-Tests für die Umfangszunahme der Hornhaut nach Applikation einer Prüfchemikalie. Der Wert wird als Prozentsatz ausgedrückt und auf Basis von Referenz-Hornhautdickenmessungen (Messung vor der Applikation) und der in regelmäßigen Abständen nach der Applikation der Prüfchemikalie im ICE-Test aufgezeichneten Dicke berechnet. Das Ausmaß der Hornhautschwellung ist ein Indikator der Hornhautschädigung.

Hornhauttrübung : Messwert für die Undurchsichtigkeit der Hornhaut nach Applikation einer Prüfchemikalie. Eine verstärkte Hornhauttrübung ist ein Indikator für die Schädigung der Hornhaut.

Irreversible Wirkungen am Auge : siehe „Schwere Augenschädigung“ und „UN-GHS-Kategorie 1“.

Keine Einstufung nach UN-GHS : Stoffe, die die Voraussetzungen für eine Einstufung in die UN-GHS-Kategorien 1 oder 2 (2A oder 2B) nicht erfüllen. Austauschbar mit „Nicht eingestuft“.

Lösungsmittel-/Vehikelkontrolle : Eine unbehandelte Probe, die alle Komponenten eines Testsystems enthält, einschließlich des Lösungsmittels oder Vehikels, und die mit den prüfchemikalienbehandelten Proben und anderen Kontrollproben mitgeführt wird, um die Referenzreaktion für die mit der Prüfchemikalie behandelten Proben, die im selben Lösungsmittel oder Vehikel aufgelöst wurden, zu bestimmen. Bei der Testung mit einer gleichzeitigen Negativkontrolle zeigt diese Probe außerdem an, ob das Lösungsmittel oder Vehikel mit dem Testsystem interagiert.

Negativkontrolle : Ein unbehandeltes Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält. Diese Probe wird mit prüfchemikalienbehandelten Proben und anderen Kontrollproben mitgeführt, um festzustellen, ob das Lösungsmittel mit dem Testsystem interagiert.

Nicht eingestuft : Stoffe, die nicht als augenreizend (UN-GHS-Kategorie 2) oder schwer augenschädigend (UN-GHS-Kategorie 1) eingestuft sind. Austauschbar mit der UN-GHS-Klasse „Keine Einstufung“.

Positivkontrolle : Ein Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält und mit einer Chemikalie behandelt wird, die bekanntermaßen eine positive Reaktion hervorruft. Um sicherzustellen, dass Abweichungen bei der Positivkontrollreaktion im Zeitverlauf bewertet werden können, sollte die Reaktion nicht zu heftig sein.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Referenzchemikalie : Eine zum Vergleich mit einer Prüfchemikalie verwendete Bezugsgröße. Eine Referenzchemikalie sollte die folgenden Eigenschaften aufweisen: i) beständige und zuverlässige Quelle(n); ii) strukturelle und funktionelle Ähnlichkeit zur Klasse der geprüften Chemikalien; iii) bekannte physikalische/chemische Eigenschaften; iv) unterstützende Daten zu bekannten Wirkungen und v) bekannte Potenz innerhalb der gewünschten Wirkungsspanne.

Reversible Wirkungen am Auge : siehe „Augenreizung“ und „UN-GHS-Kategorie 2“.

Schwere Augenschädigung : Erzeugen von Gewebeschäden im Auge oder eine schwerwiegende Verschlechterung des Sehvermögens nach Applikation einer Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation nicht vollständig reversibel sind. Austauschbar mit „Irreversible Wirkungen am Auge“ und mit „UN-GHS-Kategorie 1“ (4).

Spaltlampenmikroskop : Ein Instrument zur direkten Untersuchung des Auges, vergrößert mit einem binokularen Aufrechtbild-Stereomikroskop. Beim ICE-Test wird dieses Instrument eingesetzt, um die Vorderkammern des Hühnerauges visuell zu untersuchen und um die Hornhautdicke anhand eines Pachometer-Aufsatzes objektiv zu messen.

Stoff : Chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder durch ein Produktionsverfahren hergestellt, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung entstehenden Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können (4).

Tensid : Auch als oberflächenaktiver Stoff bezeichnet. Hierbei handelt es sich um Stoffe, wie waschaktive Substanzen (Detergenzien), die die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit herabsetzen und so die Bildung von Schaum oder das Eindringen in feste Stoffe ermöglichen; auch bekannt als Netzmittel.

Top-Down-Ansatz : Schrittweiser Ansatz für eine Chemikalie, von der vermutet wird, dass sie schwere Augenschäden verursacht. Dabei werden zuerst Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen (positives Ergebnis), von anderen Chemikalien (negatives Ergebnis) unterschieden.

UN-GHS-Kategorie 1 : siehe „Schwere Augenschädigung“ und/oder „Irreversible Wirkungen am Auge“.

UN-GHS-Kategorie 2 : siehe „Augenreizung“ und/oder „Reversible Wirkungen am Auge“.

Validierte Prüfmethode : Eine Prüfmethode, für die zwecks Bestimmung ihrer Relevanz (einschließlich Genauigkeit) und Zuverlässigkeit für einen bestimmten Zweck Validierungsstudien abgeschlossen wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass eine validierte Prüfmethode möglicherweise nicht genau und zuverlässig genug ist, um für den vorgeschlagenen Zweck akzeptiert zu werden.

Zuverlässigkeit : Maß der Reproduzierbarkeit einer Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien über einen längeren Zeitraum und bei einheitlichem Protokoll. Die Zuverlässigkeit wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und Intralabor-Wiederholbarkeit bewertet.

Anlage 2

LEISTUNGSCHEMIKALIEN FÜR DEN ICE

Vor der routinemäßigen Anwendung eines Tests, der den Anforderungen der vorliegenden Prüfmethode genügt, haben Laboratorien ihre technische Kompetenz nachzuweisen, indem sie die 13 in Tabelle 1 empfohlenen Chemikalien in die richtige Augengefährdungsklasse einstufen. Die Chemikalien wurden so ausgewählt, dass sie die Bandbreite von Augengefährdungen repräsentieren, die auf den Ergebnissen des In-vivo-Kaninchenaugentests (TG 405) und dem UN-GHS-Klassifizierungssystem (d. h. den UN-GHS-Kategorien 1, 2A, 2B oder „Keine Einstufung“) basieren (4) (6). Weitere Auswahlkriterien betrafen die Erhältlichkeit der Chemikalien im Handel, die Verfügbarkeit hochwertiger In-vivo-Referenzdaten und das Vorhandensein hochwertiger Daten aus dem ICE-In-vitro-Test. Referenzdaten können aus dem SSD (5) und den Background Review Documents des ICCVAM für den ICE-Test bezogen werden (9).



Tabelle 1

Empfohlene Chemikalien für den Nachweis der technischen Kompetenz von Laboratorien zur Durchführung des ICE-Tests

ChemikalieCAS-Nr.Chemikalien-klasse (1)Physika-lischer ZustandIn-Vivo-Klassifizierung (2)In-Vitro-Klassifizierung (3)
Benzalkonium-chlorid (5 %)8001-54-5Onium-verbindungflüssigKategorie 1Kategorie 1
Chlorhexidin55-56-1Amin, AmidinfestKategorie 1Kategorie 1
Dibenzoyl-D-Weinsäure2743-38-6Carbonsäure, EsterfestKategorie 1Kategorie 1
Imidazol288-32-4heterocyclischfestKategorie 1Kategorie 1
Trichloressig-säure (30 %)76-03-9CarbonsäureflüssigKategorie 1Kategorie 1
2,6-Dichlorbenzoyl-chlorid4659-45-4AcylhalogenidflüssigKategorie 2 AKeine Vorhersage möglich (4)
Ammonium-nitrat6484-52-2Anorganisches SalzfestKategorie 2A (5)Keine Vorhersage möglich (4)
Ethyl-2-methylaceto-acetat609-14-3Ketone, EsterflüssigKategorie 2BKeine Vorhersage möglich (4)
Dimethyl-sulfoxid67-68-5Organische Schwefel-verbindungflüssigNicht eingestuftNicht eingestuft
Glyzerin56-81-5AlkoholflüssigNicht eingestuftNicht eingestuft (Grenzfall)
Methylcyclo-pentan96-37-7Kohlenwasser-stoff (cyclisch)flüssigNicht eingestuftNicht eingestuft
n-Hexan110-54-3Kohlenwasser-stoff (acyclisch)flüssigNicht eingestuftNicht eingestuft
Triacetin102-76-1LipidflüssigNicht eingestuftNicht eingestuft

(1)   Jede Prüfchemikalie wurde anhand einer Standard-Klassifizierungsregelung auf Basis des Klassifizierungssystems der National Library of Medicine Medical Subject Headings (MeSH) einer Chemikalienklasse zugeordnet (abrufbar über http//www.nlm.nih.gov/mesh).

(2)   gestützt auf Ergebnisse aus dem In-vivo-Kaninchenaugentest (OECD TG 405) unter Verwendung des UN-GHS-Klassifizierungssystems (4)(6).

(3)   gestützt auf Ergebnisse des ICE-Tests gemäß Tabelle 6.

(4)   Kombination anderer ICE-Werte als der in Tabelle 6 angegebenen Werte zur Identifizierung der GHS-Kategorie „Keine Einstufung“ und der GHS-Kategorie 1 (siehe Tabelle 6).

(5)   Die Einstufung in die Kategorie 2A oder 2B ist von der Auswertung der Kriterien des UN-GHS zur Unterscheidung zwischen diesen beiden Kategorien abhängig, d. h. für eine Einstufung in die Kategorie 2A müssen an 1 von 3 gegenüber 2 von 3 Tieren Wirkungen an Tag 7 beobachtet werden. Die In-vivo-Studie umfasste drei Tiere. Alle Endpunkte mit Ausnahme einer Bindehautrötung bei einem Tier, gingen bis Tag 7 oder früher auf einen Wert von null zurück. Das eine Tier, das sich bis Tag 7 nicht vollständig regeneriert hatte, wies (an Tag 7) einen Bindehautrötungswert von 1 auf, der an Tag 10 ganz zurückging.

Abkürzungen: CAS-Nr. = Registernummer des Chemical Abstracts Service

Anlage 3

SCHAUBILDER DES ICE-SUPERFUSIONSGERÄTS UND DER ICE-AUGENKLEMMEN

(Siehe Burton et al. (18) für weitere generische Beschreibungen von Superfusionsgeräten und Augenklemmen)



Nr.BeschreibungNr.Beschreibung
1Warmwasserauslass9Kammer
2Schiebefenster10Augenhalter
3Superfusionsgerät11Hühnerauge
4Optisches Messinstrument12Auslass Kochsalzlösung
5Warmwassereinlass13Feststellschraube
6Kochsalzlösung14Oberer justierbarer Fixierarm
7Warmes Wasser15Unterer unbeweglicher Fixierarm
8Einlass Kochsalzlösung

B.49.   IN-VITRO-MIKRONUKLEUSTEST AN SÄUGETIERZELLEN

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 487 (2016) und ist Teil einer Reihe von Prüfmethoden zur genetischen Toxikologie. Es wurde ein OECD-Dokument erstellt, das kurz gefasste und hilfreiche Informationen zu Untersuchungen zur genetischen Toxikologie sowie eine Übersicht über die jüngsten Änderungen dieser Prüfrichtlinien enthält (1).

Der In-vitro-Mikronukleustest (MNvit) ist ein Genotoxizitätstest zum Nachweis von Mikronuklei im Zytoplasma von Interphasezellen. Mikronuklei oder Mikrokerne können aus azentrischen Chromosomenfragmenten (d. h. Chromosomen, denen ein Zentromer fehlt) oder aus ganzen Chromosomen entstehen, die während der Anaphase der Zellteilung nicht zu den Polen wandern können. Der MNvit-Test ist daher eine In-vitro-Methode, die eine breite Basis für die In-vitro-Erforschung potenzieller Chromosomenschädigungen bildet, da sowohl Aneugene als auch Klastogene (2) (3) in Zellen nachgewiesen werden können, die während oder nach Kontakt mit der Prüfchemikalie eine Zellteilung durchlaufen haben (weitere Einzelheiten siehe Nummer 13). Mikrokerne stellen auf Tochterzellen übertragene Schäden dar, während in Metaphasezellen festgestellte Chromosomenaberrationen unter Umständen nicht übertragen werden. In beiden Fällen sind die Veränderungen möglicherweise nicht mit dem Überleben der Zellen kompatibel.

Die vorliegende Prüfmethode gestattet die Verwendung von Protokollen mit und ohne den Aktin-Polymerisationsinhibitor Cytochalasin B (cytoB). Durch Beigabe von cytoB vor der Mitose entstehen Zellen mit zwei Kernen. Dies ermöglicht die Identifizierung und selektive Analyse von Mikrokernen in Zellen, die eine Mitose durchlaufen haben (4) (5). Diese Prüfmethode gestattet auch die Verwendung von Protokollen ohne Zytokinese-Block, vorausgesetzt, es gibt Beweise dafür, dass die analysierte Zellpopulation eine Mitose vollzogen hat.

Zusätzlich zum MNvit-Test zur Identifizierung von Chemikalien, die Mikrokerne erzeugen, können auch die immunchemische Markierung von Kinetochoren oder die Hybridisierung mit Zentromer- bzw. Telomer-Sonden (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)) zusätzliche Informationen über die Mechanismen der Chromosomenschädigung und der Bildung von Mikrokernen liefern (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17). Diese Markierungs- und Hybridisierungsverfahren können angewandt werden, wenn eine verstärkte Mikrokernbildung festgestellt wird und der Prüfer erkennen will, ob diese Zunahme das Ergebnis klastogener und/oder aneugener Ereignisse ist.

Da Mikrokerne in Zellen im Stadium der Interphase mit relativer Objektivität bewertet werden können, muss das Laborpersonal nur bestimmen, wie viele Zellen zwei Kerne (bei Hinzufügung von cytoB) bzw. (in allen anderen Fällen) wie viele Zellen einen Mikrokern enthalten. Infolgedessen können die Objektträger relativ schnell bewertet werden, und die Analyse lässt sich automatisieren. Dies macht es praktisch möglich, Tausende statt Hunderte von Zellen pro Behandlung zu bewerten und so die Aussagekraft des Tests zu erhöhen. Da schließlich die Mikrokerne von verzögert transportierten Chromosomen herrühren können, besteht die Möglichkeit, Aneuploidie induzierende Agenzien nachzuweisen, deren Untersuchung in konventionellen Chromosomenaberrationstests nur schwer möglich ist, z. B. Kapitel B.10 dieses Anhangs (18). Allerdings gestattet der in dieser Prüfmethode beschriebene MNvit-Test die Differenzierung zwischen Veränderungen der Chromosomenzahl und/oder Polyploidie induzierenden Chemikalien und Klastogenizität verursachenden Chemikalien nur, wenn besondere Techniken wie die unter Nummer 4 genannte FISH eingesetzt werden.

Der MNvit-Test ist zuverlässig und kann bei einer Vielfalt von Zelltypen, mit oder ohne Zusatz von cytoB, durchgeführt werden. Umfassende Daten belegen die Validität des MNvit-Tests bei Verwendung unterschiedlicher Zelltypen (kultivierter Zelllinien oder primärer Zellkulturen) (19) (20) (21) (22) (23) (24) (25) (26) (27) (28) (29) (30) (31) (32) (33) (34) (35) (36). Hierzu zählen insbesondere die internationalen Validierungsstudien, koordiniert durch die Société Française de Toxicologie Génétique (SFTG) (19) (20) (21) (22) (23), und die Berichte des International Workshop on Genotoxicity Testing (5) (17). Die verfügbaren Daten wurden außerdem vom Europäischen Zentrum zur Validierung von Alternativmethoden (ECVAM) der Europäischen Kommission in einer retrospektiven Validierungsstudie nach dem Weight-of-Evidence-Ansatz neu bewertet, und die Prüfmethode wurde vom Wissenschaftlich Beratenden Ausschuss (ESAC) des ECVAM als wissenschaftlich validiert anerkannt (37) (38) (39).

Beim MNvit-Test an Säugetierzellen können kultivierte Zelllinien oder primäre Zellkulturen menschlichen Ursprungs oder von Nagetieren zum Einsatz kommen. Da die Hintergrundfrequenz von Mikrokernen die Empfindlichkeit des Tests beeinflusst, empfiehlt es sich, Zelltypen mit einer stabilen und festgelegten Hintergrundfrequenz der Mikrokernbildung zu verwenden. Die verwendeten Zellen werden unter dem Gesichtspunkt der Wachstumsfähigkeit in Kultur, der Karyotypstabilität (einschließlich Chromosomenzahl) und der spontanen Häufigkeit von Mikrokernen ausgewählt (40). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lassen die verfügbaren Daten keine konkreten Empfehlungen zu, deuten jedoch darauf hin, dass es bei der Bewertung chemischer Gefahren wichtig ist, den p53-Status, die genetische (Karyotyp-)Stabilität, die DNA-Reparaturfähigkeit und die Herkunft (Nagetier oder Mensch) der für die Tests ausgewählten Zellen zu berücksichtigen. Anwendern dieser Prüfmethode wird daher empfohlen, den Einfluss dieser und anderer Zelleigenschaften auf die Leistung einer Zelllinie bei der Erkennung der Mikrokerninduktion zu berücksichtigen, da sich die Erkenntnisse auf diesem Gebiet ständig weiterentwickeln.

Es gelten die Definitionen gemäß Anlage 1.

VORBEMERKUNGEN UND EINSATZGRENZEN

In vitro durchgeführte Tests erfordern in der Regel den Zusatz eines exogenen Stoffwechselaktivierungssystems, sofern die Zellen nicht im Hinblick auf die Prüfchemikalien metabolisch kompetent sind. Mit diesem exogenen Stoffwechselaktivierungssystem lassen sich die In-vivo-Bedingungen jedoch nicht gänzlich nachvollziehen. Es sind auch Bedingungen zu vermeiden, die zu künstlich positiven Ergebnissen führen, die nicht die Genotoxizität der Prüfchemikalie widerspiegeln. Dazu gehören unter anderem Veränderungen des pH-Wertes (41) (42) (43) bzw. der Osmolalität, Wechselwirkung mit dem Zellkulturmedium (44) (45) oder hochgradige Zytotoxizität (siehe Nummer 29).

Zur Analyse der Mikrokerninduktion ist es wesentlich, dass sowohl die behandelten als auch die unbehandelten Kulturen eine Mitose durchlaufen haben. Das informativste Stadium für die Auswertung von Mikrokernen liegt in Zellen vor, die eine Mitose während oder nach der Behandlung mit der Prüfchemikalie vollzogen haben. Bei hergestellten Nanomaterialien sind besondere Anpassungen dieser Prüfmethode erforderlich, die hier jedoch nicht beschrieben werden.

Bevor die Prüfmethode auf ein Gemisch angewendet wird, um zu Regulierungszwecken Daten zu gewinnen, sollte geprüft werden, ob, und falls ja, warum, sie für diesen Zweck geeignete Ergebnisse liefern kann. Diese Überlegungen erübrigen sich, sofern die Durchführung von Tests für das Gemisch gesetzlich vorgeschrieben ist.

TESTPRINZIP

Zellkulturen menschlichen Ursprungs oder von Säugetieren werden sowohl mit als auch ohne exogene Stoffwechselaktivierung mit der Prüfchemikalie in Kontakt gebracht, außer wenn Zellen mit eigener adäquater Metabolisierungskapazität verwendet werden (siehe Nummer 19).

Während oder nach dem Kontakt mit der Prüfchemikalie werden die Zellen so lange kultiviert, dass Chromosomenschäden oder andere Wirkungen auf den Zellzyklus/die Zellteilung zur Bildung von Mikrokernen in Interphasezellen führen können. Zur Induktion einer Aneuploidie sollte die Prüfchemikalie während der Mitose vorhanden sein. Gewonnene und gefärbte Interphasezellen werden auf das Vorhandensein von Mikrokernen untersucht. Im Idealfall sollten Mikrokerne nur in Zellen ausgewertet werden, die während des Kontakts mit der Prüfchemikalie oder ggf. während der Zeit nach der Behandlung eine Mitose durchlaufen haben. In Kulturen, die mit einem Zytokinese-Blocker behandelt wurden, ist dies ohne Weiteres möglich, indem nur zweikernige Zellen ausgewertet werden. Wenn kein Zytokinese-Blocker verwendet wurde, ist es wichtig nachzuweisen, dass die analysierten Zellen aufgrund einer Zunahme der Zellpopulation wahrscheinlich während oder nach dem Kontakt mit der Prüfchemikalie eine Zellteilung durchlaufen haben. Bei allen Protokollen ist es wichtig nachzuweisen, dass sowohl in den Kontrollkulturen als auch in den behandelten Kulturen eine Zellproliferation stattgefunden hat. Das Ausmaß der von der Prüfchemikalie induzierten Zytotoxizität oder Zytostase sollte in allen Kulturen bewertet werden, die auf das Vorhandensein von Mikrokernen untersucht werden.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Zellen

Es können kultivierte primäre Lymphozyten aus dem peripheren Blut von Menschen oder anderen Säugetieren (7) (20) (46) (47) sowie verschiedene Zelllinien von Nagetieren wie CHO, V79, CHL/IU und L5178Y oder menschliche Zelllinien wie TK6 verwendet werden (19) (20) (21) (22) (23) (26) (27) (28) (29) (31) (33) (34) (35) (36) (siehe Nummer 6). Andere Zelllinien wie HT29 (48), Caco-2 (49), HepaRG (50) (51), HepG2-Zellen (52) (53), A549 und primäre Embryonalzellen des Syrischen Hamsters (54) wurden in Mikronukleustests verwendet, sind zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht umfassend validiert worden. Die Verwendung dieser Zelllinien und -typen sollte daher anhand ihrer nachgewiesenen Leistung im Test begründet werden, wie im Abschnitt „Akzeptanzkriterien“ beschrieben. CytoB kann Berichten zufolge das Wachstum von L5178Y-Zellen beeinträchtigen und wird daher bei dieser Zelllinie nicht empfohlen (23). Wenn aus Gründen des Tierschutzes primäre Zellen verwendet werden, sollten, soweit möglich, Zellen menschlichen Ursprungs in Betracht gezogen und nach humanethischen Grundsätzen und Vorschriften beprobt werden.

Lymphozyten aus dem peripheren Blut von Menschen sollten jungen (ca. 18- bis 35-jährigen) nicht rauchenden Personen ohne bekannte Erkrankung entnommen werden, die bekanntermaßen in letzter Zeit nicht mit genotoxischen Einwirkungen (z. B. in Form von Chemikalien oder ionisierender Strahlung) in einer Intensität in Kontakt gekommen sind, die zu einem Anstieg der Hintergrundrate von Mikrokernzellen führen würde. Dies stellt eine niedrige und gleichmäßige Hintergrundrate von Mikrokernzellen sicher. Die Hintergrundrate von Mikrokernzellen nimmt mit fortschreitendem Alter zu. Dieser Trend ist bei Frauen ausgeprägter als bei Männern (55). Wenn Zellen von mehreren Spendern zur Verwendung gepoolt werden, ist die Anzahl der Spender anzugeben. Es muss nachgewiesen werden, dass sich die Zellen seit dem Beginn der Behandlung mit der Prüfchemikalie bis zur Zellentnahme geteilt haben. Zellkulturen werden in einer Phase des exponentiellen Wachstums gehalten (Zelllinien) oder zur Teilung angeregt (primäre Lymphozytenkulturen), damit die Zellen in unterschiedlichen Stadien des Zellzyklus exponiert werden, da die Empfindlichkeit der Zellstadien gegenüber den Prüfchemikalien möglicherweise nicht bekannt ist. Die Primärzellen, die mit mitogenen Stoffen zur Teilung stimuliert werden müssen, werden in der Regel während der Behandlung mit der Prüfchemikalie nicht weiter synchronisiert (z. B. humane Lymphozyten nach einer 48-stündigen mitogenen Stimulierung). Die Verwendung synchronisierter Zellen während der Behandlung mit der Prüfchemikalie wird nicht empfohlen, kann jedoch zulässig sein, sofern sie begründet wird.

Kulturmedien und Inkubationsbedingungen

Zur Kultivierung sind geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen (Kulturgefäße, ggf. befeuchtete Atmosphäre mit einer CO2-Konzentration von 5 %, Temperatur von 371 °C) zu verwenden. Zelllinien sind routinemäßig auf Stabilität der modalen Chromosomenzahl und Mykoplasmaverunreinigung zu überprüfen, und Zellen sollten bei Verunreinigung oder bei veränderter modaler Chromosomenzahl nicht herangezogen werden. Die normale Dauer des Zellzyklus bei den gewählten Zelllinien oder der im Prüflabor verwendeten primären Kulturen sollte bekannt sein und mit den veröffentlichten Zelleigenschaften übereinstimmen.

Vorbereitung der Kulturen

Zelllinien: Die Zellen werden aus Stammkulturen gewonnen und im Kulturmedium in einer solchen Dichte überimpft, dass die Zellen in Suspensions- oder Monolayerkultur bis zum Zeitpunkt der Gewinnung weiterhin exponentiell wachsen (z. B. sollte eine Konfluenz bei in Monolayerkultur gezüchteten Zellen vermieden werden).

Lymphozyten: Mit einem Antikoagulans (z. B. Heparin) behandeltes Vollblut oder separierte Lymphozyten werden einem Kulturmedium beigegeben (z. B. bei humanen Lymphozyten für die Dauer von 48 Stunden), das ein Mitogen (z. B. Phytohämagglutinin (PHA) im Fall von humanen Lymphozyten) enthält, um eine Zellteilung vor der Behandlung mit der Prüfchemikalie und cytoB herbeizuführen.

Stoffwechselaktivierung

Bei Zellen mit ungeeigneter Stoffwechselkapazität sollten exogene metabolisierende Systeme eingesetzt werden. Das am häufigsten verwendete, standardmäßig empfohlene System, sofern nicht anders begründet, ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren (in der Regel Ratten), die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (56) (57) oder einem Gemisch aus Phenobarbital und b-Naphtoflavon (58) (59) (60) vorbehandelt wurde. Das letztgenannte Gemisch verstößt nicht gegen das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (61) und hat sich bei der Induktion von Mischfunktionsoxidasen als ebenso wirksam wie Aroclor 1254 erwiesen (58) (59) (60). Die S9-Fraktion wird im Endmedium in der Regel in Konzentrationen von 1 bis 2 % v/v verwendet, kann jedoch auf 10 % v/v erhöht werden. Die Verwendung von Produkten, die den Mitoseindex senken, insbesondere Komplexbildnern für Calcium (62), sollte während der Behandlung vermieden werden. Die Wahl der Art und Konzentration des exogenen Metabolisierungssystems oder metabolischen Agens ist möglicherweise von der geprüften chemischen Klasse abhängig.

Vorbereitung der Prüfchemikalie

Feste Prüfchemikalien sollten vor der Zellbehandlung in geeigneten Lösungsmitteln gelöst und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfchemikalien können dem Versuchssystem vor der Behandlung direkt beigegeben und/oder verdünnt werden. Gasförmige oder flüchtige Prüfchemikalien sind mithilfe geeigneter Änderungen an den Standardprotokollen, wie z. B. durch Behandlung in hermetisch verschlossenen Gefäßen (63) (64) (65), zu prüfen. Zubereitungen der Prüfchemikalie sollten kurz vor der Behandlung hergestellt werden, es sei denn, die Stabilität der Chemikalie bei Lagerung wird nachgewiesen.

Prüfbedingungen

Lösungsmittel

Das Lösungsmittel sollte so gewählt werden, dass eine optimale Löslichkeit der Prüfchemikalie gewährleistet ist, ohne dass die Durchführung des Versuchs negativ beeinträchtigt wird, z. B. durch Änderung des Zellwachstums, Beeinträchtigung der Integrität der Prüfchemikalie, Reaktion mit Kulturgefäßen, Behinderung des Stoffwechselaktivierungssystems. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels (oder Kulturmediums) in Erwägung zu ziehen. Gründlich erprobte Lösungsmittel sind Wasser oder Dimethylsulfoxid (DMSO). In der Regel sollen organische Lösungsmittel 1 % v/v nicht übersteigen. Wenn cytoB in DMSO gelöst wird, darf die für die Prüfchemikalie und cytoB verwendete Gesamtmenge an organischen Lösungsmitteln nicht mehr als 1 % v/v betragen; anderenfalls sind unbehandelte Kontrollen zu verwenden, um sicherzustellen, dass der Anteil an organischen Lösungsmitteln keine schädliche Wirkung hat. Wässrige Lösungsmittel (Kochsalzlösung oder Wasser) sollen 10 % v/v im Endmedium nicht übersteigen. Kommen weniger gründlich erprobte Lösungsmittel zur Verwendung (z. B Ethanol oder Aceton), ist deren Verwendung durch Daten zu stützen, die ihre Verträglichkeit mit der Prüfchemikalie, mit dem Versuchssystem sowie ihre mangelnde Genotoxizität in der verwendeten Konzentration belegen. Liegen keine Daten vor, die dies belegen, ist es wichtig, unbehandelte Kontrollen (siehe Anlage 1) sowie Lösungsmittelkontrollen einzubeziehen, um nachzuweisen, dass durch die gewählten Lösungsmittel keine schädlichen oder chromosomalen Wirkungen (z. B. Aneuploidie oder Klastogenizität) ausgelöst werden.

Verwendung von cytoB als Zytokinese-Blocker

Eine der wichtigsten Überlegungen bei der Durchführung des MNvit-Tests gilt der Vergewisserung, dass die bewerteten Zellen während der Behandlung oder ggf. während der Inkubationszeit nach der Behandlung eine Mitose durchlaufen haben. Die Auswertung von Mikrokernen soll daher auf Zellen beschränkt werden, die während oder nach der Behandlung eine Mitose vollzogen haben. CytoB ist das am häufigsten verwendete Agens zur Zytokinese-Blockierung, da es den Aktinaufbau hemmt und somit die Trennung der Tochterzellen nach der Mitose verhindert, was wiederum zur Bildung zweikerniger Zellen führt (6) (66) (67). Zugleich kann bei Verwendung von cytoB die Auswirkung der Prüfchemikalie auf die Zellproliferationskinetik gemessen werden. CytoB sollte bei der Verwendung menschlicher Lymphozyten als Zytokinese-Blocker eingesetzt werden, da die Zellzyklendauer zwischen einzelnen Spendern variiert und nicht alle Lymphozyten auf Phytohämagglutinin reagieren. Bei anderen Zelltypen ist cytoB nicht zwingend erforderlich, sofern nachgewiesen werden kann, dass diese eine Teilung durchlaufen haben, wie unter Nummer 27 beschrieben. Außerdem wird cytoB im Allgemeinen nicht verwendet, wenn die Proben mithilfe durchflusszytometrischer Methoden auf Mikrokerne untersucht werden.

Für jeden Zelltyp sollte das Labor die geeignete cytoB-Konzentration festlegen, um in den Lösungsmittelkontrollkulturen eine optimale Frequenz der zweikernigen Zellen zu erreichen. Ferner sollte die Konzentration nachweislich eine gute Ausbeute an zweikernigen Zellen zur Auswertung ergeben. Die geeignete cytoB-Konzentration liegt in der Regel zwischen 3 und 6 μ/ml (19).

Messung von Zellproliferation und Zytotoxizität und Wahl der Behandlungskonzentrationen

Bei der Festlegung der höchsten zu testenden Konzentration der Prüfchemikalie sind Konzentrationen zu vermeiden, die zu künstlich positiven Reaktionen führen können, wie z. B. zu übermäßiger Zytotoxizität (siehe Nummer 29), Ausfällungen im Kulturmedium (siehe Nummer 30) oder ausgeprägten Änderungen des pH-Werts oder der Osmolalität (siehe Nummer 9). Sofern die Prüfchemikalie zum Zeitpunkt der Zugabe den pH-Wert des Mediums erheblich verändert, lässt sich der pH-Wert auch durch Anwendung eines Puffers im Endmedium einstellen, damit künstlich positive Reaktionen vermieden und geeignete Kulturbedingungen aufrechterhalten werden.

Es werden Messungen der Zellproliferation vorgenommen, um sicherzustellen, dass genügend behandelte Zellen während des Tests eine Mitose durchlaufen haben und dass die Behandlungen bei geeigneten Zytotoxizitätsniveaus durchgeführt werden (siehe Nummer 29). Die Zytotoxizität sollte im Hauptversuch mit und ohne Stoffwechselaktivierung und unter Verwendung eines geeigneten Indikators für Zelltod und -wachstum bestimmt werden (siehe Nummern 26 und 27). Wenngleich die Bewertung der Zytotoxizität im Rahmen eines ersten Vorversuchs nützlich sein kann, um die im Hauptversuch verwendeten Konzentrationen besser bestimmen zu können, ist ein Vorversuch nicht zwingend erforderlich. Wird er durchgeführt, ersetzt er nicht die Messung der Zytotoxizität im Hauptversuch.

Die Behandlung von Kulturen mit cytoB und die Messung der relativen Häufigkeit von einkernigen, zweikernigen und mehrkernigen Zellen in der Kultur sind ein genaues Verfahren zur Quantifizierung des Effekts auf die Zellproliferation und die zytotoxische oder zytostatische Wirkung einer Behandlung (6) und stellen sicher, dass nur Zellen mikroskopisch bewertet werden, die während oder nach der Behandlung eine Teilung vollzogen haben. Es wird empfohlen, die zytotoxische und zytostatische Wirkung einer Behandlung mittels des Zytokinese-Block-Proliferationsindex (CBPI) (6) (27) (68) oder des Replikationsindex (RI) bei mindestens 500 Zellen pro Kultur abzuleiten (Formeln siehe Anlage 2). Hierzu werden die Werte in behandelten Kulturen und Kontrollkulturen miteinander verglichen. Die Bewertung anderer Zytotoxizitäts-Indikatoren (z. B. Zellintegrität, Apoptose, Nekrose, Metaphasezählung, Zellzyklus) könnte ebenfalls nützliche Informationen liefern, darf jedoch nicht als Ersatz für den CBPI oder RI verwendet werden.

In Studien ohne cytoB muss nachgewiesen werden, dass sich die Zellen in der Kultur geteilt haben, sodass ein erheblicher Teil der bewerteten Zellen während oder nach Behandlung mit der Prüfchemikalie eine Teilung durchlaufen hat. Anderenfalls kann es zu falsch negativen Reaktionen kommen. Die Messung der relativen Populationsverdopplung (RPD) oder der relativen Erhöhung der Zellzahl (RICC) sind empfohlene Verfahren zur Schätzung der zytostatischen Wirkung eines Behandlung (17) (68) (69) (70) (71) (Formeln siehe Anlage 2). Bei längeren Probenahmephasen (z. B. Behandlung über einen Zeitraum von 1,5 bis 2 normalen Zellzykluslängen und Gewinnung nach weiteren 1,5 bis 2 normalen Zellzykluslängen, woraus sich eine Probenahmezeit von insgesamt mehr als 3 bis 4 normalen Zellzykluslängen ergibt, wie unter Nummern 38 und 39 beschrieben) könnte es bei der RPD zu einer Unterschätzung der Toxizität kommen (71). Unter diesen Umständen ist die RICC möglicherweise ein besseres Verfahren. Anderenfalls erhält man anhand einer Bewertung der Zytotoxizität nach 1,5 bis 2 normalen Zellzykluslängen einen hilfreichen Schätzwert. Die Bewertung anderer Marker für Zytotoxizität oder Zytostase (z. B. Zellintegrität, Apoptose, Nekrose, Metaphasezählung, Proliferationsindex (PI), Zellzyklus, nukleoplasmische Brücken oder Kernknospen) könnten nützliche Informationen liefern, dürfen jedoch nicht als Ersatz für die RPD oder die RICC verwendet werden.

Es sollten mindestens drei Versuchskonzentrationen (ausgenommen das Lösungsmittel und Positivkontrollen), die die Akzeptanzkriterien erfüllen (geeignete Zytotoxizität, Anzahl der Zellen usw.), ausgewertet werden. Unabhängig von der Art der Zellen (Zelllinien oder Primärkulturen von Lymphozyten) können für jede überprüfte Konzentration Replikat- oder Einfachkulturen herangezogen werden. Wenngleich die Verwendung von Zweifachkulturen ratsam ist, sind Einfachkulturen auch zulässig, vorausgesetzt, es wird für Einfach- oder Zweifachkulturen jeweils die gleiche Gesamt-Zellpopulation ausgewertet. Die Verwendung von Einzelkulturen ist insbesondere dann relevant, wenn mehr als drei Konzentrationen bewertet werden (siehe Nummern 44 und 45). Die Ergebnisse aus den unabhängigen Replikatkulturen bei einer festgelegten Konzentration können zu Datenanalysezwecken gepoolt werden. Bei Prüfchemikalien mit geringer oder keiner Zytotoxizität sind in der Regel Konzentrationsintervalle mit zwei- bis dreifacher Konzentration geeignet. Wenn Zytotoxizität auftritt, sollten die Prüfkonzentrationen einen Bereich ausgehend vom Wert, bei dem Zytotoxizität auftritt (siehe Beschreibung unter Nummer 29), bis zu Konzentrationen mit mäßiger oder geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Viele Prüfchemikalien zeigen steile Konzentrations-Wirkungs-Kurven. Um Daten zu mäßiger oder geringer Toxizität zu erhalten oder um die Dosis-Wirkungs-Beziehungen im Einzelnen auszuwerten, wird es daher erforderlich sein, Konzentrationen mit kleineren Abständen und/oder mehr als drei Konzentrationen zu verwenden (Einfach- oder Replikatkulturen), insbesondere in Fällen, in denen ein Wiederholungsversuch erforderlich ist (siehe Nummer 60).

Beruht die höchste Konzentration auf der Zytotoxizität, sollte die Höchstkonzentration darauf abzielen, unter Verwendung der empfohlenen Zytotoxizitätsparameter (d. h. Verringerung der RICC und RPD bei Zelllinien, wenn cytoB nicht verwendet wird, und Verringerung des CBPI oder RI, wenn cytoB verwendet wird, auf 45 ± 5 % der gleichzeitigen Negativkontrollen) eine Zytotoxizität von 55 ± 5 % zu erreichen (72). Ausschließlich am oberen Ende dieses Zytotoxizitätsbereichs von 55 ± 5 % anzutreffende positive Ergebnisse sollten mit Vorsicht interpretiert werden (71).

Im Falle schwer löslicher Chemikalien, die bei Konzentrationen unterhalb der niedrigsten unlöslichen Konzentration nicht zytotoxisch sind, sollte die höchste analysierte Konzentration am Ende der Behandlung mit der Prüfchemikalie eine Trübung oder eine mit bloßem Auge oder mithilfe eines Inversmikroskops erkennbare Ausfällung bewirken. Auch wenn Zytotoxizität oberhalb der niedrigsten unlöslichen Konzentration auftritt, ist es ratsam, nur eine Konzentration zu testen, die eine Trübung oder sichtbare Ausfällung hervorruft, da artefaktische Wirkungen eine Folge dieser Ausfällung sein könnten. Bei der Konzentration, bei der es zu einer Ausfällung kommt, ist unbedingt sicherzustellen, dass die Ausfällung nicht die Durchführung des Versuchs beeinträchtigt (z. B. Färbung oder Auswertung). Es ist möglicherweise sinnvoll, die Löslichkeit im Kulturmedium vor dem Versuch zu bestimmen.

Wenn keine Ausfällung bzw. keine begrenzende Zytotoxizität festgestellt wird, sollte die Höchstkonzentration bei Versuchen 10 mM, 2 mg/ml oder 2 μl/ml betragen, je nachdem, welcher Wert am niedrigsten ist (73) (74) (75). Sofern die Zusammensetzung der Prüfchemikalie nicht genau definiert ist, z. B. ein Stoff mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien (UVCB) (76), ein Umweltextrakt usw., muss die höchste Konzentration möglicherweise höher angesetzt werden (z. B. bei 5 mg/ml), sofern keine ausreichende Zytotoxizität vorhanden ist, um die Konzentration der einzelnen Bestandteile zu erhöhen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Anforderungen sich von denen für Humanpharmazeutika unterscheiden können (93).

Kontrollen

Bei jedem Gewinnungszeitpunkt sind parallel laufende Negativkontrollen (siehe Nummer 21) anzulegen, bei denen das Behandlungsmedium lediglich Lösungsmittel enthält und die auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen bearbeitet werden.

Gleichzeitige Positivkontrollen müssen durchgeführt werden, um die Eignung des Labors zum Nachweis von Klastogenen und Aneugenen unter den Bedingungen des verwendeten Prüfprotokolls sowie ggf. die Wirksamkeit des exogenen Stoffwechselaktivierungssystems nachzuweisen. Beispiele für Positivkontrollen sind nachstehender Tabelle 1 zu entnehmen. Es können andere geeignete Positivkontrollchemikalien verwendet werden, sofern dies begründet ist.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine Aneugene bekannt, die zu ihrer genotoxischen Wirkung eine Stoffwechselaktivierung benötigen (17). Da In-vitro-Tests auf Genotoxizität in Säugetierzellen für die gleichzeitigen Kurzzeitbehandlungen mit und ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems über die gleiche Behandlungsdauer ausreichend standardisiert sind, kann sich die Hinzuziehung von Positivkontrollen auf ein Klastogen beschränken, das eine Stoffwechselaktivierung erfordert. In diesem Fall wird durch die Reaktion einer einzelnen Positivkontrolle sowohl die Aktivität des Stoffwechselaktivierungssystems als auch die Reaktionsfähigkeit des Testsystems nachgewiesen. Im Falle einer Langzeitbehandlung (ohne S9) sollte jedoch eine gesonderte Positivkontrolle erfolgen, da die Behandlungsdauer beim Test mit Stoffwechselaktivierung eine andere ist. Wird als einzige Positivkontrolle für die Kurzzeitbehandlung mit und ohne Stoffwechselaktivierung ein Klastogen ausgewählt, sollte für die Langzeitbehandlung ohne Stoffwechselaktivierung ein Aneugen ausgewählt werden. Positivkontrollen für Klastogenizität und Aneugenizität sollten in metabolisch kompetenten Zellen verwendet werden, die kein S9 benötigen.

Jede Positivkontrolle sollte bei einer oder mehreren Konzentrationen durchgeführt werden, die voraussichtlich eine reproduzierbare und erkennbare Zunahme gegenüber dem Hintergrund ergeben, womit sich die Empfindlichkeit des Versuchssystems nachweisen lässt (d. h. die Wirkungen sind eindeutig, lassen aber beim Ablesen nicht sofort die Identität der kodierten Objektträger erkennen), und die Wirkung sollte nicht durch einen Zytotoxizitätswert beeinträchtigt werden, der die in dieser Prüfmethode vorgegebenen Grenzen überschreitet.



Tabelle 1.

Zur Beurteilung der Eignung des Labors und zur Wahl der Positivkontrollen empfohlene Referenzchemikalien

KategorieChemikalieCAS-Nr.
1.  Klastogene, die ohne Stoffwechselaktivierung wirken
Methylmethansulfonat66-27-3
Mitomycin C50-07-7
4-Nitroquinolin-N-oxid56-57-5
Cytosinarabinosid147-94-4
2.  Klastogene, die eine Stoffwechselaktivierung erfordern
Benzo[a]pyren50-32-8
Cyclophosphamid50-18-0
3.  Aneugene
Colchicin64-86-8
Vinblastin143-67-9

VERFAHREN

Behandlungsplan

Um die Wahrscheinlichkeit zu maximieren, dass ein Aneugen oder Klastogen in einem bestimmten Stadium des Zellzyklus erkannt wird, muss eine ausreichende Anzahl an Zellen während aller Stadien ihrer Zellzyklen mit der Prüfchemikalie behandelt werden. Alle Behandlungen sollten während des exponentiellen Wachstums der Zellen beginnen und enden, und die Zellen sollten bis zum Zeitpunkt der Probenahme weiter wachsen. Der Behandlungsplan für Zelllinien und primäre Zellkulturen kann daher in gewisser Weise von dem für Lymphozyten abweichen, die für den Beginn ihres Zellzyklus einer mitogenen Stimulation bedürfen (17). Bei Lymphozyten ist es am wirksamsten, die Behandlung mit der Prüfchemikalie 44 bis 48 Stunden nach der PHA-Stimulation zu beginnen, wenn sich die Zellen asynchron teilen (6).

Veröffentlichte Daten (19) legen nahe, dass die meisten Aneugene und Klastogene entdeckt werden, wenn eine kurze Behandlung von 3 bis 6 Stunden mit oder ohne Vorhandensein von S9 erfolgt, woraufhin die Prüfchemikalie entfernt wird und die Zellen in einem Zeitraum beprobt werden, der etwa der 1,5-fachen bis 2-fachen Dauer des normalen Zellzyklus nach Behandlungsbeginn entspricht (7).

Für eine gründliche Bewertung, die erforderlich wäre, um auf ein negatives Ergebnis zu schließen, sollten bei Durchführung einer Kurzzeitbehandlung mit und ohne Stoffwechselaktivierung und einer Langzeitbehandlung ohne Stoffwechselaktivierung alle drei der folgenden Versuchsbedingungen angewandt werden, und zwar eine (siehe Nummern 56, 57 und 58):

Die Zellen sollten 3 bis 6 Stunden lang ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems mit der Prüfchemikalie behandelt werden und in einem Zeitraum beprobt werden, der etwa der 1,5-fachen bis 2-fachen Dauer des normalen Zellzyklus nach Behandlungsbeginn entspricht (19).
Die Zellen sollten 3 bis 6 Stunden lang mit Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems mit der Prüfchemikalie behandelt werden und in einem Zeitraum beprobt werden, der etwa der 1,5-fachen bis 2-fachen Dauer des normalen Zellzyklus nach Behandlungsbeginn entspricht (19).
Die Zellen sollten kontinuierlich ohne Stoffwechselaktivierung behandelt werden, wobei eine Beprobung nach Ablauf eines Zeitraums erfolgt, der etwa der 1,5-fachen bis 2-fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht.

Führt eine der oben genannten Versuchsbedingungen zu einem positiven Befund, ist es möglicherweise nicht erforderlich, Untersuchungen anhand der anderen Behandlungsverfahren durchzuführen.

Wenn bekannt ist oder der Verdacht besteht, dass die Prüfchemikalie die Dauer des Zellzyklus beeinflusst (z. B. bei der Prüfung von Nucleosidanalogen), was insbesondere für p53-kompetente Zellen gilt (35) (36) (77), können die Zeiträume für die Probenahme oder Regenerierung um bis zu eine weitere 1,5-fache bis 2-fache Dauer des normalen Zellzyklus (d. h. insgesamt die 3-fache bis 4-fache Dauer des Zellzyklus nach Beginn der Kurzzeit- und Langzeitbehandlungen) ausgedehnt werden. Diese Optionen beziehen sich auf Situationen, in denen mögliche Wechselwirkungen zwischen der Prüfchemikalie und cytoB befürchtet werden. Bei verlängerten Probenahmezeiten (d. h. einer Kulturzeit von insgesamt der 3-fachen bis 4-fachen Zellzyklusdauer) ist unbedingt sicherzustellen, dass sich die Zellen noch aktiv teilen. Bei Lymphozyten beispielsweise kann das exponentielle Wachstum 96 Stunden nach der Stimulation nachlassen, und Monolayerkulturen können konfluent werden.

Die empfohlenen Pläne für die Zellbehandlung sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Diese allgemeinen Behandlungspläne können je nach Stabilität oder Reaktivität der Prüfchemikalie oder den besonderen Wachstumseigenschaften der verwendeten Zellen (mit entsprechender Begründung) modifiziert werden.



Tabelle 2.

Zellbehandlung und Entnahmezeitpunkte beim MNvit-Test

Lymphozyten, Primärzellen und Zelllinien, die mit cytoB behandelt wurden

+ S9

Kurzzeitbehandlung

3-6 Stunden Behandlung in Anwesenheit von S9;

Entfernung von S9 und Behandlungsmedium;

Zugabe von neuem Medium und cytoB;

Zellentnahme nach 1,5-2,0 normalen Zellzyklen nach Behandlungsbeginn.

– S9

Kurzzeitbehandlung

3-6 Stunden Behandlung;

Entfernung des Behandlungsmediums;

Zugabe von neuem Medium und cytoB;

Zellentnahme nach 1,5-2,0 normalen Zellzyklen nach Behandlungsbeginn.

– S9

Verlängerte Behandlung

Behandlung über 1,5-2,0 normale Zellzyklen in Anwesenheit von cytoB;

Zellentnahme am Ende der Behandlungsdauer.

Ohne cytoB behandelte Zelllinien

(Identisch mit den obigen Behandlungsplänen mit der Ausnahme, dass kein cytoB zugegeben wird)

Bei Monolayerkulturen können am Ende der 3- bis 6-stündigen Behandlung mitotische Zellen vorhanden sein (erkennbar daran, dass sie rund sind und sich von der Oberfläche ablösen). Da diese mitotischen Zellen sich leicht lösen, können sie bei Entfernung des Mediums mit der Prüfchemikalie verloren gehen. Kann nachgewiesen werden, dass die Zahl der mitotischen Zellen gegenüber den Kontrollen erheblich zugenommen hat, was mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen mitotischen Arrest hinweist, sollten die Zellen durch Zentrifugieren gewonnen und anschließend der Kultur wieder zugeführt werden, um zu vermeiden, dass Zellen verlorengehen, die sich in der Mitose befinden und zum Zeitpunkt der Gewinnung dem Risiko einer Mikrokernbildung/Chromosomenaberration ausgesetzt sind.

Zellgewinnung und Präparation des Objektträgers

Jede Kultur wird gesondert gewonnen und aufbereitet. Die Zellpräparation kann eine Behandlung mit hypotoner Lösung beinhalten, dieser Schritt ist jedoch nicht notwendig, wenn eine angemessene Ausbreitung der Zellen anderweitig sichergestellt wird. Bei der Präparation der Objektträger können verschiedene Techniken angewandt werden, vorausgesetzt, es werden Zellpräparate hoher Qualität zur Auswertung bereitgestellt. Dabei sollten Zellen mit intakter Zellmembran und intaktem Zytoplasma zurückgehalten werden, um die Erkennung von Mikrokernen sowie (bei der Zytokinese-Block-Methode) die zuverlässige Identifizierung zweikerniger Zellen zu ermöglichen.

Die Objektträger können mit verschiedenen Verfahren angefärbt werden, beispielsweise mit Giemsa oder fluoreszierenden DNA-spezifischen Farbstoffen. Durch Verwendung eines DNA-spezifischen Farbstoffs (z. B. Acridin Orange (78) oder Hoechst 33258 Plus Pyronin-Y (79)) lassen sich bestimmte Artefakte vermeiden, die bei der Verwendung eines nicht DNA-spezifischen Farbstoffs auftreten. Zur Identifizierung des Inhalts (ganze Chromosomen werden eingefärbt, azentrische Chromosomenfragmente nicht) von Mikrokernen können Anti-Kinetochor-Antikörper, FISH mit panzentromerischen DNA-Sonden oder eine präparierte In-situ-Markierung mit panzentromer-spezifischen Primern, zusammen mit der geeigneten DNA-Gegenfärbung, verwendet werden, wenn mechanistische Informationen zu ihrer Bildung benötigt werden (16) (17). Andere Methoden zur Unterscheidung zwischen Klastogenen und Aneugenen können ebenfalls angewandt werden, wenn sie sich als wirksam erwiesen haben. Beispielsweise könnten bei bestimmten Zelllinien die Messungen von sub-2N-Kernen als hypodiploide Ereignisse mittels Techniken wie Bildanalyse, Laser-Scan-Zytometrie oder Durchflusszytometrie ebenfalls nützliche Informationen liefern (80) (81) (82). Morphologische Beobachtungen von Kernen könnten ebenfalls auf eine mögliche Aneuploidie hinweisen. Ein Test auf Chromosomenaberrationen in der Metaphase, vorzugsweise am gleichen Zelltyp und unter Verwendung eines Protokolls mit vergleichbarer Empfindlichkeit, könnte ebenfalls eine nützliche Methode sein, um festzustellen, ob die Mikrokerne auf einen Chromosomenbruch zurückzuführen sind (in dem Wissen, dass ein Chromosomenverlust mit dem Test auf Chromosomenaberrationen nicht erkannt würde).

Analyse

Alle Objektträger, auch die für das Lösungsmittel und die unbehandelten Kontrollen (sofern verwendet) und die Positivkontrollen, sind vor der mikroskopischen Untersuchung der Mikrokernfrequenzen von unabhängiger Seite zu kodieren. Bei der Verwendung eines automatisierten Auswertungssystems, wie Durchflusszytometrie, Laser-Scan-Zytometrie oder Bildanalyse, sollten geeignete Techniken zum Ausgleich systematischer Messfehler verwendet werden. Unabhängig davon, welche automatisierte Plattform zur Zählung der Mikrokerne verwendet wird, sind CBPI, RI, RPD oder RICC parallel auszuwerten.

In Kulturen, die mit cytoB behandelt wurden, sind die Mikrokernfrequenzen von mindestens 2 000 zweikernigen Zellen pro Konzentration und Kontrolle (83) zu analysieren, die, sofern Replikate verwendet werden, gleichmäßig auf die Replikate verteilt sein sollten. Bei der Verwendung von Einfachkulturen pro Dosis (siehe Nummer 28) sollten in einer solchen Kultur mindestens 2 000 zweikernige Zellen pro Kultur (83) ausgewertet werden. Wenn wesentlich weniger als 1 000 zweikernige Zellen pro Kultur (bei Zweifachkulturen) bzw. 2 000 (bei Einfachkulturen) in jeder Konzentration für die Auswertung zur Verfügung stehen und wenn keine signifikante Zunahme an Mikrokernen festgestellt wird, ist der Test mit einer höheren Anzahl an Zellen oder mit weniger zytotoxischen Konzentrationen zu wiederholen, je nachdem, was angemessen ist. Es ist darauf zu achten, dass keine zweikernigen Zellen ausgewertet werden, die unregelmäßige Formen aufweisen oder deren zwei Kerne in der Größe beträchtlich voneinander abweichen. Außerdem dürfen zweikernige Zellen nicht mit schlecht auf dem Träger verteilten mehrkernigen Zellen verwechselt werden. Zellen mit mehr als zwei Hauptkernen werden nicht auf Mikrokerne untersucht, da in diesen Zellen die zugrunde liegende Mikrokernfrequenz höher sein könnte (84). Die Auswertung einkerniger Zellen ist akzeptabel, wenn die Prüfchemikalie die Wirkung von cytoB beeinträchtigt. In diesen Fällen könnte ein Wiederholungstest ohne cytoB sinnvoll sein. Die Auswertung einkerniger Zellen zusätzlich zu den zweikernigen Zellen könnte nützliche Informationen liefern (85) (86), ist jedoch nicht zwingend erforderlich.

In Zelllinien, die ohne cytoB-Behandlung getestet wurden, sind die Mikrokerne in mindestens 2 000 Zellen pro Prüfkonzentration und Kontrolle (83) zu analysieren, die, sofern Replikate verwendet werden, gleichmäßig auf die Replikate verteilt sein sollten. Bei der Verwendung von Einzelkulturen je Konzentration (siehe Nummer 28) sind in dieser Kultur mindestens 2 000 Zellen auszuwerten. Wenn wesentlich weniger als 1 000 Zellen pro Kultur (bei Zweifachkulturen) bzw. 2 000 Zellen (bei Einfachkulturen) in jeder Konzentration für die Auswertung zur Verfügung stehen und wenn keine signifikante Zunahme an Mikrokernen festgestellt wird, ist der Test mit einer höheren Anzahl an Zellen oder mit weniger zytotoxischen Konzentrationen zu wiederholen, je nachdem, was angemessen ist.

Wenn cytoB verwendet wird, ist von mindestens 500 Zellen pro Kultur ein CBPI oder RI zur Bewertung der Zellproliferation (siehe Anlage 2) festzulegen. Werden die Behandlungen ohne cytoB durchgeführt, muss unbedingt nachgewiesen werden, dass die Zellen in der Kultur eine Zellteilung vollzogen haben, wie unter den Nummern 24 bis 28 erläutert.

Kompetenz des Labors

Um ausreichende Erfahrungen mit der Prüfung zu sammeln, bevor routinemäßige Tests erfolgen, sollte das Labor eine Reihe von Versuchen mit positiven Referenzchemikalien durchgeführt haben, die sich unterschiedlicher Mechanismen (mindestens einer mit und einer ohne Stoffwechselaktivierung sowie einer mit einem aneugenen Wirkmechanismus, ausgewählt aus den in Tabelle 1 aufgeführten Chemikalien) und verschiedener Negativkontrollen (einschließlich unbehandelter Kulturen und verschiedener Lösungsmittel/Vehikel) bedienen. Die Reaktionen dieser Positiv- und Negativkontrollen sollten mit der Literatur im Einklang stehen. Dies gilt nicht für erfahrene Labors, d. h. für Labors, die über eine Datenbank mit historischen Daten gemäß der Definition unter den Nummern 49 bis 52 verfügen.

Eine Auswahl von Positivkontrollchemikalien (siehe Tabelle 1) sollte anhand von Kurz- und Langzeitbehandlungen ohne Stoffwechselaktivierung und darüber hinaus anhand einer Kurzzeitbehandlung mit Stoffwechselaktivierung untersucht werden, um die Fähigkeit des Labors zum Nachweis klastogener und aneugener Chemikalien, zur Bestimmung der Wirksamkeit des Stoffwechselaktivierungssystems und des Nachweises der Eignung der Auswertungsverfahren (visuelle mikroskopische Untersuchung, Durchflusszytometrie, Laser-Scan-Zytometrie oder Bildanalyse) zu belegen. Zum Nachweis der Empfindlichkeit und dynamischen Bandbreite des Versuchssystems sollte eine Spanne der Konzentrationen der ausgewählten Chemikalien festgelegt werden, um reproduzierbare und konzentrationsbezogene Zunahmen gegenüber dem Hintergrund zu erhalten.

Historische Kontrolldaten

Das Labor sollte Folgendes bestimmen:

Bereich und Verteilung historischer Positivkontrollen
Bereich und Verteilung historischer Negativkontrollen (unbehandelt, Lösungsmittel)

Bei der erstmaligen Erfassung von Daten zur Verteilung einer historischen Negativkontrolle sollten gleichzeitige Negativkontrollen veröffentlichten Negativkontrolldaten entsprechen, sofern solche vorhanden sind. Werden weitere Versuchsdaten zur Verteilung der Kontrollen hinzugefügt, sollten gleichzeitige Negativkontrollen idealerweise innerhalb von 95 % der Kontrollgrenzen der gewählten Verteilung liegen (87) (88). Die Datenbank des Labors zu historischen Negativkontrollen sollte zunächst mit mindestens 10 Versuchen angelegt werden. Vorzugsweise sollte sie jedoch aus mindestens 20 Versuchen bestehen, die unter vergleichbaren Versuchsbedingungen durchgeführt wurden. Labors sollten Qualitätskontrollverfahren anwenden, wie z. B. Qualitätsregelkarten (z. B. C-Karten oder X-Bar-Karten (88)), um zu ermitteln, wie variabel ihre Positiv- und Negativkontrolldaten sind, und um nachzuweisen, dass die Methodik in ihrem Labor„unter Kontrolle“ ist (83). Weitere Empfehlungen zum Aufbau und zur Verwendung von Sammlungen historischer Daten (d. h. Kriterien für die Aufnahme und den Ausschluss von Daten in bzw. aus historischen Datensätzen und die Gültigkeitskriterien für einen bestimmten Versuch) sind den Literaturangaben zu entnehmen (87).

Sämtliche Änderungen am Versuchsprotokoll sind auf Übereinstimmung mit den bereits vorhandenen historischen Kontrolldaten zu prüfen. Bei größeren Inkonsistenzen sollte eine neue historische Kontrolldatenbank erstellt werden.

Negativkontrolldaten sollten das Auftreten von Zellen mit Mikrokernen aus einer Einzelkultur oder aus einer Summe von Replikatkulturen erfassen (vgl. Beschreibung unter Nummer 28). Gleichzeitige Negativkontrollen sollten idealerweise innerhalb der Kontrollgrenzen von 95 % der gewählten Verteilung in der Datenbank des Labors zu historischen Negativkontrollen liegen (87) (88). Sofern gleichzeitige Negativkontrolldaten außerhalb der Kontrollgrenzen von 95 % liegen, ist es zulässig, sie in die historische Kontrollverteilung aufzunehmen, solange es sich bei den Daten nicht um „extreme Ausreißer“ handelt und nachgewiesen werden kann, dass das Testsystem „unter Kontrolle“ ist (siehe Nummer 50) und nachweislich kein technisches oder menschliches Versagen vorliegt.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Interpretation der Ergebnisse

Bei Verwendung des Zytokinese-Block-Verfahrens werden nur die Frequenzen zweikerniger Zellen mit Mikrokernen (unabhängig von der Anzahl der Mikrokerne pro Zelle) zur Bewertung der Mikrokern-Induktion herangezogen. Die Auswertung der Anzahl an Zellen mit einem, zwei oder mehr Mikrokernen kann separat ausgewiesen werden und könnte nützliche Informationen liefern, ist jedoch nicht zwingend notwendig.

Festzulegen sind auch Maßnahmen, die gleichzeitig zur Bestimmung der Zytotoxizität und/oder Zytostase aller behandelten Kulturen und aller Negativ- und Positivkontrollkulturen durchgeführt werden (16). Der CBPI oder der RI ist für alle behandelten Kulturen und Kontrollkulturen zu berechnen, da sich bei Anwendung der Zytokinese-Block-Methode die Messungen des Zellzyklus verzögern. Kommt cytoB nicht zum Einsatz, sollte die relative Populationsverdopplung (RPD) oder die relative Erhöhung der Zellzahl (RICC) herangezogen werden (siehe Anlage 2).

Es sind die Daten für die einzelnen Kulturen zu dokumentieren. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefasst werden.

Gültigkeitskriterien

Die Akzeptanz eines Versuchs beruht auf folgenden Kriterien:

Die Aufnahme der gleichzeitigen Negativkontrolle in die Datenbank des Labors zu historischen Negativkontrollen ist zulässig, wenn sie der Beschreibung unter Nummer 50 entspricht.
Gleichzeitige Positivkontrollen (siehe Nummer 50) sollten Reaktionen hervorrufen, die mit den Reaktionen kompatibel sind, die in der Datenbank zu historischen Positivkontrollen erzeugt werden, und eine statistisch signifikante Zunahme gegenüber den gleichzeitigen Negativkontrollen aufweisen.
Die Kriterien für die Zellproliferation in der Lösungsmittelkontrolle müssen erfüllt sein (Nummern 25, 26 und 27).
Es wurden alle drei Versuchsbedingungen getestet, es sei denn, eine führte zu positiven Ergebnissen (Nummern 36-40).
Eine angemessene Zahl an Zellen und Konzentrationen ist analysierbar (Nummer 28 sowie Nummern 44, 45 und 46).
Die Kriterien für die Auswahl der höchsten Konzentration entsprechen den Kriterien unter den Nummern 24-31.

Bewertung und Interpretation der Ergebnisse

Unter der Voraussetzung, dass alle Akzeptanzkriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig positiv, wenn unter den geprüften Versuchsbedingungen (siehe Nummern 36-39)

mindestens eine der Versuchskonzentrationen eine statistisch signifikante Zunahme gegenüber der gleichzeitigen Negativkontrolle aufweist (89),
die Zunahme unter mindestens einer Versuchsbedingung bei der Bewertung anhand eines geeigneten Trendtests dosisabhängig ist (siehe Nummer 28),
eines der Ergebnisse außerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegt (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %, siehe Nummer 52).

Sind alle diese Kriterien erfüllt, wird davon ausgegangen, dass die Prüfchemikalie in diesem Testsystem Chromosomenbrüche und/oder Gewinn bzw. Verlust von Chromosomenmaterial auslösen kann. Empfehlungen zu den am besten geeigneten statistischen Methoden sind der Literatur zu entnehmen (90) (91) (92).

Unter der Voraussetzung, dass alle Akzeptanzkriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig negativ, wenn unter allen geprüften Versuchsbedingungen (siehe Nummern 36-39)

keine der Versuchskonzentrationen eine statistisch signifikante Zunahme gegenüber der gleichzeitigen Negativkontrolle aufweist,
die Bewertung anhand eines geeigneten Trendtests keine dosisabhängige Zunahme ergibt,
alle Ergebnisse innerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten liegen (z. B. auf einer Poisson-Verteilung beruhende Kontrollgrenzen von 95 %, siehe Nummer 52).

In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass die Prüfchemikalie keine Chromosomenbrüche und/oder Gewinn bzw. Verlust von Chromosomenmaterial in diesem Testsystem auslösen kann. Empfehlungen zu den am besten geeigneten statistischen Methoden sind der Literatur zu entnehmen (90) (91) (92).

Bei einer eindeutig positiven oder negativen Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich.

In den Fällen, in denen die Reaktion, wie oben beschrieben, weder eindeutig negativ noch eindeutig positiv ist, und/oder um die biologische Relevanz eines Ergebnisses zu untermauern, sollten die Daten durch eine fachkundige Beurteilung und/oder anhand weiterer Untersuchungen bewertet werden. Die Auswertung weiterer Zellen oder die Durchführung eines Wiederholungsversuchs, möglicherweise unter veränderten Versuchsbedingungen (z. B. Abstände der Konzentrationen, andere Stoffwechselaktivierungsbedingungen (d. h. Konzentration oder Herkunft von S9), könnte gegebenenfalls hilfreich sein.

In seltenen Fällen erlaubt der Datensatz selbst nach weiteren Untersuchungen keine definitive Aussage zu positiven oder negativen Ergebnissen, und es wird daher die Schlussfolgerung gezogen, dass die Reaktion nicht eindeutig ist.

Wenn Prüfchemikalien im MNvit-Test Mikrokerne induzieren, kann dies darauf zurückzuführen sein, dass sie Chromosomenbrüche, Chromosomenverlust oder eine Kombination aus beidem verursachen. Deshalb können weitere Analysen unter Einsatz von Anti-Kinetochor-Antikörpern, zentromer-spezifischen In-situ-Sonden oder mithilfe sonstiger Methoden vorgenommen werden, um festzustellen, ob der Mechanismus der Mikrokern-Induktion von einer klastogenen und/oder aneugenen Wirkung herrührt.

Testbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie:

Herkunft, Partienummer, ggf. begrenztes Verwendungsdatum;
Stabilität der Prüfchemikalie, falls bekannt;
Reaktivität der Prüfchemikalien mit dem Lösungsmittel/Vehikel oder dem Zellkulturmedium;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfchemikalie im Lösungsmittel, falls bekannt;
Messung des pH-Werts, der Osmolalität und ggf. des Niederschlag im Kulturmedium, dem die Prüfchemikalie zugegeben wurde.

Einkomponentige Substanz:

Aussehen, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, falls zutreffend und praktisch durchführbar usw.

Mehrkomponentige Substanz, UVCB-Stoffe und Gemische:

So weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten.

Lösungsmittel:

Begründung der Auswahl des Lösungsmittels;
Anteil des Lösungsmittels im endgültigen Kulturmedium.

Zellen:

Typ und Herkunft der verwendeten Zellen;
Eignung des verwendeten Zelltyps;
bei Zelllinien: Nichtvorhandensein von Mykoplasma;
bei Zelllinien: Angaben über die Dauer des Zellzyklus oder den Proliferationsindex;
bei Verwendung von Lymphozyten: Geschlecht und Alter der Blutspender, sachdienliche Informationen zum Spender, Vollblut oder separierte Lymphozyten, verwendetes Mitogen;
normale Zellzyklusdauer (Negativkontrolle);
bei Zelllinien: ggf. Passagenanzahl;
bei Zelllinien: zum Erhalt der Zellkultur verwendete Verfahren;
bei Zelllinien: Modalwert der Chromosomen.

Prüfbedingungen:

Bezeichnung des Zytokinese-Block-Stoffs (z. B. cytoB), falls verwendet, dessen Konzentration und Dauer der Zellexposition;
Konzentration der Prüfchemikalie, ausgedrückt als Endkonzentration im Kulturmedium (z. B. μg oder mg/ml oder mM des Kulturmediums);
Begründung für die Auswahl der Konzentrationen und die Anzahl der Kulturen, darunter z. B. Angaben zur Zytotoxizität und Löslichkeitsgrenze;
Medienzusammensetzung, ggf. CO2-Konzentration, Feuchtigkeit;
Konzentration (und/oder Volumen) des Lösungsmittels und der dem Kulturmedium beigegebenen Prüfchemikalie;
Inkubationstemperatur und -dauer;
Behandlungsdauer;
Zeitpunkt der Gewinnung nach der Behandlung;
ggf. Zelldichte bei der Beimpfung;
Art und Zusammensetzung des Stoffwechselaktivierungssystems (Herkunft von S9, Zubereitungsmethode des S9-Gemisches, Konzentration oder Volumen des S9-Gemisches und von S9 im Endmedium), Qualitätskontrollen von S9 (z. B. enzymatische Aktivität, Sterilität, Stoffwechselfähigkeit);
Positiv- und Negativkontrollchemikalien, Endkonzentrationen, Bedingungen sowie Behandlungsdauer und Regenerationszeit;
Methoden zur Präparation des Objektträgers und verwendete Färbetechnik;
Kriterien für die Auswertung von Mikrokernzellen (Auswahl der analysierbaren Zellen und Identifizierung von Mikrokernen);
Anzahl der analysierten Zellen;
Methoden zur Bestimmung der Zytotoxizität;
evtl. zusätzliche Angaben zur Zytotoxizität und zum verwendeten Verfahren;
Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv, negativ oder nicht eindeutig;
verwendete statistische Analysemethode(n);
Methoden, z. B. die Verwendung von Kinetochor-Antikörpern oder Pan-Zentromer-Sonden, um ggf. zu beschreiben, ob Mikrokerne ganze oder fragmentierte Chromosomen enthalten;
Methoden zur Bestimmung von pH-Wert, Osmolalität und Ausfällung.

Ergebnisse:

Definition geeigneter Zellen für die Analyse;
bei Zelllinien: für jede Kultur die Anzahl der behandelten Zellen und Anzahl der gewonnenen Zellen, wenn kein cytoB verwendet wird;
verwendete Messung der Zytotoxizität, z. B. CBPI oder RI bei der Zytokinese-Block-Methode; RICC oder RPD, wenn keine Zytokinese-Block-Verfahren verwendet werden; sonstige Beobachtungen bei Bedarf (z. B. Zell-Konfluenz, Apoptose, Nekrose, Metaphasezählung, Frequenz zweikerniger Zellen);
Ausfällungszeichen und Bestimmungszeit;
Angaben zum pH-Wert und zur Osmolalität des Behandlungsmediums, falls ermittelt;
Verteilung einkerniger, zweikerniger und mehrkerniger Zellen, falls eine Zytokinese-Block-Methode verwendet wird;
Anzahl der Zellen mit Mikrokernen, gesondert für jede behandelte Kultur und Kontrollkultur, und Angabe, ob diese von zweikernigen oder einkernigen Zellen stammen, sofern zutreffend;
nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Verhältnis;
Daten zu gleichzeitigen Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrollen und Positivkontrollen (Konzentrationen und Lösungsmittel);
Daten zu historischen Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrollen und Positivkontrollen mit Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen und 95 %-Grenzen für die Verteilung sowie Anzahl der Datensätze;
statistische Analysen, ggf. p-Werte.

Diskussion der Ergebnisse:

Schlussfolgerungen

LITERATURHINWEISE

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(76) EPA, Office of Chemical Safety and Pollution Prevention (2011). Chemical Substances of Unknown or Variable Composition, Complex Reaction Products and Biological Materials: UVCB Substances. http://www.epa.gov/opptintr/newchems/pubs/uvcb.txt.

(77) Sobol, Z. et al. (2012). Development and validation of an in vitro micronucleus assay platform in TK6 cells. Mutation Research, Vol. 746/1, 29-34.

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(79) MacGregor, J. T., C.M. Wehr, R.G. Langlois (1983). A Simple Fluorescent Staining Procedure for Micronuclei and RNA in Erythrocytes Using Hoechst 33258 and Pyronin Y. Mutation Research, Vol. 120/4, 269-275.

(80) Bryce, S.M. et al. (2011). Miniaturized flow cytometry-based CHO-K1 micronucleus assay discriminates aneugenic and clastogenic modes of action. Environmental and Molecular Mutagenesis, Vol. 52/4, 280-286.

(81) Nicolette, J. et al. (2011). in vitro micronucleus screening of pharmaceutical candidates by flow cytometry in Chinese hamster V79 cells. Environmental and Molecular Mutagenesis, Vol. 52/5, 355-362.

(82) Shi, J., R. Bezabhie, A. Szkudlinska (2010). Further evaluation of a flow cytometric in vitro micronucleus assay in CHO-K1 cells: a reliable platform that detects micronuclei and discriminates apoptotic bodies. Mutagenesis, Vol. 25/1, 33-40.

(83) OECD (2014). Statistical analysis supporting the revision of the genotoxicity Test Guidelines. OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment Nr. 198, OECD Publishing, Paris.

(84) Fenech, M. et al. (2003). HUMN project: detailed description of the scoring criteria for the cytokinesis-block micronucleus assay using isolated human lymphocyte cultures. Mutation Research, Vol. 534/1-2, 65-75.

(85) Elhajouji, A., M. Cunha, M. Kirsch-Volders (1998). Spindle poisons can induce polyploidy by mitotic slippage and micronucleate mononucleates in the cytokinesis-block assay. Mutagenesis, Vol. 13/2, 193-8.

(86) Kirsch-Volders, M. et al. (2011). The in vitro MN assay in 2011: origin and fate, biological significance, protocols, high throughput methodologies and toxicological relevance. Archives of Toxicology, Vol. 85/8, 873-99.

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(88) Ryan, T. P. (2000). Statistical Methods for Quality Improvement. 2. Auflage, John Wiley and Sons, New York

(89) Hoffman, W.P., M.L. Garriott, C. Lee (2003). „In vitro micronucleus test“ , in Encyclopedia of Biopharmaceutical Statistics, 2. Auflage. Chow, S. (Hrsg.), Marcel Dekker, Inc. New York, 463-467.

(90) Fleiss, J. L., B. Levin, M.C. Paik (2003). Statistical Methods for Rates and Proportions, 3. Auflage, John Wiley & Sons, New York.

(91) Galloway, S.M. et al. (1987). Chromosome aberration and sister chromatid exchanges in Chinese hamster ovary cells: Evaluation of 108 chemicals. Environmental and Molecular Mutagenesis, Vol. 10/suppl. 10, 1-175.

(92) Richardson, C. et al. (1989). Analysis of Data from in vitro Cytogenetic Assays, in Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, Kirkland, D.J. (Hrsg.), Cambridge University Press, Cambridge, 141-154.

(93) International Conference on Harmonisation (ICH) Guidance S2 (R1) on Genotoxicity Testing and Data Interpretation for Pharmaceuticals Intended For Human Use.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Aneugen : Chemikalie oder Prozess, die/der durch Wechselwirkung mit den Komponenten des mitotischen und meiotischen Zellteilungszyklus-Apparats zu Aneuploidie in Zellen oder Organismen führt.

Aneuploidie : Abweichung von der normalen diploiden (oder haploiden) Chromosomenzahl durch ein einziges Chromosom oder mehr, nicht aber durch einen ganzen (oder mehrere) Chromosomensatz/-sätze (Polyploidie).

Apoptose : Programmierter Zelltod, der durch eine Reihe von Schritten charakterisiert ist, an deren Ende eine Desintegration von Zellen in membranumschlossene Partikel steht, die schließlich durch Phagozytose oder Shedding abgebaut werden.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Genotoxisch : Allgemeine Bezeichnung für alle Arten von DNA- oder Chromosomenschäden, einschließlich Brüchen, Deletionen, Addukten, Nukleotidmodifikationen und -verknüpfungen, Reunionen, Genmutationen, Chromosomenaberrationen und Aneuploidie. Nicht alle genotoxischen Effekte führen zu Mutationen oder stabilen Chromosomenschäden.

Kinetochor : Proteinhaltige Struktur, die sich am Zentromer eines Chromosoms sammelt, an der während der Zellteilung die Spindelfasern anhaften, wodurch die ordnungsgemäße Beförderung der Tochterchromosomen zu den Polen der Tochterzellen ermöglicht wird.

Klastogen : Chemikalie oder Ereignis, die/das strukturelle Chromosomenaberrationen in Zellpopulationen oder eukaryontischen Organismen auslöst.

Konzentrationen : Beziehen sich auf Endkonzentrationen der Prüfchemikalie im Kulturmedium.

Interphasezellen : Zellen, die sich nicht im Stadium der Mitose befinden.

Lösungsmittelkontrolle : allgemeiner Begriff zur Bezeichnung der Kontrollkulturen, die nur mit dem Lösungsmittel behandelt werden, in dem die Prüfchemikalie gelöst wird.

Mikronuclei/Mikrokerne : Kleine Kerne zusätzlich zu den Hauptkernen der Zellen und von diesen getrennt, die während der Telophase der Mitose oder Meiose durch zurückgebliebene Chromosomenteile oder ganze Chromosomen gebildet werden.

Mitose : Teilung des Zellkerns, die in der Regel in Prophase, Prometaphase, Metaphase, Anaphase und Telophase gegliedert ist.

Mitoseindex : Anteil der Zellen einer Zellpopulation, die sich zum Beobachtungszeitpunkt in Metaphase befinden; ein Hinweis auf den Grad der Zellproliferation dieser Population.

Mutagen : Auslöser einer Erbgutveränderung der DNA-Basenpaarsequenz(en) in Genen oder in der Chromosomenstruktur (Chromosomenaberrationen).

Non-Disjunktion : Unvermögen der paarweise angeordneten Chromatiden, sich zu trennen und sich auf die in Entwicklung begriffenen Tochterzellen aufzuteilen. Dabei entstehen Tochterzellen mit abweichenden Chromosomenzahlen.

p53-Status : Das p53-Protein ist an der Regulierung des Zellzyklus, der Apoptose und der DNA-Reparatur beteiligt. Zellen, denen ein funktionales p53-Protein fehlt und die nicht in der Lage sind, den Zellzyklus aufzuhalten oder beschädigte Zellen über Apoptose oder andere Mechanismen (z. B. Einleitung einer DNA-Reparatur) im Zusammenhang mit Aufgaben des p53-Proteins als Reaktion auf DNA-Schäden zu beseitigen, sollten theoretisch eher zu Genmutationen oder Chromosomenaberrationen neigen.

Polyploidie : Zahlenmäßige Chromosomenaberrationen in Zellen oder Organismen, von denen ein oder mehrere ganze Chromosomensätze betroffen sind, im Gegensatz zur Aneuploidie, bei der nur ein oder mehrere einzelne Chromosomen betroffen sind.

Proliferationsindex (PI) : Verfahren zur Messung der Zytotoxizität, wenn kein cytoB verwendet wird (Formel siehe Anlage 2).

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Relative Erhöhung der Zellzahl (RICC) : Verfahren zur Messung der Zytotoxizität, wenn kein cytoB verwendet wird (Formel siehe Anlage 2).

Relative Populationsverdopplung (RPD) : Verfahren zur Messung der Zytotoxizität, wenn kein cytoB verwendet wird (Formel siehe Anlage 2).

Replikationsindex (RI) : Anteil der abgeschlossenen Zellteilungszyklen in einer behandelten Kultur im Verhältnis zur nicht behandelten Kontrollgruppe während der Expositions- und Regenerationsphase (Formel siehe Anlage 2).

S9-Gemisch : Gemisch aus der S9-Leberfraktion und den für die metabolische Enzymaktivität notwendigen Ko-Faktoren.

S9-Leberfraktion : Überstand des Leberhomogenats nach Zentrifugieren bei 9 000  g, d. h. Rohleberextrakt.

Unbehandelte Kontrollen : Kulturen, die nicht behandelt werden (d. h. weder mit einer Prüfchemikalie noch mit Lösungsmittel), jedoch gleichzeitig in gleicher Weise aufbereitet werden wie die Kulturen, die mit der Prüfchemikalie behandelt werden.

Zellproliferation : Zunahme der Anzahl von Zellen als Ergebnis der mitotischen Zellteilung.

Zentromer : DNA-Bereich eines Chromosoms, an dem die beiden Chromatiden zusammengehalten werden und an dem beide Kinetochoren Seite an Seite angeordnet sind.

Zytokinese : Prozess der Zellteilung unmittelbar nach der Mitose, bei dem zwei Tochterzellen, jeweils mit einem einzigen Kern, gebildet werden.

Zytokinese-Block-Proliferationsindex (CBPI) : Anteil der Zellen aus zweiter Teilung in der behandelten Population im Verhältnis zur nicht behandelten Kontrollgruppe (Formel siehe Anlage 2).

Zytostase : Hemmung des Zellwachstums (Formel siehe Anlage 2).

Zytotoxizität :
Bei den unter diese Prüfmethode fallenden Versuchen, die mit Zusatz von Cytochalasin B durchgeführt werden, bezeichnet Zytotoxizität eine Verringerung des Zytokinese-Block-Proliferationsindex (CBPI) oder Replikationsindex (RI) der behandelten Zellen, verglichen mit der Negativkontrolle (siehe Nummer 26 und Anlage 2).
Bei den unter diese Prüfmethode fallenden Versuche, die ohne Zusatz von Cytochalasin B durchgeführt werden, bezeichnet Zytotoxizität eine Verringerung der relativen Populationsverdopplung (RPD) bzw. der relativen Erhöhung der Zellzahl (RICC) der behandelten Zellen, verglichen mit der Negativkontrolle (siehe Nummer 27 und Anlage 2).

Anlage 2

FORMELN ZUR BEWERTUNG DER ZYTOTOXIZITÄT

Wenn cytoB zum Einsatz kommt, sollte die Bewertung der Zytotoxizität auf dem Zytokinese-Block-Proliferationsindex (CBPI) oder dem Replikationsindex (RI) beruhen (17) (69). Der CBPI gibt die mittlere Zahl der Kerne pro Zelle an und kann zur Berechnung der Zellproliferation eingesetzt werden. Der RI gibt die relative Zahl der Zellzyklen pro Zelle während der Exposition gegenüber cytoB in behandelten Kulturen im Vergleich zu Kontrollkulturen an und kann zur Berechnung der Zytostase in % verwendet werden:

% Zytostase = 100 – 100{(CBPIT – 1) ÷ (CBPIC – 1)}

und:

T=mit der Prüfchemikalie behandelte Kultur
C=Vehikel-Kontrollkultur

Dabei gilt:

Damit entspricht ein CBPI von 1 (alle Zellen sind einkernig) einer Zytostase von 100 %.

Zytostase = 100 – RI

T=behandelte Kulturen
C=Kontrollkulturen

Ein RI von 53 % bedeutet somit, dass sich in der behandelten Kultur gegenüber der Anzahl der Zellen in der Kontrollkultur, die sich geteilt und zwei- und mehrkernige Zellen gebildet haben, nur 53 % geteilt haben, was eine Zytostase von 47 % bedeutet.

Wenn kein cytoB zum Einsatz kommt, wird eine Bewertung der Zytotoxizität auf der Basis der relativen Erhöhung der Zellzahl (RICC) oder der relativen Populationsverdopplung (RPD) empfohlen (69), da bei beiden der Anteil der Zellpopulation berücksichtigt wird, der eine Teilung durchlaufen hat.

Dabei gilt:

Populationsverdopplung = [log ((Zellzahl nach Behandlung ÷ Anfängliche Zellzahl)] ÷ log 2

Somit zeigt eine RICC oder eine RPD von 53 % eine Zytotoxizität/Zytostase von 47 % an.

Bei Verwendung eines Proliferationsindex (PI) kann die Zytotoxizität durch das Zählen aller Klone bewertet werden, die aus 1 Zelle (cl1), 2 Zellen (cl2), 3 bis 4 Zellen (cl4) sowie 5 bis 8 Zellen (cl8) bestehen.

Der PI wurde als aussagefähiger und zuverlässiger Parameter für die Zytotoxizität auch bei Zelllinien verwendet, die in vitro ohne cytoB kultiviert wurden (35) (36) (37) (38) und kann als nützlicher zusätzlicher Parameter angesehen werden.

In jedem Fall sollen die behandelten Kulturen und die Negativkontrollkulturen vor der Behandlung die gleiche Zellzahl aufweisen.

Wenngleich der RCC-Wert (d. h. Zellzahl in behandelten Kulturen/Zellzahl in Kontrollkulturen) in der Vergangenheit als Bestimmungsgröße für die Zytotoxizität herangezogen wurde, wird er nicht mehr empfohlen, da er zu einer Unterschätzung der Toxizität führen kann.

Bei der Verwendung automatisierter Auswertungssysteme, wie Durchflusszytometrie, Laser-Scan-Zytometrie oder Bildanalyse, kann die Zellzahl in der Formel durch die Anzahl der Kerne ersetzt werden.

In den Negativkontrollkulturen sollte die Populationsverdopplung bzw. der Replikationsindex mit den Anforderungen an die Probenahme von Zellen nach der Behandlung zu einem Zeitpunkt, der etwa der 1,5-bis 2-fachen Dauer des normalen Zellzyklus entspricht, übereinstimmen.

B.50.   HAUTSENSIBILISIERUNG: LOKALER LYMPHKNOTENTEST: DA

EINLEITUNG

1.
Die OECD-Leitlinien für die Prüfung von Chemikalien und die EU-Prüfmethoden werden regelmäßig überarbeitet, um dem wissenschaftlichen Fortschritt, sich ändernden Rechtsvorgaben und Belangen des Tierschutzes gerecht zu werden. Die ursprüngliche Prüfmethode (B.42) zur Bestimmung der Hautsensibilisierung bei der Maus, der Lokale Lymphknotentest (Local Lymph Node Assay bzw. LLNA; OECD-Prüfrichtlinie 429) wurde inzwischen überarbeitet (1). Verschiedene Veröffentlichungen (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) gehen genauer auf die Validierung des LLNA und auf die mit ihm verbundenen wissenschaftlichen Arbeiten ein. Bei dem LLNA wird zur Messung der Lymphozytenproliferation radioisotopisches Thymidin oder Jod verwendet. Der Test hat daher Beschränkungen, wenn der Erwerb, die Verwendung oder die Entsorgung radioaktiver Materialien mit Problemen verbunden sind. Bei dem LLNA: DA (entwickelt von Daicel Chemical Industries, Ltd.) handelt es sich um eine nicht-radioaktive Modifikation des LLNA, die den Gehalt an Adenosintriphosphat (ATP) mittels Biolumineszenz als Indikator für die Lymphozytenproliferation bestimmt. Die Prüfmethode LLNA: DA wurde durch ein internationales Gremium für Sachverständigengutachten (peer review) validiert, geprüft und zur Identifizierung sensibilisierender und nicht sensibilisierender Chemikalien mit einigen Beschränkungen als geeignet befunden (10) (11) (12) (13). Diese Prüfmethode wurde zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) bei Tieren entwickelt. Kapitel B.6 dieses Anhangs und OECD-Prüfrichtlinie 406 stützen sich auf Meerschweinchen-Tests, insbesondere den Meerschweinchen-Maximierungstest und den Bühler-Test (14). Der LLNA (Kapitel B.42 dieses Anhangs; OECD-Prüfrichtlinie 429) und die beiden nicht-radioaktiven Modifikationen, LLNA: DA (Kapitel B.50 dieses Anhangs; OECD-Prüfrichtlinie 442 A) und LLNA: BrdU-ELISA (Kapitel B.51 dieses Anhangs; OECD-Prüfrichtlinie 442 B) haben insofern Vorteile gegenüber den Meerschweinchen-Tests in B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406 (14), als sie einen verringerten und gezielteren Einsatz von Versuchstieren ermöglichen.
2.
Ebenso wie im LLNA wird bei dem LLNA: DA die Induktionsphase der Hautsensibilisierung untersucht. Der Test liefert quantitative Daten für die Bewertung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Durch den möglichen Nachweis von hautsensibilisierenden Stoffen ohne die Verwendung radioaktiver Markierungen für die DNA können die berufliche Exposition gegenüber Radioaktivität und Entsorgungsprobleme vermieden werden. Dies wiederum ermöglicht eine verstärkte Verwendung von Mäusen zur Bestimmung hautsensibilisierender Stoffe und somit eine geringere Verwendung von Meerschweinchen zur Bewertung des hautsensibilisierenden Potenzials (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (14).

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

3.
Die verwendeten Begriffsbestimmungen sind in Anlage 1 aufgeführt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

4.
Der LLNA: DA ist eine modifizierte LLNA-Methode zum Nachweis von Chemikalien mit potenziell hautsensibilisierenden Eigenschaften, mit bestimmten Beschränkungen. Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass der LLNA: DA zwingend in jedem Fall anstelle des LLNA oder der Meerschweinchen-Tests (B.6; OECD-Prüfrichtlinie) (14) eingesetzt werden muss. Vielmehr erweist sich der Test als gleichermaßen wertvoll und kann als Alternative gewählt werden, bei der im Allgemeinen keine weitere Bestätigung von positiven oder negativen Ergebnissen erforderlich ist. (10) (11). Das Prüflabor sollte vor der Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz auswerten und berücksichtigen. Zu diesen Informationen zählen die Identität und die chemische Struktur der Prüfsubstanz, ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften, die Ergebnisse aller sonstigen in vitro- oder in vivo-Toxizitätsprüfungen der Prüfsubstanz sowie toxikologische Daten zu strukturell verwandten Chemikalien. Diese Informationen sind zu berücksichtigen, um die Eignung des LLNA: DA für die jeweilige Prüfsubstanz festzustellen (bestimmte Arten chemischer Stoffe sind mit dem LLNA: DA nicht kompatibel [siehe Absatz 5]) und die Festlegung der Dosis zu erleichtern.
5.
Beim LLNA: DA handelt es sich um eine in vivo-Methode. Das bedeutet, dass die kontaktsensibilisierenden Eigenschaften weiterhin an Tieren bewertet werden. Der Test erlaubt es jedoch, im Vergleich zu den Meerschweinchen-Tests (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) die Anzahl der für diesen Zweck benötigten Tiere zu reduzieren (14). Zudem ist der LLNA: DA eine wesentlich verfeinerte Methode im Hinblick auf die Verwendung der Tiere (weniger Schmerzen und Leiden) bei den Tests zur Kontraktsensibilisierung, da es beim LLNA: DA, anders als bei B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406, nicht erforderlich ist, provozierte Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut auszulösen. Trotz der Vorteile, die der LLNA: DA gegenüber B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406 (14) aufweist, ist er mit gewissen Einschränkungen behaftet, die die Anwendung von B.6 oder von OECD-Prüfrichtlinie 406 erforderlich machen können (z. B. die Prüfung bestimmter Metalle, falsch positive Ergebnisse bei bestimmten hautreizenden Stoffen [wie etwa bei tensidähnlichen Chemikalien] (6) (1 und Kapitel B.42 in diesem Anhang), oder die Löslichkeit der Prüfsubstanz). Zudem können chemische Klassen oder Substanzen mit Funktionsgruppen, die erwiesenermaßen als potenzielle Störfaktoren wirken können (16), den Einsatz von Meerschweinchen-Tests erforderlich machen (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (14)). Beschränkungen, die für den LLNA festgestellt wurden (1, und Kapitel B.42 dieses Anhangs), empfehlen sich auch für den LLNA: DA (10). Zudem könnte die Verwendung des LLNA: DA ungeeignet sein für die Prüfung von Substanzen mit Auswirkungen auf das ATP-Niveau (z. B. Substanzen, die als ATP-Hemmer wirken) oder Substanzen, die die genaue Messung der intrazellulären ATP-Messung beeinträchtigen (z. B. Vorhandensein ATP abbauender Enzyme, Vorhandensein extrazellulären ATPs im Lymphknoten). Abgesehen von diesen bekannten Beschränkungen dürfte der LLNA: DA für die Prüfung aller Substanzen geeignet sein, sofern mit diesen Substanzen keine Eigenschaften verbunden sind, die die Genauigkeit des LLNA: DA beeinträchtigen könnten. Außerdem sollte die Möglichkeit positiver Grenzergebnisse in Betracht gezogen werden, wenn für den Stimulationsindex (SI) Werte zwischen 1,8 und 2,5 ermittelt werden (siehe Absätze 31-32). Dies beruht auf der Validierungs-Datenbasis von 44 Substanzen mit einem SI ≥ 1,8 (siehe Absatz 6), bei denen der LLNA: DA alle 32 LLNA-Sensibilisatoren richtig identifizierte, jedoch drei von 12 LLNA-Nichtsensibilisatoren mit SI-Werten zwischen 1,8 und 2,5 (d. h. positive Grenzwerte) (10) nicht korrekt identifizierte. Da allerdings derselbe Datensatz für die Einstellung der SI-Werte und die Berechnung der prädiktiven Eigenschaften des Tests verwendet wurde, könnten die festgestellten Ergebnisse auch eine Überbewertung der tatsächlichen prädiktiven Eigenschaften sein.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

6.
Der LLNA: DA beruht auf dem Prinzip, dass sensibilisierende Stoffe eine Lymphozytenproliferation in den drainierenden Lymphknoten an der Stelle der Applikation des chemischen Stoffes induzieren. Diese Proliferation verläuft proportional zur Dosis und zur Wirksamkeit des applizierten Allergens und bietet sich als einfache Möglichkeit an, eine quantitative Messung der Sensibilisierung zu erhalten. Die Proliferation wird gemessen, indem man die mittlere Proliferation jeder Prüfgruppe mit der mittleren Proliferation der mit Vehikel behandelten Kontrollgruppe (VK) vergleicht. Das Verhältnis der mittleren Proliferation in jeder Behandlungsgruppe zu dem in der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe, auch als SI bezeichnet, wird festgelegt und sollte ≥ 1,8 betragen, ehe eine weitere Bewertung einer Prüfsubstanz als potenzieller Hautsensibilisator erfolgt. Die hier beschriebenen Methoden beruhen auf der Messung des ATP-Gehalts durch Biolumineszenz (die bekanntermaßen mit der Anzahl lebender Zellen korreliert) (17), um einen erhöhten Anteil proliferierender Zellen in den drainierenden aurikulären Lymphknoten nachzuweisen (18) (19). Die Biolumineszenz-Methode stützt sich auf das Enzym Luciferase, um die Bildung von Licht aus ATP und Luciferin mittels der folgenden Reaktion zu katalysieren:

ATP + Luciferin + O2Oxyluciferin + AMP + PPi + CO2 + Light

Die emittierte Lichtintensität steht in linearer Beziehung zur ATP-Konzentration und wird mit einem Luminometer gemessen. Bei dem Luciferin-Luciferase-Test handelt es sich um eine sensible Methode zur ATP-Quantifizierung, die in einer breiten Palette von Anwendungen zum Einsatz kommt (20).

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Auswahl von Versuchstierarten

7.
Für diesen Test ist die Maus die Spezies der Wahl. Validierungsstudien für den LLNA: DA wurden ausschließlich mit dem CBA/J-Stamm durchgeführt, der daher als bevorzugter Stamm gilt (12) (13). Es werden junge erwachsene weibliche Mäuse verwendet, die weder geworfen haben noch trächtig sind. Bei Versuchsbeginn sollten die Tiere 8-12 Wochen alt sein, die Gewichtsunterschiede minimal sein und 20 % des mittleren Gewichts nicht übersteigen. Alternativ können Tests an anderen Stämmen und männlichen Tieren erfolgen, wenn anhand von hinlänglich großen Datenangaben nachgewiesen werden kann, dass keine signifikanten stamm- und/oder geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Reaktion auf den LLNA: DA bestehen.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

8.
Mäuse sollten in Gruppen gehalten werden (21), wenn nicht angemessene wissenschaftliche Begründungen eine Einzelhaltung nahelegen. Die Temperatur im Versuchsraum sollte 22 ± 3 °C betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und zu anderen Zeiten als während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen soll, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten.

Vorbereitung der Tiere

9.
Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert (aber nicht am Ohr) und vor Beginn der Dosierung für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt. Vor Behandlungsbeginn werden alle Tiere untersucht, um sicherzustellen, dass keine sichtbaren Hautverletzungen bestehen.

Vorbereitung der Dosierlösungen

10.
Feste Chemikalien sollten vor der Applikation in ein Mäuseohr in Lösungsmitteln/Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Chemikalien können direkt appliziert oder zuvor verdünnt werden. Unlösliche Chemikalien, wie sie in der Regel in Medizinprodukten vorliegen, sollten vor der Applikation in ein Mäuseohr in einem geeigneten Lösungsmittel einer übertrieben starken Extraktion unterzogen werden, um alle extrahierbaren Inhaltsstoffe vor der Prüfung sichtbar zu machen. Die Prüfsubstanzen sollten täglich zubereitet werden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

Überprüfung der Zuverlässigkeit:

11.
Anhand von positiven Kontrollchemikalien (PC) wird die ordnungsgemäße Leistung des Tests nachgewiesen. Hierzu ist eine angemessene und reproduzierbare Empfindlichkeit der Reaktion auf eine sensibilisierende Prüfsubstanz erforderlich, wobei die Reaktionsstärke gut charakterisiert ist. Es wird die Einbeziehung einer gleichzeitigen Positivkontrolle empfohlen, da diese die Fähigkeit des Labors belegt, jeden Test erfolgreich durchzuführen und eine Bewertung der Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Labors ermöglicht. Einige Regulierungsbehörden schreiben eine Positivkontrolle für jede Studie vor. Daher wird Anwendern empfohlen, vor Durchführung des LLNA: DA die zuständigen Behörden zu Rate zu ziehen. Dementsprechend wird die routinemäßige Verwendung einer gleichzeitigen Positivkontrolle angeregt, um die Notwendigkeit zusätzlicher Tierversuche zur Erfüllung von Anforderungen zu vermeiden, die aus der Verwendung einer nur periodischen Positivkontrolle resultieren könnten (siehe Absatz 12). Die Positivkontrolle sollte eine positive Reaktion auf den LLNA: DA bei einem Expositionsniveau hervorrufen, das einen Anstieg des Stimulationsindex (SI ≥ 1,8 im Vergleich zur Negativkontrollgruppe, NK) bewirkt. Die positive Kontrolldosis soll so gewählt werden, dass sie keine übermäßige Hautreizung oder systemische Toxizität verursacht und die Induktion reproduzierbar, aber nicht exzessiv ist (z. B. ein SI > 10 würde als exzessiv gelten). Bevorzugte positive Kontrollstoffe sind 25 % Hexylcinnaminaldehyd (Chemical Abstracts Service [CAS]-Nr. 101-86-0) und 25 % Eugenol (CAS-Nummer 97-53-0) in Aceton: Olivenöl (4:1, v/v). Unter bestimmten Umständen können in ausreichend begründeten Fällen andere Kontrollsubstanzen eingesetzt werden, die den genannten Kriterien entsprechen.
12.
Obwohl die Einbeziehung einer gleichzeitigen Positivkontrollgruppe empfohlen wird, können in gewissen Situationen periodische Prüfungen (d. h. in Abständen ≤ 6 Monaten) der Positivkontrolle für Laboratorien ausreichen, die den LLNA: DA regelmäßig (d. h. mindestens einmal pro Monat) durchführen und über eine etablierte historische Kontrolldatenbasis verfügen, die die Fähigkeit des Labors bestätigt, reproduzierbare und genaue Ergebnisse mit Positivkontrollen zu erzielen. Eine angemessene Beherrschung des LLNA: DA kann erfolgreich nachgewiesen werden, indem durchgehend positive Ergebnisse mit den positiven Kontrollchemikalien in mindestens 10 unabhängigen Prüfungen erzielt werden, die innerhalb eines angemessenen Zeitraums (d. h. in weniger als einem Jahr) durchgeführt wurden.
13.
Eine gleichzeitige Positivkontrollgruppe sollte immer einbezogen werden, wenn Verfahrensänderungen im LLNA: DA auftreten (z. B. Wechsel des geschulten Personals, Änderung der Materialien bei den Prüfmethoden und/oder der Reagenzien, Änderung der Ausrüstung, Änderung der Herkunft der Versuchstiere). Solche Änderungen sollten in Laborberichten dokumentiert werden. Ferner ist der Einfluss dieser Änderungen auf die Aussagefähigkeit der zuvor eingerichteten historischen Datenbank zu bedenken. Dabei sollte die Notwendigkeit überdacht werden, eine neue historische Datenbank einzurichten, um die gleichbleibende Qualität der positiven Kontrollergebnisse zu dokumentieren.
14.
Die Prüfer sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass die Entscheidung, eine PC-Studie periodisch statt gleichzeitig durchzuführen, Auswirkungen auf die Aussagefähigkeit und Akzeptanz negativer Studienergebnisse haben kann, die ohne gleichzeitige Positivkontrolle im Zeitraum zwischen den einzelnen periodischen PC-Studien auftreten können. Wenn zum Beispiel ein falsch negatives Ergebnis in der periodischen PC-Studie auftritt, können negative Ergebnisse für die Prüfsubstanz, die in dem Zeitraum zwischen der letzten akzeptablen periodischen PC-Studie und der inakzeptablen periodischen PC-Studie aufgetreten waren, in Frage gestellt werden. Die Auswirkungen solcher Ergebnisse sollten sorgfältig bedacht werden, wenn entschieden wird, ob gleichzeitige oder nur periodische PC-Studien durchgeführt werden sollen. Auch ist die Verwendung einer geringeren Anzahl an Versuchstieren bei der gleichzeitigen Positivkontroll-Gruppe zu bedenken, wenn dies wissenschaftlich zu begründen ist und wenn das Labor auf der Grundlage laborspezifischer historischer Daten nachweist, dass eine geringere Anzahl an Mäusen ausreicht (22).
15.
Obwohl eine positive Kontrollchemikalie in einem Vehikel getestet werden sollte, das bekanntermaßen eine gleichbleibende Reaktion auslöst (z. B. Aceton: Olivenöl; 4:1, v/v), können in bestimmten Rechtssituationen außerdem Prüfungen in einem Nichtstandard-Vehikel (klinisch/chemisch relevante Formulierung) erforderlich sein (23). Wenn die gleichzeitige Positivkontrolle in einem anderen Vehikel als der Prüfsubstanz getestet wird, sollte eine gesonderte Vehikelkontrolle für die gleichzeitige PC einbezogen werden.
16.
In Fällen, in denen Prüfsubstanzen einer bestimmten chemischen Klasse oder eine Reihe von Reaktionen bewertet werden, können Referenzsubstanzen nützlich sein, um nachzuweisen, dass die Prüfmethode zur Feststellung des Hautsensibilisierungspotenzials dieser Art von Prüfsubstanzen ordnungsgemäß funktioniert. Geeignete Referenzsubstanzen sollten die folgenden Eigenschaften haben:
strukturelle und funktionale Ähnlichkeit mit der Klasse der getesteten Prüfsubstanz;
bekannte physikalische/chemische Eigenschaften;
zugrunde liegende Daten aus dem LLNA: DA;
zugrunde liegende Daten aus anderen Tiermodellen und/oder von Menschen.

TESTVERFAHREN

Anzahl der Versuchstiere und Dosierungen

17.
Mindestens vier Tiere pro Dosisgruppe mit jeweils mindestens drei Konzentrationen der Prüfsubstanz werden benötigt; zusätzlich braucht man eine Negativkontrollgruppe, die nur mit dem Vehikel für die Prüfsubstanz behandelt wird, sowie eine Positivkontrolle (gleichzeitig oder jüngeren Datums, auf der Grundlage der Laborvorschriften in den relevanten Abschnitten 11-15). Tests mit Mehrfachdosen der PC sollten in Erwägung gezogen werden, insbesondere wenn die Positivkontrolle intermittierend getestet wird. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppen ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.
18.
Die Auswahl der Dosis und des Vehikels soll anhand der Empfehlungen in (2) und (24) erfolgen. Für aufeinanderfolgende Dosierungen werden normalerweise geeignete abgestufte Konzentrationen gewählt, wie z. B. 100 %, 50 %, 25 %, 10 %, 5 %, 2,5 %, 1 %, 0,5 % usw. Die Auswahl der Konzentrationsfolge sollte angemessen wissenschaftlich begründet werden. Alle vorhandenen toxikologischen Angaben (z. B. über die akute Toxizität und Hautreizung) sowie strukturelle und physiochemische Angaben zu der jeweiligen Prüfsubstanz (und/oder strukturverwandten Substanzen) sollten bei der Festlegung von drei aufeinander folgenden Konzentrationen berücksichtigt werden, so dass bei der Höchstkonzentration einerseits die Exposition maximiert und andererseits eine systemische Toxizität und/oder eine übermäßige lokale Hautreizung ausgeschlossen werden (24) (25). Mangels solcher Informationen kann ein anfänglicher Dosisfindungstest erforderlich sein (siehe Absätze 21-24).
19.
Das Vehikel sollte das Testergebnis nicht beeinflussen oder beeinträchtigen und sollte so gewählt werden, dass die Löslichkeit zur Erzielung einer möglichst hohen Konzentration maximiert und gleichzeitig eine für das Applizieren der Prüfsubstanz geeignete Lösung/Suspension hergestellt werden kann. Empfohlene Vehikel sind Aceton: Olivenöl (4:1, v/v), N,N-Dimethylformamid, Methylethylketon, Propylenglykol und Dimethylsulphoxid (6), wobei mit hinreichender wissenschaftlicher Begründung auch andere Vehikel verwendet werden können. Unter bestimmten Umständen muss ein klinisch relevantes Lösungsmittel oder die handelsübliche Zubereitung, in der die Prüfsubstanz vermarktet wird, als zusätzliche Kontrolle genutzt werden. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, zu gewährleisten, dass in das Vehikelsystem durch die Verwendung geeigneter Lösungsvermittler (z. B. 1 % Pluronic® L92) hydrophile Stoffe eingearbeitet werden, die die Haut befeuchten und nicht sofort ablaufen. Folglich sind vollständig wässrige Vehikel zu vermeiden.
20.
Die Bearbeitung von Lymphknoten einzelner Mäuse ermöglicht die Bewertung der Variabilität von Tieren sowie einen statistischen Vergleich zwischen der Prüfsubstanz und Messungen an der Vehikelkontrollgruppe (siehe Absatz 33). Die Möglichkeit, die Anzahl der Mäuse in der Positivkontrollgruppe zu verringern, ist nur realistisch, wenn Einzeltierdaten erhoben werden (22). Außerdem verlangen einige Regulierungsbehörden die Erhebung von Daten einzelner Tiere. Die regelmäßige Erhebung von Einzeltierdaten stellt im Hinblick auf den Tierschutz einen Vorteil dar, indem Doppeltests vermieden werden. Diese wären notwendig, wenn die ursprünglich gemeinsam gesammelten Ergebnisse für die Prüfsubstanz (z. B. über gepoolte Daten) später von Regulierungsbehörden mit anderen Vorschriften (z. B. Einzeltierdaten) geprüft würden.

Dosisfindungstest

21.
Wenn über die höchst mögliche Dosierung keine Informationen vorliegen (siehe Absatz 18), sollte ein Dosisfindungstest durchgeführt werden, um die geeignete Dosierung für den LLNA: DA festzulegen. Der Dosisfindungstest soll eine Orientierung bei der Auswahl der höchst möglichen Dosisstufe für die Hauptuntersuchung des LLNA: DA in Fällen liefern, in denen keine Informationen über Konzentrationen vorliegen, die zur systemischen Toxizität (siehe Absatz 24) und/oder zu übermäßiger Hautreizung führen (siehe Absatz 23). Die höchsten geprüften Dosisstufen sollten 100 % der Prüfsubstanz bei Flüssigkeiten bzw. die höchst möglichen Konzentrationen bei Feststoffen oder Suspensionen sein.
22.
Der Dosisfindungstest wird unter Bedingungen durchgeführt, die denen der Hauptstudie des LLNA: DA genau entsprechen. Allerdings gibt es hier keine Bewertung der Lymphknotenproliferation und es können weniger Tiere pro Dosisgruppe eingesetzt werden. Es werden ein oder zwei Tiere pro Dosisgruppe empfohlen. Alle Mäuse werden täglich auf klinische Zeichen für systemische Toxizität oder lokale Reizungen an der Applikationsstelle untersucht. Das Körpergewicht wird vor dem Test und vor dem Abschluss (Tag 8) protokolliert. Beide Ohren jeder Maus werden auf Anzeichen für Erytheme untersucht und mit Hilfe von Tabelle 1 bewertet (25). Die Ohrdicke wird mit Hilfe eines Ohrdickenmessgeräts (z. B. digitaler Mikrometer oder Peacock Dickenmessuhr) an Tag 1 vor der Dosierung, Tag 3 (ca. 48 Stunden nach der ersten Dosis), Tag 7 (24 Stunden vor Abschluss) und Tag 8 bestimmt. Zusätzlich kann an Tag 8 die Ohrdicke durch die Gewichtsbestimmung von Ohrstanzproben ermittelt werden. Dies sollte nach der tierschutzgerechten Tötung der Tiere erfolgen. Eine übermäßige lokale Hautreizung wird durch eine Erythem-Punktzahl von ≥ 3 und/oder eine Zunahme der Ohrdicke ≥ 25 % an jedem beliebigen Messtag angezeigt (26) (27). Als höchste Dosis für die Hauptuntersuchung des LLNA: DA wird die nächst niedrigere Dosis in der Konzentrationsreihe des Dosisfindungstests gewählt (siehe Absatz 18), die keine systemische Toxizität und/oder übermäßige lokale Hautreizung verursacht.



Tabelle 1

Erythem-Klassifizierung

BeobachtungPunktzahl
Kein Erythem0
Sehr leichtes Erythem (kaum wahrnehmbar)1
Klar abgegrenztes Erythem2
Mäßiges bis ausgeprägtes Erythem3
Schweres Erythem (dunkelrot) bis hin zur Schorfbildung, so dass eine Bewertung nicht möglich ist4
23.
Zusätzlich zu einer Zunahme der Ohrdicke um 25 % (26) (27) wurde ein statistisch signifikanter Anstieg der Ohrdicke bei den behandelten Mäusen im Vergleich zu den Kontrollmäusen zugrunde gelegt, um Reizstoffe in dem LLNA zu identifizieren (28) (29) (30) (31) (32) (33) (34). Obwohl ein statistisch signifikanter Anstieg auch bei einer Ohrdicke von weniger als 25 % auftreten kann, konnte kein spezifischer Zusammenhang mit einer übermäßigen Hautreizung festgestellt werden (30) (31) (32) (33) (34).
24.
Die folgenden klinischen Beobachtungen können, sofern sie Bestandteil einer Gesamtbewertung sind, auf systemische Toxizität hinweisen (35) und somit die höchst mögliche Dosisstufe für die Hauptuntersuchung des LLNA: DA anzeigen: Änderungen der Funktionen des Nervensystems (z. B. Piloerektion, Ataxie, Tremor und Krämpfe); Verhaltensänderungen (z. B. Aggressivität, Änderungen bei der Fellpflege, auffallende Änderung des Aktivitätsniveaus); Änderungen des Atemmusters (d. h. Änderung der Häufigkeit und Intensität des Atmens wie Dyspnoe, Keuchen, rasselnder Atem) sowie Änderungen der Futter- und Wasseraufnahme. Zusätzlich sollten Anzeichen von Lethargie und/oder Teilnahmslosigkeit sowie alle klinischen Anzeichen für mehr als leichte oder momentane Schmerzen und Qual, eine Gewichtsreduktion > 5 % zwischen Tag 1 und Tag 8 sowie die Sterblichkeit in der Bewertung berücksichtigt werden. Moribunde Tiere oder Tiere, die Anzeichen starker und andauernder Qualen zeigen, sollten tierschutzgerecht getötet werden (36).

Versuchsplan der Hauptuntersuchung

25.
Der Versuchsplan des Tests ist wie folgt:
Tag 1 : Jedes Tier wird einzeln gekennzeichnet und das Gewicht sowie jede klinische Beobachtung protokolliert. Es wird 1 % Natriumlaurylsulfat (NLS) in wässriger Lösung auf die Rückseite jedes Ohrs aufgetragen. Dies erfolgt mit vier bis fünf Strichen einer in die NLS-Lösung getauchten Bürste, so dass die gesamte Rückseite jedes Ohrs bedeckt ist. Eine Stunde nach der NLS-Behandlung werden 25 μL der Prüfsubstanz in der jeweiligen Verdünnung, des Vehikels allein oder der PK (gleichzeitig oder jüngeren Datums) gemäß den Laborvorschriften in den relevanten Abschnitten 11-15) auf die Rückseite jedes Ohrs appliziert.
Tage 2, 3 und 7 : Die an Tag 1 erfolgte Vorbehandlung mit 1 % NLS wässriger Lösung und die Applikation der Prüfsubstanz werden wiederholt.
Tage 4, 5 und 6 : Keine Behandlung.
Tag 8 : Das Gewicht jedes Tiers sowie jede klinische Beobachtung werden protokolliert. Ca. 24 bis 30 Stunden nach Beginn der Applikation an Tag 7 werden die Tiere tierschutzgerecht getötet. Die drainierenden aurikulären Lymphknoten jedes Mäuseohrs werden entfernt und separat (für jedes Tier einzeln) in phosphatgepufferte Kochsalzlösung (PBS) gegeben. Einzelheiten und Diagramme der Lymphknotenidentifikation und -entfernung sind unter Referenz (22) aufgeführt. Zur weiteren Kontrolle der lokalen Hautreaktion in der Hauptuntersuchung können zusätzliche Parameter wie die Auswertung des Ohr-Erythems oder Ohrdickemessungen (mittels eines Dickenmessgeräts oder durch die Gewichtsbestimmung von Ohrstanzproben bei der Nekropsie) in das Untersuchungsprotokoll aufgenommen werden.

Vorbereitung der Zellsuspensionen

26.
Für jede Maus wird eine Einzelzellsuspension der beidseitig entnommenen Lymphknotenzellen (LNC) erstellt, indem die Lymphknoten zwischen zwei Glasträger geklemmt werden und leichter Druck ausgeübt wird, um die Knoten zu zerquetschen. Nach der Vergewisserung, dass das Gewebe sich dünnflächig verteilt hat, können die beiden Träger voneinander gelöst werden. Das Gewebe auf beiden Trägern wird in PBS gelöst, indem jeder Träger im Winkel über die Petrischale gehalten wird und mit PBS gespült wird, während gleichzeitig das Gewebe mit einem Zellschaber von dem Träger abgeschabt wird. Die Lymphknoten bei Tieren der Negativkontrollgruppe sind klein; daher ist Vorsicht geboten, um eine ungewollte Beeinflussung der SI-Werte zu vermeiden. Für das Spülen beider Träger sollte ein Gesamtvolumen von 1 mL PBS verwendet werden. Die Lymphknoten-Lösung in der Petrischale sollte mit dem Zellschaber leicht homogenisiert werden. Anschließend wird mit einer Mikropipette ein 20 μL Aliquot der Lymphknotenlösung entnommen (Achtung: nicht die für das Auge sichtbare Membran entnehmen) und mit 1,98 mL PBS gemischt, sodass sich eine Probe von 2 mL ergibt. Darauf wird eine zweite Probe von 2 mL mittels desselben Verfahrens zubereitet, sodass für jedes Tier zwei Proben vorliegen.

Bestimmung der Zellproliferation (Messung des ATP-Gehalts der Lymphozyten)

27.
Erhöhungen des ATP-Gehalts in den Lymphknoten werden mittels der Luciferin-/Luciferase-Methode mit einem ATP-Mess-Kit bestimmt, das die Biolumineszenz in Relativen Lumineszenz-Einheiten (Relative Luminescence Units; RLU) misst. Die Testzeit zwischen dem Zeitpunkt der Tiertötung bis zur Messung des ATP-Gehalts für jedes einzelne Tier sollte gleich bleiben und bei bis zu ca. 30 Minuten liegen, da davon ausgegangen wird, dass der ATP-Gehalt nach der Tiertötung allmählich abnimmt (12). Folglich sollten die verschiedenen Verfahrensschritte ab der Entnahme der aurikulären Lymphknoten bis zur ATP-Messung nach einem vorher festgelegten Zeitplan, der für jedes Tier gleich ist, innerhalb von 20 Minuten abgeschlossen werden. Die ATP-Lumineszenz sollte in jeder Probe von 2 mL gemessen werden, so dass für jedes Tier zwei ATP-Messungen vorliegen. Anschließend wird die mittlere ATP-Lumineszenz bestimmt und in den folgenden Berechnungen verwendet (siehe Absatz 30).

BEOBACHTUNGEN

Klinische Beobachtungen

28.
Jede Maus sollte mindestens einmal täglich sorgfältig auf klinische Zeichen, d. h. lokale Reizung an der Applikationsstelle, oder auf systemische Toxizität untersucht werden. Alle Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Die Überwachungspläne sollten Kriterien beinhalten, anhand derer Mäuse mit systemischer Toxizität, übermäßiger lokaler Hautreizung oder Hautätzung schnell zu Zwecken der schmerzlosen Tötung identifiziert werden können (36).

Körpergewicht

29.
In Abschnitt 25 wurde bereits ausgeführt, dass das Körpergewicht der einzelnen Tiere zu Versuchsbeginn und zum Zeitpunkt der tierschutzgerechten Tötung der Tiere laut Versuchsplan festgestellt werden soll.

BERECHNUNG DER ERGEBNISSE

30.
Die Ergebnisse für jede Behandlungsgruppe werden als mittlerer Stimulationsindex (SI) angegeben. Den SI erhält man durch Teilen der mittleren RLU pro Maus innerhalb jeder Prüfgruppe und der Positivkontrollgruppe durch die mittleren RLU pro Maus für die Lösungsmittel-/Vehikelkontrollgruppe. Der durchschnittliche SI beträgt demnach für die mit Vehikel behandelten Kontrollen 1.
31.
In dem Entscheidungsprozess gilt ein Ergebnis als positiv, wenn SI ≥ 1,8 ist (10). Die Stärke der Dosis-Wirkung, die statistische Signifikanz und die gleichbleibende Qualität der Lösungsmittel-/Vehikel-Reaktion sowie der Reaktion der Positivkontrolle können aber auch benutzt werden, um festzulegen, ob ein Grenzergebnis (d. h. SI-Wert zwischen 1,8 und 2,5) als positiv bezeichnet werden soll (2) (3) (37).
32.
Bei einer positiven Grenzwertreaktion mit einem SI zwischen 1,8 und 2,5 können Anwender zusätzliche Informationen berücksichtigen, wie z. B. die Dosis-Wirkungs-Beziehung, das Vorliegen einer systemischen Toxizität oder übermäßigen Hautreizung, sowie gegebenenfalls die statistische Signifikanz zusammen mit den SI-Werten, um zu bestätigen, dass die Ergebnisse positiv sind (10). Zu beachten sind ferner die verschiedenen Eigenschaften der Prüfsubstanz, wobei es unter anderem zu klären gilt, ob ein struktureller Zusammenhang mit bekannten Hautsensibilisatoren besteht, ob sie eine übermäßige lokale Hautreizung bei der Maus hervorruft und wie die festgestellte Art der Reaktion bezüglich der Dosis ist. Diese und weitere Aspekte werden an anderer Stelle ausführlich erörtert (4).
33.
Werden die Daten für jede einzelne Maus erhoben, kann eine statistische Analyse zu Vorhandensein und Grad des Dosis-Wirkungs-Verhältnisses in den Daten durchgeführt werden. Jede statistische Auswertung könnte eine Bewertung der Dosis-Wirkungs-Beziehung sowie geeignete Testgruppen-Vergleiche beinhalten (z. B. Gruppe mit paarweiser Dosierung vs. gleichzeitige Lösungsmittel-/Vehikelkontrollgruppen). Die statistischen Analysen könnten z. B. die lineare Regression, den Williams-Test zur Bewertung von Dosis-Wirkungs-Trends oder den Dunnett-Test für paarweise Vergleiche beinhalten. Bei der Auswahl einer geeigneten Methode für die statistische Analyse sollte sich der Prüfer möglicher ungleicher Varianzen und anderer damit zusammenhängender Probleme stets bewusst sein, denn diese erfordern unter Umständen eine Datentransformation oder ein nicht-parametrisches statistisches Verfahren. Auf jeden Fall muss der Prüfer unter Umständen SI-Berechnungen und statistische Analysen mit und ohne bestimmte Datenpunkte (manchmal als „Ausreißer“ bezeichnet) vornehmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

34.
Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Sie sollten die RLU-Einzelwerte, die mittleren RLU-Gruppenwerte pro Tier, die damit verbundene Fehlervariable (z. B. SD, SEM) und den mittleren SI für jede Dosisgruppe, verglichen mit der gleichzeitigen Lösungsmittel-/Vehikelkontrollgruppe angeben.

Prüfbericht

35.
Der Testbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüf- und Kontrollsubstanzen:

Angaben zur Identität (z. B. CAS-Nummer und EG-Nummer, falls vorhanden; Bezugsquelle; Reinheit; bekannte Verunreinigungen; Chargennummer);
physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Flüchtigkeit, Stabilität, Löslichkeit);
bei Mischungen Zusammensetzung und relative Anteile der Bestandteile in Prozent;

Lösungsmittel/Vehikel:

Angaben zur Identität (Reinheit, Konzentration, gegebenenfalls verwendete Mengen);
Begründung für die Wahl des Vehikels;

Versuchstiere:

Herkunft der CBA-Mäuse;
mikrobiologischer Status der Tiere, soweit bekannt;
Anzahl und Alter der Tiere;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Prüfbedingungen:

Herkunft, Chargennummer und Daten des Herstellers zur Qualitätssicherung/Qualitätskontrolle für das ATP-Kit;
Angaben zur Vorbereitung und Applikation der Prüfsubstanz;
Begründung der gewählten Dosierung (mit Ergebnissen des eventuell durchgeführten Dosisfindungstests);
verwendete Konzentrationen des Vehikels und der Prüfsubstanz sowie Gesamtmenge der applizierten Prüfsubstanz;
Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle);
nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;
Methoden zur Bestimmung der Toxizität;
Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv oder negativ;
Einzelheiten zu eventuellen Protokollabweichungen und eine Erklärung dazu, wie sich diese Abweichung auf Prüfdesign und Ergebnisse auswirkt.

Überprüfung der Zuverlässigkeit:

Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse der letzten Überprüfung der Zuverlässigkeit mit Angaben zu verwendeten Prüfsubstanzen, Konzentration und Vehikel;
gleichzeitige und/oder historische PC und gleichzeitige Daten der Negativkontrolle (Lösungsmittel/Vehikel) für das Prüflabor;
wenn keine gleichzeitige PC eingeschlossen war, Datum und Laborbericht über die jüngste periodische PC sowie ein Bericht mit ausführlichen Angaben über die historischen positiven Kontrolldaten des Labors mit Angabe der Gründe, warum keine gleichzeitige PC durchgeführt wurde;

Ergebnisse:

Gewicht der einzelnen Tiere bei Beginn der Prüfung und zum Zeitpunkt der Tötung laut Versuchsplan, sowie mittlere und zugehörige Fehlervariable (z. B. SD, SEM) für jede Behandlungsgruppe;
Beginn und zeitlicher Verlauf der toxischen Erscheinungen für jedes Tier, einschließlich gegebenenfalls Hautreizungen an der Stelle der Verabreichung;
Zeitpunkt der Tötung und Zeitpunkt der ATP-Messungen für jedes Tier;
Tabelle der RLU-Werte für jede Maus und der SI-Werte für jede Dosisgruppe;
mittlere verbundene Fehlervariable (z. B. SD, SEM) für RLU/Maus für jede Behandlungsgruppe sowie die Ergebnisse der Ausreißer-Analyse für jede Behandlungsgruppe;
berechneter SI und geeignete Messung der Variabilität, welche die Variabilität der Tiere sowohl in der Behandlungsgruppe als auch in der Kontrollgruppe berücksichtigt;
Dosis-Wirkungs-Beziehung;
gegebenenfalls statistische Analysen.

Diskussion der Ergebnisse:

Kurze Kommentierung der Ergebnisse, der Dosis-Wirkungs-Beziehung und gegebenenfalls der statistischen Analysen mit Schlussfolgerungen zur Frage, ob die Prüfsubstanz als Hautsensibilisator eingestuft werden soll.

LITERATUR

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Anlage 1

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Genauigkeit : Der Grad an Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und akzeptierten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der Relevanz. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode (38).

Vergleichssubstanz : Eine sensibilisierende oder nicht sensibilisierende Substanz, die als Standard zu Vergleichszwecken für eine Prüfsubstanz verwendet wird. Eine Vergleichssubstanz sollte die folgenden Eigenschaften haben: i) gleichbleibende und verlässliche Quelle(n); ii) strukturelle und funktionelle Ähnlichkeit mit der Klasse der zu prüfenden Stoffe; iii) bekannte physikalisch-chemische Eigenschaften; iv) unterstützende Daten zu bekannten Effekten und v) bekannte Wirksamkeit im Bereich der erwünschten Reaktion.

Falsch negativ : Eine Substanz, die durch eine Prüfmethode fälschlich als negativ oder nicht wirksam charakterisiert wird, obwohl sie in Wirklichkeit positiv bzw. wirksam ist.

Falsch positiv : Eine Substanz, die durch eine Prüfmethode fälschlich als positiv oder wirksam charakterisiert wird, obwohl sie in Wirklichkeit negativ bzw. nicht wirksam ist.

Gefahr : Potenzial eines schädlichen Effekts für Gesundheit oder Umwelt. Die schädliche Wirkung manifestiert sich nur, wenn es zu einem ausreichenden Expositionsniveau kommt.

Inter-Labor-Reproduzierbarkeit : Das Ausmaß, in dem unterschiedliche qualifizierte Laboratorien, die dasselbe Protokoll verwenden und dieselben Prüfsubstanzen testen, qualitativ und quantitativ vergleichbare Ergebnisse erzielen können. Die Inter-Labor-Reproduzierbarkeit wird während der Prävalidierungs- und Validierungsverfahren ermittelt und zeigt das Maß an, in dem ein Test erfolgreich zwischen Laboratorien übertragen werden kann. Im englischen Sprachgebrauch spricht man in diesem Zusammenhang auch von „Between-laboratory reproducibility“ (38).

Intra-Labor-Reproduzierbarkeit : Das Ausmaß, in dem qualifizierte Personen innerhalb desselben Labors, die dasselbe spezifische Protokoll zu unterschiedlichen Zeiten verwenden, erfolgreich dieselben Ergebnisse replizieren können. In diesem Zusammenhang spricht man auch von laborinterner Reproduzierbarkeit (38).

Ausreißer : Ein Ausreißer ist ein Messwert, der sich beträchtlich von anderen Werten in einem zufällig ausgewählten Muster in einer Population unterscheidet.

Qualitätssicherung : Ein Managementprozess, mittels dessen die Einhaltung von Laborprüfnormen, Anforderungen und Aufzeichnungsverfahren, sowie die Genauigkeit des Datentransfers durch Individuen bewertet wird, die von den testenden Personen unabhängig sind.

Zuverlässigkeit : Maß der Verlässlichkeit der Reproduzierbarkeit der Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien in einem bestimmten Zeitintervall bei einheitlichem Protokoll. Sie wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit bewertet (38).

Hautsensibilisierung : Ein immunologischer Prozess, der auftritt, wenn ein empfindliches Individuum oberflächlich einem induzierenden chemischen Allergen ausgesetzt ist, das eine kutane Immunreaktion auslöst, die zur Entwicklung einer Kontaktsensibilisierung führen kann.

Stimulationsindex (SI) : Ein Wert, der zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials einer Prüfsubstanz berechnet wird. Der SI ist das Verhältnis der Proliferation in behandelten Gruppen zu dem der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe.

Prüfsubstanz (auch Prüfchemikalie) : Jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.51.   HAUTSENSIBILISIERUNG: LOKALER LYMPHKNOTENTEST: BRDU-ELISA

EINLEITUNG

1.
Die OECD-Leitlinien für die Prüfung von Chemikalien und die EU-Prüfmethoden werden regelmäßig überarbeitet, um dem wissenschaftlichen Fortschritt, sich ändernden Rechtsvorgaben und Belangen des Tierschutzes gerecht zu werden. Die ursprüngliche Prüfmethode (B.42) zur Bestimmung der Hautsensibilisierung bei der Maus, der Lokale Lymphknotentest (Local Lymph Node Assay bzw. LLNA; OECD-Prüfrichtlinie 429) wurde inzwischen überarbeitet (1, und Kapitel B.42 in diesem Anhang). Verschiedene Veröffentlichungen (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) gehen genauer auf die Validierung des LLNA und auf die mit ihm verbundenen wissenschaftlichen Arbeiten ein. Bei dem LLNA wird zur Messung der Lymphozytenproliferation radioisotopisches Thymidin oder Jod verwendet. Der Test hat daher Beschränkungen, wenn der Erwerb, die Verwendung oder die Entsorgung radioaktiver Materialien mit Problemen verbunden sind. Die Prüfmethode LLNA: BrdU-ELISA [Enzymgebundener Immunoassay] ist eine nicht-radioaktive Modifikation der LLNA-Prüfmethode, bei der nicht radioaktiv gekennzeichnetes 5-Bromo-2-deoxyuridin (BrdU) (Chemical Abstracts Service [CAS-] Nr. 59-14-3) in einem ELISA-basierten Testsystem zur Messung der Lymphozytenproliferation zum Einsatz kommt. Die Prüfmethode LLNA: BrdU-ELISA wurde durch ein internationales wissenschaftliches Gremium für Sachverständigengutachten (peer review) validiert, geprüft und zur Identifizierung sensibilisierender und nicht sensibilisierender Chemikalien mit einigen Beschränkungen als geeignet befunden (10) (11) (12). Diese Prüfmethode wurde zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) bei Tieren entwickelt. Kapitel B.6 dieses Anhangs und OECD-Prüfrichtlinie 406 stützen sich auf Meerschweinchen-Tests, insbesondere den Meerschweinchen-Maximierungstest und den Bühler-Test (13). Der LLNA (Kapitel B.42 dieses Anhangs; OECD-Prüfrichtlinie 429) und die beiden nicht-radioaktiven Modifikationen, LLNA: BrdU-ELISA (Kapitel B.51 dieses Anhangs; OECD-Prüfrichtlinie 442 B) und LLNA: DA (Kapitel B.50 dieses Anhangs; OECD-Prüfrichtlinie 442 A) haben insofern Vorteile gegenüber den Meerschweinchen-Tests in B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406 (13), als sie einen verringerten und gezielteren Einsatz von Versuchstieren ermöglichen.
2.
Ähnlich wie der LLNA untersucht der LLNA: BrdU-ELISA die Induktionsphase der Hautsensibilisierung, und der Test liefert quantitative Daten für die Bewertung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Durch den möglichen Nachweis von hautsensibilisierenden Stoffen ohne die Verwendung radioaktiver Markierungen für die DNA können die berufliche Exposition gegenüber Radioaktivität und Entsorgungsprobleme vermieden werden. Dies wiederum ermöglicht eine verstärkte Verwendung von Mäusen zur Bestimmung hautsensibilisierender Stoffe und somit eine geringere Verwendung von Meerschweinchen zur Bewertung des hautsensibilisierenden Potenzials (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (13).

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

3.
Die verwendeten Begriffsbestimmungen sind in Anlage 1 aufgeführt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

4.
Die Prüfmethode LLNA: BrdU-ELISA ist eine modifizierte LLNA-Methode zum Nachweis von Chemikalien mit potenziell hautsensibilisierenden Eigenschaften, mit bestimmten Beschränkungen. Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass der LLNA: BrdU-ELISA zwingend in jedem Fall anstelle des LLNA oder der Meerschweinchen-Tests (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) (13) eingesetzt werden muss. Vielmehr erweist sich der Test als gleichermaßen wertvoll und kann als Alternative gewählt werden, bei der im Allgemeinen keine weitere Bestätigung von positiven wie auch negativen Ergebnissen erforderlich ist (10) (11). Das Prüflabor sollte vor der Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz auswerten und berücksichtigen. Zu diesen Informationen zählen die Identität und die chemische Struktur der Prüfsubstanz, ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften, die Ergebnisse aller sonstigen in vitro- oder in vivo-Toxizitätsprüfungen der Prüfsubstanz sowie toxikologische Daten zu strukturell verwandten Chemikalien. Dies gilt es zu berücksichtigen, um die Eignung des LLNA: BrdU-ELISA für die jeweilige Prüfsubstanz festzustellen (bestimmte Arten chemischer Stoffe sind mit dem LLNA: BrdU-ELISA nicht kompatibel [siehe Absatz 5]) und die Festlegung der Dosis zu erleichtern.
5.
Die Prüfmethode LLNA: BrdU-ELISA ist eine in vivo-Methode. Das bedeutet, dass die kontaktsensibilisierenden Eigenschaften weiterhin an Tieren bewertet werden. Der Test erlaubt es jedoch, im Vergleich zu den Meerschweinchen-Tests (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406) die Anzahl der für diesen Zweck benötigten Tiere zu reduzieren (13). Ferner stellt der LLNA: BrdU-ELISA eine substanzielle Verfeinerung in der Behandlung von Versuchstieren bei Tests auf allergische Kontaktsensibilisierung dar, da anders als B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406 der LLNA: BrdU-ELISA keine Auslösung von provozierten Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut erfordert. Außerdem erfordert der LLNA: BrdU-ELISA, anders als der Meerschweinchen-Maximierungstest, keinen Einsatz von Adjuvanzien (Kapitel B.6 dieses Anhangs, 13). Damit verringert der LLNA: BrdU-ELISA das Leiden der Tiere. Trotz der Vorteile des LLNA: BrdU-ELISA gegenüber B.6 und OECD-Prüfrichtlinie 406 (13) ist er mit gewissen Einschränkungen behaftet, die die Anwendung von B.6 oder von OECD-Prüfrichtlinie 406 erforderlich machen können (z. B. die Prüfung bestimmter Metalle, falsch positive Ergebnisse bei bestimmten hautreizenden Stoffen [wie etwa bei tensidähnlichen Chemikalien] (6) (1 und Kapitel B.42 in diesem Anhang), oder die Löslichkeit der Prüfsubstanz). Zudem können chemische Klassen oder Substanzen mit Funktionsgruppen, die erwiesenermaßen als potenzielle Störfaktoren wirken können (15), den Einsatz von Meerschweinchen-Tests erforderlich machen (B.6; OECD-Prüfrichtlinie 406 (13)). Beschränkungen, die für den LLNA festgestellt wurden (1 und Kapitel B.42 dieses Anhangs), empfehlen sich auch für den LLNA: BrdU-ELISA (10). Abgesehen von diesen bekannten Beschränkungen dürfte der LLNA: BrdU-ELISA für die Prüfung aller Chemikalien geeignet sein, sofern mit diesen Chemikalien keine Eigenschaften verbunden sind, die die Genauigkeit des LLNA: BrdU-ELISA beeinträchtigen könnten. Außerdem sollte die Möglichkeit positiver Grenzergebnisse in Betracht gezogen werden, wenn für den Stimulationsindex (SI) Werte zwischen 1,6 und 1,9 ermittelt werden (siehe Absätze 31-32). Dies beruht auf der Validierungs-Datenbasis von 43 Substanzen mit einem SI ≥ 1,6 (siehe Absatz 6), bei denen der LLNA: BrdU-ELISA alle 32 LLNA-Sensibilisatoren richtig identifizierte, jedoch zwei von 11 LLNA-Nichtsensibilisatoren mit SI-Werten zwischen 1,6 und 1,9 (d. h. positive Grenzwerte) nicht korrekt identifizierte (10). Da allerdings derselbe Datensatz für die Einstellung der SI-Werte und die Berechnung der prädiktiven Eigenschaften des Tests verwendet wurde, könnten die festgestellten Ergebnisse auch eine Überbewertung der tatsächlichen prädiktiven Eigenschaften sein.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

6.
Der LLNA: BrdU-ELISA beruht auf dem Prinzip, dass sensibilisierende Stoffe eine Lymphozytenproliferation in den drainierenden Lymphknoten an der Stelle der Applikation des chemischen Stoffes induzieren. Diese Proliferation verläuft proportional zur Dosis und zur Wirksamkeit des applizierten Allergens und bietet sich als einfache Möglichkeit an, eine quantitative Messung der Sensibilisierung zu erhalten. Die Proliferation wird gemessen, indem man die mittlere Proliferation jeder Prüfgruppe mit der mittleren Proliferation der mit Vehikel behandelten Kontrollgruppe vergleicht. Das Verhältnis der mittleren Proliferation in jeder Behandlungsgruppe zu dem in der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe, auch als SI bezeichnet, wird festgelegt und sollte ≥ 1,6 betragen, ehe eine weitere Bewertung einer Prüfsubstanz als potenzieller Hautsensibilisator erfolgt. Die hier beschriebenen Methoden beruhen auf der Messung des BrdU-Gehalts zur Anzeige einer erhöhten Anzahl proliferierender Zellen in den drainierenden aurikulären Lymphknoten. BrdU ist eine Nachbildung von Thymidin und wird ähnlich in die DNA proliferierender Zellen integriert. Die Integration von BrdU wird durch ELISA mittels eines für BrdU spezifischen Antikörpers gemessen, der auch mit Peroxidase markiert wird. Bei Hinzufügung des Substrats reagiert die Peroxidase mit diesem und es entsteht ein gefärbtes Produkt, das mittels eines Mikrotiterplatten-Lesegeräts auf ein bestimmtes Absorptionsmaß gemessen wird.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Auswahl von Versuchstierarten

7.
Für diesen Test ist die Maus die Spezies der Wahl. Validierungsstudien für den LLNA: BrdU-ELISA wurden ausschließlich mit dem CBA/JN-Stamm durchgeführt, der daher als bevorzugter Stamm gilt (10) (12). Es werden junge erwachsene weibliche Mäuse verwendet, die weder geworfen haben noch trächtig sind. Bei Versuchsbeginn sollten die Tiere 8-12 Wochen alt sein, die Gewichtsunterschiede minimal sein und 20 % des mittleren Gewichts nicht übersteigen. Alternativ können Tests an anderen Stämmen und männlichen Tieren erfolgen, wenn anhand von hinlänglich großen Datenangaben nachgewiesen werden kann, dass keine signifikanten stamm- und/oder geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Reaktion auf den LLNA: BrdU-ELISA bestehen.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

8.
Mäuse sollten in Gruppen gehalten werden (16), wenn nicht angemessene wissenschaftliche Begründungen eine Einzelhaltung nahelegen. Die Temperatur im Versuchsraum sollte 22 ± 3 °C betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und zu anderen Zeiten als während der Reinigung vorzugsweise nicht über 70 % liegen soll, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten.

Vorbereitung der Tiere

9.
Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert (aber nicht am Ohr) und vor Beginn der Dosierung für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt. Vor Behandlungsbeginn werden alle Tiere untersucht, um sicherzustellen, dass keine sichtbaren Hautverletzungen bestehen.

Vorbereitung der Dosierlösungen

10.
Feste Chemikalien sollten vor der Applikation in ein Mäuseohr in Lösungsmitteln/Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Chemikalien können direkt appliziert oder zuvor verdünnt werden. Unlösliche Chemikalien, wie sie in der Regel in Medizinprodukten vorliegen, sollten vor der Applikation in ein Mäuseohr in einem geeigneten Lösungsmittel einer übertrieben starken Extraktion unterzogen werden, um alle extrahierbaren Inhaltsstoffe vor der Prüfung sichtbar zu machen. Die Prüfsubstanzen sollten täglich zubereitet werden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

Überprüfung der Zuverlässigkeit:

11.
Anhand von positiven Kontrollchemikalien (PC) wird die ordnungsgemäße Leistung des Tests nachgewiesen. Hierzu ist eine angemessene und reproduzierbare Empfindlichkeit der Reaktion auf eine sensibilisierende Prüfsubstanz erforderlich, wobei die Reaktionsstärke gut charakterisiert ist. Es wird die Einbeziehung einer gleichzeitigen Positivkontrolle empfohlen, da diese die Fähigkeit des Labors belegt, jeden Test erfolgreich durchzuführen und eine Bewertung der Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Labors ermöglicht. Einige Regulierungsbehörden schreiben auch eine Positivkontrolle für jede Studie vor. Daher wird Anwendern empfohlen, vor Durchführung des LLNA: BrdU-ELISA die zuständigen Behörden zu Rate zu ziehen. Dementsprechend wird die routinemäßige Verwendung einer gleichzeitigen Positivkontrolle angeregt, um die Notwendigkeit zusätzlicher Tierversuche zur Erfüllung von Anforderungen zu vermeiden, die aus der Verwendung einer nur periodischen Positivkontrolle resultieren könnten (siehe Absatz 12). Die Positivkontrolle sollte eine positive Reaktion auf den LLNA: BrdU-ELISA bei einem Expositionsniveau hervorrufen, das einen Anstieg des Stimulationsindex (SI ≥ 1,6 im Vergleich zur Negativkontrollgruppe, NK) bewirkt. Die positive Kontrolldosis soll so gewählt werden, dass sie keine übermäßige Hautreizung oder systemische Toxizität verursacht und die Induktion reproduzierbar, aber nicht exzessiv ist (z. B. ein SI > 14 würde als exzessiv gelten). Bevorzugte positive Kontrollstoffe sind 25 % Hexylcinnaminaldehyd (CAS-Nr. 101-86-0) und 25 % Eugenol (CAS-Nr. 97-53-0) in Aceton: Olivenöl (4:1, v/v). Unter bestimmten Umständen können in ausreichend begründeten Fällen andere Kontrollsubstanzen eingesetzt werden, die den genannten Kriterien entsprechen.
12.
Obwohl die Einbeziehung einer gleichzeitigen Positivkontrollgruppe empfohlen wird, können in gewissen Situationen periodische Prüfungen (d. h. in Abständen ≤ 6 Monaten) der Positivkontrolle für Laboratorien ausreichen, die denen der LLNA: BrdU-ELISA regelmäßig (d. h. mindestens einmal pro Monat) durchgeführt wird und die über eine etablierte historische Kontrolldatenbasis verfügen, die die Fähigkeit des Labors bestätigt, reproduzierbare und genaue Ergebnisse mit Positivkontrollen zu erzielen. Eine angemessene Beherrschung des LLNA: BrdU-ELISA kann erfolgreich nachgewiesen werden, indem durchgehend positive Ergebnisse mit den positiven Kontrollchemikalien in mindestens 10 unabhängigen Prüfungen erzielt werden, die innerhalb eines angemessenen Zeitraums (d. h. in weniger als einem Jahr) durchgeführt wurden.
13.
Eine gleichzeitige Positivkontrollgruppe sollte immer einbezogen werden, wenn Verfahrensänderungen im LLNA: BrdU-ELISA auftreten (z. B. Wechsel des geschulten Personals, Änderung der Materialien bei den Prüfmethoden und/oder der Reagenzien, Änderung der Ausrüstung, Änderung der Herkunft der Versuchstiere). Solche Änderungen sollten in Laborberichten dokumentiert werden. Ferner ist der Einfluss dieser Änderungen auf die Aussagefähigkeit der zuvor eingerichteten historischen Datenbank zu bedenken. Dabei sollte die Notwendigkeit überdacht werden, eine neue historische Datenbank einzurichten, um die gleichbleibende Qualität der positiven Kontrollergebnisse zu dokumentieren.
14.
Die Prüfer sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass die Entscheidung, eine PC-Studie periodisch statt gleichzeitig durchzuführen, Auswirkungen auf die Aussagefähigkeit und Akzeptanz negativer Studienergebnisse haben kann, die ohne gleichzeitige Positivkontrolle im Zeitraum zwischen den einzelnen periodischen PC-Studien auftreten können. Wenn zum Beispiel ein falsch negatives Ergebnis in der periodischen PC-Studie auftritt, können negative Ergebnisse für die Prüfsubstanz, die in dem Zeitraum zwischen der letzten akzeptablen periodischen PC-Studie und der inakzeptablen periodischen PC-Studie aufgetreten waren, in Frage gestellt werden. Die Auswirkungen solcher Ergebnisse sollten sorgfältig bedacht werden, wenn entschieden wird, ob gleichzeitige oder nur periodische PC-Studien durchgeführt werden sollen. Auch ist die Verwendung einer geringeren Anzahl an Versuchstieren bei der gleichzeitigen Positivkontrollgruppe zu bedenken, wenn dies wissenschaftlich zu begründen ist und wenn das Labor auf der Grundlage laborspezifischer historischer Daten demonstriert, dass eine geringere Anzahl an Mäusen ausreicht (17).
15.
Obwohl eine positive Kontrollchemikalie in dem Vehikel geprüft werden sollte, von dem bekannt ist, dass es eine gleichbleibende Reaktion hervorruft (z. B. Aceton: Olivenöl; 4:1, v/v), können in bestimmten Rechtssituationen auch Prüfungen in einem Nichtstandard-Vehikel (klinisch/chemisch relevante Formulierung) erforderlich sein (18). Wenn die gleichzeitige Positivkontrolle in einem anderen Vehikel als der Prüfsubstanz getestet wird, sollte eine gesonderte Vehikelkontrolle für die gleichzeitige PC einbezogen werden.
16.
In Fällen, in denen Prüfsubstanzen einer bestimmten chemischen Klasse oder eine Reihe von Reaktionen bewertet werden, können Referenzsubstanzen nützlich sein, um nachzuweisen, dass die Prüfmethode zur Feststellung des Hautsensibilisierungspotenzials dieser Art von Substanzen ordnungsgemäß funktioniert. Geeignete Referenzsubstanzen sollten die folgenden Eigenschaften haben:
strukturelle und funktionale Ähnlichkeit mit der Klasse der getesteten Prüfsubstanz;
bekannte physikalische/chemische Eigenschaften;
zugrunde liegende Daten aus dem BrdU-ELISA;
zugrunde liegende Daten aus anderen Tiermodellen und/oder von Menschen.

TESTVERFAHREN

Anzahl der Versuchstiere und Dosierungen

17.
Mindestens vier Tiere pro Dosisgruppe mit jeweils mindestens drei Konzentrationen der Prüfsubstanz werden benötigt; zusätzlich braucht man eine Negativkontrollgruppe, die nur mit dem Vehikel für die Prüfsubstanz behandelt wird, sowie eine Positivkontrolle (gleichzeitig oder jüngeren Datums, auf der Grundlage der Laborvorschriften in den relevanten Abschnitten 11-15). Tests mit Mehrfachdosen der PC sollten in Erwägung gezogen werden, insbesondere wenn die Positivkontrolle intermittierend getestet wird. Bis auf die Verabreichung der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppen ebenso zu behandeln wie die Tiere der Behandlungsgruppen.
18.
Die Auswahl von Dosierung und Vehikel sollte auf den Empfehlungen in den Referenzen 2 und 19 beruhen. Für aufeinanderfolgende Dosierungen werden normalerweise geeignete abgestufte Konzentrationen gewählt, wie z. B. 100 %, 50 %, 25 %, 10 %, 5 %, 2,5 %, 1 %, 0,5 % usw. Die Auswahl der Konzentrationsfolge sollte angemessen wissenschaftlich begründet werden. Alle vorhandenen toxikologischen Angaben (z. B. über die akute Toxizität und Hautreizung) sowie strukturelle und physiochemische Angaben zu der jeweiligen Prüfsubstanz (und/oder strukturverwandten Substanzen) sollten bei der Festlegung von drei aufeinander folgenden Konzentrationen berücksichtigt werden, so dass bei der Höchstkonzentration einerseits die Exposition maximiert und andererseits eine systemische Toxizität und/oder eine übermäßige lokale Hautreizung ausgeschlossen werden (19) (20 und Kapitel B.4 dieses Anhangs). Mangels solcher Informationen kann ein anfänglicher Dosisfindungstest erforderlich sein (siehe Absätze 21-24).
19.
Das Vehikel sollte das Testergebnis nicht beeinflussen oder beeinträchtigen und sollte so gewählt werden, dass die Löslichkeit zur Erzielung einer möglichst hohen Konzentration maximiert und gleichzeitig eine für das Applizieren der Prüfsubstanz geeignete Lösung/Suspension hergestellt werden kann. Empfohlene Vehikel sind Aceton: Olivenöl (4:1, v/v), N,N-Dimethylformamid, Methylethylketon, Propylenglykol und Dimethylsulphoxid (6), wobei mit hinreichender wissenschaftlicher Begründung auch andere Vehikel verwendet werden können. Unter bestimmten Umständen muss ein klinisch relevantes Lösungsmittel oder die handelsübliche Zubereitung, in der die Prüfsubstanz vermarktet wird, als zusätzliche Kontrolle genutzt werden. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, zu gewährleisten, dass in das Vehikelsystem durch die Verwendung geeigneter Lösungsvermittler (z. B. 1 % Pluronic® L92) hydrophile Stoffe eingearbeitet werden, die die Haut befeuchten und nicht sofort ablaufen. Folglich sind vollständig wässrige Vehikel zu vermeiden.
20.
Die Arbeit an Lymphknoten einzelner Mäuse ermöglicht die Bewertung der Variabilität von Tieren sowie einen statistischen Vergleich zwischen der Prüfsubstanz und Messungen an der Vehikelkontrollgruppe (siehe Absatz 33). Die Möglichkeit, die Anzahl der Mäuse in der Positivkontrollgruppe zu verringern, ist nur realistisch, wenn Einzeltierdaten erhoben werden (17). Außerdem verlangen einige Regulierungsbehörden die Erhebung von Daten einzelner Tiere. Die regelmäßige Erhebung von Einzeltierdaten stellt im Hinblick auf den Tierschutz einen Vorteil dar, indem Doppeltests vermieden werden. Diese wären notwendig, wenn die ursprünglich gemeinsam gesammelten Ergebnisse für die Prüfsubstanz (z. B. über gepoolte Daten) später von Regulierungsbehörden mit anderen Vorschriften (z. B. Einzeltierdaten) geprüft würden.

Dosisfindungstest

21.
Wenn über die höchst mögliche Dosierung keine Informationen vorliegen (siehe Absatz 18), sollte ein Dosisfindungstest durchgeführt werden, um die geeignete Dosierung für den LLNA: BrdU-ELISA festzulegen. Der Dosisfindungstest soll eine Orientierung bei der Auswahl der höchst möglichen Dosisstufe für die Hauptuntersuchung des LLNA: BrdU-ELISA geben, wenn keine Informationen darüber vorliegen, welche Konzentration systemische Toxizität (siehe Absatz 24) und/oder übermäßige lokale Hautreizung (siehe Absatz 23) verursacht. Die höchste geprüfte Dosisstufe sollte eine Konzentration von 100 % der Prüfsubstanz bei Flüssigkeiten bzw. die höchst mögliche Konzentration bei Feststoffen oder Suspensionen sein.
22.
Der Dosisfindungstest wird unter Bedingungen durchgeführt, die denen der Hauptstudie des LLNA: BrdU-ELISA genau entsprechen. Allerdings gibt es hier keine Bewertung der Lymphknotenproliferation und es können weniger Tiere pro Dosisgruppe eingesetzt werden. Es werden ein oder zwei Tiere pro Dosisgruppe empfohlen. Alle Mäuse werden täglich auf klinische Zeichen für systemische Toxizität oder lokale Reizungen an der Applikationsstelle untersucht. Das Körpergewicht wird vor dem Test und vor dem Abschluss (Tag 6) protokolliert. Beide Ohren jeder Maus werden auf Anzeichen für Erytheme untersucht und mit Hilfe von Tabelle 1 (20 und Kapitel B.4 dieses Anhangs) bewertet. Die Ohrdicke wird mit Hilfe eines Ohrdickenmessgeräts (z. B. digitaler Mikrometer oder Peacock Dickenmessuhr) an Tag 1 vor der Dosierung, Tag 3 (ca. 48 Stunden nach der ersten Dosis) und Tag 6 bestimmt. Zusätzlich kann an Tag 6 die Ohrdicke durch die Gewichtsbestimmung von Ohrstanzproben ermittelt werden. Dies sollte nach der tierschutzgerechten Tötung der Tiere erfolgen. Eine übermäßige lokale Hautreizung wird durch eine Erythem-Punktzahl von ≥ 3 und/oder eine Zunahme der Ohrdicke ≥ 25 % an jedem beliebigen Messtag angezeigt (21) (22). Als höchste Dosis für die Hauptuntersuchung des LLNA: BrdU-ELISA wird die nächst niedrigere Dosis in der Konzentrationsreihe des Dosisfindungstests gewählt (siehe Absatz 18), die keine systemische Toxizität und/oder übermäßige lokale Hautreizung verursacht.



Tabelle 1

Erythem-Klassifizierung

BeobachtungPunktzahl
Kein Erythem0
Sehr leichtes Erythem (kaum wahrnehmbar)1
Klar abgegrenztes Erythem2
Mäßiges bis ausgeprägtes Erythem3
Schweres Erythem (dunkelrot) bis hin zur Schorfbildung, so dass eine Bewertung nicht möglich ist4
23.
Zusätzlich zu einer Zunahme der Ohrdicke um 25 % (21) (22) wurde ein statistisch signifikanter Anstieg der Ohrdicke bei den behandelten Mäusen im Vergleich zu den Kontrollmäusen zugrundelegt, um Reizstoffe in dem LLNA zu identifizieren (22) (23) (24) (25) (26) (27) (28). Obwohl ein statistisch signifikanter Anstieg auch bei einer Ohrdicke von weniger als 25 % auftreten kann, konnte kein spezifischer Zusammenhang mit einer übermäßigen Hautreizung festgestellt werden (25) (26) (27) (28) (29).
24.
Die folgenden klinischen Beobachtungen können, sofern sie Bestandteil einer Gesamtbewertung sind, auf systemische Toxizität hinweisen (30) und somit die höchst mögliche Dosisstufe für die Hauptuntersuchung des LLNA: BrdU-ELISA anzeigen: Änderungen der Funktionen des Nervensystems (z. B. Piloerektion, Ataxie, Tremor und Krämpfe); Verhaltensänderungen (z. B. Aggressivität, Änderungen bei der Fellpflege, auffallende Änderung des Aktivitätsniveaus); Änderungen des Atemmusters (d. h. Änderung der Häufigkeit und Intensität des Atmens wie Dyspnoe, Keuchen, rasselnder Atem) sowie Änderungen der Futter- und Wasseraufnahme. Zusätzlich sollten Anzeichen von Lethargie und/oder Teilnahmslosigkeit sowie alle klinischen Anzeichen für mehr als leichte oder momentane Schmerzen und Qual, eine Gewichtsreduktion von > 5 % zwischen Tag 1 und Tag 6 und die Sterblichkeit in der Bewertung berücksichtigt werden. Moribunde Tiere oder Tiere, die Anzeichen starker und andauernder Qualen zeigen, sollten tierschutzgerecht getötet werden (31).

Versuchsplan der Hauptuntersuchung

25.
Der Versuchsplan des Tests ist wie folgt:
Tag 1 : Jedes Tier wird einzeln gekennzeichnet und das Gewicht sowie jede klinische Beobachtung protokolliert. Es werden 25 μL der Prüfsubstanz in der jeweiligen Verdünnung, des Vehikels allein oder der Positivkontrolle (gleichzeitig oder jüngeren Datums) gemäß den Laborvorschriften in den relevanten Abschnitten 11-15) auf die Rückseite jedes Ohrs appliziert.
Tage 2 und 3 : Die am Tag 1 durchgeführte Applikationsprozedur wird wiederholt.
Tag 4 : Keine Behandlung.
Tag 5 : Es werden 0,5 mL (5 mg/Maus) BrdU-Lösung (10 mg/mL) in die Bauchhöhle gespritzt.
Tag 6 : Das Gewicht jedes Tiers sowie jede klinische Beobachtung werden protokolliert. Ca. 24 Stunden (24 h) nach der BrdU-Injektion werden die Tiere tierschutzgerecht getötet. Die drainierenden aurikulären Lymphknoten jedes Mäuseohrs werden entfernt und separat (für jedes Tier einzeln) in phosphatgepufferte Kochsalzlösung (PBS) gegeben. Einzelheiten und Diagramme der Lymphknotenidentifikation und -entfernung sind unter Referenz (17) aufgeführt. Zur weiteren Kontrolle der lokalen Hautreaktion in der Hauptuntersuchung können zusätzliche Parameter wie die Auswertung des Ohr-Erythems oder Ohrdickemessungen (mittels eines Dickenmessgeräts oder durch die Gewichtsbestimmung von Ohrstanzproben bei der Nekropsie) in das Untersuchungsprotokoll aufgenommen werden.

Vorbereitung der Zellsuspensionen

26.
Für jede Maus wird aus den paarweise entnommenen Lymphknotenzellen (LNC) durch vorsichtigen mechanischen Aufschluss in einem Edelstahlfilter mit einer Maschenweite von 200 Mikron oder mittels einer anderen geeigneten Technik (z. B. Verwendung eines wegwerfbaren Kunststoff-Stößels zum Zerkleinern der Lymphknoten, die anschließend durch ein #70 Nylon-Gewebe passiert werden) eine Einzelzellsuspension hergestellt. Das Verfahren zur Zubereitung der Lymphknotensuspension ist für diesen Test von entscheidender Bedeutung. Deshalb sollte jeder Prüfer diese Technik im Voraus gut beherrschen erlernen. Die Lymphknoten bei Tieren der Negativkontrollgruppe sind klein; daher ist Vorsicht geboten, um eine ungewollte Beeinflussung der SI-Werte zu vermeiden. In jedem Fall sollte das Zielvolumen der LNC-Lösung an ein vorgegebenes Optimalvolumen (ca. 15 mL) angepasst werden. Das Optimalvolumen beruht auf der Erzielung eines mittleren Absorptionsmaßes der Negativkontrollgruppe zwischen 0,1 und 0,2.

Bestimmung der Zellproliferation (Messung des BrdU-Gehalts in der DNA der Lymphozyten)

27.
Die Messung des BrdU erfolgt im ELISA mit einem im Handel erhältlichen Mess-Kit (z. B. Roche Applied Science, Mannheim, Deutschland, Katalog-Nr. 11 647 229 001). Darauf werden kurz 100 μL der Lymphknoten-Suspension in die Vertiefungen einer flachgrundigen Mikroplatte in dreifacher Ausfertigung gegeben. Nach der Fixierung und Denaturierung der Lymphknoten-Suspension werden in jede Vertiefung Anti-BrdU-Antikörper gegeben und zur Reaktion gebracht. Die Anti-BrdU-Antikörper werden anschließend durch Spülen entfernt. Die Substratlösung wird hinzugefügt und kann Chromogen erzeugen. Anschließend wird das Absorptionsmaß bei 370 nm mit einer Referenzwellenlänge von 492 nm gemessen. In allen Fällen sollten die Prüfbedingungen des Tests optimiert werden (siehe Absatz 26).

BEOBACHTUNGEN

Klinische Beobachtungen

28.
Jede Maus sollte mindestens einmal täglich sorgfältig auf klinische Zeichen, d. h. lokale Reizung an der Applikationsstelle, oder auf systemische Toxizität untersucht werden. Alle Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Die Überwachungspläne sollten Kriterien beinhalten, anhand derer Mäuse mit systemischer Toxizität, übermäßiger lokaler Hautreizung oder Hautätzung schnell zu Zwecken der schmerzlosen Tötung identifiziert werden können (31).

Körpergewicht

29.
In Abschnitt 25 wurde bereits ausgeführt, dass das Körpergewicht der einzelnen Tiere zu Versuchsbeginn und zum Zeitpunkt der tierschutzgerechten Tötung der Tiere laut Versuchsplan festgestellt werden soll.

BERECHNUNG DER ERGEBNISSE

30.
Die Ergebnisse für jede Behandlungsgruppe werden als mittlerer Stimulationsindex (SI) angegeben. Den SI erhält man durch Teilen des mittleren BrdU-Markierungsindex pro Maus innerhalb jeder Prüfgruppe und der Positivkontrollgruppe durch den mittleren BrdU-Markierungsindex pro Maus für die Lösungsmittel/Vehikelkontrollgruppe. Der durchschnittliche SI beträgt demnach für die mit Vehikel behandelten Kontrollen 1.

Der BrdU-Markierungsindex ist definiert als:

BrdU-Markierungsindex = (ABSem — ABS blankem) — (ABSref — ABS blankref)

Dabei gilt: em = Emissionswellenlänge und ref = Referenzwellenlänge.

31.
In dem Entscheidungsprozess gilt ein Ergebnis als positiv, wenn SI ≥ 1,6 ist (10). Die Stärke der Dosis-Wirkung, die statistische Signifikanz und die gleichbleibende Qualität der Lösungsmittel-/Vehikel-Reaktion sowie der Reaktion der Positivkontrolle können aber auch benutzt werden, um festzulegen, ob ein Grenzergebnis (d. h. SI-Wert zwischen 1,6 und 1,9) als positiv bezeichnet werden soll (3) (6) (32).
32.
Bei einer positiven Grenzwertreaktion mit einem SI zwischen 1,6 und 1,9 können Anwender zusätzliche Informationen berücksichtigen, wie z. B. die Dosis-Wirkungs-Beziehung, das Vorliegen einer systemischen Toxizität oder übermäßigen Hautreizung, sowie gegebenenfalls die statistische Signifikanz zusammen mit den SI-Werten, um zu bestätigen, dass die Ergebnisse positiv sind (10). Zu beachten sind ferner die verschiedenen Eigenschaften der Prüfsubstanz, wobei es unter anderem zu klären gilt, ob ein struktureller Zusammenhang mit bekannten Hautsensibilisatoren besteht, ob sie eine übermäßige lokale Hautreizung bei der Maus hervorruft und wie die festgestellte Art der Dosis-Wirkungs-Beziehung ist. Diese und weitere Aspekte werden an anderer Stelle ausführlich erörtert (4).
33.
Werden die Daten für jede einzelne Maus erhoben, kann eine statistische Analyse zu Vorhandensein und Grad des Dosis-Wirkungs-Verhältnisses in den Daten durchgeführt werden. Jede statistische Auswertung könnte eine Bewertung der Dosis-Wirkungs-Beziehung sowie geeignete Testgruppen-Vergleiche beinhalten (z. B. Gruppe mit paarweiser Dosierung vs. gleichzeitige Lösungsmittel-/Vehikelkontrollgruppen). Die statistischen Analysen könnten z. B. die lineare Regression, den Williams-Test zur Bewertung von Dosis-Wirkungs-Trends oder den Dunnett-Test für paarweise Vergleiche beinhalten. Bei der Auswahl einer geeigneten Methode für die statistische Analyse sollte sich der Prüfer möglicher ungleicher Varianzen und anderer damit zusammenhängender Probleme stets bewusst sein, denn diese erfordern unter Umständen eine Datentransformation oder ein nicht-parametrisches statistisches Verfahren. Auf jeden Fall muss der Prüfer unter Umständen SI-Berechnungen und statistische Analysen mit und ohne bestimmte Datenpunkte (manchmal als „Ausreißer“ bezeichnet) vornehmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

34.
Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Sie sollten die BrdU-Index-Werte pro Tier, den mittleren BrdU-Markierungsindex pro Tier für jede Gruppe, die damit verbundene Fehlervariable (z. B. SD, SEM) und den mittleren SI für jede Dosisgruppe, verglichen mit der gleichzeitigen Lösungsmittel-/Vehikelkontrollgruppe angeben.

Prüfbericht

35.
Der Testbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüf- und Kontrollsubstanzen:

Angaben zur Identität (z. B. CAS-Nummer und EG-Nummer, falls vorhanden; Bezugsquelle; Reinheit; bekannte Verunreinigungen; Chargennummer);
physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Flüchtigkeit, Stabilität, Löslichkeit);
bei Mischungen Zusammensetzung und relative Anteile der Bestandteile in Prozent;

Lösungsmittel/Vehikel:

Angaben zur Identität (Reinheit, Konzentration, gegebenenfalls verwendete Mengen);
Begründung für die Wahl des Vehikels;

Versuchstiere:

Herkunft der CBA-Mäuse;
mikrobiologischer Status der Tiere, soweit bekannt;
Anzahl und Alter der Tiere;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter usw.;

Prüfbedingungen:

Herkunft, Chargennummer und Angaben des Herstellers zu Qualitätssicherung/Qualitätskontrolle (Antikörperempfindlichkeit und -spezifizität sowie Nachweisgrenze) für das ELISA-Kit;
Angaben zur Vorbereitung und Applikation der Prüfsubstanz;
Begründung der gewählten Dosierung (mit Ergebnissen des eventuell durchgeführten Dosisfindungstests);
verwendete Konzentrationen des Vehikels und der Prüfsubstanz sowie Gesamtmenge der applizierten Prüfsubstanz;
Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle);
nähere Angaben zum Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplan;
Methoden zur Bestimmung der Toxizität;
Kriterien zur Einstufung der Studien als positiv oder negativ;
Einzelheiten zu eventuellen Protokollabweichungen und eine Erklärung dazu, wie sich diese Abweichung auf Prüfdesign und Ergebnisse auswirkt.

Überprüfung der Zuverlässigkeit:

Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse der letzten Überprüfung der Zuverlässigkeit mit Angaben zu verwendeten Prüfsubstanzen, Konzentration und Vehikel;
gleichzeitige und/oder historische PC und gleichzeitige Daten der Negativkontrolle (Lösungsmittel/Vehikel) für das Prüflabor;
wenn keine gleichzeitige PC eingeschlossen war, Datum und Laborbericht über die jüngste periodische PC sowie ein Bericht mit ausführlichen Angaben über die historischen positiven Kontrolldaten des Labors mit Angabe der Gründe, warum keine gleichzeitige PC durchgeführt wurde;

Ergebnisse:

Gewicht der einzelnen Tiere bei Beginn der Prüfung und zum Zeitpunkt der tierschutzgerechten Tötung laut Versuchsplan, sowie mittlere und zugehörige Fehlervariable (z. B. SD, SEM) für jede Behandlungsgruppe;
Beginn und zeitlicher Verlauf der toxischen Erscheinungen für jedes Tier, einschließlich gegebenenfalls Hautreizungen an der Stelle der Verabreichung;
Tabelle der BrdU-Markierungsindizes für jede Maus und der SI-Werte für jede Dosis-Behandlungsgruppe;
mittlere zugehörige Fehlervariable (z. B. SD, SEM) für den BrdU-Markierungsindex/Maus für jede Behandlungsgruppe sowie die Ergebnisse der Ausreißer-Analyse für jede Behandlungsgruppe;
berechneter SI und geeignete Messung der Variabilität, welche die Variabilität der Tiere sowohl in der Behandlungsgruppe als auch in der Kontrollgruppe berücksichtigt;
Dosis-Wirkungs-Beziehung;
gegebenenfalls statistische Analysen.

Diskussion der Ergebnisse:

Kurze Kommentierung der Ergebnisse, der Dosis-Wirkungs-Beziehung und gegebenenfalls der statistischen Analysen mit Schlussfolgerungen zur Frage, ob die Prüfsubstanz als Hautsensibilisator eingestuft werden soll.

LITERATUR

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(18) McGarry, H.F. (2007), The murine local lymph node assay: regulatory and potency considerations under REACH. Toxicol., 238, 71-89.

(19) Kimber, I., Dearman, R.J., Scholes E.W. and Basketter, D.A. (1994), The local lymph node assay: developments and applications. Toxicol., 93, 13-31.

(20) OECD (2002), Acute Dermal Irritation/Corrosion, Test Guideline No. 404, Guidelines for Testing of Chemicals, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(21) Reeder, M.K., Broomhead, Y.L., DiDonato, L. and DeGeorge, G.L. (2007), Use of an enhanced local lymph node assay to correctly classify irritants and false positive substances. Toxicologist, 96, 235.

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(24) Homey, B., von Schilling, C., Blumel, J., Schuppe, H.C., Ruzicka, T., Ahr, H.J., Lehmann, P. and Vohr, V.W. (1998), An integrated model for the differentiation of chemical-induced allergic and irritant skin reactions. Toxicol. Appl. Pharmacol., 153, 83-94.

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(26) Hayes, B.B. and Meade, B.J. (1999), Contact sensitivity to selected acrylate compounds in B6C3F1 mice: relative potency, cross reactivity, and comparison of test methods. Drug. Chem. Toxicol., 22, 491-506.

(27) Ehling, G., Hecht, M., Heusener, A., Huesler, J., Gamer, A.O., van Loveren, H., Maurer, T., Riecke, K., Ullmann, L., Ulrich, P., Vandebriel, R. and Vohr, H.W. (2005), A European inter- laboratory validation of alternative endpoints of the murine local lymph node assay: first round. Toxicol., 212, 60-68.

(28) Vohr, H.W. and Ahr, H.J. (2005), The local lymph node assay being too sensitive? Arch. Toxicol., 79, 721-728.

(29) Patterson, R.M., Noga, E. and Germolec D. (2007), Lack of evidence for contact sensitisation by Pfiesteria extract. Environ. Health Perspect., 115, 1023-1028.

(30) ICCVAM (2009), Report on the ICCVAM-NICEATM/ECVAM/JaCVAM Scientific Workshop on Acute Chemical Safety Testing: Advancing In Vitro Approaches and Humane Endpoints for Systemic Toxicity Evaluations. Research Triangle Park, NC: National Institute of Environmental Health Sciences. Abrufbar unter: [http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/acutetox/Tox_workshop.htm].

(31) OECD (2000), Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19, ENV/JM/MONO(2000)7, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

(32) Kimber, I., Hilton, J., Dearman, R.J., Gerberick, G.F., Ryan, C.A., Basketter, D.A., Lea, L., House, R.V., Ladies, G.S., Loveless, S.E. and Hastings, K.L. (1998), Assessment of the skin sensitisation potential of topical medicaments using the local lymph node assay: An interlaboratory exercise. J. Toxicol. Environ.l Health, 53, 563-79.

(33) OECD (2005), Guidance Document on the Validation and International Acceptance of New or Updated Test Methods for Hazard Assessment, Environment, Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 34, ENV/JM/MONO(2005)14, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

Anlage 1

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Genauigkeit : Der Grad an Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und akzeptierten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der Relevanz. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode (33).

Vergleichssubstanz : Eine sensibilisierende oder nicht sensibilisierende Substanz, die als Standard zu Vergleichszwecken für eine Prüfsubstanz verwendet wird. Geeignete Vergleichssubstanzen sollten die folgenden Eigenschaften haben: (i) gleichbleibende und verlässliche Quelle(n); (ii) strukturelle und funktionelle Ähnlichkeit mit der Klasse der zu prüfenden Stoffe; (iii) bekannte physikalisch-chemische Eigenschaften; (iv) unterstützende Daten zu bekannten Effekten und (v) bekannte Wirksamkeit im Bereich der erwünschten Reaktion.

Falsch negativ : Eine Prüfsubstanz, die durch eine Prüfmethode fälschlich als negativ oder nicht wirksam charakterisiert wird, obwohl sie in Wirklichkeit positiv bzw. wirksam ist (33).

Falsch positiv : Eine Prüfsubstanz, die durch eine Prüfmethode fälschlich als positiv oder wirksam charakterisiert wird, obwohl sie in Wirklichkeit negativ bzw. nicht wirksam ist (33).

Gefahr : Potenzial eines schädlichen Effekts für Gesundheit oder Umwelt. Die schädliche Wirkung manifestiert sich nur, wenn es zu einem ausreichenden Expositionsniveau kommt.

Inter-Labor-Reproduzierbarkeit : Das Ausmaß, in dem unterschiedliche qualifizierte Laboratorien, die dasselbe Protokoll verwenden und dieselben Prüfsubstanz testen, qualitativ und quantitativ vergleichbare Ergebnisse erzielen können. Die Inter-Labor-Reproduzierbarkeit wird während der Prävalidierungs- und Validierungsverfahren ermittelt und zeigt das Maß an, in dem ein Test erfolgreich zwischen Laboratorien übertragen werden kann. Im englischen Sprachgebrauch spricht man in diesem Zusammenhang auch von „Between-laboratory reproducibility“ (33).

Intra-Labor-Reproduzierbarkeit : Das Ausmaß, in dem qualifizierte Personen innerhalb desselben Labors, die dasselbe spezifische Protokoll zu unterschiedlichen Zeiten verwenden, erfolgreich dieselben Ergebnisse replizieren können. In diesem Zusammenhang spricht man auch von laborinterner Reproduzierbarkeit (33).

Ausreißer : Ein Ausreißer ist ein Messwert, der sich beträchtlich von anderen Werten in einem zufällig ausgewählten Muster in einer Population unterscheidet.

Qualitätssicherung : Ein Managementprozess, mittels dessen die Einhaltung von Laborprüfnormen, Anforderungen und Aufzeichnungsverfahren, sowie die Genauigkeit des Datentransfers durch Individuen bewertet wird, die von den testenden Personen unabhängig sind.

Zuverlässigkeit : Maß der Verlässlichkeit der Reproduzierbarkeit der Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien in einem bestimmten Zeitintervall bei einheitlichem Protokoll. Sie wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit bewertet (33).

Hautsensibilisierung : Ein immunologischer Prozess, der auftritt, wenn ein empfindliches Individuum oberflächlich einem induzierenden chemischen Allergen ausgesetzt ist, das eine kutane Immunreaktion auslöst, die zur Entwicklung einer Kontaktsensibilisierung führen kann.

Stimulationsindex (SI) : Ein Wert, der zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials einer Prüfsubstanz berechnet wird. Der SI ist das Verhältnis der Proliferation in behandelten Gruppen zu dem der gleichzeitigen Vehikelkontrollgruppe.

Prüfsubstanz (auch Prüfchemikalie) : Jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.52   AKUTE INHALATIONSTOXIZITÄT — AKUT-TOXISCHE KLASSENMETHODE

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 436 (2009). Die erste Methode zur Prüfung auf akute Inhalationstoxizität TG 403 wurde 1981 angenommen und seitdem überarbeitet (siehe Kapitel B.2 dieses Anhangs (1)). Nach der Annahme der überarbeiteten akut-toxischen Klassenmethode (ATK) mit oraler Verabreichung (Kapitel B.1 tris dieses Anhangs) (5) wurde es für angebracht gehalten, eine akut-toxische Klassenmethode mit Inhalation (2) (3) (4) zu entwickeln. Eine retrospektive Leistungsbewertung der ATK-Methode zur Prüfung auf akute Inhalationstoxizität hat gezeigt, dass die Methode für Zwecke der Einstufung und Kennzeichnung geeignet ist (6). Bei der ATK-Inhalationsprüfmethode kann die Toxizität der Prüfsubstanz mithilfe aufeinander folgender Stufen festgelegter Zielkonzentrationen eingestuft werden. Der wichtigste Endpunkt ist Letalität, aber Tiere, bei denen starke Schmerzen oder schweres Leiden festgestellt werden, oder Tiere, deren Tod bevorsteht, sollten zur Minimierung ihres Leidens tierschutzgerecht getötet werden. Hinweise zu humanen Endpunkten sind im OECD Guidance Document No. 19 (7) zu finden.
2.
Das Guidance Document No. 39 on Acute Inhalation Toxicity Testing (GD 39 (8)) enthält Hinweise zur Durchführung und Auswertung dieser Prüfmethode.
3.
Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden in Anlage 1 und im GD 39 (8) definiert.
4.
Die Prüfmethode gibt Aufschluss über die gefährlichen Eigenschaften der Prüfsubstanz und ermöglicht ihre Einstufung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zur Einstufung chemischer Stoffe mit akut toxischer Wirkung (9). Falls Punktschätzungen von LC50-Werten oder Analysen der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung erforderlich sind, ist Kapitel B.2 dieses Anhangs (1) die geeignete Prüfmethode. Weitere Hinweise zur Wahl der Prüfmethode sind im GD 39 (8) zu finden. Diese Prüfmethode ist nicht speziell für die Prüfung von Spezialmaterialien wie schwer löslichen isometrischen oder Fasermaterialien oder hergestellten Nanomaterialien bestimmt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

5.
Bevor Versuche nach dieser Prüfmethode in Betracht gezogen werden, sollte das Prüflabor alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz, einschließlich bereits vorliegender Studien, deren Ergebnisse darauf hindeuten, dass auf weitere Versuche verzichtet werden kann, auswerten, damit möglichst wenig Tiere verwendet werden. Für die Auswahl der in Bezug auf Art, Stamm und Geschlecht am besten geeigneten Tiere sowie der geeigneten Expositionsart und Prüfkonzentrationen sollten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen herangezogen werden. Konzentrationen, die wegen ätzender  oder stark reizender Wirkungen voraussichtlich starke Schmerzen und Qualen verursachen, sollten mit dieser Prüfmethode nicht geprüft werden [siehe GD 39 (8)].

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

6.
Das Prinzip der Prüfung besteht darin, in einem schrittweisen Verfahren genügend Informationen über die akute Toxizität der Prüfsubstanz nach Inhalation über einen Expositionszeitraum von 4 Stunden zu gewinnen, damit sie eingestuft werden kann. Für spezifische Regulierungszwecke sind andere Expositionszeiten möglich. Bei jeder der festgelegten Konzentrationsstufen werden je drei Tiere beider Geschlechter geprüft. Je nach Mortalität und/oder moribundem Zustand der Tiere können zwei Stufen ausreichen, um eine Beurteilung der akuten Toxizität der Prüfsubstanz zu ermöglichen. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass ein Geschlecht empfindlicher reagiert als das andere, kann die Prüfung mit dem empfindlicheren Geschlecht allein fortgesetzt werden. Das Ergebnis einer Stufe bestimmt die jeweils folgende Stufe:
a)
keine weitere Prüfung erforderlich,
b)
Prüfung von drei Tieren je Geschlecht oder
c)
Prüfung von sechs Tieren des empfindlicheren Geschlechts, d. h. die Schätzungen der Untergrenze der Toxizitätsklasse sollte unabhängig vom Geschlecht auf sechs Tieren je Prüfkonzentrationsgruppe basieren.
7.
Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sollten auf tierschutzgerechte Weise getötet werden und sind bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise zu werten wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document No. 19 on Humane Endpoints (7).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

8.
Es sollten junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen verwendet werden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte; werden andere Tierarten eingesetzt, ist dies zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

9.
Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Exposition sollten die jungen, adulten Tiere 8 bis 12 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht aller zuvor exponierten Tiere desselben Alters liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt. Die Tiere sollten auch für einen kurzen Zeitraum vor der Prüfung an die Versuchsapparatur gewöhnt werden, da dies den Stress durch die Umsetzung in eine neue Umgebung verringert.

Tierhaltung

10.
Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall im Bereich zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

11.
Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und das Ziel der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die „Nose-only“-Exposition (dieser Begriff umfasst „nur Kopf“, „nur Nase“ oder „nur Schnauze“). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die „Nose-only“-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Grundzüge der „Nose-only“- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind im GD 39 (8) beschrieben.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

12.
Es wird eine feste Expositionsdauer von 4 Stunden — ohne die zur Erreichung des Gleichgewicht erforderliche Zeit — empfohlen. Um spezifische Erfordernisse zu erfüllen, sind auch andere Expositionszeiten möglich; diese sind jedoch im Prüfbericht zu begründen [siehe GD 39 (8)]. Bei Ganzkörperexpositionen sollten die Tiere einzeln untergebracht sein, um eine Aufnahme der Prüfsubstanz durch das Putzen von Käfiggenossen zu verhindern. Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition jederzeit angeboten werden.
13.
Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, der gewählten Konzentration und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden.

Partikelgrößenverteilung

14.
Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 4 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (8) (13) (14). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldämpfe können z. B. unter diesen Werten liegen, und geladene Partikel, Fasern und hygroskopische Stoffe (die sich in der feuchten Umgebung der Atemwege ausdehnen) können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

15.
Um die gewünschte Konzentration und Partikelgröße der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, kann ein Vehikel verwendet werden. Hierbei ist in der Regel Wasser zu bevorzugen. Partikel können durch mechanische Prozesse auf die erforderliche Größenverteilung gebracht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht zersetzt oder verändert wird. Wenn angenommen wird, dass die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert wurde (z. B. hohe Temperatur aufgrund von Reibung durch übermäßiges Mahlen), sollte die Zusammensetzung der Prüfsubstanz analytisch überprüft werden. Es ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht kontaminiert wird. Nicht brüchige Granulate, die speziell so formuliert sind, dass sie nicht eingeatmet werden können, brauchen nicht geprüft zu werden. Mit einem Abriebtest sollte nachgewiesen werden, dass beim Umgang mit dem Granulat keine lungengängigen Partikel entstehen. Entstehen bei einem Abriebtest lungengängige Partikel, so sollte eine Inhalationstoxizitätsprüfung durchgeführt werden.

Kontrolltiere

16.
Eine negative Kontrollgruppe (Luft) ist nicht erforderlich. Wenn zur Erzeugung der Prüfatmosphäre ein anderes Vehikel als Wasser verwendet wird, sollte nur dann eine Vehikelkontrollgruppe verwendet werden, wenn keine historischen Daten über Inhalationstoxizität vorliegen. Ergibt eine Toxizitätsstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch. Daher ist keine Vehikelkontrolle erforderlich.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

17.
Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Überwachung der Konzentration (oder Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Parameter der Erzeugung der Prüfatmosphäre zu messen. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in „Nose-only“-Expositionskammern zu vermeiden, wenn die Luftströmung durch das Expositionssystem nicht ausreicht, um eine dynamische Strömung der Prüfsubstanzatmosphäre zu erreichen. Es gibt festgelegte Methoden, mit denen nachgewiesen werden kann, dass es unter den gewählten Bedingungen nicht zu erneutem Einatmen kommt (8) (15). Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen zu messen.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

18.
Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der „Nose-only“- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere mindestens dreimal für Zeiträume von bis zu 4 Stunden und für kürzere Zeiträume stündlich überwacht und dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

19.
Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch das Kammersystem geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration, und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

20.
Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können entweder durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden. Im Prüfbericht sollten die Zielkonzentration sowie die nominale und die tatsächliche Konzentration angegeben werden, aber nur die tatsächlichen Konzentrationen werden für statistische Analysen zur Berechnung letaler Konzentrationswerte verwendet.
21.
Es sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.
22.
Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten und je nach Analysemethode kontinuierlich und/oder intermittierend zu überwachen. Bei der intermittierenden Probenahme sollten in einer vierstündigen Studie mindestens zweimal Proben der Atmosphäre in der Kammer genommen werden. Ist dies wegen begrenzter Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich, kann während der gesamten Expositionszeit eine einzige Probe genommen werden. Weichen die einzelnen Proben stark voneinander ab, sollten bei den nächsten geprüften Konzentrationen vier Proben je Exposition gezogen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird; dazu gehört die zur Erreichung von t95 erforderliche Zeit. GD 39 (8) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.
23.
Bei sehr komplexen Mischungen aus Dämpfen/Gasen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden) kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten, so dass mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Dampf/Gas und Aerosol) ausgewählt werden sollte. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die gesamte Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder den Bestandteil (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind im GD 39 (8) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

24.
Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte während jeder 4-stündigen Exposition mindestens zweimal mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und einem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden. Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe DG 39 (8)]. Wenn die Gleichwertigkeit zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Exposition wiederholt werden muss. Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden (siehe Nummer 14).

VERFAHREN

Hauptversuch

25.
Für jede Stufe werden drei Tiere je Geschlecht oder sechs Tiere des empfindlicheren Geschlechts verwendet. Wenn für eine „Nose-only“-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Die als Startdosis zu verwendende Konzentrationsstufe wird aus vier festen Dosiswerten gewählt; dabei sollte die Stufe gewählt werden, bei der die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einigen der behandelten Tiere Toxizität hervorruft, am größten ist. Die Prüfschemata für Gase, Dämpfe und Aerosole (Anlagen 2, 3 und 4) veranschaulichen die Prüfung mit den Berücksichtigungsgrenzwerten der GHS-Kategorien 1-4 (9) für Gase (100, 500, 2 500 , 20 000 ppm/4 Std.) (Anlage 2), für Dämpfe (0,5, 2, 10, 20 mg/l/4 Std.) (Anlage 3) und für Aerosole (0,05, 0,5, 1, 5 mg/l/4 Std.) (Anlage 4). Kategorie 5, die in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (9) nicht umgesetzt ist, bezieht sich auf Konzentrationen über den jeweiligen Grenzkonzentrationen. Für jede Startkonzentration gilt das entsprechende Prüfschema. Der Verlauf des Prüfverfahrens folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen, bis eine Einstufung vorgenommen werden kann.
26.
Der Zeitabstand zwischen den einzelnen Expositionsgruppen richtet sich nach dem Einsetzen, der Dauer und dem Schweregrad der toxischen Zeichen. Die Tiere sollten erst dann der nächsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden, wenn mit angemessener Gewissheit vom Überleben der zuvor getesteten Tiere ausgegangen werden kann. Es wird empfohlen, zwischen den Versuchen mit den einzelnen Konzentrationsstufen einen Abstand von drei bis vier Tagen einzuhalten, damit eine verzögerte Toxizität festgestellt werden kann. Dieser Zeitabstand kann nach Bedarf angepasst werden, wenn z. B. die beobachteten Reaktionen keine Schlussfolgerungen zulassen.

Limit-Test

27.
Der Limit-Test wird verwendet, wenn bekannt oder zu erwarten ist, dass die Prüfsubstanz praktisch nicht toxisch ist, d. h. nur über der regulatorisch festgelegten Grenzkonzentration eine toxische Wirkung hervorruft. Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz können aus Kenntnissen über ähnliche geprüfte Stoffe oder ähnliche Mischungen gewonnen werden, wobei Art und prozentualer Anteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz vorliegen oder in denen von einer Toxizität der Prüfsubstanz ausgegangen wird, sollte der Hauptversuch durchgeführt werden [weitere Hinweise sind GD 39 (8) zu entnehmen].
28.
Bei der normalen Vorgehensweise werden je drei Tiere beider Geschlechter oder sechs Tiere des empfindlicheren Geschlechts Konzentrationen von 20 000 ppm im Fall von Gasen, 20 mg/l im Fall von Dämpfen und 5 mg/l im Fall von Stäuben/Nebel ausgesetzt. Wenn diese Konzentrationen erreicht werden, dienen sie als Limit-Test für diese Prüfmethode. Bei der Prüfung von Aerosolen sollte das Hauptziel darin bestehen, eine lungengängige Partikelgröße (d. h. ein MMAD von 1-4 μm) zu erreichen. Dies ist bei den meisten Prüfsubstanzen bei einer Konzentration von 2 mg/l der Fall. Aerosole sollten nur dann bei mehr als 2 mg/l geprüft werden, wenn eine lungengängige Partikelgröße erreicht werden kann [siehe GD 39 (8)]. In Übereinstimmung mit dem GHS (16) wird aus Tierschutzgründen von Prüfungen über einer Grenzkonzentration abgeraten. Prüfungen in der GHS-Kategorie 5 (16), die in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (9) nicht umgesetzt ist, sollten nur dann in Betracht gezogen werden, wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass die Ergebnisse einer solchen Prüfung von unmittelbarer Relevanz für den Schutz der menschlichen Gesundheit sind. Im Studienbericht ist eine Begründung anzugeben. Bei potenziell explosiven Prüfsubstanzen ist darauf zu achten, dass keine explosionsfördernden Bedingungen geschaffen werden. Um eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Kammerbedingungen für einen Limit-Test erreicht werden können, sollte vor dem Limit-Test ein Probedurchlauf ohne Tiere vorgenommen werden.

BEOBACHTUNGEN

29.
Die Tiere sollten während der Exposition häufig auf klinische Zeichen beobachtet werden. Nach der Exposition sollten klinische Beobachtungen mindestens zweimal am Tag der Exposition oder, falls es aufgrund der Reaktion der Tiere auf die Behandlung angezeigt erscheint, häufiger und danach für einen Zeitraum von insgesamt 14 Tagen mindestens einmal täglich vorgenommen werden. Die Länge des Beobachtungszeitraums ist nicht festgelegt; sie sollte nach Art und Zeitpunkt des Einsetzens klinischer Zeichen und der Länge der Erholungsphase bestimmt werden. Der Zeitpunkt, zu dem die Toxizitätszeichen auftreten und wieder abklingen, ist von Bedeutung, insbesondere dann, wenn Anzeichen für ein verzögertes Auftreten von Toxizitätszeichen erkennbar sind. Sämtliche Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten aus Tierschutzgründen getötet werden. Bei den Untersuchungen auf klinische Toxizitätszeichen ist darauf zu achten, dass ein anfänglich schlechtes Aussehen und vorübergehende Atemveränderungen, die auf das Expositionsverfahren zurückzuführen sind, nicht mit behandlungsbedingten Wirkungen verwechselt werden. Die im Humane Endpoints Guidance Document (7) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen. Wenn Tiere aus Tierschutzgründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.
30.
Bei den Beobachtungen ist auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten sowie Atmung, Kreislauf, autonomes und zentrales Nervensystem, Somatomotorik und Verhaltensmuster zu achten. Soweit möglich, ist auf Differenzierungen zwischen lokalen und systemischen Wirkungen zu achten. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern.

Körpergewicht

31.
Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte einmal während der Eingewöhnungszeit, am Tag der Exposition vor der Exposition (Tag 0) und mindestens an den Tagen 1, 3 und 7 (und danach wöchentlich) sowie zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, falls später als Tag 1, dokumentiert werden. Das Körpergewicht gilt als kritischer Indikator für Toxizität; Tiere, die gegenüber ihrem Gewicht vor der Prüfung eine dauerhafte Abnahme um ≥ 20 % aufweisen, sollten sorgfältig überwacht werden. Die überlebenden Tiere werden gewogen und am Ende der Post-Expositionsphase auf tierschutzgerechte Weise getötet.

Pathologie

32.
Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden) sind auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.
33.
Es kann in Betracht gezogen werden, von vorneherein zusätzliche Untersuchungen in die Studienauslegung aufzunehmen, die die Aussagekraft der Studie erhöhen, z. B. die Messung des Lungengewichts überlebender Ratten und/oder den Nachweis einer Reizwirkung durch mikroskopische Untersuchung der Atemwege. Untersucht werden können auch diejenigen Organe, die bei 24 Stunden oder länger überlebenden Tieren makroskopische Befunde aufweisen, sowie Organe, die bekanntermaßen oder vermutlich betroffen sind. Eine mikroskopische Untersuchung des gesamten Atemtrakts kann nützliche Informationen über Prüfsubstanzen liefern, die mit Wasser reagieren, z. B. Säuren und hygroskopische Prüfsubstanzen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

34.
Das Körpergewicht der einzelnen Tiere und Sektionsbefunde sollten angegeben werden. Die Daten der klinischen Beobachtung sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein.

Prüfbericht

35.
Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,
Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,
Randomisierungsmethode,
Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),
Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),
Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),
historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

Inhalationskammer

Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe von Abmessungen und Volumen,
Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,
Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,
Herkunft der Luft, Behandlung der eingeleiteten/entzogenen Luft sowie Klimatisierungssystem,
für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,
Druckunterschied (positiv oder negativ),
Expositions-Öffnungen je Kammer („Nose-only“-Exposition); Anordnung der Tiere im System (Ganzkörper),
zeitliche Homogenität/Stabilität der Prüfatmosphäre,
Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,
Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung („Nose-only“-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),
Angaben zur Ausrüstung für die Messung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalts, falls zutreffend,
bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer benötigte Zeit (t95),
Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,
Messgeräte (falls zutreffend).

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,
nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),
im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Prüfgemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,
alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten angegeben werden (z. B. mg/l, mg/m3 usw.), Volumeneinheiten können in Klammern ebenfalls angegeben werden (z. B. ppm, ppb),
Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz. Wenn die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert worden sein kann, sind die Ergebnisse der Analysen zur Überprüfung der Zusammensetzung der Prüfsubstanz beizufügen.
Eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wurde.
Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium).
Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,
tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,
tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,
tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad und Dauer der Wirkungen),
Körpergewicht der einzelnen Tiere, erfasst an Prüfungstagen, Datum und Zeitpunkt des Todes, falls vor geplanter Tötung, zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren, für jedes einzelne Tier,
Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden,
GHS-Kategorieeinstufung und LC50-Berücksichtigungsgrenzwert.

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.
Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.
Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.
Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.
Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf tierschutzgerechte Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (7) zu geben.

LITERATUR:

1.
Kapitel B.2 dieses Anhangs, Akute Inhalationstoxizität.
2.
Holzhütter H-G, Genschow E, Diener W, and Schlede E (2003). Dermal and Inhalation Acute Toxicity Class Methods: Test Procedures and Biometric Evaluations for the Globally Harmonized Classification System. Arch. Toxicol. 77: 243-254.
3.
Diener W, Kayser D and Schlede E (1997). The Inhalation Acute-Toxic-Class Method; Test Procedures and Biometric Evaluations. Arch. Toxicol. 71: 537-549.
4.
Diener W and Schlede E (1999). Acute Toxic Class Methods: Alternatives to LD/LC50 Tests. ALTEX 1: 129-134.
5.
Kapitel B.1.tris dieses Anhangs, Akute orale Toxizität — Akut toxische Klassenmethode.
6.
OECD (2009). Report on Biostatistical Performance Assessment of the Draft TG 436 Acute Toxic Class Testing Method for Acute Inhalation Toxicity. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 105, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
7.
OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
8.
OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
9.
Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).
10.
Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (transcutaneous electrical resistance test).
11.
Kapitel B.40.bis dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit menschlichem Hautmodell.
12.
OECD (2005). In Vitro Membrane Barrier Test Method for Skin Corrosion. OECD Guideline for testing of chemicals No. 435, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]
13.
Phalen RF (2009). Inhalation Studies: Foundations and Techniques. (2nd Edition) Informa Healthcare, New York.
14.
SOT (1992). Technical Committee of the Inhalation Specialty Section, Society of Toxicology (SOT). Recommendations for the Conduct of Acute Inhalation Limit Tests. Fund. Appl. Toxicol. 18: 321-327.
15.
Pauluhn J and Thiel A (2007). A Simple Approach to Validation of Directed-Flow Nose-Only Inhalation Chambers. J. Appl. Toxicol. 27: 160-167
16.
UN (2007), United Nations Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), ST/SG/AC.10/30, UN New York and Geneva. Abrufbar unter: [http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_welcome_e.html]

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Verfahrensweise für jede Startkonzentration von Gasen (ppm/4 Std.)

Allgemeine Hinweise 

Die Prüfschemata in dieser Anlage geben für jede Startkonzentration die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 2a : Startkonzentration 100 ppm

Anlage 2b : Startkonzentration 500 ppm

Anlage 2c : Startkonzentration 2 500 ppm

Anlage 2d : Startkonzentration 20 000 ppm

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 2a

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 100 ppm/4 Std. für Gase

Anlage 2b

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 500 ppm/4 Std. für Gase

Anlage 2c

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 2 500 ppm/4 Std. für Gase

Anlage 2d

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 20 000 ppm/4 Std. für Gase

Anlage 3

Verfahrensweise für jede Startkonzentration von Dämpfen (mg/l/4 Std.)

Allgemeine Hinweise 

Die Prüfschemata in dieser Anlage geben für jede Startkonzentration die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 3a : Startkonzentration 0,5 mg/l

Anlage 3b : Startkonzentration 2,0 mg/l

Anlage 3c : Startkonzentration 10 mg/l

Anlage 3d : Startkonzentration 20 mg/l

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 3a

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 0,5 mg/l/4 Std. für Dämpfe

Anhang 3b

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 2 mg/l/4 Std. für Dämpfe

Anlage 3c

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit e iner Ausgangskonzentration von 10 mg/l/4 Std. für Dämpfe

Anlage 3d

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 20 mg/l/4 Std. für Dämpfe

Anlage 4

Verfahrensweise für jede Startkonzentration von Aerosolen (mg/l/4 Std.)

Allgemeine Hinweise 

Die Prüfschemata in dieser Anlage geben für jede Startkonzentration die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 4a : Startkonzentration 0,05 mg/l

Anlage 4b : Startkonzentration 0,5 mg/l

Anlage 4c : Startkonzentration 1 mg/l

Anlage 4d : Startkonzentration 5 mg/l

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 4a

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 0.05 mg/l/4 Std. für Dämpfe

Anlage 4b

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 0,5 mg/l/4Std. für Aerosole

Anlage 4c

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 1 mg/l/4 Std. für Aerosole

Anlage 4d

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 5 mg/l/4 Std. für Aerosole

B.53.   PRÜFUNG AUF ENTWICKLUNGSNEUROTOXIZITÄT

EINLEITUNG

1.Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 426 (2007). Im Juni 1995 traf sich eine OECD-Arbeitsgruppe aus dem Bereich Reproduktions- und Entwicklungstoxizität in Kopenhagen, um zu erörtern, ob eine Aktualisierung der bestehenden diesbezüglichen OECD-Prüfrichtlinien sowie die Ausarbeitung neuer Leitlinien für bislang noch nicht abgedeckte Endpunkte erforderlich ist (1). Die Arbeitsgruppe empfahl, auf der Grundlage einer inzwischen überarbeiteten Richtlinie der amerikanischen Umweltschutzbehörde (EPA) (2) eine Prüfrichtlinie für Entwicklungsneurotoxizität auszuarbeiten. Im Juni 1996 fand ein zweites Beratungstreffen in Kopenhagen statt, bei dem das Sekretariat über den Entwurf einer neuen Prüfrichtlinie zur Entwicklungsneurotoxizität einschließlich der wichtigsten Eckpunkte mit Angaben zur Auswahl der Versuchstierarten, zur Dosierungsphase, zur Prüfphase, zu den zu bewertenden Endpunkten und zu den Kriterien für die Auswertung der Ergebnisse informiert werden sollte. 1998 wurde eine US-amerikanische Richtlinie für die Bewertung des Neurotoxizitätsrisikos veröffentlicht (3). Im Oktober 2000 wurden nacheinander ein Beratungstreffen von OECD-Sachverständigen und ein Workshop des ILSI Risk Science Institute abgehalten. 2005 fand in Tokio ein Sachverständigen-Beratungstreffen statt. Ziel dieser Veranstaltungen war die Erörterung der wissenschaftlichen und technischen Fragen im Zusammenhang mit der aktuellen Prüfrichtlinie, und die Empfehlungen aus diesen Treffen (4)(5)(6)(7) wurden bei der Ausarbeitung der vorliegenden Prüfmethode berücksichtigt. Weitere Informationen zu Durchführung, Interpretation und Terminologie dieser Prüfmethode finden sich in den Guidance Documents der OECD Nr. 43 (‘Reproductive Toxicity Testing and Assessment’) (8) und Nr. 20 (‘Neurotoxicity Testing’) (9).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

2.Viele Chemikalien schädigen bekanntermaßen beim Menschen und anderen Arten das in der Entwicklung befindliche Nervensystem (10)(11)(12)(13). Für die Bewertung und Beurteilung der toxischen Eigenschaften einer Chemikalie ist unter Umständen eine Bestimmung ihres entwicklungsneurotoxischen Potenzials erforderlich. Anhand von Prüfungen auf Entwicklungsneurotoxizität sollen Daten — einschließlich einer Charakterisierung der Dosis-Wirkungs-Beziehung — zu den potenziellen funktionalen und morphologischen Wirkungen auf das in der Entwicklung befindliche Nervensystem der Nachkommen gewonnen werden, die möglicherweise aus der Exposition in utero und während der frühen Lebensphasen resultieren.
3.Eine Entwicklungsneurotoxizitätsstudie kann als Einzelstudie durchgeführt werden, im Rahmen einer Reproduktionstoxizitätsstudie und/oder einer Neurotoxizitätsstudie am adulten Tier erfolgen (z. B. Prüfmethoden B.34 (14), B.35 (15), B.43 (16)) oder mit einer Studie zur Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität gekoppelt werden (z. B. Prüfmethode B.31 (17)). Wenn die Entwicklungsneurotoxizitätsstudie im Rahmen einer anderen Studie oder gekoppelt mit einer anderen Studie durchgeführt wird, ist unbedingt darauf zu achten, dass die Integrität beider Studienarten gewahrt bleibt. Bei sämtlichen Prüfungen sind die geltenden Rechtsvorschriften sowie staatliche und institutionelle Leitlinien für die Verwendung von Versuchstieren zu Forschungszwecken einzuhalten (z. B. 18).
4.Das Prüflabor muss sich vor der Durchführung der Studie umfassend über alle zu der Prüfsubstanz vorliegenden Daten informieren. Dazu gehören die Identität und chemische Struktur der Chemikalie, ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften, die Ergebnisse jeglicher anderer mit der Chemikalie durchgeführten In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, toxikologische Daten zu strukturverwandten Chemikalien und die vorgesehene(n) Verwendung(en) der Chemikalie. Diese Angaben sind notwendig, um für alle betroffenen Kreise sicherzustellen, dass die Prüfung für den Schutz der menschlichen Gesundheit maßgeblich ist, und sie erleichtern die Auswahl einer geeigneten Anfangsdosis.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

5.Die Prüfsubstanz wird den Tieren während der Trächtigkeit und der Laktationsperiode verabreicht. Anhand der Prüfung der Muttertiere können die Wirkungen auf trächtige und laktierende Weibchen bewertet und vergleichende Informationen (Muttertier versus Nachkommen) gewonnen werden. Die Nachkommen der einzelnen Würfe werden im randomisierten Verfahren für die Neurotoxizitätsbeurteilung ausgewählt. Die Versuchstiere werden bei der Beurteilung auf schwere neurologische und Verhaltensanomalien hin beobachtet. Dies schließt die Bewertung der physischen Entwicklung, der Verhaltensontogenese, der motorischen Aktivität, der motorischen und sensorischen Funktionen sowie der Lernfähigkeit und der Gedächtnisleistung ebenso ein wie die Beurteilung des Hirngewichts und neuropathologischer Veränderungen während der postnatalen Entwicklung und am adulten Tier.
6.Wenn die Prüfmethode als Einzelstudie durchgeführt wird, können zusätzliche verfügbare Tiere der einzelnen Gruppen für spezifische neuropathologische, neurochemische oder elektrophysiologische Verfahren oder Verfahren zur Erforschung des neurologisch bedingten Verhaltens verwendet werden, anhand deren die Daten der gemäß vorliegender Prüfmethode empfohlenen Prüfungen ergänzt werden können (16)(19)(20)(21). Die Zusatzverfahren können insbesondere dann sinnvoll sein, wenn die empirische Beobachtung, die erwarteten Wirkungen oder der Wirkmechanismus/die Wirkungsweise auf eine bestimmte Art von Neurotoxizität hindeuten. Diese Zusatzverfahren können sowohl auf die Muttertiere als auch die Jungtiere angewendet werden. Des Weiteren können Ex-vivo- oder In-vitro-Verfahren angewendet werden, sofern dadurch die Integrität der In-vivo-Verfahren nicht verändert wird.

VORBEREITUNGEN FÜR DIE PRÜFUNG

Auswahl der Versuchstierarten

7.Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte; gegebenenfalls können andere Versuchstierarten verwendet werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die für diese Prüfmethode angegebenen Gestations- und postnatalen Tage für typischerweise verwendete Rattenstämme spezifisch sind. Im Falle der Verwendung anderer Arten oder eines ungewöhnlichen Stamms sind vergleichbare Tage zu wählen. Die Verwendung anderer Arten ist auf der Grundlage toxikologischer, pharmakokinetischer und/oder anderer Daten zu begründen. Bei der Begründung sollten unter anderem möglicherweise vorliegende artenspezifische postnatale neuropathologische Bewertungen und Bewertungen zum neurologisch bedingten Verhalten berücksichtigt werden. Wenn bei einem früheren Test Bedenken aufgetreten sind, sollte die Art/der Stamm, der die Bedenken hervorgerufen hat, in Betracht gezogen werden. Da verschiedene Rattenstämme unterschiedliche Eigenschaften und Merkmale haben, sollte der ausgewählte Stamm nachweislich über eine adäquate Fekundität und Empfindlichkeit verfügen. Inwiefern andere Arten aufgrund ihrer Empfindlichkeit geeignet sind, eine Entwicklungsneurotoxizität zuverlässig nachzuweisen, sollte dokumentiert werden.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

8.Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten, anzustreben ist ein Wert von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Der Hell-Dunkel-Zyklus kann auch vor der Paarung und für den Verlauf der Studie umgekehrt werden, um die Bewertung der funktionalen und verhaltensbezogenen Endpunkte während der Dunkelphase (unter Rotlicht), also wenn die Tiere normalerweise aktiv sind (22), durchzuführen. Bei jeglicher Änderung des Hell-Dunkel-Zyklus ist ausreichend Zeit für die Akklimatisierung der Tiere einzuplanen, damit diese sich an den neuen Zyklus gewöhnen können. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Die Art des Futters und Wassers ist zu protokollieren und jeweils auf den Schadstoffgehalt hin zu analysieren.
9.Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden. Die Verpaarung erfolgt in für diese Zwecke geeigneten Käfigen. Wenn die Paarung nachweislich stattgefunden hat oder spätestens an Tag 15 der Trächtigkeit sind die verpaarten Tiere einzeln in Wurfkäfigen oder speziellen Käfigen für Muttertiere zu halten. Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Verpaarte Weibchen sind mit bestimmten geeigneten Nestmaterialien zu versorgen, wenn die Geburt bevorsteht. Bekanntermaßen können sich eine unangemessene Handhabung oder Stress während der Gravidität nachteilig auswirken, da dies unter anderem zu pränatalen Verlusten und einer veränderten fetalen und postnatalen Entwicklung führen kann. Zum Schutz vor pränatalen Verlusten durch nicht behandlungsbedingte Faktoren ist bei der Handhabung der trächtigen Tiere Sorgfalt angebracht, und Stress infolge von äußeren Faktoren, wie übermäßiger Lärm, ist zu vermeiden.

Vorbereitung der Tiere

10.Es sind gesunde Tiere zu verwenden, die an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden, außer wenn die Studie Teil einer anderen Studie ist (siehe Nummer 3). Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Jedes Versuchstier wird zur sicheren Identifizierung durch eine eigene Nummer gekennzeichnet. Die Tiere der einzelnen Testgruppen sollten so weit wie möglich ein einheitliches Gewicht und Alter haben und sich im normalen Schwankungsbereich der untersuchten Tierart/des Tierstamms bewegen. Für jede Dosisstufe sind junge adulte Weibchen zu verwenden, die noch nicht geworfen haben. Es ist sicherzustellen, dass Geschwister nicht verpaart werden. Tag 0 der Gravidität ist der Tag, an dem ein Vaginalpfropf und/oder Sperma beobachtet wird. Wenn terminiert trächtige Tiere von einem Lieferanten gekauft werden, ist eine angemessene Akklimatisierungszeit (z. B. 2-3 Tage) einzuplanen. Verpaarte Weibchen sind nach dem Zufallsprinzip den Kontroll- und Behandlungsgruppen zuzuteilen und möglichst gleichmäßig auf die Gruppen zu verteilen (für die gleichmäßige Verteilung auf alle Gruppen wird z. B. eine stratifizierte Randomisierung, beispielsweise auf der Grundlage des Körpergewichts, empfohlen). Vom selben Männchen besamte Weibchen sind gleichmäßig auf die Gruppen zu verteilen.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

11.In jeder Prüf- und Kontrollgruppe sollte sich eine ausreichende Zahl trächtiger Weibchen befinden, die der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, damit sichergestellt ist, dass eine angemessene Zahl an Nachkommen für die Neurotoxizitätsbeurteilung zur Verfügung steht. Es wird empfohlen, insgesamt 20 Würfe auf jeder Dosisstufe zu verwenden. Wiederholungsgaben und zeitversetzte Dosierungsschemata sind zulässig, wenn die Gesamtzahlen der Würfe pro Gruppe erreicht und geeignete statistische Modelle zur Berücksichtigung der Wiederholungsgaben verwendet werden.
12.Spätestens am postnatalen Tag 4 (PND 4) (der Tag der Geburt ist PND 0) ist die Größe der einzelnen Würfe durch Eliminierung zufällig ausgewählter überzähliger Jungtiere anzupassen, damit alle Würfe gleich groß sind (23). Die Wurfgröße sollte die durchschnittliche Wurfgröße des verwendeten Nagerstamms nicht überschreiten (8-12). In dem Wurf sollten sich möglichst gleich viele männliche und weibliche Jungtiere befinden. Eine selektive Eliminierung der Jungtiere, z. B. auf der Grundlage des Körpergewichts, ist nicht angebracht. Nach Vereinheitlichung der Würfe (Auslese) und vor der weiteren Prüfung funktionaler Endpunkte sollten einzelne Jungtiere, die für Tests vor bzw. nach dem Absetzen bestimmt sind, eindeutig gekennzeichnet werden, wobei eine beliebige geeignete humane Methode für die Jungtierkennzeichnung anzuwenden ist (z. B. 24).

Zuteilung von Tieren zu funktionalen Prüfungen, Verhaltensprüfungen, zur Bestimmung des Hirngewichts und zu neuropathologischen Beurteilungen

13.Im Rahmen der Prüfmethode gibt es mehrere Ansätze für die Zuteilung der in utero oder während des Säugens exponierten Tiere zu den funktionalen Prüfungen, den Verhaltensprüfungen, der Beurteilung der Geschlechtsreife, der Bestimmung des Hirngewichts und der neuropathologischen Beurteilung (25). Im Einzelfall können zusätzlich noch weitere Prüfungen zum neurologisch bedingten Verhalten (z. B. Sozialverhalten), zur Neurochemie oder Neuropathologie durchgeführt werden, sofern die Integrität der ursprünglich erforderlichen Prüfungen dadurch nicht gefährdet wird.
14.Die Jungtiere werden frühestens am PND 4 aus jeder der einzelnen Dosisgruppen ausgewählt und Endpunktbewertungen zugewiesen. Die Jungtiere sollten möglichst so ausgewählt werden, dass bei sämtlichen Prüfungen Jungtiere beider Geschlechter aus allen Würfen und aus jeder einzelnen Dosisgruppe zu gleichen Teilen vertreten sind. Bei der Prüfung der motorischen Aktivität sind dieselben Paare männlicher und weiblicher Jungtiere in sämtlichen Entwicklungsphasen vor dem Absetzen zu prüfen (siehe Nummer 35). Bei allen anderen Prüfungen können dieselben oder andere Paare männlicher und weiblicher Tiere verschiedenen Verhaltensprüfungen zugeteilt werden. Bei der Prüfung der kognitiven Funktionen müssen für die Prüfungen abgesetzter Jungtiere gegenüber adulten Tieren möglicherweise unterschiedliche Jungtiere zugeteilt werden, um Störeinflüsse aufgrund des Alters und durch Lerneffekte zu vermeiden (26)(27). Beim Absetzen (PND 21) können die nicht für die Prüfungen ausgewählten Jungtiere auf humane Art und Weise entsorgt werden. Alle Änderungen bei der Jungtierzuteilung sind festzuhalten. Die statistische Maßeinheit ist der Wurf (oder das Muttertier), nicht das Jungtier.
15.

Die Zuteilung der Jungtiere zu den Untersuchungen vor dem Absetzen, den Untersuchungen nach dem Absetzen, den kognitiven Prüfungen, pathologischen Untersuchungen usw. kann auf verschiedene Weise erfolgen (siehe Abbildung 1 für die allgemeine Planung und Anlage 1 für Zuteilungsbeispiele). Die empfohlenen Mindestanzahlen an Tieren in jeder einzelnen Dosisgruppe lauten jeweils für Untersuchungen vor bzw. nach dem Absetzen wie folgt:



Klinische Beobachtungen und KörpergewichtAlle Tiere
Ausführliche klinische Beobachtungen20/Geschlecht (1/Geschlecht/Wurf)
Hirngewicht (nach Fixierung) PND 11-2210/Geschlecht (1/Wurf)
Hirngewicht (unfixiert) ~ PND 7010/Geschlecht (1/Wurf)
Neuropathologie (Immersions- oder Perfusionsfixierung) PND 11-2210/Geschlecht (1/Wurf)
Neuropathologie (Perfusionsfixierung) ~ PND 7010/Geschlecht (1/Wurf)
Geschlechtsreife20/Geschlecht (1/Geschlecht/Wurf)
Andere Entwicklungsparameter (optional)Alle Tiere
Verhaltensontogenese20/Geschlecht (1/Geschlecht/Wurf)
Motorische Aktivität20/Geschlecht (1/Geschlecht/Wurf)
Motorische und sensorische Funktionen20/Geschlecht (1/Geschlecht/Wurf)
Lernen und Gedächtnis10/Geschlecht () (1/Wurf)
(1)   Je nach Empfindlichkeit der kognitiven Funktionsprüfungen sollte die Untersuchung einer wesentlich größeren Anzahl an Tieren in Erwägung gezogen werden, z. B. bis zu ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf (bezüglich Tierzuteilung siehe Anlage 1) (für weiterführende Hinweise zur Stichprobengröße siehe OECD Guidance Document Nr. 43 (8)).

Dosierung

16.Es sollten mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden. Die Dosisstufen sollten so gewählt werden, dass es zu einer graduellen Abstufung der toxischen Wirkungen kommt. Außer bei Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen oder der biologischen Eigenschaften der Chemikalie sollte die höchste Dosierungsstufe so gewählt werden, dass dadurch irgend eine Form von maternaler Toxizität auftritt (z. B. klinische Anzeichen, verminderte Körpergewichtszunahme (maximal 10 %) und/oder eine nachweisliche dosislimitierende Toxizität in einem Zielorgan). Die Hochdosis kann mit einigen Ausnahmen auf 1 000 mg/kg/Tag Körpergewicht begrenzt werden. Zum Beispiel kann aufgrund der erwarteten menschlichen Exposition die Verwendung einer höheren Dosisstufe erforderlich sein. Alternativ sollten Pilotstudien oder Vorstudien zur Dosisfindung durchgeführt werden, um die höchste einzusetzende Dosis zu bestimmen, bei der es zu minimaler maternaler Toxizität kommt. Wenn sich entweder in einer standardmäßigen Entwicklungstoxizitätsstudie oder in einer Pilotstudie herausgestellt hat, dass die Prüfsubstanz entwicklungstoxisch wirkt, sollte die höchste Dosisstufe diejenige Maximaldosis sein, bei der keine übermäßige Toxizität bei den Nachkommen auftritt bzw. bei der in utero oder am Neugeborenen weder Tod noch Missbildungen in einem Maße feststellbar sind, dass eine Bewertung der Neurotoxizität behindert würde. Bei der niedrigsten Dosisstufe sollte möglichst keine maternale Toxizität oder Entwicklungstoxizität einschließlich Neurotoxizität nachweisbar sein. Es ist eine absteigende Folge von Dosisstufen zu wählen, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosisstufe ohne zu beobachtende unerwünschte Wirkungen (NOAEL) nachzuweisen oder Dosen in der Nähe der Nachweisgrenze zu bestimmen, anhand deren die Festlegung einer Benchmark-Dosis (BMD) erfolgen kann. Zwei- bis vierfache Abstände erweisen sich häufig als optimale Dosisabstufungen, und meist ist eine zusätzliche vierte Dosisgruppe der Verwendung von sehr großen Dosisabständen (z. B. um mehr als den Faktor 10) vorzuziehen.
17.Bei der Wahl der Dosisstufen sind sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe vorliegenden Daten zur Toxizität sowie zusätzliche Informationen zu Verstoffwechselung und Toxikokinetik zu berücksichtigen. Diese Angaben sind gegebenenfalls für den Nachweis der Angemessenheit des Dosierungsplans hilfreich. Eine direkte Verabreichung an die Jungtiere sollte unter Berücksichtigung der Daten zu Exposition und Pharmakokinetik erfolgen (28)(29). Vor der Durchführung von Studien mit direkter Verabreichung sind die Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen (30).
18.Die gleichzeitige Kontrollgruppe sollte eine scheinbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Allen Tieren soll normalerweise dieselbe Menge der Prüfsubstanz oder des Vehikels entsprechend ihrem Körpergewicht verabreicht werden. Wird ein Vehikel oder ein anderes Additiv zur Erleichterung der Dosierung verwendet, sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden: Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, die Verstoffwechselung oder die Retention der Prüfsubstanz, Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Das Vehikel sollte weder Wirkungen verursachen, die die Auswertung der Studie beeinflussen könnten, noch darf es toxisch auf das neurologisch bedingte Verhalten wirken oder zu einer Beeinflussung von Reproduktion oder Entwicklung führen. Bei neuen Vehikeln ist zusätzlich zu einer Vehikelkontrollgruppe eine scheinbehandelte Kontrollgruppe zu verwenden. Die Tiere der Kontrollgruppe(n) sind genauso zu behandeln wie die Tiere der Prüfgruppe(n).

Verabreichung der Dosen

19.Der Verabreichungsweg der Prüfsubstanz bzw. des Vehikels richtet sich nach der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen und den vorliegenden Daten zu Verstoffwechselung und Verteilung bei den Versuchstieren. Die Verabreichung erfolgt üblicherweise auf oralem Weg (z. B. Schlundsonde, Nahrung, Trinkwasser), andere Wege (z. B. dermal, inhalativ) sind jedoch je nach Eigenschaften und den voraussichtlichen oder bekannten menschlichen Expositionswegen ebenfalls möglich (weitere Informationen dazu im Guidance Document Nr. 43(8)). Der gewählte Verabreichungsweg ist zu begründen. Die Prüfsubstanz sollte täglich ungefähr zur selben Zeit verabreicht werden.
20.Die den einzelnen Tieren verabreichte Dosis orientiert sich normalerweise an der letzten Bestimmung des jeweiligen Körpergewichts. Im letzten Graviditätsdrittel ist bei der Anpassung der Dosen jedoch Vorsicht geboten. Wenn bei den behandelten Muttertieren übermäßige Toxizität festgestellt wird, sind die Tiere auf humane Art und Weise zu töten.
21.Die Prüfsubstanz bzw. das Vehikel ist den verpaarten Weibchen ab dem Implantationszeitpunkt (Tag 6 der Gravidität — GD 6) und während der gesamten Säugephase (PND 21) mindestens einmal täglich zu verabreichen, sodass die Jungtiere der Prüfsubstanz während ihrer prä- und postnatalen neurologischen Entwicklung ausgesetzt sind. Das Alter, ab dem die Verabreichung beginnt, und die Verabreichungsdauer und -häufigkeit können angepasst werden, wenn sich herausstellt, dass ein anderer Versuchsplan für die menschliche Exposition maßgeblicher ist. Die Dauer der Dosisgaben ist bei anderen Arten so anzupassen, dass eine Exposition während aller frühen Phasen der Hirnentwicklung sichergestellt ist (d. h. entsprechend dem pränatalen und frühen postnatalen Hirnwachstum beim Menschen). Mit der Verabreichung kann bereits bei Beginn der Trächtigkeit (GD 0) begonnen werden. Es gilt jedoch zu bedenken, dass die Prüfsubstanz potenziell zu einem Abgang vor der Einnistung führen kann. Dieses Risiko ließe sich zwar durch eine Verabreichung erst ab GD 6 vermeiden, doch dann würden die Entwicklungsphasen zwischen Tag GD 0 und Tag GD 6 nicht in die Behandlung einbezogen. Wenn ein Labor bereits geplant verpaarte Tiere erwirbt, ist ein Verabreichungsbeginn an Tag GD 0 gar nicht möglich, sodass der Tag GD 6 für den Verabreichungsbeginn gut geeignet wäre. Das Prüflabor sollte sich bei der Festlegung des Dosierungsplans an einschlägigen Informationen zu den Wirkungsweisen der Prüfsubstanz, früheren Erfahrungen und logistischen Überlegungen orientieren; dazu gehört gegebenenfalls auch eine Verlängerung der Dosisgabe bis nach dem Absetzen. Die Verabreichung ist am Tag der Geburt auszusetzen, wenn das gebärende Tier noch nicht alle Nachkommen geboren hat. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Exposition der Jungtiere über die Muttermilch erfolgt, eine Direktverabreichung bei den Jungtieren ist jedoch in denjenigen Fällen in Betracht zu ziehen, wenn der Nachweis für eine kontinuierliche Exposition der Nachkommen fehlt. Der Nachweis für eine kontinuierliche Exposition kann z. B. pharmakokinetischen Daten, Toxizitätszeichen bei den Nachkommen oder veränderten Biomarkern entnommen werden (28).

BEOBACHTUNGEN

Beobachtungen an Muttertieren

22.Sämtliche Muttertiere sind mindestens einmal täglich sorgfältig auf ihren Gesundheitszustand einschließlich Anzeichen für Morbidität und Mortalität zu beobachten.
23.Während der Behandlungs- und Beobachtungsphasen sind regelmäßig unter Einbeziehung von mindestens zehn Muttertieren pro Dosisstufe eingehendere klinische Beobachtungen durchzuführen (mindestens zweimal während der Verabreichung in der Graviditätsphase und zweimal während der Verabreichung in der Säugephase). Die Tiere sind außerhalb des Käfigs, in dem sie gehalten werden, von qualifiziertem technischem Personal zu beobachten, denen die Behandlung des jeweiligen Tieres nicht bekannt ist. Dabei sind standardisierte Verfahren anzuwenden, um den Stress des Tieres zu minimieren, die Voreingenommenheit des Beobachters so gering wie möglich zu halten und die Zuverlässigkeit bei Beobachtungen durch mehrere Personen zu maximieren. Die Beobachtungen innerhalb einer bestimmten Studie sollten möglichst durch ein und denselben Untersucher erfolgen.
24.Die bei der Beobachtung festgestellten Anzeichen sind zu dokumentieren. Wenn irgend möglich, ist darüber hinaus die Größenordnung der beobachteten Anzeichen festzuhalten. Bei den klinischen Beobachtungen ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete sowie autonome Körperfunktionen (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster und/oder Mundatmung sowie ungewöhnliche Harnentleerung oder Defäkation) zu achten.
25.Ungewöhnliche Reaktionen hinsichtlich Körperhaltung, Aktivitätsgrad (z. B. verminderte oder verstärkte Erkundung der üblichen Untersuchungsumgebung) und Bewegungskoordination sind ebenfalls zu vermerken. Veränderungen des Gangs (z. B. watschelnder Gang, Ataxie), der Haltung (z. B. Buckelhaltung) und des Reaktionsverhaltens beim Aufnehmen oder Umsetzen des Versuchstiers oder anderen Umgebungsstimuli sowie Auftreten von klonischen oder tonischen Bewegungen, Krämpfen oder Tremors, Stereotypien (z. B. übermäßige Fellpflege, ungewöhnliche Kopfbewegungen, repetitives Laufen im Kreis) oder auffälliges Verhalten (z. B. Beißen oder übermäßiges Lecken, Selbstverstümmelung, Rückwärtslaufen, Lautäußerungen) oder Aggressionen sollen protokolliert werden.
26.Sämtliche Toxizitätszeichen sind mit Tag des Einsetzens, Tageszeit, Schweregrad und Dauer zu notieren.
27.Die Tiere sind zum Zeitpunkt der Dosierung mindestens einmal wöchentlich während der Dauer der Studie und am oder um den Tag der Geburt herum sowie am PND 21 (Absetzen) zu wiegen. In Studien mit Substanzverabreichung per Schlundsonde sind die Muttertiere mindestens zweimal wöchentlich zu wiegen. Die Dosis ist jeweils nach jeder Bestimmung des Körpergewichts entsprechend anzupassen. Die Futteraufnahme ist wöchentlich mindestens während der Trächtigkeit und der Säugeperiode zu messen. Die Wasseraufnahme ist mindestens wöchentlich zu messen, wenn die Exposition über die Wasserversorgung erfolgt.

Beobachtungen an Nachkommen

28.Sämtliche Nachkommen sind mindestens einmal täglich sorgfältig auf Toxizitätszeichen sowie auf Morbidität und Mortalität hin zu beobachten.
29.Während der Behandlungs- und Beobachtungsphasen sollten eingehendere klinische Beobachtungen an den Nachkommen durchgeführt werden. Die Nachkommen (mindestens ein Jungtier pro Geschlecht und Wurf) sind von medizinisch-technischen Assistenten (MTA) zu beobachten, denen die Behandlung des jeweiligen Tieres nicht bekannt ist. Dabei sind standardisierte Verfahren anzuwenden, um die Voreingenommenheit des Beobachters so gering wie möglich zu halten und die Zuverlässigkeit bei Beobachtungen durch mehrere Personen zu maximieren. Die Beobachtungen sollten möglichst durch ein- und denselben Untersucher erfolgen. Es sind entsprechend dem untersuchten Entwicklungsstadium mindestens die unter den Nummern 24 und 25 beschriebenen Endpunkte zu überwachen.
30.Sämtliche bei den Nachkommen auftretenden Toxizitätszeichen sind mit Tag des Einsetzens, Tageszeit, Schweregrad und Dauer zu notieren.

Physische Merkmale und Entwicklungsparameter

31.Veränderungen bei Entwicklungsparametern vor dem Absetzen (z. B. Ohrmuschelentfaltung, Augenöffnung, Schneidezahndurchbruch) korrelieren eng mit dem Körpergewicht (30)(31). Das Körpergewicht ist möglicherweise der beste Indikator für die physische Entwicklung. Eine Messung von Entwicklungsparametern empfiehlt sich daher nur dann, wenn bereits im Vorfeld nachgewiesen ist, dass diese Endpunkte zusätzliche Informationen liefern werden. Die zeitliche Planung für die Bewertung dieser Parameter ist Tabelle 1 zu entnehmen. In Abhängigkeit von den erwarteten Wirkungen und den Ergebnissen der ersten Messungen sollten gegebenenfalls weitere Zeitpunkte hinzugefügt oder die Messungen in anderen Entwicklungsstadien durchgeführt werden.
32.

Für die Bewertung der physischen Entwicklung sollte eher das postkoitale Alter als das postnatale Alter zugrunde gelegt werden (33). Wenn die Jungtiere am Tag des Absetzens getestet werden, sollte die Prüfung vor dem eigentlichen Absetzen erfolgen, um die Ergebnisse nicht durch den Stress zu verzerren, der beim Absetzen entsteht. Prüfungen, die nach dem Absetzen an den Jungtieren erfolgen, sollten zudem nicht innerhalb der ersten zwei Tage nach dem Absetzen durchgeführt werden.



Tabelle 1

Zeitliche Planung für die Bewertung der physischen Merkmale und Entwicklungsparameter und der funktionalen Endpunkte/Verhaltensendpunkte ().

Altersphasen

Endpunkte

Vor Absetzen ()Adoleszenz ()Junge adulte Tiere ()
Physische Merkmale und Entwicklungsparameter
Körpergewicht und klinische BeobachtungenWöchentlich ()mindestens vierzehntägigmindestens vierzehntägig
HirngewichtPND 22 ()bei Beendigung
NeuropathologiePND 22 ()bei Beendigung
Geschlechtsreifezu gegebener Zeit
Andere Entwicklungsparameter ()gegebenenfalls
Funktionale Endpunkte/Verhaltensendpunkte
VerhaltensontogeneseMindestens zwei Messungen
Motorische Aktivität (einschließlich Habituation)1-3 Mal ()einmal
Motorische und sensorische Funktioneneinmaleinmal
Lernen und Gedächtniseinmaleinmal

(1)   Dieser Tabelle ist zu entnehmen, wie oft die Messungen mindestens durchgeführt werden sollten. In Abhängigkeit von den erwarteten Wirkungen und den Ergebnissen der ersten Messungen sollten gegebenenfalls weitere Zeitpunkte (z. B. alte Tiere) hinzugefügt oder die Messungen in anderen Entwicklungsstadien durchgeführt werden.

(2)   Es wird empfohlen, die Jungtiere nicht in den ersten zwei Tagen nach dem Absetzen zu testen (vgl. Nummer 32). Das empfohlene Lebensalter für die Prüfung der adoleszenten Tiere ist jeweils: Lernen und Gedächtnis = PND 25 ± 2; motorische und sensorische Funktionen = PND 25 ± 2. Das empfohlene Lebensalter für die Prüfung junger adulter Tiere ist PND 60-70.

(3)   Wenn die Prüfsubstanz den Jungtieren direkt verabreicht wird, sollte das Körpergewicht mindestens zweimal wöchentlich bestimmt werden, um die Dosis in Zeiten rascher Gewichtszunahme anpassen zu können.

(4)   Hirngewicht und Neuropathologie können gegebenenfalls zu einem früheren Zeitpunkt bewertet werden (z. B. PND 11) (vgl. Nummer 39).

(5)   Gegebenenfalls sind neben dem Körpergewicht auch andere Parameter der Entwicklung (z. B. Augenöffnung) zu dokumentieren (vgl. Nummer 31).

(6)   Vgl. Nummer 35.

33.Die lebenden Jungtiere sind zu zählen und ihr Geschlecht ist zu bestimmen, z. B. durch Sichtkontrolle oder Messung des anogenitalen Abstands (34)(35); jedes Jungtier eines Wurfs ist einzeln zu wiegen, und zwar so bald wie möglich nach der Geburt, danach wöchentlich während der Laktation und im Anschluss daran mindestens vierzehntägig. Bei der Beurteilung der Geschlechtsreife sollten pro Wurf bei mindestens einem Weibchen und einem Männchen Alter und Körpergewicht bestimmt werden, wenn die Öffnung der Vagina (36) bzw. die Präputialseparation (37) beobachtet werden.

Verhaltensontogenese

34.Die Ontogenese ausgewählter Verhaltensweisen sollte bei mindestens einem Jungtier pro Geschlecht und Wurf während der entsprechenden Altersphase gemessen werden, wobei an allen Prüftagen und bei jedem bewerteten Verhalten jeweils dieselben Jungtiere zu verwenden sind. Die Messtage sind gleichmäßig über diesen Zeitraum zu verteilen, um entweder die normale oder die behandlungsbedingte Veränderung der Ontogenese des jeweiligen Verhaltens bestimmen zu können (38). Nachfolgend sind einige Beispiele für Verhalten aufgeführt, deren Ontogenese bewertet werden kann: Aufrichtungsreflex, negative Geotaxis und motorische Aktivität (38)(39)(40).

Motorische Aktivität

35.Die motorische Aktivität ist in den Lebensphasen vor dem Absetzen und in späteren Phasen beim adulten Tier zu beobachten (41)(42)(43)(44)(45). Bezüglich Prüfungen vor dem Absetzen siehe Nummer 32. Die Prüfsitzung sollte so lange dauern, dass bei unbehandelten Kontrolltieren eine Habituation innerhalb der Sitzung nachgewiesen werden kann. Es wird dringend empfohlen, bei der Bewertung der Verhaltensontogenese die motorische Aktivität zu berücksichtigen. Wenn bei einem Test die Verhaltensontogenese geprüft werden soll, sollten für alle vor dem Absetzen stattfindenden Prüfsitzungen dieselben Tiere eingesetzt werden. Die Prüfungen sollten so häufig stattfinden, dass die Ontogenese einer Habituation innerhalb einer Sitzung bewertet werden kann (44). Dafür sind gegebenenfalls drei oder mehr Prüfzeitpunkte vor dem Tag des Absetzens und einschließlich dieses Tags erforderlich (z. B. PND 13, 17 und 21). Dieselben Tiere oder Wurfgeschwister sollten darüber hinaus als adulte Tiere gegen Ende der Studie geprüft werden (z. B. PND 60-70). Nach Bedarf können die Prüfungen an weiteren Zusatztagen durchgeführt werden. Die motorische Aktivität sollte mittels eines automatischen Aktivitätsmessgeräts beobachtet werden, das in der Lage ist, sowohl ein Ansteigen als auch ein Abfallen der Aktivität zu erfassen (d. h. die vom Gerät gemessene Basisaktivität sollte weder so niedrig sein, dass dadurch die Erfassung eines Abfalls verhindert wird, noch so hoch, dass dadurch die Erfassung von Aktivitätsanstiegen unmöglich gemacht wird). Jedes der Geräte sollte im Rahmen standardisierter Verfahren geprüft worden sein, um bei Betrieb mehrerer Geräte an mehreren Tagen eine möglichst hohe Betriebssicherheit zu gewährleisten. Die Behandlungsgruppen sollten soweit wie möglich gleichmäßig auf die Geräte verteilt werden. Jedes Tier ist einzeln zu testen. Bei der Beobachtung der Behandlungsgruppen über die Prüfzeiträume hinweg ist auf Ausgewogenheit zu achten, um Störeinflüsse aufgrund des zirkadianen Aktivitätsrhythmus zu vermeiden. Es ist nach Möglichkeit sicherzustellen, dass die Prüfbedingungen nur geringfügig variieren und diese Variationen nicht systematisch mit der Behandlung zusammenhängen. Zu den Variablen, die die Messung zahlreicher Verhaltensweisen, einschließlich der motorischen Aktivität, beeinflussen können, gehören Geräuschpegel, Testkäfigform und -größe, Temperatur, relative Luftfeuchte, Lichtverhältnisse, Gerüche, Verwendung des vertrauten Haltungskäfigs oder eines neuen Testkäfigs und Ablenkungen aus der Umgebung.

Motorische und sensorische Funktionen

36.Die motorischen und sensorischen Funktionen sind mindestens einmal während der Adoleszenzphase und einmal beim jungen adulten Tier eingehend zu untersuchen (z. B. PND 60-70). Bezüglich Prüfungen zum Zeitpunkt des Absetzens siehe Nummer 32. Es sollte eine ausreichende Anzahl an Tests durchgeführt werden, um eine aussagekräftige Stichprobenmenge zu den sensorischen Modalitäten (z. B. somatosensorisch, vestibulär) und den motorischen Funktionen (z. B. Kraft, Koordination) sicherzustellen. Die motorischen und sensorischen Funktionen können unter anderem mittels des generalisierten Streckreflexes (extensor-thrust) (46), des Aufrichtungsreflexes (47)(48), der akustischen Schreckreflex-Habituation (40)(49)(50)(51)(52)(53)(54) und evozierter Potenziale (55) untersucht werden.

Lern- und Gedächtnisprüfungen

37.Nach dem Absetzen (beispielsweise an Tag 25 ± 2 Tage) und beim jungen adulten Tier (PND 60 oder älter) sollte ein Test für assoziatives Lernen und Gedächtnis durchgeführt werden. Bezüglich Prüfungen vor dem Absetzen siehe Nummer 32. Bei diesen beiden Entwicklungsphasen können derselbe Test oder andere Tests verwendet werden. Bei der Auswahl der Prüfung(en), anhand deren die Lern- und Gedächtnisfähigkeit bei abgesetzten Tieren und adulten Ratten untersucht werden kann, besteht ein gewisser Handlungsspielraum. Die Prüfungen sollten jedoch so aufgebaut sein, dass sie die folgenden beiden Kriterien erfüllen: Erstens sollte die Lernfähigkeit entweder als Veränderung über mehrere wiederholte Lernexperimente oder -sitzungen hinweg oder, in Prüfungen mit nur einem Versuch, durch Verwendung einer Versuchsbedingung, die nichtassoziative Wirkungen der Trainingserfahrung kontrolliert, beurteilt werden. Zweitens sollten die Prüfungen eine Gedächtnismessung (Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnis) zusätzlich zum ursprünglichen Lernen (Aneignung) beinhalten, doch diese Gedächtnismessung ist nur dann dokumentierbar, wenn innerhalb derselben Prüfung auch eine Messung der Aneignung stattgefunden hat. Wenn die Lern- und Gedächtnisprüfungen eine Wirkung der Prüfsubstanz ergeben, sind gegebenenfalls Zusatztests in Erwägung zu ziehen, um auszuschließen, dass das Versuchsergebnis auf alternative Ursachen, zum Beispiel geänderte sensorische, motivationale und/oder motorische Fähigkeiten, zurückzuführen ist. Zusätzlich zu den beiden oben genannten Kriterien wird empfohlen, die Lern- und Gedächtnistests danach auszuwählen, ob bei ihnen in Bezug auf die zu untersuchende Chemikalienklasse nachweislich eine Prüfempfindlichkeit vorliegt, sofern sich entsprechende Hinweise in der Fachliteratur finden. Falls sich in der Literatur keine Hinweise finden, können unter anderem folgende Prüfungen unter Einhaltung der oben genannten Kriterien durchgeführt werden: passive Vermeidung (43)(56)(57), Delayed-matching-to-Position-Aufgaben für die adulte Ratte (58) und die infantile Ratte (59), olfaktorische Konditionierung (43)(60), Morris-Wasserlabyrinth (61)(62)(63), Biel-Maze-Test oder Cincinnati-Maze-Test (64)(65), Radial Arm-Maze (66), T-Maze (43) und Aneignung und Beibehaltung von zeitplangesteuertem Verhalten (26)(67)(68). In der Literatur sind zusätzliche Tests für abgesetzte Jungtiere (26)(27) und adulte Ratten (19)(20) beschrieben.

Nekropsie

38.Die Muttertiere können nach dem Absetzen der Nachkommen getötet werden.
39.Die neuropathologische Beurteilung der Nachkommen wird unter Verwendung der Gewebe von auf humane Art am Tag PND 22 oder zu einem früheren Zeitpunkt zwischen PND 11 und PND 22 getöteten Nachkommen sowie am Ende der Studie durchgeführt. Bei am PND 22 getöteten Nachkommen sind die Hirngewebe zu untersuchen; bei am Ende der Prüfung getöteten Tieren sind sowohl die Gewebe des Zentralnervensystems (ZNS) als auch die des peripheren Nervensystems (PNS) zu beurteilen. Tiere, die am PND 22 oder früher getötet werden, können durch Immersion oder Perfusion fixiert werden. Am Ende der Prüfung getötete Tiere sind durch Perfusion zu fixieren. Bei allen die Gewebepräparation betreffenden Aspekten sollte auf Ausgewogenheit geachtet werden, d. h. von der Perfusion der Tiere über das Schneiden der Gewebeproben und die Probenvorbereitung bis hin zur Färbung der Objektträger sollte jeder Satz repräsentative Proben jeder Dosisgruppe enthalten. Eine weiterführende neuropathologische Anleitung findet sich im OECD Guidance Document Nr. 20 (9), siehe auch (103).

Probenvorbereitung

40.Alle zum Zeitpunkt der Nekropsie offenkundigen schwerwiegenden Abnormitäten sind zu dokumentieren. Es sind Gewebeproben von allen wichtigen Regionen des Nervensystems zu entnehmen. Die Gewebeproben sind in einem geeigneten Fixativ aufzubewahren und im Einklang mit allgemein bekannten histologischen Standardprotokollen (69)(70)(71)(103) aufzubereiten. Für ZNS- und PNS-Gewebe ist die Paraffineinbettung geeignet, doch wenn ein höherer Auflösungsgrad erforderlich ist (z. B. bei peripheren Nerven bei Verdacht auf periphere Neuropathie und/oder bei der morphometrischen Analyse peripherer Nerven), ist gegebenenfalls eine Nachfixierung mit Osmium in Kombination mit Epoxydeinbettung angezeigt. Für die morphometrische Analyse gewonnenes Hirngewebe ist bei allen Dosisstufen zur gleichen Zeit in ein geeignetes Medium einzubetten, um ein Schrumpfen der Prüfgegenstände zu vermeiden, das bei zu langer Aufbewahrung im Fixativ auftreten kann (6).

Neuropathologische Untersuchung

41.

Bei der qualitativen Untersuchung sollen

i)
Regionen innerhalb des Nervensystems ermittelt werden, die Anzeichen für neuropathologische Veränderungen zeigen,
ii)
diejenigen Arten neuropathologischer Veränderungen ermittelt werden, die auf die Exposition gegenüber der Prüfsubstanz zurückzuführen sind, und
iii)
der Schweregrad der neuropathologischen Veränderungen bestimmt werden.

Repräsentative histologische Schnitte der Gewebeproben sind von einem entsprechend geschulten Pathologen mikroskopisch auf das Vorliegen neuropathologischer Veränderungen zu untersuchen. Alle neuropathologischen Veränderungen sind subjektiv nach Schweregrad einzuteilen. Eine Hämatoxylin-Eosin-Färbung ist für die Hirnschnitt-Beurteilung von Tieren, die spätestens am PND 22 auf humane Weise getötet wurden, gegebenenfalls ausreichend. Bei ZNS- und PNS-Geweben von am Ende der Prüfung getöteten Tieren sollte jedoch eine Myelinfärbung (z. B. Luxol Fast Blue/Kresylviolett) und eine Silberfärbung (z. B. nach Bielschowsky oder Bodian) durchgeführt werden. Je nach professioneller Einschätzung des Pathologen und in Abhängigkeit von den beobachteten Veränderungen können auch andere Färbungen zur Identifizierung und Charakterisierung bestimmter Veränderungstypen in Betracht kommen (z. B. histochemischer Nachweis des sauren Gliafaserproteins (Glial fibrillary acidic protein, GFAP) oder Lektinhistochemie zur Bewertung glialer und mikroglialer Veränderungen (72), Fluoro-Jade-Färbung zur Feststellung von Nekrosen (73)(74) oder Silberfärbungen speziell für neuronale Degenerationen (75)).

42.Es sollte eine morphometrische (quantitative) Bewertung durchgeführt werden, da diese Daten für den Nachweis einer behandlungsbedingten Wirkung relevant sein können und hilfreich sind für die Beurteilung der behandlungsbedingten Unterschiede bei Hirngewicht und Morphologie (76)(77). Von den Nervengeweben sind Proben herzustellen und für die morphometrische Untersuchung aufzubereiten. Die morphometrischen Bewertungen können z. B. lineare oder flächige Messungen bestimmter Hirnregionen umfassen (78). Bei den linearen oder flächigen Messungen müssen gleichwertige, sorgfältig auf der Grundlage zuverlässiger mikroskopischer Messpunkte ausgewählte Schnitte verwendet werden (6). Mithilfe der Stereologie können behandlungsbedingte Wirkungen auf bestimmte Parameter wie Volumen oder Zellzahl für bestimmte neuroanatomische Regionen festgestellt werden (79)(80)(81)(82)(83)(84).
43.Die Gehirne sind auf Hinweise für behandlungsbedingte neuropathologische Veränderungen hin zu untersuchen, und von allen wichtigen Hirnregionen sind geeignete Proben zu nehmen (z. B. Riechkolben, Großhirnrinde (Cortex cerebri), Hippocampus, Basalganglien, Thalamus, Hypothalamus, Mittelhirn (Tectum, Tegmentum und Pedunculus cerebri), Pons, Medulla oblongata, Kleinhirn), um eine gründliche Untersuchung zu gewährleisten. Die Schnitte müssen unbedingt bei allen Tieren in derselben Ebene entnommen werden. Bei adulten Tieren, die am Ende der Prüfung auf humane Art getötet werden, sind repräsentative Schnitte des Rückenmarks und des PNS als Proben zu entnehmen. Die untersuchten Bereiche sollten das Auge mit Sehnerv und Netzhaut, das Rückenmark an den zervikalen und lumbalen Verdickungen, die dorsalen und ventralen Nervenwurzelfasern, den proximalen Ischiasnerv, den proximalen Schienbeinnerv (am Knie) und die Wadenmuskel-Äste des Schienbeinnervs umfassen. Die Gewebeschnitte durch Rückenmark und peripheres Nervengewebe sollen sowohl Quer- als auch Längsschnitte umfassen.
44.

Bei der neuropathologischen Beurteilung sollte zusätzlich zu Zellveränderungen (z. B. neuronale Vakuolisierung, Degeneration, Nekrose) und Gewebeveränderungen (z. B. Gliose, Leukozyteninfiltration, Zystenbildung) auch nach Hinweisen auf Entwicklungsschäden am Nervensystem gesucht werden (6)(85)(86)(87)(88)(89). Diesbezüglich sind behandlungsbedingte Wirkungen unbedingt von normalen Entwicklungsereignissen zu unterscheiden, die üblicherweise in der mit dem Tötungszeitpunkt zusammenfallenden Entwicklungsphase auftreten (90). Beispiele für signifikante Veränderungen, die auf eine Entwicklungsschädigung hindeuten, sind unter anderem:

Veränderungen der Größe oder Form bei Riechkolben, Großhirn oder Kleinhirn,
Veränderungen der relativen Größe verschiedener Hirnregionen einschließlich Vergrößerungen oder Verkleinerungen von Regionen, die aus dem Verlust oder der Fortdauer von normalerweise kurzlebigen Zellpopulationen oder axonalen Projektionen resultieren (z. B. externes Keimlager des Kleinhirns, Gehirnbalken),
Veränderungen der Proliferation, Migration und Differenzierung, wie sie in Bereichen mit ausgeprägter Apoptose oder Nekrose vorkommen, Cluster oder zerstreute Populationen ektopischer, fehlplatzierter oder fehlgebildeter Neuronen oder Änderungen an der relativen Größe verschiedener Schichten kortikaler Strukturen,
Veränderungen beim Entstehungsmuster der Myelinhülle einschließlich einer globalen Größenverminderung oder veränderte Färbung der myelinisierten Strukturen,
Feststellung eines Wasserkopfs, insbesondere Erweiterung der Ventrikel, Stenose des Aquaeductus cerebri und Verdünnung der Großhirnhemisphären.

Analyse der Dosis-Wirkungs-Beziehung neuropathologischer Veränderungen

45.Das folgende, schrittweise aufgebaute Verfahren wird für die qualitative und quantitative neuropathologische Analyse empfohlen. Als erstes werden die Schnitte der Gruppe mit der höchsten Dosis mit denjenigen der Kontrollgruppe verglichen. Wenn bei den Tieren der Gruppe, die die höchste Dosis erhalten hat, keine neuropathologischen Veränderungen feststellbar sind, ist keine weitere Analyse erforderlich. Wenn neuropathologische Veränderungen bei der Hochdosisgruppe nachweisbar sind, werden auch die Tiere der mittleren und der niedrigsten Dosisgruppen untersucht. Wenn die Hochdosisgruppe aufgrund einer anderen konfundierenden Toxizität oder des Todes der Tiere abgeschlossen ist, sind die Gruppen mit hoher und mittlerer Dosis auf neuropathologische Veränderungen hin zu analysieren. Wenn es in den niedrigeren Dosisgruppen Hinweise auf Neurotoxizität gibt, ist bei diesen Gruppen eine neuropathologische Analyse durchzuführen. Wenn bei der qualitativen oder quantitativen Untersuchung behandlungsbedingte neuropathologische Veränderungen gefunden werden, sind die Dosisabhängigkeit des Auftretens, die Häufigkeit und der Schweregrad der Läsionen oder der morphometrischen Veränderungen auf der Grundlage einer Beurteilung aller Tiere aus sämtlichen Dosisgruppen zu bestimmen. In die Beurteilung sind alle Hirnregionen einzubeziehen, bei denen sich neuropathologische Veränderungen gleich welcher Art finden. Für jede Läsionsart sind die zur Festlegung der einzelnen Schweregrade verwendeten Eigenschaften zu beschreiben und die zur Unterscheidung der Schweregrade verwendeten Merkmale anzugeben. Anhand der Häufigkeit der einzelnen Läsionsarten und ihres Schweregrads ist eine statistische Analyse zur Beurteilung der Art der Dosis-Wirkungs-Beziehung durchzuführen. Es wird empfohlen, codierte Objektträger zu verwenden (91).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

46.Die Daten sind sowohl einzeln zu protokollieren als auch in tabellarischer Form zusammenzufassen, wobei ersichtlich sein muss, bei welcher der einzelnen Prüfgruppen welche Arten von Veränderungen aufgetreten sind und bei wie vielen Muttertieren, nach Geschlecht gegliederten Nachkommen und Würfen diese Veränderungen feststellbar waren. Wenn eine direkte postnatale Exposition der Nachkommen erfolgt ist, sind Verabreichungsweg, -dauer und -zeitraum in den Bericht aufzunehmen.

Beurteilung und Auswertung der Ergebnisse

47.Eine Prüfung auf Entwicklungsneurotoxizität liefert Informationen darüber, wie sich eine Chemikalie bei wiederholter Exposition in utero und während der frühen postnatalen Entwicklung auswirkt. Da der Schwerpunkt sowohl auf die allgemeine Toxizität als auch auf entwicklungsneurotoxische Endpunkte gelegt wird, lassen die Prüfungsergebnisse eine Unterscheidung zu zwischen den Wirkungen auf die neurologische Entwicklung, die ohne allgemeine maternale Toxizität auftreten, und Veränderungen, die nur bei Dosen auftreten, die auch beim Muttertier toxisch wirken. Da die Wechselbeziehung zwischen Prüfungsdesign, statistischer Analyse und biologischer Signifikanz der Daten äußerst komplex ist, können die Entwicklungsneurotoxizitätsdaten nur unter Hinzuziehung eines Experten korrekt ausgewertet werden (107)(109). Bei der Auswertung der Testergebnisse sollte ein WoE-Ansatz angewendet werden (20)(92)(93)(94). Die Muster der verhaltensbedingten oder morphologischen Befunde sollten, sofern vorhanden, ebenso erörtert werden wie eine nachweisliche Dosis-Wirkungs-Beziehung. In diese Analyse sollten Daten aus allen Studien einfließen, die für die Beurteilung der Entwicklungsneurotoxizität relevant sind, dazu gehören unter anderem epidemiologische Studien oder Fallberichte am Menschen sowie tierexperimentelle Studien (z. B. toxikokinetische Daten, Daten zur Struktur-Wirkungs-Beziehung, Daten aus anderen Toxizitätsstudien). Dies schließt auch die Beziehung zwischen den Dosen der Prüfsubstanz und dem Auftreten/Nichtauftreten neurotoxischer Wirkungen bzw. deren Häufigkeit und Ausprägung bei beiden Geschlechtern mit ein (20)(95).
48.Die Datenauswertung sollte ferner eine Diskussion sowohl der biologischen als auch der statistischen Signifikanz beinhalten. Die statistische Analyse sollte bei der Datenauswertung unterstützend herangezogen werden, aber nicht allein bestimmend dafür sein. Allein aus dem Fehlen einer statistischen Signifikanz sollte ebenso wenig automatisch geschlossen werden, dass keine behandlungsbedingten Wirkungen vorliegen, wie das Vorhandensein einer statistischen Signifikanz nicht als einzige Begründung für das Vorliegen einer behandlungsbedingten Wirkung herangezogen werden darf. Um mögliche falsch-negative Ergebnisse zu vermeiden und den Schwierigkeiten vorzubeugen, die naturgemäß mit einem „negativen Beweis“ verbunden sind, sollten vorhandene positive und historische Kontrolldaten in die Diskussion einbezogen werden, insbesondere dann, wenn keine behandlungsbedingten Wirkungen gefunden werden (102)(106). Die Wahrscheinlichkeit falsch-positiver Ergebnisse sollte vor dem Hintergrund der statistischen Gesamtauswertung der Daten erörtert werden (96). Sofern ein Zusammenhang zwischen neuropathologischen Veränderungen und Verhaltensänderungen beobachtet wurde, sollte dieser in die Beurteilung einbezogen werden.
49.Sämtliche Ergebnisse sind mithilfe zum Prüfungsdesign passender statistischer Modelle zu analysieren (108). Die Entscheidung für eine parametrische bzw. eine parameterfreie Analyse ist anhand bestimmter Faktoren wie zum Beispiel der Art der Daten (umgewandelte/nicht umgewandelte Daten) und deren Verteilung sowie der relativen Robustheit der gewählten statistischen Analyse zu begründen. Bei der Auswahl der statistischen Analysemethoden sollten Prüfungszweck und Prüfungsdesign als Orientierungshilfe dienen, um das Auftreten von Typ-I-Fehlern (falsch-positive Ergebnisse) und Typ-II-Fehlern (falsch-negative Ergebnisse) so gering wie möglich zu halten (96)(97)(104)(105). Bei Entwicklungsstudien, bei denen jeweils mehrere Jungtiere desselben Wurfs geprüft werden, sollte der Wurf als solcher in das statistische Modell einbezogen werden, um aufgeblähte Typ-I-Fehlerquoten zu vermeiden (98)(99)(100)(101). Die statistische Maßeinheit sollte der Wurf sein, nicht das Jungtier. Die Experimente sollten so ausgestaltet sein, dass Wurfgeschwister nicht als unabhängige Beobachtungsobjekte behandelt werden. Jeder am selben Versuchstier wiederholt gemessene Endpunkt sollte anhand statistischer Modelle analysiert werden, die der Tatsache Rechnung tragen, dass diese Messungen nicht unabhängig sind.

Prüfbericht

50.

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit und gegebenenfalls physikalisch-chemische Eigenschaften,
Identifizierungsdaten einschließlich Quelle und
Reinheit der Zubereitung und bekannte und/oder erwartete Verunreinigungen.

Vehikel (falls verwendet):

Begründung für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser oder physiologische Kochsalzlösung).

Versuchstiere:

Art und Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte,
Anbieter, von dem die Versuchstiere stammen,
Zahl, Alter bei Beginn und Geschlecht der Versuchstiere,
Herkunft, Haltungsbedingungen, Nahrung, Wasser usw. und
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

Prüfbedingungen:

Begründung der gewählten Dosisstufen,
Begründung des Verabreichungswegs und -zeitraums,
Angabe der verabreichten Dosen einschließlich Einzelheiten zu Vehikel, Volumen und physikalischer Form des verabreichten Stoffs,
Angaben zur Zubereitungsform der Prüfsubstanz/des Futters, der erreichten Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,
Methode zur eindeutigen Kennzeichnung der Muttertiere und der Nachkommen,
genaue Beschreibung der Randomisierungsmethode(n) für die Zuteilung der Muttertiere zu Behandlungsgruppen, für die Auswahl von Jungtieren zwecks Auslese und für die Zuteilung von Jungtieren zu Prüfgruppen,
Einzelheiten zur Verabreichung der Prüfsubstanz,
gegebenenfalls Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser bzw. im Inhalat (ppm) in die entsprechende Dosis (mg pro kg Körpergewicht und Tag),
Umgebungsbedingungen
Einzelheiten zu Futter- und Wasserqualität (z. B. Leitungswasser, destilliertes Wasser) und
Datum des Beginns und des Endes der Prüfung.

Beobachtungen und Prüfverfahren:

ausführliche Beschreibung der zur Standardisierung von Beobachtungen und Verfahren angewendeten Vorgehensweise sowie operative Festlegungen für die Auswertung der Beobachtungen,
Verzeichnis aller verwendeten Prüfverfahren und Begründung für deren Anwendung,
ausführliche Beschreibung der verhaltensbezogenen/funktionalen, pathologischen, neurochemischen oder elektrophysiologischen Verfahren einschließlich detaillierter Angaben zu automatischen Geräten,
Kalibrierungsverfahren und Verfahren zur Gewährleistung der Gleichwertigkeit der verwendeten Geräte und der ausgewogenen Zusammensetzung der Prüfgruppen während der Prüfverfahren und
kurze Begründung, warum einzelne Entscheidungen die Hinzuziehung eines Sachverständigen erfordern.

Ergebnisse (Einzelergebnisse und Zusammenfassung, gegebenenfalls einschließlich Durchschnittswert und Varianz):

Zahl der Tiere zu Beginn und am Ende der Prüfung,
Zahl der bei den einzelnen Prüfmethoden eingesetzten Tiere und Würfe,
Kennzeichnungsnummern der einzelnen Tiere und der Würfe, aus denen sie stammen,
Wurfgröße und mittleres Geburtsgewicht nach Geschlecht,
Körpergewicht und Daten zur Änderung des Körpergewichts einschließlich des terminalen Körpergewichts der Muttertiere und der Nachkommen
Nahrungsaufnahmedaten und gegebenenfalls Wasseraufnahmedaten (z. B. wenn die Prüfsubstanz mit dem Wasser verabreicht wird),
Daten für toxische Reaktion, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Dosisstufe, einschließlich Zeichen für Toxizität oder Mortalität, gegebenenfalls einschließlich Todeszeitpunkt und -ursache,
Art, Schweregrad, Dauer, Tag des Einsetzens, Tageszeit und weiterer Verlauf der ausführlichen klinischen Beobachtungen,
Bewertung der einzelnen Entwicklungsparameter (Gewicht, Geschlechtsreife und Verhaltensontogenese) zu jedem Beobachtungzeitpunkt,
ausführliche Beschreibung der nach Geschlecht aufgeschlüsselten verhaltensbezogenen, funktionalen, neuropathologischen, neurochemischen und elektrophysiologischen Befunde einschließlich Zunahmen und Abnahmen im Vergleich zu Kontrollgruppen,
Ergebnisse der Nekropsie,
Hirngewichte,
sämtliche Diagnosen aus neurologischen Anzeichen und Läsionen einschließlich natürlicherweise aufgetretener Krankheiten oder Zustände,
Abbildungen von Beispielbefunden,
niedrig aufgelöste Bilder zur Bewertung der Homologie der für die Morphometrie verwendeten Schnitte,
Resorptions- und Metabolismusdaten einschließlich ergänzender Daten aus einer separaten Toxikokinesestudie (falls vorhanden),
statistische Aufarbeitung der Ergebnisse einschließlich statistischer Modelle für die Daten- und Ergebnisanalyse, und zwar unabhängig davon, ob diese signifikant waren oder nicht, und
Verzeichnis der an der Prüfung beteiligten Personen einschließlich ihrer Berufsausbildung.

Diskussion der Ergebnisse:

Dosis-Wirkungs-Beziehungen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Gruppe,
Einfließen etwaiger anderer toxischer Wirkungen in die Schlussfolgerung bezüglich des neurotoxischen Potenzials der Prüfsubstanz, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Gruppe,
Auswirkung etwaiger toxikokinetischer Informationen auf die Schlussfolgerung,
Abgleich mit anderen bekannten Neurotoxinen auf ähnliche Wirkungen,
Daten zur Untermauerung der Zuverlässigkeit und Empfindlichkeit der Prüfmethode (d. h. positive Daten und historische Kontrolldaten),
Zusammenhänge zwischen neuropathologischen und funktionalen Wirkungen (sofern diese vorliegen) und
NOAEL oder Benchmark-Dosis für Muttertiere und Nachkommen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Gruppe.

Schlussfolgerungen:

Diskussion der Gesamtauswertung der Daten auf Grundlage der Ergebnisse, einschließlich der Bestimmung des NOAEL und einer Schlussfolgerung darüber, ob die Prüfsubstanz eine entwicklungsneurotoxische Wirkung hat oder nicht.

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(16) Kapitel B.43 dieses Anhangs, Prüfung auf Neurotoxizität bei Nagetieren.

(17) Kapitel B.31 diese Anhangs, Studie zur Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität.

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Abbildung 1

Allgemeines Prüfschema für funktionale Prüfungen/Verhaltensprüfungen, neuropathologische Beurteilung und Hirngewichte. Dieses Diagramm basiert auf der Beschreibung unter den Nummern 13, 14 und 15 (PND = postnataler Tag). Beispiele für die Zuteilung der Versuchstiere sind Anlage 1 zu entnehmen.

Anlage 1

1.
Beispiele für mögliche Zuteilungen sind in nachstehender Tabelle beschrieben. Diese Beispiele sollen veranschaulichen, dass die Versuchstiere den verschiedenen Prüfparadigmen auf unterschiedliche Art und Weise zugeteilt werden können.

Beispiel 1

2.
Bei einem Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) wird die Verhaltensontogenese vor dem Absetzen geprüft. Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) am PND 22 auf humane Weise getötet. Die Gehirne werden entfernt, gewogen und für die histopathologische Beurteilung aufbereitet. Zusätzlich werden die am unfixierten Hirn erhobenen Hirngewichtsdaten der verbleibenden 10 Männchen und 10 Weibchen pro Dosisstufe gesammelt.
3.
Bei einem weiteren Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) werden funktionale und Verhaltenstests nach dem Absetzen durchgeführt (ausführliche klinische Beobachtungen und Prüfung der motorischen Aktivität, der akustischen Schreckreaktion und der kognitiven Funktionen am adoleszenten Tier), und das Alter der Geschlechtsreife wird bewertet. Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) bei Studienende betäubt und per Perfusion fixiert (etwa PND 70). Die Gehirne werden, nachdem sie zusätzlich in situ fixiert wurden, entfernt und für die neuropathologische Beurteilung aufbereitet.
4.
Für die kognitiven Funktionsprüfungen an jungen adulten Tieren (z. B. PND 60-70) wird ein dritter Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe verwendet (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf). Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Gruppe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) bei Studienende getötet und die Gehirne entfernt und gewogen.
5.
Die verbleibenden 20 Tiere pro Geschlecht und Gruppe werden für möglicherweise durchzuführende zusätzliche Prüfungen zurückbehalten.



Tabelle 1

Jungtier Nr. ()Anzahl der Jungtiere für die PrüfungUntersuchung/Prüfung
MW
1520 M + 20 WVerhaltensontogenese
10 M + 10 WPND 22: Hirngewicht/Neuropathologie/Morphometrie
10 M + 10 WPND 22: Hirngewicht
2620 M + 20 WAusführliche klinische Beobachtungen
20 M + 20 WMotorische Aktivität
20 M + 20 WGeschlechtsreife
20 M + 20 WMotorische und sensorische Funktionen
20 M + 20 WLernen und Gedächtnis (PND 25)
10 M + 10 WHirngewicht des jungen adulten Tiers/Neuropathologie/Morphometrie ~ PND 70
3720 M + 20 WLernen und Gedächtnis (junge adulte Tiere)
10 M + 10 WHirngewicht des jungen adulten Tiers ~ PND 70
48Tiere, die als Ersatz oder für Zusatzprüfungen vorbehalten sind
(1)   Für dieses Beispiel werden die Würfe auf vier Männchen und vier Weibchen verkleinert; die männlichen Jungtiere werden von eins bis vier durchnummeriert, die weiblichen von fünf bis acht.

Beispiel 2

6.
Bei einem Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) wird die Verhaltensontogenese vor dem Absetzen geprüft. Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) am PND 11 auf humane Weise getötet. Die Gehirne werden entfernt, gewogen und für die histopathologische Beurteilung aufbereitet.
7.
Bei einem weiteren Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) werden Untersuchungen nach dem Absetzen durchgeführt (ausführliche klinische Beobachtungen, Prüfung der motorischen Aktivität, Bewertung des Alters der Geschlechtsreife und Prüfung der motorischen und sensorischen Funktionen). Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) bei Studienende betäubt und per Perfusion fixiert (etwa PND 70). Die Gehirne werden, nachdem sie zusätzlich in situ fixiert wurden, entfernt, gewogen und für die neuropathologische Beurteilung aufbereitet.
8.
Für kognitive Funktionsprüfungen an adoleszenten und jungen adulten Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Dosisstufe verwendet (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf). Bei den kognitiven Funktionsprüfungen werden für die Prüfungen am PND 23 und an jungen adulten Tieren unterschiedliche Tiere verwendet. Nach Beendigung werden die für die Prüfungen am adulten Tier verwendeten 10 Tiere pro Geschlecht und Gruppe getötet. Ihre Gehirne werden entfernt und gewogen.
9.
Die verbleibenden, nicht für die Prüfungen ausgewählten 20 Tiere pro Geschlecht und Gruppe werden beim Absetzen getötet und entsorgt.



Tabelle 2

Jungtier Nr. ()Anzahl der Jungtiere für die PrüfungUntersuchung/Prüfung
MW
1520 M + 20 WVerhaltensontogenese
10 M + 10 WPND 11: Hirngewicht/Neuropathologie/Morphometrie
2620 M + 20 WAusführliche klinische Beobachtungen
20 M + 20 WMotorische Aktivität
20 M + 20 WGeschlechtsreife
20 M + 20 WMotorische und sensorische Funktionen
10 M + 10 WHirngewicht des jungen adulten Tiers/Neuropathologie/Morphometrie ~ PND 70
3710 M + 10 W ()Lernen und Gedächtnis (PND 23)
3710 M + 10 W ()Lernen und Gedächtnis (junge adulte Tiere)
Hirngewicht des jungen adulten Tiers
48Tiere werden am PND 21 getötet und entsorgt.

(1)   Für dieses Beispiel werden die Würfe auf vier Männchen und vier Weibchen verkleinert; die männlichen Jungtiere werden von eins bis vier durchnummeriert, die weiblichen von fünf bis acht.

(2)   Bei der Prüfung der kognitiven Fähigkeiten sind für die Tests am PND 23 und die Tests an jungen adulten Tieren unterschiedliche Tiere zu verwenden (z. B. gerade/ungerade Würfe von insgesamt 20 Jungtieren).

Beispiel 3

10.
Bei einem Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) wird am PND 11 das Gehirngewicht bestimmt und eine neuropathologische Bewertung durchgeführt. Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) am PND 11 auf humane Weise getötet, und die Gehirne werden entfernt, gewogen und für die histopathologische Beurteilung aufbereitet. Zusätzlich werden die am unfixierten Hirn erhobenen Hirngewichtsdaten der verbleibenden 10 Männchen und 10 Weibchen pro Dosisstufe gesammelt.
11.
Bei einem weiteren Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) wird die Verhaltensontogenese (motorische Aktivität) beurteilt, es werden Untersuchungen nach dem Absetzen durchgeführt (motorische Aktivität und Bewertung des Alters der Geschlechtsreife), und an den adoleszenten Tieren werden kognitive Funktionsprüfungen durchgeführt.
12.
Bei einem weiteren Satz von 20 Tieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) werden die motorischen und sensorischen Funktionen (akustische Schreckreaktion) geprüft und ausführliche klinische Beobachtungen vorgenommen. Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) bei Studienende betäubt und per Perfusion fixiert (etwa PND 70). Die Gehirne werden, nachdem sie zusätzlich in situ fixiert wurden, entfernt, gewogen und für die neuropathologische Beurteilung aufbereitet.
13.
Bei einem weiteren Satz von 20 Jungtieren pro Geschlecht und Dosisstufe (ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf) werden kognitive Funktionsprüfungen an den jungen adulten Tieren durchgeführt. Von diesen Tieren werden 10 Jungtiere pro Geschlecht und Gruppe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf) bei Studienende getötet und die Gehirne entfernt und gewogen.



Tabelle 3

Jungtier Nr. ()Anzahl der Jungtiere für die PrüfungUntersuchung/Prüfung
MW
1510 M + 10 WPND 11: Hirngewicht/Neuropathologie/Morphometrie
10 M + 10 WPND 11: Hirngewicht
2620 M + 20 WVerhaltensontogenese (motorische Aktivität)
20 M + 20 WMotorische Aktivität
20 M + 20 WGeschlechtsreife
20 M + 20 WLernen und Gedächtnis (PND 27)
3720 M + 20 WAkustische Schreckreaktion (adoleszente und junge adulte Tiere)
20 M + 20 WAusführliche klinische Beobachtungen
10 M + 10 WHirngewicht des jungen adulten Tiers/Neuropathologie/ Morphometrie ~ PND 70
4820 M + 20 WLernen und Gedächtnis (junge adulte Tiere)
10 M + 10 WHirngewicht des jungen adulten Tiers
(1)   Für dieses Beispiel werden die Würfe auf vier Männchen und vier Weibchen verkleinert; die männlichen Jungtiere werden von eins bis vier durchnummeriert, die weiblichen von fünf bis acht.

Anlage 2

Begriffsbestimmungen

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Prüfsubstanz : jede(r) mittels dieser Prüfmethode getestete Stoff bzw. Mischung

B.54.   UTEROTROPHER BIOASSAY MIT NAGERN: EIN KURZZEIT-SCREENING-TEST AUF ÖSTROGENE EIGENSCHAFTEN

EINLEITUNG

1.Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 440 (2007). Die OECD setzte sich 1998 zur Priorität, bestehende Prüfrichtlinien für Screening und Testung potenzieller endokriner Disruptoren zu überarbeiten und neue Richtlinien zu entwickeln (1). Ein Aspekt dieser Maßnahme war die Ausarbeitung einer Prüfrichtlinie für die In-vivo-Uterusgewichtsprüfung (Uterotrophic Bioassay) mit Nagern. Der uterotrophe Bioassay mit Nagern wurde nachfolgend einem umfassenden Validierungsprogramm unterzogen, in dessen Rahmen unter anderem ein ausführliches Hintergrunddokument erstellt (2)(3) und umfassende Intra- und Interlaborstudien durchgeführt wurden, um die Relevanz und Reproduzierbarkeit der In-vivo-Prüfung anhand eines wirksamen Referenzöstrogens, schwacher Östrogen-Rezeptoragonisten, eines starken Östrogen-Rezeptorantagonisten und einer negativen Referenzchemikalie (4)(5)(6)(7)(8)(9) nachzuweisen. Die vorliegende Prüfmethode B.54 ist das Resultat der bei der Validierung des Prüfprogramms gewonnenen Erfahrungen und Ergebnisse im Bereich Östrogenagonisten.
2.Der uterotrophe Bioassay ist ein Kurzzeit-Screening-Test, der auf die 1930er-Jahre zurückgeht (27)(28) und durch einen Fachausschuss erstmals 1962 für Screeningzwecke standardisiert wurde (32)(35). Der Test basiert auf einer Zunahme des Uterusgewichts, die auch als uterotrophe Reaktion bezeichnet wird (vgl. Literaturhinweis 29). Dabei wird untersucht, ob eine Chemikalie biologische Abläufe auslöst, die der Wirkung von Agonisten oder Antagonisten natürlicher Östrogene (z. B. 17β-Östradiol) entsprechen; die Methode wird allerdings wesentlich häufiger für den Nachweis von Agonisten als für den Nachweis von Antagonisten eingesetzt. Der Uterus reagiert auf zweierlei Art auf Östrogen: Zunächst erhöht sich das Gewicht aufgrund von Wassereinlagerung. Darauf folgt eine Gewichtszunahme aufgrund von Gewebewachstum (30). Die Uterusreaktionen sind bei Ratten und Mäusen qualitativ vergleichbar.
3.Dieser Bioassay wird als In-vivo-Screening-Test durchgeführt und sollte im Zusammenhang mit dem Rahmenkonzept der OECD ‘Conceptual Framework for the Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals’ (Testung und Bewertung endokrin wirksamer Stoffe) (Anlage 2) angewendet werden. In diesem Rahmenkonzept ist der uterotrophe Bioassay ein In-vivo-Test der Stufe 3, mit dem Daten über einen einzelnen endokrinen Mechanismus, nämlich die östrogene Wirkung, gewonnen werden sollen.
4.Der uterotrophe Bioassay ist als Teil einer Reihe von In-vitro- und In-vivo-Tests zur Bestimmung von Chemikalien, die mit dem endokrinen System in Wechselwirkung treten können, konzipiert und soll letztendlich der Bewertung des Risikos für die Umwelt und die menschliche Gesundheit dienen. Im Rahmen des Validierungsprogramms der OECD wurde sowohl anhand von starken als auch von schwachen Östrogenagonisten untersucht, wie gut sich die Prüfung zur Erkennung von Chemikalien mit östrogener Wirkung eignet (4)(5)(6)(7)(8). Dabei konnte die Empfindlichkeit des Prüfverfahrens bezüglich Östrogenagonisten ebenso fundiert nachgewiesen werden wie eine gute Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit.
5.Was negative Verbindungen anbelangt, wurde nur eine ‘negative’ Referenzchemikalie (deren Wirkungslosigkeit bereits im Rahmen von Uterusgewichtsprüfungen sowie bei in vitro durchgeführten Rezeptorbindungs- und Rezeptorprüfungen belegt worden war) in das Validierungsprogramm aufgenommen, aber es wurden zusätzliche, vom Validierungsprogramm der OECD unabhängige Prüfdaten ausgewertet, die die Spezifizität des uterotrophen Bioassays beim Screening von Östrogenagonisten weiter untermauern (16).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

6.Östrogenagonisten und -antagonisten können an die Östrogenrezeptoren a und b binden und die transkriptionelle Aktivität der Rezeptoren aktivieren bzw. hemmen. Dies ist potenziell mit gesundheitlichen Risiken verbunden und schließt auch negative Auswirkungen auf Reproduktion und Entwicklung mit ein. Aus diesem Grund müssen Chemikalien möglichst schnell daraufhin geprüft und beurteilt werden können, ob es sich um potenzielle Östrogenagonisten oder -antagonisten handelt. Die in vitro bestimmte Affinität eines Liganden für einen Östrogenrezeptor oder die transkriptionelle Aktivierung von Reportergenen liefert zwar wertvolle Informationen, ist aber nur eine von mehreren Determinanten für das Gefahrenpotenzial. Andere Determinanten können die metabolische Aktivierung und Deaktivierung beim Eintritt in den Körper, die Verteilung auf die Zielgewebe und die Ausscheidung aus dem Körper sein, was zumindest teilweise vom Verabreichungsweg und von der geprüften Chemikalie abhängig ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die potenzielle Wirkung einer Chemikalie in vivo unter einschlägigen Bedingungen zu prüfen, sofern die Eigenschaften der Chemikalie hinsichtlich Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung (ADME) nicht bereits entsprechende Informationen liefern. Die Uterusgewebe reagieren mit starkem und raschem Wachstum auf die Stimulation mit Östrogenen, was insbesondere für Labornager gilt, deren Östruszyklus etwa vier Tage dauert. Die Verwendung von Nagerarten, insbesondere Ratten, ist zudem bei Toxizitätsstudien zur Beurteilung des Gefahrenpotenzials weit verbreitet. Aus diesem Grund ist der Nageruterus das geeignete Zielorgan für das In-vivo-Screening von Östrogenagonisten und -antagonisten.
7.Der vorliegenden Prüfmethode liegen die Prüfpläne der OECD-Validierungsstudie zugrunde, die sich in Intra- und Interlaborstudien als zuverlässig und wiederholbar erwiesen haben (5)(7). Derzeit sind zwei Methoden verfügbar, und zwar die Methode am adulten ovarektomierten Weibchen (Methode mit adulten OVX-Tieren) und die Methode am unreifen, nicht ovarektomierten Weibchen (Methode mit unreifen Tieren). Das Validierungsprogramm der OECD hat ergeben, dass die Empfindlichkeit und Reproduzierbarkeit beider Methoden vergleichbar ist. Die Methode mit unreifen Ratten, deren Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HPG-Achse) intakt ist, ist in gewissen Punkten weniger spezifisch, deckt dafür aber eine größere Bandbreite an Untersuchungsmöglichkeiten ab als die am ovarektomierten Tier, weil sie für Chemikalien empfindlich ist, die auch mit der HPG-Achse interagieren und nicht nur mit dem Östrogenrezeptor. Die HGP-Achse ist etwa ab dem 15. Lebenstag funktionsfähig. Vorher kann die Pubertät nicht — zum Beispiel durch Behandlung mit GnRH — beschleunigt werden. Beim Eintritt in die Pubertät haben die Weibchen vor der Vaginalöffnung mehrere stumme Zyklen, die nicht zu einer Vaginalöffnung oder Ovulation führen, bei denen es jedoch zu einigen hormonellen Schwankungen kommt. Wenn die HPG-Achse direkt oder indirekt durch eine Chemikalie stimuliert wird, hat das eine frühzeitige Pubertät und Ovulation sowie eine beschleunigte Vaginalöffnung zur Folge. Dies wird nicht nur durch Chemikalien hervorgerufen, die auf die HPG-Achse wirken; auch bestimmte Nahrung mit einem höheren Niveau metabolisierbarer Energie stimuliert das Wachstum und beschleunigt die Vaginalöffnung, ohne dass eine östrogene Wirkung vorliegt. Solche Chemikalien würden bei adulten OVX-Tieren keine uterotrophe Reaktion hervorrufen, weil deren HPG-Achse nicht funktionsfähig ist.
8.Aus Tierschutzgründen sollte der Methode, bei der unreife Ratten verwendet werden, der Vorzug eingeräumt werden, weil dadurch eine chirurgische Vorbehandlung der Tiere entfällt und eine mögliche Nichtverwendung derjenigen Tiere vermieden wird, die Anzeichen für einen beginnenden Östruszyklus aufweisen (siehe Nummer 30).
9.Eine Zunahme des Uterusgewichts ist nicht ausschließlich östrogenen Ursprungs, d. h. auch Chemikalien, die keine Östrogenagonisten oder -antagonisten sind, können eine uterotrophe Reaktion hervorrufen. Beispielsweise können auch relativ hohe Dosen von Progesteron, Testosteron oder verschiedenen synthetischen Progestinen ebenfalls stimulierend wirken (30). Jede Reaktion kann histologisch auf Keratinisation und Kornifikation der Vagina analysiert werden (30). Ein positives Ergebnis eines uterotrophen Bioassays sollte unabhängig vom möglichen Ursprung der Reaktion weitere Abklärungsmaßnahmen nach sich ziehen. Weitere Nachweise für die östrogene Wirkung könnten durch In-vitro-Prüfungen, wie zum Beispiel ER-Bindungstests und Tests auf transkriptionelle Aktivierung oder andere In-vivo-Prüfungen, wie zum Beispiel die Prüfung an pubertären Weibchen, gewonnen werden.
10.Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der uterotrophe Bioassay ein In-vivo-Screening-Test ist, wurde der gewählte Validierungsansatz sowohl Tierschutzbelangen als auch einer mehrstufigen Prüfstrategie gerecht. Zu diesem Zweck lag der Schwerpunkt darauf, die beiden Hauptaspekte zu validieren, auf die es bei zahlreichen Chemikalien ankommt, nämlich die Reproduzierbarkeit und die Empfindlichkeit für die östrogene Wirkung, während der Antiöstrogenwirkungskomponente der Prüfung dagegen nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Es wurde nur ein Antiöstrogen mit starker Wirkung getestet, da die Anzahl an Chemikalien mit eindeutig antiöstrogenem Profil (bei denen die antiöstrogene Wirkung nicht durch eine teilweise vorhandene östrogene Wirkung verschleiert wird) ausgesprochen begrenzt ist. Der vorliegenden Prüfmethode liegt folglich der Prüfplan für den Nachweis der östrogenen Wirkung zugrunde, während der Prüfplan für die Prüfung auf Antagonisten in einem Guidance Document der OECD (37) enthalten ist. Die Reproduzierbarkeit und Empfindlichkeit der Prüfung von Chemikalien mit rein antiöstrogener Wirkung werden zu einem späteren Zeitpunkt klarer definiert, wenn das Prüfverfahren eine Zeit lang routinemäßig im Einsatz war und mehr Chemikalien mit dieser Wirkungsart ermittelt worden sind.
11.Es wird darauf hingewiesen, dass bei allen tierexperimentellen Verfahren die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten sind. Die nachfolgend ausgeführten Pflege- und Behandlungsbeschreibungen stellen Mindestanforderungen dar; Vorrang vor diesen Standards haben lokale Bestimmungen, zum Beispiel die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (38). Eine weiterführende Anleitung für die tierschutzgerechte Behandlung von Versuchstieren ist in dem OECD Guidance Document (25) enthalten.
12.

Wie bei allen Prüfungen, bei denen lebende Tiere verwendet werden, ist vor Testbeginn sicherzustellen, dass die Daten wirklich benötigt werden. Zum Beispiel werden die Daten möglicherweise zur weiteren Abklärung der folgenden beiden Szenarien gebraucht:

wenn ein hohes Expositionspotenzial (Stufe 1 des Rahmenkonzepts, Anlage 2) oder Anzeichen für eine östrogene Wirkung (Stufe 2) vorliegen, um zu untersuchen, ob solche Wirkungen in vivo vorkommen können;
wenn die Ergebnisse der In-vivo-Tests der Stufen 4 und 5 auf eine östrogene Wirkung hindeuten, um zu untermauern, dass diese Ergebnisse mit einem Östrogenmechanismus zusammenhängen, der nicht mit einem In-vitro-Test erklärt werden kann.
13.Die für die Zwecke dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

14.

Die Empfindlichkeit des uterotrophen Bioassays beruht auf einer Versuchsanordnung, bei der die Hypothalamus-Hypophysen-Eierstock-Achse nicht funktionsfähig ist, was zu einem niedrigen endogenen Östrogenspiegel führt. Dadurch werden ein niedriges Ausgangsgewicht des Uterus zu Anfang der Prüfung und das größtmögliche Spektrum an Reaktionen auf die verabreichten Östrogene sichergestellt. Diese Anforderung ist bei weiblichen Nagern in zwei Fällen erfüllt:

i)
bei unreifen Weibchen nach dem Absetzen und vor Einsetzen der Pubertät und
ii)
bei jungen, adulten, ovarektomierten Weibchen mit ausreichend Zeit für die Rückbildung des Uterusgewebes.
15.Die Prüfsubstanz wird täglich oral per Schlundsonde oder durch subkutane Injektion verabreicht. Die abgestuften Dosen der Prüfsubstanz werden mindestens zwei Versuchsgruppen (vgl. Nummer 33 für weitere Informationen) verabreicht, wobei pro Gruppe eine Dosisstufe gegeben wird und der Verabreichungszeitraum bei der Methode mit unreifen Tieren drei aufeinanderfolgende Tage und bei der Methode mit unreifen OVX-Tieren mindestens drei aufeinanderfolgende Tage beträgt. Die Tiere werden etwa 24 Stunden nach der letzten Dosisgabe seziert. Bei Östrogenagonisten wird das mittlere Uterusgewicht der behandelten Versuchstiergruppen im Vergleich zur Vehikelgruppe auf eine statistisch signifikante Erhöhung hin bewertet. Eine statistisch signifikante Erhöhung des mittleren Uterusgewichts einer Prüfgruppe deutet auf eine positive Reaktion in diesem Bioassay hin.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl der Versuchstierarten

16.Es können die üblichen Labornagerstämme verwendet werden. Bei der Validierung wurden beispielsweise Stämme der Sprague-Dawley- und der Wistar-Ratte eingesetzt. Es sollten keine Stämme verwendet werden, von denen ein weniger gutes Ansprechen der Uteri bekannt ist oder vermutet wird. Das Labor sollte die Empfindlichkeit des verwendeten Stamms wie unter den Nummern 26 und 27 beschrieben nachweisen.
17.Ratten und Mäuse werden seit den 1930er-Jahren routinemäßig für den uterotrophen Bioassay verwendet. Die Validierungsprüfungen der OECD wurden nur anhand von Ratten durchgeführt, und zwar aufgrund der Überlegung, dass bei zwei aller Voraussicht nach gleichwertigen Spezies eine Art für eine weltweit gültige Validierung ausreichen sollte und so Ressourcen und Tiere eingespart werden können. Die Ratte ist bei den meisten Prüfungen auf Reproduktions- und Entwicklungstoxizität die Spezies der Wahl. Da es bereits eine umfangreiche Sammlung historischer Daten zu Mäusen gibt, wurde eine Follow-up-Validierungsstudie mit einer begrenzten Anzahl an Mäusen durchgeführt (16), um den Anwendungsbereich der Prüfmethode des uterotrophen Bioassays mit Nagern auf die Verwendung von Mäusen als Prüfspezies auszudehnen. Getreu der ursprünglichen Absicht, Ressourcen und Tiere einzusparen, wurde der Ansatz einer Überbrückungsstudie mit einer begrenzten Anzahl an Prüfsubstanzen und teilnehmenden Laboratorien und ohne codierte Probentestung gewählt. Diese Überbrückungsstudie ergab für den uterotrophen Bioassay mit jungen adulten, ovarektomierten Mäusen, dass die an Ratten und Mäusen gewonnenen Daten sich sowohl qualitativ als auch quantitativ gut decken. Wenn das Ergebnis des uterotrophen Bioassays gegebenenfalls als Vorstudie für eine Langzeitstudie verwendet wird, können somit Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft für beide Studienarten verwendet werden. Der Überbrückungsansatz war auf OVX-Mäuse beschränkt, und der Bericht enthält keine robusten Daten, die eine Validierung des Modells mit unreifen Tieren erlauben würden. Daher fällt das Tiermodell mit unreifen Mäusen nicht in den Anwendungsbereich der aktuellen Prüfmethode.
18.Demnach können in bestimmten Fällen Mäuse anstelle von Ratten verwendet werden. Die Wahl dieser Versuchstierart ist auf der Grundlage toxikologischer, pharmakokinetischer und/oder anderer Kriterien zu begründen. Bei Mäusen muss gegebenenfalls der Prüfplan geändert werden. Zum Beispiel ist die Nahrungsaufnahme im Verhältnis zum Körpergewicht bei Mäusen höher als bei Ratten, und der Phytoöstrogengehalt der Nahrung sollte daher bei Mäusen niedriger sein als bei Ratten (9)(20)(22).

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

19.Bei allen Verfahren sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Bei diesen Pflege- und Behandlungsbeschreibungen handelt es sich um Mindestanforderungen; Vorrang haben lokale Rechtsvorschriften, wie zum Beispiel die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (38). Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein. Die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.
20.Labornahrung und Trinkwasser sind ad libitum bereitzustellen. Die jungen adulten Tiere können entweder einzeln oder in Gruppen von bis zu drei Tieren pro Käfig untergebracht werden. Da die unreifen Tiere noch sehr jung sind, ist die Unterbringung in der Gruppe aus sozialen Gründen empfehlenswert.
21.Ein hoher Gehalt an Phytoöstrogenen in der Labornahrung führt bei Nagern erwiesenermaßen zu einer Erhöhung des Uterusgewichts, die für eine Verfälschung der Ergebnisse des uterotrophen Bioassays ausreichend ist (13)(14)(15). Hohe Gehalte an Phytoöstrogenen und ein hohes Niveau metabolisierbarer Energie in der Labornahrung können ferner bei unreifen Tieren einen vorzeitigen Pubertätseintritt zur Folge haben. Phytoöstrogene in der Nahrung sind vorwiegend auf Soja- und Alfalfaprodukte als Zutaten im Laborfutter zurückzuführen, wobei die Phytoöstrogenkonzentrationen in der Standard-Labornahrung zwischen den einzelnen Chargen variieren (23). Das Körpergewicht ist eine wichtige Variable, da die aufgenommene Futtermenge in Relation zum Körpergewicht steht. Die tatsächlich aus demselben Futter aufgenommene Phytoöstrogendosis kann daher zwischen verschiedenen Tierarten und, innerhalb einer Art, je nach Alter abweichen (9). Bei unreifen Rattenweibchen kann die Futteraufnahme in Relation zum Körpergewicht ungefähr doppelt so hoch ausfallen wie bei ovarektomierten jungen adulten Weibchen. Bei jungen adulten Mäusen kann die Futteraufnahme in Relation zum Körpergewicht ungefähr viermal so hoch ausfallen wie bei ovarektomierten jungen adulten Rattenweibchen.
22.Die Ergebnisse anderer uterotropher Bioassays (9)(17)(18)(19) haben jedoch gezeigt, dass begrenzte Mengen an Phytoöstrogenen in der Nahrung akzeptabel sind und sich nicht negativ auf die Aussagekraft des Assays auswirken. Zur Orientierung: Der Phytoöstrogengehalt sollte 350 μg Genistein-Äquivalente pro Gramm Labornahrung bei unreifen Sprague Dawley- und Wistar-Rattenweibchen nicht überschreiten (6)(9). Diese Nahrung sollte auch dann geeignet sein, wenn junge adulte ovarektomierte Ratten getestet werden, weil die Nahrungsaufnahme in Relation zum Körpergewicht bei jungen adulten Ratten geringer ist als bei unreifen Tieren. Wenn adulte ovarektomierte Mäuse oder stärker auf Phytoöstrogene reagierende Ratten verwendet werden sollen, muss eine proportionale Reduzierung der Phytoöstrogengehalte in der Nahrung in Erwägung gezogen werden (20). Ferner können Unterschiede bei der verfügbaren verstoffwechselbaren Energie bei verschiedenen Arten von Labornahrung das Einsetzen der Pubertät beeinflussen (21)(22).
23.Vor Beginn des Versuchs ist bei der Auswahl der Labornahrung sorgfältig darauf zu achten, dass diese keinen erhöhten Gehalt an Phytoöstrogenen (siehe (6) und (9)) oder an metabolisierbarer Energie aufweist, denn beides kann zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen (15)(17)(19)(22)(36). Die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Durchführung des vom Labor verwendeten Prüfsystems gemäß den Nummern 26 und 27 stellt eine wichtige Kontrolle dieser beiden Faktoren dar. Sicherheitshalber sollten im Einklang mit der Guten Laborpraxis (GLP) repräsentative Stichproben von allen im Laufe der Prüfung verabreichten Nahrungschargen genommen werden, um bei Bedarf den Phytoöstrogengehalt zu analysieren (z. B. wenn im Vergleich zu historischen Kontrolldaten ein hohes Uterus-Kontrollgewicht vorliegt oder bei ungenügendem Ansprechen auf das Referenzöstrogen 17α-Ethinylestradiol). Die Aliquote sind im Rahmen der Prüfung zu analysieren oder so aufzubewahren, dass sich die Probe nicht vor der Analyse zersetzen kann (zum Beispiel durch Einfrieren bei – 20 °C).
24.Einige Arten von Einstreu können natürlicherweise Chemikalien mit östrogener oder antiöstrogener Wirkung enthalten (zum Beispiel beeinflusst Maiseinstreu bekanntermaßen den Zyklus von Ratten und hat vermutlich antiöstrogene Eigenschaften). Der Phytoöstrogengehalt der gewählten Einstreu sollte so gering wie möglich sein.

Vorbereitung der Tiere

25.Die Versuchstiere, die keine Krankheitszeichen oder physischen Abnormitäten aufweisen, werden randomisiert auf die Kontroll- und Behandlungsgruppen aufgeteilt. Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Jedes Tier ist eindeutig zu kennzeichnen. Unreife Tiere sind bis zum Absetzen möglichst gemeinsam mit Muttertieren oder Ammen zu halten, bis sie sich akklimatisiert haben. Die Akklimatisierungszeit vor Versuchsbeginn sollte sowohl für junge adulte Tiere als auch für unreife, mit Muttertieren oder Ammen gelieferte Tiere etwa fünf Tage betragen. Wenn gerade abgesetzte, unreife Tiere ohne Muttertiere erworben werden, ist gegebenenfalls eine Verkürzung der Akklimatisierungszeit notwendig, da mit der Dosierung sofort nach dem Absetzen begonnen werden sollte (vgl. Nummer 29).

VERFAHREN

Eignungsprüfung des Prüflabors

26.

Für die Eignungsprüfung des Prüflabors gibt es zwei Optionen:

Regelmäßige Verifizierung durch Abgleich mit einer zu Anfang durchgeführten positiven Kontrollstudie/Baselinestudie (vgl. Nummer 27). Mindestens alle sechs Monate sowie immer dann, wenn eine Veränderung eingetreten ist, die die Prüfleistung beeinflussen könnte (z. B. neue Futterzubereitung, Änderung des Sektionspersonals, Änderung des Tierstamms, geänderter Lieferant usw.), ist die Empfindlichkeit des Prüfsystems (das Tiermodell) anhand einer (mit Hilfe der unter Nummer 27 beschriebenen positiven Kontrollstudie/Baselinestudie bestimmten) geeigneten Dosis des Referenzöstrogens 17a-Ethinylestradiol (CAS Nr. 57-63-6) (EE) zu verifizieren.
Verwendung gleichzeitiger Kontrollgruppen, indem bei jeder Prüfung eine Gruppe hinzugefügt wird, die eine geeignete Dosis des Referenzöstrogens erhält.

Wenn das Tiermodell nicht wie erwartet reagiert, sind die Versuchsbedingungen zu überprüfen und entsprechend zu ändern. Die bei jedem der Ansätze verwendete Dosis des Referenzöstrogens sollte etwa die ED70 bis 80 sein.

27.Baselinestudie/positive Kontrollstudie — Bevor ein Labor anhand der vorliegenden Prüfmethode erstmals eine Studie durchführt, sollte seine Eignung nachgewiesen werden, und zwar durch Prüfung der Empfindlichkeit des Tiermodells und Festlegung der Dosis-Wirkungs-Beziehung für das Referenzöstrogen 17a-Ethinylestradiol (CAS Nr. 57-63-6) (EE) bei einem Minimum von vier Dosen. Die Reaktion des Uterusgewichts wird mit bekannten historischen Daten abgeglichen (vgl. Literaturhinweis (5)). Wenn diese Baseline- bzw. positive Kontrollstudie nicht zu den erwarteten Ergebnissen führt, sind die Versuchsbedingungen zu überprüfen und entsprechend zu modifizieren.

Zahl und Zustand der Versuchstiere

28.Jede Behandlungs- und Kontrollgruppe sollte aus mindestens sechs Tieren zusammengesetzt sein (sowohl beim Prüfplan für die Methode mit unreifen Tieren als auch bei dem für die Methode mit adulten OVX-Tieren).

Alter der unreifen Tiere

29.

Beim uterotrophen Bioassay mit unreifen Tieren ist der Tag der Geburt anzugeben. Mit der Dosierung sollte so früh begonnen werden, dass sichergestellt ist, dass der mit der Pubertät assoziierte natürliche Anstieg der endogenen Östrogene am Ende der Prüfsubstanzverabreichung noch nicht stattgefunden hat. Andererseits gibt es Hinweise darauf, dass sehr junge Tiere möglicherweise weniger empfindlich reagieren. Zur Festlegung des optimalen Alters sollte jedes Labor seine eigenen Hintergrunddaten zur Geschlechtsreife heranziehen.

Als Faustregel kann mit der Dosierung bei Ratten unmittelbar nach einem frühen Absetzen am postnatalen Tag 18 (PND 18) begonnen werden (PND 0 ist der Tag der Geburt). Die Dosierung sollte bei Ratten möglichst am PND 21 abgeschlossen sein, spätestens jedoch vor PND 25, weil nach diesem Alter die Hypothalamus-Hypophysen-Eierstock-Achse funktionsfähig wird und die endogenen Östrogenspiegel unter Umständen zu steigen beginnen, was mit einer Erhöhung der mittleren Baseline-Uterusgewichte und einem Ansteigen der Gruppen-Standardabweichungen einhergeht (2)(3)(10)(11)(12).

Ovarektomieverfahren

30.Bei Prüfungen mit ovarektomierten Ratten- und Mäuseweibchen (Behandlungs- und Kontrollgruppen) ist die Ovarektomie im Alter zwischen sechs und acht Wochen durchzuführen. Bei Ratten sollte zwischen der Ovarektomie und dem ersten Verabreichungstag mindestens ein Zeitraum von 14 Tagen liegen, damit der Uterus sich wieder auf eine stabile Mindestgröße (die Ausgangsgröße für die Prüfung) zurückbilden kann. Bei Mäusen sollten mindestens sieben Tage zwischen der Ovarektomie und dem ersten Verabreichungstag liegen. Da bereits kleine Mengen Ovarialgewebe für eine signifikante Erhöhung der Östrogenspiegel ausreichen (3), sollten die Tiere vor ihrer Verwendung mittels Beobachtung der bei Vaginalabstrichen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen (z. B. Tage 10-14 nach der Ovarektomie bei Ratten) gewonnenen Epithelzellen getestet werden. Tiere, die Anzeichen für einen beginnenden Östruszyklus zeigen, sollten nicht verwendet werden. Später, bei der Nekropsie, sind die Ovarialstümpfe auf Reste von Ovarialgewebe zu untersuchen. Wird Ovarialgewebe gefunden, sollte das Tier nicht in die Berechnungen mit einbezogen werden (3).
31.Zu Beginn der Ovarektomie liegt das ordnungsgemäß narkotisierte Tier in Bauchlage. Der Längsschnitt zur Eröffnung der dorsolateralen Bauchwand sollte etwa 1 cm betragen und in der Mitte zwischen unterem Rippenbogenrand und Beckenkamm sowie einige Millimeter neben dem lateralen Rand des Lendenmuskels verlaufen. Das Ovar wird der Bauchhöhle entnommen und auf einem sterilen Feld abgelegt. Dann wird es an der Verbindungsstelle von Eileiter und Gebärmutterkörper abgetrennt. Wenn sichergestellt ist, dass keine starke Blutung auftritt, ist die Bauchwand zuzunähen und die Haut mit Klammern oder einer entsprechenden Naht zu schließen. Die Ligaturpunkte sind schematisch in Abbildung 1 dargestellt. In Absprache mit einem auf Nager spezialisierten Veterinärmediziner sollte eine geeignete postoperative Schmerzlinderung erfolgen.

Körpergewicht

32.Bei der Methode mit adulten OVX-Tieren korreliert das Uterusgewicht nicht mit dem Körpergewicht, weil das Uterusgewicht durch Hormone, zum Beispiel Östrogene, nicht aber durch Wachstumsfaktoren, die die Körpergröße regulieren, beeinflusst wird. Beim Modell mit unreifen Tieren dagegen ist ein Zusammenhang zwischen Uterusgewicht und Körpergewicht gegeben, so lange das Tier noch nicht voll entwickelt ist (34). Zu Beginn des Versuchs sollten die Gewichtsunterschiede bei den unreifen Tieren möglichst gering sein und ± 20 % des Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Das bedeutet, dass die Wurfgröße durch den Züchter standardisiert werden sollte, sodass sichergestellt ist, dass Nachkommen verschiedener Muttertiere ungefähr gleich gefüttert werden. Die Tiere werden durch randomisierte Gewichtsverteilung so den Kontroll- und Behandlungsgruppen zugewiesen, dass das durchschnittliche Körpergewicht der einzelnen Gruppen sich statistisch nicht von dem der anderen Gruppen unterscheidet. Eine Zuteilung von Wurfgeschwistern zur selben Behandlungsgruppe ist zu vermeiden, sofern das ohne Erhöhung der Anzahl der für die Untersuchung verwendeten Würfe möglich ist.

Dosierung

33.Um festzustellen, ob eine Prüfsubstanz in vivo eine östrogene Wirkung entfalten kann, sind normalerweise zwei Dosisgruppen und eine Kontrollgruppe ausreichend, weshalb dieser Versuchsanordnung aus Tierschutzgründen der Vorrang eingeräumt werden sollte. Wenn der Zweck des Versuchs entweder die Erstellung einer Dosis-Wirkungs-Kurve oder die Umrechnung auf niedrigere Dosen ist, sind mindestens drei Dosisgruppen erforderlich. Wenn Informationen gewonnen werden sollen, die über das Vorhandensein einer östrogenen Aktivität hinausgehen (wie zum Beispiel eine Einschätzung der Wirkstärke), sollte ein anderer Dosierungsplan in Betracht gezogen werden. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird die Prüfsubstanz mit einem Vehikel verabreicht, muss die Kontrollgruppe dieselbe Menge des Vehikels erhalten wie die behandelten Gruppen (bzw. das höchste verwendete Volumen, wenn die verschiedenen Gruppen unterschiedliche Volumina erhalten).
34.Das Ziel des uterotrophen Bioassays ist die Auswahl von Dosen, bei denen die Tiere auf jeden Fall überleben und die nach drei aufeinanderfolgenden Tagen mit einer Chemikaliengabe von maximal 1 000 mg pro Kilogramm und Tag nicht mit signifikanter Toxizität oder einem Leiden der Tiere einhergehen. Bei der Auswahl sämtlicher Dosisstufen sind alle zu der Prüfsubstanz oder verwandten Stoffen verfügbaren toxikologischen und (toxiko-)kinetischen Daten zu berücksichtigen. Bei der Festlegung der Höchstdosis sollten insbesondere die LD50 und/oder Angaben zur akuten Toxizität berücksichtigt werden, um den Tod der Tiere oder starkes Leiden und Qualen zu vermeiden (24)(25)(26). Die höchste Dosis sollte die maximal verträgliche Dosis (MTD) darstellen; eine auf einer Dosisstufe, die eine positive uterotrophe Reaktion hervorgerufen hat, durchgeführte Studie wäre ebenfalls akzeptabel. Für Screeningzwecke sind große Intervalle (z. B. eine halbe logarithmische Einheit, entsprechend einer Dosissteigerung um den Faktor 3,2, oder sogar bis zu einer vollen logarithmischen Einheit) zwischen den Dosisstufen allgemein akzeptabel. Liegen keine geeigneten Daten vor, kann eine Dosisfindungsstudie zur Bestimmung der zu verwendenden Dosen durchgeführt werden.
35.Wenn die Stärke der östrogenen Wirkung eines Agonisten aufgrund von In-vitro- (oder In-silico-)Daten beurteilt werden kann, können alternativ auch diese Daten für die Dosiswahl herangezogen werden. Zum Beispiel wird die Menge der Prüfsubstanz, die uterotrophe Reaktionen vergleichbar mit denjenigen des Referenzagonisten (Ethinylestradiol) hervorrufen würde, anhand ihrer In-vitro-Wirkstärke im Verhältnis zu Ethinylestradiol abgeschätzt. Die höchste Prüfdosis ergibt sich aus der Multiplikation dieser Äquivalenzdosis mit einem geeigneten Faktor, zum Beispiel 10 oder 100.

Ausführungen zur Dosisfindung

36.Falls notwendig, kann eine Vorstudie zur Dosisfindung mit wenigen Tieren durchgeführt werden. Diesbezüglich kann das OECD Guidance Document Nr. 19 (25) konsultiert werden, in dem klinische Anzeichen für Toxizität oder Leiden der Tiere festgelegt sind. Sofern es im Rahmen dieser Dosisfindungsstudie nach drei Verabreichungstagen praktikabel ist, können die Uteri etwa 24 Stunden nach der letzten Dosisgabe operativ entfernt und gewogen werden. Diese Daten können dann zur Planung der Hauptstudie herangezogen werden (Auswahl der akzeptablen Höchstdosis und der niedrigeren Dosen sowie Empfehlung für die Anzahl an Dosisgruppen).

Verabreichung der Dosen

37.Die Prüfsubstanz wird oral per Schlundsonde oder durch subkutane Injektion verabreicht. Bei der Wahl des Verabreichungswegs sind Tierschutzaspekte sowie toxikologische Aspekte wie die Art der Humanexposition gegenüber der Chemikalie (z. B. Schlundsonde, um eine Exposition über die Nahrungsaufnahme zu simulieren; subkutane Injektion, um Einatmen oder Aufnahme über die Haut am Modell zu testen), die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und insbesondere verfügbare toxikologische Angaben und Daten zu Verstoffwechselung und Kinetik (z. B. die Notwendigkeit, eine First-pass-Metabolisierung zu vermeiden; bessere Effizienz über einen bestimmten Verabreichungsweg) mit einzubeziehen.
38.Als Erstes sollte möglichst immer die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension in Erwägung gezogen werden. Da aber die meisten Östrogenliganden beziehungsweise ihre metabolischen Vorläufer eher hydrophob sind, ist der gängigste Ansatz die Verwendung einer Lösung/Suspension auf Ölbasis (z. B. Mais-, Erdnuss-, Sesam- oder Olivenöl). Diese Öle unterscheiden sich jedoch in ihrem Energie- und Fettgehalt, sodass das Vehikel die Menge der insgesamt aufgenommenen metabolisierbaren Energie (ME) beeinflussen kann, was sich wiederum — insbesondere bei der Methode mit unreifen Tieren — auf die gemessenen Endpunkte, beispielsweise das Uterusgewicht, auswirken kann (33). Aus diesem Grund sollte vor dem Versuch jedes geplante Vehikel mit Kontrollen ohne Vehikel verglichen werden. Die Prüfsubstanzen können in einer sehr kleinen Menge von 95 %igem Ethanol oder anderen geeigneten Lösungsmitteln gelöst und im Prüfvehikel auf ihre endgültigen Arbeitskonzentrationen verdünnt werden. Die toxischen Eigenschaften des Lösungsmittels müssen bekannt sein und sollten in einer separaten Kontrollgruppe, in der nur das Lösungsmittel geprüft wird, getestet werden. Wenn die Prüfsubstanz als stabil erachtet wird, kann der Lösungsvorgang durch schonende Erwärmung und kräftige mechanische Einwirkung unterstützt werden. Die Stabilität der Prüfsubstanz im Vehikel sollte bestimmt werden. Ist die Prüfsubstanz für die Dauer des Versuchs stabil, kann eine Start-Aliquote der Substanz vorbereitet werden und die spezifizierten Dosierungsverdünnungen können täglich zubereitet werden.
39.Die zeitliche Planung der Dosisgaben ist abhängig vom verwendeten Tiermodell (vgl. Nummer 29 für das Modell mit unreifen Tieren und Nummer 30 für das Modell mit adulten OVX-Tieren). Unreife Rattenweibchen erhalten täglich an drei aufeinanderfolgenden Tagen eine Gabe der Prüfsubstanz. Auch für ovarektomierte Rattenweibchen wird eine dreitägige Behandlungsdauer empfohlen, aber eine längere Exposition ist akzeptabel und kann den Nachweis schwach aktiver Chemikalien erleichtern. Im Falle von ovarektomierten Mäuseweibchen ist bei starken Östrogen-Agonisten eine Verabreichungsdauer von drei Tagen im Allgemeinen ausreichend und eine Verlängerung auf sieben Tage nicht mit signifikanten Vorteilen verbunden; für schwache Östrogene wurde diese Beziehung allerdings in der Validierungsstudie (16) nicht nachgewiesen, weshalb eine verlängerte Dosisgabe von sieben aufeinanderfolgenden Tagen bei adulten OVX-Mäusen angeraten ist.Die Dosis sollte täglich ungefähr zur selben Zeit verabreicht werden. Die Dosisgaben sind bei Bedarf anzupassen, um eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Tiers (z. B. mg Prüfsubstanz pro kg Körpergewicht und Tag) sicherzustellen. Das Prüfvolumen sollte im Verhältnis zum Körpergewicht möglichst konstant gehalten werden, indem die Konzentration der Lösung, die die Dosierung enthält, angepasst wird, um so bei allen Dosisstufen und Verabreichungswegen ein im Verhältnis zum Körpergewicht konstantes Volumen sicherzustellen.
40.Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer täglichen Einmaldosis unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Es sind die örtlichen Tierschutzrichtlinien zu befolgen, das Volumen sollte jedoch 5 ml pro kg Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, von denen 10 ml pro kg Körpergewicht gegeben werden können.
41.Wird die Prüfsubstanz durch subkutane Injektion verabreicht, so sollte dies über eine tägliche Einmaldosis geschehen. Die Dosen sind mittels steriler Nadel (z. B. 23 oder 25 Gauge) und Tuberkulinspritze dorsal im Bereich der Schulterblätter oder in die Lendenregion zu injizieren. Die Injektionsstelle kann rasiert werden. Wenn Injektionsflüssigkeit verloren geht, an der Injektionsstelle ausläuft oder unvollständig verabreicht wird, ist dies zu protokollieren. Das Gesamtvolumen, das pro Ratte und Tag injiziert wird, sollte 5 ml pro kg Körpergewicht, aufgeteilt auf zwei Injektionsstellen, nicht überschreiten; dies gilt nicht für wässrige Lösungen, von denen 10 ml pro kg Körpergewicht gegeben werden können.

Beobachtungen

Allgemeine und klinische Beobachtungen

42.Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich durchgeführt werden, bei Anzeichen für Toxizität häufiger. Die Beobachtungen sind möglichst immer zur selben Tageszeit/zu denselben Tageszeiten und unter Berücksichtigung des Zeitraums nach der Verabreichung, in dem die Wirkungsgipfel zu erwarten sind, durchzuführen. Alle Tiere sind auf Anzeichen von Mortalität, Morbidität und allgemeine klinische Zeichen wie Verhaltensänderungen, Änderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten, Sekrete und Exkrete sowie autonome Körperfunktionen (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster) zu beobachten.

Körpergewicht und Futteraufnahme

43.Alle Tiere sind täglich auf 0,1 g genau zu wiegen, wobei unmittelbar vor Behandlungsbeginn, also wenn die Tiere den Gruppen zugeteilt werden, mit dem Wiegen zu beginnen ist. Optional kann die aufgenommene Futtermenge während des Behandlungszeitraums pro Käfig durch Wiegen der Futterspender bestimmt werden. Die Daten zur Futteraufnahme sind in Gramm pro Ratte und Tag auszudrücken.

Sektion und Bestimmung des Uterusgewichts

44.Die Ratten sind 24 Stunden nach der letzten Behandlung auf humane Weise zu töten. Idealerweise werden die Nekropsien über die Gruppen hinweg randomisiert durchgeführt, um ein unmittelbares Abarbeiten der Dosisgruppen nach oben oder unten zu vermeiden, da dies die Daten geringfügig beeinflussen könnte. Ziel des Bioassays ist die Bestimmung sowohl des Uterusfeuchtgewichts als auch des geblotteten Uterusgewichts. Das Feuchtgewicht beinhaltet den Uterus und den Gehalt an Uterusflüssigkeit. Das geblottete Gewicht wird bestimmt, nachdem die Uterusflüssigkeit ausgedrückt und beseitigt wurde.
45.Vor der Sektion wird die Vagina bei unreifen Tieren auf ihren Öffnungsstatus hin untersucht. Die Sektion beginnt mit der Eröffnung der Bauchwand von der Schambeinfuge an. Anschließend werden das Uterushorn und die Ovarien, sofern vorhanden, von der dorsalen Bauchwand gelöst. Dann werden Harnblase und Harnleiter von der ventralen und lateralen Seite des Uterus und der Vagina entfernt. Die fibröse Adhäsion zwischen Rektum und Vagina wird gelöst, bis die Verbindung zwischen Vaginalöffnung und Perinealhaut erkennbar ist. Uterus und Vagina werden vom Körper gelöst, indem die Vaginalwand genau oberhalb der Verbindung zur Perinealhaut abgeschnitten wird (siehe Abbildung 2). Der Uterus sollte durch vorsichtiges Abtrennen des Mesometriums an der Stelle, an der es jeweils dorsolateral mit der Längsseite eines Uterushorns verbunden ist, von der Körperwand gelöst werden. Sobald der Uterus aus dem Körper entfernt ist, sollten die weiteren Arbeiten rasch genug erfolgen, um ein Austrocknen der Gewebe zu vermeiden. Ein Gewichtsverlust durch Austrocknen fällt bei kleinen Geweben wie dem Uterus stärker ins Gewicht (23). Wenn Ovarien vorhanden sind, werden sie so am Ovidukt entfernt, dass keine Gebärmutterflüssigkeit aus dem Uterushorn verloren geht. Bei ovarektomierten Tieren sind die Ovarialstümpfe auf Reste von Ovarialgewebe zu untersuchen. Überschüssiges Fett- und Bindegewebe ist abzuschaben. Die Vagina wird genau unterhalb des Gebärmutterhalses vom Uterus getrennt, sodass der Gebärmutterhals mit dem Uteruskörper verbunden bleibt (siehe Abbildung 2).
46.Die Uteri werden einzeln in eindeutig gekennzeichneten und gewogenen Behälter verbracht (z. B. Petrischale oder Wägeschiffchen aus Kunststoff) und kontinuierlich gegen Austrocknung vor dem Wiegen geschützt (beispielsweise indem ein leicht mit Kochsalzlösung angefeuchtetes Filterpapier in den Behälter gelegt wird). Der Uterus wird mit der Uterusflüssigkeit auf 0,1 mg genau gewogen (Uterusfeuchtgewicht).
47.Anschließend wird jeder Uterus einzeln weiterverarbeitet, um die Gebärmutterflüssigkeit zu entfernen. Beide Uterushörner werden durchstochen oder längs aufgeschnitten. Der Uterus wird auf leicht angefeuchtetes Filterpapier (z. B. Whatman Nr. 3) gelegt und vorsichtig mit einem zweiten Stück leicht angefeuchteten Filterpapiers ausgedrückt, bis die Uterusflüssigkeit vollständig entfernt ist (Blotten). Der Uterus wird ohne die Gebärmutterflüssigkeit auf 0,1 mg genau gewogen (Uterusgewicht nach Blotten, nachfolgend Uterustrockengewicht).
48.Am Uterusgewicht bei Studienende lässt sich ablesen, ob das geeignete Alter bei der unreifen intakten Ratte tatsächlich nicht überschritten wurde, ausschlaggebend sind in dieser Hinsicht jedoch die historischen Daten des vom Labor verwendeten Rattenstamms (vgl. Nummer 56 bezüglich der Interpretation der Ergebnisse).

Optionale Untersuchungen

49.Nach dem Wiegen können die Uteri in 10 % neutral gepuffertem Formalin fixiert und nach Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE-Färbung) histopathologisch untersucht werden. Die Vagina kann ebenfalls entsprechend untersucht werden (siehe Nummer 9). Für einen quantitativen Vergleich kann ferner eine morphometrische Untersuchung des Epithelgewebes der Gebärmutterschleimhaut durchgeführt werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

50.

Folgende Daten über die Prüfung sind anzugeben:

die Anzahl der Tiere zu Beginn des Assays,
die Anzahl und Identität der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus humanen Gründen getöteten Tiere sowie Datum und Uhrzeit des Todes oder der Tötung der Tiere,
die Anzahl und Identität der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, und eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen einschließlich Zeitpunkt des Einsetzens, Dauer und Schweregrad der toxischen Wirkungen und
die Anzahl und Identität der Tiere, bei denen Läsionen festgestellt werden, und eine Beschreibung der Art der Läsionen.
51.Zu den einzelnen Tieren sollten die Daten bezüglich Körpergewicht, Uterusfeuchtgewicht und Uterustrockengewicht protokolliert werden. Um festzustellen, ob die Verabreichung der Prüfsubstanz zu einer statistisch signifikanten (p < 0,05) Erhöhung des Uterusgewichts geführt hat, sollten einseitige statistische Analysen für die Agonisten durchgeführt werden. Es sind geeignete statistische Analysen durchzuführen, um die Trocken- und Feuchtgewichte der Uteri auf behandlungsbedingte Veränderungen zu überprüfen. Zum Beispiel können die Daten anhand einer Kovarianzanalyse mit dem Körpergewicht bei Nekropsie als Kovariate beurteilt werden. Vor der Datenanalyse kann eine varianzstabilisierende logarithmische Transformation der Uterusdaten durchgeführt werden. Der Dunnett-Test und der Hsu-Test sind für paarweise Vergleiche jeder Dosisgruppe mit Vehikelkontrollgruppen und die Berechnung der Konfidenzintervalle geeignet. Es können studentisierte Residuenplots zur Erfassung möglicher Ausreißer und zur Bewertung der Homogenität der Varianzen eingesetzt werden. Diese Verfahren kamen im Rahmen des Validierungsprogramms der OECD unter Verwendung von PROC GLM (GLM-Verfahren) im Statistik-Softwaresystem SAS (Statistisches Analysesystem, SAS Institute, Cary, NC), Version 8 (6)(7) zum Einsatz.
52.

Der Abschlussbericht muss Folgendes beinhalten:

Prüfeinrichtung:

verantwortliches Personal und Zuständigkeiten während der Studie,
Daten der Baselinestudie/positiven Kontrollstudie und in regelmäßigen Abständen gewonnene positive Kontrolldaten (vgl. Nummern 26 und 27).

Prüfsubstanz:

Beschreibung der Prüfsubstanzen,
physikalische Beschaffenheit und gegebenenfalls physikalisch-chemische Eigenschaften,
Zubereitungsverfahren von Verdünnungen und Häufigkeit der Zubereitung,
etwaige Daten über die Stabilität,
etwaige Analysen der Dosierungslösungen.

Vehikel:

Beschreibung des Prüfvehikels (Art, Lieferant und Charge),
Begründung der Wahl des Vehikels (sofern anders als Wasser).

Versuchstiere:

Tierart und -stamm und Begründung der getroffenen Wahl,
Lieferant und genaue Angabe der Einrichtung, aus der die Tiere stammen,
Alter bei Lieferung und Geburtsdatum,
bei unreifen Tieren, Angabe, ob diese mit Mutter- oder Ammentier geliefert werden, und Datum des Absetzens,
Angaben zum Akklimatisierungsverfahren für die Tiere,
Anzahl der Tiere pro Käfig,
Angaben/Methode zur eindeutigen Kennzeichnung der einzelnen Tiere und der Gruppe.

Prüfbedingungen:

Angaben zum Randomisierungsverfahren (angewendete Methode),
Begründung der Dosiswahl,
Angaben zur Formulierung der Prüfsubstanz, ihrer erreichten Konzentration, Stabilität und Homogenität,
Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz und Begründung des gewählten Expositionswegs,
Futter (Bezeichnung, Art, Lieferant, Inhalt und, sofern bekannt, Phytoöstrogengehalte),
Trinkwasserversorgung (z. B. Leitungswasser oder gefiltertes Wasser) und Art der Tränkung (Großbehälter mit Trinkschläuchen, Flaschentränkung usw.),
Einstreu (Bezeichnung, Art, Lieferant, Inhalt),
Protokoll der Haltungsbedingungen, Beleuchtungsintervalle, Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit, Raumreinigung,
ausführliche Beschreibung der Nekropsie und der Uterusgewichtsbestimmung,
Beschreibung der statistischen Verfahren.

Ergebnisse

sämtliche Angaben zum Körpergewicht pro Tier und Tag (von der Gruppenzuteilung bis zur Nekropsie) (auf 0,1 g genau),
Alter jedes einzelnen Tiers (ausgedrückt in Tagen; Tag der Geburt = Tag 0) ab der Verabreichung der Prüfsubstanz,
Datum und Uhrzeit der einzelnen Dosisgaben,
berechnetes Volumen und verabreichte Dosierung sowie beobachtete Dosierungsverluste während oder nach der Verabreichung,
täglicher Bericht zum Zustand der Tiere einschließlich einschlägiger Symptome und Beobachtungen,
vermutete Todesursache (bei während der Studie in moribundem Zustand oder tot aufgefundenen Tieren),
Datum und Uhrzeit der schmerzlosen Tötung einschließlich des Zeitabstands zur letzten Dosisgabe,
Uterusfeuchtgewicht (auf 0,1 mg genau) und etwaige Beobachtungen zu Uterusflüssigkeitsverlusten während der Sektion und Vorbereitung zum Wiegen,
Uterustrockengewicht (auf 0,1 mg) genau.
mittleres Körpergewicht pro Tag (auf 0,1 g genau) und Standardabweichungen (von der Gruppenzuteilung bis zur Nekropsie),
mittleres Uterusfeuchtgewicht und mittleres Uterustrockengewicht pro Gruppe (auf 0,1 mg genau) und Standardabweichungen,
Futterverbrauch pro Tag, falls gemessen (berechnet in Gramm verzehrtes Futter pro Tier),
Ergebnisse der statistischen Analysen zum Vergleich der Uterusfeucht- und -trockengewichte der Behandlungsgruppen mit denselben Maßnahmen in den Vehikelkontrollgruppen,
Ergebnisse der statistischen Analysen zum Vergleich des Körpergewichts insgesamt und der Körpergewichtszunahme der Behandlungsgruppen mit denselben Maßnahmen in den Vehikelkontrollgruppen.
53.

Zusammenfassung der wichtigsten Elemente der Prüfmethode



RatteMaus
Versuchstiere
StammAllgemein üblicher Labornagerstamm
Anzahl der TiereMindestens sechs Tiere pro Dosisgruppe
Anzahl der Gruppen

Mindestens zwei Prüfgruppen (für weitere Hinweise siehe Nummer 33) und eine negative Kontrollgruppe

Für Hinweise zu positiven Kontrollgruppen siehe Nummern 26 und 27

Haltungs- und Fütterungsbedingungen
Temperatur im Versuchstierraum22 °C ± 3 °C
Relative Luftfeuchtigkeit50-60 %, mind. 30 %, max. 70 %
Tägliche Beleuchtungsintervalle12 h hell/12 h dunkel
Nahrung und TrinkwasserAd libitum
UnterbringungEinzeln oder in Gruppen von bis zu drei Tieren (unreife Tiere sollten aus sozialen Gründen in der Gruppe untergebracht werden)
Futter und EinstreuFutter und Einstreu sollten möglichst niedrige Phytoöstrogengehalte aufweisen
Prüfplan
Methode

Methode mit unreifen, nicht ovarektomierten Tieren (bevorzugtes Verfahren)

Methode mit ovarektomierten adulten Weibchen

Methode mit ovarektomierten adulten Weibchen
Alter der unreifen Tiere bei DosisgabeBeginn frühestens PND 18; letzte Dosisgabe vor PND 25Bei dieser Prüfmethode nicht relevant
Alter bei OvarektomieZwischen der 6. und 8. Lebenswoche
Alter der ovarektomierten Tiere bei DosisgabeEs sollten mindestens 14 Tage zwischen der Ovarektomie und dem ersten Verabreichungstag liegen.Es sollten mindestens sieben Tage zwischen der Ovarektomie und dem ersten Verabreichungstag liegen.
KörpergewichtDas Körpergewicht sollte nur minimal variieren und nicht mehr als ± 20 % vom Durchschnittsgewicht abweichen.
Dosierung
VerabreichungswegSchlundsonde oder subkutane Injektion
Häufigkeit der VerabreichungTägliche Einmaldosis
Flüssigkeitsvolumen bei Schlundsonde und Injektion≤ 5 ml/kg Körpergewicht (bzw. bis zu 10 ml/kg Körpergewicht bei wässrigen Lösungen) (bei subkutaner Gabe an zwei Injektionsstellen)
Verabreichungsdauer

Drei aufeinanderfolgende Tage beim Modell mit unreifen Tieren

Mindestens drei aufeinanderfolgende Tage beim OVX-Modell

Sieben aufeinanderfolgende Tage beim OVX-Modell
Zeitpunkt der NekropsieEtwa 24 Stunden nach der letzten Dosisgabe
Ergebnisse
Positive ReaktionStatistisch signifikante Erhöhung des durchschnittlichen Uterusgewichts (Feuchtgewicht und/oder Trockengewicht)
Referenzöstrogen17α-Ethinylestradiol

LEITFADEN FÜR DIE INTERPRETATION UND AKZEPTANZ DER ERGEBNISSE

54.Im Allgemeinen ist das Ergebnis einer Prüfung auf östrogene Wirkung dann als positiv anzusehen, wenn zumindest bei der höchsten Dosisstufe im Vergleich zu der nur mit dem Lösungsmittel behandelten Kontrollgruppe eine statistisch signifikante Erhöhung des Uterusgewichts (p < 0,05) zu verzeichnen ist. Ein positives Testergebnis wird ferner durch den Nachweis einer biologisch plausiblen Beziehung zwischen Dosis und Wirkstärke untermauert, wobei zu beachten ist, dass eine Prüfsubstanz sowohl östrogene als auch antiöstrogene Wirkungen haben kann, die sich gegenseitig überlagern, was sich unter Umständen auf den Verlauf der Dosis-Wirkungs-Kurve auswirkt.
55.Es ist darauf zu achten, dass die maximal verträgliche Dosis nicht überschritten wird, weil die Interpretation der Daten sonst nicht aussagekräftig ist. Vor diesem Hintergrund sind ein verringertes Körpergewicht, klinische Anzeichen und andere Befunde sorgfältig zu prüfen.
56.Ein wesentliches Kriterium für die Akzeptanz der bei dem uterotrophen Bioassay gewonnenen Daten sind die Uterusgewichte der Vehikelkontrollgruppe. Hohe Kontrollwerte können die Empfindlichkeit des Bioassays und die Fähigkeit zur Feststellung sehr schwacher Östrogenagonisten beeinträchtigen. Die Auswertung der Fachliteratur und die im Laufe der Validierung des uterotrophen Bioassays erhobenen Daten legen die Vermutung nahe, dass hohe Durchschnittswerte bei Kontrollgruppen, insbesondere wenn unreife Tiere verwendet werden, spontan vorkommen können (2)(3)(6)(9). Da das Uterusgewicht bei unreifen Ratten von zahlreichen Variablen abhängig ist — wie zum Beispiel von Stamm und Körpergewicht —, kann keine allgemeingültige Obergrenze für das Uterusgewicht angegeben werden. Als Faustregel gilt, dass Uterustrockengewichte bei unreifen Kontrollratten zwischen 40 und 45 mg als verdächtig einzustufen sind, und dass Uterusgewichte über 45 mg Anlass zu einer Wiederholung der Prüfung geben können. Dies muss jedoch von Fall zu Fall entschieden werden (3)(6)(8). Wenn bei adulten Ratten die Ovarektomie nicht vollständig durchgeführt wurde, führt das ovariale Restgewebe unter Umständen zu einer endogenen Östrogenproduktion, was eine Verzögerung bei der Rückbildung des Uterusgewichts zur Folge hat.
57.Bei der Vehikelkontrollgruppe scheint ein Uterustrockengewicht von unter 0,09 % des Körpergewichts unreifer Rattenweibchen und von unter 0,04 % des Körpergewichts ovarektomierter junger adulter Weibchen akzeptable Ergebnisse zu liefern [siehe Tabelle 31 (2)]. Liegen die Uterusgewichte der Kontrollgruppe über diesen Werten, sind verschiedene Faktoren, darunter das Alter der Tiere, die vollständige Entfernung der Ovarien, Phytoöstrogene im Futter usw. zu überprüfen, und negative Prüfergebnisse (also kein Anzeichen für östrogene Wirkung) mit Vorsicht zu verwenden.
58.Historische Daten der Vehikelkontrollgruppen sollten vom Labor in dessen Datenbestand aufgezeichnet werden. Die historischen Daten zur Wirkung positiver Referenzöstrogene, zum Beispiel 17a-Ethinylestradiol, sind ebenfalls vom Labor einzupflegen. Die Labore können ferner die Reaktion auf bekannte schwache Östrogenagonisten testen. Alle diese Daten können mit Daten aus der Fachliteratur (2)(3)(4)(5)(6)(7)(8) abgeglichen werden. So kann sichergestellt werden, dass die Methoden des Labors in ausreichendem Maße empfindlich sind.
59.Die Uterustrockengewichte zeigten im Laufe der Validierungsprüfung der OECD eine geringere Variabilität als die Uterusfeuchtgewichte (6)(7). Eine signifikante Reaktion bei einer der Bestimmungsarten würde allerdings auf ein positives Testergebnis, also eine Östrogenwirkung der Prüfsubstanz, hindeuten.
60.

Die uterotrophe Reaktion ist nicht ausschließlich östrogenen Ursprungs. Ein positives Testergebnis des uterotrophen Bioassays sollte jedoch allgemein als Nachweis für ein östrogenes Potenzial im lebenden Organismus gewertet werden und normalerweise den Anstoß für weitere Abklärungsmaßnahmen liefern (siehe Nummer 9 und OECD Conceptual Framework for the Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals, Anlage 2).

Abbildung 1

Schematische Darstellung der operativen Entfernung der Ovarien

Die Operation beginnt mit der Eröffnung der dorsolateralen Bauchwand in der Mitte zwischen unterem Rippenbogenrand und Beckenkamm sowie einige Millimeter neben dem lateralen Rand des Lendenmuskels. Die Ovarien sind innerhalb der Bauchhöhle zu lokalisieren. Anschließend werden die Ovarien jeweils auf einem sterilen Feld aus der Bauchhöhle vorgelagert, der Bereich zwischen Ovar und Uterus wird zur Blutstillung ligiert, und die Ovarien werden jeweils oberhalb der Ligatur an der Verbindungsstelle zwischen Ovidukt und Uterushorn abgeschnitten. Wenn sichergestellt ist, dass keine starke Blutung mehr besteht, ist die Bauchhöhle zuzunähen und die Haut mit Klammern oder einer Naht zu schließen. Die Tiere sollten sich, bevor sie verwendet werden, mindestens 14 Tage lang erholen können; in dieser Zeit kann sich auch der Uterus zurückbilden.

Abbildung 2

Entfernung und Vorbereitung der Uterusgewebe für die Gewichtsbestimmung

Die Sektion beginnt mit der Eröffnung der Bauchwand ab der Schambeinfuge. Anschließend werden die Ovarien (sofern vorhanden) und die Uterushörner von der dorsalen Bauchwand gelöst. Harnblase und Harnleiter werden von der ventralen und lateralen Seite des Uterus und der Vagina entfernt. Die fibröse Adhäsion zwischen Rektum und Vagina wird gelöst, bis die Verbindung zwischen Vaginalöffnung und Perinealhaut erkennbar ist. Uterus und Vagina werden vom Körper getrennt, indem die Vaginalwand genau oberhalb der Verbindung zur Perinealhaut abgeschnitten wird (siehe Abbildung). Der Uterus sollte durch vorsichtiges Abtrennen des Mesometriums an der Stelle, an der es jeweils dorsolateral mit der Längsseite eines Uterushorns verbunden ist, von der Körperwand gelöst werden. Nach Entfernung aus dem Körper ist überschüssiges Fett- und Bindegewebe abzuschaben. Wenn Ovarien vorhanden sind, werden sie so am Ovidukt entfernt, dass keine Gebärmutterflüssigkeit aus dem Uterushorn verloren geht. Bei ovarektomierten Tieren sind die Ovarialstümpfe auf Reste von Ovarialgewebe zu untersuchen. Die Vagina wird genau unterhalb des Gebärmutterhalses vom Uterus getrennt, sodass der Gebärmutterhals mit dem Uteruskörper verbunden bleibt. Der Uterus kann nun gewogen werden.

Anlage 1

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Antiöstrogene Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung von Östradiol 17ß in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Dosierung : ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

Dosis : die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Für die Zwecke des uterotrophen Bioassays wird die Dosis ausgedrückt als Masse der Prüfsubstanz je Einheit Körpergewicht des Versuchstiers pro Tag (z. B. mg pro kg Körpergewicht und Tag).

Empfindlichkeit : der Anteil aller positiven/wirkenden Chemikalien, die durch den Test korrekt eingestuft werden. Die Empfindlichkeit ist ein Maß für die Genauigkeit einer Prüfmethode mit kategorialen Ergebnissen und ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung ihrer Relevanz.

Maximal verträgliche Dosis (MTD) : die höchstmögliche Dosis der Prüfsubstanz, die nach Einbringen in den Körper nicht zum Tod von Versuchstieren führt (bezeichnet als LD0) (IUPAC, 1993).

Östrogene Wirkung : die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie Östradiol 17ß zu wirken.

Postnataler Tag X : der x-te Lebenstag nach der Geburt.

Prüfsubstanz : jede(r) mittels dieser Prüfmethode getestete Stoff bzw. Mischung.

Spezifizität : der Anteil aller negativen/wirkungslosen Stoffe, die durch den Test korrekt eingestuft werden. Die Spezifizität ist ein Maß für die Genauigkeit einer Prüfmethode mit kategorialen Ergebnissen und ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung ihrer Relevanz.

Tag der Geburt : der postnatale Tag 0.

Uterotroph : Begriff zur Beschreibung einer positiven Wirkung auf das Gewicht der Uterusgewebe.

Validierung : wissenschaftlicher Prozess zur Beschreibung der operationellen Anforderungen und Grenzen einer Prüfmethode und zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit und Eignung für einen bestimmten Zweck.

Anlage 2

VMG mamm: Validation Management Group on Mammalian Testing and Assessment

ANMERKUNGEN ZUM RAHMENKONZEPT

Anmerkung 1: Ein Einstieg in das Rahmenkonzept und ein Ausstieg sind auf allen Stufen möglich und abhängig davon, welche Informationen für Gefahren- und Risikobeurteilungszwecke benötigt werden.

Anmerkung 2: Bei Stufe 5 sollte der Aspekt der Ökotoxikologie Endpunkte beinhalten, die Hinweise auf schädliche Wirkmechanismen und eine potenzielle Schädigung der Population liefern.

Anmerkung 3: Wenn ein multimodales Modell mehrere Assays mit nur einem Endpunkt (Single-Endpoint-Assays) umfasst, ersetzt dieses Modell die Durchführung der Single-Endpoint-Assays.

Anmerkung 4: Die Bewertung der einzelnen Chemikalien sollte von Fall zu Fall und unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten sowie vor dem Hintergrund des Zwecks der Stufen des Rahmenkonzepts erfolgen.

Anmerkung 5: Das Rahmenkonzept ist derzeit noch nicht als vollständig anzusehen. Auf Stufe 3, 4 und 5 beinhaltet es Assays, die entweder schon verfügbar sind oder sich gerade in der Validierungsphase befinden. Bei Letzteren ist die Aufnahme in das Rahmenkonzept noch vorläufig. Sobald ihre Entwicklung und Validierung abgeschlossen ist, werden sie offizieller Bestandteil des Konzepts.

Anmerkung 6: Stufe 5 ist nicht so zu verstehen, dass es sich bei den darin enthaltenen Tests nur um endgültige Prüfungen handelt. Die Prüfungen dieser Stufe sollen vielmehr einen Beitrag zur allgemeinen Gefahren- und Risikobewertung leisten.

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(8) Kanno J, Onyon L, Peddada S, Ashby J, Jacob E, Owens W. (2003). The OECD program to validate the rat uterotrophic bioassay: Phase Two — Coded Single Dose Studies. Environ. Health Persp.111:1550-1558.

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(37) OECD (2007). Guidance Document on the Uterotrophic Bioassay Procedure to Test for Antioestrogenicity. Series on Testing and Assessment. No. 71.

(38) Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 33).

B.55.   HERSHBERGER-BIOASSAY MIT RATTEN: EIN KURZZEIT-SCREENING-TEST AUF (ANTI-)ANDROGENE EIGENSCHAFTEN

EINLEITUNG

1.Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 441 (2009). Die OECD setzte sich 1998 zur Priorität, bestehende Prüfrichtlinien für Screening und Testung potenzieller endokriner Disruptoren zu überarbeiten und neue Richtlinien zu entwickeln (1). Ein Aspekt der Maßnahme war die Ausarbeitung einer Prüfrichtlinie für den Hershberger-Bioassay (Hershberger-Test) mit Ratten. Diese Prüfung wurde, nachdem sie über mehrere Jahrzehnte hinweg von der pharmazeutischen Industrie angewendet worden war, erstmals 1962 durch einen offiziellen Fachausschuss als Screening-Instrument für androgene Chemikalien standardisiert (2). Im Zeitraum 2001-2007 wurde der Hershberger-Test mit Ratten einem umfassenden Validierungsprogramm unterzogen, in dessen Rahmen ein Hintergrunddokument (23), ein ausführliches Methodikpapier (3) und ein Sektionsleitfaden (21) erstellt sowie umfassende Intra- und Interlaborstudien durchgeführt wurden, um die Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit des Bioassays nachzuweisen. Diese Validierungsstudien wurden mit einem starken Referenzandrogen (Testosteronpropionat, TP), zwei starken synthetischen Androgenen (Trenbolonacetat und Methyltestosteron), einem stark antiandrogenen Arzneistoff (Flutamid), einem starken Inhibitor (Finasterid) der Synthese des natürlichen Androgens (Dihydrotestosteron, DHT), mehreren schwach antiandrogenen Pestiziden (Linuron, Vinclozolin, Procymidon, p,p′-DDE), einem starken Inhibitor der 5α-Reduktase (Finasterid) und zwei bekannt negativen Chemikalien (Dinitrophenol und Nonylphenol) (4)(5)(6)(7)(8) durchgeführt. Die vorliegende Prüfmethode ist das Resultat der jahrzehntelangen Anwendung des Bioassays in der Praxis und der bei der Validierung des Prüfprogramms gewonnenen Erfahrungen und Ergebnisse auf diesem Gebiet.
2.Der Hershberger-Test ist ein in vivo durchgeführter Kurzzeit-Screening-Test, bei dem akzessorische Gewebe des männlichen Reproduktionstrakts untersucht werden. Der Test wurde erstmals in den 1930er-Jahren durchgeführt und in den 1940er-Jahren um die Anwendung auf Muskeln des männlichen Fortpflanzungstrakts erweitert, die auf Androgene reagieren (2)(9-15). In den 1960er-Jahren wurden über 700 potenzielle Androgene anhand eines standardisierten Prüfplans (2)(14) beurteilt; die Verwendung des Tests galt damals sowohl für Androgene als auch für Antiandrogene als Standardmethode (2)(15). Bei der vorliegenden In-vivo-Prüfung werden die Gewichtsveränderungen bei fünf Arten androgenabhängiger Gewebe an kastrierten, peripubertären Rattenmännchen untersucht. Es wird beurteilt, ob eine Chemikalie biologische Abläufe auslöst, die der Wirkung von Androgenagonisten, Androgenantagonisten oder 5α-Reduktaseinhibitoren entsprechen. Bei den fünf androgenabhängigen Zielgeweben der vorliegenden Prüfmethode handelt es sich um die ventrale Prostata (VP), das Samenbläschen (SB) (einschließlich Flüssigkeiten und Koagulationsdrüse), den Muskelkomplex Musculus levator ani und bulbospongiosus (LABC), die paarigen Cowperschen Drüsen (COW) und die Glans penis (GP). Bei der kastrierten, peripubertären männlichen Ratte reagieren alle diese fünf Gewebe mit einer Erhöhung ihres absoluten Gewichts auf Androgene. Wird bei denselben fünf Geweben eine Gewichtszunahme durch Verabreichung eines starken Referenzandrogens stimuliert, so reagieren diese auf die Gabe von Antiandrogenen mit einer Verringerung ihres absoluten Gewichts. Das primäre Modell für den Hershberger-Test, das in den Phasen 1, 2 und 3 des Hershberger-Validierungsprogramms validiert wurde, war das chirurgisch kastrierte, peripubertäre Rattenmännchen.
3.Der Hershberger-Bioassay wird als mechanistischer In-vivo-Screening-Test auf Androgenagonisten, Androgenantagonisten und 5a-Reduktaseinhibitoren eingesetzt und ist im Kontext des Rahmenkonzepts der OECD ‘Conceptual Framework for the Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals’ (Testung und Bewertung endokrin wirksamer Substanzen (endokrine Disruptoren) (Anlage 2) zu sehen. In diesem Rahmenkonzept ist der Hershberger-Test ein In-vivo-Test der Stufe 3, mit dem Daten über einen einzelnen endokrinen Mechanismus gewonnen werden sollen, nämlich die (anti-)androgene Wirkung. Die Prüfung ist als Teil einer Reihe von In-vitro- und In-vivo-Tests zur Bestimmung von Chemikalien konzipiert, die das Potenzial haben, mit dem endokrinen System in Wechselwirkung zu treten, und soll letztendlich der Bewertung des Risikos für die Umwelt und die menschliche Gesundheit dienen.
4.Da aus Tierschutzgründen Bedenken gegen das Kastrationsverfahren bestanden, wurde als alternatives Modell für den Hershberger-Test die Verwendung des intakten (unkastrierten) abgesetzten, stimulierten männlichen Jungtiers angestrebt, damit die Kastration vermieden werden kann. Die Prüfmethode mit dem stimulierten, abgesetzten Tier wurde einer Validierung unterzogen (24), bei der sich allerdings herausstellte, dass diese Variante des Hershberger-Tests offenbar nicht geeignet ist, die Auswirkungen schwach wirksamer Antiandrogene in den geprüften Dosierungen auf das Gewicht androgenabhängiger Organe zuverlässig nachzuweisen. Daher wurde sie nicht in die vorliegende Prüfmethode aufgenommen. Da diese Prüfvariante jedoch nicht nur unter Tierschutzgesichtspunkten sinnvoll ist, sondern möglicherweise auch Aufschluss über andere Wirkungsweisen geben kann, ist sie im OECD Guidance Document Nr. 115 (25) beschrieben.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

5.Androgenagonisten und -antagonisten können an die Androgenrezeptoren binden und die vom Rezeptor gesteuerte Gentranskription aktivieren bzw. hemmen. Darüber hinaus hemmen manche Chemikalien bei einigen androgenempfindlichen Zielgeweben die Umwandlung von Testosteron in das stärker wirksame natürliche Androgen Dihydrotestosteron (5a-Reduktasehemmer). Solche Chemikalien sind potenziell gesundheitsschädlich und können unter anderem negative Auswirkungen auf Reproduktion und Entwicklung haben. Aus diesem Grund müssen Chemikalien möglichst schnell daraufhin geprüft und beurteilt werden können, ob es sich um potenzielle Androgenagonisten, -antagonisten oder 5a-Reduktaseinhibitoren handelt. Die Affinität eines Liganden für einen Androgenrezeptor, die in vitro durch Rezeptorbindungstests oder transkriptionelle Aktivierung von Reportergenen bestimmt werden kann, liefert zwar wertvolle Informationen, ist aber nur eine von mehreren Determinanten für das Gefahrenpotenzial. Andere Determinanten können die metabolische Aktivierung und Deaktivierung beim Eintritt in den Körper, die Verteilung auf die Zielgewebe und die Ausscheidung aus dem Körper sein. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die potenzielle Wirkung einer Chemikalie in vivo unter einschlägigen Bedingungen und bei entsprechender Exposition zu prüfen. Die In-vivo-Beurteilung ist weniger kritisch, wenn die Eigenschaften der Chemikalie hinsichtlich Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung (ADME) bekannt sind. Androgenabhängige Gewebe reagieren mit schnellem und starkem Wachstum auf eine Stimulation mit Androgenen, was insbesondere für kastrierte, peripubertäre Rattenmännchen gilt. Die Verwendung von Nagerarten, insbesondere Ratten, ist zudem bei Toxizitätsstudien zur Beurteilung des Gefahrenpotenzials weit verbreitet. Daher ist die vorliegende Variante der Prüfmethode, bei der die fünf genannten Zielgewebe an kastrierten, peripubertären Ratten untersucht werden, für das In-vivo-Screening von Androgenagonisten, Androgenantagonisten und 5a-Reduktaseinhibitoren geeignet.
6.Dieser Prüfmethode liegen die Prüfpläne der OECD-Validierungsstudie zugrunde, sich in Intra- und Interlaborstudien als zuverlässig und wiederholbar erwiesen haben (4)(5)(6)(7)(8). Die Prüfmethode umfasst Nachweisverfahren sowohl für eine androgene als auch für eine antiandrogene Wirkung.
7.Obgleich die verschiedenen Laboratorien, die den Hershberger-Bioassay im Rahmen des Validierungsprogramms der OECD durchgeführt haben, relativ unterschiedliche TP-Dosen für den Nachweis von Antiandrogenen verwendeten (0,2 versus 0,4 mg pro kg und Tag, subkutane Injektion), unterschieden sich diese beiden Prüfplanvarianten in Bezug auf die Eignung für den Nachweis schwacher oder starker antiandrogener Wirkungen nur geringfügig. Selbstverständlich darf jedoch die TP-Dosis weder so hoch sein, dass die Wirkungen von schwachen Androgenrezeptor-Antagonisten (AR-Antagonisten) blockiert werden, noch so niedrig, dass die androgenen Gewebe selbst dann kaum Wachstum zeigen, wenn nicht gleichzeitig Antiandrogene verabreicht werden.
8.Die Wachstumsreaktion der einzelnen androgenabhängigen Gewebe ist nicht ausschließlich androgenen Ursprungs, d. h. auch Chemikalien, die keine Androgenagonisten sind, können das Gewicht bestimmter Gewebe beeinflussen. Wenn mehrere Gewebe gleichzeitig mit Wachstum reagieren, erhärtet das jedoch den Verdacht, dass ein überwiegend androgenspezifischer Mechanismus vorliegt. Beispielsweise können hohe Dosen starker Östrogene zu einer Gewichtszunahme der Samenbläschen führen; die anderen androgenabhängigen Gewebe des Tests reagieren jedoch nicht in ähnlicher Weise. Antiandrogene Chemikalien können entweder als Androgenrezeptorantagonisten oder als 5a-Reduktaseinhibitoren wirken. 5a-Reduktaseinhibitoren wirken unterschiedlich, weil die Umwandlung in das wirksamere Dihydrotestosteron von Gewebe zu Gewebe variiert. Antiandrogene, die die 5a-Reduktase hemmen, wie zum Beispiel Finasterid, wirken sich im Vergleich zu einem starken AR-Antagonisten wie Flutamid stärker auf die ventrale Prostata aus als auf andere Gewebe. Diese unterschiedliche Gewebereaktion kann für eine Differenzierung zwischen AR-vermittelter und 5a-Reduktase-vermittelter Wirkungsweise herangezogen werden. Ferner ist der Androgenrezeptor evolutionsbedingt mit den Rezeptoren anderer Steroidhormone verwandt, und einige andere Hormone können in hohen, supraphysiologischen Dosen die wachstumsfördernden Effekte von TP binden und ihnen entgegenwirken (13). Des Weiteren leuchtet es ein, dass ein verbesserter Steroidmetabolismus und eine darauf folgende Senkung des Testosterons im Serum das Wachstum androgenabhängiger Gewebe verringern kann. Jedes positive Ergebnis des Hershberger-Tests sollte daher normalerweise anhand eines WoE-Ansatzes beurteilt werden; dazu gehören In-vitro-Tests wie die AR- und ER-Bindungstests (ER — Östrogenrezeptor) und entsprechende Tests zur transkriptionellen Aktivierung oder die Ergebnisse anderer In-vivo-Tests, bei denen ähnliche androgene Zielgewebe untersucht werden, zum Beispiel der Test am pubertären Männchen, die 15-Tage-Untersuchung am intakten Männchen oder Studien mit wiederholter Gabe über 28 oder 90 Tage.
9.Die Erfahrung hat gezeigt, dass xenobiotische Androgene seltener vorkommen als xenobiotische Antiandrogene. Es ist daher davon auszugehen, dass der Hershberger-Bioassay überwiegend für das Screening von Antiandrogenen eingesetzt werden wird. Die Prüfung auf androgene Wirkungen wäre dennoch für steroidale oder steroidähnliche Chemikalien oder auch für Chemikalien zu empfehlen, bei denen die Prüfungen der Stufe 1 oder 2 des Rahmenkonzepts (Anlage 2) Hinweise auf ein androgenes Potenzial ergeben haben. Ebenso können bei Prüfungen der Stufe 5 unerwünschte Wirkungen beobachtet werden, die mit (anti-)androgenen Profilen assoziiert sind, sodass bewertet werden muss, ob eine Chemikalie eine endokrine Wirkungsweise hat.
10.Es wird darauf hingewiesen, dass bei allen tierexperimentellen Verfahren die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten sind; die folgenden Pflege- und Behandlungsbeschreibungen sind Mindestanforderungen; Vorrang vor diesen Standards haben lokale Bestimmungen, zum Beispiel die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (26). Eine weiterführende Anleitung für tierschutzgerechte Behandlung von Versuchstieren ist in dem OECD Guidance Document (17) enthalten.
11.

Wie bei allen Bioassays mit Versuchstieren ist sorgfältig abzuwägen, ob die Durchführung der Studie notwendig ist. Grundsätzlich sprechen die folgenden beiden Gründe für eine Durchführung:

Es liegt ein hohes Expositionspotenzial (Stufe 1 des Rahmenkonzepts) vor, oder bei In-vitro-Tests (Stufe 2) werden Anzeichen für eine (anti-)androgene Wirkung festgestellt, aufgrund deren abgeklärt werden muss, ob solche Effekte auch in vivo vorkommen können.
Bei den In-vivo-Tests der Stufe 4 oder 5 werden Effekte festgestellt, die einer (anti-)androgenen Wirkung entsprechen; in diesem Fall sollte bei weiteren Untersuchungen die spezifische Wirkungsweise untersucht bzw. bestimmt werden, ob die Effekte auf einen (anti-)androgenen Mechanismus zurückzuführen sind.
12.Die für die Zwecke dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

13.Die Empfindlichkeit des Hershberger-Bioassays beruht auf der Verwendung männlicher Tiere mit minimaler endogener Androgenproduktion. Dies wird durch den Einsatz kastrierter Männchen erreicht, denen nach der Kastration ausreichend Zeit eingeräumt wurde, damit die Zielgewebe sich wieder auf eine einheitliche Mindestgröße, die Baseline- bzw. Ausgangsgröße des Versuchs, zurückbilden können. Dadurch ist beim Screening auf ein androgenes Potenzial der Spiegel an zirkulierenden endogenen Androgenen niedrig, die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse kann dies nicht über Feedbackmechanismen kompensieren, die Reaktionsfähigkeit der Gewebe ist maximiert, und das Gewebegewicht bei Studienbeginn schwankt so wenig wie möglich. Wenn das antiandrogene Potenzial untersucht werden soll, kann durch die Stimulation mit einem Referenzandrogen eine konsistentere Gewebegewichtszunahme erreicht werden. Folglich sind beim Hershberger-Bioassay nur sechs Tiere pro Dosisgruppe erforderlich, während bei anderen Tests mit intakten pubertären oder adulten Männchen 15 Tiere pro Dosisgruppe verwendet werden sollten.
14.Die peripubertären Rattenmännchen werden in geeigneter Weise unter Verwendung zugelassener Narkosemittel und steriler Arbeitstechniken kastriert. In den ersten Tagen nach dem Eingriff sollten zur Vermeidung postoperativer Beschwerden Analgetika verabreicht werden. Durch eine Kastration wird die Genauigkeit der Prüfung verbessert: schwache Androgene und Antiandrogene sind leichter nachweisbar, weil kompensatorische endokrine Feedbackmechanismen ausgeschaltet werden, die beim intakten Tier die Wirkungen der verabreichten Androgene und Antiandrogene abschwächen können, und weil die starken Schwankungen der Serumtestosteronspiegel zwischen den einzelnen Tieren beseitigt werden. Demzufolge wird durch die Kastration die Anzahl der Tiere verringert, die für das Screening dieser endokrinen Wirkungen benötigt werden.
15.Beim Screening auf eine potenzielle androgene Wirkung ist die Prüfsubstanz täglich über einen Zeitraum von zehn aufeinanderfolgenden Tagen per Schlundsonde oder durch subkutane Injektion zu verabreichen. Es sind mindestens zwei Versuchstiergruppen mit den Prüfsubstanzen zu behandeln, wobei pro Gruppe eine Dosisstufe getestet wird. Etwa 24 Stunden nach der letzten Dosisgabe werden die Tiere seziert. Eine statistisch signifikante Gewichtszunahme bei mindestens zwei Zielorganen der Prüfsubstanzgruppen im Vergleich zur Vehikelkontrollgruppe ist ein Hinweis darauf, dass die Prüfsubstanz potenziell eine androgene Wirkung hat (vgl. Nummer 60). Androgene wie Trenbolon, die nicht durch die 5a-Reduktase umgewandelt werden können, haben ausgeprägtere Wirkungen auf den LABC-Komplex und die GP als TP, doch sollte bei allen Geweben eine Gewichtszunahme zu verzeichnen sein.
16.Beim Screening auf eine potenzielle antiandrogene Wirkung ist die Prüfsubstanz täglich über einen Zeitraum von zehn aufeinanderfolgenden Tagen per Schlundsonde oder durch subkutane Injektion zu verabreichen, und zwar bei gleichzeitiger subkutaner Gabe von TP (0,2 bzw. 0,4 mg pro kg und Tag). Im Laufe des Validierungsverfahrens wurde festgelegt, dass entweder 0,2 oder 0,4 mg TP pro kg und Tag gegeben werden können, da Antiandrogene mit beiden Dosen wirksam nachgewiesen werden konnten und deshalb nur eine der beiden Dosen zur Verwendung bei der Prüfung ausgewählt werden sollte. Die abgestuften Dosen der Prüfsubstanz werden mindestens drei Behandlungsgruppen verabreicht, wobei pro Gruppe eine Dosisstufe getestet wird. Etwa 24 Stunden nach der letzten Dosisgabe werden die Tiere seziert. Eine statistisch signifikante Gewichtsabnahme bei mindestens zwei Zielorganen der Gruppen, die die Prüfsubstanz plus TP erhalten haben, im Vergleich zur Kontrollgruppe, die nur TP erhalten hat, ist ein Hinweis darauf, dass die Prüfsubstanz potenziell eine antiandrogene Wirkung hat (vgl. Nummer 61).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl der Tierart und des Stamms

17.Ratten werden seit den 1930er-Jahren routinemäßig für den Hershberger-Bioassay verwendet. Obwohl aus biologischer Sicht plausibel ist, dass Ratten und Mäuse ähnliche Reaktionen zeigen würden, ist die Ratte nach 70 Jahren Erfahrung mit dem Rattenmodell die Spezies der Wahl für den Hershberger-Test. Da die anhand des Hershberger-Tests erhobenen Daten gegebenenfalls später als Vorstudie für eine mehrere Generationen umfassende Langzeitstudie dienen, können somit ferner Tiere derselben Art, desselben Stamms und derselben Herkunft für beide Studienarten verwendet werden.
18.Laut dem vorliegenden Prüfplan können die Labore den für die Prüfung zu verwendenden Rattenstamm selbst auswählen, wobei es sich im Allgemeinen um den bereits in der Vergangenheit üblicherweise von dem teilnehmenden Labor verwendeten Stamm handeln sollte. Es können üblicherweise verwendete Laborrattenstämme eingesetzt werden; allerdings ist von der Verwendung von Stämmen abzusehen, bei denen die Geschlechtsreife wesentlich später als am 42. Lebenstag einsetzt, da die Kastration dieser Männchen am 42. Lebenstag die Gewichtsbestimmung der Glans Penis, die nur nach der Separation des Präputiums vom Penisschaft erfolgen kann, unmöglich machen kann. Aus diesem Grund sollten, außer in Ausnahmefällen, keine von der Fisher-344-Ratte abstammenden Stämme eingesetzt werden. Bei der Fisher-344-Ratte hat die sexuelle Entwicklung einen anderen zeitlichen Verlauf als bei anderen häufiger verwendeten Stämmen wie zum Beispiel Sprague Dawley oder Wistar (16). Wenn ein solcher Stamm verwendet werden soll, sollte das Labor die Tiere zu einem etwas späteren Zeitpunkt kastrieren und es sollte die Empfindlichkeit des eingesetzten Stamms belegen können. Das Labor muss die Wahl des Rattenstamms klar begründen. Dient der Screening-Test gegebenenfalls als Vorstudie zu einer Prüfung mit wiederholter oraler Gabe, einer Prüfung auf Reproduktions- und Entwicklungstoxizität oder einer Langzeitstudie, sollten für alle Prüfungen möglichst Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

19.Bei allen Verfahren sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Bei diesen Pflege- und Behandlungsbeschreibungen handelt es sich um Mindestanforderungen; Vorrang haben strengere lokale Rechtsvorschriften, wie zum Beispiel die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (26). Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein. Die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.
20.Eine Unterbringung in der Gruppe ist aufgrund des geringen Alters der Tiere und der Tatsache, dass Ratten soziale Wesen sind, einer Haltung im Einzelkäfig vorzuziehen. Durch eine Unterbringung von zwei oder drei Tieren pro Käfig werden Enge und damit verbundener Stress vermieden, der sich wiederum auf die hormonelle Steuerung der Entwicklung der akzessorischen Gewebe des Reproduktionstrakts auswirken kann. Die Käfige sollten gründlich gereinigt werden, um etwaige Schad- und Schmutzstoffe zu beseitigen, und so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Eine Überbelegung ist durch angemessen große Käfige (~ 2 000 cm2) zu vermeiden.
21.Die Tiere sind einzeln und auf möglichst schmerzlose Weise zu kennzeichnen (z. B. durch eine Ohrmarke). Die Kennzeichnungsmethode ist zu protokollieren.
22.Labornahrung und Trinkwasser sind ad libitum bereitzustellen. Laboratorien, die den Hershberger-Bioassay durchführen, sollten die Labornahrung verfüttern, die sie üblicherweise bei Chemikalienprüfungen verwenden. Im Laufe der Validierungsstudien zu dem Bioassay traten keine Wirkungen oder Schwankungen auf, die der Nahrung zugeschrieben werden konnten. Die verwendete Nahrung ist zu protokollieren, und eine Probe des Laborfutters ist für potenzielle zukünftige Analysezwecke aufzubewahren.

Leistungskriterien für androgenabhängige Organgewichte

23.Während der Validierungsstudie gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass sich eine Verringerung des Körpergewichts auf die Erhöhung oder Verringerung der Gewichte der Zielgewebe (also der im Laufe des Tests zu wiegenden Gewebe) auswirkt.
24.Bei den verschiedenen, im Rahmen des Validierungsprogramms erfolgreich eingesetzten Rattenstämmen waren die Gewichte der androgenabhängigen Organe bei den schwereren Rattenstämmen höher als bei den leichteren Stämmen. Daher beinhalten die Leistungskriterien des Hershberger-Bioassays keine absoluten erwarteten Organgewichte für die positiven und negativen Kontrollen.
25.Da der Variationskoeffizient (VK) für ein Gewebe umgekehrt proportional zur Teststärke ist, basieren die Leistungskriterien des Hershberger-Bioassays auf maximalen VK-Werten für jedes Gewebe (Tabelle 1). Die VK-Werte stammen aus den Validierungsstudien der OECD. Bei negativen Ergebnissen sollten die Laboratorien die VK der Kontrollgruppe und der Behandlungsgruppe mit der höchsten Dosis prüfen, um feststellen zu können, ob die maximalen VK-Leistungskriterien überschritten wurden.
26.

Die Studie sollte wiederholt werden, wenn 1) mindestens drei der zehn möglichen Einzel-VK in der Kontroll- und in der Hochdosisgruppe die für Prüfungen auf Agonisten und Antagonisten in Tabelle 1 festgelegten Höchstwerte überschreiten und 2) wenn mindestens zwei Zielgewebe marginal nicht signifikant sind (d. h. r-Werte zwischen 0,05 und 0,10).



Tabelle 1

Maximal zulässige VK für akzessorische Zielgewebe des Reproduktionstrakts im Modell mit kastrierten Tieren laut OECD-Validierungsstudien (1)

GewebeAntiandrogene WirkungenAndrogene Wirkungen
Samenbläschen40 %40 %
Ventrale Prostata40 %45 %
LABC20 %30 %
Cowpersche Drüsen35 %55 %
Glans penis17 %22 %
(1)   Der Schwellenwert des Variationskoeffizienten für ein gegebenes Gewebe wurde anhand einer (fortlaufend vom kleinsten zum größten Wert aufgebauten) VK-Kurve ermittelt, in der alle Durchschnittswerte aller Versuche der Validierungsprüfung unter Verwendung eines spezifischen Modells (Agonisten oder Antagonisten) enthalten waren. Der VK-Schwellenwert wurde vom „Bruchpunkt“ abgeleitet, also dem Punkt, ab dem die Abstände zu den nächsthöheren VK in der Reihe erheblich größer sind als zu den vorhergehenden VK. Es ist anzumerken, dass mit dieser Analyse zwar relativ zuverlässige „Bruchpunkte“ für das antagonistische Prüfmodell ermittelt werden konnten, dass die VK-Kurven für die Prüfung auf Agonisten allerdings einen einheitlicheren Anstieg zeigten, was dazu führte, dass die Festlegung eines Schwellen-VK mittels dieser Methode in gewisser Weise willkürlich erfolgte.

VERFAHREN

Konformität mit Vorschriften und Eignungsprüfung des Prüflaboratoriums

27.Anders als bei dem Uterotrophie-Test (Kapitel B.54 dieses Anhangs) ist ein Nachweis der Laborkompetenz vor Studienbeginn beim Hershberger-Test nicht notwendig, weil gleichzeitige Positivkontrollen (mit Testosteronpropionat und Flutamid) und Negativkontrollen integraler Bestandteil der Prüfung sind.

Zahl und Zustand der Versuchstiere

28.Die Behandlungs- und Kontrollgruppen bestehen jeweils aus mindestens sechs Tieren. Dies gilt sowohl für den Prüfplan zur Untersuchung androgener Wirkungen als auch für den zur Untersuchung antiandrogener Wirkungen.

Kastration

29.Den Tieren sollte nach ihrer Ankunft mehrere Tage Zeit gegeben werden, sich zu akklimatisieren, um sicherzugehen, dass sie gesund sind und gut gedeihen. Da Tiere, die vor dem 42. Lebenstag bzw. dem postnatalen Tag 42 (PND 42) kastriert werden, gegebenenfalls noch keine Präputialseparation zeigen, sollte die Kastration frühestens am PND 42 durchgeführt werden, nicht vorher. Die Tiere werden unter Narkose durch Aufschneiden des Skrotums und Entfernung beider Hoden und Nebenhoden kastriert; die Blutgefäße und Samenleiter werden ligiert. Wenn sichergestellt ist, dass keine Blutung besteht, sollte das Skrotum vernäht oder mit chirurgischen Klammern geschlossen werden. In den ersten Tagen nach dem Eingriff sollten die Tiere Analgetika erhalten, um die postoperativen Beschwerden zu lindern. Wenn bereits kastrierte Tiere von einem Versuchstieranbieter erworben werden, sind Alter und Stadium der Geschlechtsreife vom Anbieter zu bescheinigen.

Akklimatisierung nach der Kastration

30.Die Anpassung der Tiere an die Laborbedingungen sollte nach der Kastration mindestens sieben Tage lang fortgesetzt werden, damit sich das Gewicht der Zielorgane zurückbilden kann. Die Tiere sollten täglich beobachtet werden, und Tiere, die Anzeichen für eine Krankheit oder physische Abnormitäten zeigen, sind aus der Studie zu nehmen. Mit der Behandlung bzw. der ersten Dosisgabe (der Studie) kann somit zwischen PND 49 (frühester Termin) und PND 60 (spätester Termin) begonnen werden. Die Nekropsie sollte spätestens am Tag PND 70 durchgeführt werden. Diese Flexibilität lässt den Laboratorien genügend Raum für eine effiziente Versuchsplanung.

Körpergewicht und Randomisierung der Gruppen

31.Unterschiede beim individuellen Körpergewicht tragen zu Schwankungen der Gewebegewichte bei, und zwar sowohl innerhalb der Tiergruppen als auch zwischen den Gruppen. Verstärkte Gewebegewichtsschwankungen führen zu einem höheren Variationskoeffizienten (VK) und verringern die (manchmal auch als Testempfindlichkeit bezeichnete) Teststärke der Prüfung. Daher sollten Schwankungen des Körpergewichts sowohl experimentell als auch statistisch begrenzt werden.
32.Auf experimenteller Ebene sollte angestrebt werden, die Schwankungen der Körpergewichte sowohl innerhalb der Prüfgruppen als auch zwischen ihnen zu verringern. Erstens ist die Verwendung ungewöhnlich kleiner oder großer Tiere zu vermeiden. Diese sollten nicht in die Studienkohorte aufgenommen werden. Zu Beginn der Studie sollte das Gewicht der Versuchstiere nicht um mehr als ± 20 % des Durchschnittsgewichts schwanken (z. B. 175 g ± 35 g bei kastrierten, peripubertären Ratten). Zweitens sollten die Tiere durch randomisierte Gewichtsverteilung den Kontroll- und Behandlungsgruppen zugewiesen werden, sodass das durchschnittliche Körpergewicht der einzelnen Gruppen sich statistisch nicht von dem der anderen Gruppen unterscheidet. Das angewendete Block-Randomisierungsverfahren ist zu protokollieren.
33.Da Toxizität zu einer Abnahme des Körpergewichts bei den Behandlungsgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe führen kann, könnte statt des Körpergewichts bei Nekropsie das Körpergewicht am ersten Verabreichungstag der Prüfsubstanz als statistische Kovariate herangezogen werden.

Dosierung

34.Um festzustellen, ob eine Prüfsubstanz in vivo eine androgene Wirkung entfalten kann, sind normalerweise zwei Dosisgruppen mit Prüfsubstanz plus positive Kontrollgruppe und Vehikelkontrollgruppe (negative Kontrollgruppe) (siehe Nummer 43) ausreichend, weshalb dieser Versuchsanordnung aus Tierschutzgründen der Vorrang eingeräumt werden sollte. Wenn der Zweck des Versuchs entweder die Erstellung einer Dosis-Wirkungs-Kurve oder die Umrechnung auf niedrigere Dosen ist, sind mindestens drei Dosisgruppen erforderlich. Wenn Informationen gewonnen werden sollen, die über das Vorhandensein einer androgenen Wirkung hinausgehen (wie zum Beispiel eine Einschätzung der Wirkstärke), sollte ein anderer Dosierungsplan in Betracht gezogen werden. Bei einem Test auf antiandrogene Eigenschaften wird die Prüfsubstanz zusammen mit einem Referenz-Androgenagonisten verabreicht. Es sind mindestens drei Prüfgruppen mit verschiedenen Dosen der Prüfsubstanz sowie eine positive und eine negative Kontrollgruppe (vgl. Nummer 44) zu verwenden. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird die Prüfsubstanz mit einem Vehikel verabreicht, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten bei den Prüfgruppen verwendeten Volumen.
35.Bei der Wahl der Dosisstufen sind sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe vorliegenden Daten zur Toxizität und (Toxiko-)Kinetik zu berücksichtigen. Bei der Festlegung der höchsten Dosisstufe sollten erstens der LD50-Wert und/oder Angaben zu einer akuten Toxizität berücksichtigt werden, um den Tod oder starkes Leiden und Qualen der Tiere zu vermeiden (17)(18)(19)(20), und zweitens sind Daten zu Prüfungen auf subchronische und chronische Toxizität heranzuziehen. Im Allgemeinen sollte die höchste Dosis nicht zu einer Verringerung des finalen Körpergewichts der Tiere um mehr als 10 % im Vergleich zur Kontrollgruppe führen. Die höchste Dosis sollte entweder 1) die höchste Dosis sein, bei der die Tiere auf jeden Fall überleben und nach Verabreichung an zehn aufeinanderfolgenden Tagen von bis zu 1 000 mg pro kg und Tag (Höchstdosis) (vgl. Nummer 36) keine signifikanten Toxizitäts- oder Leidenszeichen aufweisen, oder 2) eine Dosis, die (anti-)androgene Wirkungen hervorruft, je nachdem, welche der beiden Dosen niedriger ist. Für Screeningzwecke sind große Intervalle, z. B. eine halbe logarithmische Einheit (entsprechend einer Dosissteigerung um den Faktor 3,2) oder sogar eine volle logarithmische Einheit zwischen den Dosierungen akzeptabel. Liegen keine geeigneten Daten vor, kann unterstützend eine Dosisfindungsstudie (siehe Nummer 37) zur Bestimmung der zu verwendenden Dosen durchgeführt werden.

Grenzdosisstufe

36.Treten bei der Grenzdosis von 1 000 mg pro kg Körpergewicht und Tag und bei einer niedrigeren Dosis unter Anwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine statistisch signifikanten Änderungen bei den Gewichten der Reproduktionsorgane auf, so kann auf zusätzliche Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Vom Konzept der Grenzdosis ist nur dann abzuweichen, wenn die Daten zur menschlichen Exposition darauf hindeuten, dass eine höhere Dosisstufe notwendig ist.

Ausführungen zur Dosisfindung

37.Sofern erforderlich können die geeigneten Dosisgruppen in einer Dosisfindungsstudie mit wenigen Tieren ausgewählt [unter Anwendung der Methoden für die Prüfung auf akute Toxizität (Kapitel B.1 bis und B.1 tris des vorliegenden Anhangs (27), OECD TG 425 (19))]. Das Ziel beim Hershberger-Test ist die Auswahl von Dosen, bei denen die Tiere auf jeden Fall überleben und nach zehn aufeinanderfolgenden Tagen mit einer Chemikaliengabe von maximal 1 000 mg pro Kilogramm und Tag (siehe Nummern 35 und 36) keine signifikante Toxizität oder sonstiges Leiden aufweisen. Für eine Definition der klinischen Toxizitäts- oder Leidenszeichen bei den Tieren wird auf das OECD Guidance Document (17) verwiesen. Sofern es im Rahmen dieser Dosisfindungsstudie nach zehn Verabreichungstagen praktikabel ist, können die Zielgewebe etwa 24 Stunden nach der letzten Dosisgabe operativ entfernt und gewogen werden. Diese Daten können dann bei der Dosiswahl für die Hauptstudie unterstützend herangezogen werden.

Referenzchemikalien und Vehikel

38.Als Referenzandrogenagonist sollte Testosteronpropionat (TP), CAS Nr. 57-82-5, dienen. Die TP-Dosierungsmenge kann entweder 0,2 mg pro kg Körpergewicht und Tag oder 0,4 mg pro kg Körpergewicht und Tag betragen. Als Referenzandrogenantagonist sollte Flutamid (FT), CAS Nr. 1311-84-7, verwendet werden. Die FT-Dosierungsmenge sollte 3 mg pro kg Körpergewicht und Tag betragen, und FT sollte gleichzeitig mit der TP-Dosierung verabreicht werden.
39.Als Erstes sollte möglichst immer die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension in Erwägung gezogen werden. Da aber viele Androgenliganden beziehungsweise ihre metabolischen Vorläufern eher hydrophob sind, ist der gängigste Ansatz die Verwendung einer Lösung/Suspension auf Ölbasis (z. B. Mais-, Erdnuss-, Sesam- oder Olivenöl). Die Prüfsubstanzen können in einer sehr kleinen Menge 95 %igem Ethanol oder anderen geeigneten Lösungsmitteln gelöst und im Prüfvehikel auf ihre endgültigen Arbeitskonzentrationen verdünnt werden. Die toxischen Eigenschaften des Lösungsmittels sollten bekannt sein und in einer separaten Kontrollgruppe, in der nur das Lösungsmittel geprüft wird, getestet werden. Wenn die Prüfsubstanz als stabil erachtet wird, kann der Lösungsvorgang durch schonende Erwärmung und kräftige mechanische Einwirkung unterstützt werden. Die Stabilität der Prüfsubstanz im Vehikel sollte bestimmt werden. Ist die Prüfsubstanz für die Dauer der Studie stabil, kann eine Start-Aliquote der Substanz vorbereitet werden und die spezifizierten Dosierungsverdünnungen können täglich zubereitet werden, wobei darauf zu achten ist, dass die Proben nicht verunreinigt werden.

Verabreichung der Dosen

40.TP sollte durch subkutane Injektion verabreicht werden, FT über eine Schlundsonde.
41.Die Prüfsubstanz wird oral per Schlundsonde oder durch subkutane Injektion verabreicht. Bei der Wahl des Verabreichungswegs sind Tierschutzaspekte und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz zu berücksichtigen. Zusätzlich sind toxikologische Aspekte wie die Art der Humanexposition gegenüber der Chemikalie (z. B. Schlundsonde, um eine Aufnahme mit der Nahrung zu simulieren; subkutane Injektion, um Einatmen oder Aufnahme über die Haut am Modell zu testen) und die in der Fachliteratur genannten toxikologischen Angaben und Daten zu Verstoffwechselung und Kinetik (z. B. die Notwendigkeit, eine First-pass-Metabolisierung zu vermeiden; bessere Effizienz über einen bestimmten Verabreichungsweg) in die Planung mit einzubeziehen, bevor umfassende Langzeitprüfungen durchgeführt werden, wenn durch Injektion positive Ergebnisse erzielt werden.
42.Die Tiere sollten die Dosierung an zehn aufeinanderfolgenden Tagen jeweils auf die gleiche Art und Weise, in der gleichen zeitlichen Abfolge und im Abstand von jeweils etwa 24 Stunden erhalten. Die Dosierungsstufe ist täglich auf der Grundlage des ebenfalls täglich bestimmten Körpergewichts anzupassen. Für jeden Expositionstag sind Dosisvolumen und Verabreichungszeit zu notieren. Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass die unter Nummer 35 genannte Höchstdosis nicht überschritten wird, weil die Interpretation der Daten sonst nicht aussagekräftig ist. Vor diesem Hintergrund sind ein verringertes Körpergewicht, klinische Anzeichen und andere Befunde sorgfältig zu prüfen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, sollte eine Schlundsonde oder eine geeignete Intubationskanüle verwendet werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Es sind die örtlichen Tierschutzrichtlinien zu befolgen, das Volumen sollte jedoch 5 ml pro kg Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, von denen 10 ml pro kg Körpergewicht gegeben werden können. Die subkutanen Injektionen sind mittels steriler Nadel (z. B. 23 oder 25 Gauge) und Tuberkulinspritze dorsal im Bereich der Schulterblätter oder in die Lendenregion zu applizieren. Die Injektionsstelle kann rasiert werden. Wenn Injektionsflüssigkeit verloren geht, an der Injektionsstelle ausläuft oder unvollständig verabreicht wird, ist dies zu protokollieren. Das insgesamt pro Ratte und Tag injizierte Volumen sollte 0,5 ml pro kg Körpergewicht nicht überschreiten.

Spezifische Vorgehensweise für Androgenagonisten

43.Bei der Prüfung auf Androgenagonisten ist die Vehikelkontrollgruppe die negative Kontrollgruppe und die mit TP behandelte Gruppe die positive Kontrollgruppe. Für die Untersuchung auf biologische Abläufe, die der Wirkung von Androgenagonisten entsprechen, werden den Behandlungsgruppen an zehn aufeinanderfolgenden Tagen ausgewählte Dosen einer Prüfsubstanz verabreicht wird. Die Gewichte der fünf akzessorischen Gewebe des Reproduktionstrakts der Tiere der Prüfgruppen werden mit denen der Vehikelgruppe verglichen, um zu untersuchen, ob statistisch signifikante Gewichtserhöhungen feststellbar sind.

Spezifische Vorgehensweise für Androgenantagonisten und 5α-Reduktaseinhibitoren

44.Bei der Prüfung auf Androgenantagonisten und 5α-Reduktaseinhibitoren ist die mit TP behandelte Gruppe die negative Kontrollgruppe und die Gruppe, die gleichzeitig Referenzdosen von TP und FT erhält, ist die positive Kontrollgruppe. Für die Untersuchung auf biologische Abläufe, die der Wirkung von Androgenantagonisten und 5a-Reduktaseinhibitoren entsprechen, werden den Behandlungsgruppen an zehn aufeinanderfolgenden Tagen ausgewählte Dosen einer TP-Referenzdosis und einer Prüfsubstanz verabreicht. Die Gewichte der fünf akzessorischen Gewebe des Reproduktionstrakts der Tiere der Prüfgruppen, die TP plus die Prüfsubstanz erhalten haben, werden mit denen der Referenzgruppe verglichen, die nur TP erhalten hat, um zu untersuchen, ob statistisch signifikante Gewichtsverringerungen feststellbar sind.

BEOBACHTUNGEN

Klinische Beobachtungen

45.Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich durchgeführt werden, bei Anzeichen für Toxizität häufiger. Die Beobachtungen sind möglichst immer zur selben Tageszeit/zu denselben Tageszeiten und unter Berücksichtigung des Zeitraums nach der Verabreichung, in dem voraussichtlich die Wirkungsgipfel zu erwarten sind, durchzuführen. Alle Tiere sind auf Anzeichen von Mortalität, Morbidität und allgemeine klinische Zeichen wie Verhaltensänderungen, Änderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten, Sekrete und Exkrete sowie autonome Körperfunktionen (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster) zu beobachten.
46.Tot aufgefundene Tiere sind zu entfernen und ohne weitere Datenanalyse zu beseitigen. Vor der Nekropsie verendete Tiere sind mit den offenkundigen Todesursachen zu protokollieren. Moribunde Tiere sind auf humane Weise zu töten. Vor der Nekropsie in moribundem Zustand aufgefundene und anschließend getötete Tiere sind mit den offenkundigen Krankheitsursachen zu protokollieren.

Körpergewicht und Futteraufnahme

47.Alle Tiere sind täglich auf 0,1 g genau zu wiegen, wobei unmittelbar vor Behandlungsbeginn, also wenn die Tiere den Gruppen zugeteilt werden, mit dem Wiegen zu beginnen ist. Optional kann die aufgenommene Futtermenge während des Behandlungszeitraums pro Käfig durch Wiegen der Futterspender bestimmt werden. Die Daten zur Futteraufnahme sind in Gramm pro Ratte und Tag auszudrücken.

Sektion und Bestimmung der Gewebe- und Organgewichte

48.Die Ratten sollten etwa 24 Stunden nach der letzten Prüfsubstanzgabe nach der üblichen Vorgehensweise des durchführenden Labors getötet und ausgeblutet und anschließend seziert werden. Die humane Tötungsmethode ist im Laborbericht zu protokollieren.
49.Idealerweise werden die Nekropsien über die Gruppen hinweg randomisiert durchgeführt, um ein unmittelbares Abarbeiten der Dosisgruppen nach oben oder unten zu vermeiden, da dies die Daten geringfügig beeinflussen könnte. Alle Nekropsiebefunde, d. h. pathologische Veränderungen/sichtbare Läsionen, sind zu notieren und zu protokollieren.
50.Die fünf androgenabhängigen Gewebe (VP, SB, LABC, COW, GP) sind zu wiegen. Diese Gewebe sollten herausgeschnitten, sorgfältig von überschüssigem anhaftendem Gewebe und Fett befreit und ihr frisches (unfixiertes) Gewicht einzeln bestimmt werden. Jedes Gewebe ist mit besonderer Umsicht zu behandeln, um Flüssigkeitsverluste zu vermeiden und so ein Austrocknen zu verhindern, da dies zu niedrigeren Gewichten und damit zu signifikanten Fehlern und Schwankungen der dokumentierten Werte führen kann. Bestimmte Gewebe können sehr klein oder schwierig zu sezieren sein, was zwangsläufig zu Schwankungen führt. Daher sollte die Sektion der akzessorischen Gewebe des Reproduktionstrakts unbedingt von Personen durchgeführt werden, die mit den Standard-Sektionsverfahren für diese Gewebe vertraut sind. Eine Standardarbeitsanweisung (SOP) für Sektionen ist in Form eines Handbuchs bei der OECD erhältlich (21). Mit einer gründlichen Schulung nach diesem SOP-Handbuch lässt sich diese potenzielle Schwankungsquelle der Studie minimieren. Um eine unterschiedliche Aufbereitung der Gewebe zu vermeiden, sollte eine bestimmte Gewebeart immer von demselben Prosektor bearbeitet werden. Ist dies nicht möglich, sollte die Nekropsie so geplant werden, dass jeder Prosektor bei allen Behandlungsgruppen ein bestimmtes Gewebe seziert, und nicht so, dass eine Person alle Gewebe einer Kontrollgruppe seziert, während eine andere Person für die Gewebe der behandelten Gruppen zuständig ist. Jedes akzessorische Gewebe des Reproduktionstrakts ist ohne vorheriges Blotten auf 0,1 mg genau zu wiegen, und das Gewicht ist für jedes Tier einzeln zu dokumentieren.
51.Bestimmte Gewebe können sehr klein oder schwierig zu sezieren sein, was zwangsläufig zu Schwankungen führt. Frühere Arbeiten haben einen Bereich von Variationskoeffizienten (VK) ergeben, der anscheinend je nach Befähigung des Labors unterschiedlich ist. In einigen wenigen Fällen wurden große Unterschiede bei absoluten Gewebegewichten, zum Beispiel der VP und der COW, innerhalb ein und desselben Labors beobachtet.
52.Optional können die Gewichte von Leber, paarigen Nieren und paarigen Nebennieren bestimmt werden. Auch hier sind die Gewebe von anhaftendem Bindegewebe und Fett zu befreien. Die Leber ist zu wiegen und der Messwert auf 0,1 g genau zu dokumentieren; die paarigen Nieren und paarigen Nebennieren sind jeweils zu wiegen und die Messwerte auf 0,1 mg genau zu dokumentieren. Leber, Nieren und Nebennieren werden nicht nur durch Androgene beeinflusst, sie liefern auch nützliche Hinweise auf systemische Toxizität.
53.Eine Bestimmung des luteinisierenden Hormons (LH), des follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des Testosterons (T) im Serum ist optional. Mithilfe der T-Spiegel im Serum kann bestimmt werden, ob die Prüfsubstanz eine Metabolisierung des Testosterons durch die Leber induziert, was zu niedrigeren Serumspiegeln führt. Ohne die T-Daten kann ein solcher Effekt auf einen antiandrogenen Mechanismus zurückzuführen sein. Die LH-Spiegel liefern Informationen darüber, ob ein Antiandrogen nicht nur in der Lage ist, Organgewichte zu verringern, sondern auch die hypothalamisch-hypophysäre Funktion zu beeinflussen, was in Langzeitstudien zu Hodentumoren führen kann. FSH ist ein wichtiges Hormon für die Spermatogenese. Bestimmungen von T4 und T3 im Serum sind ebenfalls optionale Messungen, die nützliche Zusatzhinweise über die Fähigkeit zur Störung der Schilddrüsenhormon-Homöostase liefern können. Wenn Hormonwerte bestimmt werden sollen, ist den Ratten vor der Nekropsie unter Narkose per Herzpunktion Blut zu entnehmen, wobei bei der Wahl der Narkosemethode darauf zu achten ist, dass sie die Hormonmessung nicht beeinflusst. Die Methode der Serumgewinnung, die Herkunft von Kits für Radioimmunassays (RIA) oder andere Messverfahren, die Analyseverfahren und die Ergebnisse sind zu dokumentieren. Die Serumspiegel von LH und T sind als ng/ml Serum zu dokumentieren.
54.

Die nachstehend beschriebene Sektion der Gewebe basiert auf einem ausführlichen Sektionsleitfaden mit Fotos, der im Rahmen des Validierungsprogramms als zusätzliches Informationsmaterial veröffentlicht wurde (21). Darüber hinaus ist ein Video zur Sektion über die Website der koreanischen Nahrungs- und Arzneimittelbehörde erhältlich (22).

Bei dem mit der ventralen Seite nach oben gelagerten Tier wird bestimmt, ob sich das Präputium des Penis von der Glans penis getrennt hat. Wenn das der Fall ist, wird das Präputium zurückgeschoben und die Glans penis entfernt, auf 0,1 mg genau gewogen und das Gewicht aufgezeichnet.
Die abdominale Haut und Bauchwand werden eröffnet und die Eingeweide freigelegt. Wenn die optionalen Organe gewogen werden sollen, ist die Leber zu entnehmen und auf 0,1 g genau zu wiegen; Magen und Eingeweide sind zu entnehmen, dann sind die paarigen Nieren und die paarigen Nebennieren zu entnehmen und auf 0,1 mg genau zu wiegen. Nach diesen Sektionsschritten ist die Blase freigelegt und die Sektion der akzessorischen männlichen Zielgewebe beginnt.
Für die Sektion der VP ist die Blase durch Schneiden des Bindegewebes entlang der Mittellinie von der ventralen Muskelschicht zu trennen. Die Blase ist nach anterior in Richtung der Samenbläschen (SB) zu verlagern, sodass der linke und der rechte Lappen der ventralen Prostata (die von einer Fettschicht bedeckt sind) freigelegt werden. Das Fett wird vorsichtig vom rechten und linken Lappen der VP gelöst. Der rechte Lappen der VP wird vorsichtig von der Harnröhre weggelagert und von der Harnröhre abgetrennt. Während der rechte Lappen der VP noch gehalten wird, wird vorsichtig der linke Lappen der VP von der Harnröhre weggelagert und abgeschnitten; das Gewicht wird auf 0,1 mg genau bestimmt und dokumentiert.
Um Samenbläschen und Koagulationsdrüse (SBKD) zu sezieren, wird die Blase nach kaudal verlagert und so der Samenleiter sowie der rechte und linke Lappen der Samenbläschen plus Koagulationsdrüsen freigelegt. Um Flüssigkeitsverluste zu vermeiden, ist an der Basis der SBKD, an der Stelle, an der der Samenleiter auf die Harnröhre trifft, eine Gefäßklemme zu befestigen. Die SBKD sind vorsichtig abzuschneiden, und Fett und Adnexe sind bei noch befestigter Gefäßklemme abzuschaben und in ein tariertes Wägeschiffchen zu legen. Anschließend wird die Gefäßklemme abgenommen, das Gewicht auf 0,1 mg genau bestimmt und das Ergebnis dokumentiert.
Um den Komplex Musculus levator ani und bulbospongiosus (LABC) zu sezieren, werden die Muskeln und die Penisbasis freigelegt. Die LA-Muskeln umschlingen das Kolon, während die anterioren LA- und BC-Muskeln mit dem Bulbus penis verbunden sind. Die Haut und Adnexe der Perianalregion, die sich von der Penisbasis zum anterioren Ende des Anus erstreckt, werden entfernt. Die BC-Muskeln werden nach und nach vom Bulbus penis und den Geweben freigelegt. Das Kolon wird durchgeschnitten, dann können die vollständigen LABC-Muskeln seziert und entnommen werden. Die LABC-Muskeln sind von Fett und Adnexen zu befreien, auf 0,1 mg genau zu wiegen, und die Ergebnisse sind festzuhalten.
Nach Entfernung der LABC-Muskeln sind die runden Cowperschen oder Bulbourethraldrüsen (COW) an der Basis und leicht dorsal des Bulbus penis sichtbar. Sie sind vorsichtig zu sezieren, um eine Beschädigung der dünnen Kapsel und damit einen Flüssigkeitsverlust zu vermeiden. Die paarigen COW sind auf 0,1 mg genau zu wiegen, und das Ergebnis ist festzuhalten.
Wenn während der Nekropsie bzw. des Sezierens Flüssigkeitsverluste aus einer Drüse auftreten, sind diese ebenfalls zu dokumentieren.
55.Wenn zur Beurteilung der einzelnen Chemikalien mehr Tiere seziert werden müssen als pro Tag angemessen wäre, kann der Studienbeginn auf zwei aufeinanderfolgende Tage verteilt werden, sodass sowohl die Nekropsie als auch die damit zusammenhängenden Arbeiten auf zwei Tage verteilt werden. Bei einer derart gestaffelten Vorgehensweise ist pro Tag jeweils die Hälfte der Tiere pro Behandlungsgruppe zu verwenden.
56.Die Tierkörper sind nach der Nekropsie auf geeignete Weise zu entsorgen.

BERICHTERSTATTUNG

Daten

57.Die Daten sind einzeln zu protokollieren (d. h. Körpergewicht, Gewichte der akzessorischen Gewebe des Reproduktionstrakts, optionale Messungen sowie andere Wirkungen und Beobachtungen) und für jede Tiergruppe (Durchschnittswerte und Standardabweichungen aller Messungen) zu dokumentieren. Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Aus den Daten muss Folgendes hervorgehen: Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden werden oder die Toxizitätszeichen aufweisen, und eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen einschließlich Zeitpunkt des Einsetzens, Dauer und Schweregrad.
58.

Der Abschlussbericht sollte Folgendes enthalten:

Prüfeinrichtung

Name und Ort der Einrichtung,
Prüfungsleiter und anderes Personal sowie Zuständigkeiten während der Prüfung,
Beginn und Ende der Prüfung, d. h. Datum der ersten Verabreichung der Prüfsubstanz, und Datum der letzten Nekropsie.

Prüfsubstanz

Herkunft, Los-/Chargennummer, Identität, Reinheit, vollständige Anschrift des Lieferanten und Eigenschaften der Prüfsubstanz(en),
physikalische Beschaffenheit und, sofern zutreffend, physikalisch-chemische Eigenschaften,
Lagerungsbedingungen und Methode und Häufigkeit der Verdünnungszubereitung,
etwaige Daten über die Stabilität,
etwaige Analysen der Dosierungslösungen/Suspensionen.

Vehikel

Beschreibung des Vehikels (Art, Lieferant und Chargennr.),
Begründung der Wahl des Vehikels (sofern anders als Wasser).

Versuchstiere und Tierhaltungsverfahren

Tierart und -stamm und Begründung der getroffenen Wahl,
Herkunft oder Lieferant der Versuchstiere mit vollständiger Anschrift,
Anzahl und Alter der gelieferten Tiere,
Haltungsbedingungen (Temperatur, Beleuchtung usw.)
Futter (Bezeichnung, Art, Lieferant, Chargennr., Inhalt und, sofern bekannt, Phytoöstrogengehalte),
Einstreu (Bezeichnung, Art, Lieferant, Inhalt),
Käfighaltungsbedingungen und Anzahl der Tiere pro Käfig.

Prüfbedingungen

Alter bei Kastration und Dauer der Akklimatisierung nach Kastration,
Gewicht der einzelnen Tiere bei Prüfungsbeginn (auf 0,1 g genau),
Randomisierungsverfahren und Protokoll der Zuteilung zu Vehikel-, Referenzchemikalien- und Prüfsubstanzgruppen und Käfigen,
Durchschnittswerte und Standardabweichungen der Körpergewichte der einzelnen Gruppen pro Wägetag während der Prüfung,
Begründung der Dosiswahl,
Art und Weise der Verabreichung der Prüfsubstanz und Begründung des gewählten Expositionswegs,
Falls es sich um eine Prüfung auf antiandrogene Wirkungen handelt, die Behandlung mit TP (Dosis und Volumen),
Behandlung mit der Prüfsubstanz (Dosis und Volumen),
Zeitpunkt der Dosierung,
Nekropsieverfahren einschließlich Angaben zu Entblutung und Narkosemitteln,
wenn Serumanalysen durchgeführt werden, sind Angaben zum Analyseverfahren zu machen. Wenn zum Beispiel RIA angewendet wird, sind das RIA-Verfahren, die Herkunft der RIA-Kits, die Ablaufdaten der Kits, das Szintillationszählungsverfahren und das Standardisierungsverfahren zu protokollieren.

Ergebnisse

tägliche Beobachtungen für jedes Tier während der Dosierung einschließlich:
Körpergewicht (auf 0,1 g genau),
klinische Zeichen (falls vorhanden),
etwaige Messungen oder Aufzeichnungen zur Nahrungsaufnahme.
Nekropsiebefunde für jedes Tier einschließlich:
Datum der Nekropsie,
Behandlungsgruppe,
Kennziffer des Tiers,
Prosektor,
Uhrzeit der Nekropsie/Sektion,
Alter des Tiers,
finales Körpergewicht bei Nekropsie, wobei etwaige statistisch signifikante Erhöhungen oder Verringerungen zu vermerken sind,
Reihenfolge des Entblutens und Sezierens der einzelnen Tiere bei der Nekropsie,
Gewichte der fünf androgenabhängigen Zielgewebe:
ventrale Prostata (auf 0,1 mg genau),
Samenbläschen plus Koagulationsdrüsen einschließlich Flüssigkeit (paarig, auf 0,1 mg genau),
Muskelkomplex Levator ani/bulbospongiosus (auf 0,1 mg genau),
Cowpersche Drüsen (Frischgewicht — paarig, auf 0,1 mg genau),
Glans penis (Frischgewicht, auf 0,1 mg genau),
Gewichte der optionalen Gewebe, falls bestimmt:
Leber (auf 0,1 g genau),
Niere (paarig, auf 0,1 mg genau),
Nebenniere (paarig, auf 0,1 mg genau),
Allgemeine Bemerkungen und Kommentare,
Analyse von Serumhormonen, falls bestimmt

 

— Serum-LH (optional — ng pro ml Serum) und

— Serum-T (optional — ng pro ml Serum),

Allgemeine Bemerkungen und Kommentare.

Datenzusammenfassung

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen, und zwar mit Stichprobengröße für jede Gruppe, Mittelwert und Standardfehler des Mittelwerts oder Standardabweichung. Ebenfalls in tabellarischer Form aufgeführt sein müssen die Körpergewichte bei Nekropsie, Körpergewichtsänderungen ab Dosierungsbeginn bis Nekropsie, Gewichte der akzessorischen Zielgewebe des Reproduktionstrakts und optional bestimmte Organgewichte.

Diskussion der Ergebnisse

59.Das Körpergewicht und das Gewicht der einzelnen Organe bei Nekropsie sind statistisch auf Parameter wie die Varianzhomogenität mit entsprechender bedarfsgerechter Datentransformation zu analysieren. Die Behandlungsgruppen sind anhand einer Varianzanalyse oder ähnlicher Analysetechniken mit einer Kontrollgruppe zu vergleichen, gefolgt von paarweisen Vergleichen (z. B. dem einseitigen Test nach Dunnett) und dem Kriterium der statistischen Differenz, z. B. p ≤ 0,05. Es ist zu ermitteln, welche Gruppen eine statistische Signifikanz aufweisen. „Relative Organgewichte“ sind jedoch aufgrund der dieser Datenbearbeitung zugrunde liegenden ungültigen statistischen Hypothesen zu vermeiden.
60.Bei der Prüfung auf Androgenagonismus sollte die Prüfgruppe, die nur das Vehikel erhält, die Kontrollgruppe sein. Die Parameter der Wirkungsweise einer Prüfsubstanz können bei den Zielgeweben zu unterschiedlichen relativen Reaktionen führen; so kann z. B. Trenbolon, das nicht durch die 5α-Reduktase umgewandelt werden kann, eine stärkere Wirkung auf den LABC-Komplex und die GP haben als TP. Eine statistisch signifikante Gewichtserhöhung (p ≤ 0,05) bei mindestens zwei der fünf androgenabhängigen Zielgewebe (VP, LABC, GP, KD und SBKD) ist als positives Ergebnis im Sinne einer Wirkung als Androgenagonist zu werten; ferner sollte bei allen Zielgeweben ein gewisses erhöhtes Wachstum zu beobachten sein. Eine kombinierte Beurteilung der Reaktionen aller akzessorischen Gewebe des Reproduktionstrakts kann mittels geeigneter multivariater Datenanalysemethoden erfolgen. Dies kann zu besseren Analyseergebnissen führen, insbesondere dann, wenn nur bei einem einzigen Gewebe eine statistisch signifikante Reaktion feststellbar ist.
61.Bei der Prüfung auf Androgenantagonismus sollte die Prüfgruppe, die das Referenzandrogen (also nur Testosteronpropionat) erhält, die Kontrollgruppe sein. Die Parameter der Wirkungsweise einer Prüfsubstanz können bei den Zielgeweben zu unterschiedlichen relativen Reaktionen führen; so haben z. B. 5α-Reduktaseinhibitoren wie Finasterid im Vergleich zu wirksamen AR-Antagonisten wie Flutamid eine stärkere Wirkung auf die ventrale Prostata als auf andere Gewebe. Eine statistisch signifikante Gewichtsverringerung (p ≤ 0,05) bei mindestens zwei der fünf androgenabhängigen Zielgewebe (VP, LABC, GP, KD und SBKD) im Verhältnis zu der nur mit TP behandelten Gruppe ist als positives Ergebnis im Sinne einer Wirkung als Androgenantagonist zu werten; ferner sollte bei allen Zielgeweben eine gewisse Wachstumsverringerung zu beobachten sein. Eine kombinierte Beurteilung der Reaktionen aller akzessorischen Gewebe des Reproduktionstrakts kann mittels geeigneter multivariater Datenanalysemethoden erfolgen. Dies kann zu besseren Analyseergebnissen führen, insbesondere dann, wenn nur bei einem einzigen Gewebe eine statistisch signifikante Reaktion feststellbar ist.
62.Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen, und zwar mit Mittelwert, Standardfehler des Mittelwerts (Standardabweichung wäre ebenfalls akzeptabel) und Stichprobengröße für jede Gruppe. Es sollten auch Tabellen mit Einzeldaten beigefügt werden. Die Einzelwerte, Mittelwerte und die Werte für Standardfehler (Standardabweichung) und Variationskoeffizienten für die Kontrolldaten sind daraufhin zu prüfen, ob sie die akzeptablen Kriterien für die Konsistenz mit erwarteten historischen Werten erfüllen. Übersteigen die Variationskoeffizienten (VK) die Werte in Tabelle 1 (vgl. Nummern 25 und 26) für die einzelnen Organgewichte, so ist zu prüfen, ob Fehler bei der Datenerfassung oder -eingabe vorliegen oder ob das Labor die Sektion der androgenabhängigen Gewebe noch nicht exakt beherrscht, sodass weitere Schulungsmaßnahmen/praktische Erfahrung gerechtfertigt sind. Im Allgemeinen sind die VK (die Standardabweichung geteilt durch das mittlere Organgewicht) von Labor zu Labor und von Prüfung zu Prüfung reproduzierbar. Die vorgelegten Daten sollten mindestens umfassen: ventrale Prostata, Samenbläschen, Musculus levator ani plus bulbospongiosus, Cowpersche Drüsen, Glans penis, Leber und Körpergewichte sowie Körpergewichtsänderungen von Dosierungsbeginn bis Nekropsie. Die Daten können auch nach Kovarianzanpassung für das Körpergewicht eingereicht werden, doch dies sollte eine Einreichung der nicht angepassten Daten nicht ersetzen. Zusätzlich sollte die Präputialseparation, wenn sie bei einer der Gruppen nicht erfolgt ist, bei ihrem Eintreten erfasst und statistisch anhand des exakten Tests nach Fisher mit der Kontrollgruppe verglichen werden.
63.Wenn beim Vergleich der Computerdateneinträge mit den ursprünglichen Datenblättern Organgewichtswerte auffallen, die nicht biologisch plausibel sind oder um mehr als drei Standardabweichungen vom Behandlungsgruppendurchschnitt abweichen, sollten diese sorgfältig auf ihre Richtigkeit überprüft und gegebenenfalls verworfen werden, da es sich wahrscheinlich um Erfassungsfehler handelt.
64.Ein Vergleich der Prüfungsergebnisse mit den VK-Werten der OECD (siehe Tabelle 1) ist häufig ein wichtiger Schritt bei der Interpretation der Validität der Prüfungsergebnisse. Die historischen Daten der Vehikelkontrollgruppen sollten vom Labor in dessen Datenbestand eingepflegt werden. Die historischen Daten zur Wirkung positiver Referenzchemikalien, zum Beispiel TP und FT, sind ebenfalls vom Labor einzupflegen. Die Laboratorien können ferner die Reaktion auf bekannt schwache Androgenagonisten und -antagonisten in regelmäßigen Abständen testen und diese Daten einpflegen. Diese Daten können mit den verfügbaren OECD-Daten verglichen werden, um sicherzustellen, dass mit den Methoden des Labors eine ausreichende statistische Präzision und Aussagekraft erzielt wird.

Anlage 1

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Androgen (Adj.) : Begriff zur Beschreibung einer positiven Wirkung auf das Wachstum androgenabhängiger Gewebe.

Antiandrogen (Adj.) : die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung von TP in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Dosierung : ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

Dosis : die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Für die Zwecke des Hershberger-Bioassays wird die Dosis ausgedrückt als Masse der Prüfsubstanz je Einheit Körpergewicht des Versuchstiers pro Tag (z. B. mg pro kg Körpergewicht und Tag).

Empfindlichkeit : die Fähigkeit einer Prüfmethode, Chemikalien korrekt anhand derjenigen Eigenschaft zu erkennen, auf die diese getestet werden.

Moribund (Adj.) : Begriff zur Beschreibung des Zustands eines sterbenden, todgeweihten Tiers.

Postnataler Tag X : der x-te Lebenstag nach der Geburt.

Prüfsubstanz : jede(r) mittels dieser Prüfmethode getestete Stoff bzw. Mischung.

Spezifizität : die Fähigkeit einer Prüfmethode, Chemikalien korrekt anhand des Fehlens derjenigen Eigenschaft zu erkennen, auf die diese getestet werden.

Tag der Geburt : der postnatale Tag 0.

Validierung : wissenschaftlicher Prozess zur Beschreibung der operationellen Anforderungen und Grenzen einer Prüfmethode und zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit und Eignung für einen bestimmten Zweck.

Anlage 2

VMG mamm: Validation Management Group on Mammalian Testing and Assessment

ANMERKUNGEN ZUM RAHMENKONZEPT

Anmerkung 1: Ein Einstieg in das Rahmenkonzept und ein Ausstieg sind auf allen Stufen möglich und abhängig davon, welche Informationen für Gefahren- und Risikobeurteilungszwecke benötigt werden.

Anmerkung 2: Bei Stufe 5 sollte der Aspekt der Ökotoxikologie Endpunkte beinhalten, die Hinweise auf schädliche Wirkmechanismen und eine potenzielle Schädigung der Population liefern.

Anmerkung 3: Wenn ein multimodales Modell mehrere Assays mit nur einem Endpunkt (Single-Endpoint-Assays) umfasst, ersetzt dieses Modell die Durchführung der Single-Endpoint-Assays.

Anmerkung 4: Die Bewertung der einzelnen Chemikalien sollte von Fall zu Fall und unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten sowie vor dem Hintergrund des Zwecks der Stufen des Rahmenkonzepts erfolgen.

Anmerkung 5: Das Rahmenkonzept ist derzeit noch nicht als vollständig anzusehen. Auf Stufe 3, 4 und 5 beinhaltet es Assays, die entweder schon verfügbar sind oder sich gerade in der Validierungsphase befinden. Bei Letzteren ist die Aufnahme in das Rahmenkonzept noch vorläufig. Sobald ihre Entwicklung und Validierung abgeschlossen ist, werden sie offizieller Bestandteil des Konzepts.

Anmerkung 6: Stufe 5 ist nicht so zu verstehen, dass es sich bei den darin enthaltenen Tests nur um endgültige Prüfungen handelt. Die Prüfungen dieser Stufe sollen vielmehr einen Beitrag zur allgemeinen Gefahren- und Risikobewertung leisten.

LITERATUR

(1) OECD (1998). Report of the First Meeting of the OECD Endocrine Disrupter Testing and Assessment (EDTA) Task Force, 10.-11. März 1998, ENV/MC/CHEM/RA(98)5.

(2) Dorfman RI (1962). Standard methods adopted by official organization. Academic Press, NY.

(3) Gray LE Jr, Furr J and Ostby JS (2005). Hershberger assay to investigate the effects of endocrine disrupting compounds with androgenic and antiandrogenic activity in castrate-immature male rats. In: Current Protocols in Toxicology 16.9.1-16.9.15. J Wiley and Sons Inc.

(4) OECD (2006). Final OECD report of the initial work towards the validation of the rat Hershberger assay. Phase 1. Androgenic response to testosterone propionate and anti-androgenic effects of flutamide. Environmental Health and Safety, Monograph Series on Testing and Assessment No 62. ENV/JM/MONO(2006)30.

(5) OECD (2008). Report of the OECD Validation of the Rat Hershberger Bioassay: Phase 2: Testing of Androgen Agonists, Androgen Antagonists and a 5a-Reductase Inhibitor in Dose Response Studies by Multiple Laboratories. Environmental Health and Safety, Monograph Series on Testing and Assessment No 86. ENV/JM/MONO(2008)3.

(6) OECD (2007). Report of the Validation of the Rat Hershberger Assay: Phase 3: Coded Testing of Androgen Agonists, Androgen Antagonists and Negative Reference Chemicals by Multiple Laboratories. Surgical Castrate Model Protocol. Environmental Health and Safety, Monograph Series on Testing and Assessment No 73. ENV/JM/MONO(2007)20.

(7) Owens, W, Zeiger E, Walker M, Ashby J, Onyon L, Gray, Jr, LE (2006). The OECD programme to validate the rat Hershberger bioassay to screen compounds for in vivo androgen and antiandrogen responses. Phase 1: Use of a potent agonist and a potent antagonist to test the standardized protocol. Env. Health Persp. 114:1265-1269.

(8) Owens W, Gray LE, Zeiger E, Walker M, Yamasaki K, Ashby J, Jacob E (2007). The OECD program to validate the rat Hershberger bioassay to screen compounds for in vivo androgen and antiandrogen responses: phase 2 dose-response studies. Environ Health Perspect. 115(5):671-8.

(9) Korenchevsky V (1932). The assay of testicular hormone preparations. Biochem J 26:413-422.

(10) Korenchevsky V, Dennison M, Schalit R (1932). The response of castrated male rats to the injection of the testicular hormone. Biochem J26:1306-1314.

(11) Eisenberg E, Gordan GS (1950). The levator ani muscle of the rat as an index of myotrophic activity of steroidal hormones. J Pharmacol Exp Therap 99:38-44.

(12) Eisenberg E, Gordan GS, Elliott HW (1949). Testosterone and tissue respiration of the castrate male rat with a possible test for mytrophic activity. Endocrinology 45:113-119.

(13) Hershberger L, Shipley E, Meyer R (1953). Myotrophic activity of 19-nortestosterone and other steroids determined by modified levator ani muscle method. Proc Soc Exp Biol Med 83:175-180.

(14) Hilgar AG, Vollmer EP (1964). Endocrine bioassay data: Androgenic and myogenic. Washington DC: United States Public Health Service.

(15) Dorfman RI (1969). Androgens and anabolic agents. In: Methods in Hormone Research, volume IIA. (Dorfman RI, ed.) New York:Academic Press, 151-220.

(16) Massaro EJ (2002). Handbook of Neurotoxicology, volume I. New York: Humana Press, S. 38.

(17) OECD (2000). Guidance document on the recognition, assessment and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No 19. ENV/JM/MONO(2000)7.

(18) OECD (1982). Organization for Economic Co-operation and Development — Principles of Good Laboratory Practice, ISBN 92-64-12367-9, Paris.

(19) OECD (2008). Acute oral toxicity — up-and-down procedure. OECD Guideline for the testing of chemicals No 425.

(20) OECD (2001). Guidance document on acute oral toxicity. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No 24. ENV/JM/MONO(2001)4.

(21) Supplemental materials for Owens et al. (2006). The OECD programme to validate the rat Hershberger bioassay to screen compounds for in vivo androgen and antiandrogen responses. Phase 1: Use of a potent agonist and a potent antagonist to test the standardized protocol. Env. Health Persp. 114:1265-1269. Siehe Abschnitt II, Sektionsleitfaden für die Laboratorien, abrufbar unter: [http://www.ehponline.org/docs/2006/8751/suppl.pdf].

(22) Koreanische Nahrungs- und Arzneimittelbehörde. Visueller Referenzleitfaden zur Verfahrensweise beim Hershberger-Test einschließlich Sektionsvideo. [http://rndmoa.kfda.go.kr/endocrine/reference/education_fr.html].

(23) OECD (2008). Background Review Document on the Rodent Hershberger Bioassay. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No 90. ENV/JM/MONO(2008)17.

(24) OECD (2008). Draft Validation report of the Intact, Stimulated, Weanling Male Rat Version of the Hershberger Bioassay.

(25) OECD (2009). Guidance Document on the Weanling Hershberger Bioassay in rats: A shortterm screening assay for (anti)androgenic properties. Series on Testing and Assessment, Number 115.

(26) Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 33).

(27) Die folgenden Kapitel des vorliegenden Anhangs:

B.1 bis, Akute orale Toxizität — Fest-Dosis-Methode

B.1 tris, Akute orale Toxizität — Akut toxische Klassenmethode

B.56   ERWEITERTE EIN-GENERATIONEN-PRÜFUNG AUF REPRODUKTIONSTOXIZITÄT

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 443 (2012). Sie basiert auf dem Vorschlag des Fachausschusses Agricultural Chemical Safety Assessment (ACSA) des ILSI Health and Environmental Sciences Institute (HESI) für eine in Bezug die Lebensphase F1 erweiterte Ein-Generationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität (EOGRTS), wie in Cooper et al., 2006 (1) veröffentlicht. Der Prüfplan wurde in einigen Punkten verbessert und präzisiert, um Flexibilität zu gewährleisten und deutlich zu machen, dass auf vorhandenem Wissen aufgebaut wird, gleichzeitig jedoch Beobachtungen am lebenden Tier genutzt werden, um den Prüfungsablauf zu steuern und zu maßschneidern. Die nachstehende Prüfmethode beschreibt die Verfahrensschritte einer EOGRTS-Prüfung im Einzelnen. Sie basiert auf drei Kohorten von F1-Tieren:

Kohorte 1 : Bewertung reproduktionstoxischer/entwicklungstoxischer Endpunkte; diese Kohorte kann auf eine F2-Generation erweitert werden.

Kohorte 2 : Bewertung der potenziellen Auswirkung der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz auf das sich entwickelnde Nervensystem.

Kohorte 3 : Bewertung der potenziellen Auswirkung der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz auf das sich entwickelnde Immunsystem.

2.Bei Entscheidungen darüber, ob auch die zweite Generation bewertet und die Kohorten für Entwicklungsneurotoxizität und/oder Entwicklungsimmuntoxizität ausgelassen werden sollten, sollte vorhandenes Wissen über die Prüfsubstanz ebenso berücksichtigt werden wie die Bedürfnisse der verschiedenen Regulierungsbehörden. Zweck der Prüfmethode ist es, die möglichen Verfahrenschritte für die Bewertung der einzelnen Kohorten im Detail zu beschreiben.
3.Für Regulierungsbehörden, die zur Produktion einer zweiten Generation interne Auslöser (trigger) verwenden, enthält das OECD Guidance Document Nr. 117 (39) entsprechende Verfahrensvorschriften.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND ZIELE

4.Hauptziel der EOGRTS-Prüfung ist es, bestimmte Lebensphasen zu evaluieren, die von anderen Arten von Toxizitätsstudien nicht abgedeckt werden, und nach etwaigen Wirkungen einer prä- und postnatalen Chemikalienexposition zu suchen. Zur Bestimmung der reproduktionstoxischen Endpunkte ist vorgesehen, in einem ersten Schritt — und soweit sie vorliegen — Informationen aus Prüfungen auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung einer Prüfsubstanz (einschließlich Screeningstests auf Reproduktionstoxizität, z. B. OECD TG 422 (32)), oder kurzfristige Screeningtests auf endokrine Disruptoren, (z. B. Uterotropher Bioassay — Prüfmethode B.54 (36); und Hershberger-Test — Prüfmethode B.55 (37)) heranzuziehen, um Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane von männlichen und weiblichen Tieren festzustellen. Diese könnten bei männlichen Tieren Daten über die Spermatogenese (Testikular-Histopathologie) und bei weiblichen Tieren Daten über Östruszyklen, Follikelzahlen/Eizellenreifung und die Integrität der Eierstöcke (Histopathologie) umfassen. Anschließend werden durch die EOGRTS-Prüfung die reproduktionstoxischen Endpunkte untersucht, die die Interaktion von männlichen mit weiblichen Tieren, von weiblichen Tieren mit befruchteten Eizellen (Conceptus) und von weiblichen Tieren mit ihren Nachkommen und der F1-Generation bis nach der Geschlechtsreife voraussetzen (siehe OECD Guidance Document Nr. 151, das diese Prüfmethode (40) unterstützt).
5.Der Prüfplan ermöglicht die Bewertung der prä- und postnatalen Auswirkungen von Chemikalien auf die Entwicklung sowie eine detaillierte Bewertung der systemischen Toxizität bei trächtigen und laktierenden weiblichen Tieren sowie jungen und adulten Nachkommen. Durch ausführliche Untersuchung der wichtigsten entwicklungstoxischen Endpunkte (wie Lebensfähigkeit der Nachkommen, Gesundheit der Neugeborenen, Entwicklungsstand bei der Geburt und körperliche sowie funktionale Entwicklung bis zum Erwachsenenalter) sollen spezifische Zielorgane bei den Nachkommen ermittelt werden. Die Prüfung liefert und/oder bestätigt außerdem Informationen über die Auswirkungen einer Prüfsubstanz auf die Integrität und Leistungsfähigkeit der Fortpflanzungsorgane adulter männlicher und weiblicher Tiere. Es werden speziell — aber nicht ausschließlich — die folgenden Parameter geprüft: Gonadenfunktion, Östruszyklus, epididymale Spermienreifung, Paarungsverhalten, Empfängnis, Trächtigkeit, Geburt und Laktation. Außerdem werden die Erkenntnisse aus den Untersuchungen der Entwicklungsneurotoxizität und Immuntoxizität potenzielle Wirkungen in diesen Systemen charakterisieren. Die aus diesen Prüfungen gewonnenen Daten dürften die Bestimmung der NOAEL-Werte (No Observed Adverse Effect Level), der LOAEL-Werte (Lowest Observed Adverse Effect Level) und/oder Benchmark-Dosen für die verschiedenen Endpunkte ermöglichen und/oder sollten zur Charakterisierung der in früheren Untersuchungen der Toxizität bei wiederholter Verabreichung (repeat-dose studies) festgestellten Wirkungen verwendet werden und/oder als Richtwerte für spätere Tests dienen.
6.Ein Schema des Protokolls ist in Abbildung 1 gegeben. Die Prüfsubstanz wird in abgestuften Dosen kontinuierlich an mehrere Gruppen geschlechtsreifer männlicher und weiblicher Versuchstiere verabreicht. Diese Parentalgeneration (P) erhält die Dosen vor der Paarung während eines vorgegebenen Expositionszeitraums (ausgewählt auf Basis der für die Prüfsubstanz vorliegenden Informationen; mindestens aber zwei Wochen) und während eines zweiwöchigen Paarungszeitraums. P-Männchen werden mindestens bis zum Entwöhnen der F1-Nachkommen weiterbehandelt. Die Behandlung sollte mindestens zehn Wochen dauern. Sie können auch länger behandelt werden, falls Auswirkungen auf die Fortpflanzung unschlüssig sind. Die Behandlung der P-Weibchen wird während Trächtigkeit und Laktation bis nach der Entwöhnung ihrer Würfe fortgesetzt (d. h. acht- bis zehnwöchige Behandlung). Die F1-Nachkommen werden vom Zeitpunkt ihrer Entwöhnung bis zum Erwachsenenalter mit der Prüfsubstanz weiterbehandelt. Wird eine zweite Generation untersucht (siehe OECD Guidance Document Nr. 117 (39)), so werden die F1-Nachkommen so lange behandelt, bis die F2-Generation entwöhnt ist bzw. bis die Prüfung abgeschlossen ist.
7.Alle Tiere werden klinisch und pathologisch auf Anzeichen von Toxizität untersucht, wobei insbesondere auf die Integrität und Leistungsfähigkeit der Fortpflanzungsorgane der männlichen und der weiblichen adulten Tiere sowie auf Gesundheit, Wachstum, Entwicklung und Fortpflanzungsfähigkeit der Nachkommen geachtet wird. Am Tag des Absetzens werden ausgewählte Nachkommen für weitere Untersuchungen, einschließlich Untersuchungen der Geschlechtsreife, der Integrität und Funktionsfähigkeit der Fortpflanzungsorgane, der neurologischen Endpunkte und der Verhaltensendpunkte sowie der Immunfunktionen in bestimmte Untergruppen (Kohorten 1-3, siehe die Nummern 33 und 34 sowie Abbildung 1) eingeteilt.
8.Bei der Prüfung sollten die im OECD Guidance Document Nr. 19 on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation (34) genannten Grundsätze und Erwägungen beachtet werden.
9.

Wurden genügend Prüfungen durchgeführt, um über die Eignung dieses neuen Prüfplans zu befinden, wird die Prüfmethode überprüft und auf der anhand der gewonnenen Erfahrungen gegebenenfalls überarbeitet.

Abbildung 1

Schema der erweiterten Ein-Generationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE/VORBEREITUNGEN FÜR DEN TEST

Versuchstiere

Auswahl von Versuchstierart und -stamm

10.Die Art der Versuchstiere für die Prüfung auf Reproduktionstoxizität sollte unter Berücksichtigung aller verfügbaren Informationen sorgfältig ausgewählt werden. Wegen der Fülle der vorliegenden Hintergrundinformationen und der Vergleichbarkeit mit allgemeinen Toxizitätsprüfungen ist die Ratte in der Regel das Versuchstier der Wahl, und die in dieser Prüfmethode angegebenen Kriterien und Empfehlungen beziehen sich auf diese Tierart. Falls eine andere Tierart verwendet wird, ist dies zu begründen, und das Protokoll ist entsprechend abzuändern. Stämme mit geringer Fruchtbarkeit oder allgemein anerkanntem spontanem Vorkommen von Entwicklungsstörungen sollten nicht verwendet werden.

Alter, Körpergewicht und Aufnahmekriterien

11.Es sind gesunde Elterntiere zu verwenden, die zuvor nicht in anderen Versuchen verwendet wurden. Es sind sowohl männliche als auch weibliche Tiere zu untersuchen, wobei die weiblichen Tiere nicht geworfen haben noch trächtig sein dürfen. Die P-Tiere sollten geschlechtsreif sein, bei der ersten Dosisverabreichung über ein ähnliches Gewicht (innerhalb des Geschlechts) verfügen, bei der Paarung etwa gleich alt (ungefähr 90 Tage) und für die Prüfart und den Prüfstamm repräsentativ sein. Die Tiere sind nach ihrem Eintreffen im Labor mindestens fünf Tage lang einzugewöhnen. Sie werden nach dem Zufallsprinzip so auf die Kontroll- und Behandlungsgruppen verteilt, dass die verschiedenen Gruppen vergleichbare mittlere Körpergewichtswerte aufweisen (d. h. ± 20 % des Mittelwerts).

Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen

12.Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3°) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte bei 30-70 % liegen, wobei eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 % ideal ist. Die Hell- und Dunkelphasen der künstlichen Beleuchtung sollten jeweils 12 Stunden dauern. Es kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, die Tiere sollten jedoch unbegrenzten Zugang zu Trinkwasser haben. Es ist besonders auf den Phytoöstrogengehalt des Futters zu achten, da einige reproduktionstoxische Endpunkte durch einen zu hohen Phytoöstrogengehalt im Futter beeinträchtigt werden könnten. Es wird standardisiertes Futter mit offener Rezeptur empfohlen, dessen Gehalt an östrogen wirkenden chemischen Substanzen reduziert wurde (2) (30). Die Auswahl des Futters kann eventuell dadurch beeinflusst werden, dass eine geeignete Menge Prüfsubstanz beigemischt werden muss, wenn die Prüfsubstanz über das Futter verabreicht werden soll. Der Gehalt, die Homogenität und die Stabilität der Prüfsubstanz in den Futterrationen sind zu überprüfen. Futter und Trinkwasser sind regelmäßig auf Schadstoffe zu analysieren. Proben jeder im Laufe des Versuchs verwendeten Futtercharge sind bis zur Fertigstellung des Abschlussberichts unter geeigneten Bedingungen (z. B. durch Einfrieren bei – 20 °C) aufzubewahren, falls die Ergebnisse eine weitere Analyse der Futterbestandteile erfordern.
13.Die Tiere sollten in kleinen Gruppen gleichen Geschlechts und gleicher Behandlung untergebracht werden. Sie können auch einzeln untergebracht werden, um potenzielle Verletzungen zu vermeiden (z. B. männliche Tiere nach der Paarungszeit). Die Paarung sollte in zweckbestimmten Käfigen erfolgen. Nach dem nachweislich erfolgten Deckakt sind weibliche Tiere, von denen angenommen wird, dass sie trächtig sind, in separaten Käfigen speziell für trächtige Tiere bzw. in Wurfkäfigen zu halten, in denen ihnen vorgegebene und geeignete Nistmaterialien zur Verfügung stehen. Würfe werden bis zur Entwöhnung bei ihren Müttern gehalten. F1-Tiere sollten ab dem Tag ihres Absetzens bis zum Versuchsende in kleinen Gruppen gleichen Geschlechts und gleicher Behandlung gehalten werden. Sie können auch einzeln gehalten werden, soweit dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Der Phytoöstrogengehalt der gewählten Einstreu sollte so gering wie möglich sein.

Zahl und Kennzeichnung der Versuchstiere

14.Normalerweise sollte sich in jeder Prüf- und Kontrollgruppe eine ausreichende Menge Begattungspaare befinden, um pro Dosisgruppe mindestens 20 trächtige Weibchen zu ergeben. Das Ziel besteht darin, so viele trächtige Weibchen zu erhalten, dass eine aussagekräftige Bewertung des Potenzials der Prüfsubstanz, die Fruchtbarkeit, die Trächtigkeit und das Verhalten der Muttertiere der P-Generation sowie Wachstum und Entwicklung der F1-Nachkommen von der Befruchtung bis hin zur Geschlechtsreife zu beeinträchtigen, gewährleistet ist. Wird die gewünschte Zahl trächtiger Tiere nicht erzielt, so wird die Studie dadurch nicht zwangsläufig unbrauchbar. Hier ist der jeweilige Einzelfall zu bewerten, wobei zu prüfen ist, ob eine mögliche kausale Beziehung zur Prüfsubstanz hergestellt werden kann.
15.Jedes P-Tier erhält eine individuelle Kennnummer, bevor mit der Dosisverabreichung begonnen wird. Wenn historische Labordaten darauf hindeuten, dass ein erheblicher Teil der weiblichen Tiere möglicherweise keinen regelmäßigen (4- oder 5-tägigen) Östruszyklus aufweist, wird empfohlen, die Östruszyklen vor Beginn der Behandlung zu untersuchen. Alternativ kann die Gruppe vergrößert werden, um sicherzustellen, dass zu Beginn der Behandlung mindestens 20 weibliche Tiere in jeder Gruppe einen regelmäßigen (4- oder 5-tägigen) Zyklus aufweisen. Alle F1-Nachkommen werden bei der ersten Untersuchung der Neugeborenen am Tag der Geburt (Tag 0) oder am Tag 1 nach der Geburt (postnatal day, PND) einzeln gekennzeichnet. Aufzeichnungen, aus denen der Wurf, dem sie entstammen, hervorgeht, sind für alle F1-Tiere und gegebenenfalls auch für alle F2-Tiere während der gesamten Versuchsdauer aufzubewahren.

Prüfsubstanz

Verfügbare Informationen über die Prüfsubstanz

16.Die Überprüfung vorliegender Informationen ist für die Wahl des Verabreichungswegs, des Vehikels der Tierart und der Dosisabstufungen sowie für potenzielle Änderungen des Verabreichungszeitplans wichtig. Daher sollten bei der Planung der EOGRTS-Prüfung alle über die Prüfsubstanz vorliegenden sachdienlichen Informationen wie physikalisch-chemische Eigenschaften, toxikokinetische Eigenschaften (einschließlich des artenspezifischen Stoffwechsels), toxikodynamische Eigenschaften, Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR), In-vitro-Stoffwechselprozesse, Ergebnisse früherer Toxizitätsstudien und sachdienliche Informationen über strukturelle Analogien berücksichtigt werden. Vorläufige Informationen über Resorption, Verteilung, Metabolismus und Elimination (ADME) sowie Bioakkumulation können aus der chemischen Struktur, physikalisch-chemischen Daten, dem Umfang der Plasmaproteinbindung oder toxikokinetischen Studien abgeleitet werden, während Ergebnisse aus Toxizitätsstudien zusätzliche Informationen, z. B. über den NOAEL-Wert, den Stoffwechsel oder eine Stoffwechselinduktion liefern.

Berücksichtigung toxikokinetischer Daten

17.

Obwohl nicht erforderlich, können toxikokinetische Daten (TK-Daten) aus früheren Dosisfindungs- oder anderen Studien bei der Erstellung des Prüfplans, der Dosisabstufung und der Auswertung der Ergebnisse äußerst nützlich sein. Ganz besonders zweckdienlich sind dabei Daten, die 1) die Exposition von Föten und Jungtieren gegenüber der Prüfsubstanz (oder relevanten Metaboliten) bestätigen, 2) zur Ableitung einer internen Dosimetrie beitragen und 3) eine potenzielle dosisabhängige Sättigung kinetischer Prozesse bewerten. Falls weitere TK-Daten vorliegen, beispielsweise Metabolitprofile, Konzentrations-Zeit-Kurven usw. sind diese ebenfalls zu berücksichtigen. Ergänzende TK-Daten können auch während des Hauptversuchs erhoben werden, vorausgesetzt die Erhebung und Interpretation der wichtigsten Versuchsendpunkte wird dadurch nicht beeinträchtigt.

Grundsätzlich wären folgende TK-Datensätze bei der Planung der EOGRTS-Prüfung nützlich:

späte Trächtigkeitsphase (z. B. Trächtigkeitstag (GD) 20) — mütterliches und fetales Blut,
Mitt-Laktation (PND 10) — mütterliches Blut, Jungtierblut und/oder Milch,
kurz nach der Entwöhnung (z. B. PND 28) — Blutproben der entwöhnten Jungtiere.

Die Bestimmung der spezifischen Analyten (wie Ausgangssubstanz und/oder Metaboliten) und des Probenahmeplans sollte flexibel gehandhabt werden. Beispielsweise hängen Zahl und Zeitpunkt der Probenahmen an einem beliebigen Entnahmetag vom Expositionsweg und der Vorabkenntnis der toxikokinetischen Merkmale nicht trächtiger Tiere ab. Bei Versuchen mit Verabreichung über das Futter sind Probenahmen stets zum selben Zeitpunkt an jedem dieser Tage ausreichend, wohingegen bei Verabreichungen über eine Schlundsonde unter Umständen zusätzliche Probenahmen erforderlich sind, um einen besseren Schätzwert für den Bereich der internen Dosen zu erhalten. Eine vollständige Konzentrations-Zeit-Kurve muss jedoch nicht für jeden Probenahmetag erstellt werden. Erforderlichenfalls können Blutproben nach Geschlechtern innerhalb der Würfe für fetale und neonatale Analysen gepoolt werden.

Verabreichungsweg

18.Bei der Wahl des Verabreichungswegs sollten die Routen berücksichtigt werden, die für die menschliche Exposition am relevantesten sind. Obwohl das Protokoll für die Verabreichung der Prüfsubstanz über das Futter ausgelegt ist, kann es für eine Verabreichung über andere Wege (Trinkwasser, Schlundsonde, Inhalation, dermal) je nach Eigenschaften der Prüfsubstanz und den erforderlichen Informationen abgeändert werden.

Wahl des Vehikels

19.Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Es wird empfohlen, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension und erst dann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser sollten deren toxische Merkmale bekannt sein. Die Verwendung von Vehikeln mit einer potenziellen intrinsischen Toxizität (z. B. Aceton, DMSO) ist zu vermeiden. Die Stabilität der Prüfsubstanz im Vehikel sollte bestimmt werden. Wird ein Vehikel oder ein anderes Additiv zur Erleichterung der Dosierung verwendet, so sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden: die Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, die Verstoffwechselung oder die Retention der Prüfsubstanz, Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere.

Wahl der Dosis

20.Normalerweise sollten im Versuch mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden. Bei der Wahl der geeigneten Dosisstufen sollte der Prüfer alle vorliegenden Informationen berücksichtigen, einschließlich der Dosierungsinformationen aus früheren Versuchen, TK-Daten zu trächtigen und nicht trächtigen Tieren, das Ausmaß der Übertragung über die Muttermilch und die Schätzwerte für die menschliche Exposition. Falls toxikokinetische Daten vorliegen, die auf eine dosisbedingte Sättigung der toxikokinetischen Prozesse hindeuten, ist darauf zu achten, dass hohe Dosisstufen vermieden werden, die eindeutig eine hohe Sättigung aufweisen, natürlich nur unter der Voraussetzung, dass menschliche Expositionen möglichst deutlich unter dem Sättigungspunkt liegen. In solchen Fällen sollte die höchste Dosisstufe auf oder knapp über dem Wendepunkt zum Übergang zu nichtlinearem toxikokinetischem Verhalten liegen.
21.Sind keine relevanten toxikokinetischen Daten verfügbar, sollten die Dosisstufen auf der Grundlage der toxischen Wirkungen gewählt werden, es sei denn, es bestehen Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit der Prüfsubstanz. Werden die Dosisstufen auf der Grundlage der Toxizität gewählt, ist die höchste Dosisstufe so anzusetzen, dass bei den Tieren zwar toxische Wirkungen, aber keine Todesfälle oder schwere Leiden hervorgerufen werden.
22.Die Dosisstufen sind in absteigender Reihenfolge zu wählen, um etwaige dosisabhängige Wirkungen nachzuweisen und NOAEL-Werte oder Dosen an der Nachweisgrenze zu ermitteln, über die eine Benchmark-Dosis (BMD) für die empfindlichsten Endpunkte abgeleitet werden kann. Zwei- bis vierfache Abstände erweisen sich häufig als optimale Dosisabstufungen, um große Dosisstufenabstände zwischen NOAEL- und LOAEL-Werten zu vermeiden. Außerdem ist es oft besser, eine vierte Prüfgruppe einzurichten, statt zwischen den Dosen sehr große Abstände (z. B. mehr als × 10) zu verwenden.
23.Bis auf die Behandlung mit der Prüfsubstanz sind die Tiere in der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Tiere in den Prüfgruppen. Diese Gruppe sollte eine unbehandelte oder scheinbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen.

Limit-Test

24.Wenn in Versuchen mit wiederholter Verabreichung bei einer Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag keine Anzeichen von Toxizität zu erkennen sind oder wenn aufgrund von Daten über struktur- und/oder stoffwechselverwandte Stoffe, die auf ähnliche In-vivo/In-vitro-Stoffwechseleigenschaften hindeuten, keine Toxizität zu erwarten ist, kann möglicherweise auf einen Versuch mit mehreren Dosisstufen verzichtet werden. In solchen Fällen könnte die EOGRTS-Prüfung mit einer Kontrollgruppe und mit einer einzelnen Dosis von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag durchgeführt werden. Sollten jedoch bei dieser Grenzdosis Nachweise einer Reproduktions- oder Entwicklungstoxizität festgestellt werden, sind zur Ermittlung eines NOAEL-Wertes weitere Versuche bei niedrigeren Dosisstufen erforderlich. Das Kriterium des Limit-Tests findet jedoch nur Anwendung, wenn das Niveau der menschlichen Exposition keine höhere Dosisstufe erfordert.

VERFAHREN

Exposition der Nachkommen

25.Die bevorzugte Verabreichungsmethode ist die Aufnahme über die Nahrung. Falls die Untersuchungen mit Schlundsonden durchgeführt werden, wird darauf hingewiesen, dass die Jungtiere die Prüfsubstanz in der Regel nur indirekt über die Milch erhalten, bis nach der Entwöhnung auch für sie die Direktverabreichung beginnt. Bei Futter- oder Trinkwasserversuchen erhalten die Jungtiere die Prüfsubstanz zusätzlich direkt, sobald sie während der letzten Woche der Laktationszeit beginnen, selbst zu fressen. Wenn zu wenig Prüfsubstanz in die Muttermilch übergeht und nicht nachwiesen werden kann, dass die Nachkommen kontinuierlich exponiert sind, sollte eine Änderung des Prüfplans in Betracht gezogen werden. In diesem Fall sollte auf der Grundlage vorliegender toxikokinetischer Erkenntnisse, der Toxizität bei den Nachkommen oder veränderter Biomarker bei Jungtieren während der Laktationszeit eine Direktverabreichung in Betracht gezogen werden (3) (4). Vor der Durchführung von Direktverabreichungsversuchen mit säugenden Jungtieren sind die Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen (5).

Verabreichungszeitplan und Verabfolgung der Dosen

26.Unter Umständen liegen aus früheren ausreichend langen Prüfungen mit wiederholter Verabreichung Informationen zum Östruszyklus, zur Histopathologie des männlichen und weiblichen Fortpflanzungsapparats und zur Analyse testikulärer/epididymaler Spermien vor. Daher soll bei der EOGRTS-Prüfung die Dauer der Behandlung vor der Paarung die Feststellung von Auswirkungen auf funktionale Veränderungen ermöglichen, die das Paarungsverhalten und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen können. Die Behandlung vor der Paarung sollte so lange dauern, bis bei P-Männchen und P-Weibchen ein Expositionsgleichgewicht (Steady-State) erreicht ist. Eine zweiwöchige Behandlung vor der Paarung wird in den meisten Fällen für beide Geschlechter als angemessen angesehen. Bei Weibchen werden damit drei bis vier vollständige Östruszyklen abgedeckt, was genügen sollte, um etwaige Auswirkungen auf den Zyklus festzustellen. Bei männlichen Tieren entspricht dies der Zeit, die für den epididymalen Übergang der reifenden Spermien erforderlich ist; dieser Zeitraum sollte für die Feststellung posttestikulärer Auswirkungen auf Spermien (während der Endphasen der Spermiation und der epididymalen Spermienreifung) bei der Paarung ausreichen. Am Ende des Versuchs, d. h. der Zeitpunkt, für den die testikuläre und epididymale Histopathologie und die Analyse der Spermienparameter anberaumt sind, waren die P- und F1-Männchen zumindest für die Dauer eines vollständigen Spermatogeneseprozesses exponiert ((6) (7) (8) (9) und OECD Guidance Document Nr. 151 (40)).
27.Die Expositionsszenarien für Männchen vor der Paarung könnten angepasst werden, wenn in früheren Untersuchungen nachweislich testikuläre Toxizität (Beeinträchtigung der Spermatogenese) oder Beeinträchtigungen der Integrität und Funktionsfähigkeit der Spermien festgestellt wurden. Gleichermaßen können auch bei Weibchen vor der Paarung andere Expositionsszenarien gerechtfertigt sein, wenn Auswirkungen der Prüfsubstanz auf den Östruszyklus und damit auf die Empfänglichkeit bekannt sind. In besonderen Fällen kann es unter Umständen akzeptabel sein, dass mit der Behandlung der P-Weibchen erst nach einem spermienpositiven Abstrich begonnen wird (siehe OECD Guidance Document Nr. 151 (40)).
28.Sobald die Phase der Verabreichung vor der Paarung feststeht, sollten die Tiere bis zur Nekropsie nach einem 7 Tage/Woche-Schema mit der Prüfsubstanz behandelt werden. Allen Tieren sollte die Prüfsubstanz nach derselben Methode verabreicht werden. Die Verabreichung sollte während der zweiwöchigen Paarungszeit und — bei P-Weibchen — während der gesamten Trächtigkeitsdauer und Laktationsperiode bis zu ihrer Tötung am Tag nach dem Absetzen fortgeführt werden. Männchen sollten bis zu ihrer Tötung am Tag der Absetzung der F1-Tiere in derselben Weise zu behandeln. Bei der Nekropsie ist weiblichen Tieren Priorität einzuräumen; sie sollten am selben/einem ähnlichen Laktationstag seziert werden. Die Nekropsie der männlichen Tiere kann sich je nach Verfügbarkeit der Laboreinrichtungen über mehrere Tage erstrecken. Sofern mit der direkten Verabreichung der Prüfsubstanz nicht bereits während der Laktationsperiode begonnen wurde, sollte die Direktverabfolgung an ausgewählte F1-Männchen und F1-Weibchen am Tag des Absetzens beginnen und bis zur geplanten Nekropsie (je nach in Kohorteneinteilung) fortgesetzt werden.
29.Bei über das Futter oder das Trinkwasser verabreichten Prüfsubstanzen ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz den normalen Nährstoff- oder Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wird die Prüfsubstanz über die Nahrung verabreicht, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter/Wasser (ppm) oder eine konstante Dosis, bezogen auf das Körpergewicht des Tieres, verwendet werden. Dabei ist anzugeben, welche Option gewählt wurde.
30.Wird die Prüfsubstanz über eine Schlundsonde verabreicht, sollte die Menge der jeweils verabreichten Flüssigkeit grundsätzlich 1 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen (0,4 ml/100 g Körpergewicht ist der Höchstwert für Öl, z. B. Maisöl). Außer bei reizenden oder ätzenden Stoffen, die in der Regel in höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, sollten Abweichungen bei den verabreichten Prüfsubstanzmengen minimiert werden, indem die Konzentration so angepasst wird, dass auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet ist. Die Behandlung sollte jeden Tag etwa zur gleichen Uhrzeit erfolgen. Die Dosis für jedes Tier sollte sich auf das aktuelle Körpergewichtstützen und ist bei adulten Männchen und nicht-trächtigen adulten Weibchen mindestens wöchentlich und bei trächtigen Weibchen und F1-Tieren alle zwei Tage anzupassen, wenn die Verabreichung vor dem Absetzen und während der zwei Wochen nach der Entwöhnung erfolgt. Falls toxikokinetische Daten auf eine schwache plazentare Übertragung der Prüfsubstanz hindeuten, muss die in der der letzten Trächtigkeitswoche über die Schlundsonde verabreichte Dosis unter Umständen angepasst werden, um die Verabreichung einer zu giftigen Dosis an das Muttertier zu verhindern. Weibliche Tiere sollten am Wurftag nicht mit einer Schlundsonde oder auf andere Weise behandelt werden, die eine Hantierung der Tiere erfordert; es ist besser, am Wurftag keine Prüfsubstanz zu verabreichen, als den Geburtsvorgang zu beeinträchtigen.

Paarung

31.Jedes P-Weibchen sollte so lange einem einzigen nach dem Zufallsprinzip ausgewählten nicht verwandten Männchen aus derselben Dosisgruppe zugeführt werden (1:1-Paarung), bis die Kopulation nachweislich stattgefunden hat oder zwei Wochen abgelaufen sind. Falls nicht genügend Männchen vorhanden sind, weil männliche Tiere beispielsweise noch vor der Paarung gestorben sind, können Männchen, die bereits ein Weibchen gedeckt haben (1:1) mit einem zweiten Weibchen angepaart werden, damit alle Weibchen gedeckt werden. Tag 0 der Trächtigkeit wird als der Tag festgelegt, an dem die Deckung (durch Vaginalpfropf oder Spermaspuren) nachgewiesen werden kann. Die Tiere sind nach der nachweislichen Kopulation so bald wie möglich zu trennen. Falls nach zwei Wochen keine Paarung stattgefunden hat, sollten die Tiere ohne weitere Paarungsmöglichkeit getrennt werden. Begattungspaare sind in den Aufzeichnungen als solche zu vermerken.

Wurfgröße

32.An PND 4 kann die Größe eines jeden Wurfs angepasst werden, indem überschüssige Jungtiere nach dem Zufallsprinzip aussortiert werden, um pro Wurf nach Möglichkeit fünf männliche und fünf weibliche Tiere zu erhalten. Die selektive Eliminierung von Jungtieren, z. B. auf der Grundlage des Körpergewichts, wird nicht empfohlen. Wenn es wegen der Anzahl männlicher bzw. weiblicher Jungtiere nicht möglich ist, pro Wurf jeweils fünf Jungtiere eines jeden Geschlechts zu erhalten, ist auch eine grobe Anpassung (beispielsweise sechs Männchen und vier Weibchen) akzeptabel.

Auswahl von Jungtieren für Untersuchungen nach der Entwöhnung (siehe Abbildung 1)

33.

Zum Zeitpunkt der Entwöhnung (um PND 21) werden aus allen verfügbaren Würfen bis zu 20 Jungtiere pro Dosis- und Kontrollgruppe für weitere Untersuchungen ausgewählt und bis zur Geschlechtsreife gehalten (sofern keine früheren Tests erforderlich sind). Die Jungtiere werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, wobei offensichtliche Kümmerlinge (Tiere mit mehr als zwei Standardabweichungen unter dem mittleren Jungtiergewicht des betreffenden Wurfes) grundsätzlich nicht einbezogen werden, da sie für die Behandlungsgruppe kaum repräsentativ sind.

An PND 21 werden die ausgewählten F1-Jungtiere nach dem Zufallsprinzip in eine der drei folgenden Tierkohorten eingeteilt:

Kohorte 1 (1A und 1B) = Testung auf Reproduktions-/Entwicklungstoxizität,

Kohorte 2 (2A und 2B) = Testung auf Entwicklungsneurotoxizität,

Kohorte 3 = Testung auf Entwicklungsimmuntoxizität.

Kohorte 1A : Ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf/Gruppe (20 pro Geschlecht/Gruppe): prioritäre Auswahl für die primäre Untersuchung der Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane und der allgemeinen Toxizität.

Kohorte 1B : Ein Männchen und ein Weibchen pro Wurf/Gruppe (20 pro Geschlecht/Gruppe): prioritäre Auswahl für Folgeuntersuchungen der Reproduktionsleistung durch Paarung von F1-Tieren (siehe OECD Guidance Document Nr. 117 (39)) und zur Generierung zusätzlicher histopathologischer Daten in Fällen mutmaßlich reproduktionstoxischer oder endokrin wirksamer Stoffe oder wenn Ergebnisse für Kohorte 1A unschlüssig sind.

Kohorte 2A : Insgesamt 20 Jungtiere pro Gruppe (10 Männchen und 10 Weibchen pro Gruppe; ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf), eingeteilt für Untersuchungen neurologisch bedingten Verhaltens mit anschließender neurohistopathologischer Untersuchung im adulten Alter.

Kohorte 2B : Insgesamt 20 Jungtiere pro Gruppe (10 Männchen und 10 Weibchen pro Gruppe; ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf), eingeteilt für neurohistopathologische Untersuchungen am Tag des Absetzens (PND 21 oder 22). Wenn nicht genügend Tiere vorhanden sind, sollten Tiere vorrangig der Kohorte 2A zugewiesen werden.

Kohorte 3 : Insgesamt 20 Jungtiere pro Gruppe (10 Männchen und 10 Weibchen pro Gruppe; ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf, soweit möglich). Unter Umständen werden zusätzliche Jungtiere aus der Kontrollgruppe benötigt, die im TDAR-Assay (T-Zell-abhängige Antikörperantwort) an PND 56 ± 3 Tage als positive Kontrolltiere dienen.

34.Sollte ein Wurf nicht genügend Tieren umfassen, um alle Kohorten zu bedienen, so wird Kohorte 1 Vorrang eingeräumt, da sie zur Produktion einer F2-Generation erweitert werden kann. Zusätzliche Jungtiere können bei speziellem Bedarf, z. B. wenn es sich bei einer Chemikalie möglicherweise um ein Neurotoxin, ein Immuntoxin oder ein Reproduktionstoxin handelt, jeder beliebigen Kohorte zugewiesen werden. Diese Jungtiere können für Untersuchungen zu anderen Zeitpunkten oder ergänzender Endpunkte verwendet werden. Jungtiere, die keinen Kohorten zugeteilt werden, werden klinisch und biochemisch (Nummer 55) untersucht und seziert (Nummer 68) untersucht.

Zweite Paarung von P-Tieren

35.Eine zweite Paarung wird für P-Tiere in der Regel nicht empfohlen, denn sie geht mit dem Verlust wichtiger Informationen über die Zahl der Implantationsstellen (und somit Angaben über Abgänge nach der Implantation und über perinatale Abgängen — Indikatoren eines teratogenen Potenzials) für den ersten Wurf einher. Wirkungen in exponierten weiblichen Tieren ließen sich durch eine Erweiterung der Prüfung durch Paarung der F1-Generation leichter bestätigen oder klären. Eine zweite Paarung der P-Männchen mit unbehandelten weiblichen Tieren ist jedoch stets eine Möglichkeit, um unschlüssige Ergebnisse zu klären oder um bei der ersten Paarung festgestellte Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit näher zu charakterisieren.

BEOBACHTUNGEN AM LEBENDEN TIER

Klinische Beobachtungen

36.Bei den P-Tieren und den ausgewählten F1-Tieren wird einmal täglich eine allgemeine klinische Untersuchung vorgenommen. Bei Verabreichung der Prüfsubstanz über eine Schlundsonde sind die klinischen Beobachtungen (auf mögliche Toxizitätsanzeichen, die Plasmakonzentrationsspitzen zugeordnet werden) vor und nach der Verabreichung vorzunehmen. Pertinente Verhaltensänderungen, Anzeichen für eine schwierige oder langwierige Geburt und alle Toxizitätsanzeichen werden festgehalten. Zweimal täglich — am Wochenende einmal täglich — werden alle Tiere auf Anzeichen von schwerer Toxizität, Morbidität und Mortalität untersucht.
37.Darüber hinaus werden alle P- und F1 -Tiere (nach dem Entwöhnen) einmal wöchentlich eingehender untersucht; diese Untersuchung könnte praktischerweise durchgeführt werden, wenn das Tier gewogen wird, um den umgangsbedingten Stress auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Untersuchungen sind sorgfältig durchzuführen und nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala zu dokumentieren. Die Testbedingungen sollten möglichst konstant sein. Die festzuhaltenden Anzeichen umfassen, ohne darauf beschränkt zu sein, u. a. Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten sowie Sekrete und Exkretionen und autonome Körperfunktionen (wie Tränensekretion, Piloerektion, Pupillenveränderung, ungewöhnliche Atmungsmuster). Gang- und Haltungsstörungen, Reaktionen auf Berührungen sowie etwaige klonisch-tonische Anfälle, stereotype Verhaltensweisen (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten ebenfalls dokumentiert werden.

Körpergewicht und Futter-/Trinkwasseraufnahme

38.P-Tiere werden am ersten Tag der Verabreichung der Prüfsubstanz und danach mindestens einmal wöchentlich gewogen. Darüber hinaus werden P-Weibchen während der Laktation an denselben Tagen gewogen wie die Jungtiere in ihren Würfen (siehe Nummer 44). Alle F1-Tiere werden am Tag des Absetzens (PND 21) und danach mindestens einmal wöchentlich einzeln gewogen. Das Körpergewicht wird auch an dem Tag aufgezeichnet, an dem die Pubertät eintritt (Abschluss der Präputialseparation oder Öffnung der Vagina). Alle Tiere werden bei der Tötung gewogen.
39.Im Laufe des Versuchs werden Futter- und Wasseraufnahme (bei Verabreichung der Prüfsubstanz im Trinkwasser) mindestens einmal wöchentlich stets an denselben Tagen gemessen und erfasst, an denen auch das Körpergewicht gemessen und dokumentiert wird (außer während der Kohabitation). Die Futteraufnahme der F1-Tiere jedes Käfigs wird ab der Einteilung in eine Kohorte einmal wöchentlich dokumentiert.

Östruszyklen

40.Es existieren möglicherweise bereits vorläufige Informationen über die Auswirkungen der Prüfsubstanz auf den Östruszyklus aus früheren Prüfungen auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung, die zur Festlegung eines prüfsubstanzspezifischen Protokolls für die EOGRTS-Prüfung herangezogen werden können. In der Regel beginnt die Bewertung der weiblichen Zyklizität (durch Vaginalzytologie) zu Beginn des Behandlungszeitraums und wird bis zur Paarungsbestätigung bzw. bis zum Ende der zweiwöchigen Paarungszeit fortgesetzt. Falls weibliche Tiere vor der Behandlung auf einen normalen Östruszyklus hin untersucht wurden, ist es zweckdienlich, die Abstriche auch nach Beginn der Behandlung fortzusetzen; wenn jedoch zu Beginn der Behandlung Bedenken in Bezug auf unspezifische Auswirkungen bestehen (beispielsweise eine beginnende ausgeprägte Futterverweigerung), kann den Tieren bis zu zwei Wochen Zeit gelassen werden, um sich der Behandlung anzupasen, bevor die zweiwöchige Abstrichperiode anläuft, die der Paarung vorausgeht. Wenn die Behandlungszeit für die weiblichen Tiere auf diese Art und Weise (d. h. auf eine vierwöchige Behandlung vor der Paarung) verlängert wird, sollte der Erwerb jüngerer Tiere und die Verlängerung des Behandlungszeitraums für männliche Tiere vor der Paarung in Erwägung gezogen werden. Bei der Entnahme vaginaler/zervikaler Zellen ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Schleimhaut nicht gereizt und infolgedessen eine Pseudogravidität eingeleitet wird (10) (11).
41.Vaginalabstriche sind bei allen F1-Weibchen in der Kohorte 1A nach beginnender Öffnung der Vagina bis zur Erfassung des ersten verhornten Abstrichs täglich zu untersuchen, um den zeitlichen Abstand zwischen diesen beiden Ereignissen zu bestimmen. Außerdem sollten die Östruszyklen bei allen F1-Weibchen in Kohorte 1A über einen Zeitraum von zwei Wochen, etwa ab PND 75, überwacht werden. Sollte sich die Paarung der F1-Generation als nötig erweisen, wird die Vaginalzytologie in Kohorte 1B vom Zeitpunkt der Paarung an bis zur nachweislichen Deckung überwacht.

Deckung und Gravidität

42.Zusätzlich zu den Standardendpunkten (z. B. Körpergewicht, Futteraufnahme, klinische Beobachtungen, einschließlich Mortalitäts-/Morbiditätskontrollen) werden die Zeitpunkte der Paarung, der Befruchtung und der Geburt aufgezeichnet und das präkoitale Intervall (Paarung bis Befruchtung) sowie die Dauer der Gravidität (Befruchtung bis Geburt) berechnet. Die P-Weibchen sind zum Zeitpunkt des voraussichtlichen Partus sorgfältig auf Anzeichen von Dystokie zu untersuchen. Alle Abnormitäten beim Nistverhalten oder bei der Säugeleistung sind zu dokumentieren.
43.Der Wurftag ist für das Muttertier Laktationstag (LD) 0 und für die Nachkommen der postnatale Tag (PND) 0. Alternativ dazu können auch die Tage nach der Kopulation herangezogen werden, um Fehler bei den Daten über die postnatale Entwicklung zu vermeiden, die auf Unterschiede bei der Trächtigkeitsdauer zurückzuführen sind; die Zeit nach der Geburt ist jedoch ebenfalls zu dokumentieren. Dies ist vor allem wichtig, wenn sich die Prüfsubstanz auf die Trächtigkeitsdauer auswirkt.

Parameter für die Nachkommen

44.Jeder Wurf ist so bald wie möglich nach der Geburt (PND 0 oder 1) zu untersuchen, um die Anzahl und Geschlecht der Jungtiere, Totgeburten, Lebendgeburten und etwaige grobe Anomalien (extern sichtbare Abnormalitäten, einschließlich Gaumenspalten; subkutane Hämorrhagien; anormale Hautfarbe oder Hautbeschaffenheit; Vorhandensein der Nabelschnur; Abwesenheit von Milch im Magen; Präsenz von trockener Absonderungen) festzustellen. Darüber hinaus sollte die erste klinische Untersuchung der Neugeborenen auch eine qualitative Beurteilung der Körpertemperatur, des Bewegungsmusters und der Reaktion auf Berührungen beinhalten. Jungtiere, die am PND 0 oder zu einem späteren Zeitpunkt tot aufgefunden werden, sind auf mögliche Defekte und auf die Todesursache hin zu untersuchen. Lebende Jungtiere werden am PND 0 oder 1 gezählt und danach regelmäßig, mindestens jedoch an PND 4, 7, 14 und 21, einzeln gewogen. Klinische Untersuchungen, die je nach dem Alter der Tiere durchzuführen sind, sollten wiederholt werden, wenn die Nachkommen gewogen werden, oder auch öfter, wenn bei ihrer Geburt fallspezifische Befunde festgestellt wurden. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten, auf Absonderungen und Ausscheidungen sowie autonome Körperfunktionen. Gang- und Haltungsstörungen sowie Reaktionen auf Berührungen und etwaige klonisch-tonische Anfälle, stereotype oder bizarre Verhaltensweisen sind ebenfalls zu dokumentieren.
45.Der anogenitale Abstand (AGD) sollte bei jedem Jungtier mindestens einmal (zwischen PND 0 und PND 4) gemessen werden. Das Körpergewicht des Jungtiers wird am Tag der Messung des AGD erfasst, der auf Jungtiergröße — vorzugsweise die Quadratwurzel des Körpergewichts — genormt sein sollte (12). Das Vorhandensein von Brustwarzen/Warzenhöfen bei männlichen Jungtieren ist am PND 12 oder 13 zu kontrollieren.
46.Alle ausgewählten F1-Tiere werden täglich auf Vorhaut-Eichel-Trennung bei männlichen Tieren bzw. Öffnung der Vagina bei weiblichen Tieren untersucht, und zwar vor dem Tag, an dem das Erreichen dieser Endpunkte erwartet wird, um festzustellen, ob die Geschlechtsreife eventuell früh eintritt. Alle Abnormalitäten der Geschlechtsorgane (wie persistente Vaginalfilamente, Hypospadie oder Spaltpenis) sind festzuhalten. Die Geschlechtsreife der F1-Tiere wird mit der körperlichen Entwicklung verglichen, indem Alter und Körpergewicht zum Zeitpunkt der Vorhaut-Eichel-Trennung bei männlichen Tieren bzw. der Öffnung der Vagina bei weiblichen Tieren bestimmt werden (13).

Bewertung der potenziellen Entwicklungsneurotoxizität (Kohorten 2A und 2B)

47.Für Bewertungen der Neurotoxizität sind aus jeder Behandlungsgruppe zehn männliche und zehn weibliche Tiere der Kohorte 2A sowie zehn männliche und zehn weibliche Tiere der Kohorte 2B zu verwenden (für jede Kohorte: ein männliches oder ein weibliches Tier pro Wurf; alle Würfe müssen durch mindestens ein nach dem Zufallsprinzip ausgewähltes Jungtier vertreten sein). Tiere der Kohorte 2A sind FOB-Tests (Functional Observational Battery) sowie Untersuchungen auf akustische Schreckreaktion und motorische Aktivität (siehe Nummern 48-50) sowie neuropathologischen Tests (siehe Nummern 74-75) zu unterziehen. Dabei ist nach Möglichkeit sicherzustellen, dass die Prüfbedingungen möglichst wenig variieren und dass diese Variationen nicht systematisch mit der Behandlung zusammenhängen. Zu den Variablen, die das Verhalten beeinflussen können, gehören Geräuschpegel (beispielsweise intermittierender Lärm), Temperatur, Feuchtigkeit, Beleuchtung, Gerüche, Tageszeit und Ablenkungen aus der Umgebung. Die Ergebnisse der Neurotoxizitätstests sind bezogen auf entsprechende historische Kontrollreferenzbereiche auszulegen. Tiere der Kohorte 2B sollten an PND 21 oder 22 neuropathologisch untersucht werden (siehe Nummern 74-75).
48.Ein Test auf akustische Schreckreaktion sollte am PND 24 (± 1 Tag) mit Tieren der Kohorte 2A durchgeführt werden. Die Untersuchung der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe ist ausgewogen über den Tag zu verteilen. Jede Testreihe umfasst 50 Prüfungen. Bei diesen Tests wird die mittlere Reaktionsamplitude für jeden Block von 10 Prüfungen (5 Blöcke mit je 10 Prüfungen) berechnet, dessen Prüfbedingungen optimiert wurden, um während der Testreihe Habituation zu erzeugen. Diese Verfahren sollten mit der Prüfmethode B.53 (35) übereinstimmen.
49.Zu einem geeigneten Zeitpunkt zwischen PND 63 und PND 75 werden die Tiere der Kohorte 2A einem FOB-Test und einem automatisierten Motoriktest unterzogen. Diese Verfahren sollten mit den Prüfmethoden B.43 (33) und B.53 (35) übereinstimmen. Der FOB-Test beinhaltet eine ausführliche Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes, des Verhaltens und der funktionalen Integrität des Versuchstiers. Diese Bewertungen beruhen auf Beobachtungen im Haltungskäfig, in einem Standardgehege (offenes Feld), in dem sich das Tier frei bewegen kann, sowie durch Manipulationstests. Die Untersuchungen sollten in aufsteigender Reihenfolge der Interaktivität durchgeführt werden. Anhang 1 enthält eine Liste von Maßnahmen. Alle Tiere sollten von geschulten Beobachtern untersucht werden, denen die Behandlungsphase des jeweiligen Tieres nicht bekannt ist. Dabei sind standardisierte Verfahren anzuwenden, um beobachterbedingte Abweichungen auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Nach Möglichkeit sollten die Tiere in einem bestimmten Test stets durch denselben Beobachter untersucht werden. Falls dies nicht möglich ist, ist die Zuverlässigkeit bei verschiedenen Beobachtern auf andere Weise nachzuweisen. Für jeden Parameter der Verhaltensprüfbatterie sind Skalen und Bewertungskriterien zu verwenden, deren Anwendung genau festgelegt ist. Nach Möglichkeit sind für Beobachtungsendpunkte, die subjektive Einstufungen beinhalten, objektive quantitative Messungen durchzuführen. In Bezug auf die Motorik wird jedes Tier einzeln getestet. Die Testreihe sollte so lange dauern, bis bei Kontrollen eine Habituation innerhalb der Testreihe nachgewiesen werden kann. Die Motorik sollte mithilfe eines automatischen Bewegungsmessgeräts untersucht werden, das in der Lage ist, sowohl eine Zunahme als auch ein Nachlassen der Bewegung zu erfassen (d. h., die vom Gerät gemessene Basisbewegung sollte weder so schwach sein, dass dadurch die Erfassung eines Nachlassen der Bewegung unmöglich wird, noch so stark, dass Bewegungszunahmen nicht erfasst werden können). Jedes einzelne Gerät sollte im Rahmen standardisierter Verfahren geprüft worden sein, um bei Einsatz mehrerer Geräte über mehrere Tage eine möglichst hohe Betriebssicherheit zu gewährleisten. Die Behandlungsgruppen sollten so weit wie möglich gleichmäßig auf die Geräte verteilt werden. Die Untersuchung Beobachtung der Behandlungsgruppen sollte über den Tag verteilt werden, um zirkadianen Aktivitätsrhythmus zu berücksichtigen.
50.Falls vorhandene Informationen auf die Notwendigkeit hindeuten, weitere funktionelle Tests durchzuführen (z. B. sensorische, soziale oder kognitive Tests), sind diese zu berücksichtigen, ohne die Integrität der anderen durchgeführten Untersuchungen zu beeinträchtigen. Falls diese Tests an denselben Tieren durchgeführt werden, die auch für den Standardtest auf akustische Schreckreaktion, den FOB-Test und den Motoriktest verwendet wurden, sind andere Tests einzuplanen, um das Risiko, dass die Integrität dieser Tests beeinträchtigt wird, auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Zusätzliche Prüfverfahren können insbesondere dann sinnvoll sein, wenn die empirische Beobachtung, die erwarteten Wirkungen oder der Wirkmechanismus/die Wirkungsweise auf eine bestimmte Art von Neurotoxizität hindeuten.

Bewertung einer potenziellen Entwicklungsimmuntoxizität (Kohorte 3)

51.Am postnatalen PND 56 (± 3 Tage) sollten aus jeder Behandlungsgruppe zehn männliche und zehn weibliche Tiere der Kohorte 3 (ein männliches oder ein weibliches Tier pro Wurf; alle Würfe müssen durch mindestens ein nach dem Zufallsprinzip ausgewähltes Jungtier vertreten sein) im Einklang mit den aktuellen Immuntoxizitätstestverfahren (14) (15) einem Test auf T-Zell-abhängige Antikörperantwort (d. h. auf primäre IgM-Antikörperantwort auf ein T-Zell-abhängiges Antigen, wie zum Beispiel rote Blutkörperchen von Schafen oder Schlitzschnecken-Hämocyanin (KLH)) unterzogen werden. Die Reaktion kann bestimmt werden durch Zählung spezifischer plaquebildender Zellen (PFC) in der Milz oder durch Bestimmung des Titerwertes für SRBC- oder KLH-spezifische IgM-Antikörper im Serum mittels ELISA-Test auf dem Höhepunkt der Reaktion. Die Maximalreaktionen lassen sich in der Regel vier (PFC-Reaktion) oder fünf (ELISA-Test) Tage nach der intravenösen Beimpfung festzustellen. Wird die primäre Antikörperreaktion durch Auszählen der plaquebildenden Zellen bestimmt, so ist die Bewertung von Untergruppen von Tieren an getrennten Tagen zulässig, sofern die Immunisierung der Untergruppe und die Tötung der Tiere zeitlich so geplant sind, dass die plaquebildenden Zellen zum Zeitpunkt der Höchstreaktion gezählt werden, die Untergruppen aus ebenso vielen männlichen wie weiblichen Nachkommen aller Dosisgruppen, einschließlich Kontrolltieren, bestehen und die Tiere der Untergruppen ungefähr im selben postnatalen Alter untersucht werden.Die Exposition gegenüber der Prüfsubstanz wird bis zum Tag vor der Entnahme der Milz zur Bestimmung der PFC-Reaktion oder des Serums für den ELISA-Test fortgesetzt.

Folgeuntersuchung auf potenzielle Reproduktionstoxizität (Kohorte 1B)

52.Tiere der Kohorte 1B können gegebenenfalls auch nach PND 90 weiterbehandelt und gezüchtet werden, um erforderlichenfalls eine F2-Generation zu produzieren. Männliche und weibliche Tiere derselben Dosisgruppen sind ab oder nach PND 90 bis zu zwei Wochen lang, allerdings nicht über PND 120 hinaus, zusammenzuführen (wobei die Paarung von Geschwistern zu vermeiden ist). Es sollten genau so vorgegangen werden wie bei den P-Tieren. Sofern dies nachgewiesen weren kann, reicht es jedoch unter Umständen jedoch aus, die Würfe an PND 4 zu töten, statt sie bis zur Entwöhnung oder darüber hinaus weiter zu untersuchen.

ABSCHLIESSENDE BEOBACHTUNGEN

Klinisch-biochemische/Hämatologische Untersuchungen

53.Systemische Wirkungen in P-Tieren sollten überwacht werden. An einer vorgegebenen Stelle werden von zehn nach dem Zufallsprinzip ausgewählten P-Männchen und -Weibchen pro Dosisgruppe am Versuchsende Nüchternblutproben entenommen, unter angemessenen Bedingungen gelagert und teilweise oder vollständig hämatologischen, klinischen, bio-chemischen Untersuchungen, einer T4- und TSH-Analyse oder anderen Tests unterzogen, die aufgrund des bekannten Wirkungsprofils der Prüfsubstanz naheliegen (siehe OECD Guidance Document Nr. 151 (40)). Die folgenden hämatologischen Parameter sollten dabei untersucht werden: Hämatokrit, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Gesamt- und Differential-Leukozytenzahl, Thrombozytenzahl und Blutgerinnungszeit/-fähigkeit. Die Plasma- oder Serumuntersuchungen sollten Folgendes umfassen: Glucose, Gesamtcholesterin, Harnstoff, Kreatinin, Gesamtprotein und Albumin sowie mindestens zwei Enzyme, die auf hepatozelluläre Wirkungen schließen lassen (wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltranspeptidase und Glutamatdehydrogenase). Die Bestimmung weiterer Enzyme und Gallensäuren kann unter bestimmten Umständen ebenfalls wertvolle Hinweise liefern. Darüber hinaus können Blutproben von allen Tieren entnommen und für eine spätere Analyse aufbewahrt werden, um unschlüssige Wirkungsergebnisse zu klären oder interne Expositionsdaten zu generieren. Ist keine zweite Paarung der P-Tiere beabsichtigt, werden die Blutproben unmittelbar vor oder bei der geplanten Tötung der Tiere gezogen. Falls Tiere behalten werden, sind die Blutproben einige Tage vor der zweiten Paarung der Tiere zu ziehen. Sofern aus vorliegenden Daten aus Untersuchungen mit wiederholter Verabreichung nicht hervorgeht, dass der Parameter nicht durch die Prüfsubstanz beeinträchtigt wird, sollten vor Abschluss der Studie eine Urinuntersuchung durchgeführt und die folgenden Parameter bewertet werden: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder Dichte, pH-Wert, Protein, Glucose, Blut und Blutzellen, Zelltrümmer. Urin kann auch gesammelt werden um die Ausscheidung der Prüfsubstanz und/oder Metaboliten zu überwachen.
54.Systemische Wirkungen sind auch in F1-Tieren zu überwachen. Von zehn nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Männchen und Weibchen der Kohorte 1A pro Dosisgruppe werden am Versuchsende an einer vorgegebenen Stelle Nüchternblutproben entnommen, unter angemessenen Bedingungen gelagert und klinischen bio-chemischen Standarduntersuchungen, einschließlich einer Bewertung der Serumspiegel auf Schilddrüsenhormone (T4- und TSH), hämatologischen Untersuchungen (Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl) sowie Urinuntersuchungen unterzogen.
55.Die an PND 4 überzähligen Jungtiere werden makroskopisch untersucht, wobei erwogen werden kann, die Konzentration der Schilddrüsenhormone (T4) im Serum zu bestimmen. Erforderlichenfalls können nach Würfen Blutproben Neugeborener (PND 4) für biochemische Analysen und zur Bestimmung der Konzentration der Schilddrüsenhormone gepoolt werden. Blutproben für die T4- und TSH-Analyse wird außerdem von gerade entwöhnten Tieren gezogen, die am PND 22 makroskopisch untersucht werden (F1-Jungtiere, die nicht für Kohorten ausgewählt werden).

Spermienparameter

56.Spermienparameter sollten in allen männlichen Tieren der P-Generation gemessen werden, sofern keine Daten vorliegen, die nachweisen, dass Spermienparameter in einem 90-Tage-Versuch nicht beeinträchtigt werden. Die Untersuchung der Spermienparameter sollte bei allen männlichen Tieren der Kohorte 1A durchgeführt werden.
57.Bei Versuchsabschluss wird für alle männlichen P- und F1-Tieren (Kohorte 1A) das Gewicht der Hoden und Nebenhoden aufgezeichnet. Mindestens ein Hoden und ein Nebenhoden werden für die histopathologische Untersuchung konserviert. Der verbleibende Nebenhoden wird zur Auszählung von Spermienreserven im Nebenhodenschwanz (Cauda epididymis) (16) (17) verwendet. Darüber hinaus werden Spermien aus dem Nebenhodenschwanz bzw. aus dem Samenleiter (Vas deferens) mithilfe von Methoden gewonnen, die Schäden für die Bewertung der Motilität und Morphologie der Spermien auf ein Mindestmaß begrenzen (18).
58.Die Spermienmotilität kann entweder unverzüglich nach der Tötung bewertet oder für eine spätere Analyse aufgezeichnet werden. Der Anteil der progressiv beweglichen Spermien könnte entweder subjektiv oder mithilfe einer computergestützten Bewegungsanalyse objektiv bestimmt werden (19) (20) (21) (22) (23) (24). Für die Bewertung der Morphologie der Spermien sollte eine Spermienprobe aus dem Nebenhoden (oder aus dem Samenleiter) als Fest- oder Feuchtpräparat (25) untersucht werden, wobei mindestens 200 Spermien pro Probe entweder als normal (sowohl Kopf als auch Mittelstück/Schwanz erscheinen normal) oder abnormal einzustufen sind. Morphologische Abnormalitäten der Spermien wären beispielsweise die Verschmelzung von Köpfen, isolierte Köpfe und Kopf- und/oder Schwanzmissbildungen (26). Missgebildete oder große Spermienköpfe können auf Störungen bei der Spermiation hindeuten.
59.Werden zum Zeitpunkt der Sektion Spermienproben eingefroren, Abstriche fixiert und Bilder zur Analyse der Spermienmotilität dokumentiert (27), kann die anschließende Analyse auf männliche Tiere der Kontrollgruppe und der Hochdosisgruppe beschränkt werden. Werden jedoch behandlungsbezogene Wirkungen beobachtet, sind auch die niedrigeren Dosisgruppen zu bewerten.

Makroskopische Untersuchung

60.Bei Versuchsende oder bei vorzeitigem Tod werden alle P- und F1-Tiere seziert und makroskopisch auf etwaige strukturelle Abnormalitäten oder pathologische Veränderungen hin untersucht. Dabei ist besonders auf die Organe des Fortpflanzungssystems zu achten. Jungtiere, die in moribundem Zustand auf humane Weise getötet werden, und tote Jungtiere sind zu dokumentieren und sollten — wenn sie nicht mazeriert werden — auf mögliche Defekte und/oder die Ursache des Todes untersucht und konserviert werden.
61.Bei adulten P- und F1-Weibchen ist am Tag der Sektion ein Vaginalabstrich zu untersuchen, um das Stadium des Östruszyklus zu bestimmen und eine Korrelation zur histopathologischen Untersuchung der Fortpflanzungsorgane zu ermöglichen. Die Uteri aller P-Weibchen (und gegebenenfalls auch aller F1-Weibchen) sind so auf Vorhandensein und Anzahl von Implantationsstellen zu untersuchen, dass die histopathologische Bewertung nicht beeinträchtigt wird.

Wiegen der Organe und Konservation von Gewebe -P-Tiere und adulte F1 -Tiere

62.

Bei Versuchsende werden von allen P-Tieren und von allen adulten F1-Tieren der relevanten (nachstehend angeführten) Kohorten möglichst bald nach der Sektion Körpergewicht und Nassgewicht der nachstehend angeführten Organe bestimmt, um Austrocknen zu vermeiden. Die genannten Organe sind anschließend unter geeigneten Bedingungen zu konservieren. Sofern keine anderslautenden Vorgaben vorliegen, können paarige Organe einzeln oder zusammen entsprechend der üblichen Praxis des ausführenden Labors gewogen werden.

Uterus (mit Ovidukten und Zervix), Ovarien;
Hoden, Nebenhoden (Gesamt und Nebenhodenschwanz für die zur Spermienauszählung verwendeten Proben);
Prostata (dorsolaterale und ventrale Teile zusammen). Bei der Entfernung der anhaftenden Gewebe von der Prostata ist sorgfältig darauf zu achten, dass die mit Flüssigkeit gefüllten Samenbläschen nicht perforiert werden. Wirkte sich die Behandlung auf das Gesamtgewicht der Prostata aus, sind die dorsolateralen und ventralen Segmente nach ihrer Fixierung sorgfältig zu sezieren und separat zu wiegen;
Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen und ihre Flüssigkeiten (als eine Einheit);
Gehirn, Leber, Nieren, Herz, Milz, Thymusdrüse, Hypophyse, Schilddrüse (nach Fixierung), Nebennieren sowie bekannte Zielorgane oder -gewebe.
63.Zusätzlich zu den oben angeführten Organen sollten auch Proben des peripheren Nervengewebes, der Muskeln, des Rückenmarks, des Auges mit Sehnerv, des Magen-Darm-Trakts, der Harnblase, der Lunge, der Trachea (mit anhaftender Schilddrüse und Nebenschilddrüse), des Knochenmarks, des Samenleiters (bei männlichen Tieren), der Brustdrüse (bei männlichen und weiblichen Tieren) und der Vagina unter geeigneten Bedingungen zu konservieren.
64.Bei Tieren der Kohorte 1A sind alle Organe zu wiegen und für die histopathologische Untersuchung zu konservieren.
65.

Für die Ermittlung prä- und postnatal induzierter immuntoxischer Wirkungen sind zehn männliche und zehn weibliche Tiere der Kohorte 1A einer jeden Behandlungsgruppe (ein Männchen oder ein Weibchen pro Wurf; alle Würfe werden durch mindestens ein nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Jungtier repräsentiert) bei Versuchsende den folgenden Untersuchungen zu unterziehen:

Wiegen der (regionären) Lymphknoten entlang des Expositionswegs und der überregionären Lymphknoten (zusätzlich zum Gewicht der Nebennieren, des Thymus und der Milz, das bereits für alle Tiere der Kohorte 1A bestimmt wurde);
Untersuchung einer Hälfte der Milz auf Lymphozytensubpopulation in der Milz (T-Lymphozyten CD4+ und CD8+, B-Lymphozyten und natürliche Killerzellen); die andere Milzhälfte wird für die histopathologische Auswertung konserviert.

Die Analyse der Lymphozytensubpopulationen in der Milz nicht immunisierter Tiere (Kohorte 1A) zeigt, ob die Exposition mit einer Veränderung der immunologischen Steady-State-Verteilung von „Helferzellen“ (CD4+) oder von zytotoxischen T-Lymphozyten (CD8+) oder von natürlichen Killerzellen (NK) (schnelle Reaktionen auf neoplastische Zellen und Pathogene) zusammenhängt.

66.

Bei Tieren der Kohorte 1B sollten die folgenden Organe gewogen und die entsprechenden Gewebe zum Blockstadium umgewandelt werden:

Vagina (nicht gewogen),
Uterus mit Zervix,
Ovarien,
Hoden (zumindest einer),
Nebenhoden,
Samenbläschen und Koagulationsdrüsen,
Prostata,
Hypophyse,
vorgesehene Zielorgane.

Histopathologische Untersuchungen von Kohorte 1B sollten dann durchgeführt werden, wenn die Ergebnisse der Kohorte 1A unschlüssig sind oder ein Verdacht auf Reproduktionstoxine oder endokrine Disruptoren besteht.

67.Kohorten 2A und 2B: Tests auf Entwicklungsneurotoxizität (PND 21 oder PND 22 sowie adulte Nachkommen). Tiere der Kohorte 2A werden nach den Verhaltenstests getötet, das Gewicht ihres Gehirns wird aufgezeichnet und sie werden zur Bewertung der Neurotoxizität vollständig neurohistopathologisch untersucht. Tiere der Kohorte 2B werden am PND 21 oder PND 22 getötet; das Gewicht ihres Gehirns wird aufgezeichnet und das Gehirn wird zur Bewertung der Neurotoxizität mikroskopisch untersucht. Für Tiere der Kohorte 2A und optional für Tiere der Kohorte 2B ist eine Perfusionsfixierung im Sinne der Prüfmethode B.53 (35) erforderlich.

Wiegen der Organe und Konservierung von Gewebe — entwöhnte F1-Tiere

68.Nicht für die Kohorten ausgewählte Jungtiere, einschließlich Kümmerlinge, werden nach dem Absetzen an PND 22 getötet, sofern die Ergebnisse nicht darauf hindeuten, dass weitere Beobachtungen an lebenden Tieren erforderlich sind. Getötete Jungtiere werden seziert und ihre Fortpflanzungsorgane werden, wie unter den Nummern 62 und 63 beschrieben, untersucht. Bei bis zu zehn Jungtieren pro Geschlecht und Gruppe aus möglichst vielen Würfen sollten Gehirn, Milz und Thymusdrüse gewogen und unter geeigneten Bedingungen konserviert werden. Darüber hinaus kann von diesen männlichen und weiblichen Jungtieren Brustdrüsengewebe für eine weitere mikroskopische Analyse  (siehe OECD Guidance Document Nr. 151 (40)) konserviert werden. Massive Abnormalitäten und Zielgewebe sollten für eine etwaige spätere histologische Untersuchungen sichergestellt werden.

Histopathologische Untersuchung — P-Tiere

69.Eine vollständige histopathologische Untersuchung der unter den Nummern 62 und 63 genannten Organe wird bei allen P-Tieren der Hochdosisgruppen und der Kontrollgruppen durchgeführt. Organe, die behandlungsbedingte Veränderungen aufweisen, sollten auch bei allen Tieren in Niedrigdosisgruppen untersucht werden, um die Bestimmung eines NOAEL-Werts zu unterstützen. Darüber hinaus sollten die Fortpflanzungsorgane aller Tiere mit mutmaßlich verringerter Fruchtbarkeit histopathologisch zu untersuchen, wie Tiere, die sich nicht gepaart haben, die nicht empfangen haben, nicht gedeckt wurden, keine gesunden Nachkommen geboren haben oder bei denen der Östruszyklus oder die Zahl, die Motilität oder die Morphologie der Spermien beeinträchtigt waren, sowie alle makroskopischen Läsionen histopathologisch untersucht werden.

Histopathologische Untersuchung — F1-Tiere

Tiere der Kohorte 1

70.Eine vollständige histopathologische Untersuchung der unter den Nummern 62 und 63 genannten Organe wird bei allen adulten Tieren der Hochdosisgruppen und der Kontrollgruppen der Kohorte 1A durchgeführt. Alle Würfe sollten durch mindestens ein Jungtier pro Geschlecht repräsentiert sein. Organe und Gewebe, die behandlungsbedingte Veränderungen aufweisen, sind auch von allen Tieren in Niedrigdosisgruppen zu untersuchen, um die Bestimmung eines NOAEL-Werts zu unterstützen. Für die Bewertung der prä- und postnatal induzierter Wirkungen auf Lymphorgane sollten neben einer bereits in allen 1A-Tieren durchgeführten histopathologischen Bewertung der Thymusdrüse, der Milz und der Nebennieren auch die gesammelten Lymphknoten und das Knochenmark von zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren der Kohorte 1A histopathologisch untersucht werden.
71.Bei mutmaßlichen Reproduktionstoxinen oder endokrinen Disruptoren sollten nach der Beschreibung unter Nummer 66 zu Blockstadien umgewandeltes Gewebe der Fortpflanzungsorgane und des endokrinen Gewebes von allen Tieren der Kohorte 1B histopathologisch untersucht werden. Falls die Ergebnisse der Kohorte 1A unschlüssig sind, sollte auch die Kohorte 1B histologisch untersucht werden.
72.Ovarien adulter Weibchen sollten Primordialfollikel und heranreifende Follikel sowie Gelbkörper enthalten; daher sollte eine histopathologische Untersuchung darauf abzielen, Primordialfollikel und kleine heranreifende Follikel sowie Gelbkörper in F1-Weibchen quantitativ zu bestimmen; die Zahl der Tiere, die Wahl der Ovarsektion und der Umfang der Stichprobe für die Sektion sollten für das angewandte Bewertungsverfahren statistisch aussagekräftig sein. Zunächst können die Follikel bei Tieren der Kontrollgruppe und der Hochdosisgruppe gezählt werden; wenn bei letzteren eine Schadwirkung festgestellt wird, sind auch Tiere der Niedrigdosisgruppen zu untersuchen. Die Untersuchung sollte auch die Zählung der Primordialfollikel umfassen, die mit der Zählung der kleinen heranwachsenden Follikel kombiniert werden kann, um Eierstöcke behandelter Tiere mit Eierstöcken unbehandelter Tiere vergleichen zu können (siehe OECD Guidance Document Nr. 151 (40)). Die Gelbkörperuntersuchung sollte parallel zur Untersuchung der Östruszyklizität stattfinden, damit das Zyklusstadium bei der Bewertung berücksichtigt werden kann. Ovidukt, Uterus und Vagina sind auf eine angemessene organtypische Entwicklung hin zu untersuchen.
73.Eine eingehende histopathologische Untersuchung der Hoden wird bei männlichen F1-Tieren durchgeführt, um behandlungsbedingte Wirkungen auf die Entwicklung der Hoden (Differenzen) sowie auf die Spermatogenese festzustellen (38). Nach Möglichkeit sind Sektionen des Rete testis zu untersuchen. Caput, Corpus und Cauda des Nebenhodens und der Samenleiter werden auf angemessene organtypische Entwicklung sowie auf die für die P-Männchen erforderlichen Parameter hin untersucht.

Tiere der Kohorte 2

74.Nach dem Abschluss der Untersuchungen neurologisch bedingter Verhaltensweisen (nach PND 75 aber vor PND 90) werden alle Tiere der Hochdosisgruppen und der Kontrollgruppen der Kohorte 2A nach Geschlecht neurohistopathologisch untersucht. Das Gehirn aller Tiere der Hochdosisgruppen und der Kontrollgruppen der Kohorte 2B wird an PND 21 oder 22 nach Geschlecht histopathologisch untersucht. Organe oder Gewebe, die behandlungsbedingte Veränderungen aufweisen, sollten auch bei Tieren in den Niedrigdosisgruppen untersucht werden, um die Bestimmung eines NOAEL-Wertes zu unterstützen. Bei Tieren der Kohorten 2A und 2B werden multiple Sektionen des Gehirns geprüft, um eine Untersuchung von Riechkolben, Großhirnrinde (Cortex cerebri), Hippocampus, Basalganglien, Thalamus, Hypothalamus, Mittelhirn (Tectum, Tegmentum und Pedunculus cerebri), Pons, Medulla oblongata, Kleinhirn) zu gewährleisten. Nur bei Tieren der Kohorte 2A werden die Augen (Netzhaut und Sehnerv) sowie Proben des peripheren Nervengewebes, der Muskeln und des Rückenmarks untersucht. Alle neurohistologischen Verfahren sollten mit der Prüfmethode B.53 (35) übereinstimmen.
75.Morphometrische (quantitative) Bewertungen sollten an repräsentativen Regionen des Gehirns (homologe und sorgfältig auf der Grundlage zuverlässiger mikroskopischer Messpunkte ausgewählte Sektionen) durchgeführt werden und können auch lineare und/oder areale Messungen der spezifischen Gehirnregionen umfassen. An jedem Orientierungspunkt (Ebene) sind mindestens drei konsekutive Schnitte vorzunehmen, damit der einheitlichste und repräsentativste Schnitt für die spezifische Hirnregion bewertet werden kann. Der Neuropathologe sollte mit angemessenem Urteilsvermögen bewerten, ob die für die Messung präparierten Schnitte mit den anderen Schnitten in der Probenreihe homolog sind und sich daher für die Einbeziehung eignen, da sich insbesondere lineare Messungen über einen relativ kurzen Abstand ändern können (28). Nicht homologe Schnitte sollten nicht verwendet werden. Das Ziel besteht zwar darin, Proben von allen diesem Zweck vorbehaltenen Tieren (10 je Geschlecht und Dosisstufe) zu entnehmen, es kann aber auch eine kleinere Anzahl an Proben angemessen sein. Proben von weniger als 6 Tieren je Geschlecht und Dosisstufe gelten für die Zwecke der vorliegenden Prüfmethode in der Regel jedoch nicht als ausreichend. Mithilfe der Stereologie können behandlungsbedingte Wirkungen auf bestimmte Parameter wie Volumen oder Zellzahl für bestimmte neuroanatomische Regionen festgestellt werden. Bei allen die Gewebepräparation betreffenden Aspekten sollte auf Ausgewogenheit geachtet werden, d. h. von der Gewebefixierung über das Schneiden der Gewebeproben und die Probenvorbereitung bis hin zur Färbung der Objektträger sollte jeder Satz repräsentative Proben einer jeden Dosisgruppe enthalten. Bei morphometrischen oder stereologischen Analysen sollte Hirngewebe bei allen Dosisstufen zur gleichen Zeit in ein geeignetes Medium eingebettet werden, um ein Schrumpfen der Prüfgegenstände zu vermeiden, was bei zu langer Aufbewahrung im Fixativ auftreten kann.

BERICHTERSTATTUNG

Daten

76.Die Daten sind sowohl einzeln zu protokollieren als auch in tabellarischer Form zusammenzufassen. Gegebenenfalls sind für jede Prüfgruppe und für jede Generation die folgenden Angaben aufzuzeichnen: die Zahl der Tiere zu Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der fruchtbaren Tiere, die Zahl der trächtigen Weibchen, die Zahl der Weibchen, die Jungtiere werfen, und die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, sowie eine Beschreibung der beobachteten Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads.
77.Die numerischen Daten sollten nach einem geeigneten statistischen Verfahren ausgewertet werden. Die Statistikmethoden sollten Teil des Prüfplans sowie geeignet sein, um Nichtnormaldaten (z. B. Zähldaten), zensierte Daten (z. B. eingeschränkte Beobachtungszeit), Unabhängigkeit (z. B. Wirkungen der Würfe und wiederholte Messungen) sowie ungleiche Varianzen zu bewältigen. Allgemeingültige lineare gemischte Modelle und Dosis-Wirkungs-Modelle decken ein breites Spektrum an Analysetools ab, die für die im Rahmen dieser Prüfmethode erzeugten Daten geeignet sein können. Der Bericht sollte ausreichende Informationen über das angewandte Analyseverfahren und Computerprogramm enthalten, damit ein unabhängiger Überprüfer/Statistiker die Analyse bewerten und nachvollziehen kann.

Auswertung der Ergebnisse

78.Die Befunde sind im Hinblick auf die beobachteten Wirkungen, einschließlich der Befunde der makroskopischen und mikroskopischen Untersuchungen, zu bewerten. Ausgewertet werden u. a. die Beziehung oder die fehlende Beziehung zwischen der Dosis und dem Vorliegen, dem Auftreten und dem Schweregrad von Abnormalitäten, einschließlich makroskopischer Veränderungen. Zielorgane, Fruchtbarkeit, klinische Abnormalitäten, Reproduktionsleistung und Wurfleistung, Veränderungen des Körpergewichts, Mortalität und alle sonstigen toxischen Auswirkungen und Auswirkungen auf die Entwicklung sind ebenfalls zu bewerten. Besonderes Augenmerk gilt dabei geschlechtsspezifischen Veränderungen. Bei der Auswertung der Testergebnisse sind die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und — falls verfügbar — toxikokinetische Daten, einschließlich plazentarer Übertragung und Milchausscheidung, zu berücksichtigen.

Prüfbericht

79.

Der Prüfbericht sollte die folgenden, zu den in dieser Prüfung untersuchten P-, F1-Tieren und gegebenenfalls F2-Tieren generierten Daten enthalten:

Prüfsubstanz:

Alle vorliegenden relevanten Informationen über die Prüfsubstanz und toxikokinetische und toxikodynamische Eigenschaften der Prüfsubstanz,
Kenndaten,
Reinheit.

Vehikel (falls verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikels, sofern anders als Wasser.

Versuchstiere:

Tierart/Stamm,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,
Herkunft, Unterbringungsbedingungen, Ernährung, Nistmaterial usw.,
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn,
Vaginalabstrichdaten für P-Weibchen vor Beginn der Behandlung (falls zu diesem Zeitpunkt Daten erhoben wurden),
Paarungsdaten zur P-Generation mit Angabe der männlichen und weiblichen Paarungspartner und des Paarungsergebnisses,
Aufzeichnungen über den Herkunftswurf bei adulten Tieren der Generation F1.

Prüfungsbedingungen:

Begründung der gewählten Dosisstufen,
Einzelheiten zur chemischen Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung und zu den erreichten Konzentrationen,
Stabilität und Homogenität des Präparats im Vehikel oder in der Trägersubstanz (z. B. Futter, Trinkwasser), im Blut und/oder in der Milch unter den Verwendungs- und Lagerbedingungen zwischen den Verwendungen,
Einzelheiten der Verabreichung der Prüfsubstanz,
gegebenenfalls Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag),
Angaben zu Futter- und Wasserqualität (einschließlich Futterzusammensetzung, sofern verfügbar),
genaue Beschreibung der Verfahren für die Zufallsauswahl von Jungtieren zwecks Tötung und für die Einteilung von Jungtieren in die Prüfgruppen,
Umgebungsbedingungen,
Verzeichnis der am Versuch Studie beteiligten Personen, einschließlich fachlicher Schulung.

Ergebnisse (Sammel- und Einzeldaten, aufgeschlüsseltnach Geschlecht und Dosis):

Futteraufnahme, Wasseraufnahme (falls erfasst), Futtereffizienz (Körpergewichtszunahme pro Gramm aufgenommenen Futters, ausgenommen während der Kohabitation und Laktation) und bei P- und F1-Tieren Aufnahme der Prüfsubstanz (bei Verabreichung über das Futter/Trinkwasser),
Angaben zur Resorption (falls vorhanden),
bei P-Tieren: Angaben zum Körpergewicht,
bei ausgewählten F1-Tieren nach der Entwöhnung: Angaben zum Körpergewicht,
Zeitpunkt des Todes, falls während des Versuchs eingetreten, oder Angabe, ob Tiere bis zum Versuchsende überlebt haben,
Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität),
Angaben zu hämatologischen Untersuchungen und Urinuntersuchungen sowie klinisch-chemische Daten, einschließlich TSH und T4,
Phänotypanalyse der Milzzellen (T-, B-, NK-Zellen),
Knochenmarkzellularität,
Daten zur toxischen Reaktion,
Zahl weiblicher P- und F1-Tiere mit normalem oder abnormalem Östruszyklus sowie Zyklusdauer,
Zeit bis zur Paarung (präkoitales Intervall, Anzahl Tage zwischen Paarung und Deckung),
toxische oder andere Wirkungen auf die Fortpflanzung, einschließlich Zahl und Anteil der Tiere, die sich gepaart haben, trächtig wurden, geworfen und laktiert haben, sowie der männlichen Tiere, die gezeugt haben, und der weiblichen Tiere mit Anzeichen von Dystokie/langwieriger oder schwieriger Geburt,
Dauer der Gravidität und gegebenenfalls des Partus,
Anzahl an Implantationen, Wurfgröße und Anteil der männlichen Jungtiere,
Anzahl und Anteil der Abgänge nach der Implantation, der Lebendgeburten und der Totgeburten,
Angaben zum Gewicht des Wurfs und der Jungtiere (Männchen und Weibchen, einzeln und zusammen), Anzahl der Kümmerlinge, falls diese bestimmt werden,
Anzahl Jungtiere mit deutlich sichtbaren Abnormalitäten,
Toxische oder andere Wirkungen in Nachkommen, postnatales Wachstum, Lebensfähigkeit usw.,
Angaben zu physischen Merkmalen bei Jungtieren und anderen postnatalen Entwicklungsparametern,
Daten zur Geschlechtsreife von F1-Tieren,
gegebenenfalls Daten zu funktionellen Beobachtungen bei Jungtieren und adulten Tieren,
Körpergewicht bei der Tötung sowie Angaben zum absoluten und relativen Organgewicht bei P- und adulten F1-Tieren,
Sektionsbefunde,
ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde,
für männliche P- und F1-Tiere: Gesamtzahl der Spermien aus dem Nebenhodenschwanz, Anteil der progressiv beweglichen Spermien, Anteil der morphologisch normalen Spermien und Anteil der Spermien, der der jeweils festgestellten Abnormalität entspricht,
für P- und F1-Weibchen: gegebenenfalls Anzahl und Reifestadium der Follikel in den Eierstöcken,
Zählung der Gelbkörper in den Ovarien der F1-Weibchen,
nach Möglichkeit statistische Auswertung der Ergebnisse.

Parameter für Kohorte 2:

Ausführliche Beschreibung der zur Standardisierung von Beobachtungen und Verfahren angewendeten Vorgehensweise sowie Vorgaben für die Auswertung der Ergebnisse,
Auflistung aller angewandten Prüfverfahren mit Begründung,
ausführliche Beschreibung der angewandten verhaltensbezogenen/funktionalen, neuropathologischen und morphometrischen Verfahren, einschließlich detaillierter Angaben zu automatischen Vorgängen,
Kalibrierungsverfahren und Verfahren zur Gewährleistung der Gleichwertigkeit der verwendeten Geräte und der Ausgewognenheit der Prüfgruppen während der Prüfung,
kurze Begründung, warum bestimmte Entscheidungen die Hinzuziehung eines Sachverständigen erfordern,
ausführliche Beschreibung der nach Geschlecht und Dosisgruppe aufgeschlüsselten verhaltensbezogenen/funktionalen, neuropathologischen und morphometrischen Befunde, einschließlich Erhöhung und Verringerung der Kontrollhäufigkeit,
Hirngewicht,
etwaige Diagnosen aufgrund neurologischer Anzeichen und Läsionen, einschließlich natürlich aufgetretener Krankheiten oder Zustände,
Abbildungen von Beispielbefunden,
Low-Power-Imaging zur Bewertung der Homologie der für die Morphometrie verwendeten Sektionen,
statistische Auswertung der Ergebnisse, einschließlich statistischer Modelle für die Daten- und Ergebnisanalyse, und zwar unabhängig davon, ob diese Daten oder Ergebnisse signifikant waren oder nicht,
Beitrag etwaiger anderer toxischer Wirkungen zur Schlussfolgerung bezüglich des neurotoxischen Potenzials der Prüfsubstanz, aufgeschlüsselt nach Geschlechtern und Dosisgruppen,
Auswirkung etwaiger toxikokinetischer Informationen auf die Schlussfolgerungen,
Daten zur Untermauerung der Zuverlässigkeit und Empfindlichkeit der Prüfmethode (d. h. positive Daten und historische Kontrolldaten),
Zusammenhänge zwischen neuropathologischen und funktionalen Wirkungen (sofern diese vorliegen),
NOAEL-Wert oder Benchmark-Dosis für Muttertiere und Nachkommen, aufgeschlüsselt nach Geschlechtern und Dosisgruppen,
Diskussion der Gesamtauswertung der Daten auf Grundlage der Ergebnisse, einschließlich einer Schlussfolgerung darüber, ob die Prüfsubstanz eine entwicklungsneurotoxische Wirkung hat oder nicht, und des NOAEL-Werts.

Parameter für die Kohorte 3:

IgM-Antikörper-Titer im Serum (Sensibilisierung für SRBC oder KLH) oder Einheiten IgM-plaquebildender Zellen in der Milz (Sensibilisierung für SRBC),
die Leistung der TDAR-Methode sollte als Teil des Optimierungsprozesses durch das Labor, das den Test erstmals einrichtet, und regelmäßig (beispielsweise jährlich) durch alle Labore bestätigt werden,
Diskussion der Gesamtauswertung der Daten auf Grundlage der Ergebnisse, einschließlich einer Schlussfolgerung darüber, ob die Prüfsubstanz eine entwicklungsimmuntoxische Wirkung hat oder nicht, und des NOAEL-Wertes.

Diskussion der Ergebnisse

Alle Informationen, die nicht während des Versuchs generiert wurden, für die Auswertung der Ergebnisse jedoch zweckdienlich sind (z. B. Ähnlichkeiten der Wirkungen mit bekannten Neurotoxinen) sind ebenfalls anzuführen.

Auswertung der Ergebnisse

80.Eine erweiterte Ein-Generationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität (EOGRTS) generiert Daten über die Wirkungen wiederholter Verabreichungen einer Chemikalie während aller Phasen des Fortpflanzungszyklus. Sie gibt insbesondere Auskunft über das Fortpflanzungssystem sowie über Entwicklung, Wachstum, Überleben und funktionale Endpunkte der Nachkommen bis zum postnatalen Tag (PND) 90.
81.

Bei der Auswertung der Prüfungsergebnisse sollten alle verfügbaren Daten über die Prüfsubstanz, einschließlich physikalisch-chemischer, toxikokinetischer und toxikodynamischer Eigenschaften, sowie verfügbare relevante Informationen über strukturelle Analogien und Ergebnisse vorausgegangener Toxizitätsstudien mit der Prüfsubstanz (z. B. akute Toxizität, Toxizität bei wiederholter Verabreichung, mechanistische Studien und Studien, in denen bewertet wird, ob bei den In-vivo-/In-vitro-Stoffwechseleigenschaften erhebliche qualitative und quantitative artspezifische Unterschiede vorliegen) berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der makroskopischen Untersuchung (Nekropsie) und die Organgewichte sollten nach Möglichkeit im Kontext der Beobachtungen bewertet werden, die bereits in anderen Versuchen mit wiederholter Verabreichung gemacht wurden. Wachstumsverlangsamung bei Nachkommen könnte auf den Einfluss der Prüfsubstanz auf die Milchzusammensetzung zurückgeführt werden (29).

Kohorte 2 (Entwicklungsneurotoxizität)

82.Neurologisch bedingtes Verhalten und neuropathologische Ergebnisse sollten unter Berücksichtigung aller Befunde von Fachleuten nach einem Weight-of-evidence-Ansatz ausgewertet werden. Die Muster verhaltensbedingter oder morphologischer Befunde sollten, sofern vorhanden, ebenso erörtert werden wie eine nachweisliche Dosis-Wirkungs-Beziehung. In diese Charakterisierung sollte die Beurteilung der Entwicklungsneurotoxizität, einschließlich epidemiologischer Untersuchungen beim Menschen oder Fallberichte sowie tierexperimentelle Studien (z. B. toxikokinetische Daten, Daten zur Struktur-Wirkungs-Beziehung, Daten aus anderen Toxizitätsstudien) einfließen. Die Datenauswertung sollte ferner eine Diskussion sowohl der biologischen als auch der statistischen Signifikanz beinhalten. Sofern ein Zusammenhang zwischen neuropathologischen Veränderungen und Verhaltensänderungen beobachtet wurde, sollte dieser in die Beurteilung einbezogen werden. Leitlinien zur Auswertung der entwicklungsneurotoxischen Ergebnisse finden sich in der Prüfmethode B.53 (35) und in Tyl et al., 2008 (31).

Kohorte 3 (Entwicklungsimmuntoxizität)

83.Die mithilfe des TDAR-Assay (T-Zell-abhängigen Antikörperantwort) ermittelte Unterdrückung oder Verstärkung der Immunfunktion sollte im Kontext aller festgestellten Beobachtungen bewertet werden. Die Signifikanz des TDAR-Ergebnisses kann durch andere Wirkungen auf immunologisch verwandte Indikatoren (z. B. Knochenmarkzellularität, Gewicht und histopathologische Untersuchung des Lymphdrüsengewebes, Lymphozyten-Teilmengenverteilung) untermauert werden. Die im TDAR ermittelten Wirkungen sind möglicherweise weniger aussagekräftig bei anderen Toxizitäten, die bei niedrigeren Expositionskonzentrationen festgestellt werden.
84.Als Hilfe bei der Auswertung der reproduktionstoxischen und neurotoxischen Ergebnisse ist das OECD Guidance Document Nr. 43 zu Rate zu ziehen (26).

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(26) OECD (2008). Guidance Document on Mammalian Reproductive Toxicity Testing and Assessment, Series on Testing and Assessment, Nr. 43, ENV/JM/MONO(2008)16, OECD, Paris.

(27) Working, P.K., M. Hurtt (1987). ‘Computerized Videomicrographic Analysis of Rat Sperm Motility’, Journal of Andrology, 8, S. 330-337.

(28) Bolin, B., R. Garman, K. Jensen, G. Krinke, B. Stuart, and an ad Hoc Working Group of the STP Scientific and Regulatory Policy Committee (2006). ‘A ’Best Practices‘ Approach to Neuropathologic Assessment in Developmental Neurotoxicity Testing — for Today’, Toxicological Pathology, 34, S. 296-313.

(29) Stütz, N., B. Bongiovanni, M. Rassetto, A. Ferri, A.M. Evangelista de Duffard, and R. Duffard (2006). ‘Detection of 2,4-dichlorophenoxyacetic Acid in Rat Milk of Dams Exposed During Lactation and Milk Analysis of their Major Components’, Food Chemicals Toxicology, 44, S. 8-16.

(30) Thigpen, JE, K.D.R. Setchell, J.K. Haseman, H.E. Saunders, G.F. Caviness, G.E. Kissling, M.G. Grant and D.B. Forsythe (2007). ‘Variations in Phytoestrogen Content between Different Mill Dates of the Same Diet Produces Significant Differences in the Time of Vaginal Opening in CD-1 Mice and F344 Rates but not in CD Sprague Dawley Rates’, Environmental health perspectives, 115(12), S. 1717-1726.

(31) Tyl, R.W., K. Crofton, A. Moretto, V. Moser, L.P. Sheets and T.J. Sobotka (2008). ‘Identification and Interpretation of Developmental Neurotoxicity Effects: a Report from the ILSI Research Foundation/Risk Science Institute Expert Working Group on Neurodevelopmental Endpoints’, Neurotoxicology and Teratology, 30: S. 349-381.

(32) OECD (1996). Combined Repeated Dose Toxicity Study with the Reproduction/Developmental Toxicity Screening Test, OECD Guideline for Testing of Chemicals, Nr. 422, OECD, Paris.

(33) Kapitel B.43 dieses Anhangs, Prüfung auf Neurotoxizität bei Nagetieren.

(34) OECD (2000). Guidance Document on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluations, Series on Testing and Assessment, Nr. 19, ENV/JM/MONO(2000)7, OECD, Paris.

(35) Kapitel B.53 dieses Anhangs, Prüfung auf Entwicklungsneurotoxizität.

(36) Kapitel B.54 dieses Anhangs: Uterotropher Bioassay an Nagetieren: Ein Kurzzeit-Screening-Test auf östrogene Eigenschaften.

(37) Kapitel B.55 dieses Anhangs: Hershberger-Bioassay an Ratten: Ein Kurzzeit-Screening-Test auf (anti-)androgene Eigenschaften.

(38) OECD (2009). Guidance Document for Histologic Evalution of Endocrine and Reproductive Test in Rodents, Series on Testing and Assessment, Nr. 106, OECD, Paris.

(39) OECD (2011). Guidance Document on the Current Implementation of Internal Triggers in the Extended One Generation Reproductive Toxicity Study in the United States and Canada, Series on Testing and Assessment, Nr. 117, ENV/JM/MONO(2011)21, OECD, Paris.

(40) OECD (2013). Guidance Document supporting TG 443: Extended One Generation Reproductive Toxicity Study, Series on Testing and Assessment, Nr. 151, OECD, Paris.

Anlage 1

Maßnahmen und Beobachtungen im Rahmen der FOB (Functional Observational Battery) (Kohorte 2A)



Käfig & offenes GehegeManipulationPhysiologie
HaltungLeicht zu greifenTemperatur
Unfreiwillige klonische und tonische BewegungenLeicht zu hantierenKörpergewicht
Schließung der AugenliderMuskeltonusPupillenreaktion
PiloerektionReaktion bei AnnäherungPupillengröße
SalivationReaktion auf Berühren
TränensekretionAkustische Reaktion
LautäußerungenReaktion bei Schwanzkneifen
AufbäumenAufrichtungsreaktion
Anomaler GangSpreizung des Landefußes
ErregungGreifkraft der Vordergliedmaßen
StereotypieGreifkraft der Hintergliedmaßen
Bizarres Verhalten
Färbungen
Atmungsstörung

Anlage 2

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Prüfsubstanz : jede(r) mittels dieser Prüfmethode getestete Stoff bzw. Mischung.

B.57.   H295R-STEROIDGENESE-ASSAY

EINLEITUNG

1.Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 456 (2011). Die OECD setzte sich 1998 zur Priorität, bestehende Prüfrichtlinien für Screening und Testung potenziell endokriner Disruptoren zu überarbeiten und neue Richtlinien zu entwickeln. Das Rahmenkonzept der OECD für die Testung und Bewertung endokriner Disruptoren von 2002 umfasst fünf Stufen, wobei jede Stufe einem anderen Grad der biologischen Komplexität entspricht (1). Bei dem in der vorliegenden Prüfmethode beschriebenen In-vitro Testsystem — dem H295R-Steroidgenese-Assay — wird eine menschliche Adenokarzinom-Zelllinie (NCI-H295R-Zellen) verwendet. Der Assay stellt einen „In-vitro-Assay der Stufe 2 dar, und liefert mechanistische Daten“, die zum Screening und für Priorisierungszwecke zu verwenden sind. Die Ausarbeitung und Standardisierung des Assays als Screeningmethode für chemische Auswirkungen auf die Steroidgenese, insbesondere auf die Produktion von 17β-Östradiol (E2) und Testosteron (T), erfolgte in mehreren Schritten. Der H295R-Assay ist optimiert und validiert worden (2) (3) (4) (5).
2.Das Ziel des H295R-Steroidgenese-Assays besteht darin, Chemikalien nachzuweisen, durch die die Produktion von E2 und T beeinflusst wird. Mit dem H295R-Assay sollen Xenobiotika ermittelt werden, die diejenigen endogenen Bestandteile als Zielstelle(n) haben, die den intrazellularen biochemischen Pfad bilden, der mit Cholesterol beginnt und bis zur Produktion von E2 und/oder T führt. Mit dem H295R-Assay sollen keine Chemikalien bestimmt werden, die die Steroidgenese aufgrund von Auswirkungen auf die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HPG-Achse) beeinträchtigen. Der Assay zielt vielmehr darauf ab, im Hinblick auf das Potenzial einer Chemikalie, die Produktion von T und E2 zu induzieren oder zu hemmen, eine JA/NEIN-Antwort zu liefern; in einigen Fällen können jedoch auch quantitative Ergebnisse erzielt werden (siehe Nummern 53 und 54). Die Ergebnisse des Assays werden als relative Veränderungen in der Hormonproduktion im Vergleich zu den Lösungsmittelkontrollen (LK) angegeben. Der Assay zielt nicht darauf ab, spezifische mechanistische Informationen über die Interaktion der Prüfsubstanz mit dem endokrinen System zu liefern. Anhand der Zelllinie wurden Forschungen durchgeführt, um Auswirkungen auf bestimmte Enzyme und Zwischenhormone, wie zum Beispiel Progesteron, zu bestimmen (2).
3.Die in der vorliegenden Prüfmethode verwendeten Begriffe und Abkürzungen sind in der Anlage beschrieben. Ein detailliertes Protokoll mit Anweisungen zur Herstellung von Lösungen, Kultivierung von Zellen und Durchführung verschiedener Aspekte der Prüfung ist als Anhang I-III des OECD-Dokuments ‘Multi-Laboratory Validation of the H295R Steroidogenesis Assay to Identify Modulators of Testosterone and Estradiol Production’ verfügbar (4).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND GRENZEN

4.An der Biosynthese sexueller Steroidhormone sind fünf verschiedene Enzyme, die sechs unterschiedliche Reaktionen katalysieren, beteiligt. Die enzymatische Umwandlung von Cholesterin in Pregnenolon durch die Cytochrom P450-abhängige Cholesterin-Monooxygenase (CYP11A) ist der erste Schritt in einer Reihe biochemischer Reaktionen, die in der Synthese steroider Endprodukte gipfeln. Je nach Reihenfolge der beiden nächsten Reaktionen teilt sich der Pfad der Steroidgenese in zwei Pfade auf: den Δ5-Hydroxysteroid-Pfad und den Δ4-Ketosteroid-Pfad, die in der Produktion von Androstenedion (Abbildung 1) zusammenlaufen.
5.Androstenedion wird durch 17β-Hydroxysteroid Dehydrogenase (17β-HSD) in Testosteron (T) umgewandelt. Testosteron ist sowohl ein Zwischen- als auch ein Endhormonprodukt. Im männlichen Organismus kann T durch 5α-Reduktase, die in Zellmembranen, Kernhülle und im Retikulum von Zielgewebe mit androgener Wirkung, wie zum Beispiel Prostata und Samenbläschen, gefunden wird, in Dihydrotestosteron (DHT) umgewandelt werden. DHT ist als Androgen erheblich wirksamer als T und gilt ebenfalls als Endprodukthormon. Der H295R-Assay misst kein DHT (siehe Nummer 10).
6.Das Enzym im Pfad der Steroidgenese, das androgene Chemikalien in östrogene Chemikalien umwandelt, ist Aromatase (CYP19). CYP19 wandelt T in 17β-Östradiol (E2) und Androstenedion in Östron um. E2 und T gelten als Endprodukthormone des Steroidgenesepfads.
7.

Die Spezifizität der Lyaseaktivität von CYP17 ist bei den verschiedenen Intermediaten von Tierart zu Tierart unterschiedlich. Im Menschen bevorzugt das Enzym Substrate des Δ5-Hydroxysteroid-Pfads (Pregnenolon); dagegen werden in der Ratte Substrate im Δ4-Ketosteroid-Pfad (Progesteron) begünstigt (19). Solche Unterschiede in der CYP17-Lyaseaktivität können einige artspezifische Unterschiede in der Reaktion auf Chemikalien erklären, die die Steroidgenese in vivo verändern (6). Es hat sich erwiesen, dass die H295-Zellen die Expression des humanen adulten Nebennierenenzyms und das Muster der Steroidproduktion am genauesten widerspiegeln (20), aber auch dafür bekannt sind, Enzyme sowohl für den Δ5-Hydroxysteroid als auch für den Δ4-Ketosteroid-Pfad für Androgensynthese zu exprimieren (7) (11) (13) (15).

Abbildung 1

Pfad der Steroidgenese in H295R-Zellen

Anmerkung:

Enzyme sind kursiv gedruckt, Hormone sind fett gedruckt, und Pfeile zeigen die Richtung der Synthese an. Ein grauer Hintergrund zeigt Corticosteroidpfade/-produkte an. Sexuelle Steroidhormonpfade/-produkte sind eingekreist. CYP = Cytochrom P450; HSD = Hydroxysteroid-Dehydrogenase; DHEA = Dehydroepiandrosteron.

8.Die menschliche H295R-Adenokarzinom-Zelllinie ist ein nützliches In-vitro-Modell für die Ermittlung der Auswirkungen auf die Synthese von Steroidhormonen (2) (7) (8) (9) (10). Die H295R-Zelllinie exprimiert Gene, die alle wichtigen Enzyme für die oben genannte Steroidgenese verschlüsseln (11) (15) (Abbildung 1). Das ist eine einzigartige Eigenschaft, weil die In-vivo-Expression dieser Gene gewebe- und entwicklungsstadiumspezifisch ist, d. h., kein Gewebe- oder Entwicklungsstadium exprimiert alle an der Steroidgenese beteiligten Gene (2). H295R-Zellen weisen physiologische Eigenschaften zonal undifferenzierter Nebennierenzellen menschlicher Föten auf (11). Die Zellen stellen ein einzigartiges In-vitro-System dar, da sie die Fähigkeit besitzen, alle in der adulten Nebennierenrinde und den Gonaden gefundenen Steroidhormone zu produzieren. Mit ihnen können Auswirkungen sowohl auf die Corticosteroidsynthese als auch auf die Produktion von sexuellen Steroidhormonen, wie zum Beispiel Androgene und Östrogene, geprüft werden, auch wenn der Assay nur für den Nachweis von T und E2 validiert wurde. Die durch das Prüfsystem erfassten Änderungen in Form einer Veränderung der Produktion von T und E2 können das Ergebnis einer Vielzahl unterschiedlicher Interaktionen der Prüfsubstanzen mit Steroidgenesefunktionen sein, die durch die H295R-Zellen exprimiert werden. Dazu gehört die Modulation der Expression, die Synthese oder die Funktion von bei der Produktion, Umwandlung oder Eliminierung von Steroidhormonen beteiligten Enzymen (12) (13) (14). Die Hemmung der Hormonproduktion kann auf eine direkte kompetitive Bindung an ein Enzym, einen Einfluss auf Ko-Faktoren, wie zum Beispiel NADPH (Nicotinamidadenindinukleotidphosphat) und cAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat), und/oder eine Steroidstoffwechselerhöhung oder die Reprimierung der Genexpression bestimmter Enzyme im Steroidgenesepfad zurückgeführt werden. Während die Hemmung sowohl von direkten als auch indirekten an der Hormonproduktion beteiligten Prozessen abhängig sein kann, erfolgt die Induktion in der Regel indirekt, beispielsweise durch beeinflussende Ko-Faktoren wie NADPH und cAMP (wie etwa bei Forskolin), einen sinkenden Steroidstoffwechsel (13) und/oder eine Hochregulierung der Genexpression der Steroidgenese.
9.

Der H295R-Assay weist mehrere Vorteile auf:

Er ermöglicht den Nachweis von Erhöhungen und Rückgängen bei der Produktion von T und E2;
er ermöglicht die direkte Bewertung der potenziellen Auswirkung einer Chemikalie auf die Zellviabilität/Zytotoxizität. Dies ist ein wichtiges Element, weil dadurch Wirkungen, die auf die Zytotoxizität zurückgehen, von Wirkungen, die auf die direkte Interaktion der Chemikalien mit steroidogenen Pfaden zurückgehen, unterschieden werden können, was in Gewebeexplantatsystemen, die aus einer Vielzahl von Zelltypen unterschiedlicher Empfindlichkeiten und Funktionalitäten bestehen, nicht möglich ist;
er erfordert keine Versuchstiere;
die H295R-Zelllinie ist im Handel erhältlich.
10.

Die wichtigsten Einschränkungen des Assays sind folgende:

Seine metabolische Kapazität ist nicht bekannt, wahrscheinlich aber eher begrenzt; daher würden Chemikalien, die metabolisch aktiviert werden müssen, in diesem Assay wahrscheinlich übersehen.
Da H295R von Nebennierengewebe abgeleitet wird, besitzt es die Enzyme, die Gluco- und Mineralocorticoide ebenso erzeugen können wie Geschlechtshormone; daher könnten die Auswirkungen auf die Produktion von Gluco- und Mineralocorticoiden die in dem Assay festgestellten T- und E2-Spiegel beeinflussen.
Der Assay misst kein DHT. Aus diesem Grund ist auch nicht davon auszugehen, dass mit ihm Chemikalien festgestellt werden können, die die 5α-Reduktase hemmen; für diesen Zweck kann der Hershberger-Assay (16) verwendet werden.
Mit dem H295R-Assay werden keine Chemikalien festgestellt, die die Steroidgenese dadurch stören, dass sie die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HPG-Achse) beeinträchtigen, da dies nur in intakten Tieren untersucht werden kann.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

11.Zweck des Assays ist der Nachweis von Chemikalien, die die Produktion von T und E2 beeinträchtigen. T ist außerdem ein Zwischenprodukt im Produktionspfad von E2. Mit dem Assay können Chemikalien nachgewiesen werden, die die Enzyme des Steroidgenesepfades in der Regel hemmen oder auslösen.
12.Der Assay wird in der Regel unter Standardzellkulturbedingungen in 24-Mulden-Kulturplatten durchgeführt. Alternativ dazu können andere Plattengrößen für die Durchführung des Assays verwendet werden; die Saat- und Versuchsbedingungen sind dabei jedoch so anzupassen, dass die Leistungskriterien erfüllt sind.
13.Nach einer Akklimatisierungsphase von 24 Stunden in Multiwellplatten werden die Zellen 48 Stunden lang mindestens dreifach sieben Konzentrationen der Prüfsubstanz ausgesetzt. Als Negativ- und Positivkontrollen dienen Testreihen mit Lösungsmittel und jeweils einem bekannten Stoff, der die Hormonproduktion hemmt bzw. induziert, in einer festgelegten Konzentration. Am Ende der Expositionszeit wird das Medium aus jeder Mulde entfernt. Unmittelbar nach Entfernen des Mediums wird in jeder Mulde die Zellviabilität untersucht. Die Hormonkonzentrationen im Medium können mit einer Vielzahl von Methoden gemessen werden, wozu auch im Handel erhältliche Kits zur Hormonmessung und/oder Gerätetechniken wie die Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie gehören. Die Daten werden als ‘fold change’ (x-fache Änderung) bezüglich der Lösungsmittelkontrolle und der niedrigsten Konzentration mit messbarer Wirkung (Lowest-Observed-Effect-Concentration, LOEC) angegeben. Falls der Assay negativ ist, wird die höchste geprüfte Konzentration als geprüfte Konzentration ohne messbare schädliche Wirkung (No-Observed-Effect-Concentration, NOEC) dokumentiert. Schlussfolgerungen bezüglich der Fähigkeit einer Chemikalie, die Steroidgenese zu beeinträchtigen, sollten sich auf mindestens zwei unabhängige Testreihen stützen. Die erste Testreihe kann zur Dosisfindung, gegebenenfalls mit anschließender Anpassung der Konzentrationen für die Testreihen 2 und 3, dienen, wenn Probleme mit der Löslichkeit oder der Zytotoxizität auftreten oder die Aktivität der Chemikalie am Ende des geprüften Konzentrationsbereichs zu liegen scheint.

KULTURTECHNIK

Zelllinie

14.Die NCI-H295R-Zellen sind nach Unterzeichnung einer Materialübertragungsvereinbarung Material Transfer Agreement, MTA)  im Handel von der American Type Culture Collections (ATCC) erhältlich.

Einleitung

15.Wegen Änderungen in der E2-Produktionskapazität der Zellen mit zunehmendem Alter/steigender Passagenzahl (2) sollten die Zellen vor ihrer Verwendung unter Befolgung eines speziellen Protokolls gezüchtet werden, und die Zahl der Passagen nach dem Auftauen der Zellen sollte ebenso dokumentiert werden wie die Zahl der Passagen, bei denen die Zellen eingefroren und in flüssigem Stickstoff gelagert wurden. Die erste Zahl gibt die tatsächliche Anzahl Zellpassagen an und die zweite Zahl beschreibt die Anzahl Passagen, bei denen die Zellen eingefroren und eingelagert wurden. So würden beispielsweise Zellen, die nach Passage fünf eingefroren und aufgetaut und anschließend dreimal geteilt wurden (vier Passagen, wenn die frisch aufgetauten Zellen als Passage 1 gezählt werden), nachdem sie wieder gezüchtet wurden, als Passage 4.5 gekennzeichnet. Ein Beispiel für ein Nummerierungsschema ist in Anhang 1 des Validierungsberichts angeführt (4).
16.Als Basis für angereichertes Medium und Einfriermedium wird Stammmedium verwendet. Angereichertes Medium ist zur Züchtung von Zellen ein notwendiger Bestandteil. Einfriermedium wurde speziell für ein auswirkungsfreies Einfrieren von Zellen für die langfristige Lagerung konzipiert. Vor der Verwendung sollte Nu-Serum (oder ein vergleichbares Serum mit gleichen Eigenschaften, das nachgewiesenermaßen Daten erzeugt, die die Anforderungen an die Prüfleistung und die Qualitätskontrolle erfüllen), das ein Bestandteil des angereicherten Mediums ist, auf Hintergrundkonzentrationen von T und E2 untersucht werden. Die Zubereitung dieser Lösungen wird im Anhang II des Validierungsberichts beschrieben (4).
17.Nach Ansetzen einer H295R-Zellkultur aus einer ursprünglichen ATCC-Charge sind die Zellen über fünf Passagen zu vermehren (d. h.,die Zellen werden vier Mal geteilt). Passage-Fünf-Zellen werden dann in flüssigem Stickstoff zur Lagerung eingefroren. Vor dem Einfrieren der Zellen wird eine Probe der vorangegangenen Passage-Vier-Zellen in einer Qualitätskontrollplatte getestet (siehe die Nummern 36 und 37), um zu überprüfen, ob die Basalhormonproduktion und die Reaktion auf positive Kontrollchemikalien die in Tabelle 5 festgelegten Qualitätskontrollkriterien für den Assay erfüllen.
18.H295R-Zellen müssen gezüchtet, eingefroren und in flüssigem Stickstoff gelagert werden, um sicherzustellen, dass für die Kultivierung und die Verwendung stets Zellen der richtigen Passage/des richtigen Alters verfügbar sind. Die maximale Anzahl Passagen nach Übernahme einer neuen  oder gefrorenen  Zellcharge in die Kultur, die zur Verwendung im H295R-Assay akzeptabel ist, sollte 10 nicht übersteigen. Akzeptable Passagen für Kulturen von Zellen aus einer bei Passage 5 eingefrorenen Charge wären beispielsweise 4.5 bis 10.5. Bei Zellen, mit denen von diesen eingefrorenen Chargen begonnen wurde, ist das in Nummer 19 beschriebene Verfahren zu befolgen. Diese Zellen sind in mindestens vier (4) zusätzlichen Passagen (Passage 4.5) zu züchten, bevor sie in Tests eingesetzt werden können.

Begin einer neuer Zellkultur mit Zellen aus der Gefrierlagerung

19.Das Verfahren mit zum Start einer neuen Zellkultur mit Zellen aus der Gefrierlagerung ist anzuwenden, wenn eine neue Charge Zellen aus der Lagerung in flüssigem Stickstoff zu Zucht- und Testzwecken entnommen wird. Dieses Verfahren ist in Anhang III des Validierungsberichts ausführlich beschrieben (4). Die Zellen werden aus der Kryokonservierung entnommen, rasch aufgetaut, in angereichertem Medium in ein Zentrifugenröhrchen überführt, bei Zimmertemperatur abzentrifugiert, in angereichertem Medium resuspendiert und in eine Kulturflasche übertragen. Das Medium sollte am nächsten Tag gewechselt werden. Die H295R-Zellen werden in einem Inkubator bei 37 °C in einer mit 5 % CO2-angereicherten Luftatmosphäre kultiviert und das Medium wird 2-3 Mal pro Woche gewechselt. Wenn die Zellen zu ungefähr 85-90 % konfluent sind, sollten sie aufgeteilt werden. Die Zellen müssen aufgeteilt werden, um die Lebensfähigkeit und das Wachstum der Zellen sicherzustellen und um ausreichend Zellen für die Durchführung von Bioassays zur Verfügung zu haben. Die Zellen werden drei Mal mit Phosphat-gepufferter Salzlösung (PBS, ohne Ca2+ Mg2+.) ausgewaschen und durch Zugabe eines geeigneten Enzyms, z. B. Trypsin, in PBS (ohne Ca2+ Mg2+) aus der Kulturflasche herausgelöst. Die Reaktion sollte nach Ablösen der Zellen von der Kulturflasche durch Zugabe eines dreifachen Volumens an angereichertem Medium, im Verhältnis zu dem für die Enzymbehandlung verwendeten Volumen, gestoppt werden. Die Zellen werden in ein Zentrifugenröhrchen überführt, bei Zimmertemperatur zentrifugiert; der Überstand wird entfernt und das Pellet in angereichertem Medium resuspendiert. Eine entsprechende Menge Zellsuspension wird in die neue Kulturflasche gegeben. Die Menge an Zellsuspension sollte sollte so gewählt werden, dass die Zellen innerhalb von fünf bis sieben Tagen Konfluenz erreichen. Das empfohlene Subkultivierungsverhältnis beträgt 1:3 bis 1:4. Die Platte ist sorgfältig zu beschriften. Die Zellen sind jetzt für die Verwendung im Assay bereit. Überschüssige Zellen sollten in flüssigem Stickstoff eingelagert werden so wie in Paragraph 20 beschrieben.

Einfrieren von H295R-Zellen (Vorbereitung von Zellen für die Kryokonservierung)

20.Um H295R-Zellen zum Einfrieren vorzubereiten, ist das oben beschriebene Verfahren für die Aufteilung von Zellen bis zu dem Schritt der Resuspendierung des Zellenpellets am Boden des Zentrifugenröhrchens zu befolgen. Hier wird das Zellenpellet in Einfriermedium resuspendiert. Die Lösung wird in ein entsprechend etikettiertes Kryogenfläschchen übertragen und bei – 80 °C 24 Stunden lang eingefroren. Danach wird das Kryogenfläschchen zur Lagerung in flüssigen Stickstoff gegeben. Dieses Verfahren ist in Anhang III des Validierungsberichts ausführlich beschrieben (4).

Plattierung und Vorinkubation von Zellen für die Durchführung der Tests

21.

Die benötigte Anzahl an nach den Angaben in Absatz 19 vorbereiteten 24-Muldenplatten hängt von der Zahl der zu prüfenden Chemikalien und der Konfluenz der Zellen in den Kulturschalen ab. In der Regel bietet eine Kulturflasche (75 cm2) mit 80-90 % konfluenten Zellen genügend Zellen für eine bis eineinhalb Platten (24-Mulden) mit einer angestrebten Dichte von 200 000 bis 300 000 Zellen pro ml Medium, was innerhalb von 24 Stunden zu ungefähr 50-60 % Konfluenz in den Mulden führt (Abbildung 2). Dies ist typischerweise die optimale Zelldichte für die Hormonproduktion im Assay. Bei höheren Dichten verändern sich sowohl die T- als auch die Muster der T- als auch der E2-Produktion. Bevor der Assay das erste Mal durchgeführt wird, empfiehlt es sich, unterschiedliche Einsaatdichten zwischen 200 000 und 300 000 Zellen pro ml zu prüfen und die Dichte, die sich bei 50-60 % Konfluenz in der Mulde nach 24 Stunden ergibt, für weitere Versuche auszuwählen.

Abbildung 2

Mikrofotografie von H295R-Zellen bei einer Einsaatdichte von 50 % in einer 24-Mulden-Kulturplatte nach 24 Stunden, aufgenommen am Rand (A) und in der Mitte (B) einer Mulde.

22.Das Medium wird aus der Kulturflasche abpipettiert und die Zellen werden drei Mal mit steriler PBS (ohne Ca2+Mg2+) gespült. Es wird eine Enzymlösung (in PBS) zugegeben, um die Zellen von der Kulturflasche abzulösen. Nachdem ein angemessener Zeitraum zur Ablösung der Zellen verstrichen ist, sollte die Enzymwirkung durch Zugabe eines angereicherten Mediums im dreifachen Verhältnis zu dem für die Enzymbehandlung verwendeten Volumen gestoppt werden. Die Zellen werden in ein Zentrifugenröhrchen überführt und bei Zimmertemperatur zentrifugiert; der Überstand wird entfernt und das Zellpellet in angereichertem Medium resuspendiert. Anschließend wird die Zelldichte bestimmt, z. B. mittels einer Zählkammer oder eines Zellzählers. Die Zelllösung sollte entsprechend der gewünschten Dichte für das Ausplattieren verdünnt und gründlich gemischt werden, um eine homogene Zelldichte sicherzustellen. Die Zellen sollten mit 1 ml Zelllösung/Mulde plattiert und die Platten und Mulden beschriftet werden. Die ausgesäten Platten werden 24 Stunden lang bei 37 °C und 5 % CO2 in Luft inkubiert, damit die Zellen an den Mulden anwachsen können.

ANFORDERUNGEN AN DIE QUALITÄTSKONTROLLE

23.Es ist wichtig, bei der Dosierung exakte Volumina der Lösungen und Proben in die Mulden zu geben, weil diese Volumina die Konzentrationen bestimmen, die in den Berechnungen der Assay-Ergebnisse verwendet werden.
24.Vor dem Ansetzen einer Zellkultur und der späteren Durchführung von Tests, hat jedes Labor die Empfindlichkeit seines Hormonmesssystems nachzuweisen (Nummern 29-31).
25.Werden antikörperbasierte Hormonmessungsassays verwendet, sind die Prüfsubstanzen vor Beginn der Tests, wie unter Nummer 32 beschrieben, darauf zu prüfen, ob sie das für die quantitative Bestimmung von T und E2 verwendete Bestimmungssystem unter Umständen beeinträchtigen können.
26.

Für den Assay wird DMSO als Lösungsmittel empfohlen. Falls ein alternatives Lösungsmittel verwendet wird, ist Folgendes zu bestimmen:

die Löslichkeit der Prüfsubstanz, Forskolin und Prochloraz im Lösungsmittel und
die Zytotoxizität in Abhängigkeit von der Konzentration des Lösungsmittels.

Es wird empfohlen, dass die maximal zulässige Lösungsmittelkonzentration eine 10-fache Verdünnung der am wenigsten zytotoxischen Konzentration des Lösungsmittels nicht übersteigen sollte.

27.Bevor die Tests zum ersten Mal durchgeführt werden, hat das Labor einen Eignungsversuch durchzuführen und nachzuweisen, dass es die entsprechende Zellkultur und die Versuchsbedingungen, die für die chemischen Prüfungen laut den Beschreibungen in den Absätzen 33-35 erforderlich sind, erzielen und aufrechterhalten kann.
28.Wenn Testreihen begonnen werden, bei denen eine neue Charge verwendet wird, ist vor der Verwendung einer neuen Zellcharge eine Testreihe mit einer Kontrollplatte durchzuführen, um die Leistungsfähigkeit der Zellen, wie unter den Nummern 36 und 37 beschrieben, zu bewerten.

Leistung des Hormonmesssystems

Methodenempfindlichkeit, -genauigkeit, -präzision und Kreuzreaktivität mit der Probenmatrix

29.Jedes Labor kann für die Analyse der Produktion von T und E2 durch H295R-Zellen ein Hormonmesssystem seiner Wahl verwenden, so lange dieses die Leistungskriterien, einschließlich der Quantifizierungsgrenze (Limit of Quantification, LOQ) erfüllt. Nominal liegt die Quantifizierungsgrenze bei 100 pg/ml für T bzw. bei 10 pg/ml für E2. Diese Grenzen basieren auf den in den Validierungsstudien beobachteten Basalhormonspiegeln. In Abhängigkeit zu den im durchführenden Labor erzielten Basalhormonspiegeln können jedoch auch höhere oder niedrigere Werte angemessen sein. Vor dem Ansetzen einer Qualitätskontrollplatte und der Einleitung von Testreihen hat das Labor nachzuweisen, dass der Hormonassay, der verwendet werden soll, Hormonkonzentrationen in angereichertem Medium so genau und präzise bestimmen kann, dass die in den Tabellen 1 und 5 angegebenen Qualitätskontrollkriterien erfüllt werden. Dieser Nachweis erfolgt durch die Analyse eines mit einer internen Hormonkontrolle versetzten angereicherten Mediums. Das angereicherte Medium ist mit mindestens drei Konzentrationen eines jeden Hormons zu versetzen (z. B. 100, 500 und 2 500 pg/ml von T; 10, 50 und 250 pg/ml von E2; oder für die niedrigsten Spikekonzentrationen für T und E2 können die auf den Nachweisgrenzen des gewählten Hormonmesssystems gestützten niedrigstmöglichen Konzentrationen verwendet werden) und zu analysieren. Die gemessenen Hormonkonzentrationen der nicht extrahierten Proben sollten innerhalb von 30 % der Nominalkonzentrationen liegen und die Variation zwischen wiederholten Messungen derselben Probe sollte 25 % nicht übersteigen (weitere Kriterien für die Qualitätskontrolle finden sich auch in Tabelle 8). Werden diese Qualitätskontrollkriterien erfüllt, wird davon ausgegangen, dass der ausgewählte Hormonassay ausreichend genau und präzise ist und nicht zu Kreuzreaktionen mit Mediumsbestandteilen (Probenmatrix) führt, zumindest nicht in einem derartigen Ausmaß, dass von einer deutlichen Beeinflussung des Assayergebnisses auszugehen ist. In einem solchen Fall ist keine Extraktion von Proben vor der Messung der Hormone erforderlich.
30.Für den Fall, dass die in den Tabellen 1 und 8 angeführten Qualitätskontrollkriterien nicht erfüllt werden, kann es zu einer erheblichen Matrixwirkung kommen und es ist ein Versuch mit extrahiertem und mit Spike (T oder E2) versetztem Medium durchzuführen. Ein Beispiel für ein Extraktionsverfahren ist in Anhang 1 des Validierungsberichts angeführt (4). Die Messungen der Hormonkonzentrationen in den extrahierten Proben sind dreifach durchzuführen . Wenn gezeigt werden kann, dass die Bestandteile des Mediums nach der Extraktion die Hormonbestimmungsmethode nach den Festlegungen durch die Qualitätskontrollkriterien nicht beeinträchtigen, sind alle weiteren Versuche mithilfe extrahierter Proben durchzuführen. Falls die Qualitätskontrollkriterien nach der Extraktion nicht erfüllt werden können, ist das verwendete Hormonmesssystem für den Zweck des H295R Steroidgenese-Assay nicht geeignet und es ist eine alternative Hormonbestimmungsmethode zu verwenden.

Standardkurve

31.Die Hormonkonzentrationen der Lösungsmittelkontrollen (LK) sollten innerhalb des linearen Teils der Standardkurve liegen. Die Werte der Lösungsmittelkontrollen sollten vorzugsweise nahe an den Mittelpunkt des linearen Anteils fallen, um sicherzustellen, dass die Stimulation und die Hemmung der Hormonsynthese gemessen werden kann. Die zu messenden Verdünnungen des Mediums (oder Extrakte) sind entsprechend auszuwählen. Die lineare Beziehung ist durch einen geeigneten statistischen Ansatz zu bestimmen.

Test auf chemische Interferenz

32.

Sollen zur Messung der Hormone antikörperbasierte Assays, wie zum Beispiel Enzyme-Linked Immunosorbent-Assays (ELISA) oder Radio-Immuno-Assays (RIA) verwendet werden, ist jede Chemikalie vor Beginn der tatsächlichen Prüfung der Chemikalien darauf zu prüfen, ob sie das einzusetzende Hormonmesssystem möglicherweise beeinträchtigt (Anhang III des Validierungsberichts (4)), da diese Tests durch einige Chemikalien beeinträchtigt werden können (17). Wenn aus der Bestimmung der Hormonanalyse hervorgeht, dass eine Beeinflussung ≥ 20 % der Basalhormonproduktion für T und/oder E2 erfolgt, ist der Test auf chemische Beeinflussung des Hormonassay (wie im Anhang III des Validierungsberichts (4) Abschnitt 5.0 beschrieben) für alle Stammlösungsverdünnungen der Prüfsubstanz durchzuführen, um die Schwellendosis zu ermitteln, bei der eine signifikante Beeinflussung (≥ 20 %) erfolgt. Wenn die Beeinflussung geringer ist als 30 % können die Ergebnisse um die Beeinflussung korrigiert werden. Wenn die Beeinflussung größer ist als 30 %, sind die Daten ungültig und die Daten bei diesen Konzentrationen sind zu verwerfen. Wenn es bei mehr als einer nicht zytotoxischen Konzentration zu einer signifikanten Beeinflussung des Hormonmesssystems durch die Prüfsubstanz kommt, muss ein anderes Hormonmesssystem verwendet werden. Um Beeinflussungen von kontaminierenden Chemikalien zu vermeiden, wird empfohlen, dass Hormone aus dem Medium mithilfe eines geeigneten Lösungsmittels extrahiert werden. Geeignete Methoden finden sich im Validierungsbericht (4).



Tabelle 1

Leistungskriterien für Hormonmesssysteme

ParameterKriterium
Empfindlichkeit der Messmethode

Quantifizierungsgrenze (LOQ)

T: 100 pg/ml; E2: 10 pg/ml ()

Hormonextraktionseffizienz (nur, wenn Extraktion nötig ist)Die durchschnittlichen Wiederfindungsraten (gestützt auf dreifache Messungen) für die versetzten Hormonmengen sollten nicht mehr als 30 % von der Menge abweichen, die zugegeben wurde.
Chemische Beeinflussung (nur antikörperbasierte Systeme)Es sollte zu keiner wesentlichen (≥ 30 % der Basalhormonproduktion des entsprechenden Hormons) Kreuzreaktion mit einem der von den Zellen produzierten Hormone kommen () ()

(1)   Anmerkung: Die Messgrenzen der Methode basieren auf den in Tabelle 5 angeführten Basalhormonproduktionswerten und sind leistungsgestützt. Wenn eine höhere Basalhormonproduktion erzielt werden kann, kann der Grenzwert auch höher sein.

(2)   Einige T- und E2-Antikörper können bei einem höheren Anteil unter Umständen zu Kreuzreaktionen mit Androstendion bzw. Östron führen. In solchen Fällen ist es nicht möglich, die Wirkungen auf 17β-HSD genau zu bestimmen. Die Daten können dennoch nützliche Auskünfte über die Wirkungen auf die Östrogen- oder Androgenproduktion im Allgemeinen geben. In solchen Fällen sind die Angaben als Androgen-/Östrogenreaktionen und nicht als E2 und T auszuweisen.

(3)   Dazu gehören: Cholesterin, Pregnenolon, Progesteron, 11-Deoxykortikosteron, Kortikosteron, Aldosteron, 17α-Pregnenolon, 17α-Progesteron, Deoxykortison, Kortison, DHEA, Androstenedion, Östron.

Eignungsprüfung des Prüflabors

33.Bevor unbekannte Chemikalien geprüft werden, hat ein Labor nachzuweisen, dass es die Kompetenz besitzt, die entsprechenden Zellkultur- und die Versuchsbedingungen, die für die erfolgreiche Durchführung des Assays erforderlich sind, herzustellen und aufrechtzuerhalten. Dieser Nachweis erfolgt im Rahmen einer Eignungsprüfung. Da die Leistung eines Assays unmittelbar mit den durchführenden Labortechnikern zusammenhängt, sollten diese Verfahren teilweise wiederholt werden, wenn es zu einem Wechsel des Laborpersonals kommt.
34.

Diese Eignungsprüfung wird unter denselben Bedingungen durchgeführt, wie sie unter den Nummern 38 bis 40 beschrieben sind, d. h. Zellen werden sieben zunehmenden Konzentrationen starker, mittlerstarker und schwacher Induktoren und Inhibitoren sowie einer negativen Chemikalie ausgesetzt werden (siehe Tabelle 2). Zu den zu prüfenden Chemikalien gehören im Einzelnen der starke Induktor Forskolin (CAS-Nr. 66575-29-9), der starke Inhibitor Prochloraz (CAS-Nr. 67747-09-5), der mittelstarke Induktor Atrazin (CAS-Nr. 1912-24-9), der mittelstarke Inhibitor Aminoglutethimid (CAS-Nr. 125-84-8), der schwache Induktor (E2-Produktion) und der schwache Inhibitor (T-Produktion) Bisphenol A (CAS-Nr. 80-05-7) sowie die negative Chemikalie Human-Choriongonadotropin (hCG) (CAS-Nr. 9002-61-3), wie in Tabelle 2 dargestellt. Testreihen mit separaten Platten werden für alle Chemikalien durchgeführt; dabei ist das in Tabelle 6 angegebene Format zu verwenden. Eine Qualitätskontrollplatte (Tabelle 4, Nummern 36-37) ist bei den täglichen Testreihen für die Eignungsprüfungschemikalien einzubeziehen.



Tabelle 2

Eignungsprüfungschemikalien und Expositionskonzentrationen

ChemikaliePrüfkonzentrationen [μM]
Prochloraz0 (), 0,01, 0,03, 0,1, 0,3, 1, 3, 10
Forskolin0 (), 0,03, 0,1, 0,3, 1, 3, 10, 30
Atrazin0 (), 0,03, 0,1, 1, 3, 10, 30, 100
Aminoglutethimid0 (), 0,03, 0,1, 1, 3, 10, 30, 100
Bisphenol A0 (), 0,03, 0,1, 1, 3, 10, 30, 100
HCG0 (), 0,03, 0,1, 1, 3, 10, 30, 100
(1)   Lösungsmittel (DMSO) Kontrolle (0), 1 μl DMSO/Mulde.

Die Exposition von H295R-Zellen gegenüber Eignungsprüfungschemikalien sollte bei der Eignungsprüfung des Labors in 24-Mulden-Platten durchgeführt werden. Die Dosierung erfolgt für alle Prüfsubstanzdosen in μM. Die Dosen sind in DMSO bei 0,1 % v/v pro Mulde zu verabreichen. Alle Prüfkonzentrationen sind in Triplikaten zu testen (Tabelle 6). Für jede Chemikalie werden separate Platten verwendet. Eine Qualitätskontrollplatte wird in alle täglichen Testreihen einbezogen.

35.

Zellviabilitäts- und Hormonanalysen sind nach den Vorgaben der Nummern 42 bis 46 durchzuführen. Der Schwellenwert [niedrigste Konzentration mit messbarer Wirkung (Lowest-Observed-Effect-Concentration, LOEC)] und das Einstufungsergebnis sind zu dokumentieren und mit den Werten in Tabelle 3 zu vergleichen. Die Daten gelten als akzeptabel, wenn sie die Bedingungen für den LOEC-Wert und das Einstufungsergebnis in Tabelle 3 erfüllen.



Tabelle 3

Schwellenwerte (LOEC-Werte) und Einstufungergebnisse für Eignungsprüfungschemikalien

CAS-NummerLOEC [μM]Entscheidungsergebnis
TE2TE2
Prochloraz67747-09-5≤ 0,1≤ 1,0+ () (Inhibition)+ (Inhibition)
Forskolin66575-29-9≤ 10≤ 0,1+ (Induktion)+ (Induktion)
Atrazin1912-24-9≤ 100≤ 10+ (Induktion)+ (Induktion)
Aminoglutethimid125-84-8≤ 100≤ 100+ (Inhibition)+ (Inhibition)
Bisphenol A80-05-7≤ 10≤ 10+ (Inhibition)+ (Induktion)
HCG9002-61-3entfälltentfälltNegativNegativ

(1)   +, positiv

entfällt: keine Angabe, weil nach der Exposition gegenüber nicht-zytotoxischen Konzentrationen der negativen Kontrolle keine Änderungen eintreten sollten.

Qualitätskontrollplatte

36.

Die Qualitätskontrollplatte (QK-Platte) wird zur Überprüfung der Leistung der H295R-Zellen unter Standardkulturbedingungen und zur Errichtung einer historischen Datenbasis für frühere Daten über Hormonkonzentrationen in Lösungsmittelkontrollen und Positiv- und Negativkontrollen sowie zur Festlegung anderer im Laufe der Zeit durchzuführenden Qualitätskontrollmaßnahmen verwendet.

Die Leistung der H295R-Zellen ist mithilfe einer QK-Platte für jede neue ATCC-Charge oder nach der erstmaligen Verwendung zuvor eingefrorener Zellen zu bewerten, sofern die Eignungsprüfung des Labors (Nummern 32-34) nicht mit dieser Zellcharge durchgeführt worden ist.
Eine QK-Platte gewährleistet bei der Prüfung von Chemikalien eine vollständige Bewertung der Assay-Bedingungen (z. B. Zellviabilität, Lösungsmittelkontrollen, Negativ- und Positivkontrollen sowie Intra- und Interassay-Variabilität) und sollte Bestandteil jeder Testreihe sein.
37.

Der Qualitätskontrolltest wird in einer 24-Muldenplatte durchgeführt und folgt für die Inkubation, die Dosierung, die Zellviabilität/Zytotoxizität, die Hormonextraktion und die Hormonanalyse denselben Verfahren, die sie bereits unter den Nummern 38 bis 46 für Chemikalientestungen beschrieben wurden. Die Qualitätskontrollplatte enthält Blindproben, Lösungsmittelkontrollen und zwei Konzentrationen eines bekannten Induktors (Forskolin, 1, 10 μM) und Inhibitors (Prochloraz, 0,1, 1 μM) für die E2- und T-Synthese. Darüber hinaus wird in ausgewählten Mulden als Positivkontrolle für den Viabilitäts-/Zytotoxizitäts-Assay MeOH verwendet. Eine ausführliche Beschreibung der Plattenanordnung findet sich in Tabelle 4. Die Kriterien, die bei der QK-Platte erfüllt sein müssen, sind in Tabelle 5 aufgeführt. Die Mindestwerte für die Basalhormonproduktion für T und E2 sind sowohl bei den Mulden mit der Lösungsmittelkontrolle als auch bei den Blindproben einzuhalten.



Tabelle 4

Anordnung der Qualitätskontrollplatte für die Prüfung der Leistung nicht exponierter H295R-Zellen und Zellen, die gegenüber einem bekannten Inhibitor (PRO = Prochloraz) und Induktor (FOR = Forskolin) der E2- und T-Produktion exponiert wurden. Nach abgeschlossenem Expositionsversuch und der Entfernung des Mediums wird eine 70 %ige Methanollösung in alle MeOH-Mulden gegeben, die als Positivkontrolle für die Zytotoxizität dienen (siehe Zytotoxizitäts-Assay in Anhang III des Validierungsberichts (4)).

123456
ABlindprobe ()Blindprobe ()Blindprobe ()

Blindprobe ()

(+ MeOH) ()

Blindprobe ()

(+ MeOH) ()

Blindprobe ()

(+ MeOH) ()

B

DMSO ()

1 μl

DMSO ()

1 μl

DMSO ()

1 μl

DMSO ()

1 μl

(+ MeOH) ()

DMSO ()

1 μl

(+ MeOH) ()

DMSO ()

1 μl

(+ MeOH) ()

CFOR 1 μMFOR 1 μMFOR 1 μMPRO 0,1 μMPRO 0,1 μMPRO 0,1 μM
DFOR 10 μMFOR 10 μMFOR 10 μMPRO 1 μMPRO 1 μMPRO 1 μM

(1)   Zellen in Blindprobenmulden erhalten nur Medium (d. h. kein Lösungsmittel).

(2)   Methanol (MeOH) wird nach abgeschlossener Exposition und nach Entfernung des Mediums aus diesen Mulden zugegeben.

(3)   DMSO-Lösungsmittelkontrolle (1 μl/Mulde).



Tabelle 5

Leistungskriterien für die Qualitätskontrollplatte

TE2
Basalhormonproduktion in der Lösungsmittelkontrolle (LK)≥ 5-fache LOQ≥ 2,5-fache LOQ
Induktion (10 μM Forskolin)≥ 1,5-fache LK≥ 7,5-fache LK
Inhibition (1 μM Prochloraz)≤ 0,5-fache LK≤ 0,5-fache LK

VERFAHREN DER CHEMIKALIENEXPOSITION

38.Die vorinkubierten Zellen werden aus dem Inkubator entnommen (Nummer 21) und vor der Zudosierung unter einem Mikroskop kontrolliert, um sicherzustellen, dass sie sich in gutem Zustand befinden (Anhaftung, Morphologie).
39.

Die Zellen werden in eine Biosicherheitswerkbank platziert und das angereicherte Medium wird entfernt und durch ein neues angereichertes Medium ersetzt (1 ml/Mulde). Für diese Prüfmethode wird DMSO als Lösungsmittel empfohlen. Sollten jedoch Gründe für die Verwendung anderer Lösungsmittel vorliegen, ist dies wissenschaftlich zu begründen. Die Zellen werden durch Zugabe von 1 μl der geeigneten Stammlösung in DMSO (siehe Anhang II des Validierungsberichts (4)) pro 1 ml angereichertes Medium (Muldenvolumen) gegenüber der Prüfsubstanz exponiert. Dadurch ergibt sich eine Endkonzentration von 0,1 % DMSO in den Mulden. Um eine angemessene Vermischung sicherzustellen, wird im Allgemeinen empfohlen, die geeignete Stammlösung der Prüfsubstanz in DMSO mit angereichertem Medium zu mischen, um so für jede Dosis die gewünschte Endkonzentration zu erhalten, und die Mischung unverzüglich nach Entfernen des alten Mediums in die Mulden zu geben. Bei einer solchen Vorgehensweise sollte die Konzentration von DMSO (0,1 %) in allen Mulden gleich bleiben. Die Mulden mit den beiden höchsten Konzentrationen werden mithilfe eines Stereomikroskops visuell auf Bildung von Niederschlag oder Trübung (Hinweis auf die unvollständige Löslichkeit der Prüfsubstanz) untersucht. Werden solche Bedingungen (Trübung, Niederschlagsbildung) beobachtet, sind die Mulden mit den nächstniedrigeren Konzentrationen ebenfalls zu untersuchen (und so weiter), und Konzentrationen, die sich nicht vollständig gelöst haben, sind aus der weiteren Bewertung und Analyse auszuschließen. Die Platte wird bei 37 oC und 5 % CO2 in der Luftatmosphäre 48 Stunden lang in den Inkubator zurückgestellt. Die Anordnung der Prüfsubstanzplatte ist in Tabelle 6 dargelegt. Die Stämme 1-7 zeigen Bestückung mit zunehmenden Dosen Prüfsubstanz.



Tabelle 6

Dosierungsschema für die Exposition von H295R-Zellen gegenüber Prüfsubstanzen in einer 24-Muldenplatte

123456
ADMSODMSODMSOStamm 4Stamm 4Stamm 4
BStamm 1Stamm 1Stamm 1Stamm 5Stamm 5Stamm 5
CStamm 2Stamm 2Stamm 2Stamm 6Stamm 6Stamm 6
DStamm 3Stamm 3Stamm 3Stamm 7Stamm 7Stamm 7
40.Nach 48 Stunden werden die Expositionsplatten aus dem Inkubator genommen und jede Mulde wird unter dem Mikroskop auf den Zustand der Zellen (Anhaftung, Morphologie, Grad der Konfluenz) und Anzeichen von Zytotoxizität untersucht. Das Medium aus jeder Mulde wird in zwei gleiche Mengen (von jeweils ungefähr 490 μl) unterteilt und in zwei separate, entsprechend gekennzeichnete Fläschchen gegeben (d. h. ein Aliquot als Ersatzprobe für jede Mulde). Um zu verhindern, dass die Zellen austrocknen, wird jeweils immer nur aus einer Reihe oder einer Kolonne Medium entfernt und durch das Medium für die Zellviabilitäts-/Zytotoxizitätsprüfung ersetzt. Wenn die Zellviabilität/Zytotoxizität nicht unverzüglich bestimmt wird, werden in jede Mulde 200 μl PBS mit Ca2+ und Mg2+ zugegeben. Die Medien werden bis zur weiteren Analyse der Hormonkonzentrationen (siehe Nummern 44-46) bei — 80 oC eingefroren. Obwohl in Medium bei — 80 oC aufbewahrtes T und E2 in der Regel zwar mindestens drei Monate lang stabil bleiben, sollte die Hormonstabilität während der Lagerung in jedem Labor dennoch dokumentiert werden.
41.Unmittelbar nachdem das Medium entfernt wurde, wird für jede Expositionsplatte die Zellviabilität/Zytotoxizität bestimmt.

Bestimmung der Zellviabilität

42.

Zur Bestimmung der potenziellen Auswirkung der Prüfsubstanz auf die Zellviabilität/Zytotoxizität kann ein beliebiger Zellviabilitäts-/Zytotoxizitäts-Assay durchgeführt werden. Der Assay sollte eine reale Messung des Anteils der in einer Mulde präsenten lebensfähigen Zellen gewährleisten oder es sollte nachgewiesen werden, dass er direkt mit dem (einer linearen Funktion des) Live/Dead®-Assay vergleichbar ist (siehe Anhang III des Validierungsberichts (4)). Ein alternativer Assay, der sich ebenfalls bewährt hat, ist der MTT-Test [3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-Diphenyltetrazoliumbromid] (18). Die Bewertung der Zellviabilität nach den vorgenannten Methoden entspricht einer relativen Messung, die nicht unbedingt lineare Beziehungen zur absoluten Zahl der Zellen in einer Mulde aufweist. Daher sollte der Prüfer parallel dazu jede Mulde einer subjektiven visuellen Beurteilung unterziehen und Digitalfotos der Lösungsmittelkontrollen und der beiden höchsten nicht zytotoxischen Konzentrationen aufnehmen und archivieren, um so eine spätere Beurteilung der genauen Zelldichte zu ermöglichen, sollte eine solche erforderlich werden. Sollten Sichtkontrolle oder Viabilitäts-/Zytotoxizitäts-Assay auf eine Erhöhung der Zellenanzahl hindeuten, so muss diese überprüft werden. Wird die Erhöhung der Zellenanzahl bestätigt, ist dies im Prüfbericht anzugeben. Die Zellviabilität wird bezogen auf die durchschnittliche Reaktion in den Lösungsmittelkontrollen ausgedrückt (bei der davon ausgegangen wird, dass sie zu 100 % lebensfähigen Zellen entspricht) und in einer für den jeweils verwendeten Zellviabilitäts-/Zytotoxizitäts-Assay geeigneten Weise berechnet. Für den MTT-Assay kann die folgende Formel verwendet werden:

% lebensfähige Zellen = (Reaktion in der Mulde – durchschnittliche Reaktion in mit MeOH [= 100 % tote Zellen] behandelten Mulden) ÷ (durchschnittliche Reaktion in Mulden mit Lösungsmittelkontrolle – durchschnittliche Reaktion in mit MeOH [= 100 % tote Zellen] behandelten Mulden)

43.Mulden mit einer niedrigeren Viabilität als 80 % im Verhältnis zu der durchschnittlichen Viabilität in den Lösungsmittelkontrollen (= 100 % Viabilität) sollten in die endgültige Datenanalyse nicht einbezogen werden. Kommt es bei einer Zytotoxizität von beinahe 20 % zur Hemmung der Steroidgenese, muss sich der Prüfer vergewissern, dass die Ursache für die Hemmung nicht die Zytotoxizität ist.

Hormonanalyse

44.Jedes Labor kann für die Analyse von T und E2 ein Hormonmesssystem seiner Wahl verwenden. Überschüssige Aliquote von Medium aus den einzelnen Behandlungsgruppen können für die Zubereitung von Verdünnungen verwendet werden, um die Konzentration in den linearen Teil der Standardkurve zu bringen. Gemäß Nummer 29 sollte jedes Labor nachweisen, dass sein Hormonmesssystem (z. B. ELISA, RIA, LC-MS, LC-MS/MS) den Qualitätskontrollkriterien entspricht. Dieser Nachweis erfolgt durch die Analyse eines mit einer internen Hormonkontrolle versetzten angereicherten Mediums, bevor Qualitätskontrolltestreihen durchgeführt oder Chemikalien geprüft werden. Um sicherzustellen, dass die Bestandteile des Prüfsystems die Hormonmessung nicht beeinträchtigen, müssen die Hormone vor ihrer Messung möglicherweise aus dem Medium extrahiert werden (für die Bedingungen, unter denen eine Extraktion erforderlich oder nicht erforderlich ist, siehe Nummer 30). Es wird empfohlen, bei der Extraktion die in Anhang III des Validierungsberichts angegebenen Verfahrensvorschriften zu befolgen (4).
45.Wird ein im Handel erhältliches Testkit für die Messung der Hormonproduktion verwendet, sollte die Hormonanalyse nach den Vorgaben in den Bedienungsanleitungen des jeweiligen Herstellers durchgeführt werden. Die meisten Hersteller verfügen über ein spezielles Verfahren für die Durchführung von Hormonanalysen. Verdünnungen von Proben müssen so angepasst werden, dass die erwarteten Hormonkonzentrationen für die Lösungsmittelkontrollen in die Mitte des linearen Bereichs der Standardkurve des einzelnen Assays fallen (Anhang III des Validierungsberichts (4)). Werte außerhalb des linearen Bereichs der Standardkurve sind zu verwerfen.
46.

Die endgültigen Hormonkonzentrationen werden folgendermaßen berechnet:

Beispiel:



Extrahiert:450 μl Medium
Rekonstituiert in:250 μl Assay-Puffer
Verdünnung im Assay:1:10 (um die Probe in den linearen Bereich der Standardkurve zu bringen)
Hormonkonzentration im Assay:150 pg/ml (bereits an die Konzentration pro ml getesteter Probe angepasst)
Wiederfindung:89 %
Endgültige Hormonkonzentration =(Hormonkonzentration (pro ml) ÷ Wiederfindung) (Verdünnungsfaktor)
Endgültige Hormonkonzentration =(150 pg/ml) ÷ (0,89) × (250 μl/450 μl) × 10 = 936,3 pg/ml

Wahl der Prüfkonzentrationen

47.

Es sind mindestens zwei unabhängige Assay-Testreihen durchzuführen. Sofern für die Wahl der Prüfkonzentrationen nicht bereits Informationen (wie Angaben zu Löslichkeitsgrenzen oder zur Zytotoxizität) vorliegen, wird empfohlen, die Prüfkonzentrationen für die erste Testreihe in log10-Abständen festzulegen, wobei 10-3 M die Höchstkonzentration darstellt. Ist die Chemikalie löslich und bei keiner der geprüften Konzentrationen zytotoxisch und war die erste Testreihe bei allen Konzentrationen negativ, so ist dies in einer weiteren Testreihe, die unter denselben Bedingungen wie die erste Testreihe durchgeführt wird, zu bestätigen (Tabelle 7). Sind die Ergebnisse der ersten Testreihe unschlüssig (d. h., der fold change [x-fache Änderung] ist im Vergleich zur Lösungsmittelkontrolle nur für eine einzige Konzentration statistisch signifikant) oder positiv (d. h., der fold change ist für zwei oder mehr nebeneinanderliegende Konzentrationen statistisch signifikant), so sollte der Test, wie in Tabelle 7 angegeben, mit verfeinerten Prüfkonzentrationen wiederholt werden. Die Prüfkonzentrationen in den Testreihen zwei und drei (falls zutreffend) sind auf der Grundlage der Ergebnisse aus der ersten Testreihe anzupassen, indem die Bracketing-Konzentrationen, die eine Wirkung hervorgerufen haben, mit in 1/2-log-Abständen verfeinert werden (wenn z. B. die ursprüngliche Testreihe mit 0,001, 0,01, 0,1, 1, 10, 100, 1000 μM zu Induktionen bei 1 und 10 μM geführt hat, sollten für die zweite Testreihe die Konzentrationen 0,1, 0,3, 1, 3, 10, 30, 100 μM verwendet werden), sofern keine niedrigeren Konzentrationen eingesetzt werden müssen, um einen LOEC-Wert zu erhalten. Im letztgenannten Fall sollten in der zweiten Testreihe mindestens fünf Konzentrationen unter der in der Testreihe geprüften niedrigsten Konzentration mit 1/2-log-Abständen verwendet werden. Wird die erste Testreihe durch die zweite Testreihe nicht bestätigt, (d. h., die zuvor positiv getestete Konzentration ± 1 Konzentrationssteigerung ergibt keine statistische Signifikanz), muss ein dritter Versuch unter den anfänglichen Testbedingungen durchgeführt werden. Unschlüssige Ergebnisse in der ersten Testreihe werden als negative Ergebnisse angesehen, wenn die gemessene Wirkung in keiner der beiden folgenden Testreihen bestätigt werden konnte. Unschlüssige Ergebnisse aus der ersten Testreihe werden als positive Reaktionen (Wirkungen) gewertet, wenn die Reaktion in mindestens einer weiteren Testreihe innerhalb einer Konzentrationssteigerung von ± 1 bestätigt werden kann (das Verfahren zur Datenauswertung findet sich in Abschnitt 55).



Tabelle 7

Entscheidungsmatrix für mögliche Ergebnisszenarien

Testreihe 1Testreihe 2Testreihe 3Entscheidung
SzenarioEntscheidungSzenarioEntscheidungSzenariopositivnegativ
negativBestätigen ()negativAufhörenX
negativBestätigen ()positivVerfeinern ()negativX
unschlüssig ()Verfeinern ()negativBestätigen ()negativX
unschlüssig ()Verfeinern ()negativBestätigen ()positivX
unschlüssig ()Verfeinern ()positivX
positivVerfeinern ()negativBestätigen ()positivX
negativBestätigen ()positivVerfeinern ()positivX
positivVerfeinern ()positivAufhörenX

(1)   Vorangegangene Testreihe nach demselben Prüfplan bestätigen.

(2)   Assay mit einem 1/2-log-Abstand zwischen den Konzentrationen erneut durchführen (mit Bracketing der Konzentration, die im vorangegangenen Versuch zu einem signifikant abweichenden Testergebnis geführt hat).

(3)   Ein Fold Change (x-fache Veränderung) bei einer Konzentration weicht statistisch signifikant von der Lösungsmittelkontrolle ab.

Qualitätskontrolle der Testplatte

48.

Neben den Qualitätskriterien für die Qualitätskontrollplatte sind weitere Qualitätskriterien einzuhalten, die in Tabelle 8 dargelegt sind und zulässige Abweichungen zwischen Replikatmulden, Wiederholungsversuche, die Linearität und Empfindlichkeit der Hormonmesssysteme, die Variabilität zwischen Wiederholungs- Hormonmessungen derselben Probe und die prozentuale Wiederfindung gespikter Hormone nach der Mediumextraktion (falls zutreffend; die Anforderungen an die Extraktion finden sich in Nummer 30) betreffen. Die Daten sollten innerhalb der Bereiche liegen, die für jeden Parameter, der für die weitere Auswertung zu berücksichtigen ist, festgelegt wurden. Werden diese Kriterien nicht erfüllt, ist auf dem Arbeitsblatt anzugeben, dass die Qualitätskontrollkriterien bei der fraglichen Probe nicht eingehalten wurden, und die Probe ist entweder erneut zu analysieren oder aus dem Datensatz zu streichen.



Tabelle 8

Akzeptanzbereiche und/oder Variation (in %) für die H295R-Assay-Testplattenparameter

(LOQ: Quantifizierungsgrenze des Hormonmesssystems. VK: Variationskoeffizient; LK: Lösungsmittelkontrolle; DPM: Disintegrationen pro Minute)

Vergleich zwischenTE2
Basalhormonproduktion in LKsx-fach größer als LOQ≥ 5-fach≥ 2,5-fach
Expositionsversuche — Innerhalb des Platten-VK für LKs (Replikatmulden)Absolute Konzentrationen≤ 30 %≤ 30 %
Expositionsversuche — Zwischen Platten-VKs für LKs (Wiederholungsversuche)Fold Change (x-fache Änderung)≤ 30 %≤ 30 %
Hormonmesssystem — EmpfindlichkeitFeststellbare x-fache Abnahme im Vergleich zur LK≥ 5-fach≥ 2,5-fach
Hormonmesssystem — Wiederholungs- messung des VK für LK ()Absolute Konzentrationen≤ 25 %≤ 25 %
Mediumextraktion — Wiederfindung des internen 3H-Standards (falls zutreffend)DPM≥ 65 % Nominal
(1)   Bezogen auf Wiederholungsmessungen ein und derselben Probe.

DATENANALYSE UND BERICHTERSTATTUNG

Datenanalyse

49.Zur Bewertung der relativen Zunahme/Abnahme der chemisch veränderten Hormonproduktion, sind die Ergebnisse auf den mittleren Lösungsmittelkontrollwert jeder Testplatte zu standardisieren und als Änderungen bezogen auf die Lösungsmittelkontrolle in jeder Testplatte anzugeben. Alle Daten sind als Mittelwert ± 1 Standardabweichung anzugeben.
50.

Nur Hormondaten für Mulden, bei denen die Zytotoxizität niedriger war als 20 %, sind in die Datenanalyse aufzunehmen. Relative Änderungen sind folgendermaßen zu berechnen:

Relative Veränderung = (Hormonkonzentration in jeder Mulde) ÷ (Mittlere Hormonkonzentration in allen Mulden mit Lösungsmittelkontrolle).

51.Sollte die Sichtkontrolle der Mulde oder der unter Nummer 42 beschriebene Viabilitäts-/Zytotoxizitäts-Assay auf eine Erhöhung der Zellanzahl hindeuten, muss diese offensichtliche Erhöhung überprüft werden. Wird die Erhöhung der Zellanzahl bestätigt, ist dies im Prüfbericht anzugeben.
52.Bevor statistische Analysen durchgeführt werden, sind die Normalitäts- und Varianzhomogenitätshypothesen zu bewerten. Die Normalität ist mittels Normalwahrscheinlichkeitsplot (Standard-Probability-Plot)oder nach anderen geeigneten statistischen Methoden (z. B. Shapiro-Wilk's Test) zu bewerten. Sind die Daten (Fold Changes) nicht normal verteilt, sollte versucht werden, die Daten umzuwandeln, um eine approximative Normalverteilung zu erhalten. Wenn die Daten normalverteilt oder approximativ normalverteilt sind, sollten die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen chemischer Konzentrationen und den Lösungsmittelkontrollen anhand eines parametrischen Tests (z. B. Dunnett's Test) analysiert werden, wobei die Konzentration die unabhängige und die Reaktion (Fold Change) die abhängige Variable darstellt. Sind die Daten nicht normalverteilt, ist ein geeigneter nichtparametrischer Test zu verwenden (z. B. Kruskal-Wallis-Test, Steel's Many-One Rank Test). Unterschiede gelten als signifikant bei p ≤ 0,05. Die statistischen Bewertungen erfolgen auf Grundlage der durchschnittlichen Werte der Mulden, die unabhängige Wiederholungsdatenpunkte darstellen. Es wird davon ausgegangen, dass es aufgrund der großen Dosisstufenabstände in der ersten Testreihe (log10-Staffelung) nicht möglich sein wird, eindeutige Konzentration-Wirkungs-Beziehungen zu beschreiben, bei denen die beiden höchsten Dosen im linearen Bereich der Sigmoidkurve liegen. Daher finden bei der ersten Testreihe oder etwaigen anderen Datensätzen, bei denen dieser Fall eintritt (z. B. wenn keine maximale Wirksamkeit geschätzt werden kann), statistische Daten mit fester Variable des Typs I Anwendung.
53.Wenn mehr als zwei Datenpunkte im linearen Bereich der Kurve liegen und soweit die maximalen Wirksamkeiten berechnet werden können (wie dies für bestimmte zweite Testreihen mit 1/2-log-Abstand zwischen den Expositionskonzentrationen erwartet wird), ist ein Probit-, Logit- oder ein anderes geeignetes Regressionsmodell für die Berechnung der wirksamen Konzentrationen zu verwenden (z. B. EC50 und EC20).
54.

Die Ergebnisse sind sowohl in grafischer Form (Balkendiagramme, die Mittelwert ± 1 Standardabweichung darstellen) als auch in tabellarischer Form (LOEC-/NOEC-Wert, Wirkungsrichtung und Stärke der maximalen Reaktion, die Teil des Dosis-Wirkung-Teils der Daten ist) vorzulegen (siehe Beispiel in Abbildung 3). Die Datenauswertung wird nur dann als gültig angesehen, wenn sie auf mindestens zwei unabhängig durchgeführten Testreihen basiert. Ein Versuch oder eine Testreihe gilt als unabhängig, wenn er/sie an einem anderen Tag mit neuen Lösungen und Kontrollen durchgeführt wurde. Der für die Testreihen 2 und 3 (falls erforderlich) verwendete Konzentrationsbereich kann auf der Grundlage der Ergebnisse aus der ersten Testreihe angepasst werden, um den Dosis-Wirkungs-Bereich mit der niedrigsten Konzentration mit messbarer Wirkung (LOEC) (siehe Nummer 47) besser bestimmen zu können.

Abbildung 3

Beispiel für die Präsentation und Bewertung der bei der Durchführung des H295R-Assays generierten Daten in grafischer und tabellarischer Form

(Sternchen zeigen statistisch signifikante Unterschiede zur Lösungsmittelkontrolle (p< 0,05) an. LOEC: niedrigste Konzentration mit gemessener Wirkung; Max. Änderung: Maximale Stärke der bei den einzelnen Konzentration gemessenen Reaktion, bezogen auf die durchschnittlichen Reaktion der Lösunsgsmittelkontrolle (= 1))



ChemikalieLOECMax. Änderung
Forskolin0,010,15-fach
Letrozol0,00129-fach

Verfahren für die Datenauswertung

55.Eine Prüfsubstanz gilt als positiv, wenn die x-fache Induktion bei zwei nebeneinander liegenden Konzentrationen in mindestens zwei unabhängigen Testreihen (Tabelle 7) statistisch gesehen von der Lösungsmittelkontrolle abweicht (p ≤ 0,05). Eine Prüfsubstanz gilt nach zwei unabhängigen negativen Testreihen oder nach drei Testreihen, von denen zwei negative Ergebnisse und einer entweder unschlüssige oder positive Ergebnisse aufweisen, als negativ. Wenn die in drei unabhängigen Versuchen generierten Daten die in Tabelle 7 angeführten Entscheidungskriterien nicht erfüllen, können die Versuchsergebnisse nicht ausgewertet werden. Ergebnisse bei Konzentrationen, die über den Löslichkeitsgrenzen liegen, oder bei zytotoxischen Konzentrationen sollten nicht in die Datenauswertung einfließen.

Prüfbericht

56.

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüfanstalt

Name und Standort,
Versuchsleiter und sonstiges Personal und ihre jeweiligen Zuständigkeiten,
Versuch: Start- und Enddatum.

Prüfsubstanz, Reagenzien und Kontrollen,

Identität (Name/gegebenenfalls CAS-Nummer), Quelle, Nummer der Partie/Charge, Reinheit, Lieferant und Charakterisierung von Prüfsubstanz, Reagenzien und Kontrollen,
physikalische Beschaffenheit und gegebenenfalls physikalisch-chemische Eigenschaften der Prüfsubstanz,
Lagerbedingungen und Methode sowie Häufigkeit der Zubereitung der Prüfsubstanzen, Reagenzien und Kontrollen,
Stabilität der Prüfsubstanz.

Zellen

Herkunft und Art der Zellen,
Zahl der Passagen (Zellpassagen-Identifikator) der im Test verwendeten Zellen,
Beschreibung der Verfahren für die Pflege der Zellkulturen.

Vorbedingungen für den Test (falls zutreffend),

Beschreibung und Ergebnisse des Testsystems zum Nachweis der Interferenz von Chemikalien mit der Hormonproduktion,
Beschreibung und Ergebnisse der Messungen der Wirksamkeit der Hormonextraktion,
Standard- und Kalibrierungskurven für alle durchzuführenden analytischen Assays,
Nachweisgrenzen für die gewählten analytischen Assays.

Prüfbedingungen

Zusammensetzungen der Medien,
Konzentration der Prüfsubstanz,
Zelldichte (geschätzte oder gemessene Zellkonzentrationen nach 24 Stunden und nach 48 Stunden),
Löslichkeit der Prüfsubstanz (Löslichkeitsgrenze, falls diese bestimmt wird),
Inkubationszeit und -bedingungen.

Prüfergebnisse

Rohdaten (Kontrollen und Prüfsubstanzen) für jede Mulde — jede wiederholte Messung in Form der ursprünglichen Daten, die von dem für die Messung der Hormonproduktion verwendeten Gerät gemessen wurden (z. B. OD, Fluoreszenzeinheiten, DPM usw.),
Validierung der Normalität oder Erläuterung der Datenumwandlung,
mittlere Reaktionen ± 1 Standardabweichung für jede gemessene Mulde,
Zytotoxizitätsdaten (Prüfkonzentrationen, die die Zytotoxizität verursacht haben),
Bestätigung, dass die Qualitätskontrollanforderungen eingehalten wurden,
relative Änderung im Vergleich zur Lösungsmittelkontrolle, zur berücksichtigung der Zytotoxizität,
Balkendiagramm, das die relative x-fache Änderung (Fold Change bei jeder Konzentration, die Standardabweichung und die statistische Signifikanz, wie unter den Nummern 49-54 beschrieben, aufzeigt.

Datenauswertung

Die Verfahrensvorschriften für die Datenauswertung gelten für Ergebnisse und Befunde.

Diskussion

Liefert der Versuch Anhaltspunkte dafür, dass die T-/E2-Daten durch indirekte Wirkungen auf die Gluko- und Mineralocorticoid-Pfade beeinflusst werden könnten?

Schlussfolgerungen

LITERATUR

(1) OECD (2002). Rahmenkonzept der OECD für die Testung und Bewertung endokrin wirksamer Substanzen (endokrine Disruptoren) (‘OECD Conceptual Framework for the Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals’), in Kapitel B.54 Anlage 2 dieses Anhangs.

(2) Hecker, M., Newsted, J.L., Murphy, M.B., Higley, E.B., Jones, P.D., Wu, R. and Giesy, J.P. (2006). Human adrenocarcinoma (H295R) cells for rapid in vitro determination of effects on steroidogenesis: Hormone production. Toxicol. Appl. Pharmacol., 217, 114-124.

(3) Hecker, M., Hollert, H., Cooper, R., Vinggaard, A.-M., Akahori, Y., Murphy, M., Nellemann, C., Higley, E., Newsted, J., Wu, R., Lam, P., Laskey, J., Buckalew, A., Grund, S., Nakai, M., Timm, G., and Giesy, J. P. (2007). The OECD validation program of the H295R steroidgenesis assay for the identification of in vitro inhibitors or inducers of testosterone and estradiol production, Phase 2: inter laboratory pre-validation studies. Env. Sci. Pollut. Res., 14, 23-30.

(4) OECD (2010). Multi-Laboratory Validation of the H295R Steroidogenesis Assay to Identify Modulators of Testosterone and Estradiol Production. OECD Series of Testing and Assessment No. 132, ENV/JM/MONO(2010)31, Paris. Abrufbar unter [http://www.oecd.org/document/30/0,3746,en_2649_34377_1916638_1_1_1_1,00.html].

(5) OECD (2010). Peer Review Report of the H295R Cell-Based Assay for Steroidogenesis. OECD Series of Testing and Assessment No. 133, ENV/JM/MONO(2010)32, Paris. Abrufbar unter [http://www.oecd.org/document/30/0,3746,en_2649_34377_1916638_1_1_1_1,00.html].

(6) Battelle (2005). Detailed Review Paper on Steroidogenesis. Abrufbar unter [http://www.epa.gov/endo/pubs/edmvs/steroidogenesis_drp_final_3_29_05.pdf].

(7) Hilscherova, K., Jones, P. D., Gracia, T., Newsted, J. L., Zhang, X., Sanderson, J. T., Yu, R. M. K., Wu, R. S. S. and Giesy, J. P. (2004). Assessment of the Effects of Chemicals on the Expression of Ten Steroidogenic Genes in the H295R Cell Line Using Real-Time PCR, Toxicol. Sci., 81, 78-89.

(8) Sanderson, J. T., Boerma, J., Lansbergen, G. and Van den Berg, M. (2002). Induction and inhibition of aromatase (CYP19) activity by various classes of pesticides in H295R human adrenocortical carcinoma cells, Toxicol. Appl. Pharmacol., 182, 44-54.

(9) Breen, M.S., Breen, M., Terasaki, N., Yamazaki, M. and Conolly, R.B. (2010). Computational model of steroidogenesis in human H295R cells to predict biochemical response to endocrine-active chemicals: Model development for metyrapone. Environ. Health Perspect., 118: 265-272.

(10) Higley, E.B., Newsted, J.L., Zhang, X., Giesy, J.P. and Hecker, M. (2010). Assessment of chemical effects on aromatase activity using the H295R cell line, Environ. Sci. Poll. Res., 17:1137-1148.

(11) Gazdar, A. F., Oie, H. K., Shackleton, C. H., Chen, T. R., Triche, T. J., Myers, C. E., Chrousos, G. P., Brennan, M. F., Stein, C. A. and La Rocca, R. V. (1990). Establishment and characterization of a human adrenocortical carcinoma cell line that expresses Multiple pathways of steroid biosynthesis. Cancer Res., 50, 5488-5496.

(12) He, Y.H., Wiseman, S.B., Zhang, X.W., Hecker, M., Jones, P.D., El-Din, M.G., Martin, J.W. and Giesy, J.P. (2010). Ozonation attenuates the steroidogenic disruptive effects of sediment free oil sands process water in the H295R cell line. Chemosphere, 80:578-584.

(13) Zhang, X.W., Yu, R.M.K., Jones, P.D., Lam, G.K.W., Newsted, J.L., Gracia, T., Hecker, M., Hilscherova, K., Sanderson, J.T., Wu, R.S.S. and Giesy, J.P. (2005). Quantitative RT-PCR methods for evaluating toxicant-induced effects on steroidogenesis using the H295R cell line. Environ. Sci. Technol., 39:2777-2785.

(14) Higley, E.B., Newsted, J.L., Zhang, X., Giesy, J.P. and Hecker, M. (2010). Differential assessment of chemical effects on aromatase activity, and E2 and T production using the H295R cell line. Environ. Sci. Pol. Res., 17:1137-1148.

(15) Rainey, W. E., Bird, I. M., Sawetawan, C., Hanley, N. A., Mccarthy, J. L., Mcgee, E. A., Wester, R. and Mason, J. I. (1993). Regulation of human adrenal carcinoma cell (NCI-H295) production of C19 steroids. J. Clin. Endocrinol. Metab., 77, 731-737.

(16) Kapitel B.55 dieses Anhangs: Hershberger Bioassay mit Ratten: Ein Kurzzeit Screening-Test auf (anti-)androgene Eigenschaften.

(17) Shapiro, R., and Page, L.B. (1976). Interference by 2,3-dimercapto-1-propanol (BAL) in angiotensin I radioimmunoassay, J. Lab. Clin. Med., 2, 222-231.

(18) Mosmann, T. (1983). Rapid colorimetric assay for growth and survival: application to proliferation and cytotoxicity assays. J. Immunol. Methods., 65, 55-63.

(19) Brock, B.J., Waterman, M.R. (1999). Biochemical differences between rat and human cytochrome P450c17 support the different steroidogenic needs of these two species. Biochemistry. 38:1598-1606.

(20) Oskarsson, A., Ulleras, E., Plant, K., Hinson, J. Goldfarb, P.S., (2006). Steroidogenic gene expression in H295R cells and the human adrenal gland: adrenotoxic effects of lindane in vitro. J. Appl. Toxicol., 26:484-492.

Anlage

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Angereichertes Medium : Stammmedium plus BD Nu-Serum und ITS+ Premium Mix (siehe Anhang II des Validierungsberichts) (4).

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

CYP : Cytochrom-P450-Monooxygenase, eine Familie von Genen und den daraus hervorgegangenen Enzymen, die bei der Katalyse vielfältiger biochemischer Reaktionen, einschließlich Synthese und Verstoffwechselung von Steroidhormonen, beteiligt sind.

DPM : Disintegration (Zerfall) pro Minute, Anzahl Atome in einer bestimmten Menge radioaktiven Materials, deren Zerfall minütlich nachgewiesen wird.

E2 : 17β-Estradiol; wichtigstes Östrogen in Säugetiersystemen.

Einfriermedium : Mediumzum Einfrieren von Zellen und zur Lagerung gefrorener Zellen, bestehend aus Kulturmedium plus BD NuSerum und Dimethylsulfoxid.

H295R-Zellen : humane Adenokarzinom-Zellen, die die physiologischen Merkmale zonal undifferenzierter Nebennierenzellen menschlicher Föten aufweisen und die alle Enzyme des steroidogenen Pfades exprimieren. Sie sind bei der ATCC erhältlich.

Konfluenz : Bedeckung der Oberfläche eines Kulturmediums mit Zellen oder Proliferation von Zellen im Kulturmedium.

Linearer Bereich : Bereich innerhalb der Standardkurve eines Hormonmesssystems mit Ergebnissen proportional zur Konzentration des in der Probe präsenten Analyts.

LOEC (Lowest Observed Effect Concentration) : die niedrigste Konzentrationstufe, bei der die Assay-Reaktion statistisch gesehen von der Reaktion der Lösungsmittelkontrolle abweicht.

LOQ (Limit of Quantification) : Quantifizierungsgrenze; kleinste Menge einer Chemikalie, die innerhalb eines bestimmten Konfidenzintervalls im Gegensatz zur Leermessung (Blindwert) gerade noch nachgewiesen werden kann. Für die Zwecke der vorliegenden Methode und falls nicht anders angegeben, wird der LOQ-Wert in der Regel vom Hersteller der Testsysteme vorgegeben.

NOEC (No Observed Effect Concentration) : die höchste getestete Konzentration, bei der im Test keine signifikante Wirkung festgestellt wird.

Passage : die Anzahl Zellteilungen nach dem Ansetzen einer Kultur aus gefrorenen Zellen, wobei der Ausgangspassage der gefrorenen Zellen die Nummer eins (1) zugeordnet wird. Zellen, die einmal gesplittet wurden, werden als Passage 2 bezeichnet, usw.

PBS (Phosphate Buffered Saline) : Dulbeccos phosphatgepufferte Salzlösung.

Prüfsubstanz : ein(e) nach dieser Prüfmethode geprüfter Stoff/geprüfte Mischung.

Qualitätskontrolle (QK) : die Maßnahmen, die nötig sind, um aussagekräftige Daten zu gewährleisten.

Qualitätskontrollplatte : eine 24-Muldenplatte mit zwei Konzentrationen der positiven und negativen Kontrollen zur Überwachung der Leistung einer neuen Charge Zellen oder zur Bereitstellung der positiven Kontrollen für den Assay, wenn Chemikalien geprüft werden.

Stammmedium : die Basis für die Zubereitung anderer Reagenzien, bestehend aus einer 1:1-Mischung von Dulbecco's Modified Eagle's Medium (DMEM) und Ham's F-12 Nutrient Mixture (DMEM/F12) in 15 mM-HEPES-Puffer ohne Phenolrot oder Natriumhydrogenkarbonat. Natriumhydrogenkarbonat wird als Puffer zugegeben (siehe Anhang II des Validierungsberichts) (4).

Steroidgenese : Synthesepfad vom Cholesterol zu verschiedenen Steroidhormonen. Bestimmte Zwischenprodukte auf dem steroiden Synthesepfad, wie Progesteron und Testosteron, sind eigenständige wichtige Hormone, dienen aber auch als Vorläufer für nachgeschaltete Hormone.

T : Testosteron, eines der beiden wichtigsten Androgene bei Säugern.

Testplatte : Platte, auf der H295R-Zellen der Prüfsubstanz ausgesetzt werden. Testplatten enthalten die Lösungsmittelkontrolle und die Prüfsubstanz in sieben Konzentrationsstufen in Dreifachmulden.

Testreihe : ein unabhängiger Versuch, gekennzeichnet durch einen neuen Satz Lösungen und Kontrollen.

Trypsin 1X : eine verdünnte Lösung des Enzyms Trypsin, einer pankreatischen Serin-Protease, die zur Ablösung von Zellen von einer Zellkulturplatte verwendet wird (siehe Anhang III des Validierungsberichts) (4).

VK : Variationskoeffizient, definiert als Verhältnis der Standardabweichung einer Verteilung zu ihrem arithmetischen Mittelwert.

B.58   GENMUTATIONS-ASSAYS AN SOMATISCHEN ZELLEN UND KEIMZELLEN TRANSGENER NAGETIERE

EINLEITUNG

1.Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 488 (2013). EU-Prüfmethoden stehen für eine Vielzahl von In-vitro-Assays zum Nachweis von Chromosomen- und/oder Genmutationen zur Verfügung. Es gibt Prüfmethoden für In-vivo-Endpunkte (d. h. Chromosomenaberrationen und nicht geplante DNA-Synthesen), die jedoch keine Genmutationen messen. Mutationsassays an transgenen Nagetieren (transgenic rodents, TGR) decken den Bedarf an praktischen und zugänglichen In-vivo-Genmutationstests.
2.Die TGR-Mutationsassays sind gründlich überprüft worden (24) (33). Für diese Tests werden transgene Ratten und Mäuse verwendet, die mehrere Kopien chromosomal integrierten Plasmids oder Phagen-Shuttle-Vektoren enthalten. Die Transgene enthalten Reporter-Gene zum Nachweis verschiedener Arten von Mutationen, die in vivo durch Prüfsubstanzen induziert wurden.
3.Mutationen bei Nagetieren werden bewertet, indem das Transgen wiedergefunden und der Phänotyp des Reporter-Gens in einer bakteriellen Wirtszelle ohne Reporter-Gen analysiert wird. Mit TGR-Mutationsassays werden Mutationen gemessen, die in genetisch neutralen Genen induziert wurden, die sich in praktisch jedem Gewebe des Nagetiers wiederfinden. Mit diesen Assays können somit viele der bestehenden Grenzen, die die In-vivo-Untersuchung von Genmutationen in endogenen Genen derzeit noch behindern (z. B. begrenzte Menge geeigneten Gewebes für die Analyse, Negativ-/Positivselektion im Vergleich zu den Mutationen).
4.Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass Transgene in ähnlicher Weise wie endogene Gene auf Mutagene reagieren, insbesondere was den Nachweis des Austauschs einer Base gegen eine andere, Rasterschubmutationen und kleine Deletionen und Insertionen betrifft(24).
5.Die Internationalen Workshops für Genotoxizitätsprüfungen (International Workshop on Genotoxicity Testing, IWGT) haben die Berücksichtigung von TGR-Mutationsassays für den In-vivo-Nachweis von Genmutationen befürwortet und ein Durchführungsprotokoll empfohlen (15) (29). Die vorliegende Prüfmethode stützt sich auf diese Empfehlungen. Eine weitergehende Analyse, die die Verwendung dieses Protokolls unterstützt, findet sich unter (16).
6.Es wird davon ausgegangen, dass es in Zukunft möglich sein wird, TGR-Mutationsassays mit einer Prüfung auf Toxizität bei wiederholten Dosisverabreichungen (Kapitel B.7 dieses Anhangs) zu kombinieren. Es sind jedoch weitere Daten erforderlich, um sicherzustellen, dass die Empfindlichkeit der TGR-Mutationsassays durch den kürzeren — eintägigen — Zeitabstand zwischen dem Ende des Verabreichungszeitraums und dem Zeitpunkt der Probenahme (wie sie bei Prüfungen auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung üblich ist) im Vergleich zu dem bei TGR-Mutationsassays üblichen Drei-Tage-Abstand nicht beeinträchtigt wird. Es sind auch Daten erforderlich, die belegen, dass die Leistung der Assays mit wiederholter Verabreichung durch die Verwendung eines transgenen Nagerstamms anstelle der traditionellen Nagerstämme nicht beeinträchtigt wird. Sobald diese Daten vorliegen, wird die vorliegende Prüfmethode aktualisiert.
7.Die wichtigsten Begriffe sind im Anhang bestimmt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

8.Für die nachstehend angeführten TGR-Mutationsassays liegen ausreichende Daten vor, die ihre Verwendung im Rahmen der vorliegenden Prüfmethode, soweit sie unter Standardbedingungen durchgeführt werden, unterstützen: lacZ Bakteriophage Maus (Muta™Mouse); lacZ Plasmid Maus; gpt Delta (gpt und Spi–) Maus und Ratte; lacI Maus und Ratte (Big Blue®). Außerdem kann der cII-Positivselektionsassay zur Bewertung von Mutationen in den Modellen Big Blue® und Muta™Mouse verwendet werden. Die Mutagenese in den TGR-Modellen wird in der Regel als Mutantenhäufigkeit bewertet; erforderlichenfalls kann eine Molekularanalyse der Mutationen aber zusätzliche Informationen liefern (siehe Nummer 24).
9.Diese In-vivo-Genmutationstests an Nagetieren sind insbesondere für die Bewertung des mutagenen Risikos von Relevanz, da die Assay-Reaktionen vom In-vivo-Stoffwechsel, von der Pharmakokinetik, den DNA-Reparaturprozessen und der Transläsionssynthese abhängen, auch wenn diese bei den einzelnen Tierarten, Geweben und Arten der DNA-Schädigungen unterschiedlich sein können. Ein In-vivo-Genmutationsassay ist auch für die weitere Untersuchung einer bei einer In-vitro-Prüfung festgestellten mutagenen Wirkung und zur weiteren Berücksichtigung von Testergebnissen von Nutzen, bei denen andere In-vivo-Endpunkte verwendet werden (24). Abgesehen davon, dass zwischen Genmutationen und der Auslösung von Krebs ein kausaler Zusammenhang besteht, ist die Genmutation ein relevanter Endpunkt für die Prognose anderer mutationsbedingter Erkrankungen somatischer Gewebe als Krebs (12) (13) und von über die Keimbahn übertragenen Krankheiten.
10.Wenn Anzeichen dafür bestehen, dass die Prüfsubstanz oder ein reaktiver Metabolit keines der Zielgewebe erreicht, ist die Durchführung eines TGR-Mutationsassays nicht sinnvoll.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

11.In den unter Nummer 8 beschriebenen Assays ist das Zielgen bakterieller oder bakteriophager Herkunft, und seine Wiederfindung anhand der genomischen Nagetier-DNA erfolgt durch Einführung des Transgens in einen λ-Bakteriophagen oder Plasmid-Shuttle-Vektor. Bei dem Verfahren wird aus dem zu untersuchenden Nagetiergewebe genomische DNA extrahiert; diese genomische DNA wird in vitro verarbeitet (d. h. die λ-Vektoren werden verpackt, bzw. die Plasmiden werden ligiert und elektroporiert, um den Shuttle-Vektor wiederzufinden), und anschließend werden unter geeigneten Bedingungen Mutationen in bakteriellen Wirtszellen nachgewiesen. Bei den Assays werden neutrale Transgene eingesetzt, die sich ohne weiteres in den meisten Geweben wiederfinden lassen.
12.Bei dem grundlegenden TGR-Mutationsversuch wird das Nagetier über einen bestimmten Zeitraum mit einer Chemikalie behandelt. Die Chemikalien können in jeder geeigneten Form, auch durch Implantation, verabreicht werden (z. B. Prüfung von Medizinprodukten). Der Gesamtdauer, während der die Chemikalie einem Tier verabreicht wird, wird Verabreichungszeitraum genannt. Auf die Verabreichung folgt — vor der Tötung des Tieres — in der Regel ein Zeitraum, in dem die Chemikalie nicht verabreicht wird und in dem nicht reparierte DNA-Läsionen in stabile Mutationen fixiert werden. In der Literatur wird dieser Zeitraum unterschiedlich entweder als Manifestationszeit, Fixierungszeit oder Expressionszeit bezeichnet; das Ende dieses Zeitraums markiert den Probenahmezeitpunkt (15) (29). Nach dem Töten des Tieres wird die genomische DNA aus dem zu untersuchenden Gewebe isoliert und gereinigt.
13.Daten zu jeweils ein und demselben Gewebe/Tier aus mehreren Verpackungen/Ligationen werden normalerweise aggregiert und die Mutantenhäufigkeit wird in der Regel mithilfe von insgesamt 105 bis 107 plaquebildenden oder kolonienbildenden Einheiten bewertet. Bei Anwendung von Positivselektionsmethoden wird die Gesamtzahl der plaquebildenden Einheiten mit einem separaten Satz nicht-selektiver Platten bestimmt.
14.Es wurden Positivselektionsmethoden entwickelt, um den Nachweis von Mutationen sowohl im gpt-Gen[gpt Delta Maus und Ratte, gpt– Phänotyp (20) (22) (28)] als auch im lacZ-Gen [Muta™Maus oder lacZ-Plasmid Maus (3) (10) (11) (30)] zu erleichtern; hingegen werden Mutationen des lacI-Gens in Big Blue®-Tieren über eine nicht-selektive Methode nachgewiesen, bei der Mutanten durch die Erzeugung (blau) gefärbter Plaques gekennzeichnet werden. Eine Positivselektionsmethode liegt auch für den Nachweis von Punktmutationen vor, zu denen es im cII-Gen des λ-Bakteriophagen-Shuttle-Vektors kommt [Big Blue® Maus oder Ratte und Muta™Maus (17)] sowie von Deletionen in den λ rot und gam [Spi– Auswahl in gpt Delta Maus und Ratte (21) (22) (28)]. Die Mutantenhäufigkeitwird berechnet, indem die Zahl der Plaques/Plasmiden mit Mutationen im Transgen durch die Gesamtzahl der aus derselben DNA-Probe gewonnenen Plaques/Plasmiden geteilt wird. In TGR-Genmutationsstudien ist die Mutantenhäufigkeit der gemessene Parameter. Darüber hinaus kann eine Mutationshäufigkeit als Anteil der Zellen mit unabhängigen Mutationen bestimmt werden; bei dieser Berechnung muss die klonale Expansiondurch Sequenzierung der wiedergefundenen Mutanten korrigiert werden (24).
15.Die in den lacI-, lacZ-, cII- und gpt- Punktmutationsassays gezählten Mutationen bestehen hauptsächlich aus Substitutionsmutationen (Basenpaare), Rasterschubmutationen und kleinen Insertionen/Deletionen. Der relative Anteil dieser Mutationstypen unter spontanen Mutationen ist vergleichbar mit dem Anteil, der im endogenen Hprt-Gen gemessen wird. Große Deletionen werden nur mit der Spi–-Auswahl und den lacZ-Plasmidassays nachgewiesen (24). Zu untersuchende Mutationen sind In-vivo-Mutationen, zu denen es in der Maus oder in der Ratte kommt. In-vitro und Ex-vivo-Mutationen, zu denen es bei der Phagen-/Plasmidwiederfindung, Replikation oder Reparatur kommen kann, sind relativ selten und können in einigen Systemen durch die bakterielle Wirtszelle/das System der positiven Selektion eindeutig bestimmt oder ausgeschlossen werden.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitungen

Auswahl der Versuchstierarten

16.Derzeit ist eine Vielzahl von Modellen für den Nachweis von Genmutationen bei transgenen Mäusen erhältlich und diese Systeme sind gängiger als Modelle für transgene Ratten. Wenn die Ratte eindeutig ein geeigneteres Modell ist als die Maus (beispielsweise wenn der Mechanismus der Karzinogenese bei einem nur in Ratten vorkommenden Tumor untersucht wird, um einen Bezug zu einer Rattentoxizitätsstudie herzustellen, oder wenn bekannt ist, dass der Stoffwechsel der Ratte für den menschlichen Stoffwechsel repräsentativer ist) ist die Verwendung von Modellen für den Nachweis von Genmutationen bei transgenen Ratten in Erwägung zu ziehen.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

17.Die Temperatur im Versuchstierraum sollte idealerweise 22 °C (± 3 °C) betragen. Auch wenn die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten sollte, ist eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 % anzustreben. Die Beleuchtung sollte künstlich sein, und die täglichen Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung der Prüfsubstanz sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll. Die Tiere sollten in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen (nicht mehr als fünf Tiere) untergebracht werden, wenn kein aggressives Verhalten erwartet wird. Sie können auch einzeln gehalten werden, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist.

Vorbereitung der Tiere

18.Gesunde, jung-adulte geschlechtsreife Tiere (acht bis zwölf Wochen alt zu Beginn der Behandlung) werden nach dem Zufallsprinzip in die Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen eingeteilt. Die Tiere werden individuell gekennzeichnet. Sie werden über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt. Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Wirkungen aufgrund des Käfigstandorts minimiert werden. Bei Versuchsbeginn sollten die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten.

Herstellung der Dosen

19.Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert oder in das Futter bzw. das Trinkwasser gegeben werden. Flüssige Prüfsubstanzen können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Für inhalative Expositionen können die Prüfsubstanzen in Abhängigkeit zu ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften als Gas, Dampf oder festes/flüssiges Aerosol verabreicht werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung ist erwiesen.

Prüfbedingungen

Lösungsmittel/Vehikel

20.Das Lösungsmittel/Vehikel sollte in der verwendeten Dosierung keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein anerkannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sollte ihre Einbeziehung durch Kompatibilitätsdaten untermauert werden. Es empfiehlt sich, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen.

Positivkontrollen

21.

In der Regel sind parallel Positivkontrolltiere zu verwenden. Bei Laboren, die ihre Kompetenz unter Beweis gestellt haben (siehe Nummer 23) und diese Assays routinemäßig verwenden, kann DNA von zuvor behandelten Positivkontrolltieren in jeden Versuch einbezogen werden, um den Erfolg der Methode zu bestätigen. Derartige DNA aus vorausgegangenen Versuchen ist von derselben Tierart und denselben Zielgeweben zu gewinnen und ordnungsgemäß zu lagern (siehe Nummer 36). Werden parallel Positivkontrollen verwendet, müssen diese nicht auf dem gleichen Verabreichungsweg gegeben werden wie die Prüfsubstanz; von den Positivkontrollen sollte jedoch bekannt sein, dass sie Mutationen in einem oder mehreren für die Prüfsubstanz relevanten Geweben hervorrufen. Die Dosen der Chemikalien für die Positivkontrolle sind so auszuwählen, dass sie schwache oder moderate Wirkungen hervorrufen, mit denen die Leistung und Empfindlichkeit des Assays kritisch bewertet werden können. Beispiele für derartige Chemikalien und bestimmte Zielgewebe finden sich in Tabelle 1.



Tabelle 1

Beispiele für Positivkontrollchemikalien und bestimmte Zielgewebe

Positivkontroll-chemikalie und CAS-NummerEinecs-Name und Einecs-NummerCharakterisierungMutationszielgewebe
RatteMaus

N-Ethyl-N-Nitroso-Harnstoff

[CAS-Nr. 759-73-9]

N-Ethyl-N-Nitroso-Harnstoff

[212-072-2]

Direkt wirkendes MutagenLeber, LungeKnochenmark, Kolon, Kolonepithel, Darm, Leber, Lunge, Milz, Niere, Granulosazellen der Ovarien, männliche Keimzellen

Ethyl carbamat (Urethan)

[CAS-Nr. 51-79-6]

Urethan

[200-123-1]

Mutagen, erfordert Stoffwechsel, ruft aber nur schwache Wirkungen hervorKnochenmark, Vormagen, Dünndarm, Leber, Lunge, Milz

2,4-Diaminotoluen

[CAS-Nummer 95-80-7]

4-Methyl-m-phenylenediamin

[202-453-1]

Mutagen, erfordert Stoffwechsel, ebenfalls positiv in dem Spi–AssayLeberLeber

Benzo[a]pyren

[CAS-Nr. 50-32-8]

Benzo[def]chrysen

[200-028-5]

Mutagen, erfordert StoffwechselLeber, Omenta,Knochenmark, Brust, Kolon, Vormagen, Drüsenmagen, Herz, Leber, Lunge, männliche Keimzellen

Negativkontrollen

22.In jede Probenahme sind Negativkontrolltiere einzubeziehen, die nur ein Lösungsmittel oder ein Vehikel erhalten und ansonsten in derselben Weise behandelt werden wie die Behandlungsgruppen. Um die Eignung der Vehikelkontrolle festzustellen, sollten darüber hinaus in jede Probenahme auch unbehandelte Kontrolltiere einbezogen werden, soweit keine historischen oder veröffentlichten Kontrolldaten vorliegen, aus denen hervorgeht, dass das gewählte Lösungsmittel/Vehikel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

Eignungsprüfung des Prüflaboratoriums

23.Das Labor sollte seine Kompetenz unter Beweis stellen, erwartete Ergebnisse aus veröffentlichten Daten (24) in folgenden Bereichen zu reproduzieren: 1) Mutantenhäufigkeiten bei Positivkontrollchemikalien (einschließlich schwacher Reaktionen), wie den in Tabelle 1 angeführten Chemikalien, Nicht-Mutagenen und Vehikelkontrollen; und 2) die Wiederfindung von Transgenen aus genomischer DNA (z. B. Verpackungseffizienz).

Sequenzierung von Mutanten

24.Für Zulassungsanträge ist keine DNA-Sequenzierung von Mutanten erforderlich, insbesondere, wenn ein eindeutiges positives oder negatives Ergebnis erzielt wird. Sequenzierungsdaten können sich jedoch als nützlich erweisen, wenn eine hohe interindividuelle Streuung festgestellt wird. In solchen Fällen können durch Sequenzierung ‘Jackpot’-Mutationen oder klonale Ereignisse ausgeschlossen werden, indem der Anteil eines bestimmten Gewebes an eindeutigen Mutanten ermittelt wird. Die Sequenzierung von ungefähr zehn Mutanten pro Gewebe und Tier sollte für die einfache Bestimmung, ob klonale Mutanten zur Mutantenhäufigkeit beitragen, ausreichen; um die Mutantenhäufigkeit mathematisch um die Klonalität zu berichtigen, kann es sich als notwendig erweisen, bis zu 25 Mutanten zu sequenzieren. Die Sequenzierung von Mutanten kann auch in Betracht gezogen werden, wenn kleinere Zunahmen der Mutantenhäufigkeit (d. h. Zunahmen knapp über den Werten der unbehandelten Kontrolltiere) festgestellt werden. Unterschiede im Mutantenspektrum zwischen den Mutantenkolonien aus behandelten und unbehandelten Tieren können eine mutagene Wirkung unterstützen (29). Mutationsspektra können außerdem für die Aufstellung mechanistischer Hypothesen nützlich sein. Wenn Sequenzierung als fester Bestandteil in das Versuchsprotokoll aufgenommen werden soll, ist der Versuch besonders sorgfältig zu planen, insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der pro Probe sequenzierten Mutanten, um entsprechend dem verwendeten statistischen Modell eine angemessene Aussagekraft zu erzielen (siehe Nummer 43).

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

25.Es sollten genügend Tiere pro Gruppe vorgesehen sein, damit die statistische Aussagekraft gewährleistet ist, die nötig ist, um mindestens eine Verdopplung der Mutantenhäufigkeit nachzuweisen. Die Gruppen bestehen aus mindestens fünf Tieren; falls die statistische Aussagekraft jedoch zu gering ist, ist die Zahl der Tiere gegebenenfalls zu erhöhen. In der Regel sind männliche Tiere zu verwenden. In einigen Fällen kann die Durchführung von Tests ausschließlich an weiblichen Tieren gerechtfertigt sein; beispielsweise wenn frauenspezifische Humanmedikamente getestet werden oder wenn spezielle Untersuchungen zum weiblichen Stoffwechsel durchgeführt werden. Liegen im Hinblick auf Toxizität oder Stoffwechsel signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern vor, sind für die Tests sowohl männliche als auch weibliche Tiere erforderlich.

Verabreichungszeitraum

26.Gestützt auf die Beobachtung, dass sich Mutationen mit jeder Behandlung steigern, ist ein Schema für wiederholte Verabreichungen erforderlich, wobei über einen Zeitraum von 28 Tagen täglich behandelt wird. Dies wird allgemein sowohl für das Hervorrufen einer ausreichenden Akkumulation von Mutationen durch schwache Mutagene als auch für die Bereitstellung einer angemessenen Expositionsdauer für den Nachweis von Mutationen in langsam proliferierenden Organen als akzeptabel angesehen. Bei einigen Bewertungen mögen alternative Behandlungsschemata angebracht sein. Diese alternativen Dosierungspläne sind im Protokoll wissenschaftlich zu begründen. Die Behandlungen sollten nicht kürzer sein als die Zeit, die für die vollständige Induktion aller relevanten metabolisierender Enzyme erforderlich ist, und kürzere Behandlungen erfordern möglicherweise mehrere Probenahmen, die sich für Organe mit unterschiedlicher Proliferation eignen. In jedem Fall sind zur Begründung eines Protokolls alle vorliegenden Informationen (z. B. zur allgemeinen Toxizität bzw. zum Stoffwechsel und zur Pharmakokinetik) zu verwenden, vor allem, wenn von den vorgenannten Standardempfehlungen abgewichen wird. Länger als acht Wochen andauernde Behandlungszeiten können zwar die Empfindlichkeit erhöhen, müssen aber klar erläutert und begründet werden, weil lange Behandlungszeiten durch klonale Expansion zu einem scheinbaren Anstieg der Mutantenhäufigkeit führen können (29).

Dosisstufen

27.Dosisstufen sollten sich auf die Ergebnisse einer Dosisfindungsstudie stützen, bei der die allgemeine Toxizität gemessen und die über den gleichen Expositionsweg durchgeführt wurde oder aber auf bereits vorliegende Ergebnisse aus Untersuchungen der subakuten Toxizität. Zur Bestimmung der Dosisbereiche können nicht transgene Tiere desselben Nagetierstamms verwendet werden. Der Haupttest sollte eine vollständige Untersuchung einer Negativkontrollgruppe beinhalten, um Informationen über Dosisreaktionen zu gewinnen (siehe Nummer 22) und mindestens drei angemessen abgestufte Dosierungen umfassen, außer bei Verwendung der Grenzdosis (siehe Nummer 28). Die höchste Dosis sollte die maximal verträgliche Dosis (maximum tolerated dose, MTD) sein. Die MTD wird als die Dosis festgelegt, die Toxizitätsanzeichen in einem Ausmaß hervorruft, das darauf schließen lässt, dass nach demselben Dosierungsplan verabreichte höhere Dosen voraussichtlich zum Tod des Tieres führen würden. Chemikalien mit spezifischen biologischen Aktivitäten bei niedrigen, nicht toxischen Dosen (wie Hormone und Mitogene) und Chemikalien mit gesättigten toxikokinetischen Eigenschaften können als Ausnahmen von den Kriterien zur Dosisfestsetzung angesehen werden und sind auf Fallbasis zu bewerten. Die verwendeten Dosisstufen sollten von der Dosis mit der höchsten Toxizität bis zur Dosis mit der geringsten oder überhaupt keiner Toxizität reichen.

Limit-Test

28.Falls Dosisfindungsversuche oder vorliegende Daten aus verwandten Nagetierstämmen darauf hinweisen, dass ein Behandlungsplan, der zumindest die Grenzdosis vorsieht (siehe unten), keine messbaren toxischen Wirkungen hervorruft,und wenn aufgrund von Daten über strukturverwandte Chemikalien keine Genotoxizität erwartet wird, kann unter Umständen auf eine vollständige Untersuchung mit drei Dosisstufen verzichtet werden. Für einen Verabreichungszeitraum von 28 Tagen (d. h. 28 tägliche Behandlungen) beträgt die Grenzdosis 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag. Für Verabreichungszeiträume von 14 Tagen oder weniger beträgt die Grenzdosis 2 000 mg/kg/Körpergewicht/Tag (von 28 täglichen Behandlungen abweichende Dosierungspläne sind im Protokoll wissenschaftlich zu begründen; siehe Nummer 26).

Verabreichung der Dosen

29.In der Regel wird die Prüfsubstanz über eine Schlundsonde oder eine geeignete Intubationskanüle verabreicht. Bei der Planung eines Assays ist grundsätzlich die Art der Humanexposition zu berücksichtigen. Folglich sind unter Umständen auch andere Expositionswege (subkutan, intravenös, topisch, inhalativ oder intratracheal oder über das Trinkwasser/Futter oder Implantation) akzeptabel, soweit sie begründet werden können. Eine Intraperitonealinjektion wird nicht empfohlen, weil sie beim Menschen keinen physiologisch relevanten Expositionsweg darstellt. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier über eine Schlundsonde oder über eine Injektion jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Dieses Volumen sollte 2 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten. Die Verwendung höherer Volumina muss gerechtfertigt werden. Abgesehen von reizenden oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, sollte die Variabilität des Prüfvolumens auf ein Mindestmaß begrenzt werden, indem die Konzentration so angepasst wird, dass auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet ist.

Probenahmezeitpunkt

Somatische Zellen

30.Der Probenahmezeitpunkt stellt einen kritischen Parameter dar, weil er von dem für die Fixierung der Mutationen erforderlichen Zeitraum abhängt. Dieser Zeitraum ist gewebespezifisch und hängt offensichtlich mit der Turnover-Zeit der Zellpopulation zusammen, wobei Knochenmark und Darm schnell und die Leber erheblich langsamer reagieren. Ein angemessener Kompromiss für die Messung der Mutantenhäufigkeiten sowohl bei schnell als auch bei langsam proliferierenden Geweben wären tägliche Behandlungen an 28 aufeinanderfolgenden Tagen (wie unter Nummer 26 angegeben) mit Probenahme drei Tage nach der letzten Behandlung; dabei kann es vorkommen, dass die maximale Mutantenhäufigkeit in langsam proliferierendem Gewebe unter diesen Bedingungen nicht sichtbar wird. Wenn langsam proliferierende Gewebe von ausschlaggebender Bedeutung sind, ist eine spätere Probenahme 28 Tage nach dem 28-tägigen Verabreichungszeitraum möglicherweise angemessener (16) (29). In solchen Fällen würde die Probenahme drei Tage nach der letzten Behandlung durch die spätere Probenahme ersetzt und bedürfte einer wissenschaftlichen Begründung.

Keimzellen

31.TGR-Assays sind für die Untersuchung von Genmutationen in männlichen Keimzellen (7) (8) (27), für die der Zeitpunkt und die Kinetik der Spermatogenese genau bestimmt wurden (27), gut geeignet. Die geringe Zahl der — selbst nach einer Superovulation — für die Analyse verfügbaren Eizellen und mangelnde DNA-Synthese in der Eizelle schließen die Bestimmung von Mutationen in weiblichen Keimzellen in Studien mit transgenen Tieren von vorne herein aus (31).
32.Der Probenahmezeitpunkt ist bei männlichen Keimzellen so auszuwählen, dass Proben aus dem während der gesamten Keimzellenentwicklung exponierten Zelltypbereich entnommen werden und die Phase, auf die die Probenahme abzielt, ausreichend exponiert wurde. Die Entwicklungszeit der Keimzellen von spermatogonialen Stammzellen zu reifen Spermien, die den Samenleiter/Nebenhodenschwanz erreichen,beträgt ~ 49 Tage bei der Maus (36) und ~ 70 Tage bei der Ratte (34) (35). Nach einer 28-tägigen Exposition und einer anschließenden dreitägigen Probenahme repräsentieren die aus dem Samenleiter/Nebenhodenschwanz (7) (8) entnommenen Spermien eine Population von Zellen, die ungefähr in der zweiten Hälfte der Spermatogenese exponiert wurden; in diesen Zeitraum fallen auch die meiotische und die postmeiotische Phase, nicht aber die spermatogoniale oder Stammzellenphase. Um adäquate Proben von Zellen aus dem Samenleiter/Nebenhodenschwanz entnehmen zu können, die während des Expositionszeitraums spermatogoniale Stammzellen waren, ist frühestens sieben Wochen (Mäuse) oder zehn Wochen (Ratten) nach Ende der Behandlung eine zusätzliche Probenahme erforderlich.
33.Zellen, die nach dem Schema „28 + 3“-Tage aus den Hodenkanälchen herausgepresst wurden, bilden eine für alle Entwicklungsphasen der Keimzellen angereicherte Mischpopulation (7) (8). Die Phasen, in denen Keimzellmutationen induziert werden, lassen sich durch Beprobung derartiger Zellen zum Nachweis von Genmutationen weniger präzise bewerten als durch die Beprobung von Spermatozoen aus dem Samenleiter/Nebenhodenschwanz (weil die Proben aus den Kanälchen aus einer ganzen Reihe von Keimzelltypen bestehen und diese Zellpopulation in einem gewissen Maß mit somatischen Zellen kontaminiert ist). Bei der Beprobung von Zellen aus Hodenkanälchen UND von Spermatozoen aus dem Samenleiter/Nebenhodenschwanz nach nur „28 + 3“-Probenahmetagen würden in gewissem Umfang jedoch auch Zellen erfasst, die in fast allen Keimzellentwicklungsphasen exponiert wurden, was für den Nachweis bestimmter Keimzellmutagene von Nutzen sein könnte.

Beobachtungen

34.Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich erfolgen, vorzugsweise jeweils zur gleichen Zeit und unter Berücksichtigung des Zeitraums nach der Verabreichung, in dem die Wirkungsspitzen erwartet werden. Der Gesundheitszustand der Tiere ist zu dokumentieren. Mindestens zweimal täglich sind alle Tiere auf Morbiditäts- und Mortalitätsanzeichen zu überprüfen. Alle Tiere sind mindestens einmal wöchentlich sowie zum Zeitpunkt ihrer Tötung zu wiegen. Die Futteraufnahme wird mindestens wöchentlich gemessen. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, wird die Wasseraufnahme bei jedem Wasserwechsel und mindestens einmal wöchentlich gemessen. Tiere, die nichtletale Anzeichen einer übermäßigen Toxizität aufweisen, sind vor Testende zu euthanasieren (23).

Gewebeentnahme

35.Die Argumente für eine Gewebeentnahme sollten fundiert sein. Da Mutationsinduktionen in praktisch jedem beliebigen Gewebe untersucht werden können, sollten die zu entnehmenden Gewebe nach dem Versuchsmotiv und unter Berücksichtigung aller vorliegenden Daten zur Mutagenität, Karzinogenität oder Toxizität der Prüfsubstanz ausgewählt werden. Zu den wichtigen zu berücksichtigenden Faktoren sollten auch der Verabreichungsweg (gestützt auf den (die) wahrscheinlichen Expositionsweg(e) beim Menschen), die voraussichtliche Gewebeverteilung und der mögliche Wirkungsmechanismus gehören. Liegen keinerlei Hintergrundinformationen vor, sind einige somatische Gewebe zu entnehmen, die für die Untersuchung von Interesse sind. Bei diesem Gewebe sollte es sich um schnell und langsam proliferierendes Gewebe und um Kontaktstellengewebe handeln. Darüber hinaus sind (nach der Beschreibung unter den Nummern 32 und 33) Spermatozoen aus dem Samenleiter/Nebenhodenschwanz und in der Entwicklung befindliche Keimzellen aus den Hodenkanälchen zu entnehmen und für den Fall, dass eine künftige Analyse der Keimzellenmutagenität erforderlich wird, aufzubewahren. Die Organe sind zu wiegen, und bei größeren Organen sollten von allen Tieren Gewebe aus demselben Organbereich entnommen werden.

Lagerung von Gewebe und DNA

36.Gewebe (oder Gewebehomogenate) sind bei oder unter einer Temperatur von – 70 °C zu lagern und für die DNA-Isolierung innerhalb von fünf Jahren zu verwenden. Bei einer Temperatur von 4 °C in einem geeigneten Puffer kühl gelagerte isolierte DNA sollte idealerweise innerhalb eines Jahres für Mutationsanalysen verwendet werden.

Gewebeauswahl für Mutantenanalysen

37.Die Gewebe sind unter anderem nach folgenden Krierien auszuwählen: 1) Verabreichungsweg oder Stelle des Erstkontakts (z. B. Drüsenmagen, wenn die Verabreichung oral erfolgt; Lunge, wenn die Verabreichung inhalativ erfolgt, oder Haut bei einer topischen Anwendung), und 2) in allgemeinen Toxizitätsstudien gemessene pharmakokinetische Parameter, die die Gewebedisposition, -retention oder -akkumulation oder Zielorgane für die Toxizität anzeigen. Wenn Versuche aufgrund von Ergebnissen aus Karzinogenitätsuntersuchungen durchgeführt werden, sind Zielgewebe für die Karzinogenität in Erwägung zu ziehen. Die für die Analyse ausgewählten Gewebe sollten den Nachweis von Chemikalien maximieren, die in vitro direkt mutagen wirken, schnell verstoffwechselt werden, hochreaktiv sind oder schlecht absorbiert werden, oder von Chemikalien, bei denen das Zielgewebe über den Verabreichungsweg bestimmt wird (6).
38.In Ermangelung von Hintergrundinformationen und unter Berücksichtigung der durch den Verabreichungsweg bedingten Kontaktstelle sind die Leber und mindestens ein sich schnell teilendes Gewebe (z. B. Drüsenmagen, Knochenmark) auf Mutagenität zu untersuchen. In den meisten Fällen kann den oben angeführten Anforderungen durch die Analyse zweier sorgfältig ausgewählter Gewebe genüge getan werden. In einigen Fällen sind möglicherweise drei oder mehr Gewebe nötig.Wenn es spezifische Besorgnis hinsichtlich Keimzellmutationen gibt, auch aufgrund positiver Befunde in Somazellen, sollten Keimzellgewebe auf Mutationen untersucht werden.

Messmethoden

39.Für die empfohlenen transgenen Modelle zum Nachweis von Mutanten stehen folgende Standardlabormethoden bzw. veröffentlichte Methoden zur Verfügung: lacZ-Bakteriophage lambda und Plasmid (30); lacI Maus (2) (18); gpt Delta Maus (22); gpt Delta Ratte (28); cII (17). Änderungen sind zu begründen und ordnungsgemäß zu dokumentieren. Daten aus multiplen Verpackungen können zusammengefasst und zum Erzielen einer angemessenen Anzahl Plaques oder Kolonien verwendet werden. Wird eine große Anzahl Verpackungsreaktionen benötigt, um die geeignete Anzahl Plaques zu erzielen, kann dies jedoch ein Hinweis auf schlechte DNA-Qualität sein. In solchen Fällen sind die Daten mit Vorsicht zu behandeln, weil sie unzuverlässig sein könnten. Die optimale Gesamtzahl an Plaques oder Kolonien pro DNA-Probe richtet sich nach der statistischen Wahrscheinlichkeit des Nachweises einer ausreichenden Anzahl Mutanten bei einer gegebenen Häufigkeit spontaner Mutanten. In der Regel sind mindestens 125 000 bis 300 000 Plaques erforderlich, wenn die Häufigkeit spontaner Mutanten bei 3 × 10–5 (15) liegt. Beim Big Blue® lacI Assay muss unbedingt gewährleistet sein, dass durch Einbeziehung geeigneter Farbkontrollen parallel zu allen Ausstrichen der gesamte Bereich der Mutanten-Farbphänotypen nachgewiesen werden kann. Gewebe und die resultierenden Proben (Items) sind nach einem Blockschema zu bearbeiten und zu analysieren, bei dem Items aus der Vehikel-/Lösungsmittel-Kontrollgruppe, der Positivkontrollgruppe (falls verwendet) oder der DNA-Positivkontrolle (falls zutreffend) und jede Behandlungsgruppe zusammen verarbeitet werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

40.Die Daten zu den einzelnen Tieren sind in tabellarischer Form vorzulegen. Die Versuchseinheit ist das Tier. Der Bericht sollte folgende Angaben enthalten: Gesamtzahl der plaquebildenden Einheiten (Plaque-Forming Units, PFU) bzw. der koloniebildenden Einheiten (Colony-Forming Units, CFU), Anzahl Mutanten und Mutantenhäufigkeit für jedes Gewebe und Tier. Bei multiplen Verpackungs-/Rettungsreaktionen ist die Zahl der Reaktionen pro DNA-Probe anzugeben. Auch wenn es sich empfiehlt, die Daten über jede einzelne Reaktion aufzubewahren, müssen lediglich die Gesamt-PFU bzw. -CFU schriftlich festgehalten werden. Daten zur Toxizität und klinische Anzeichen gemäß Nummer 34 sind zu dokumentieren. Sequenzierungsergebnisse sind für jeden einzelnen analysierten Mutanten vorzulegen, wobei die entsprechend durchgeführten Mutationshäufigkeits-berechnungen für jedes Tier und jedes Gewebe anzugeben sind.

Statistische Auswertung und Interpretation der Ergebnisse

41.Es gibt mehrere Kriterien für die Entscheidung über ein positives Ergebnis, wie eine dosisabhängigee Zunahme der Mutantenhäufigkeit oder eine deutliche Zunahme der Mutantenhäufigkeit in einer einzigen Dosisgruppe im Vergleich zur Lösungsmittel-/Vehikelkontrollgruppe. Es sind mindestens drei behandelte Dosisgruppen zu analysieren, um ausreichende Daten für Dosis-Wirkungs-Analysen zu liefern. Das Hauptaugenmerk sollte auf der biologischen Relevanz der Ergebnisse liegen, wobei geeignete statistische Methoden als Hilfsmittel für die Auswertung der Testergebnisse verwendet werden können (4) (14) (15) (25) (26). Die verwendeten statistischen Tests müssen das Tier als Versuchseinheit berücksichtigen.
42.Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse die oben angeführten Kriterien in keinem Gewebe erfüllen, gilt im vorliegenden Test als nicht mutagen. Für die biologische Relevanz eines negativen Ergebnisses ist die Gewebeexposition zu bestätigen.
43.Für DNA-Sequenzierungsanalysen stehen eine Reihe statistischer Konzepte zur Erleichterung der Auswertung der Ergebnisse zur Verfügung (1) (5) (9) (19).
44.Indem ermittelt wird, ob die gemessenen Werte innerhalb oder außerhalb des historischen Kontrollbereichs liegen, lassen sich Leitlinien für die Bewertung der biologischen Signifikanz der Reaktion herleiten (32).

Prüfbericht

45.

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüfsubstanz:

Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer, falls bekannt,
Herkunft, Chargennummer, falls verfügbar,
physikalische Beschaffenheit und Reinheit,
physikalisch-chemische Eigenschaften, die für die Durchführung des Versuchs von Belang sind,
Stabilität der Prüfsubstanz, falls bekannt.

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung der Wahl des Vehikels,
Löslichkeit und Stabilität der Prüfsubstanz im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt,
Zubereitung des Futters, des Trinkwassers oder der Inhalationsrezepturen,
analytische Bestimmungen zu Rezepturen (z. B. Stabilität, Homogenität, Nennkonzentrationen).

Versuchstiere:

Art/Stamm und Begründung der getroffenen Wahl,
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,
Herkunft, Unterbringungsbedingungen, Futter usw.,
Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn, einschließlich Körpergewichtsspanne, Mittelwert und Standardabweichung für jede Gruppe.

Prüfbedingungen:

Daten zu den Positiv- und Negativkontrollen (Vehikel/Lösungsmittel),
Daten aus der Dosisfindungsstudie,
Begründung der gewählten Dosisstufen,
Angaben zur Prüfsubstanzzubereitung,
Einzelheiten der Verabreichung der Prüfsubstanz,
Begründung des Verabreichungswegs,
Methoden zur Toxizitätsmessung beim Tier, einschließlich, soweit verfügbar, histopathologischer oder hämatologischer Analysen, sowie Angaben zur Häufigkeit, mit der die Tiere beobachtet und ihre Körpergewichte gemessen wurden,
Methoden zum Nachweis, dass die Prüfsubstanz das Zielgewebe oder den allgemeinen Kreislauf erreicht hat, falls negative Ergebnisse erzielt werden,
(gegebenenfalls) tatsächliche Dosis (in mg/kg je Körpergewicht und Tag), berechnet auf Basis der Konzentration (ppm) der Prüfsubstanz im Futter/Wasser und ihrer Aufnahme,
Angaben zur Futter- und Wasserqualität,
detaillierte Beschreibung der Behandlungs- und Probenahmepläne und Begründung der jeweils getroffenen Wahl,
Tötungsmethode,
Verfahren zur Isolation und Aufbewahrung von Gewebe,
Methoden zur Isolierung der genomischen DNA von Nagetieren, Rettung des Transgens aus der genomischen DNA und Übertragung der transgenen DNA auf eine bakterielle Wirtszelle,
Herkunft und Chargennummern aller Zellen, Laborkits und Reagenzien (soweit zutreffend),
Methoden zur Auszählung von Mutanten,
Methoden für die Molekularanalyse von Mutanten und deren Verwendung bei der Berichtigung um die Klonalität und/oder bei der Berechnung von Mutationshäufigkeiten, falls zutreffend.

Ergebnisse:

Gesundheitszustand des Tieres vor und während des Versuchszeitraums, einschließlich Toxizitätsanzeichen,
Körper- und Organgewicht bei der Tötung,
für jedes Gewebe/Tier: Anzahl Mutanten, Anzahl bewerteter Plaques bzw. Kolonien und Mutantenhäufigkeit,
für jede Gewebe-/Tiergruppe: Anzahl Verpackungsreaktionen pro DNA-Probe, Gesamtzahl der Mutanten, mittlere Mutantenhäufigkeit, Standardabweichung,
nach Möglichkeit Dosis-Wirkungs-Beziehung,
für jedes Gewebe/Tier: Anzahl unabhängiger Mutanten und mittlere Mutationshäufigkeit, soweit eine Molekularanalyse der Mutationen durchgeführt wurde,
Daten über Negativkontrolltiere, die gleichzeitig in den Versuch einbezogen waren, und historische Kontrolldaten aus Negativkontrollen mit Angaben zu Bereichen, Mittelwerten und Standardabweichungen,
Daten über Positivkontrolltiere, die gleichzeitig in den Versuch einbezogen waren (oder Daten zur DNA von Positivkontrolltieren aus früheren Versuchen),
analytische Bestimmungen, falls verfügbar (z. B. für die Verpackung verwendete DNA-Konzentrationen, DNA-Sequenzierungsdaten),
verwendete statistische Analysen und Methoden.

Diskussion der Ergebnisse

Schlussfolgerung

LITERATUR

(1) Adams, W.T. and T.R. Skopek (1987). ‘Statistical Test for the Comparison of Samples from Mutational Spectra’. J. Mol. Biol., 194: 391-396.

(2) Bielas, J.H. (2002). ‘A more Efficient Big Blue® Protocol Improves Transgene Rescue and Accuracy in an Adduct and Mutation Measurement’. Mutation Res., 518: 107-112.

(3) Boerrigter, M.E., M.E. Dollé, H.-J. Martus, J.A. Gossen and J. Vijg (1995). ‘Plasmid-based Transgenic Mouse Model for Studying in vivo Mutations’Nature, 377(6550): 657-659

(4) Carr, G.J. and N.J. Gorelick (1995). ‘Statistical Design and Analysis of Mutation Studies in Transgenic Mice’, Environ. Mol. Mutagen, 25(3): 246-255.

(5) Carr, G.J. and N.J. Gorelick (1996). ‘Mutational Spectra in Transgenic Animal Research: Data Analysis and Study Design Based upon the Mutant or Mutation Frequency’, Environ. Mol. Mutagen, 28: 405-413.

(6) Dean, S.W., T.M. Brooks, B. Burlinson, J. Mirsalis, B. Myhr, L. Recio and V. Thybaud (1999). ‘Transgenic Mouse Mutation Assay Systems can Play an important Role in Regulatory Mutagenicity Testing in vivo for the Detection of Site-of-contact Mutagens’, Mutagenesis, 14(1): 141-151.

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(29) Thybaud, V., S. Dean, T. Nohmi, J. de Boer, G.R. Douglas, B.W. Glickman, N.J. Gorelick, J.A. Heddle, R.H. Heflich, I. Lambert, H.-J. Martus, J.C. Mirsalis, T. Suzuki and N. Yajima (2003). ‘In vivo Transgenic Mutation Assays’, Mutation Res., 540: 141-151.

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(36) Russell, L.B. (2004). ‘Effects of male germ-cell stage on the frequency, nature, and spectrum of induced specific-locus mutations in the mouse’, Genetica, 122: 25–36.

Anlage

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Basenpaarsubstitution : eine Art Mutation, die dazu führt, dass eine einzelne DNA-Nukleotidbase gegen eine andere DNA-Nukleotidbase ausgetauscht wird.

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Cos-Stelle : ein 12-Nukleotidsegment einer Einzelstrang-DNA, das an beiden Enden des Doppelstrang-Genoms des Bakteriophagen vorkommt.

Deletion : eine Mutation, bei der ein oder mehrere (sequenzielle) Nukleotiden vom Genom verloren werden.

Elektroporation : Anwendung elektrischer Impulse zur Erhöhung der Durchlässigkeit von Zellmembranen.

Endogenes Gen : ein Gen, das aus dem Genom selbst stammt.

Extra-binomiale Variation : größere Variabilität bei Wiederholungsschätzungen eines Populationsanteils als bei einer Binomialverteilung der Population erwartet würde.

Große Deletionen : Deletionen mehrerer Kilobasen in der DNA (die durch Spi – Auswahl und die lacZ-Plasmidassays gezielt nachgewiesen werden).

Insertion : Hinzufügen eines oder mehrerer Nukleotidenbasenpaare in eine DNA-Sequenz.

Jackpot : große Anzahl Mutanten, durch klonale Expansion aus einer einzigen Mutation entstanden.

Kapsid : die ein Viruspartikel umschließende Proteinhülle.

Klonale Expansion : die Erzeugung vieler Zellen aus einer einzigen (Mutanten-)Zelle.

Koloniebildende Einheit (Colony-Forming Unit, CFU) : ein Größe zur Quantifizierung lebensfähiger Bakterien.

Konkatamer : eine Wiederholungssequenz einer DNA-Kette (Biomolekül).

Ligation : die kovalente Anbindung von zwei DNA-Molekülenden durch DNA-Ligase.

Mitogen : eine Chemikalie, die eine Zelle zur Zellteilung anregt und Mitose auslöst (d. h. Zellteilung).

Neutrales Gen : ein Gen, das weder von positivem, noch von negativem Selektionsdruck beeinflusst wird.

Plaquebildende Einheit (Plaque Forming Unit, PFU) : eine Größe zur Quantifizierung lebensfähiger Bakteriophagen.

Positivselektion : eine Methode, bei der nur Mutanten überleben.

Probenahmezeitpunkt : das Ende des Zeitraums vor der Tötung des Tieres, in dem die Chemikalie nicht verabreicht wird und in dem nicht reparierte DNA-Läsionen sich in Form stabiler Mutationen fixieren.

Prüfsubstanz : jede(r) nach dieser Prüfmethode getesteter Stoff bzw. Mischung.

Punktmutation : allgemeiner Begriff für eine Mutation, die nur eine kleine Sequenz der DNA betrifft, einschließlich kleiner Insertionen, Deletionen und Basenpaarsubstitutionen.

Rasterschubmutation : eine genetische Mutation innerhalb einer ein Protein/Peptid codierenden DNA-Sequenz, verursacht durch Insertionen oder Deletionen einer Reihe von Nukleotiden, die nicht gleichmäßig durch drei geteilt werden können.

Reporter-Gen : ein Gen, dessen Produkt (mutantes Gen) einfach nachzuweisen ist.

Shuttle-Vektor : ein Vektor, der so strukturiert ist, dass er sich in zwei verschiedenen Wirtsarten vermehren kann; entsprechend kann in einen Shuttle-Vektor eingebrachte DNA in zwei unterschiedlichen Zelltypen oder zwei unterschiedlichen Organismen geprüft oder manipuliert werden.

Transgen : bezogen auf einen Organismus oder der Organismus selbst, dessen Genom durch die Übertragung eines oder mehrerer Gene einer anderen Spezies verändert worden ist.

Verabreichungszeitraum : die Gesamtdauer, während der einem Tier Prüfsubstanz verabreicht wird.

Verpackung : die Synthese infektiöser Phagenpartikel aus der Zubereitung von Phagenkapsid und Schwanzproteinen und einem Konkatamer von Phagen-DNA-Molekülen. Wird gemeinhin zur Verpackung von auf einen Lambda-Vektor geklonter DNA (die durch Cos-Stellen getrennt ist) in infektiöse Lambdapartikel verwendet.

Verpackungseffizienz : die Effizienz, mit der verpackte Bakteriophagen in Wirtsbakterien wiedergefunden werden.

B.59.   IN-CHEMICO-HAUTSENSIBILISIERUNG: DIREKT-PEPTIDREAKTIVITÄTSTEST (DPRA)

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 442C (2015). Ein Hautallergen ist gemäß Definition im Globalen Harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) der Vereinten Nationen (UN-GHS) (1) und der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP)  ein Stoff, der bei Hautkontakt eine allergische Reaktion auslöst. Diese Prüfmethode ist ein In-chemico-Verfahren (Direkt-Peptidreaktivitätstest — DPRA) zur Unterstützung der Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilisatoren gemäß UN-GHS und CLP.

Es besteht allgemeines Einvernehmen über die der Hautsensibilisierung zugrunde liegenden biologischen Vorgänge. Das vorhandene Wissen über die chemischen und biologischen Mechanismen im Zusammenhang mit der Hautsensibilisierung wurde in Form eines Adverse Outcome Pathway (AOP) (2), ausgehend von dem auslösenden molekularen Ereignis über die Zwischenvorgänge bis hin zur schädlichen Auswirkung auf die Gesundheit, nämlich die allergische Kontaktdermatitis beim Menschen oder die Kontakt-Überempfindlichkeit bei Nagetieren, zusammengefasst. Innerhalb des Hautsensibilisierungs-AOP ist das auslösende molekulare Ereignis die kovalente Bindung von elektrophilen Stoffen an nukleophile Zentren in Hautproteinen.

Die Bewertung der Hautsensibilisierung erfolgte normalerweise an Labortieren. Bei den klassischen Methoden an Meerschweinchen, dem Maximierungstest an Meerschweinchen (Guinea Pig Maximisation Test, GMPT) nach Magnusson/Kligman und dem Bühler-Test (Kapitel B.6 (3)), werden die Induktions- und die Auslösephase der Hautsensibilisierung untersucht. Ein Test an der Maus, der Lokale Lymphknotentest (LLNA, Kapitel B.42 (4)) und die beiden nicht radioaktiven Abwandlungen dieses Tests, LLNA: DA (Kapitel B.50 (5)) und LLNA: BrdU-ELISA (Kapitel B.51 (6)), bei denen jeweils nur die Induktionsreaktion bewertet wird, haben ebenfalls an Akzeptanz gewonnen, da sie sowohl in Bezug auf den Tierschutz als auch die objektive Messung der Induktionsphase der Hautsensibilisierung Vorteile gegenüber Tests am Meerschweinchen bieten.

Vor kurzem wurden mechanistisch basierte In-chemico- und In-vitro-Prüfmethoden für die Bewertung der Gefahr einer Hautsensibilisierung durch Chemikalien als wissenschaftlich fundiert befunden. Allerdings sind Methoden ohne Tierversuche (in silico, in chemico, in vitro) im Rahmen von integrierten Test- und Bewertungsansätzen (Integrated Approaches to Testing and Assessment, IATA) erforderlich, um die gegenwärtig angewandten Tierversuche angesichts der eingeschränkten mechanistischen AOP-Abdeckung der gegenwärtig verfügbaren Prüfmethoden ohne Tierversuche zu ersetzen (2) (7).

Der DPRA wird für das auslösende molekulare Ereignis im AOP der Hautsensibilisierung, nämlich die Proteinreaktivität, vorgeschlagen, indem die Reaktivität von Prüfchemikalien gegenüber synthetischen lysin- oder cysteinhaltigen Modellpeptiden quantifiziert wird (8). Anhand der prozentualen Peptid-Depletionswerte für Cystein und Lysin wird ein Stoff dann in eine von vier Reaktivitätsklassen eingestuft, um die Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilisatoren zu unterstützen (9).

Der DPRA wurde in einer Validierungsstudie unter der Leitung eines Europäischen Referenzlabors für Alternativen zu Tierversuchen (European Union Reference Laboratory for Alternatives to Animal Testing, EURL ECVAM) und in einem anschließenden unabhängigen Peer-Review des Wissenschaftlich Beratenden Ausschusses (ESAC) des EURL ECVAM bewertet und aus wissenschaftlicher Sicht für zulässig befunden (10), um im Rahmen eines IATA die Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilatoren im Hinblick auf die Gefahreneinstufung und -kennzeichnung zu unterstützen. Beispiele für die Verwendung von DPRA-Daten in Kombination mit anderen Informationen werden in der Literatur beschrieben (11) (12) (13) (14).

Definitionen sind Anlage I zu entnehmen.

VORBEMERKUNGEN, ANWENDBARKEIT UND EINSATZGRENZEN

Die Korrelation zwischen Proteinreaktivität und Hautsensibilisierungspotenzial ist gut nachgewiesen (15) (16) (17). Da die Proteinbindung jedoch nur einen einzigen Schlüsselvorgang, wenn auch das auslösende molekulare Ereignis für den AOP der Hautsensibilisierung, darstellt, reichen die mit Prüfmethoden und Nicht-Prüfmethoden ermittelten Informationen alleine möglicherweise nicht aus, um zu dem Schluss zu gelangen, dass Chemikalien kein Hautsensibilisierungspotenzial besitzen. Daher sollten die mit dieser Prüfmethode ermittelten Daten im Rahmen integrierter Ansätze, wie z. B. IATA, betrachtet und mit anderen ergänzenden Informationen, die beispielsweise aus In-vitro-Tests in Bezug auf andere Schlüsselvorgänge des Hautsensibilisierungs-AOP abgeleitet werden, sowie mit anderen Nicht-Prüfmethoden, einschließlich der Übertragung von Informationen (read across) zu chemischen Analoga, kombiniert werden.

Diese Prüfmethode kann zusammen mit anderen ergänzenden Informationen zur Unterstützung der Unterscheidung zwischen Hautallergenen (d. h. UN-GHS/CLP-Kategorie 1) und Nichtsensibilisatoren im Rahmen eines IATA eingesetzt werden. Diese Prüfmethode kann alleine weder zur Einstufung von Hautallergenen in die Unterkategorien 1A und 1B gemäß Definition in UN-GHS/CLP noch zur Vorhersage des Potenzials im Rahmen von Sicherheitsbewertungsentscheidungen verwendet werden. Jedoch kann ein positives Ergebnis mit dem DPRA je nach Rechtsrahmen alleine zur Einstufung einer Chemikalie in die UN-GHS/CLP-Kategorie 1 herangezogen werden.

Es hat sich gezeigt, dass die DPRA-Prüfmethode Labors mit Erfahrung auf dem Gebiet der Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC) übertragen werden kann. Der Grad der Reproduzierbarkeit bei Vorhersagen, der bei der Prüfmethode erwartet werden kann, liegt in der Größenordnung von 85 % innerhalb von Labors und von 80 % zwischen Labors (10). Die Ergebnisse der Validierungsstudie (18) und veröffentlichter Studien (19) weisen insgesamt darauf hin, dass die Genauigkeit des DPRA bei der Unterscheidung von Sensibilatoren (d. h. UN-GHS-/CLP-Kategorie 1) gegenüber Nichtsensibilisatoren 80 % (N = 157) bei einer Empfindlichkeit von 80 % (88/109) und einer Spezifität von 77 % (37/48) im Vergleich zu den Ergebnissen des LLNA beträgt. Beim DPRA ist die Wahrscheinlichkeit einer Unterschätzung bei Chemikalien mit geringem bis mittlerem Hautsensibilisierungspotenzial (d. h. UN-GHS/CLP-Unterkategorie 1B) größer als bei Chemikalien mit hohem Hautsensibilisierungspotenzial (d. h. UN-GHS/CLP-Unterkategorie 1A) (18) (19). Jedoch sind die Genauigkeitswerte, die hier für den DPRA als eigenständige Testmethode angegeben werden, lediglich als Anhaltspunkte zu betrachten, da die Prüfmethode in Kombination mit anderen Informationsquellen im Rahmen eines IATA sowie gemäß den Bestimmungen unter Nummer 9 betrachtet werden sollte. Darüber hinaus sollte bei der Bewertung von Prüfmethoden zur Hautsensibilisierung ohne Tierversuche beachtet werden, dass der LLNA-Test sowie andere Tierversuche die Situation bei den relevanten Arten, d. h. Menschen, nicht vollständig widerspiegeln. Auf der Grundlage der verfügbaren Gesamtdaten über den DPRA wurde nachgewiesen, dass der Test bei Prüfchemikalien, die eine Vielzahl an organischen funktionellen Gruppen, Reaktionsmechanismen, Hautsensibilisierungspotenzialen (wie in In-vivo-Studien festgestellt) und physikalisch-chemischen Eigenschaften abdecken, anwendbar ist (8) (9) (10) (19). Insgesamt deuten diese Informationen auf die Zweckmäßigkeit des DPRA für die Erkennung der Gefahr einer Hautsensibilisierung hin.

Der Begriff „Prüfchemikalie“ bezeichnet bei dieser Prüfmethode das, was getestet wird, und bezieht sich nicht auf die Anwendbarkeit des DPRA für die Prüfung von Stoffen und/oder Gemischen. Diese Prüfmethode ist nicht für die Untersuchung von Metallverbindungen geeignet, da diese bekanntermaßen mit Proteinen reagieren, die über andere Mechanismen als die kovalente Bindung wirken. Eine Prüfchemikalie sollte in einem geeigneten Lösungsmittel in einer Endkonzentration von 100 mM löslich sein (siehe Nummer 18). Prüfchemikalien, die in dieser Konzentration nicht löslich sind, können unter Umständen jedoch trotzdem in geringeren löslichen Konzentrationen getestet werden. In einem solchen Fall könnte ein positives Ergebnis dennoch zur Identifizierung der Prüfchemikalie als Hautallergen unterstützend herangezogen werden, während bei einem negativen Ergebnis keine verbindlichen Rückschlüsse auf die fehlende Reaktivität gezogen werden dürfen. Gegenwärtig stehen nur begrenzte Informationen über die Anwendbarkeit des DPRA auf Gemische mit bekannter Zusammensetzung zur Verfügung (18) (19). Dennoch gilt der DPRA für die Prüfung von mehrkomponentigen Substanzen und Gemischen mit bekannter Zusammensetzung als technisch geeignet (siehe Nummer 18). Bevor diese Prüfmethode auf ein Gemisch angewendet wird, um zu Regulierungszwecken Daten zu gewinnen, sollte geprüft werden, ob, und falls ja, warum, sie für diesen Zweck geeignete Ergebnisse liefert. Solche Erwägungen entfallen, wenn die Prüfung des Gemischs gesetzlich vorgeschrieben ist. Das gegenwärtige Vorhersagemodell kann aufgrund des festgelegten Molverhältnisses von Prüfchemikalie und Peptid nicht bei komplexen Gemischen mit unbekannter Zusammensetzung oder bei Stoffen mit unbekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexen Reaktionsprodukten oder biologischen Materialien (z. B. UVCB-Stoffen) eingesetzt werden. Für diesen Zweck wird es erforderlich sein, ein neues Vorhersagemodell auf der Grundlage eines gravimetrischen Ansatzes zu entwickeln. Wenn nachgewiesen werden kann, dass die Prüfmethode bei anderen spezifischen Chemikalienkategorien nicht anwendbar ist, sollte sie bei diesen nicht verwendet werden.

Diese Prüfmethode ist eine In-chemico-Methode, die kein Stoffwechselsystem beinhaltet. Chemikalien, die ihr Hautsensibilisierungspotenzial erst durch eine enzymatische Bioaktivierung erlangen (d. h. Prohaptene), können mit dieser Prüfmethode nicht erkannt werden. Chemikalien, die erst nach einer abiotischen Umwandlung zu Sensibilisatoren werden (d. h. Prähaptene), werden Berichten zufolge in einigen Fällen mit der Prüfmethode richtig erkannt (18). Angesichts der vorstehenden Ausführungen sollten mit der Prüfmethode erhaltene negative Ergebnisse im Kontext der angegebenen Grenzen und in Verbindung mit anderen Informationsquellen im Rahmen eines IATA interpretiert werden. Prüfchemikalien, die nicht kovalent an das Peptid binden, sondern seine Oxidation (d. h. Cystein-Dimerisierung) fördern, könnten zu einer potenziellen Überschätzung der Peptid-Depletion führen, mit der Folge möglicher falscher Positiv-Vorhersagen und/oder einer Einstufung in eine höhere Reaktivitätsklasse (siehe Nummern 29 und 30).

Der DPRA unterstützt, wie bereits erwähnt, die Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilisatoren. Er kann jedoch bei Verwendung im Rahmen von integrierten Ansätzen wie IATA möglicherweise auch zur Bewertung der Sensibilisierungspotenz beitragen (11). Es sind allerdings weitere Untersuchungen notwendig, vorzugsweise auf der Grundlage von Humandaten, um herauszufinden, inwieweit die Ergebnisse des DPRA möglicherweise zur Potenzbewertung herangezogen werden können.

TESTPRINZIP

Der DPRA ist eine In-chemico-Methode, bei der die Restkonzentration eines cystein- oder lysinhaltigen Peptids nach 24-stündiger Inkubation mit der Prüfchemikalie bei 25 ± 2,5 °C quantifiziert wird. Die synthetischen Peptide enthalten Phenylalanin als Hilfsmittel zum Nachweis. Die relative Peptidkonzentration wird mittels Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC) mit Gradientenelution und UV-Detektion bei 220 nm gemessen. Anschließend werden die prozentualen Peptid-Depletionswerte für Cystein und Lysin berechnet, die als Eingangsparameter in ein Vorhersagemodell (siehe Nummer 29) zur Einstufung der Prüfchemikalie in eine von vier Reaktivitätsklassen einfließen, die zur Unterstützung der Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilatoren verwendet werden.

Vor der routinemäßigen Verwendung des unter dieser Prüfmethode beschriebenen Verfahrens sollten Laboratorien ihre technische Kompetenz anhand der zehn in Anlage 2 aufgeführten Leistungsstoffe nachweisen.

VERFAHREN

Diese Prüfmethode basiert auf dem DPRA DB-ALM-Protokoll Nr. 154 (20), das für die vom EURL ECVAM koordinierte Validierungsstudie verwendet wurde. Es wird empfohlen, dieses Protokoll bei der Durchführung und Anwendung der Methode im Labor zugrunde zu legen. Nachfolgend werden die wichtigsten Komponenten und Verfahren des DPRA beschrieben. Bei der Verwendung eines anderen HPLC-Aufbaus ist dessen Gleichwertigkeit mit dem im DB-ALM-Protokoll beschriebenen validierten Aufbau nachzuweisen (z. B. durch Prüfung der Leistungsstoffe in Anlage 2).

Vorbereitung der cystein- oder lysinhaltigen Peptide

Die Stammlösungen von cysteinhaltigen (Ac-RFAACAA-COOH) und lysinhaltigen (Ac-RFAAKAA-COOH) synthetischen Peptiden mit einer Reinheit von mehr als 85 % (vorzugsweise im Bereich von 90-95 %) sollten kurz vor ihrer Inkubation mit der Prüfchemikalie frisch zubereitet werden. Die Endkonzentration des Cysteinpeptids sollte 0,667 mM in einem Phosphatpuffer mit pH 7,5 und die Endkonzentration des Lysinpeptids 0,667 mM in einem Ammoniumacetat-Puffer mit pH 10,2 betragen. Die HPLC-Sequenz ist so einzustellen, dass die HPLC-Analyse in weniger als 30 Stunden abgeschlossen ist. Bei dem in der Validierungsstudie verwendeten und in dieser Prüfmethode beschriebenen HPLC-Aufbau können in einem einzigen HPLC-Durchlauf bis zu 26 Analyseproben (bestehend aus der Prüfchemikalie, der Positivkontrolle und einer entsprechenden Anzahl an Lösungsmittelkontrollen, abhängig von der Anzahl der einzelnen im Test verwendeten Lösungsmittel, jeweils dreifach getestet) abgearbeitet werden. Alle im gleichen Durchlauf analysierten Replikate sollten die gleichen Cystein- und Lysinpeptid-Stammlösungen verwenden. Es wird empfohlen, vor der Verwendung der einzelnen Peptidchargen ihre Löslichkeit entsprechend nachzuweisen.

Vorbereitung der Prüfchemikalie

Vor der Durchführung des Tests sollte die Löslichkeit der Prüfchemikalie in einem geeigneten Lösungsmittel gemäß dem im DPRA DB-ALM-Protokoll (20) beschriebenen Solubilisierungsverfahren bewertet werden. Ein geeignetes Lösungsmittel löst die Prüfchemikalie vollständig auf. Da die Prüfchemikalie beim DPRA mit hohem Überschuss mit den Cystein- oder den Lysinpeptiden inkubiert wird, gilt die visuelle Prüfung auf Bildung einer klaren Lösung als ausreichend, um festzustellen, dass die Prüfchemikalie (und — bei Testung einer mehrkomponentigen Substanz oder eines Gemischs — alle Bestandteile) aufgelöst wurde(n). Geeignete Lösungsmittel sind Acetonitril, Wasser, ein 1:1-Gemisch aus Wasser und Acetonitril, Isopropanol, Aceton oder ein 1:1-Gemisch aus Aceton und Acetonitril. Andere Lösungsmittel können verwendet werden, solange sie die Stabilität des Peptids nicht beeinträchtigen. Dies wird mithilfe von Referenzkontrollen C (d. h. Proben, bei denen das Peptid alleine im jeweiligen Lösungsmittel aufgelöst ist; siehe Anlage 3) überwacht. Ist die Prüfchemikalie in keinem dieser Lösungsmittel löslich, sollte als letzte Möglichkeit versucht werden, sie in 300 μL DMSO zu lösen und die erhaltene Lösung mit 2 700  μL Acetonitril zu verdünnen. Ist die Prüfchemikalie auch in diesem Gemisch unlöslich, sollte versucht werden, sie in gleicher Menge in 1 500  μL DMSO zu lösen und die erhaltene Lösung mit 1500 μL Acetonitril zu verdünnen. Zum Ansetzen einer 100-mM-Lösung wird die Prüfchemikalie vorgewogen in Glasgefäße gegeben und unmittelbar vor dem Test in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelöst. Bei Gemischen und mehrkomponentigen Substanzen mit bekannter Zusammensetzung wird aus der Summe der Anteile der einzelnen Bestandteile (ausgenommen Wasser) ein einziger Wert für die Reinheit und anhand der Molekulargewichte der einzelnen Bestandteile im Gemisch (ausgenommen Wasser) und ihres jeweiligen Anteils ein einziges scheinbares Molekulargewicht bestimmt. Aus den erhaltenen Werten für die Reinheit und das scheinbare Molekulargewicht wird dann das erforderliche Gewicht der Prüfchemikalie für die Zubereitung einer 100-mM-Lösung berechnet. Bei Polymeren, für die sich kein vorherrschendes Molekulargewicht bestimmen lässt, kann das Molekulargewicht des Monomers (oder das scheinbare Molekulargewicht der verschiedenen Monomere, aus denen sich das Polymer zusammensetzt) für die Zubereitung einer 100-mM-Lösung herangezogen werden. Bei der Prüfung von Gemischen, mehrkomponentigen Substanzen oder Polymeren mit bekannter Zusammensetzung sollte jedoch auch in Erwägung gezogen werden, die unverdünnte Chemikalie zu testen. Bei Flüssigkeiten wird die unverdünnte Chemikalie so, wie sie ist, ohne vorherige Verdünnung getestet und in einem molaren Verhältnis von 1:10 und 1:50 mit den Cystein- bzw. Lysinpeptiden inkubiert. Bei festen Stoffen wird die Prüfchemikalie auf ihre höchste lösliche Konzentration in dem gleichen Lösungsmittel aufgelöst, das zum Ansetzen der scheinbaren 100-mM-Lösung verwendet wurde. Anschließend wird sie so, wie sie ist, ohne weitere Verdünnung getestet und in einem molaren Verhältnis von 1:10 und 1:50 mit den Cystein- bzw. Lysinpeptiden inkubiert. Übereinstimmende Ergebnisse (reaktiv oder nicht reaktiv) zwischen der scheinbaren 100-mM-Lösung und der unverdünnten Chemikalie sollten eine verbindliche Schlussfolgerung bezüglich des Ergebnisses zulassen.

Vorbereitung der Positivkontrolle, Referenzkontrollen und Koelutionskontrollen

Als Posivivkontrolle (PC) sollte Zimtaldehyd (CAS 104-55-2; ≥ 95 % von lebensmitteltauglicher Reinheit) mit einer Konzentration von 100 mM in Acetonitril verwendet werden. Andere geeignete Positivkontrollen, die vorzugsweise Depletionswerte im mittleren Bereich ergeben, können verwendet werden, sofern historische Daten für die Ableitung vergleichbarer Akzeptanzkriterien für einen Testdurchlauf zur Verfügung stehen. Außerdem sollte die HPLC-Sequenz auch Referenzkontrollen (d. h. Proben, die nur das im entsprechenden Lösungsmittel gelöste Peptid enthalten) umfassen. Diese dienen dazu, die Eignung des HPLC-Systems vor der Analyse (Referenzkontrollen A) und die Stabilität der Referenzkontrollen im Zeitverlauf (Referenzkontrollen B) zu verifizieren und zu bestätigen, dass das zur Lösung der Prüfchemikalie verwendete Lösungsmittel die prozentuale Peptid-Depletion nicht beeinflusst (Referenzkontrollen C) (siehe Anlage 3). Mithilfe der geeigneten Referenzkontrolle für jede Chemikalie wird die prozentuale Peptid-Depletion für diese Chemikalie berechnet (siehe Nummer 26). Darüber hinaus sollte für jede analysierte Prüfchemikalie eine Koelutionskontrolle, bestehend aus der Prüfchemikalie alleine, in die Ablaufsequenz aufgenommen werden, um eine mögliche Koelution der Prüfchemikalie mit dem Lysinpeptid bzw. dem Cysteinpeptid zu erkennen.

Inkubation der Prüfchemikalie mit den Cystein- und Lysinpeptid-Lösungen

Die Cystein- und Lysinpeptid-Lösungen sollten in Autosampler-Glasgefäßen in einem Verhältnis von 1:10 bzw. 1:50 mit der Prüfchemikalie inkubiert werden. Wenn es unmittelbar nach der Zugabe der Prüfchemikalie zur Peptidlösung aufgrund der geringen Wasserlöslichkeit der Prüfchemikalie zu einer Ausfällung kommt, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, welche Menge der Prüfchemikalie in der Lösung verblieben ist, um mit dem Peptid zu reagieren. In diesem Fall könnte ein positives Ergebnis trotzdem verwendet werden. Ein negatives Ergebnis ist hingegen unsicher und sollte entsprechend vorsichtig interpretiert werden (siehe auch die Vorschriften unter Nummer 11 für die Prüfung von Chemikalien, die bis zu einer Konzentration von 100 mM unlöslich sind). Die Reaktionslösung wird bei 25 ± 2,5 °C 24 ± 2 Stunden vor der Durchführung der HPLC-Analyse im Dunkeln gelassen. Jede Prüfchemikalie wird für beide Peptide in dreifacher Ausfertigung analysiert. Die Proben sind vor der HPLC einer Sichtprüfung zu unterziehen. Bei festgestellter Ausfällung oder Phasentrennung können die Proben als Vorsichtsmaßnahme bei geringer Geschwindigkeit (100-400 x g) zentrifugiert werden, damit die Ausfällung auf den Boden des Gefäßes sinkt, da große Ausfällungsmengen die Leitungen oder Säulen der HPLC-Apparatur verstopfen können. Wird nach der Inkubationszeit eine Ausfällung oder Phasentrennung festgestellt, kann die Peptid-Depletion unterschätzt werden. In diesem Fall kann bei einem negativen Ergebnis nicht mit hinreichender Sicherheit auf das Fehlen von Reaktivität geschlossen werden.

Erstellung der HPLC-Standardkalibrierungskurve

Sowohl für die Cystein- als auch die Lysinpeptide sollte eine Standardkalibrierungskurve erstellt werden. Die Peptidstandards werden in einer Lösung mit 20 % oder 25 % Acetonitril/Puffer unter Verwendung eines Phosphatpuffers (pH 7,5) für das Cysteinpeptid und eines Ammoniumacetat-Puffers (pH 10,2) für das Lysinpeptid zubereitet. Aus Verdünnungsreihen-Standards der Peptid-Stammlösung (0,667 mM) werden sechs Kalibrierungslösungen hergestellt, die den Bereich von 0,534 bis 0,0167 mM abdecken. Eine Blindkontrolle des Verdünnungspuffers sollte ebenfalls in die Standardkalibrierungskurve aufgenommen werden. Geeignete Kalibrierungskurven sollten einen Wert von r2 > 0,99 aufweisen.

Vorbereitung des HPLC-Systems und Analyse

Vor der Durchführung der Analyse ist die Eignung des HPLC-Systems zu verifizieren. Die Peptid-Depletion wird durch ein mit einem UV-Detektor (Fotodiodenarray-Detektor oder Festwellenlängen-Absorptionsdektektor mit 220-nm-Signal) verbundenes HPLC-Gerät überwacht. Die entsprechende Säule wird in das HPLC-System eingebaut. Bei dem im validierten Protokoll beschriebenen HPLC-Aufbau wird das Modell Zorbax SB-C-18 2,1 mm × 100 mm × 3,5 μm als bevorzugte Säule verwendet. Bei dieser Säule für die Umkehrphasen-HPLC sollte das gesamte System mindestens 2 Stunden vor dem Betrieb bei 301 °C mit 50 % Phase A (0,1 % v/v Trichloressigsäure in Wasser) und 50 % Phase B (0,085 % v/v Trichloressigsäure in Acetonitril) äquilibriert werden. Die HPLC-Analyse erfolgt mit einer Flussrate von 0,35 ml/min und einem linearen Gradienten von 10 % bis 25 % Acetonitril über einen Zeitraum von 10 Minuten, gefolgt von einem schnellen Anstieg auf 90 % Acetonitril, um andere Materialien zu entfernen. Standard, Probe und Kontrolle werden jeweils in gleicher Menge injiziert. Zwischen den Injektionen wird die Säule unter den Ausgangsbedingungen 7 Minuten lang neu äquilibriert. Bei Verwendung einer anderen Säule für die Umkehrphasen-HPLC müssen die oben genannten Einstellparameter möglicherweise angepasst werden, um eine angemessene Elution und Integration der Cystein- und Lysinpeptide sicherzustellen. Dies gilt auch für die Injektionsmenge, die je nach verwendetem System variieren kann (normalerweise im Bereich von 3-10 μl). Wichtig ist auch, dass bei der Verwendung eines anderen Aufbaus der HPLC-Apparatur dessen Gleichwertigkeit mit dem vorstehend beschriebenen validierten Aufbau nachgewiesen wird (z. B. durch Prüfung der Leistungsstoffe in Anlage 2). Die Extinktion wird bei 220 nm überwacht. Bei Verwendung eines Fotodiodenarray-Detektors sollte die Extinktion bei 258 nm ebenfalls aufgezeichnet werden. Es wird darauf hingewiesen, dass einige Acetonitril-Chargen die Peptidstabilität beeinträchtigen können. Dies muss bei der Verwendung einer neuen Acetonitril-Charge bewertet werden. Als Indikator für eine Koelution kann das Verhältnis der Peakfläche bei 220 nm und der Peakfläche bei 258 nm verwendet werden. Beispielsweise wäre bei jeder Probe ein Verhältnis im Bereich von 90 % < mittleres  Flächenverhältnis der Kontrollproben < 100 % ein guter Anhaltspunkt dafür, dass keine Koelution eingetreten ist.

Es gibt unter Umständen Prüfchemikalien, die die Oxidation des Cysteinpeptids fördern könnten. Der Peak des dimerisierten Cysteinpeptids kann visuell überwacht werden. Scheint eine Dimerisierung erfolgt zu sein, sollte dies vermerkt werden, da die prozentuale Peptid-Depletion überschätzt werden kann, was zu falschen Positiv-Vorhersagen und/oder einer Einstufung in eine höhere Reaktivitätsklasse führen kann (siehe Nummer 29 und 30).

Die HPLC-Analyse der Cystein- und Lysinpeptide kann gleichzeitig (wenn zwei HPLC-Systeme zur Verfügung stehen) oder an verschiedenen Tagen durchgeführt werden. Erfolgt die Analyse an verschiedenen Tagen, sind alle Prüfchemikalienlösungen für beide Tests am jeweiligen Tag frisch herzustellen. Die Analyse wird zeitlich so angesetzt, dass die Injektion der ersten Probe 22 bis 26 Stunden nach Mischung der Prüfchemikalie mit der Peptidlösung stattfindet. Die HPLC-Sequenz ist so einzustellen, dass die HPLC-Analyse in weniger als 30 Stunden abgeschlossen ist. Bei dem in der Validierungsstudie verwendeten und bei dieser Prüfmethode beschriebenen HPLC-Aufbau können in einem einzigen HPLC-Durchlauf bis zu 26 Analyseproben abgearbeitet werden (siehe auch Nummer 17). Ein Beispiel für eine HPLC-Analysesequenz ist Anlage 3 zu entnehmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Datenauswertung

Die Konzentration des Cystein- oder Lysinpeptids der einzelnen Proben wird bei 220 nm fotometrisch bestimmt. Hierzu wird die Peakfläche (Fläche unter der Kurve (Area Under the Curve, AUC) der entsprechenden Peaks gemessen, und anhand der aus den Standards abgeleiteten linearen Kalibrierungskurve wird die Peptidkonzentration berechnet.

Die prozentuale Peptid-Depletion der einzelnen Proben erhält man nach folgender Formel durch Messung der Peakfläche und deren Division durch die mittlere Peakfläche der jeweiligen Referenzkontrollen C (siehe Anlage 3)

Akzeptanzkriterien

Ein Testdurchlauf gilt als gültig, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind:

a)
Die Standardkalibrierungskurve weist einen Wert von r2 > 0,99 auf;
b)
der Mittelwert der prozentualen Peptid-Depletion der drei Replikate für die Positivkontrolle mit Zimtaldehyd liegt zwischen 60,8 % und 100 % beim Cysteinpeptid und zwischen 40,2 % und 69,0 % beim Lysinpeptid, und die maximale Standardabweichung (SA) für die Replikate der Positivkontrolle beträgt < 14,9 % für die prozentuale Cystein-Depletion und < 11,6 % für die prozentuale Lysin-Depletion; und
c)
die mittlere Peptidkonzentration der Referenzkontrollen A beträgt 0,50 ± 0,05 mM, und der Variationskoeffizient (VK) der Peptid-Peakflächen für die neun Referenzkontrollen B und C in Acetonitril beträgt < 15,0 %.

Wenn eines oder mehrere dieser Kriterien nicht erfüllt sind, ist der Testdurchlauf zu wiederholen.

Die Ergebnisse für eine Prüfchemikalie gelten als gültig, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind:

a)
Die maximale Standardabweichung bei den Replikaten der Prüfchemikalie beträgt < 14,9 % für die prozentuale Cystein-Depletion und < 11,6 % für die prozentuale Lysin-Depletion;
b)
die mittlere Peptidkonzentration der drei Referenzkontrollen C im entsprechenden Lösungsmittel beträgt 0,50 ± 0,05 mM. Wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind, werden die Daten verworfen, und der Testdurchlauf für diese spezifische Prüfchemikalie ist zu wiederholen.

Vorhersagemodell

Für jede Prüfchemikalie wird der Mittelwert der prozentualen Cystein- und Lysin-Depletion berechnet. Eine negative Depletion wird bei der Berechnung des Mittelwerts mit „0“ angenommen. Unter Verwendung des Vorhersagemodells Cystein 1:10/Lysin 1:50 in Tabelle 1 wird eine durchschnittliche Peptid-Depletion von 6,38 % als Schwelle zur Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilisatoren im Rahmen eines IATA herangezogen. Die Anwendung des Vorhersagemodells für die Einstufung einer Prüfchemikalie in eine Reaktivitätsklasse (d. h. geringe, mittlere und hohe Reaktivität) kann ggf. als nützliche Information für die Potenzbewertung im Rahmen eines IATA dienen.



Tabelle 1

Vorhersagemodell Cystein 1:10/Lysin 1:50 (1)

Mittelwert der prozentualen Cystein- und Lysin-DepletionReaktivitätsklasseDPRA-Vorhersage (2)
0 % ≤ Mittelwert der prozentualen Depletion ≤ 6,38 %keine oder minimale Reaktivitätnegativ
6,38 % < Mittelwert der prozentualen Depletion ≤ 22,62 %geringe Reaktivitätpositiv
22,62 % < Mittelwert der prozentualen Depletion ≤ 42,47 %mittlere Reaktivität
42,47 % < Mittelwert der prozentualen Depletion ≤ 100 %hohe Reaktivität

(1)   Die Werte beziehen sich auf statistisch generierte Schwellenwerte und nicht auf die Genauigkeit der Messung.

(2)   Eine DPRA-Vorhersage ist im Rahmen eines IATA und gemäß den Bestimmungen unter den Nummern 9 und 12 zu betrachten.

Es könnte Fälle geben, in denen die Prüfchemikalie (der Stoff oder einer oder mehrere Bestandteile einer mehrkomponentigen Substanz oder eines Gemischs) eine starke Extinktion bei 220 nm aufweist und die gleiche Retentionszeit wie das Peptid besitzt (Koelution). Eine Koelution kann vermieden werden, indem der HPLC-Aufbau so verändert wird, dass die Elutionszeit der Prüfchemikalie und des Peptids weiter auseinander liegen. Wird ein anderer HPLC-Aufbau verwendet, um eine Koelution aufzulösen, so ist seine Gleichwertigkeit mit dem validierten Aufbau nachzuweisen (z. B. durch Prüfung der Leistungsstoffe in Anlage 2). Bei Vorliegen einer Koelution kann der Peak des Peptids nicht integriert und die prozentuale Peptid-Depletion nicht berechnet werden. Koeluieren solche Prüfchemikalien sowohl mit den Cystein- als auch den Lysinpeptiden, ist die Analyse als „nicht aussagekräftig“ anzugeben. Liegt eine Koelution nur mit dem Lysinpeptid vor, kann das Vorhersagemodell Cystein 1:10 in Tabelle 2 verwendet werden.



Tabelle 2

Vorhersagemodell Cystein 1:10 (1)

Prozentuale Cystein-DepletionReaktivitätsklasseDPRA-Vorhersage (2)
0 % ≤ prozentuale Cystein-Depletion ≤ 13,89 %keine oder minimale Reaktivitätnegativ
13,89 % < prozentuale Cystein-Depletion ≤ 23,09 %geringe Reaktivitätpositiv
23,09 % < prozentuale Cystein-Depletion ≤ 98,24 %mittlere Reaktivität
98,24 % < prozentuale Cystein-Depletion ≤ 100 %hohe Reaktivität

(1)   Die Werte beziehen sich auf statistisch generierte Schwellenwerte und nicht auf die Genauigkeit der Messung.

(2)   Eine DPRA-Vorhersage ist im Rahmen eines IATA und gemäß den Bestimmungen unter den Nummern 9 und 12 zu betrachten.

Es könnte andere Fälle geben, in denen sich die Retentionszeiten der Prüfchemikalie und eines der beiden Peptide nicht vollständig überlappen. In solchen Fällen können die Peptid-Depletionswerte geschätzt und im Vorhersagemodell Cystein 1:10/Lysin 1:50 verwendet werden. Eine genaue Einstufung der Prüfchemikalie in eine Reaktivitätsklasse ist jedoch nicht möglich.

Bei einem eindeutigen Ergebnis ist eine einzige HPLC-Analyse sowohl für das Cystein- als auch das Lysinpeptid pro Prüfchemikalie ausreichend. Liegen die Ergebnisse jedoch nahe an der Schwelle zur Unterscheidung zwischen positivem und negativem Ergebnis (d. h. handelt es sich um grenzwertige Ergebnisse), sind möglicherweise weitere Tests erforderlich. Fällt der Mittelwert der prozentualen Depletion in den Bereich von 3 % bis 10 % (Vorhersagemodell Cystin 1:10/Lysin 1:50) bzw. die prozentuale Cystein-Depletion in den Bereich von 9 % bis 17 % (Vorhersagemodell Cystin 1:10), sind ein zweiter Testdurchlauf sowie ein dritter Durchlauf (bei abweichenden Ergebnissen zwischen den ersten beiden Durchläufen) in Erwägung zu ziehen.

Prüfbericht

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie

Einkomponentige Substanz

 

— chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS Bezeichnung(en), CAS-Nummer(n), SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel und/oder andere Kennungen;

— Aussehen, Wasserlöslichkeit, Molekulargewicht und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, soweit verfügbar;

— Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar, usw.;

— Behandlung vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);

— geprüfte Konzentration(en);

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar.

Mehrkomponentige Substanz, UVCB-Stoffe und Gemische:

 

— Charakterisierung, so weit wie möglich, z. B. durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), Reinheit, das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften (siehe oben) der einzelnen Komponenten, soweit verfügbar;

— Aussehen, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, soweit verfügbar;

— Molekulargewicht oder scheinbares Molekulargewicht im Fall von Gemischen/Polymeren mit bekannter Zusammensetzung oder andere für die Durchführung der Studie relevante Informationen;

— Behandlung vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);

— geprüfte Konzentration(en);

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar.

Kontrollen

Positivkontrolle

 

— Chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS Bezeichnung(en), CAS-Nummer(n), SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel und/oder andere Kennungen;

— Aussehen, Wasserlöslichkeit, Molekulargewicht und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, soweit verfügbar;

— Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar, usw.;

— Behandlung vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);

— geprüfte Konzentration(en);

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar;

— ggf. Verweis auf historische Ergebnisse von Positivkontrollen, die geeignete Akzeptanzkriterien für einen Testdurchlauf dokumentieren.

Lösungsmittel/Vehikel

 

— Verwendetes Lösungsmittel/Vehikel und ggf. das Verhältnis ihrer Bestandteile;

— chemische Bezeichnung(en), wie z. B. IUPAC- oder CAS Bezeichnung(en), CAS-Nummer(n) und/oder andere Kennungen;

— Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar, usw.;

— Aussehen, Molekulargewicht und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, sofern andere Lösungsmittel/Vehikel als die in der Prüfmethode genannten verwendet werden und soweit verfügbar;

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar;

— Begründung der Auswahl des Lösungsmittels für jede Prüfchemikalie;

— bei Acetonitril die Ergebnisse des Tests der Auswirkung auf die Peptidstabilität.

Vorbereitung von Peptiden, Positivkontrolle und Prüfchemikalie

Charakterisierung der Peptidlösungen (Lieferant, Los, genaues Peptidgewicht, hinzugefügte Menge für die Stammlösung);
Charakterisierung der Positivkontrolllösung (genaues Gewicht des für die Positivkontrolle verwendeten Stoffs, hinzugefügte Menge für die Testlösung);
Charakterisierung der Prüfchemikalienlösungen (genaues Gewicht der Prüfchemikalien, hinzugefügte Menge für die Testlösung);

Einstellung des HPLC-Geräts und Analyse

Typ des HPLC-Geräts, HPLC und Vorsäulen, Detektor, Autosampler;
für die HPLC-Analyse relevante Parameter, wie Temperatur der Säule, Injektionsvolumen, Flussrate und Gradient.

Eignung des Systems

Peptid-Peakfläche bei 220 nm jedes Replikats der Standard- und Referenzkontrolle A;
grafische Darstellung der linearen Kalibrierungskurve und Angabe des r2-Wertes;
Peptidkonzentration jedes Replikats der Referenzkontrolle A;
mittlere Peptidkonzentration (mM) der drei Referenzkontrollen A, Standardabweichung und Variationskoeffizient;
Peptidkonzentration der Referenzkontrollen A und C.

Ablauf der Analyse

Für Referenzkontrollen:

 

— Peptid-Peakfläche bei 220 nm jedes B- und C-Replikats;

— mittlere Peptid-Peakfläche bei 220 nm der neun Referenzkontrollen B und C in Acetonitril, Standardabweichung und Variationskoeffzient (für die Stabilität der Referenzkontrollen über die Analysezeit);

— für jedes verwendete Lösungsmittel: mittlere Peptid-Peakfläche bei 220 nm der drei entsprechenden Referenzkontrollen C (zur Berechnung der prozentualen Peptid-Depletion);

— für jedes verwendete Lösungsmittel: die Peptidkonzentration (mM) der drei entsprechenden Referenzkontrollen C;

— für jedes verwendete Lösungsmittel: die mittlere Peptidkonzentration (mM) der drei entsprechenden Referenzkontrollen C, Standardabweichung und Variationskoeffizient.

Für die Positivkontrolle:

 

— Peptid-Peakfläche bei 220 nm jedes Replikats;

— prozentuale Peptid-Depletion jedes Replikats;

— Mittelwert der prozentualen Peptid-Depletion der drei Replikate, Standardabweichung und Variationskoeffizient.

Für jede Prüfchemikalie:

 

— Aussehen der Ausfällung im Reaktionsgemisch am Ende der Inkubationszeit, sofern beobachtet. Angabe, ob die Ausfällung wieder löslich gemacht oder zentrifugiert wurde;

— Auftreten von Koelution;

— ggf. Beschreibung anderer relevanter Beobachtungen;

— Peptid-Peakfläche bei 220 nm jedes Replikats;

— prozentuale Peptid-Depletion jedes Replikats;

— Mittelwert der prozentualen Peptid-Depletion der drei Replikate, Standardabweichung und Variationskoeffizient;

— Mittelwert der prozentualen Cystein- und Lysin-Depletion;

— verwendetes Vorhersagemodell und DPRA-Vorhersage.

Leistungstests

Ggf. das angewandte Verfahren zum Nachweis der Kompetenz des Labors bei der Durchführung der Prüfmethode (z. B. durch Prüfung der Leistungsstoffe) oder zum Nachweis der reproduzierbaren Leistung der Prüfmethode im Zeitverlauf.

Erörterung der Ergebnisse

Erörterung der anhand der DPRA-Prüfmethode erhaltenen Ergebnisse;
Erörterung der Ergebnisse der Prüfmethode im Rahmen eines IATA, sofern andere sachdienliche Informationen verfügbar sind.

Schlussfolgerung

LITERATURHINWEISE

(1) Vereinte Nationen (UN) (2013). Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS). 5. überarbeitete Auflage, UN New York und Genf, 2013. Verfügbar unter: http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_rev05/05files_e.html

(2) OECD (2012). The Adverse Outcome Pathway for Skin Sensitisation Initiated by Covalent Binding to Proteins. Part 1: Scientific Evidence. Series on Testing and Assessment, Nr. 168, OECD, Paris.

(3) Kapitel B.6: Sensibilisierung der Haut

(4) Kapitel B.42: Lokaler Lymphknotentest

(5) Kapitel B.50: Hautsensibilisierung: Lokaler Lymphknotentest: DA.

(6) Kapitel B.51: Hautsensibilisierung: Lokaler Lymphknotentest BrdU-ELISA

(7) Adler et al. (2011). Alternative (non-animal) methods for cosmetics testing: current status and future prospects-2010. Archives of Toxicology, 85:367-485.

(8) Gerberick et al. (2004). Development of a peptide reactivity assay for screening contact allergens. Toxicological Sciences, 81:332-343.

(9) Gerberick et al. (2007). Quantification of chemical peptide reactivity for screening contact allergens: A classification tree model approach. Toxicological Sciences, 97:417-427.

(10) EC EURL-ECVAM (2013). Recommendation on the Direct Peptide Reactivity Assay (DPRA) for skin sensitisation testing. Verfügbar unter: https://eurl-ecvam.jrc.ec.europa.eu/eurl-ecvam-recommendations/eurl-ecvam-recommendation-on-the-direct-peptide-reactivity-assay-dpra

(11) Jaworska et al. (2013). Bayesian integrated testing strategy to assess skin sensitization potency: from theory to practice. Journal of Applied Toxicology, Online-Veröffentlichung, 14. Mai 2013, DOI: 10.1002/jat.2869.

(12) Bauch et al. (2012). Putting the parts together: combining in vitro methods to test for skin sensitizing potential. Regulatory Toxicology and Pharmacology, 63: 489-504.

(13) Nukada et al. (2013). Data integration of non-animal tests for the development of a test battery to predict the skin sensitizing potential and potency of chemicals. Toxicology in Vitro, 27:609 618.

(14) Ball et al (2011). Evaluating the sensitization potential of surfactants: integrating data from the local lymph node assay, guinea pig maximization test, and in vitro methods in a weight-of-evidence approach. Regulatory Toxicology and Pharmacology, 60:389-400.

(15) Landsteiner und Jacobs (1936). Studies on the sensitization of animals with simple chemical compounds. Journal of Experimental Medicine, 64:625-639.

(16) Dupuis and Benezra (1982). Allergic contact dermatitis to simple chemicals: a molecular approach. New York und Basel: Marcel Dekker Inc.

(17) Lepoittevin et al. (1998). Allergic contact dermatitis: the molecular basis. Springer, Berlin.

(18) EC EURL ECVAM (2012). Direct Peptide Reactivity Assay (DPRA) Validation Study Report, 74pp. Verfügbar unter: http://ihcp.jrc.ec.europa.eu/our_labs/eurl-ecvam/eurl-ecvam-recommendations/eurl-ecvam-recommendation-on-the-direct-peptide-reactivity-assay-dpra

(19) Natsch et al. (2013). A dataset on 145 chemicals tested in alternative assays for skin sensitization undergoing prevalidation. Journal of Applied Toxicology, Online-Veröffentlichung, 9. April 2013, DOI:10.1002/jat.2868.

(20) DB-ALM (INVITTOX) Protokoll 154. Direct Peptide Reactivity assay (DPRA) for skin sensitisation testing, 17pp. Verfügbar unter: http://ecvam-dbalm.jrc.ec.europa.eu/

(21) OECD (2005). Guidance Document on the Validation and International Acceptance of New or Updated Test Methods for Hazard Assessment. Series on Testing and Assessment, Nr. 34. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Paris, Frankreich.

(22) FDA (Food and Drug Administration) (2001). Guidance for Industry: Bioanalytical Method Validation, 22pp. Verfügbar unter: www.fda.gov/downloads/drugs/guidancecomplianceregulatoryinformation/guidance/ucm070107.pdf — 138

(23) ECETOC (2003). Contact sensitization: Classification according to potency. European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals (Technical Report Nr. 87).

Anlage 1

DEFINITIONEN

AOP (Adverse Outcome Pathway) : Abfolge von Vorgängen, ausgehend von der chemischen Struktur einer Zielchemikalie oder Zielgruppe ähnlicher Chemikalien, über den auslösenden molekularen Vorgang bis in zu einem In-vivo-Ergebnis von Interesse (2).

Auslösender molekularer Vorgang : Chemisch induzierte Störung eines biologischen Systems auf molekularer Ebene, die als Ausgangspunkt des Adverse Outcome Pathway identifiziert wird.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Eignung des Systems : Feststellung der Leistung (z. B. Empfindlichkeit) eines Instruments durch Analyse eines Referenzstandards vor dem Durchlauf der zu analysierenden Charge (22).

Einkomponentige Substanz : Ein nach seiner quantitativen Zusammensetzung definierter Stoff, bei dem ein Hauptbestandteil in einer Konzentration von mindestens 80 % w/w vorhanden ist.

Empfindlichkeit : Der Anteil aller positiven/wirkenden Chemikalien, die durch die Prüfmethode korrekt eingestuft werden. Die Empfindlichkeit ist ein Maß der Genauigkeit einer Prüfmethode mit kategorialen Ergebnissen und ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung ihrer Relevanz (21).

Gefahr : Inhärente Eigenschaft eines Stoffes oder eines Umfelds mit dem Potenzial, einen Organismus, ein System oder eine (Sub)population bei Exposition gegenüber diesem Stoff zu schädigen.

Gemisch : Gemisch oder Lösung aus zwei oder mehr Stoffen, die nicht miteinander reagieren (1).

Genauigkeit : Der Grad der Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und anerkannten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der „Relevanz“. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode (21).

Globales Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN-GHS) : Ein System zur Klassifizierung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) nach standardisierten Typen und Stufen physikalischer, gesundheitlicher und ökologischer Gefahren und zur entsprechenden Kennzeichnung durch Piktogramme, Signalwörter, Gefahrenhinweise, Sicherheitshinweise und Sicherheitsdatenblätter, um zum Schutz des Menschen (einschließlich Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Spediteure, Verbraucher und Notfall-Einsatzkräfte) und der Umwelt Informationen über die schädlichen Wirkungen der betreffenden Chemikalien zu verbreiten (1).

Gültige Prüfmethode : Eine Prüfmethode, die eine ausreichende Relevanz und Zuverlässigkeit für einen bestimmten Zweck aufweist und auf wissenschaftlich fundierten Grundsätzen beruht. Eine Prüfmethode ist nie im absoluten Sinn, sondern nur in Bezug auf einen definierten Zweck (21) gültig.

IATA (Integrated Approach to Testing and AssessmentIntegrierter Test- und Bewertungsansatz) : Strukturierter Ansatz zur Gefahrenidentifizierung (Potenzial), Gefahrencharakterisierung (Potenz) und/oder Sicherheitsbewertung (Potenzial/Potenz und Exposition) einer Chemikalie oder Chemikaliengruppe, bei dem alle maßgeblichen Daten strategisch integriert und gewichtet werden, um als Grundlage für fundierte regulatorische Entscheidungen über potenzielle Gefahren und/oder Risiken und/oder die Notwendigkeit weiterer gezielter und somit minimaler Testungen herangezogen zu werden.

Kalibrierungskurve : Beziehung zwischen dem im Versuch ermittelten Reaktionswert und der Analysekonzentration (auch als Standardkurve bezeichnet) eines bekannten Stoffs.

Mehrkomponentige Substanz : Ein nach seiner quantitativen Zusammensetzung definierter Stoff, bei dem mehr als ein Hauptbestandteil in einer Konzentration von mindestens ≥ 10 % w/w und < 80 % w/w vorhanden sind. Eine mehrkomponentige Substanz ist das Ergebnis eines Herstellungsprozesses. Der Unterschied zwischen einem Gemisch und einer mehrkomponentigen Substanz besteht darin, dass ein Gemisch durch die Mischung von zwei oder mehr Stoffen ohne chemische Reaktion entsteht. Eine mehrkomponentige Substanz wird durch eine chemische Reaktion gebildet.

Positivkontrolle : Ein Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält und mit einem Stoff behandelt wird, der bekanntermaßen eine positive Reaktion hervorruft. Um sicherzustellen, dass Abweichungen bei der Positivkontrollreaktion im Zeitverlauf bewertet werden können, sollte die Reaktion nicht zu heftig sein.

Prüfchemikalie : Der Begriff „Prüfchemikalie“ bezeichnet das, was getestet wird.

Referenzkontrolle : Eine unbehandelte Probe, die alle Komponenten eines Testsystems enthält, einschließlich des Lösungsmittels oder Vehikels, und die mit den prüfchemikalienbehandelten Proben und anderen Kontrollproben mitgeführt wird, um die Referenzreaktion für die mit der Prüfchemikalie behandelten Proben, die im selben Lösungsmittel oder Vehikel aufgelöst wurden, zu bestimmen. Bei der Testung mit einer gleichzeitigen Negativkontrolle zeigt diese Probe außerdem an, ob das Lösungsmittel oder Vehikel mit dem Testsystem interagiert.

Relevanz : Beschreibung der Beziehung zwischen dem Test und der untersuchten Wirkung und ob der Test aussagekräftig und nützlich für einen bestimmten Zweck ist. Die Relevanz gibt an, inwieweit der Test die untersuchte biologische Wirkung richtig misst oder vorhersagt. Sie berücksichtigt auch die Genauigkeit (Übereinstimmung) einer Prüfmethode (21).

Reproduzierbarkeit : Übereinstimmung der Ergebnisse von Tests, die an der gleichen Chemikalie bei einheitlichem Prüfprotokoll durchgeführt werden (siehe Zuverlässigkeit) (21).

Spezifität : Der Anteil aller negativen/wirkungslosen Chemikalien, die durch die Prüfmethode korrekt eingestuft werden. Die Spezifität ist ein Maß der Genauigkeit einer Prüfmethode mit kategorialen Ergebnissen und ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung ihrer Relevanz (21).

Stoff : Chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder durch ein Produktionsverfahren hergestellt, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung entstehenden Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können (1).

UVCB : Stoffe mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

Variationskoeffizient : Kennwert der Varianz. Er wird für eine Gruppe von Replikatdaten mittels Division der Standardabweichung durch den Mittelwert berechnet. Multipliziert mit 100 ergibt sich ein Prozentwert.

Zuverlässigkeit : Maß der Reproduzierbarkeit einer Prüfmethode innerhalb von und zwischen Labors über einen längeren Zeitraum und bei einheitlichem Protokoll. Die Zuverlässigkeit wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und Intralabor-Wiederholbarkeit bewertet (21).

Anlage 2

LEISTUNGSSTOFFE

In-chemico-Hautsensibilisierung: Direkt-Peptidreaktivitätstest

Vor der routinemäßigen Anwendung dieser Prüfmethode sollten Labors ihre technische Kompetenz nachweisen, indem sie die erwartete DPRA-Vorhersage für die zehn in Tabelle 1 empfohlenen Leistungsstoffe richtig treffen und bei acht von zehn Leistungsstoffen für jedes Peptid Werte für die Cystein- und Lysin-Depletion erhalten, die im jeweiligen Referenzbereich liegen. Diese Leistungsstoffe wurden so ausgewählt, dass sie die Bandbreite von Reaktionen im Hinblick auf die Gefahr einer Hautsensibilisierung repräsentieren. Weitere Auswahlkriterien betrafen die Erhältlichkeit der Stoffe im Handel, die Verfügbarkeit hochwertiger In-vivo-Referenzdaten und das Vorhandensein hochwertiger In-vitro-Daten aus dem DPRA und dass diese in der vom EURL ECVAM koordinierten Validierungsstudie verwendet wurden, um die erfolgreiche Durchführung der Prüfmethode in den an der Studie beteiligten Labors nachzuweisen.



Tabelle 1

Empfohlene Leistungsstoffe für den Nachweis der technischen Kompetenz zur Durchführung des Direkt-Peptidreaktivitätstests

LeistungsstoffeCAS-Nr.Aggregat-zustandIn-vivo-Vorhersage (1)DPRA-Vorhersage (2)Bandbreite (3) der prozentualen Cysteinpeptid-DepletionBandbreite (3) der prozentualen Lysinpeptid-Depletion
2,4-Dinitrochlorbenzol97-00-7fest

Sensibilisator

(extrem)

positiv90-10015-45
Oxazolon15646-46-5fest

Sensibilisator

(extrem)

positiv60-8010-55
Formaldehyd50-00-0flüssig

Sensibilisator

(stark)

positiv30-600-24
Benzylidenaceton122-57-6fest

Sensibilisator

(mäßig)

positiv80-1000-7
Farnesal19317-11-4flüssig

Sensibilisator

(schwach)

positiv15-550-25
2,3-Butandion431-03-8flüssig

Sensibilisator

(schwach)

positiv60-10010-45
1-Butanol71-36-3flüssigNicht-sensibilisatornegativ0-70-5,5
6-Methylcoumarin92-48-8festNicht-sensibilisatornegativ0-70-5,5
Milchsäure50-21-5flüssigNicht-sensibilisatornegativ0-70-5,5
4-Methoxyacetophenon100-06-1festNicht-sensibilisatornegativ0-70-5,5

(1)   Die In-vivo-Gefahrenidentifizierung und (Potenz-)Vorhersagen basieren auf Daten des LLNA (19). Die In-vivo-Potenz wird anhand der vom ECETOC (23) vorgeschlagenen Kriterien abgeleitet.

(2)   Eine DPRA-Vorhersage ist im Rahmen eines IATA und gemäß den Bestimmungen unter den Nummern 9 und 11 zu betrachten.

(3)   Bestimmung der Bandbreiten auf der Grundlage von mindestens zehn Depletionswerten von sechs unabhängigen Labors.

Anlage 3

BEISPIELE FÜR DIE ANALYSESEQUENZ



Kalibrierungsstandards und Referenzkontrollen

STD1

STD2

STD3

STD4

STD5

STD6

Verdünnungspuffer

Referenzkontrolle A, Rep. 1

Referenzkontrolle A, Rep. 2

Referenzkontrolle A, Rep. 3

Koelutionskontrollen

Koelutionskontrolle 1 für Prüfchemikalie 1

Koelutionskontrolle 2 für Prüfchemikalie 2

Referenzkontrollen

Referenzkontrolle B, Rep. 1

Referenzkontrolle B, Rep. 2

Referenzkontrolle B, Rep. 3

Erster Replikatsatz

Referenzkontrolle C, Rep. 1

Zimtaldehyd, Rep. 1

Probe 1, Rep. 1

Probe 2, Rep. 1

Zweiter Replikatsatz

Referenzkontrolle C, Rep. 2

Zimtaldehyd, Rep. 2

Probe 1, Rep. 2

Probe 2, Rep. 2

Dritter Replikatsatz

Referenzkontrolle C, Rep. 3

Zimtaldehyd, Rep. 3

Probe 1, Rep. 3

Probe 2, Rep. 3

Referenzkontrollen

Referenzkontrolle B, Rep. 4

Referenzkontrolle B, Rep. 5

Referenzkontrolle B, Rep. 6

Die Analysesequenz umfasst drei Sätze von Referenzkontrollen (d. h. Proben, die nur aus dem im geeigneten Lösungsmittel gelösten Peptid bestehen):

Referenzkontrolle A: Zur Verifizierung der Eignung des HPLC-Systems.

Referenzkontrolle B: Wird zu Beginn und am Ende der Analysesequenz aufgenommen, um die Stabilität der Referenzkontrollen im Zeitverlauf zu verifizieren.

Referenzkontrolle C: Wird in die Analysesequenz aufgenommen, um zu verifizieren, dass das zur Lösung der Prüfchemikalie verwendete Lösungsmittel keinen Einfluss auf die prozentuale Peptid-Depletion hat.

B.60   IN-VITRO-HAUTSENSIBILISIERUNG: ARE-NRF2 LUCIFERASE-PRÜFMETHODE

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 442D (2015). Ein Hautallergen ist gemäß Definition im Globalen Harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) der Vereinten Nationen (UN-GHS) (1) und der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen  (CLP) ein Stoff, der bei Hautkontakt eine allergische Reaktion auslöst. Diese Prüfmethode ist ein In-vitro-Verfahren (ARE-Nrf2 Luciferase-Test) zur Unterstützung der Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilisatoren gemäß UN-GHS (1) und CLP.

Es besteht allgemeines Einvernehmen über die der Hautsensibilisierung zugrunde liegenden biologischen Schlüsselvorgänge. Das vorhandene Wissen über die chemischen und biologischen Mechanismen im Zusammenhang mit der Hautsensibilisierung wurde in Form eines Adverse Outcome Pathway (AOP) (2) — vom molekularen auslösenden Vorgang über die dazwischen liegenden Vorgänge bis hin zur schädlichen Auswirkung auf die Gesundheit, z. B. allergische Kontaktdermatitis beim Menschen oder Kontakt-Überempfindlichkeit bei Nagetieren, — zusammengefasst (2) (3). Der molekulare auslösende Vorgang ist die kovalente Bindung von elektrophilen Stoffen an nukleophile Zentren in Hautproteinen. Der zweite Schlüsselvorgang in diesem AOP findet in den Keratinozyten statt und umfasst entzündliche Reaktionen sowie Genexpression in Verbindung mit spezifischen Zellsignalketten wie beispielsweise ARE (Antioxidant/Electrophile Response Element)-abhängigen Ketten. Der dritte Schlüsselvorgang ist die Aktivierung von dendritischen Zellen, die normalerweise durch Expression von spezifischen Zelloberflächenmarkern, Chemokinen und Cytokinen bewertet werden. Der vierte Schlüsselvorgang ist die T-Zellproliferation, die indirekt im Lokalen Lymphknotentest (LLNA) an der Maus (4) bewertet wird.

Die Bewertung der Hautsensibilisierung erfolgte normalerweise an Labortieren. Bei den klassischen Methoden an Meerschweinchen, dem Maximierungstest an Meerschweinchen (GMPT) nach Magnusson/Kligman und dem Bühler-Test (TM B.6 (5)), werden die Induktions- und die Auslösephase der Hautsensibilisierung untersucht. Ein Test an der Maus, der Lokale Lymphknotentest (LLNA) (TM B.42 (4)) sowie die beiden nicht radioaktiven Abwandlungen dieses Tests, LLNA: DA (TM B.50 (6)) und LLNA: BrdU-ELISA (TM B.51 (7)), bei denen jeweils nur die Induktionsreaktion bewertet wird, haben ebenfalls an Akzeptanz gewonnen, da sie sowohl in Bezug auf den Tierschutz als auch in Bezug auf die objektive Messung der Induktionsphase der Hautsensibilisierung Vorteile gegenüber Tests am Meerschweinchen bieten.

Vor Kurzem wurden mechanistisch basierte In-chemico- und In-vitro-Prüfmethoden für die Bewertung der Gefahr einer Hautsensibilisierung durch Chemikalien als wissenschaftlich fundiert befunden. Allerdings sind Methodenkombinationen ohne Tierversuche (in silico, in chemico, in vitro) im Rahmen von Integrierten Test- und Bewertungsansätzen (Integrated Approaches to Testing and Assessment, IATA) erforderlich, um die gegenwärtig verwendeten Tierversuche angesichts der eingeschränkten mechanistischen AOP-Abdeckung der gegenwärtig verfügbaren Prüfmethoden ohne Tierversuche vollständig zu ersetzen (2) (3).

Diese Prüfmethode (ARE-Nrf2 Luciferase-Test) wird für den unter Nummer 2 erläuterten zweiten Schlüsselvorgang vorgeschlagen. Es wurde berichtet, dass Hautallergene Gene induzieren können, die durch das Antioxidant Response Element (ARE) reguliert werden (8) (9). Kleinmolekulare elektrophile Stoffe wie beispielsweise Hautallergene können auf das Sensorprotein Keap1 (Kelch-like ECH-associated protein 1) einwirken, beispielsweise durch kovalente Modifizierung seines Cysteinrests, was zu einer Dissoziation vom Transkriptionsfaktor Nrf2 (nuclear factor-erythroid 2-related factor 2) führt. Das dissoziierte Nrf2 kann dann ARE-abhängige Gene wie beispielsweise jene, die Phase-II-Entgiftungsenzyme codieren, aktivieren (8) (10) (11).

Gegenwärtig ist der einzige In-vitro-ARE-Nrf2-Luciferase-Test, der durch diese Prüfmethode abgedeckt wird, der KeratinoSensTM-Test, für den Validierungsstudien abgeschlossen wurden (9) (12) (13), denen ein unabhängiger Peer-Review des Europäischen Referenzlabors für Alternativen zu Tierversuchen (European Union Reference Laboratory for Alternatives to Animal Testing, EURL ECVAM) folgte (14). Der KeratinoSensTM-Test wurde als aus wissenschaftlicher Sicht für die Anwendung als Teil eines IATA zulässig befunden, um die Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilisatoren im Hinblick auf die Gefahreneinstufung und -kennzeichnung zu unterstützen (14). Labors, die die Prüfmethode durchführen möchten, können die im KeratinoSensTM-Test verwendete rekombinante Zelllinie durch Abschluss einer Lizenzvereinbarung mit dem Entwickler der Prüfmethode erhalten (15).

Definitionen sind Anlage 1 zu entnehmen.

VORBEMERKUNGEN, ANWENDBARKEIT UND EINSATZGRENZEN

Da sich die Aktivierung der Keap1-Nrf2-ARE-Kette nur auf den zweiten Schlüsselvorgang des Hautsensibilisierungs-AOP bezieht, reichen Informationen aus Prüfmethoden auf der Grundlage der Aktivierung dieser Kette wahrscheinlich alleine nicht aus, um Schlussfolgerungen über das Hautsensibilisierungspotenzial von Chemikalien zu ziehen. Daher sollten die mit der gegenwärtigen Prüfmethode ermittelten Daten im Rahmen integrierter Ansätze, wie z. B. IATA, betrachtet und mit anderen ergänzenden Informationen, die beispielsweise aus In-vitro-Tests in Bezug auf andere Schlüsselvorgänge des Hautsensibilisierungs-AOP abgeleitet werden, sowie anderen Nicht-Prüfmethoden, einschließlich chemischer Analogien, kombiniert werden. Beispiele für die Verwendung der ARE-Nrf2-Luciferase-Prüfmethode in Kombination mit anderen Informationen werden in der Literatur beschrieben (13) (16) (17) (18) (19).

Diese Prüfmethode kann zur Unterstützung der Unterscheidung zwischen Hautallergenen (d. h. UN-GHS/CLP-Kategorie 1) und Nichtsensibilisatoren im Rahmen eines IATA eingesetzt werden. Diese Prüfmethode kann alleine weder zur Einstufung von Hautallergenen in die Unterkategorien 1A und 1B gemäß Definition in UN-GHS/CLP noch zur Vorhersage der Potenz im Rahmen von Sicherheitsbewertungsentscheidungen verwendet werden. Jedoch kann ein positives Ergebnis je nach Rechtsrahmen alleine zur Einstufung einer Chemikalie in die UN-GHS/CLP-Kategorie 1 herangezogen werden.

Die Daten aus der Validierungsstudie und den internen Prüfungen im Rahmen des unabhängigen Peer-Review der Prüfmethode haben ergeben, dass der KeratinoSensTM-Test an Labors mit Erfahrung auf dem Gebiet der Zellkultur übertragen werden kann. Der Grad der Reproduzierbarkeit, der bei der Prüfmethode erwartet werden kann, liegt in der Größenordnung von 85 % innerhalb und zwischen Labors (14). Die Genauigkeit (77 % — 155/201), Empfindlichkeit (78 % – 71/91) und Spezifität (76 % – 84/110) des KeratinoSensTM-Tests für die Unterscheidung zwischen Hautallergenen (d. h. UN-GHS/CLP-Kat. 1) und Nichtsensibilisatoren wurden unter Berücksichtigung aller Daten, die vom EURL ECVAM für die Bewertung und das Peer-Review der Prüfmethode vorgelegt wurden, im Vergleich zu den LLNA-Ergebnissen ermittelt (14). Diese Zahlen sind vergleichbar mit den Zahlen, die kürzlich basierend auf internen Prüfungen von ungefähr 145 Stoffen veröffentlicht wurden (Genauigkeit 77 %, Empfindlichkeit 79 %, Spezifität 72 %) (13). Beim KeratinoSensTM-Test ist die Wahrscheinlichkeit einer Unterschätzung bei Chemikalien mit geringer bis mittlerer Hautsensibilisierungspotenz (d. h. UN-GHS/CLP-Unterkategorie 1B) größer als bei Chemikalien mit hoher Hautsensibilisierungspotenz (d. h. UN-GHS/CLP-Unterkategorie 1A) (13) (14). Insgesamt deuten diese Informationen auf die Zweckmäßigkeit des KeratinoSensTM-Tests für die Erkennung der Gefahr einer Hautsensibilisierung hin. Jedoch sind die Genauigkeitswerte, die hier für den KeratinoSensTM-Test als eigenständiger Test angegeben werden, lediglich als Anhaltspunkte zu betrachten, da die Prüfmethode in Kombination mit anderen Informationsquellen im Rahmen eines IATA sowie gemäß den Bestimmungen unter Nummer 9 oben betrachtet werden sollte. Darüber hinaus sollte bei der Bewertung von Prüfmethoden zur Hautsensibilisierung ohne Tierversuche beachtet werden, dass der LLNA sowie andere Tierversuche die Situation bei der untersuchten Spezies, d. h. Menschen, nicht vollständig widerspiegeln.

Der Begriff „Prüfchemikalie“ bezeichnet bei dieser Prüfmethode das, was getestet wird, und bezieht sich nicht auf die Anwendbarkeit der ARE-Nrf2-Luciferase-Prüfmethode hinsichtlich der Prüfung von Stoffen und/oder Gemischen. Auf der Grundlage der gegenwärtig verfügbaren Daten über den KeratinoSensTM-Test wurde nachgewiesen, dass der Test bei Prüfchemikalien, die eine Vielzahl an organischen Funktionsgruppen, Reaktionsmechanismen, Hautsensibilisierungspotenzen (wie in In-vivo-Studien festgestellt) und physikalisch-chemischen Eigenschaften abdecken, anwendbar ist (9) (12) (13) (14). Es wurden zwar hauptsächlich einkomponentige Stoffe getestet, jedoch liegen auch begrenzte Daten über die Prüfung von Gemischen vor (20). Die Prüfmethode ist dennoch für die Prüfung von mehrkomponentigen Stoffen und Gemischen technisch geeignet. Bevor diese Prüfmethode jedoch für die Generierung von Daten für einen bestimmten Regelungszweck verwendet wird, sollte geprüft werden, ob sie für den beabsichtigten Zweck angemessene Ergebnisse liefert, und wenn dem so ist, warum. Diese Überlegungen erübrigen sich, sofern die Durchführung von Tests für das Gemisch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zudem sollte bei mehrkomponentigen Stoffen oder Gemischen die mögliche Interferenz der zytotoxischen Komponenten mit den beobachteten Reaktionen beachtet werden. Die Prüfmethode ist bei löslichen Prüfchemikalien oder solchen Prüfchemikalien anwendbar, die eine stabile Dispersion (d. h. ein Kolloid oder eine Suspension, worin sich die Prüfchemikalie nicht absetzen oder in anderen Phasen vom Lösungsmittel trennen kann) in Wasser oder DMSO (einschließlich aller technischen Komponenten im Falle der Prüfung eines mehrkomponentigen Stoffs oder Gemischs) bilden. Prüfchemikalien, die diese Bedingungen bei der höchsten erforderlichen Konzentration von 2 000  μM (siehe Nummer 22) nicht erfüllen, können trotzdem bei niedrigeren Konzentrationen geprüft werden. In einem solchen Fall könnten Ergebnisse, die die unter Nummer 39 beschriebenen Bedingungen für die Positivität erfüllen, dennoch unterstützend zur Identifizierung der Prüfchemikalie als Hautallergen herangezogen werden, während ein negatives Ergebnis, das bei Konzentrationen < 1 000  μM erzielt wird, als nicht aussagekräftig zu betrachten ist (siehe Vorhersagemodell unter Nummer 39). Im Allgemeinen wurden Stoffe mit einem LogP-Wert bis 5 erfolgreich geprüft, während extrem hydrophobe Stoffe mit LogP > 7 außerhalb der bekannten Anwendbarkeit der Prüfmethode liegen (14). Für Stoffe mit einem LogP-Wert zwischen 5 und 7 liegen nur beschränkte Informationen vor.

Negative Ergebnisse sind mit Vorsicht auszulegen, da Stoffe mit ausschließlicher Reaktivität gegenüber Lysinresten durch die Prüfmethode als negativ erkannt werden können. Außerdem können Prohaptene (d. h. Chemikalien, die beispielsweise über P450-Enzyme aktiviert werden müssen) und Prähaptene (d. h. Chemikalien, die durch Selbstoxidation aktiviert werden) aufgrund der begrenzten Stoffwechselfähigkeit der verwendeten Zelllinie (21) sowie der Versuchsbedingungen, insbesondere bei geringer Oxidationsgeschwindigkeit, zu negativen Ergebnissen führen. Andererseits können Prüfchemikalien, die zwar nicht als Allergene, aber dennoch als chemische Stressoren wirken, zu falschen positiven Ergebnissen führen (14). Zudem lassen sich hochgradig zytotoxische Prüfchemikalien nicht immer zuverlässig bewerten. Schließlich können Prüfchemikalien, die mit dem Luciferase-Enzym interferieren, die Aktivität der Luciferase in zellbasierten Tests stören, was entweder zu scheinbarer Hemmung oder verstärkter Lumineszenz führt (22). Beispielweise wurde berichtet, dass Phytoöstrogenkonzentrationen > 1 μM die Lumineszenzsignale in anderen auf Luciferase basierenden Reporter-Gen-Tests aufgrund der Überaktivierung des Luciferase-Reporter-Gens stören (23). Infolgedessen muss die Luciferase-Expression, die bei hohen Konzentrationen von Phytoöstrogenen oder ähnlichen Chemikalien, die vermutlich eine mit Phytoöstrogen vergleichbare Überaktivierung des Luciferase-Reporter-Gens bewirken, sorgfältig untersucht werden (23). In Fällen, in denen die Nichtanwendbarkeit der Prüfmethode bei anderen spezifischen Kategorien von Prüfchemikalien nachgewiesen werden kann, sollte die Prüfmethode bei diesen spezifischen Kategorien nicht verwendet werden.

Abgesehen von der Unterstützung bei der Unterscheidung zwischen Hautallergenen und Nichtsensibilisatoren liefert der KeratinoSensTM-Test auch Konzentrations-/Wirkungs-Informationen, die potenziell zur Bewertung der Sensibilisierungspotenz bei Verwendung in integrierten Ansätzen wie beispielsweise IATA beitragen können (19). Darüber hinaus sind weitere Untersuchungen, vorzugsweise auf der Grundlage verlässlicher Humandaten, notwendig, um herauszufinden, inwieweit die Ergebnisse des KeratinoSensTM-Tests zur Potenzbewertung (24) und Einstufung von Allergenen in Unterkategorien gemäß UN-GHS/CLP beitragen können.

TESTPRINZIP

Die ARE-Nrf2-Luciferase-Prüfmethode basiert auf einer immortalisierten, adhärenten Zelllinie, die aus humanen und mit einem wählbaren Plasmid stabil transfizierten HaCaT-Keratinozyten abgeleitet wurde. Die Zelllinie enthält das Luciferase-Gen unter der transkriptionalen Kontrolle eines konstitutiven Promoters, verschmolzen mit einem ARE-Element aus einem Gen, das bekanntermaßen durch Kontaktsensibilisatoren hochreguliert wird (25) (26). Das Luciferase-Signal spiegelt die Aktivierung durch Sensibilisatoren der endogenen Nrf2-abhängigen Gene wider, wobei die Abhängigkeit des Luciferase-Signals in der rekombinanten Zelllinie von Nrf2 nachgewiesen wurde (27). Dies ermöglicht die quantitative Messung (durch Lumineszenzerkennung) der Luciferase-Geninduktion unter Verwendung von bekannten lichterzeugenden Luciferase-Substraten als Indikator für die Aktivität des Nrf2-Transkriptionsfaktors in Zellen nach Exposition gegenüber elektrophilen Stoffen.

Prüfchemikalien werden im KeratinoSens™-Test als positiv angesehen, wenn sie eine statistisch signifikante Induktion der Luciferase-Aktivität oberhalb einer gegebenen Schwelle (d. h. > 1,5-facher Wert oder Anstieg um 50 %) bewirken, und zwar unterhalb einer festgelegten Konzentration, die sich nicht signifikant auf die Zellviabilität auswirkt (d. h. unter 1 000  μM und bei einer Konzentration, bei der die Zellviabilität mehr als 70 % beträgt (9) (12)). Zu diesem Zweck wird die maximal-fache Induktion der Luciferase-Aktivität über eine (Negativ-)Lösungsmittel-Kontrolle (Imax) bestimmt. Da die Zellen ferner verschiedenen Konzentrationen der Prüfchemikalien ausgesetzt werden, sollte die erforderliche Konzentration für eine statistisch signifikante Induktion der Luciferase-Aktivität oberhalb der Schwelle (d. h. EC1.5-Wert) aus der Dosis-Wirkungs-Kurve interpoliert werden (für Berechnungen siehe Nummer 32). Schließlich sollten parallele zytotoxische Messungen durchgeführt werden, um zu bewerten, ob die Induktionswerte der Luciferase-Aktivität bei subzytotoxischen Konzentrationen auftreten.

Vor der routinemäßigen Anwendung des ARE-Nrf2-Luciferase-Tests, der den Anforderungen der vorliegenden Prüfmethode genügt, sollte die technische Leistungsfähigkeit der Labors anhand der in Anlage 2 aufgeführten zehn Leistungsstoffe nachgewiesen werden.

Es stehen Leistungsnormen (28) zur Verfügung, die die Validierung neuer oder geänderter In-vitro-ARE-Nrf2-Luciferase-Prüfmethoden ähnlich dem KeratinoSens™-Test sowie die rechtzeitige Anpassung dieser Prüfmethoden für deren Einbeziehung ermöglichen. Die gegenseitige Anerkennung der Daten gemäß dem OECD-Übereinkommen wird nur für Prüfmethoden garantiert, die gemäß diesen Leistungsnormen validiert wurden, sofern diese Prüfmethoden von der OECD überprüft und in die entsprechende Prüfrichtlinie aufgenommen wurden.

VERFAHREN

Gegenwärtig ist die einzige unter diese Prüfmethode fallende Methode der wissenschaftlich validierte KeratinoSensTM-Test (9) (12) (13) (14). Es liegen Standardarbeitsanweisungen für den KeratinoSensTM-Test vor, die bei der Umsetzung und Verwendung dieser Prüfmethode im Labor angewendet werden sollten (15). Labors, die die Prüfmethode durchführen möchten, können die im KeratinoSensTM-Test verwendete rekombinante Zelllinie durch Abschluss einer Lizenzvereinbarung mit dem Entwickler der Prüfmethode erhalten. Nachfolgend werden die Hauptkomponenten und Verfahren der ARE-Nrf2-Luciferase-Prüfmethode beschrieben.

Vorbereitung der Keratinozytenkulturen

Es sollte eine transgene Zelllinie mit einer stabilen Insertion des Luciferase-Reporter-Gens unter der Kontrolle des ARE-Elements verwendet werden (z. B. KeratinoSens™-Zelllinie). Bei Erhalt werden die Zellen propagiert (z. B. 2 bis 4 Passagen) und als homogener Stamm eingefroren aufbewahrt. Zellen aus diesem ursprünglichen Stamm können bis zu einer Höchstzahl von Passagen (z. B. 25 im Fall von KeratinoSensTM) propagiert und für routinemäßige Tests unter Verwendung des geeigneten Trägermediums eingesetzt werden (im Fall von KeratinoSensTM ist dies serum- und Geneticin-haltiges DMEM).

Für die Prüfung sollten die Zellen zu 80 bis 90 % konfluent sein, und es sollte darauf geachtet werden, dass die Zellen nicht zu vollständiger Konfluenz zusammengewachsen sind. Einen Tag vor der Prüfung werden die Zellen gewonnen und in 96-Mulden-Platten (10 000 Zellen/Mulde im Fall von KeratinoSensTM) verteilt. Eine Sedimentation der Zellen bei der Beimpfung ist zu vermeiden, um eine homogene quantitative Verteilung der Zellen in den Mulden zu gewährleisten. Ist dies nicht der Fall, kann dieser Schritt zu einer hohen Variabilität zwischen den Mulden führen. Bei jeder Wiederholung werden drei Replikate für die Messungen der Luciferase-Aktivität und ein paralleles Replikat für den Zellviabilitätstest verwendet.

Vorbereitung der Prüfchemikalie und Kontrollstoffe

Die Prüfchemikalie sowie die Kontrollstoffe werden am Tag der Prüfung vorbereitet. Für den KeratinoSensTM-Test werden die Prüfchemikalien in Dimethylsulfoxid (DMSO) bis zur gewünschten Endkonzentration gelöst (z. B. 200 mM). Die DMSO-Lösungen können als selbststerilisierend angesehen werden, sodass keine sterile Filtration erforderlich ist. Prüfchemikalien, die nicht in DMSO löslich sind, werden in sterilem Wasser oder Kulturmedium gelöst und die Lösungen beispielsweise durch Filtration sterilisiert. Bei einer Prüfchemikalie ohne festgelegtes Molekulargewicht wird im KeratinoSensTM-Test eine Stammlösung mit einer Standardkonzentration hergestellt (40 mg/ml oder 4 % (w/v)). Falls andere Lösungsmittel als DMSO, Wasser oder Kulturmedium zum Einsatz kommen, sollten ausreichende wissenschaftliche Gründe vorgelegt werden.

Basierend auf den DMSO-Stammlösungen der Prüfchemikalie werden Verdünnungsreihen unter Verwendung von DMSO hergestellt, um 12 Hauptkonzentrationen der zu prüfenden Chemikalie zu erhalten (von 0,098 bis 200 mM im KeratinoSensTM-Test). Bei einer nicht in DMSO löslichen Prüfchemikalie werden die Verdünnungen zum Erhalt der Hauptkonzentrationen unter Verwendung von sterilem Wasser oder Kulturmedium hergestellt. Unabhängig vom verwendeten Lösungsmittel werden die Hauptkonzentrationen dann weiter 25-fach im serumhaltigen Kulturmedium verdünnt und schließlich für die Behandlung mit einem weiteren 4-fachen Verdünnungsfaktor verwendet, sodass die Endkonzentrationen der geprüften Chemikalie im KeratinoSensTM-Test zwischen 0,98 und 2 000  μM liegen. Andere Konzentrationen können verwendet werden, sofern dies gerechtfertigt ist (z. B. bei Zytotoxizität oder schlechter Löslichkeit).

Die Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrolle, die im KeratinoSensTM-Test verwendet wird, ist DMSO (CAS Nr. 67-68-5, ≥ 99 % Reinheit), wobei sechs Mulden pro Platte vorbereitet werden. Dabei werden die gleichen Verdünnungen wie für die Hauptkonzentrationen unter Nummer 22 hergestellt, sodass die Endkonzentration der Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrolle 1 % beträgt. Diese Konzentration wirkt sich bekanntermaßen nicht auf die Zellviabilität aus und entspricht der DMSO-Konzentration in der geprüften Chemikalie und der Positivkontrolle. Bei einer nicht in DSMO löslichen Chemikalie, bei der Verdünnungen in Wasser hergestellt wurden, muss der DMSO-Wert in allen Mulden der endgültigen Prüflösung wie bei den anderen Prüfchemikalien und Kontrollstoffen an 1 % angepasst werden.

Die Positivkontrolle, die im Fall des KeratinoSensTM-Tests verwendet ist, ist Zimtaldehyd (CAS Nr. 14371-10-9, ≥ 98 % Reinheit), wobei eine Reihe von 5 Hauptkonzentrationen zwischen 0,4 und 6,4 mM in DMSO (ausgehend von einer Stammlösung mit 6,4 mM) hergestellt und wie für die Hauptkonzentrationen unter Nummer 22 beschrieben verdünnt wird, sodass die Endkonzentrationen der Positivkontrolle zwischen 4 und 64 μM liegen. Andere geeignete Positivkontrollen, vorzugsweise mit EC1,5-Werten im mittleren Bereich, können verwendet werden, sofern historische Daten vorliegen, aus denen vergleichbare Versuchsakzeptanzkriterien abgeleitet werden können.

Applikation der Prüfchemikalie und Kontrollstoffe

Für jede Prüfchemikalie und jeden Positivkontrollstoff ist ein Versuch erforderlich, um eine Vorhersage (positiv oder negativ), bestehend aus mindestens zwei unabhängigen Wiederholungen mit je drei Replikaten (d. h. n = 6), abzuleiten. Weichen die Ergebnisse zwischen den beiden unabhängigen Wiederholungen ab, sollte eine dritte Wiederholung mit drei Replikaten (d. h. n = 9) durchgeführt werden. Jede unabhängige Wiederholung wird an einem anderen Tag mit einer frischen Stammlösung der Prüfchemikalie und unabhängig voneinander gewonnenen Zellen vorgenommen. Die Zellen können jedoch aus derselben Passage stammen.

Nach der Beimpfung wie unter Nummer 20 beschrieben lässt man die Zellen 24 Stunden in den 96-Mulden-Mikrotiterplatten wachsen. Das Medium wird dann entfernt und durch frisches Kulturmedium (150 μl serumhaltiges Kulturmedium, jedoch ohne Geneticin im Fall von KeratinoSensTM) ersetzt, dem 50 μl der 25-fach verdünnten Prüfchemikalie und Kontrollstoffe zugegeben werden. Mindestens eine Mulde pro Platte sollte zur Bewertung der Background-Werte leer gelassen werden (ohne Zellen und Behandlung).

Die behandelten Platten werden im KeratinoSensTM-Test ungefähr 48 Stunden bei 37±1 1 °C in der Gegenwart von 5 % CO2 inkubiert. Es ist darauf zu achten, dass eine Verdunstung der flüchtigen Prüfchemikalien sowie eine Kreuzkontamination zwischen Mulden durch die Prüfchemikalien vermieden wird, indem die Platten beispielsweise vor der Inkubation mit den Prüfchemikalien mit einer Folie abgedeckt werden.

Messungen der Luciferase-Aktivität

Zur Gewährleistung angemessener Lumineszenz-Messwerte sind drei Faktoren entscheidend:

Wahl eines empfindlichen Luminometers
Verwendung eines Plattenformats mit ausreichender Höhe zur Vermeidung einer Kreuzkontamination
Verwendung eines Luciferase-Substrats mit ausreichender Lichtausbeute zur Gewährleistung einer hinreichenden Empfindlichkeit und geringen Variabilität.

Vor der Prüfung sollte ein Kontrollversuch wie in Anlage 3 beschrieben durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die drei genannten Bedingungen erfüllt sind.

Nach einer Expositionsdauer von 48 Stunden mit der Prüfchemikalie und den Kontrollstoffen im KeratinoSensTM-Test werden die Zellen mit einer phosphatgepufferten Kochsalzlösung gewaschen. Ferner wird jeder Mulde der relevante Lysepuffer für Lumineszenzmessungen 20 Minuten bei Zimmertemperatur hinzugefügt.

Die Platten mit dem Zelllysat werden dann zur Messung in das Luminometer gestellt, das im KeratinoSensTM-Test wie folgt programmiert wird: i) Hinzufügen des Luciferase-Substrats zu jeder Mulde (d. h. 50 μl), ii) Abwarten von 1 Sekunde und iii) Integration der Luciferase-Aktivität für 2 Sekunden. Bei Verwendung anderer Einstellungen, z. B. je nach verwendetem Luminometermodell, sollten diese begründet werden. Darüber hinaus kann auch ein Glimmsubstrat verwendet werden, sofern der in Anlage 3 beschriebene Qualitätssicherungsversuch erfolgreich durchgeführt wird.

Bewertung der Zytotoxizität

Für den KeratinoSensTM-Zellviabilitätstest wird das Medium nach der Expositionsdauer von 48 Stunden durch frisches Medium ersetzt. Dieses Medium enthält MTT (3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-Diphenyltetrazoliumbromid, Thiazolylblau Tetrazoliumbromid; CAS Nr. 298-93-1) und Zellen, die 4 Stunden bei 37 1 °C in der Gegenwart von 5 % CO2 inkubiert wurden. Das MTT-Medium wird dann entfernt und die Zellen werden über Nacht lysiert (z. B. durch Hinzufügen von 10 %iger SDS-Lösung zu jeder Mulde). Nach dem Schütteln wird die Absorption bei 600 nm mit einem Photometer gemessen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Datenauswertung

Die folgenden Parameter werden im KeratinoSensTM-Test berechnet:

durchschnittliche maximal-fache Induktion der Luciferase-Aktivität (Imax), die bei jeder Konzentration der geprüften Chemikalie und Positivkontrolle beobachtet wurde;
EC1,5-Wert entsprechend der Konzentration, bei der die Induktion der Luciferase-Aktivität über der 1,5-fachen Schwelle liegt (d. h. um 50 % verstärkte Luciferase-Aktivität wurde erzielt); und
IC50- und IC30-Konzentrationswerte für eine Verringerung der Zellviabilität um 50 % und 30 %.
Die n-fache Induktion der Luciferase-Aktivität wird durch Gleichung 1 und die allgemeine maximal-fache Induktion (Imax) als Durchschnitt der einzelnen Wiederholungen berechnet.

Gleichung 1:

Dabei sind:

LProbe:Lumineszenz-Messwert in der Prüfchemikalien-Mulde
LLeer:Lumineszenz-Messwert in der leeren Mulde (ohne Zellen und Behandlung)
LLösungsmittel:durchschnittlicher Lumineszenz-Messwert in den Mulden, die Zellen und (Negativ-)Lösungsmittel-Kontrolle enthalten

EC1,5 wird durch lineare Interpolation anhand von Gleichung 2 und der EC1,5-Gesamtwert als geometrisches Mittel der einzelnen Wiederholungen berechnet.

Gleichung 2:

Dabei sind:

Ca:niedrigste Konzentration in μM bei > 1,5-facher Induktion
Cb:höchste Konzentration in μM bei < 1,5-facher Induktion
Ia:n-fache Induktion, gemessen bei der niedrigsten Konzentration bei > 1,5-facher Induktion (Mittel von drei Replikat-Mulden)
Ib:n-fache Induktion, gemessen bei der höchsten Konzentration bei < 1,5-facher Induktion (Mittel von drei Replikat-Mulden)

Die Viabilität wird durch Gleichung 3 berechnet:

Gleichung 3:

Dabei sind:

VProbe:MTT-Absorptions-Messwert in der Prüfchemikalien-Mulde
Vleer:MTT-Absorptions-Messwert in der leeren Mulde (ohne Zellen und Behandlung)
VLösungsmittel:durchschnittlicher MTT-Absorptions-Messwert in den Mulden, die Zellen und (Negativ-)Lösungsmittel-Kontrolle enthalten

IC50 und IC30 werden durch lineare Interpolation anhand von Gleichung 4 und die IC50- und IC30-Gesamtwerte als geometrisches Mittel der einzelnen Wiederholungen berechnet.

Gleichung 4:

Dabei sind:

X:prozentuale Verringerung bei der zu berechnenden Konzentration (50 und 30 bei IC50 und IC30)
Ca:niedrigste Konzentration in μM bei > x % Verringerung der Viabilität
Cb:höchste Konzentration in μM bei < x % Verringerung der Viabilität
Va:prozentuale Viabilität bei der niedrigsten Konzentration bei > x % Verringerung der Viabilität
Vb:prozentuale Viabilität bei der höchsten Konzentration bei < x % Verringerung der Viabilität

Für jede Konzentration, bei der die Induktion der Luciferase-Aktivität mehr als das 1,5-fache beträgt, wird die statistische Signifikanz berechnet (z. B. durch einen zweiseitigen Student-t-Test), wobei die Lumineszenzwerte für die drei Replikate mit den Lumineszenzwerten in den Mulden der (Negativ-)Lösungsmittel-Kontrolle verglichen werden, um zu ermitteln, ob die Induktion der Luciferase-Aktivität statistisch signifikant ist (p < 0,05). Die niedrigste Konzentration, bei der die Induktion der Luciferase-Aktivität mehr als das 1,5-fache beträgt, ist der Wert zur Bestimmung des EC1,5-Werts. Es wird in jedem Fall geprüft, ob dieser Wert unter dem IC30-Wert liegt, was darauf hindeutet, dass die Verringerung der Zellviabilität bei der bestimmenden Konzentration für den EC1,5-Wert weniger als 30 % beträgt.

Es wird empfohlen, die Daten anhand von Diagrammen visuell zu überprüfen. Wenn keine eindeutige Dosis-Wirkungs-Kurve beobachtet wird oder wenn die ermittelte Dosis-Wirkungs-Kurve pfadspezifisch ist (d. h. die Schwelle von 1,5 zweimal überschritten wird), sollte der Versuch wiederholt werden, um zu prüfen, ob dies für die Prüfchemikalie spezifisch oder auf einen Versuchsartefakt zurückzuführen ist. Falls die biphasige Wirkung in einem unabhängigen Versuch reproduziert werden kann, ist der niedrigere EC1,5-Wert (Konzentration, bei der die Schwelle von 1,5 erstmalig überschritten wird) anzugeben.

In den seltenen Fällen, in denen eine statistisch nicht signifikante Induktion über dem 1,5-fachen gefolgt von einer höheren Konzentration mit einer statistisch signifikanten Induktion beobachtet wird, werden die Ergebnisse aus dieser Wiederholung nur dann als gültig und positiv angesehen, wenn die statistisch signifikante Induktion über der Schwelle von 1,5 bei einer nicht zytotoxischen Konzentration ermittelt wurde.

Bei Prüfchemikalien, die bereits bei der niedrigsten Testkonzentration von 0,98 μM eine 1,5-fache oder höhere Induktion erzeugen, wird der EC1,5-Wert < 0,98 basierend auf der visuellen Überprüfung der Dosis-Wirkungs-Kurve festgelegt.

Akzeptanzkriterien

Bei der Verwendung des KeratinoSensTM-Tests sollten die folgenden Akzeptanzkriterien erfüllt werden. Erstens sollte die Induktion der Luciferase-Aktivität, die bei der Positivkontrolle (Zimtaldehyd) erzeugt wird, bei mindestens einer der geprüften Konzentrationen (4 bis 64 μM) statistisch signifikant über der Schwelle von 1,5 (z. B. bei Verwendung eines T-Tests) liegen.

Zweitens sollte der EC1,5-Wert innerhalb von zwei Standardabweichungen vom historischen Mittelwert der Prüfanstalt liegen (z. B. zwischen 7 μM und 30 μM basierend auf dem Validierungsdatensatz), der regelmäßig aktualisiert werden sollte. Darüber hinaus sollte die durchschnittliche Induktion in den drei Replikaten für Zimtaldehyd bei 64 μM zwischen 2 und 8 liegen. Ist letzteres Kriterium nicht erfüllt, sollte die Dosis-Wirkung von Zimtaldehyd sorgfältig überprüft werden. Tests sind nur dann akzeptabel, wenn die Dosis-Wirkungs-Beziehung eindeutig ist, wobei die Induktion der Luciferase-Aktivität bei zunehmenden Konzentrationen in der Positivkontrolle ansteigt.

Schließlich sollte der durchschnittliche Variationskoeffizient des Lumineszenz-Messwerts für die Negativ-(Lösungsmittel-)Kontrolle (DMSO) bei jeder Wiederholung, bestehend aus 6 dreifach geprüften Mulden, unter 20 % liegen. Liegt die Variabilität über diesem Wert, sollten die Ergebnisse ignoriert werden.

Interpretation der Ergebnisse und Vorhersagemodell

Eine KeratinoSensTM-Vorhersage wird als positiv betrachtet, wenn die folgenden vier Bedingungen alle bei 2 von 2 oder bei denselben 2 von 3 Wiederholungen erfüllt sind. Andernfalls wird die KeratinoSensTM-Vorhersage als negativ erachtet (Abbildung 1):

1.
Imax ist größer als (>) der 1,5-fache Wert und statistisch signifikant abweichend im Vergleich zur (Negativ-)Lösungsmittel-Kontrolle (wie durch einen zweiseitigen, unpaarigen Student-T-Test bestimmt);
2.
die Zellviabilität ist größer als (>) 70 % der niedrigsten Konzentration mit Induktion von Luciferase-Aktivität über dem 1,5-fachen Wert (d. h. bei bestimmender Konzentration für den EC1,5-Wert);
3.
der EC1,5-Wert ist kleiner als (<) 1 000  μM (oder < 200 μg/ml bei Prüfchemikalien ohne festgelegtes Molekulargewicht);
4.
es besteht eine augenscheinliche allgemeine Dosis-Wirkungs-Beziehung für die Induktion der Luciferase-Aktivität (oder eine biphasige Wirkung wie unter Nummer 33 erwähnt).

Wenn bei einer gegebenen Wiederholung die ersten drei Bedingungen erfüllt sind, jedoch keine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung für die Induktion der Luciferase-Aktivität beobachtet werden kann, ist das Ergebnis dieser Wiederholung als nicht aussagekräftig anzusehen, sodass eventuell weitere Prüfungen erforderlich sind (Abbildung 1). Zudem ist ein negatives Ergebnis bei Konzentrationen < 1 000  μM (oder < 200 μg/ml bei Prüfchemikalien ohne festgelegtes Molekulargewicht) ebenfalls als nicht aussagekräftig zu betrachten (siehe Nummer 11).

Abbildung 1

Vorhersagemodell des KeratinoSensTM-Tests. Eine KeratinoSensTM-Vorhersage sollte im Rahmen eines IATA sowie gemäß den Nummern 9 und 11 in Betracht gezogen werden

In seltenen Fällen können Prüfchemikalien, bei denen die Induktion der Luciferase-Aktivität sehr nahe bei zytotoxischen Werten erfolgt, in einigen Wiederholungen bei nicht zytotoxischen Werten (d. h. bestimmende Konzentration für den EC1,5-Wert unter (<) IC30) und in anderen Wiederholungen nur bei zytotoxischen Werten (d. h. bestimmende Konzentration für den EC1,5-Wert größer als (>) IC30) positiv sein. Solche Prüfchemikalien sind erneut im Rahmen einer sehr genauen Dosis-Wirkungs-Analyse unter Verwendung eines geringeren Verdünnungsfaktors (z. B. 1,33 oder Ö2 (= 1,41)-fache Verdünnung zwischen Mulden) zu prüfen, um festzustellen, ob die Induktion bei zytotoxischen Werten aufgetreten ist oder nicht (9).

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie

Einkomponentiger Stoff:

 

— chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS Bezeichnung(en), CAS-Nummer(n), SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel und/oder andere Kennungen;

— physikalisches Erscheinungsbild, Löslichkeit in Wasser, Löslichkeit in DMSO, Molekulargewicht und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, sofern verfügbar;

— Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar, usw.;

— Behandlung vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);

— geprüfte Konzentration(en);

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar.

Mehrkomponentiger Stoff, UVCB-Stoff und Gemisch:

 

— Charakterisierung, so weit wie möglich, z. B. durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), Reinheit, das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften (siehe oben) der einzelnen Komponenten, soweit verfügbar;

— physikalisches Erscheinungsbild, Löslichkeit in Wasser, Löslichkeit in DMSO und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, sofern verfügbar;

— Molekulargewicht oder scheinbares Molekulargewicht im Fall von Gemischen/Polymeren mit bekannter Zusammensetzung oder andere für die Durchführung der Studie relevante Informationen;

— Behandlung vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);

— geprüfte Konzentration(en);

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar.

Kontrollen

Positivkontrolle:

 

— Chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS Bezeichnung(en), CAS-Nummer(n), SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel und/oder andere Kennungen;

— physikalisches Erscheinungsbild, Löslichkeit in Wasser, Löslichkeit in DMSO, Molekulargewicht und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, sofern verfügbar und falls zutreffend;

— Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar, usw.;

— Behandlung vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);

— geprüfte Konzentration(en);

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar;

— ggf. Verweis auf historische Ergebnisse von Positivkontrollen, die geeignete Akzeptanzkriterien für einen Testdurchlauf dokumentieren.

Negativ-(Vehikel-)Kontrolle:

 

— Chemische Kennung, wie beispielsweise IUPAC- oder CAS-Bezeichnung(en), CAS-Nummer(n) und/oder sonstige Kennungen;

— Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar, usw.;

— physikalisches Erscheinungsbild, Molekulargewicht und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften, falls andere als die in dieser Prüfmethode genannten Negativkontrollen/Vehikel verwendet werden, und sofern verfügbar;

— Lagerbedingungen und Stabilität, soweit verfügbar;

— Begründung der Auswahl des Lösungsmittels für jede Prüfchemikalie.

Prüfbedingungen

Name und Anschrift des Auftraggebers, der Prüfanstalt und des Studienleiters;
Beschreibung der angewandten Prüfmethode;
verwendete Zelllinie, zugehörige Lagerbedingungen und Quelle (z. B. Einrichtung, von der sie gewonnen wurden);
Passagenzahl und Konfluenzwert der geprüften Zellen;
angewandte Zellzählungsmethode bei der Beimpfung vor der Prüfung und ergriffene Maßnahmen zur Gewährleistung einer homogenen quantitativen Verteilung der Zellen (siehe Nummer 20);
verwendetes Luminometer (z. B. Modell), einschließlich Geräteeinstellungen, verwendetes Luciferase-Substrat und Nachweis geeigneter Lumineszenzmessungen basierend auf der in Anlage 3 beschriebenen Kontrollprüfung;
angewandtes Verfahren zum Nachweis der Leistungsfähigkeit des Labors hinsichtlich der Durchführung der Prüfmethode (z. B. durch Prüfen von Leistungsstoffen) oder zum Nachweis der reproduzierbaren Durchführung der Prüfmethode im Zeitverlauf.

Prüfverfahren

Anzahl der Wiederholungen und verwendeten Replikate
Konzentrationen der Prüfchemikalie, Applikationsverfahren und angewandte Expositionsdauer (falls von den Empfehlungen abweichend)
Beschreibung der angewandten Bewertungs- und Entscheidungskriterien;
Beschreibung der angewandten Studienakzeptanzkriterien;
Beschreibung etwaiger Änderungen am Testverfahren.

Ergebnisse

Tabellarische Darstellung der Imax-, EC1,5- und Viabilitätswerte (d. h. IC50, IC30), die für die Prüfchemikalie und die Positivkontrolle bei jeder Wiederholung ermittelt wurden, sowie der Mittelwerte (Imax: Durchschnitt; EC1,5- und Viabilitätswerte: geometrisches Mittel) und Standardabweichung, die anhand der Daten aus allen einzelnen Wiederholungen berechnet wurden, und Angabe der Einstufung der Prüfchemikalie gemäß dem Vorhersagemodell;
ermittelter Variationskoeffizient bei den Lumineszenz-Messwerten für die Negativ-Kontrolle bei jedem Versuch;
Diagramm zur Darstellung der Dosis-Wirkungs-Kurven für die Induktion der Luciferase-Aktivität und Viabilität;
Beschreibung etwaiger sonstiger relevanter Beobachtungen, falls zutreffend.

Erörterung der Ergebnisse

Erörterung der Ergebnisse aus dem KeratinoSensTM-Test;
Analyse der Prüfergebnisse im Rahmen eines IATA, sofern sonstige relevante Informationen vorliegen.

Schlussfolgerung

LITERATURHINWEISE

(1) Vereinte Nationen (UN) (2013). Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), fünfte überarbeitete Ausgabe, UN New York und Genf, 2013. Verfügbar unter: http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_rev05/05files_e.html.

(2) OECD (2012). The Adverse Outcome Pathway for Skin Sensitisation Initiated by Covalent Binding to Proteins. Part 1: Scientific Evidence. OECD Environment, Health and Safety publications, Series on Testing and Assessment No. 168. OECD, Paris.

(3) Adler S., Basketter D., Creton S., Pelkonen O., van Benthem J., Zuang V., Andersen K.E., Angers-Loustau A., Aptula A., Bal-Price A., Benfenati E., Bernauer U., Bessems J., Bois F.Y., Boobis A., Brandon E., Bremer S., Broschard T., Casati S., Coecke S., Corvi R., Cronin M., Daston G., Dekant W., Felter S., Grignard E., Gundert-Remy U., Heinonen T., Kimber I., Kleinjans J., Komulainen H., Kreiling R., Kreysa J., Leite S.B., Loizou G., Maxwell G., Mazzatorta P., Munn S., Pfuhler S., Phrakonkham P., Piersma A., Poth A., Prieto P., Repetto G., Rogiers V., Schoeters G., Schwarz M., Serafimova R., Tähti H., Testai E., van Delft J., van Loveren H., Vinken M., Worth A., Zaldivar J.M. (2011). Alternative (non-animal) methods for cosmetics testing: current status and future prospects-2010. Archives of Toxicology 85, 367-485.

(4) Kapitel B.42 dieses Anhangs: Hautsensibilisierung: Lokaler Lymphknotentest.

(5) Kapitel B.6 dieses Anhangs: Sensibilisierung der Haut.

(6) Kapitel B.50 dieses Anhangs: Hautsensibilisierung: Lokaler Lymphknotentest: DA.

(7) Kapitel B.51 dieses Anhangs: Hautsensibilisierung: Lokaler Lymphknotentest: BrdU-ELISA.

(8) Natsch A. (2010). The Nrf2-Keap1-ARE Toxicity Pathway as a Cellular Sensor for Skin Sensitizers-Functional Relevance and Hypothesis on Innate Reactions to Skin Sensitizers. Toxicological Sciences 113, 284-292.

(9) Emter R., Ellis G., Natsch A. (2010). Performance of a novel keratinocyte-based reporter cell line to screen skin sensitizers in vitro. Toxicology and Applied Pharmacology 245, 281-290.

(10) Dinkova-Kostova A.T., Holtzclaw W.D., Kensler T.W. (2005). The role of Keap1 in cellular protective responses. Chem. Res. Toxicol. 18, 1779-1791.

(11) Kansanen E., Kuosmanen S.M., Leinonen H., Levonen A.L. (2013). The Keap1-Nrf2 pathway: Mechanisms of activation and dysregulation in cancer. Redox Biol. 1(1), 45-49.

(12) Natsch A., Bauch C., Foertsch L., Gerberick F., Normann K., Hilberer A., Inglis H., Landsiedel R., Onken S., Reuter H., Schepky A., Emter R. (2011). The intra- and inter-laboratory reproducibility and predictivity of the KeratinoSens assay to predict skin sensitizers in vitro: results of a ring-study in five laboratories. Toxicol. In Vitro 25, 733-744.

(13) Natsch A., Ryan C.A., Foertsch L., Emter R., Jaworska J., Gerberick G.F., Kern P. (2013). A dataset on 145 chemicals tested in alternative assays for skin sensitization undergoing prevalidation. Journal of Applied Toxicology, 33, 1337-1352.

(14) EURL-ECVAM (2014). Recommendation on the KeratinoSensTM assay for skin sensitisation testing, 42 ff. Verfügbar unter: http://ihcp.jrc.ec.europa.eu/our_labs/eurl-ecvam/eurl-ecvam-recommendations/recommendation-keratinosens-skin-sensitisation.

(15) DB-ALM (INVITTOX) (2013) Protocol 155: KeratinoSensTM., 17 ff. Verfügbar unter: http://ecvam-dbalm.jrc.ec.europa.eu/beta/index.cfm/methodsAndProtocols/index

(16) Natsch A., Emter R., Ellis G. (2009). Filling the concept with data: integrating data from different in vitro and in silico assays on skin sensitizers to explore the battery approach for animal-free skin sensitization testing. Toxicol. Sci. 107, 106-121.

(17) Ball N., Cagen S., Carrillo J.C., Certa H., Eigler D., Emter R., Faulhammer F., Garcia C., Graham C., Haux C., Kolle S.N., Kreiling R., Natsch A., Mehling A. (2011). Evaluating the sensitization potential of surfactants: integrating data from the local lymph node assay, guinea pig maximization test, and in vitro methods in a weight-of-evidence approach. Regul. Toxicol. Pharmacol., 60, 389-400.

(18) Bauch C., Kolle S.N., Ramirez T., Eltze T., Fabian E., Mehling A., Teubner W., van Ravenzwaay B., Landsiedel R. (2012). Putting the parts together: combining in vitro methods to test for skin sensitizing potentials. Regul. Toxicol. Pharmacol., 63, 489-504.

(19) Jaworska J., Dancik Y., Kern P., Gerberick F., Natsch A. (2013). Bayesian integrated testing strategy to assess skin sensitization potency: from theory to practice. J Appl Toxicol. 33, 1353-1364.

(20) Andres E., Sa-Rocha V.M., Barrichello C., Haupt T., Ellis G., Natsch A. (2013). The sensitivity of the KeratinoSensTM assay to evaluate plant extracts: A pilot study. in Toxicology in Vitro, 27, 1220-1225.

(21) Fabian E., Vogel D., Blatz V., Ramirez T., Kolle S., Eltze T., van Ravenzwaay B., Oesch F., Landsiedel R. (2013). Xenobiotic metabolizin enzyme activities in cells used for testing skin sensitization in vitro. Arch. Toxicol. 87, 1683-1969.

(22) Thorne N., Inglese J., Auld D.S. (2010). Illuminating Insights into Firefly Luciferase and Other Bioluminescent Reporters Used in Chemical Biology. Chemistry and Biology 17, 646-657.

(23) OECD (2012). BG1Luc Estrogen Receptor Transactivation Test Method for Identifying Estrogen Receptor Agonists and Antagonists. OECD Guidelines for Chemical Testing No. 457. OECD, Paris.

(24) ECETOC (2003). Contact sensitization: Classification according to potency. European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals (Technical Report Nr. 87).

(25) Gildea L.A., Ryan C.A., Foertsch L.M., Kennedy J.M., Dearman R.J., Kimber I., Gerberick G.F. (2006). Identification of gene expression changes induced by chemical allergens in dendritic cells: opportunities for skin sensitization testing. J. Invest. Dermatol., 126, 1813-1822.

(26) Ryan C.A., Gildea L.A., Hulette B.C., Dearman R.J., Kimber I., Gerberick G.F. (2004). Gene expressing changes in peripheral blood-derived dendritic cells following exposure to a contact allergen. Toxicol. Lett. 150, 301-316.

(27) Emter R., van der Veen J.W., Adamson G., Ezendam J., van Loveren H., Natsch A. (2013). Gene expression changes induced by skin sensitizers in the KeratinoSens™ cell line: Discriminating Nrf2-dependent and Nrf2-independent events. Toxicol. in vitro 27, 2225-2232.

(28) OECD (2015). Performance Standards for assessment of proposed similar or modified in vitro skin sensitisation ARE-Nrf2 luciferase test methods. OECD Environment, Health and Safety publications, Series on Testing and Assessment No. 213, OECD, Paris.

(29) OECD (2005). Guidance Document on the Validation and International Acceptance of New or Updated Test Methods for Hazard Assessment. OECD Environment, Health and Safety publications, Series on Testing and Assessment No. 34. OECD, Paris, Frankreich.

(30) NAFTA (North American Free Trade Agreement) (2012). Technical Working Group on Pesticides — (Quantitative) Structure Activity Relationship ((Q)SAR) Guidance Document. 186 S. http://www.epa.gov/oppfead1/international/naftatwg/guidance/qsar-guidance.pdf

Anlage 1

DEFINITIONEN

AOP (Adverse Outcome Pathway) : Abfolge von Vorgängen, ausgehend von der chemischen Struktur einer Zielchemikalie oder Zielgruppe ähnlicher Chemikalien, über den molekularen auslösenden Vorgang bis hin zu einem In-vivo-Ergebnis von Interesse (2).

ARE : Antioxidant Response Element (auch als EpRE (elektrophile Response Element) bezeichnet), ist ein Response-Element, das in der vorgelagerten Promoterregion vieler zytoprotektiven und Phase-II-Gene anzutreffen ist. Bei Aktivierung durch Nfr2 steuert es die transkriptionelle Induktion dieser Gene.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

EC1,5 : Interpolierte Konzentration bei einer 1,5-fachen Induktion der Luciferase-Aktivität.

Einkomponentiger Stoff : Ein nach seiner quantitativen Zusammensetzung definierter Stoff, bei dem ein Hauptbestandteil in einer Konzentration von mindestens 80 % w/w vorhanden ist.

Empfindlichkeit : Anteil aller positiven/aktiven Chemikalien, die durch die Prüfmethode korrekt klassifiziert werden. Dies ist ein Maß der Genauigkeit für eine Prüfmethode, die zu kategorischen Ergebnissen führt, und ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung der Relevanz einer Prüfmethode (29).

Gefahr : Inhärente Eigenschaft eines Stoffes oder eines Umfelds mit dem Potenzial, einen Organismus, ein System oder eine (Sub)population bei Exposition gegenüber diesem Stoff zu schädigen.

Gemisch : Gemisch oder Lösung aus zwei oder mehr Stoffen, die nicht miteinander reagieren (1).

Genauigkeit : Der Grad der Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und anerkannten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der „Relevanz“. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode (29).

Globales Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN-GHS) : Ein System zur Klassifizierung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) nach standardisierten Typen und Stufen physikalischer, gesundheitlicher und ökologischer Gefahren und zur entsprechenden Kennzeichnung durch Piktogramme, Signalwörter, Gefahrenhinweise, Sicherheitshinweise und Sicherheitsdatenblätter, um zum Schutz des Menschen (einschließlich Arbeitgeber, Arbeiter, Spediteure, Verbraucher und Notfall-Einsatzkräfte) und der Umwelt Informationen über die schädlichen Wirkungen der betreffenden Chemikalien zu verbreiten (1).

Gültige Prüfmethode : Eine Prüfmethode, die eine ausreichende Relevanz und Zuverlässigkeit für einen bestimmten Zweck aufweist und auf wissenschaftlich fundierten Grundsätzen beruht. Eine Prüfmethode ist niemals gültig im absoluten Sinn, sondern nur in Bezug auf einen festgelegten Zweck (29).

IATA (Integrated Approach to Testing and AssessmentIntegrierter Test- und Bewertungsansatz) : Strukturierter Ansatz zur Gefahrenidentifizierung (Potenzial), Gefahrencharakterisierung (Potenz) und/oder Sicherheitsbewertung (Potenzial/Potenz und Exposition) einer Chemikalie oder Chemikaliengruppe, bei dem alle maßgeblichen Daten strategisch integriert und gewichtet werden, um als Grundlage für fundierte regulatorische Entscheidungen über potenzielle Gefahren und/oder Risiken und/oder die Notwendigkeit weiterer gezielter und somit minimaler Testungen herangezogen zu werden.

IC30 : Konzentration, die eine Verringerung der Zellviabilität um 30 % bewirkt.

IC50 : Konzentration, die eine Verringerung der Zellviabilität um 50 % bewirkt.

Imax : Maximaler Induktionsfaktor der Luciferase-Aktivität im Vergleich zur (Negativ-)Lösungsmittel-Kontrolle bei jeder Prüfchemikalienkonzentration.

Keap1 : Kelch-like ECH-associated protein 1 ist ein Sensorprotein, durch das die Nrf2-Aktivität reguliert werden kann. Unter nicht induzierten Bedingungen wirkt das Keap1-Sensorprotein auf den Transkriptionsfaktor Nrf2 für eine Ubiquitinylierung und den proteolytischen Abbau im Proteasom ein. Die kovalente Modifizierung der reaktiven Cysteinreste von Keap1 durch kleine Moleküle kann zur Nrf2-Dissoziation von Keap1 führen (8) (10) (11)).

Lösungsmittel-/Vehikelkontrolle : Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems, einschließlich des verwendeten Lösungsmittels, jedoch außer der Prüfchemikalie, enthält. Dies wird verwendet, um die Referenzreaktion für die mit der Prüfchemikalie behandelten Proben, die im selben Lösungsmittel aufgelöst wurden, zu bestimmen.

Mehrkomponentiger Stoff : Ein nach seiner quantitativen Zusammensetzung definierter Stoff, bei dem mehr als ein Hauptbestandteil in einer Konzentration von mindestens ≥ 10 % w/w und < 80 % w/w vorhanden sind. Ein mehrkomponentiger Stoff ist das Ergebnis eines Herstellungsprozesses. Der Unterschied zwischen einem Gemisch und einem mehrkomponentigen Stoff besteht darin, dass ein Gemisch durch die Mischung von zwei oder mehr Stoffen ohne chemische Reaktion entsteht. Ein mehrkomponentiger Stoff wird durch eine chemische Reaktion gebildet.

Nrf2 : Nuclear factor (erythroid-derived 2)-like 2 ist ein Transkriptionsfaktor, der am Antioxidant Response Pathway beteiligt ist. Wenn Nrf2 nicht ubiquitinyliert ist, baut es sich im Zytoplasma auf und transloziert in den Kern, wo es sich mit dem ARE in der vorgelagerten Promoterregion vieler zytoprotektiven Gene vereint, wobei deren Transkription initiiert wird (8) (10) (11).

Positivkontrolle : Ein Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält und mit einem Stoff behandelt wird, der bekanntermaßen eine positive Reaktion hervorruft. Um sicherzustellen, dass Abweichungen bei der Positivkontrollreaktion im Zeitverlauf bewertet werden können, sollte die Reaktion nicht zu heftig sein.

Prüfchemikalie : Der Begriff „Prüfchemikalie“ bezeichnet das, was getestet wird.

Relevanz : Beschreibung der Beziehung zwischen dem Test und der untersuchten Wirkung und ob der Test aussagekräftig und nützlich für einen bestimmten Zweck ist. Die Relevanz gibt an, inwieweit der Test die untersuchte biologische Wirkung richtig misst oder vorhersagt. Sie beinhaltet die Prüfung der Genauigkeit (Übereinstimmung) einer Prüfmethode (29).

Reproduzierbarkeit : Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen, die bei Prüfungen der gleichen Chemikalie bei einheitlichem Protokoll erzielt werden (siehe Zuverlässigkeit) (29).

Spezifität : Anteil aller negativen/inaktiven Chemikalien, die durch die Prüfmethode korrekt klassifiziert werden. Dies ist ein Maß der Genauigkeit für eine Prüfmethode, die zu kategorischen Ergebnissen führt, und ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung der Relevanz einer Prüfmethode (29).

Stoff : Chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder durch ein Produktionsverfahren hergestellt, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung entstehenden Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können (1).

UVCB : Stoffe mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

Variationskoeffizient : Kennwert der Varianz. Er wird für eine Gruppe replizierter Daten mittels Division der Standardabweichung durch den Mittelwert berechnet. Multipliziert mit 100 ergibt sich ein Prozentwert.

Zuverlässigkeit : Maß der Reproduzierbarkeit einer Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien über einen längeren Zeitraum und bei einheitlichem Protokoll. Die Zuverlässigkeit wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und Intralabor-Wiederholbarkeit bewertet (29).

Anlage 2

LEISTUNGSSTOFFE

In-vitro-Hautsensibilisierung: ARE-Nrf2 Luciferase-Prüfmethode

Vor der routinemäßigen Anwendung dieser Prüfmethode sollten Labors ihre technische Leistungsfähigkeit demonstrieren, indem sie die erwartete KeratinoSens™-Vorhersage für die in Tabelle 1 empfohlenen 10 Leistungsstoffe korrekt ermitteln und die EC1,5- und IC50-Werte, die in den betreffenden Referenzbereich fallen, bei mindestens 8 der 10 Leistungsstoffe bestimmen. Diese Leistungsstoffe wurden so ausgewählt, dass sie die Bandbreite von Reaktionen im Hinblick auf die Gefahr einer Hautsensibilisierung repräsentieren. Weitere Auswahlkriterien waren kommerzielle Verfügbarkeit, Verfügbarkeit hochwertiger In-vivo-Referenzdaten und Verfügbarkeit hochwertiger In-vitro-Daten aus dem KeratinoSensTM-Test.



Tabelle 1

Empfohlene Stoffe zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit beim KeratinoSensTM-Test

LeistungsstoffeCAS-Nr.Physikali-scher ZustandIn-vivo-Vorhersage (2)KeratinoSensTM Vorhersage (2)EC1,5 (μM)-Referenz-bereich (3)IC50 (μM)-Referenz-bereich (3)
Isopropanol67-63-0flüssigNicht-sensibilisatornegativ> 1 000 > 1 000
Salicylsäure69-72-7festNicht-sensibilisatornegativ> 1 000 > 1 000
Milchsäure50-21-5flüssigNicht-sensibilisatornegativ> 1 000 > 1 000
Glyzerin56-81-5flüssigNicht-sensibilisatornegativ> 1 000 > 1 000
Zimtalkohol104-54-1festAllergen (schwach)positiv25 - 175> 1 000
Ethylenglykoldimethacrylat97-90-5flüssigAllergen (schwach)positiv5 - 125> 500
2-Mercaptobenzothiazol149-30-4festAllergen (mäßig)positiv25 - 250> 500
Methyldibromglutaronitril35691-65-7festAllergen (stark)positiv< 2020 - 100
4-Methylaminophenolsulfat55-55-0festAllergen (stark)positiv< 12,520 - 200
2,4-Dinitrochlorbenzol97-00-7festAllergen (extrem)positiv< 12,55 - 20

(1)   Die Vorhersagen der In-vivo-Gefahr (und Potenz) basieren auf LLNA-Daten (13). Die In-vivo-Potenz wird unter Anwendung der von ECETOC vorgeschlagenen Kriterien abgeleitet (24).

(2)   Eine KeratinoSensTM-Vorhersage sollte im Rahmen eines IATA sowie gemäß den Nummer 9 und 11 dieser Prüfmethode in Betracht gezogen werden.

(3)   Basierend auf den historischen beobachteten Werten (12).

Anlage 3

QUALITÄTSKONTROLLE BEI LUMINESZENZMESSUNGEN

Grundlagenversuch zur Gewährleistung optimaler Lumineszenzmessungen im KeratinoSensTM-Test

Die drei folgenden Parameter sind von maßgeblicher Bedeutung, um zuverlässige Ergebnisse beim Luminometer zu erhalten:

ausreichende Empfindlichkeit für einen stabilen Background in den Kontrollmulden;
kein Gefälle entlang der Platte aufgrund langer Messzeiten;
keine Lichtkontamination in benachbarten Zellen ausgehend von stark aktiven Mulden.

Vor der Prüfung sollte durch Prüfung eines Kontroll-Plattenaufbaus, wie unten beschrieben, sichergestellt werden, dass geeignete Lumineszenzmessungen durchgeführt werden können (Dreifachanalyse).

Plattenaufbau des ersten Kontrollversuchs



123456789101112
ADMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSO
BDMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSO
CDMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSO
DEGDMA 0,98EGDMA 1,95EGDMA 3,9EGDMA 7,8EGDMA 15,6EGDMA 31,25EGDMA 62,5EGDMA 125EGDMA 250EGDMA 500EGDMA 1000EGDMA 2000
EDMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSO
FDMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSO
GDMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSODMSO
HDMSODMSODMSODMSODMSODMSOCA 4CA 8CA 16CA 32CA 64Leer

EGDMA = Ethylenglykoldimethacrylat (CAS Nr.: 97-90-5), eine stark induzierende Chemikalie

CA = Zimtaldehyd, positive Referenz (CAS Nr.: 104-55-2)

Bei der Qualitätskontrollanalyse sollte Folgendes nachgewiesen werden:

eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung in Zeile D, wobei Imax > 20-facher Wert über Background (in den meisten Fällen werden Imax-Werte zwischen 100 und 300 erreicht);
keine Dosis-Wirkungs-Beziehung in Zeile C und E (kein Induktionswert über 1,5 (idealerweise nicht über 1,3) aufgrund möglicher Lichtkontamination, insbesondere neben stark aktiven Mulden in der EGDMA-Zeile);
kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Zeilen A, B, C, E, F und G (d. h. kein Gefälle entlang der Platte);
die Variabilität in einer der Zeilen A, B, C, E, F und G sowie in den DMSO-Mulden in Zeile H sollte unter 20 % liegen (d. h. stabiler Background).

B.61   FLUORESCEIN-LECKAGE-PRÜFMETHODE ZUR IDENTIFIZIERUNG VON STOFFEN MIT AUGENVERÄTZENDER UND STARK AUGENREIZENDER WIRKUNG

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 460 (2012). Bei der Fluorescein-Leckage-Prüfmethode handelt es sich um eine In-vitro-Prüfmethode, die unter bestimmten Umständen und mit bestimmten Einschränkungen zur Einstufung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) als Stoffe mit augenverätzender und stark augenreizender Wirkung gemäß Definition im Globalen Harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) der Vereinten Nationen (UN-GHS) (Kategorie 1), in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen  (CLP) (Kategorie 1) und durch die US-Umweltschutzbehörde (EPA) (Kategorie I) eingesetzt werden kann (1) (2). Im Sinne dieser Prüfmethode sind Stoffe mit stark augenreizender Wirkung als Chemikalien definiert, die nach Applikation eine Gewebeschädigung im Auge verursachen, die nicht innerhalb von 21 Tagen ausheilt, oder eine massive Verschlechterung des Sehvermögens auslösen, während Stoffe mit augenverätzender Wirkung als Chemikalien definiert sind, die eine irreversible Gewebeschädigung im Auge verursachen. Diese Chemikalien werden in UN-GHS-Kategorie 1, EU-CLP-Kategorie 1 oder US-EPA-Kategorie I eingestuft.

Obwohl die FL-Prüfmethode den In-vivo-Kaninchenaugentest nicht absolut ersetzen kann, wird sie als Teil einer gestuften Prüfstrategie zu gesetzgeberischen Einstufungs- und Kennzeichnungszwecken empfohlen. Somit wird die FL-Prüfmethode als erster Schritt innerhalb eines Top-Down-Ansatzes zur Identifizierung von Stoffen mit augenverätzender und stark augenreizender Wirkung, insbesondere bei bestimmten Arten von Chemikalien (z. B. wasserlösliche Stoffe und Gemische), empfohlen (3) (4).

Gegenwärtig herrscht allgemeines Einvernehmen darüber, dass der In-vivo-Augentest (TM B.5 (5)) in absehbarer Zukunft nicht durch einen einzigen In-vitro-Augenreizungstest ersetzt werden kann, der in der Lage ist, das gesamte Spektrum an Reizungen für verschiedene Chemikalienklassen vorherzusagen. Allerdings kann der In-vivo-Augentest eventuell durch strategische Kombination verschiedener alternativer Prüfmethoden im Rahmen einer (gestuften) Prüfstrategie ersetzt werden (4). Der Top-Down-Ansatz (4) sollte zum Einsatz kommen, wenn die vorliegenden Informationen darauf schließen lassen, dass eine Chemikalie ein hohes Reizungspotenzial besitzt.

Basierend auf dem Vorhersagemodell unter Nummer 35 können durch die FL-Prüfmethode Chemikalien innerhalb eines begrenzten Anwendungsbereichs ohne weitere Testung als Stoffe mit augenverätzender oder stark augenreizender Wirkung (UN-GHS Kategorie 1, EU-CLP-Kategorie 1, US-EPA-Kategorie I) identifiziert werden. Gleiches wird für Gemische angenommen, obwohl Gemische bei der Validierung nicht verwendet wurden. Daher kann mithilfe der FL-Prüfmethode die augenverätzende/-reizende Wirkung von Chemikalien entsprechend der sequenziellen Prüfstrategie TM B.5 bestimmt werden (5). Jedoch müsste eine Chemikalie, die nach der FL-Prüfmethode nicht als Stoff mit augenverätzender oder stark augenreizender Wirkung vorhergesagt wurde, mit einer oder mehreren weiteren Prüfmethoden (in vitro und/oder in vivo) geprüft werden, mit denen folgende Chemikalien identifiziert werden können: i) Chemikalien, die nach der FL-Prüfmethode in vitro falsch-negative Stoffe mit augenverätzender/-reizender Wirkung sind (UN-GHS Kategorie 1, EU-CLP-Kategorie 1, US-EPA-Kategorie I); ii) Chemikalien, die nicht als augenverätzend/-reizend eingestuft sind (UN-GHS „Keine Einstufung“ , EU-CLP „Keine Einstufung“ , US-EPA-Kategorie IV); und/oder iii) Chemikalien, die als Stoffe mit leichter/mäßiger augenreizender Wirkung eingestuft sind (UN-GHS-Kategorien 2A und 2B, EU-CLP-Kategorie 2, US-EPA-Kategorien II und III).

Diese Prüfmethode beschreibt die Verfahrensschritte für die Beurteilung der potenziellen augenverätzenden oder -reizenden Wirkung einer Prüfchemikalie, gemessen als ihre Fähigkeit, an einem impermeablen, konfluenten epithelialen Monolayer eine Schädigung hervorzurufen. Die Integrität der transepithelialen Permeabilität ist eine wichtige Funktion eines Epithels, das beispielsweise in der Bindehaut und Hornhaut zu finden ist. Die transepitheliale Permeabilität wird durch verschiedene undurchlässige Verbindungen (Tight Junctions) kontrolliert. Es wurde nachgewiesen, dass eine Zunahme der Permeabilität des Hornhautepithels in vivo mit der Entzündungsaktivität und Oberflächenschädigung, die mit fortschreitender Augenreizung zu beobachten sind, im Zusammenhang steht.

In der FL-Prüfmethode werden die toxischen Wirkungen nach kurzer Exposition gegenüber der Prüfchemikalie anhand einer Zunahme der Permeabilität für Fluorescein-Natrium durch das epitheliale Monolayer von Madin-Darby Canine Kidney (MDCK)-Zellen, die auf permeablen Inserts kultiviert werden, bestimmt. Die auftretende Fluorescein-Leckage ist proportional zu der von der Chemikalie induzierten Schädigung an den Tight Junctions, desmosomalen Verbindungen und Zellmembranen. Anhand der Leckagemenge kann das augentoxische Potenzial einer Prüfchemikalie geschätzt werden. Anlage 1 zeigt ein Diagramm von auf einer Insertmembran kultivierten Zellen für die FL-Prüfmethode.

Definitionen sind Anlage 2 zu entnehmen.

VORBEMERKUNGEN UND EINSATZGRENZEN

Diese Prüfmethode basiert auf dem INVITTOX-Protokoll Nr. 71 (6), das in einer internationalen Validierungsstudie des Europäischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden (ECVAM) in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) und dem Japanese Center for the Validation of Alternative Methods (JaCVAM) bewertet wurde.

Die FL-Prüfmethode wird weder zur Identifizierung von Chemikalien empfohlen, die als Chemikalien mit leichter/mäßiger Reizwirkung eingestuft werden sollten, noch von Chemikalien, die nicht als augenreizend eingestuft werden sollten (Stoffe und Gemische) (d. h. GHS-Kat. 2A/2B, „keine Einstufung“ ; EU-CLP-Kat. 2, „keine Einstufung“ ; US-EPA-Kat. II/III/IV), wie durch die Validierungsstudie nachgewiesen (3) (7).

Die Prüfmethode ist nur an wasserlöslichen Chemikalien (Stoffen und Gemischen) anwendbar. Durch die FL-Prüfmethode wird das stark augenreizende Potenzial von Chemikalien, die wasserlöslich sind und/oder bei denen die toxische Wirkung nicht durch Verdünnung verändert wird, in der Regel exakt vorhergesagt (7). Um eine Chemikalie als wasserlöslich unter Versuchsbedingungen einzustufen, sollte sie in einer sterilen calciumhaltigen (mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM), phenolrotfreien Hanks-Salzlösung (Hanks' Balanced Salt Solution, HBSS) mit einer Konzentration von ≥ 250 mg/ml löslich sein (eine Dosis über der Schwelle von 100 mg/ml). Ist die Prüfchemikalie jedoch unter der Konzentration 100 mg/ml löslich, bewirkt aber bereits eine FL-Induktion von 20 % bei dieser Konzentration (was bedeutet: FL20 < 100 mg/ml), kann sie dennoch in GHS-Kat. 1 oder EPA-Kat. I eingestuft werden.

Aufgrund der anerkannten Einsatzgrenzen dieser Prüfmethode sind starke Säuren und Basen, Zellfixierlösungen und stark flüchtige Chemikalien aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen. Diese Chemikalien weisen Mechanismen auf, die von der FL-Prüfmethode nicht gemessen werden, z. B. übermäßige Koagulation, Verseifung oder spezifische chemische Reaktionen. Andere anerkannte Einsatzgrenzen dieser Methode beruhen auf den Ergebnissen der Vorhersagefähigkeit bei gefärbten und viskosen Prüfchemikalien (7). Es ist zu beachten, dass beide Arten von Chemikalien nach kurzer Expositionsdauer schwer aus dem Monolayer zu entfernen sind und dass die Vorhersagefähigkeit der Prüfmethode verbessert werden könnte, wenn eine größere Anzahl von Spülschritten verwendet wird. Feste, in Flüssigkeit suspendierte Chemikalien neigen zu Ausfällung und die Endkonzentration, der die Zellen ausgesetzt sind, kann schwer zu bestimmen sein. Durch Ausschluss von Chemikalien dieser chemischen und physikalischen Klassen aus der Datenbank wird die Genauigkeit der FL-Prüfmethode bei den EU-, EPA- und GHS-Klassifizierungssystemen erheblich verbessert (7).

Basierend auf dem Zweck dieser Prüfmethode (Identifizierung von Stoffen mit augenverätzender und stark augenreizender Wirkung) sind Falsch-Negativ-Raten (siehe Nummer 13) unkritisch, da solche Chemikalien anschließend, je nach den gesetzlichen Anforderungen und unter Verwendung einer sequenziellen Prüfstrategie mit einem evidenzbasierten Bewertungsansatz (weight-of-evidence approach) (5) im Rahmen anderer angemessen validierter In-vitro-Tests oder an Kaninchen geprüft werden (siehe auch Nummern 3 und 4).

Andere anerkannte Einsatzgrenzen der FL-Prüfmethode beruhen auf Falsch-Negativ- und Falsch-Positiv-Raten. Bei Einsatz als erster Schritt innerhalb eines Top-Down-Ansatzes zur Identifizierung von wasserlöslichen Stoffen und Gemischen mit augenverätzender oder stark augenreizender Wirkung (UN-GHS-Kategorie 1, EU-CLP-Kategorie 1, US-EPA-Kategorie I) lag die Falsch-Positiv-Rate der FL-Prüfmethode im Bereich von 7 % (7/103; UN-GHS und EU-CLP) bis 9 % (9/99; US-EPA) und die Falsch-Negativ-Rate im Bereich von 54 % (15/28; US-EPA) bis 56 % (27/48; UN-GHS und EU-CLP) im Vergleich zu den In-vivo-Ergebnissen. Chemikaliengruppen, die bei der FL-Prüfmethode zu Falsch-Positiv- und/oder Falsch-Negativ-Ergebnissen führen, werden hier nicht definiert.

Einige technische Einsatzgrenzen sind für die MDCK-Zellkultur spezifisch. Die Tight Junctions, die die Passage des Fluorescein-Natrium-Farbstoffs durch den Monolayer hemmen, werden mit steigender Zellpassagenzahl zunehmend beschädigt. Die unvollständige Ausbildung der Tight Junctions führt zu einer verstärkten Fluorescein-Leckage in der unbehandelten Kontrolle. Daher muss eine zulässige maximale Leckage in den unbehandelten Kontrollen festgelegt werden (siehe Nummer 38: 0 % Leckage). Wie bei allen In-vitro-Tests besteht die potenzielle Möglichkeit, dass die Zellen im Laufe der Zeit eine Transformation durchlaufen, sodass die Passagenzahlbereiche für die Tests unbedingt angegeben werden müssen.

Der gegenwärtige Anwendungsbereich könnte in einigen Fällen ausgedehnt werden, aber erst nach Analyse eines erweiterten Datenbestands von untersuchten Prüfchemikalien, der vorzugsweise durch Testung zusammengetragen wurde (3). Diese Prüfmethode wird regelmäßig aktualisiert, um neue Informationen und Daten zu berücksichtigen.

Laboratorien, die diese Prüfmethode erstmals anwenden, sollen die in Anlage 3 genannten Leistungschemikalien verwenden. Laboratorien können diese Chemikalien verwenden, um ihre technische Kompetenz zur Durchführung der FL-Prüfmethode nachzuweisen, bevor sie FL-Testdaten zum Zwecke der vorschriftsmäßigen Gefahrenklassifizierung einreichen.

TESTPRINZIP

Die FL-Prüfmethode ist ein zellbasierter In-vitro-Zytotoxizitätstest an einem konfluenten Monolayer von tubulären MDCK CB997-Epithelzellen, die auf semipermeablen Inserts kultiviert wurden und den nicht proliferierenden Zustand des In-vivo-Hornhautepithels abbilden. Die MDCK-Zelllinie ist gründlich erprobt und bildet Tight Junctions und desmosomale Verbindungen, die mit denjenigen auf der apikalen Seite des Bindehaut- und Hornhautepithels vergleichbar sind. Die Tight Junctions und desmosomalen Verbindungen verhindern in vivo, dass gelöste Stoffe und Fremdstoffe das Hornhautepithel durchdringen. Der Verlust der transepithelialen Impermeabilität aufgrund beschädigter Tight Junctions und desmosomaler Verbindungen ist eines der ersten Anzeichen einer chemikalieninduzierten Augenreizung.

Die Prüfchemikalie wird auf den konfluenten Zellenlayer auf der apikalen Seite des Inserts appliziert. Eine kurze Expositionsdauer von einer Minute wird routinemäßig angewandt, um die normale Ausscheidungsrate bei Exposition am Menschen widerzuspiegeln. Ein Vorteil der kurzen Expositionsdauer ist, dass wasserbasierte Stoffe und Gemische unverdünnt getestet werden können, falls sie nach der Expositionsdauer einfach zu entfernen sind. Dies ermöglicht einen direkteren Vergleich der Ergebnisse mit den Wirkungen der Chemikalie beim Menschen. Die Prüfchemikalie wird dann entfernt und der nicht toxische, stark fluoreszierende Fluorescein-Natrium-Farbstoff wird 30 Minuten lang auf die apikale Seite des Monolayers appliziert. Die von der Prüfchemikalie hervorgerufene Schädigung an den Tight Junctions wird anhand der Fluorescein-Menge bestimmt, die während einer festgelegten Zeitdauer durch die Zellschicht dringt.

Die Menge an Fluorescein-Natrium-Farbstoff, die durch den Monolayer und die Insertmembran in eine festgelegte Lösungsmenge in der Mulde (in die der Fluorescein-Natrium-Farbstoff durchtritt) gelangt, wird durch spektrofluorometrische Messung der Fluorescein-Konzentration in der Mulde bestimmt. Die Menge der Fluorescein-Leckage (FL) wird bezogen auf die gemessene Fluoreszenzintensitität (FI) aus zwei Kontrollen berechnet: einer Blindkontrolle und einer Maximal-Leckage-Kontrolle. Der Leckageprozentsatz und somit das Ausmaß der Schädigung an den Tight Junctions wird bezogen auf diese Kontrollen für jede der festgelegten Konzentrationen der Prüfchemikalie bestimmt. Dann wird der FL20-Wert (d. h. die Konzentration, bei der es zu 20 % FL relativ zu dem erfassten Wert für den unbehandelten konfluenten Monolayer und Inserts ohne Zellen kommt) berechnet. Der FL20-Wert (mg/ml) wird im Vorhersagemodell zur Identifizierung von Stoffen mit augenverätzender und schwer augenreizender Wirkung verwendet (siehe Nummer 35).

Der Erholungsfaktor ist ein wichtiger Teil des Toxizitätsprofils einer Prüfchemikalie, der auch im In-vivo-Augenreizungstest bewertet wird. Vorläufige Analysen haben ergeben, dass Daten zur Erholung (bis zu 72 h nach Exposition gegenüber der Chemikalie) die Vorhersagekapazität des INVITTOX-Protokolls 71 potenziell verbessern könnten, jedoch ist eine weitergehende Bewertung erforderlich, bei der zusätzliche, vorzugsweise aus weiteren Prüfungen ermittelte Daten von Vorteil wären (6). Diese Prüfmethode wird regelmäßig aktualisiert, um neue Informationen und Daten zu berücksichtigen.

VERFAHREN

Vorbereitung des Zellmonolayers

Das MDCK CB997-Zellmonolayer wird unter Verwendung von subkonfluenten Zellen hergestellt, die in Zellkulturflaschen in DMEM/F12-Nährstoffmischung (1x-Konzentrat mit L-Glutamin, 15 mM HEPES, Calcium (mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM) und 10 % hitzeinaktiviertem FCS/FBS) kultiviert wurden. Wichtig ist, dass alle Medien/Lösungen, die im FL-Test verwendet werden, Calcium mit einer Konzentration zwischen 1,8 mM (200 mg/l) und 1,0 mM (111 mg/l) enthalten, um die Bildung und Integrität der Tight Junctions sicherzustellen. Die Anzahl der Zellpassagen sollte Gegenstand einer Kontrolle sein, damit eine gleichmäßige und reproduzierbare Bildung der Tight Junctions gewährleistet ist. Vorzugsweise sollten Zellen verwendet werden, die nach 3-30 Passagen ab dem Auftauen gewonnen wurden, da Zellen in diesem Bereich eine ähnliche Funktionalität aufweisen, was zur Reproduzierbarkeit der Testergebnisse beiträgt.

Vor Durchführung der FL-Prüfmethode werden die Zellen durch Trypsinisation aus der Flasche entnommen und zentrifugiert. Eine geeignete Menge an Zellen wird in die Inserts von 24-Mulden-Platten ausgesät (siehe Anlage 1). Zum Aussäen der Zellen sollten Inserts (12 mm Durchmesser) mit einer Zellulosemischester-Membran, einer Dicke von 80-150 μm und einer Porengröße von 0,45 μm verwendet werden. In der Validierungsstudie wurden Millicell-HA-Inserts (12 mm) verwendet. Die Eigenschaften des Insert- und Membrantyps sind wichtig, da sich diese auf das Zellwachstum und die Bindung der Chemikalie auswirken. Bestimmte Arten von Chemikalien können eine Bindung mit der Millicell-HA-Insertmembran eingehen, was die Interpretation der Ergebnisse beeinflussen könnte. Es sollten Leistungschemikalien (siehe Anlage 3) verwendet werden, um die Gleichwertigkeit bei Verwendung anderer Membrane nachzuweisen.

Die Bindung der Chemikalie an die Insertmembran ist bei kationischen Chemikalien, wie beispielsweise Benzalkoniumchlorid, die von der geladenen Membran angezogen werden, häufiger anzutreffen (7). Durch die Bindung der Chemikalie an die Insertmembran kann sich die Dauer der Exposition gegenüber der Chemikalie verlängern, was zu einer Überschätzung des toxischen Potenzials der Chemikalie führt; andererseits kann sich aber auch die Leckage von Fluorescein durch das Insert physikalisch bedingt verringern, da das Färbemittel an die kationische, an die Insertmembran gebundene Chemikalie gebunden wird, was wiederum zu einer Unterschätzung des toxischen Potenzials der Chemikalie führt. Dies lässt sich überwachen, indem nur die Membran der höchsten Konzentration der geprüften Chemikalie ausgesetzt und dann Fluorescein-Natrium-Farbstoff bei normaler Konzentration während der Standarddauer beigegeben wird (ohne Zellkontrolle). Wenn der Fluorescein-Natrium-Farbstoff gebunden wird, hat die Insertmembran nach dem Abspülen des Prüfmaterials die Farbe Gelb. Daher müssen die Bindungseigenschaften der Prüfchemikalie unbedingt bekannt sein, damit die Wirkung der Chemikalie auf die Zellen ausgewertet werden kann.

Durch die Beimpfung der Inserts mit den Zellen sollte zum Zeitpunkt der Exposition gegenüber der Chemikalie ein konfluenter Monolayer gewonnen worden sein. 1,6 × 105 Zellen sollten pro Insert beigegeben werden (400 μl einer Zellsuspension mit einer Dichte von 4 × 105 Zellen/ml). Unter diesen Umständen wird ein konfluenter Monolayer in der Regel nach 96 Stunden in Kultur gewonnen. Die Inserts sollten vor der Beimpfung sichtgeprüft werden, um sicherzustellen, dass etwaige Schäden, die bei der unter Nummer 30 beschriebenen visuellen Kontrolle erfasst werden, der Handhabung zuzuschreiben sind.

Die MDCK-Zellkulturen sollten in Inkubatoren in einer befeuchteten Atmosphäre bei 5 % ± 1 % CO2 und 37 ± 1 °C kultiviert werden. Die Zellen sollten nicht durch Bakterien, Viren, Mycoplasmen oder Pilze kontaminiert sein.

Applikation der Prüf- und Kontrollchemikalien

Für jede Versuchsdurchführung sollte eine frische Stammlösung der Prüfchemikalie hergestellt und nach der Zubereitung innerhalb von 30 Minuten verwendet werden. Die Prüfchemikalien sollten in einer calciumhaltigem (mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM), phenolrotfreien Hanks-Salzlösung (HBBS) vorbereitet werden, um die Bindung von Serumproteinen zu vermeiden. Die Löslichkeit der Chemikalie bei 250 mg/ml in HBSS sollte vor der Prüfung bewertet werden. Wenn die Chemikalie bei dieser Konzentration 30 Minuten lang eine stabile Suspension oder Emulsion bildet (d. h. gleichförmig bleibt und sich nicht absetzt oder in mehrere Phasen trennt), kann HBSS als Lösungsmittel verwendet werden. Stellt sich jedoch heraus, dass die Chemikalie bei dieser Konzentration nicht in HBSS löslich ist, sollte die Verwendung anderer Prüfmethoden anstelle des FL-Tests in Erwägung gezogen werden. Der Einsatz von leichtem Mineralöl als Lösungsmittel in Fällen, in denen die Chemikalie nachweislich nicht in HBSS löslich ist, sollte mit Bedacht geprüft werden, da keine ausreichenden Daten vorliegen, die eine Schlussfolgerung hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des FL-Tests unter solchen Bedingungen zulassen.

Alle zu prüfenden Chemikalien werden in einer sterilen, calciumhaltigen (mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM), phenolrotfreien HBSS aus der Stammlösung bei fünf festgelegten Konzentrationen, die auf Gewichts-/Volumenbasis verdünnt werden, hergestellt: 1, 25, 100, 250 mg/ml sowie eine unverdünnte oder gesättigte Lösung. Beim Prüfen einer festen Chemikalie sollte eine sehr hohe Konzentration von 750 mg/ml eingeschlossen werden. Bei dieser Konzentration muss für die Applikation auf die Zellen möglicherweise eine Direktverdrängerpipette verwendet werden. Wenn die ermittelte Toxizität zwischen 25 und 100 mg/ml liegt, sollten die folgenden zusätzlichen Konzentrationen zweimal geprüft werden: 1, 25, 50, 75, 100 mg/ml. Der FL20-Wert sollte aus diesen Konzentrationen abgeleitet werden, sofern die Akzeptanzkriterien erfüllt waren.

Die Prüfchemikalien werden nach Entfernung des Zellkulturmediums und zweimaliger Spülung mit steriler, warmer (37 °C), calciumhaltiger (mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM), phenolrotfreier HBSS auf den konfluenten Zellmonolayer appliziert. Zuvor wurden die Filter visuell auf bereits vorhandene Schäden kontrolliert, die fälschlicherweise potenziellen Unverträglichkeiten gegenüber Prüfchemikalien zugeschrieben werden könnten. Es sollten mindestens drei Replikate für jede Konzentration der Prüfchemikalie sowie für die Kontrollen bei der Durchführung verwendet werden. Nach einer Minute Exposition bei Zimmertemperatur sollte die Prüfchemikalie vorsichtig abgesaugt werden, der Monolayer zweimal mit steriler, warmer (37 °C), calciumhaltiger (mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM), phenolrotfreier HBSS abgespült und die Fluorescein-Leckage sofort bestimmt werden.

Bei jeder Durchführung sollten gleichzeitige Negativ- und Positivkontrollen verwendet werden, um nachzuweisen, dass die Monolayer-Integrität (Negativkontrolle) und die Empfindlichkeit der Zellen (Positivkontrolle) innerhalb eines festgelegten historischen Akzeptanzbereichs liegen. Als Positivkontrolle wird Brij 35 (CAS Nr. 9002-92-0) mit einer Konzentration von 100 mg/ml vorgeschlagen. Diese Konzentration sollte eine Fluorescein-Leckage von ungefähr 30 % bewirken (akzeptabler Bereich 20-40 % Fluorescein-Leckage, d. h. Beschädigung der Zellschicht). Die vorgeschlagene Negativkontrolle ist calciumhaltige (mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM), phenolrotfreie HBSS (unbehandelt, Blindkontrolle). Ferner sollte eine Maximal-Leckage-Kontrolle bei jeder Durchführung eingeschlossen sein, um die Berechnung von FL20-Werten zu ermöglichen. Die Maximal-Leckage wird über ein Kontroll-Insert ohne Zellen bestimmt.

Bestimmung der Fluorescein-Permeabilität

Unmittelbar nach Entfernung der Prüf- und Kontrollchemikalien werden 400 μl einer 0,1-mg/ml-Fluorescein-Natrium-Lösung (0,01 % (w/v) in calciumaltiger [mit einer Konzentration von 1,0-1,8 mM], phenolrotfreier HBSS) den Inserts beigegeben (z. B. Millicell-HA). Die Kulturen werden 30 Minuten bei Zimmertemperatur gehalten. Am Ende der Inkubation mit Fluorescein werden die Inserts vorsichtig aus den Mulden entnommen. Jeder Filter wird visuell kontrolliert und etwaige Schäden, die eventuell während der Handhabung aufgetreten sind, werden protokolliert.

Die Menge an Fluorescein, die durch Monolayer und Insert gedrungen ist, wird in der Lösung bestimmt, die nach Entfernen der Inserts in den Mulden verblieben ist. Die Messungen werden in einem Spektrofluorometer bei einer Anregungs- bzw. Emissionswellenlänge von 485 nm bzw. 530 nm durchgeführt. Die Empfindlichkeit des Spektrofluorometers sollte so eingestellt werden, dass die numerische Differenz zwischen der maximalen FL (Insert ohne Zellen) und der minimalen FL (Insert mit konfluentem Monolayer, behandelt mit Negativkontrolle) am größten ist. Aufgrund der Unterschiede bei dem verwendeten Spektrofluorometer wird die Verwendung einer Empfindlichkeit vorgeschlagen, die eine Fluoreszenzintensitität > 4 000 bei der maximalen Fluorescein-Leckage-Kontrolle ergibt. Der maximale FL-Wert sollte nicht größer als 9 999 sein. Die Fluoreszenzintensitität bei maximaler Leckage sollte im linearen Bereich des verwendeten Spektrofluorometers liegen.

Interpretation der Ergebnisse und Vorhersagemodell

Die FL-Menge ist proportional zu der durch die Chemikalie hervorgerufenen Schädigung an den Tight Junctions. Der FL-Prozentsatz für jede geprüfte Konzentration der Chemikalie wird aus den FL-Werten berechnet, die für die Prüfchemikalie mit Bezug auf die FL-Werte aus der Negativkontrolle (Messwert aus dem konfluenten Monolayer der mit der Negativkontrolle behandelten Zellen) und einer maximalen Leckage-Kontrolle (Messwert für die FL durch ein Insert ohne Zellen) ermittelt wurden.

Mittlere Fluoreszenzintensität bei maximaler Leckage = x

Mittlere Fluoreszenzintensität bei 0 % Leckage (Negativkontrolle) = y

Die mittlere 100 % Leckage wird durch Subtraktion der mittleren 0 % Leckage von der mittleren maximalen Leckage ermittelt,

d. h. x – y = z

Die prozentuale Leckage für jede festgelegte Dosis wird durch Subtraktion der 0 % Leckage von der mittleren Fluoreszenzintensität der drei Replikatmesswerte (m) und Division dieses Werts durch die 100 % Leckage bestimmt, d. h. % FL = [(m-y)/z] × 100 %. Dabei sind:

m=mittlere Fluoreszenzintensität der drei Replikatmessungen für die verwendete Konzentration
% FL=Prozentsatz des Fluorescein, das durch die Zellschicht dringt

Für die Berechnung der Chemikalienkonzentration, die 20 % FL bewirkt, sollte folgende Gleichung herangezogen werden:

FLD = [(A-B)/(C-B)] × (MC – MB) + MB

Dabei sind:

D=prozentuale Hemmung
A=prozentuale Schädigung (20 % Fluorescein-Leckage)
B=prozentuale Fluorescein-Leckage < A
C=prozentuale Fluorescein-Leckage > A
MC=Konzentration (mg/ml) von C
MB=Konzentration (mg/ml) von B

Der FL20-Grenzwert für die Vorhersage von Chemikalien als Stoffe mit augenverätzender/schwer augenreizender Wirkung ist nachfolgend angegeben:



FL20 (mg/ml)UN-GHS E&KEU-CLP E&KUS-EPA E&K
≤ 100Kategorie 1Kategorie 1Kategorie I
E&K: Einstufung und Kennzeichnung

Die FL-Prüfmethode wird nur für die Identifizierung von wasserlöslichen Stoffen mit augenverätzender oder schwer augenreizender Wirkung empfohlen (UN-GHS-Kategorie 1, EU-CLP-Kategorie 1, US-EPA-Kategorie I) (siehe Nummern 1 und 10).

Zur Identifizierung von wasserlöslichen Chemikalien (Stoffen und Gemischen) (3) (6) (7) als Stoff mit schwer augenschädigender Wirkung (UN-GHS/EU-CLP-Kategorie 1) oder als Stoff mit augenverätzender oder stark augenreizender Wirkung (US-EPA-Kategorie I) sollte die Prüfchemikalie einen FL20-Wert von ≤ 100 mg/ml induzieren.

Akzeptanz der Ergebnisse

Der mittlere maximale Fluorescein-Leckage-Wert (x) sollte größer 4 000 (siehe Nummer 31) sein, der mittlere 0 % Leckage-Wert (y) kleiner-gleich 300 sein und der mittlere 100 %-Leckage-Wert (z) zwischen 3 700 und 6 000 liegen.

Eine Prüfung gilt als akzeptabel, wenn die Positivkontrolle 20 % bis 40 % Schädigung an der Zellschicht verursacht hat (gemessen als prozentuale Fluorescein-Leckage).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

Je Versuchsdurchführung sollten die Daten von einzelnen Replikat-Mulden (z. B. Fluoreszenzintensitätswerte und berechnete prozentuale FL-Werte für jede Prüfchemikalie, einschließlich Einstufung) in tabellarischer Form angegeben werden. Darüber hinaus sollten die Mittelwerte ± Standardabweichung von einzelnen Replikatmessungen angegeben werden.

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalien und Kontrollchemikalien

chemische Bezeichnung(en) wie der vom Chemical Abstracts Service (CAS) benutzte strukturelle Name, gefolgt von anderen Bezeichnungen, soweit bekannt;
CAS-Nummer der Chemikalie, soweit bekannt;
Reinheit und Zusammensetzung des Stoffs oder Gemischs (in Gewichtsprozent), soweit diesbezügliche Informationen vorliegen;
physikalisch-chemische Eigenschaften, soweit sie für die Studie relevant sind (z. B. physikalischer Zustand, Flüchtigkeit, pH-Wert, Stabilität, Wasserlöslichkeit, Chemikalienklasse);
Behandlung der Prüf-/Kontrollchemikalien vor der Testung, soweit zutreffend (z. B. Erwärmung, Zerkleinerung);
Lagerbedingungen:

Rechtfertigung der Prüfmethode und des verwendeten Protokolls

Dies sollte Überlegungen in Bezug auf Anwendungsbereich und Einsatzgrenzen der Prüfmethode umfassen.

Prüfbedingungen

Beschreibung des verwendeten Zellsystems, einschließlich Echtheitszeugnis und Mycoplasma-Status der Zelllinie;
Details des angewandten Prüfverfahrens;
verwendete Konzentration(en) der Prüfchemikalie;
Dauer der Exposition gegenüber der Prüfchemikalie;
Dauer der Inkubation mit Fluorescein;
Beschreibung etwaiger Änderungen am Testverfahren;
Beschreibung der angewandten Bewertungskriterien;
Verweis auf historische Daten des Modells (z. B. Negativ- und Positivkontrollen, Referenzchemikalien, soweit zutreffend);
Informationen über die nachgewiesene technische Kompetenz des Labors.

Ergebnisse

tabellarische Darstellung der Daten von einzelnen Prüfchemikalien und Kontrollen für jede Versuchsdurchführung und Replikatmessung (einschließlich individueller Ergebnisse, Mittelwerte und Standardabweichungen);
abgeleitete Einstufung(en) mit Bezug auf das Vorhersagemodell und/oder angewandte Entscheidungskriterien;
Beschreibung anderer beobachteter Wirkungen;

Erörterung der Ergebnisse

Dies sollte Überlegungen bezüglich eines nicht aussagekräftigen Ergebnisses (Nummer 35: FL20 > 100 mg/ml) und weitere Prüfungen umfassen.

Schlussfolgerungen

LITERATURHINWEISE

(1) UN (2009), Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), dritte überarbeitete Auflage, New York und Genf: United Nations Publications. ISBN: 978-92-1-117006-1. Verfügbar unter: [http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_rev03/03files_e.html]

(2) U.S. EPA (1996), Label Review Manual: 2nd Edition, EPA737-B-96-001, Washington, DC: U.S., Environmental Protection Agency.

(3) EC-ECVAM (2009), Statement on the scientific validity of cytotoxicity/cell-function based in vitro assays for eye irritation testing.

(4) Scott, L. et al. (2010), A proposed eye irritation testing strategy to reduce and replace in vivo studies using Bottom-Up and Top-Down approaches, Toxicol. In Vitro 24, 1-9

(5) Kapitel B.5 dieses Anhangs, Akute Augenreizung/-verätzung.

(6) EC-ECVAM (1999), INVITOX Protocol 71: Fluorescein Leakage Test, Ispra, Italien: European Centre for the Validation of Alternative Methods (ECVAM). Verfügbar unter: [http://ecvam-dbalm.jrc.ec.europa.eu

(7) EC-ECVAM (2008), Fluorescein Leakage Assay Background Review Document as an Alternative Method for Eye Irritation Testing.

(8) OECD (2005), Guidance Document on the Validation and International Acceptance of New or Updated Test Methods for Hazard Assessment, OECD Series on Testing and Assessment No. 34. OECD, Paris.

Anlage 1

DIAGRAMM VON MDCK -ZELLEN, DIE AUF EINER INSERTMEMBRAN FÜR DIE FL-PRÜFMETHODE KULTIVIERT WURDEN

Eine konfluente Schicht von MDCK-Zellen wird auf der semipermeablen Membran eines Inserts kultiviert. Die Inserts werden in die Mulden von 24-Mulden-Platten eingesetzt.

Abbildung entnommen aus: Wilkinson, P.J. (2006), Development of an in vitro model to investigate repeat ocular exposure, Ph.D. Thesis, University of Nottingham, UK.

Anlage 2

DEFINITIONEN

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Empfindlichkeit : Anteil aller positiven/aktiven Chemikalien, die durch die Prüfmethode korrekt klassifiziert werden. Dies ist ein Maß der Genauigkeit für eine Prüfmethode, die zu kategorischen Ergebnissen führt, und ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung der Relevanz einer Prüfmethode (8).

EPA-Kategorie I : Chemikalien mit verätzender Wirkung (irreversible Schädigung des Augengewebes) oder Hornhautkomplikation oder -reizwirkung, die länger als 21 Tage anhält (2).

Ersatzprüfung : Eine Prüfung, die eine routinemäßig angewandte Prüfung zur Identifikation von Gefahren und/oder zur Risikobewertung ersetzen soll und die im Vergleich zur akzeptierten Prüfung nachweislich in allen denkbaren Prüfsituationen und mit allen Chemikalien einen gleichwertigen oder besseren Schutz der Gesundheit von Mensch oder Tier oder der Umwelt gewährleistet, je nachdem, was zutrifft.

EU CLP (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen) : Umsetzung des UN-GHS-Systems zur Einstufung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) in der Europäischen Union (EU).

Evidenzbasierte Bewertung : Prüfung der Stärken und Schwächen verschiedener Informationen, um über das Gefahrenpotenzial einer Chemikalie entscheiden zu können und diese Entscheidung zu untermauern.

Falsch-Negativ-Rate : Der Anteil aller positiven Chemikalien, die von einer Prüfmethode fälschlicherweise als negativ identifiziert werden. Sie ist ein Leistungsindikator der Prüfmethode.

Falsch-Positiv-Rate : Der Anteil aller negativen Chemikalien, die von einer Prüfmethode fälschlicherweise als positiv identifiziert werden. Sie ist ein Leistungsindikator der Prüfmethode.

FL20 : Kann durch Bestimmung der Konzentration geschätzt werden, bei der die geprüfte Chemikalie 20 % Fluorescein-Leckage durch die Zellschicht bewirkt.

Fluorescein-Leckage : Fluorescein-Menge, die durch die Zellschicht dringt, spektrofluorometrisch gemessen.

Gefahr : Inhärente Eigenschaft eines Stoffes oder eines Umfelds mit dem Potenzial, einen Organismus, ein System oder eine (Sub)population bei Exposition gegenüber diesem Stoff zu schädigen.

Gemisch : Wird im UN-GHS verwendet und bezeichnet ein Gemisch oder eine Lösung aus zwei oder mehr Stoffen, die nicht miteinander reagieren.

Genauigkeit : Der Grad der Übereinstimmung zwischen Testergebnissen und anerkannten Referenzwerten. Die Genauigkeit ist ein Maß der Leistung der Prüfmethode und ein Aspekt der „Relevanz“. Der Begriff wird oft im Sinne von „Übereinstimmung“ verwendet und bezeichnet den Anteil der korrekten Ergebnisse einer Prüfmethode.

Gestufte Prüfstrategie : Eine schrittweise Prüfstrategie, bei der alle vorhandenen Informationen über eine Prüfchemikalie in einer vorgegebenen Reihenfolge überprüft werden, wobei auf jeder Stufe nach dem evidenzbasierten Bewertungsansatz (weight-of-evidence) vorgegangen wird, um feststellen zu können, ob genügend Informationen für eine Gefahrenklassifizierung vorliegen, bevor zur nächsten Stufe übergegangen wird. Wenn das Reizpotenzial einer Prüfchemikalie auf Basis der vorliegenden Informationen zugeordnet werden kann, sind keine weiteren Testungen erforderlich. Ist dies nicht der Fall, müssen schrittweise sequenzielle Tierversuche durchgeführt werden, bis eine eindeutige Klassifizierung vorgenommen werden kann.

GHS (Globales Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien der Vereinten Nationen (UN)) : Ein System zur Klassifizierung von Chemikalien (Stoffen und Gemischen) nach standardisierten Typen und Stufen physikalischer, gesundheitlicher und ökologischer Gefahren und zur entsprechenden Kennzeichnung durch Piktogramme, Signalwörter, Gefahrenhinweise, Sicherheitshinweise und Sicherheitsdatenblätter, um zum Schutz des Menschen (einschließlich Arbeitgeber, Arbeiter, Spediteure, Verbraucher und Notfall-Einsatzkräfte) und der Umwelt Informationen über die schädlichen Wirkungen der betreffenden Chemikalien zu verbreiten.

GHS-Kategorie 1 : Erzeugen von Gewebeschäden im Auge oder eine schwerwiegende Verschlechterung des Sehvermögens nach Applikation einer Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation nicht vollständig reversibel sind.

Leistungschemikalien : Teilmenge der Referenzchemikalien, die von einem Labor verwendet werden können, um seine Kompetenz hinsichtlich der validierten Referenzprüfmethode nachzuweisen.

Lösungsmittel-/Vehikelkontrolle : Eine unbehandelte Probe, die alle Komponenten eines Testsystems enthält, einschließlich des Lösungsmittels oder Vehikels, und die mit den prüfchemikalienbehandelten Proben und anderen Kontrollproben mitgeführt wird, um die Referenzreaktion für die mit der Prüfchemikalie behandelten Proben, die im selben Lösungsmittel oder Vehikel aufgelöst wurden, zu bestimmen. Bei der Testung mit einer gleichzeitigen Negativkontrolle zeigt diese Probe außerdem an, ob das Lösungsmittel oder Vehikel mit dem Testsystem interagiert.

Negativkontrolle : Ein unbehandeltes Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält. Diese Probe wird mit prüfchemikalienbehandelten Proben und anderen Kontrollproben mitgeführt, um festzustellen, ob das Lösungsmittel mit dem Testsystem interagiert.

Nicht eingestuft : Chemikalien, die nicht als Stoffe mit augenreizender Wirkung der UN-GHS-Kategorien 1, 2A oder 2B, der EU-CLP-Kategorien 1 oder 2 oder der US-EPA-Kategorien I, II oder III eingestuft sind.

Positivkontrolle : Ein Replikat, das alle Komponenten eines Testsystems enthält und mit einer Chemikalie behandelt wird, die bekanntermaßen eine positive Reaktion hervorruft. Um sicherzustellen, dass Abweichungen bei der Positivkontrollreaktion im Zeitverlauf bewertet werden können, sollte die Reaktion nicht zu heftig sein.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Relevanz : Beschreibung der Beziehung zwischen dem Test und der untersuchten Wirkung und ob der Test aussagekräftig und nützlich für einen bestimmten Zweck ist. Die Relevanz gibt an, inwieweit der Test die untersuchte biologische Wirkung richtig misst oder vorhersagt. Die Relevanz beinhaltet die Prüfung der Genauigkeit (Übereinstimmung) einer Prüfmethode (8).

Schwere Augenschädigung : Erzeugen von Gewebeschäden im Auge oder eine schwerwiegende Verschlechterung des Sehvermögens nach Applikation einer Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Auges, die innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation nicht vollständig reversibel sind.

Spezifität : Anteil aller negativen/inaktiven Chemikalien, die durch die Prüfmethode korrekt klassifiziert werden. Dies ist ein Maß der Genauigkeit für eine Prüfmethode, die zu kategorischen Ergebnissen führt, und ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung der Relevanz einer Prüfmethode.

Stoff : Wird im UN-GHS verwendet und bezeichnet chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder durch ein Produktionsverfahren hergestellt, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung entstehenden Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können.

Stoff mit augenreizender Wirkung : a) Chemikalie, die nach Applikation auf die Vorderfläche des Auges eine reversible Augenschädigung verursacht; b) Chemikalien, die als Stoffe mit augenreizender Wirkung der UN-GHS-Kategorien 2A oder 2B, der EU-CLP-Kategorie 2 oder der US-EPA-Kategorien II oder III eingestuft sind.

Stoff mit augenverätzender Wirkung : a) Chemikalie, die das Augengewebe irreversibel schädigt; b) Chemikalien, die als Stoffe mit augenreizender Wirkung der UN-GHS-Kategorie 1, der EU-CLP-Kategorie 1 oder der US-EPA-Kategorie I eingestuft sind.

Stoff mit stark augenreizender Wirkung : a) Chemikalie, die nach Applikation auf die Vorderfläche des Auges das Augengewebe derart schädigt, dass die Schädigung nicht innerhalb von 21 Tagen nach der Applikation des Stoffs zurückgeht oder dass das Sehvermögen schwer beeinträchtigt ist; b) Chemikalien, die als Stoffe mit augenreizender Wirkung der UN-GHS-Kategorie 1, der EU-CLP-Kategorie 1 oder der US-EPA-Kategorie I eingestuft sind.

Validierte Prüfmethode : Eine Prüfmethode, für die zwecks Bestimmung ihrer Relevanz (einschließlich Genauigkeit) und Zuverlässigkeit für einen bestimmten Zweck Validierungsstudien abgeschlossen wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass eine validierte Prüfmethode möglicherweise nicht genau und zuverlässig genug ist, um für den vorgeschlagenen Zweck akzeptiert zu werden (8).

Zuverlässigkeit : Maß der Reproduzierbarkeit einer Prüfmethode innerhalb von und zwischen Laboratorien über einen längeren Zeitraum und bei einheitlichem Protokoll. Die Zuverlässigkeit wird durch Berechnung der Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und Intralabor-Wiederholbarkeit bewertet.

Anlage 3

LEISTUNGSCHEMIKALIEN FÜR DIE FL-PRÜFMETHODE

Vor der routinemäßigen Anwendung dieser Prüfmethode sollten Laboratorien ihre technische Kompetenz nachweisen, indem sie die in Tabelle 1 empfohlenen acht Chemikalien in die richtige Augenschädigungsklasse einstufen. Diese Chemikalien wurden so ausgewählt, dass sie die Bandbreite der lokalen Augenreizungen/-verätzungen repräsentieren, die auf den Ergebnissen des In-vivo-Kaninchenaugentests (TG 405, TM B.5 (5)) (d. h. den Kategorien 1, 2A, 2B oder „Keine Einstufung“ gemäß UN-GHS) basieren. Angesicht der validierten Zweckmäßigkeit des FL-Tests (d. h. zur Identifizierung von Stoffen mit augenverätzender und stark augenreizender Wirkung) lässt sich die Leistungsfähigkeit lediglich anhand von zwei Testergebnissen zu Einstufungszwecken (verätzend/stark reizend oder nicht verätzend/nicht stark reizend) nachweisen. Weitere Auswahlkriterien betrafen die Erhältlichkeit der Chemikalien im Handel, die Verfügbarkeit hochwertiger In-vivo-Referenzdaten und das Vorhandensein hochwertiger Daten aus der FL-Prüfmethode. Aus diesem Grund wurden die Leistungschemikalien aus der Publikation Fluorescein Leakage Assay Background Review Document as an Alternative Method for Eye Irritation Testing (8) ausgewählt, die zur retrospektiven Validierung der FL-Prüfmethode herangezogen wurde.



Tabelle 1

Empfohlene Chemikalien für den Nachweis der technischen Kompetenz von Laboratorien zur Durchführung des FL-Tests

ChemikalieCAS-Nr.Chemikalien-klasse (1)Physika-lischer ZustandIn-vivo-Klassifizierung (2)In-vitro-Klassifizierung (3)
Benzalkoniumchlorid (5 %)8001-54-5OniumverbindungflüssigKategorie 1Verätzend/stark reizend
Promethazin-Hydrochlorid58-33-3Amin/Amidin, heterocyclisch, organische SchwefelverbindungfestKategorie 1Verätzend/stark reizend
Natriumhydroxid (10 %)1310-73-2AlkaliflüssigKategorie 1Verätzend/stark reizend
Natrium-laurylsulfat (15 %)151-21-3Carbonsäure (Salz)flüssigKategorie 1Verätzend/stark reizend
4-Carboxy-Benzaldehyd619-66-9Carbonsäure, AldehydfestKategorie 2(A)Nicht verätzend/nicht stark reizend
Ammoniumnitrat6484-52-2Anorganisches SalzfestKategorie 2(A)Nicht verätzend/nicht stark reizend
Ethyl-2-methylaceto-acetat609-14-3Ketone, EsterflüssigKategorie 2(B)Nicht verätzend/nicht stark reizend
Glyzerin56-81-5AlkoholflüssigKeine EinstufungNicht verätzend/nicht stark reizend

(1)   Jede Prüfchemikalie wurde anhand einer Standard-Klassifizierungsregelung auf Basis des Klassifizierungssystems der National Library of Medicine Medical Subject Headings (MeSH) einer Chemikalienklasse zugeordnet (abrufbar über http//www.nlm.nih.gov/mesh).

(2)   Gestützt auf Ergebnisse aus dem In-vivo-Kaninchenaugentest (OECD TG 405, TM B.5) unter Verwendung von UN-GHS und EU-CLP.

(3)   Gestützt auf Ergebnisse aus dem FL-Test (INVITTOX-Protokoll Nr. 71 (6))

Abkürzungen: CAS-Nr. = Registernummer des Chemical Abstracts Service

B.62   ALKALISCHER IN-VIVO-COMET-ASSAY AN SÄUGETIERZELLEN

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 489 (2016). Der alkalische In-vivo-Comet-Assay (Einzelzell-Gelelektrophorese (Single Cell Gel Electrophoresis, SCGE)) (im Folgenden „Comet-Assay“ ) wird für die Erkennung von DNA-Strangbrüchen in Zellen oder Zellkernen eingesetzt, die aus Geweben von Tieren, gewöhnlich Nagern, isoliert wurden, die potenziell toxischen Stoffen ausgesetzt wurden. Der Comet-Assay wurde überprüft, und verschiedene Expertengruppen haben Empfehlungen abgegeben (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10). Es wurde ein OECD-Dokument erstellt, das kurz gefasste und hilfreiche Informationen zu Untersuchungen zur genetischen Toxikologie sowie eine Übersicht über die jüngsten Änderungen dieser Prüfrichtlinien enthält (11).

Der Comet-Assay dient zum Nachweis von Chemikalien, die DNA-Schäden auslösen. Durch den Comet-Assay können unter alkalischen Bedingungen (> pH 13) Einzel- und Doppelstrangbrüche nachgewiesen werden, die beispielsweise auf direkte Interaktionen mit der DNA, alkali-labile Stellen oder transiente DNA-Strangbrüche aufgrund einer DNA-Exzisionsreparatur zurückzuführen sind. Diese Strangbrüche können repariert werden, ohne dass eine anhaltende Wirkung eintritt, können tödlich für die Zelle sein oder können zu einer Mutation führen, die eine dauerhafte lebensfähige Veränderung bewirkt. Zudem können sie Chromosomenschäden hervorrufen, die mit vielen Erkrankungen des Menschen, darunter auch Krebs, im Zusammenhang stehen.

Eine formale Validierungsstudie des In-vivo-Comet-Assays an Nagetieren wurde 2006-2012 unter Koordinierung des Japanischen Zentrums zur Validierung alternativer Methoden (JaCVAM) in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum zur Validierung alternativer Methoden (ECVAM) und den US-amerikanischen Validierungszentren Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods (ICCVAM) und NTP Interagency Center for the Evaluation of Alternative Toxicological Methods (NICEATM) durchgeführt (12). Diese Prüfmethode berücksichtigt die empfohlenen Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen des Comet-Assays und basiert auf dem bei der Validierungsstudie angewandten Schlussprotokoll (12) sowie auf weiteren einschlägigen veröffentlichten und unveröffentlichten (laboreigenen) Daten.

Die Definitionen der Schlüsselbegriffe sind Anlage 1 zu entnehmen. Es ist zu beachten, dass für diesen Assay viele verschiedene Plattformen eingesetzt werden können (Objektträger, Gelproben, 96-Mulden-Platten usw.). Zur Vereinfachung wird im Folgenden der Begriff „Objektträger“ verwendet, wobei aber alle anderen Plattformen darin eingeschlossen sind.

VORBEMERKUNGEN UND EINSATZGRENZEN

Der Comet-Assay ist eine Methode zur Bestimmung von DNA-Strangbrüchen in eukaryotischen Zellen. In Agarose eingebettete Einzelzellen/Zellkerne auf einem Objektträger werden mit Detergenzien und hoher Salzkonzentration lysiert. Durch diesen Lyseschritt werden die Zell- und Zellkernmembrane zerstört, sodass die spiralisierten DNA-Schleifen (allgemein als Nukleoide bezeichnet) und die DNA-Fragmente freigelegt werden können. Die Elektrophorese bei hohem pH-Wert führt zu kometartigen Strukturen, die bei Verwendung geeigneter Farbstoffe unter dem Fluoreszenzmikroskop beobachtet werden können; die DNA-Fragmente wandern je nach Größe vom „Kopf“ in den „Schweif“ und die Intensität des Kometenschweifs relativ zur Gesamtintensität (Kopf plus Schweif) entspricht dem Grad des DNA-Bruchs (13) (14) (15).

Der alkalische In-vivo-Comet-Assay ist insbesondere für die Bewertung der genotoxischen Wirkung relevant, da die Reaktionen im Rahmen des Assays von der In-vivo-ADME (Absorption, distribution, metabolism and excretion, Resorption, Verteilung, Metabolisierung und Ausscheidung) sowie von DNA-Reparaturprozessen abhängig sind. Diese unterscheiden sich je nach Tierart, Gewebetyp und Art der DNA-Schädigung.

Zur Einhaltung der Tierschutzanforderungen, insbesondere zur Verringerung der Verwendung von Versuchstieren (3R-Prinzip: Replace, Reduce, Refine — Vermeiden, Verringern, Verbessern) kann dieser Test auch mit anderen toxikologischen Studien, z. B. Toxizitätsstudien mit wiederholter Verabreichung (10) (16) (17), integriert werden oder der Endpunkt kann mit anderen genotoxischen Endpunkten, wie beispielsweise dem In-vivo-Erythrozyten-Mikrokerntest bei Säugern, kombiniert werden (18) (19) (20). Der Comet-Assay wird überwiegend an Nagetieren durchgeführt, wurde aber auch bei anderen Säugetier- und Nichtsäugetierarten angewandt. Die Verwendung von Nichtnagetierarten sollte im Einzelfall wissenschaftlich und ethisch begründet werden. Es wird dringend empfohlen, den Comet-Assay an anderen Arten als Nagetieren nur im Rahmen einer anderen Toxizitätsstudie und nicht als eigenständigen Test durchzuführen.

Expositionspfad und zu untersuchende Gewebe sollten basierend auf allen verfügbaren/vorliegenden Informationen über die Prüfchemikalien, z. B. beabsichtigter/erwarteter Expositionspfad beim Menschen, Metabolisierung und Verteilung, Potenzial für Wirkungen an Kontaktstellen, strukturelle Warnungen, andere Daten zur Genotoxizität oder Toxizität und Zweck der Studie, gewählt werden. Das genotoxische Potenzial der Prüfchemikalien kann daher gegebenenfalls im Zielgewebe bzw. in den Zielgeweben karzinogener und/oder anderer toxischer Wirkungen untersucht werden. Der Test gilt ferner als hilfreich für weitere Untersuchungen zur Genotoxizität, die in einem In-vitro-System nachgewiesen wurde. Es ist zweckmäßig, einen In-vivo-Comet-Assay an einem bestimmten Gewebe durchzuführen, wenn begründeterweise von einer entsprechenden Exposition des Gewebes ausgegangen werden kann.

Der Test wurde am ausführlichsten im Rahmen von Kooperationsstudien wie beispielsweise der JaCVAM-Studie (12) und in Rothfuss et al., 2010 (10) am somatischen Gewebe männlicher Ratten validiert. In der internationalen Validierungsstudie von JaCVAM wurden Leber und Magen verwendet. Die Leber, weil sie das aktivste Organ in der Metabolisierung von Chemikalien und häufig ein Zielorgan für Karzinogenität ist. Der Magen, weil er gewöhnlich die erste Kontaktstelle für Chemikalien nach oraler Aufnahme ist, obwohl andere Bereiche des Magen-Darm-Trakts wie Zwölffingerdarm und Dünndarm ebenfalls als Kontaktstellengewebe untersucht werden sollten und beim Menschen unter Umständen relevanter sind als der Drüsenmagen von Nagetieren. Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass solches Gewebe nicht übermäßig hohen Prüfchemikalienkonzentrationen ausgesetzt wird (21). Das Verfahren ist grundsätzlich bei allen Geweben anwendbar, von denen analysierbare Einzelzell-/Zellkernsuspensionen gewonnen werden können. Proprietäre Daten verschiedener Labors belegen die erfolgreiche Anwendung bei verschiedenen Geweben, und es liegen zahlreiche Publikationen vor, in denen die Anwendbarkeit des Verfahrens bei anderen Organen oder Geweben als Leber und Magen, z. B. Dünndarm (22), Niere (23) (24), Haut (25) (26) oder Harnblase (27) (28), Lunge und bronchoalveoläre Lavage-Zellen (relevant bei Untersuchungen zu eingeatmeten Chemikalien) (29) (30), aufgezeigt wurde. Ferner wurden Tests an mehreren Organen gleichzeitig durchgeführt (31) (32).

Obwohl die genotoxischen Wirkungen in Keimzellen durchaus von Interesse sein mögen, ist zu beachten, dass der standardmäßige alkalische Comet-Assay, der in der Prüfmethode beschrieben wird, für die Messung von DNA-Strangbrüchen in reifen Keimzellen als ungeeignet angesehen wird. Da im Rahmen einer Auswertung der Fachliteratur zum Einsatz des Comet-Assays bei der Untersuchung der Genotoxizität in Keimzellen von hohen und variablen Background-Werten der DNA-Schädigung berichtet wurde (33), werden Änderungen des Protokolls sowie verbesserte Standardisierungs- und Validierungsstudien für notwendig erachtet, bevor der Comet-Assay an reifen Keimzellen (z. B. Spermien) in die Prüfmethode aufgenommen werden kann. Darüber hinaus ist das Expositionsschema, das in dieser Prüfmethode beschrieben wird, nicht optimal. Für eine aussagekräftige Analyse der DNA-Strangbrüche in reifen Spermien wären längere Expositions- oder Probenahmezeiten erforderlich. Genotoxische Wirkungen, die durch den Comet-Assay in Hodenzellen in verschiedenen Differenzierungsstadien gemessen wurden, wurden in der Fachliteratur beschrieben (34) (35). Allerdings sollte beachtet werden, dass Gonaden eine Mischung aus somatischen und Keimzellen enthalten. Aus diesem Grund spiegeln positive Ergebnisse an einer Gonade (Hoden) nicht unbedingt eine Keimzellenschädigung wider, deuten aber darauf hin, dass die geprüfte(n) Chemikalie(n) und/oder ihre Metaboliten die Gonade erreicht haben.

Vernetzungen können mit den Standard-Versuchsbedingungen des Comet-Assays nicht zuverlässig identifiziert werden. Unter bestimmten geänderten Versuchsbedingungen könnten DNA-DNA- und DNA-Protein-Vernetzungen sowie sonstige Basenveränderungen wie beispielsweise oxidierte Basen erkannt werden (23) (36) (37) (38) (39). Jedoch wären weitere Arbeiten notwendig, um die notwendigen Protokolländerungen angemessen zu charakterisieren. Daher ist der Nachweis von Vernetzungsmitteln nicht der primäre Zweck des hierin beschriebenen Tests. Der Test eignet sich, auch mit Änderungen, nicht zum Nachweis von Aneugenen.

Nach aktuellem Kenntnisstand hat der In-vivo-Comet-Assay verschiedene zusätzliche Einsatzgrenzen (siehe Anlage 3). Es wird davon ausgegangen, dass die Prüfmethode in Zukunft überprüft und gegebenenfalls angesichts der gewonnenen Erkenntnisse überarbeitet werden wird.

Bevor die Prüfmethode für die Generierung von Daten für einen bestimmten Regulierungszweck verwendet wird, ist zu prüfen, ob sie für den beabsichtigten Zweck angemessene Ergebnisse liefern kann und, wenn dem so ist, warum. Diese Überlegungen erübrigen sich, wenn die Durchführung von Tests für das Gemisch gesetzlich vorgeschrieben ist.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Die Prüfchemikalie wird den Tieren über einen geeigneten Applikationsweg verabreicht. Dosierung und Probenahme sind unter den Nummern 36-40 ausführlich beschrieben. Zu den ausgewählten Probenahmezeitpunkten werden die untersuchten Gewebe seziert und Einzelzell-/Zellkernsuspensionen hergestellt (In-situ-Perfusion kann vorgenommen werden, sofern sie als sinnvoll angesehen wird, z. B. Leber) und in Softagar eingebettet, um sie auf Objektträgern zu immobilisieren. Die Zellen/Zellkerne werden mit Lysepuffer behandelt, um die Zell- und/oder Zellkernmembran zu entfernen, und einer starken Lauge, z. B. pH ≥ 13, ausgesetzt, um das „Entwinden“ der DNA und die Freisetzung der relaxierten DNA-Schleifen und -Fragmente zu ermöglichen. Die nukleare DNA im Agar wird dann der Elektrophorese unterzogen. Normale nichtfragmentierte DNA-Moleküle bleiben an der Stelle, an der sich die nukleare DNA im Agar befand, während fragmentierte DNA und relaxierte DNA-Schleifen zur Anode wandern. Nach der Elektrophorese wird die DNA durch einen geeigneten fluoreszierenden Farbstoff sichtbar gemacht. Die Präparate sollten mikroskopisch und mittels voll- oder halbautomatischer Bildanalysesysteme untersucht werden. Der Umfang der DNA-Wanderung bei der Elektrophorese und der Migrationsabstand entsprechen der Menge und Größe der DNA-Fragmente. Beim Comet-Assay gibt es verschiedene Endpunkte. Es wurde empfohlen, den DNA-Inhalt im Schweif ( % DNA im Schweif oder % Schweif-Intensität) zur Bewertung der DNA-Schädigung heranzuziehen (12) (40) (41) (42). Nach der Analyse einer ausreichenden Anzahl von Zellkernen werden die Testergebnisse mit geeigneten Analysemethoden analysiert.

Es ist zu beachten, dass Änderungen verschiedener Aspekte der Methodik, einschließlich Vorbereitung der Proben, Elektrophoresebedingungen, visuelle Analyseparameter (z. B. Farbstoffintensität, Lichtintensität der Mikroskoplampe und Einsatz von Mikroskopfiltern und Kameradynamik), und der Umgebungsbedingungen (z. B. Hintergrundbeleuchtung), untersucht wurden und sich auf die DNA-Wanderung auswirken können (43) (44) (45) (46).

ÜBERPRÜFUNG DER EIGNUNG DES LABORS

Jedes Labor sollte seine experimentelle Kompetenz in Bezug auf den Comet-Assay belegen, indem es seine Fähigkeit zur Herstellung von Einzelzell- oder Zellkernsuspensionen von ausreichender Qualität für jedes Zielgewebe und jede verwendete Tierart nachweist. Die Qualität der Zubereitungen wird in erster Linie anhand des prozentualen DNA-Anteils im Schweif bei mit Vehikel behandelten Tieren bewertet, deren Werte in einen reproduzierbaren niedrigen Bereich fallen. Die aktuellen Daten deuten darauf hin, dass der prozentuale DNA-Anteil im Schweif im Gruppenmittel (basierend auf dem Mittelwert der Mediane — Erläuterungen zu diesen Begriffen unter Nummer 57) in der Rattenleber vorzugsweise 6 % nicht überschreiten sollte, was mit den Werten aus der JaCVAM-Validierungsstudie (12) sowie aus anderen veröffentlichten und proprietären Daten im Einklang stehen würde. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen nicht genügend Daten vor, um Empfehlungen für optimale oder akzeptable Bereiche bei anderen Geweben abzugeben. Dies schließt die Verwendung anderer Gewebe, sofern gerechtfertigt, nicht aus. Der Prüfbericht sollte eine Beurteilung der Leistung des Comet-Assays bei diesen Geweben unter Bezugnahme auf die veröffentliche Literatur oder proprietäre Daten beinhalten. Erstens ist ein niedriger prozentualer DNA-Anteil im Schweif in den Kontrollen wünschenswert, um eine hinreichend dynamische Bandbreite für den Nachweis einer positiven Wirkung zu gewährleisten. Zweitens sollte jedes Labor die erwarteten Reaktionen für direkte Mutagene und Promutagene für verschiedene Wirkungsweisen gemäß den Beispielen in Tabelle 1 (Nummer 29) reproduzieren können.

Beispielsweise können positive Stoffe aus der JaCVAM-Validierungsstudie (12) oder anderen veröffentlichten Daten (siehe Nummer 9), gegebenenfalls mit Begründung, ausgewählt werden, wobei die eindeutigen positiven Wirkungen in den untersuchten Geweben nachgewiesen werden. Zudem sollte die Fähigkeit zum Nachweis von schwachen Wirkungen bekannter Mutagene, wie z. B. niedrig dosiertem EMS, nachgewiesen werden, indem beispielsweise Dosis-Wirkungs-Beziehungen an einer hinreichenden Anzahl von Dosierungen mit entsprechendem Abstand aufgestellt werden. Anfänglich sollte sich das Labor auf den Nachweis der Kompetenz bei den am häufigsten verwendeten Geweben (z. B. Rattenleber) konzentrieren, wobei ein Vergleich zwischen vorliegenden Daten und erwarteten Ergebnissen angestellt werden könnte (12). Die Daten von anderen Geweben wie z. B. Magen, Zwölffingerdarm, Dünndarm, Blut usw. könnten gleichzeitig erfasst werden. Das Labor muss seine Kompetenz für sämtliche Gewebe aller Tierarten, die untersucht werden sollen, nachweisen und aufzeigen, dass eine akzeptable positive Reaktion bei einem bekannten Mutagen (z. B. EMS) im jeweiligen Gewebe erreicht werden kann.

Vehikel-/Negativkontrolldaten sollten erfasst werden, um die Reproduzierbarkeit negativer Reaktionen nachzuweisen und sicherzustellen, dass die technischen Aspekte des Assays vorschriftsmäßig kontrolliert wurden, oder darauf hinzuweisen, dass historische Kontrollbereiche erneut festgelegt werden sollten (siehe Nummer 22).

Es ist zu beachten, dass das Labor, da mehrere Gewebe bei der Sektion gewonnen und für die Comet-Analyse aufgearbeitet werden können, in der Lage sein muss, mehrere Gewebe von einem einzelnen Tier zu gewinnen und somit sicherzustellen, dass keine potenzielle DNA-Läsion verloren geht und die Comet-Analyse nicht beeinträchtigt wird. Die Zeitdauer zwischen der Tötung des Tiers und der Gewinnung der Gewebe zur Aufbereitung kann kritisch sein (siehe Nummer 44).

Da bei der Entwicklung der Kompetenz für diesen Test Tierschutzbelange berücksichtigt werden müssen, können Gewebe von in anderen Tests verwendeten Tieren zur Entwicklung der Kompetenz bei den verschiedenen Aspekten des Tests eingesetzt werden. Darüber hinaus muss während der verschiedenen Phasen der Etablierung einer neuen Prüfmethode in einem Labor nicht unbedingt eine vollständige Studie durchgeführt werden. Ferner können weniger Tiere oder Prüfkonzentrationen bei der Entwicklung der notwendigen Fähigkeiten verwendet werden.

Historische Kontrolldaten

Im Verlauf der Untersuchungen zum Nachweis der Kompetenz sollte das Labor eine Datenbank mit historischen Daten aufbauen, um Positiv- und Negativkontrollbereiche und -verteilungen für die betreffenden Gewebe und Tierarten zu erfassen. Empfehlungen zur Erstellung und Verwendung historischer Daten (d. h. Kriterien für die Aufnahme und den Ausschluss von Daten in bzw. aus der Datenbank und die Akzeptanzkriterien für einen bestimmten Versuch) sind der Literatur zu entnehmen (47). Verschiedene Gewebe und Tierarten sowie verschiedene Vehikel und Verabreichungswege können unterschiedliche prozentuale Schweif-DNA-Werte in den Negativkontrollen ergeben. Daher müssen unbedingt Negativkontrollbereiche für jedes Gewebe und jede Tierart erfasst werden. Labors sollten Qualitätskontrollverfahren anwenden, wie z. B. Qualitätsregelkarten (z. B. C-Karten oder Xbar-Karten (48)), um zu ermitteln, wie variabel ihre Daten sind, und um nachzuweisen, dass die Methodik in ihrem Labor „unter Kontrolle“ ist. Die Auswahl der für Positivkontrollen geeigneten Stoffe, der Dosisbereiche und der Versuchsbedingungen (z. B. Elektrophoresebedingungen) muss zum Nachweis schwacher Wirkungen vielleicht ebenfalls optimiert werden (siehe Nummer 17).

Sämtliche Änderungen am Versuchsprotokoll sind auf ihre Übereinstimmung mit den bereits vorhandenen Datenbanken historischer Kontrolldaten des Labors zu prüfen. Bei größeren Inkonsistenzen sollte eine neue Datenbank historischer Kontrolldaten erstellt werden.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Vorbereitungen

Auswahl der Tierart

In der Regel werden junge gesunde und geschlechtsreife Nagetiere üblicher Laborstämme verwendet (die bei Behandlungsbeginn 6 bis 10 Wochen alt sind, wenngleich etwas ältere Tiere auch zulässig sind). Die Auswahl der Nagetierarten sollte basieren auf i) Arten, die in anderen Toxizitätsstudien verwendet werden (um eine Korrelation zwischen den Daten herstellen zu können und integrierte Studien zu ermöglichen), ii) Arten, die in einer Kanzerogenitätsstudie Tumore entwickelt haben (bei der Untersuchung des Mechanismus der Karzinogenese) oder iii) Arten, deren Metabolismus dem des Menschen am ähnlichsten ist, soweit bekannt. In diesem Test werden routinemäßig Ratten verwendet, aber es können auch andere Arten zum Einsatz kommen, sofern dies ethisch und wissenschaftlich begründet ist.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

Bei Nagern soll die Temperatur im Versuchstierraum 22 1 °C (± 3 1 °C) betragen. Die relative Luftfeuchte sollte bei 50 bis 60 % liegen, wenigstens 30 % betragen und außer bei Reinigung des Raumes 70 % vorzugsweise nicht übersteigen. Der Raum sollte künstlich beleuchtet sein, wobei die Beleuchtung im 12-Stunden-Rhythmus ein- und ausgeschaltet werden sollte. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfchemikalie gewährleistet werden muss, wenn diese über das Futter verabreicht wird. Nagetiere sollten in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen (maximal fünf pro Käfig) untergebracht werden, sofern kein aggressives Verhalten zu erwarten ist. Die Tiere sind nur dann einzeln zu halten, wenn dies wissenschaftlich begründet ist. Es sind möglichst feste Böden zu verwenden, da Maschendrahtböden Verletzungen verursachen können (49). Es muss für eine entsprechende Ausgestaltung des Lebensumfelds gesorgt werden.

Vorbereitung der Versuchstiere

Die Tiere werden den Kontroll- und Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zugeordnet. Sie werden individuell gekennzeichnet und über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen vor Behandlungsbeginn unter Laborbedingungen eingewöhnt. Zur individuellen Kennzeichnung der Tiere muss eine minimalinvasive Methode gewählt werden. Geeignete Methoden sind Anbringen von Ringen, Marken oder Mikrochips oder eine biometrische Identifizierung. Kupieren der Ohren oder Zehen ist bei diesen Tests wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Die Käfige sind so anzuordnen, dass sich ihre Position möglichst wenig auswirkt. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung des Körpergewichts der Tiere möglichst gering sein und nicht mehr als ± 20 % betragen.

Vorbereitung der Dosierung

Feste Prüfchemikalien sollten vor der Verabreichung an die Tiere in geeigneten Vehikeln gelöst oder suspendiert oder dem Futter oder Trinkwasser beigemischt werden. Flüssige Prüfchemikalien können direkt verabreicht oder zuvor verdünnt werden. Bei Exposition durch Inhalation können die Prüfchemikalien je nach ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften als Gas, Dampf oder festes/flüssiges Aerosol verabreicht werden (50) (51).

Es sind frische Zubereitungen der Prüfchemikalie zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Chemikalie bei Lagerung wird nachgewiesen und die entsprechenden Lagerbedingungen werden definiert.

Prüfbedingungen

Vehikel

Das Vehikel sollte bei den gewählten Dosierungen keine toxischen Wirkungen hervorrufen und nicht im Verdacht stehen, mit den Prüfchemikalien eine chemische Reaktion einzugehen. Werden keine allgemein bekannten Vehikel verwendet, so sind Daten zu deren Kompatibilität in Bezug auf Versuchstiere, Verabreichungsweg und Endpunkt beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wässrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Es ist zu beachten, dass einige Vehikel (insbesondere zähflüssige Vehikel) Entzündungen hervorrufen und die Background-Werte der DNA-Strangbrüche an der Kontaktstelle, insbesondere bei mehrfachen Verabreichungen, erhöhen können.

Kontrollen

Positivkontrollen

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollte jeder Versuch eine Gruppe von mindestens drei analysierbaren Tieren eines Geschlechts oder je Geschlecht, sofern beide Geschlechter verwendet werden (siehe Nummer 32), die mit einem Positivkontrollstoff behandelt wurden, umfassen. Möglicherweise kann die Eignung künftig adäquat nachgewiesen werden, sodass weniger Positivkontrollen erforderlich sind. Bei Verwendung mehrerer Probenahmezeitpunkte (z. B. bei Protokoll mit Einzelverabreichung) müssen nur bei einer Probenahme Positivkontrollen einbezogen werden. In einem solchen Fall sollte für einen ausgewogenen Versuchsplan gesorgt werden (siehe Nummer 48). Die gleichzeitig als Positivikontrollen verwendeten Stoffe müssen nicht auf demselben Weg verabreicht werden wie die Prüfchemikalie. Allerdings ist es wichtig, dass bei der Messung der Wirkungen an Kontaktstellen derselbe Verabreichungsweg angewandt wird. Die Positivkontrollstoffe sollten nachweislich DNA-Strangbrüche in allen für die Prüfchemikalie untersuchten Geweben induzieren. EMS ist wahrscheinlich der am besten geeignete Positivkontrollstoff, da er in allen untersuchten Geweben DNA-Strangbrüche hervorgerufen hat. Die Dosierungen der Positivkontrollstoffe sollten jeweils so gewählt werden, dass mäßige Wirkungen für eine kritische Bewertung der Leistungsfähigkeit und Empfindlichkeit des Tests erreicht werden. Sie könnten auf Dosis-Wirkungs-Kurven beruhen, die das Labor während des Nachweises seiner Kompetenz aufgestellt hat. Der prozentuale DNA-Anteil im Schweif bei Tieren, die gleichzeitig mit einer Positivkontrolle behandelt wurden, sollte mit dem vorab ermittelten Laborbereich für jedes Gewebe und jede Probenahmezeit für diese Tierart übereinstimmen (siehe Nummer 16). Beispiele für Positivkontrollstoffe und einige ihrer Zielgewebe (bei Nagern) sind Tabelle 1 zu entnehmen. In wissenschaftlich begründeten Fällen können auch andere als die in Tabelle 1 genannten Stoffe ausgewählt werden.

Tabelle 1

Beispiele für Positivkontrollstoffe und einige der jeweils zutreffenden Zielgewebe

Ethylmethansulfonat (CAS-Nr. 62-50-0) für sämtliche Gewebe

Ethylnitrosoharnstoff (CAS-Nr. 759-73-9) für Leber und Magen, Zwölffingerdarm oder Dünndarm

Methylmethansulfonat (CAS-Nr. 66-27-3) für Leber, Magen, Zwölffingerdarm oder Dünndarm, Lunge oder bronchoalveoläre Lavage-Zellen, Niere, Harnblase, Lunge, Hoden und Knochenmark/Blut

N-Methyl-N′-nitro-N-nitrosoguanidin (CAS-Nr. 70-25-7) für Magen, Zwölffingerdarm oder Dünndarm

1,2-Dimethylhydrazin-2HCl (CAS-Nr. 306-37-6) für Leber und Darm

N-methyl-N-nitrosoharnstoff (CAS-Nr. 684-93-5) für Leber, Knochenmark, Blut, Niere, Magen, Dünndarm und Hirn.

Negativkontrollen

Jeder Versuch sollte für jede Probenahmezeit und jedes Gewebe eine Gruppe von Negativkontrolltieren umfassen, die nur mit dem Vehikel und ansonsten auf dieselbe Weise wie die Behandlungsgruppen behandelt wurden. Der prozentuale DNA-Anteil im Schweif in den Negativkontrolltieren sollte innerhalb des vorab ermittelten Background-Bereichs des Labors für jedes Gewebe und jede Probenahmezeit für diese Tierart liegen (siehe Nummer 16). Liegen keine historischen oder veröffentlichten Kontrolldaten vor, aus denen hervorgeht, dass weder das gewählte Vehikel noch die Zahl der Verabreichungen oder der Verabreichungsweg schädliche oder genotoxische Wirkungen hervorruft, sollten Vorversuche vor der Komplettstudie durchgeführt werden, um die Akzeptanz der Vehikelkontrolle nachzuweisen.

VERFAHREN

Anzahl und Geschlecht der Tiere

Obwohl nur wenige Daten über weibliche Tiere vorliegen, die bei einem Vergleich zwischen den Geschlechtern in Bezug auf den Comet-Assay herangezogen werden können, reagieren männliche und weibliche Tiere bei anderen In-vivo-Genotoxizitätstest in der Regel ähnlich, sodass die meisten Studien an beiden Geschlechtern durchgeführt werden könnten. Daten, aus denen nennenswerte Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tieren hervorgehen (z. B. Unterschiede in der systemischen Toxizität, im Stoffwechsel, in der Bioverfügbarkeit usw., einschließlich unter anderem eine Dosisfindungsstudie) legen die Verwendung von Tieren beider Geschlechter nahe. In diesem Fall kann es angebracht sein, eine Studie an männlichen und weiblichen Tieren durchzuführen, z. B. als Teil einer Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung. Gegebenenfalls ist die Verwendung eines faktoriellen Versuchsplans geeignet, wenn beide Geschlechter einbezogen werden. Einzelheiten zur Analyse der Daten bei Verwendung eines solchen Versuchsplans sind in Anlage 2 enthalten.

Zu Beginn der Studie (und während des Kompetenznachweises) sollten die Gruppengrößen so festgelegt werden, dass man pro Gruppe mindestens fünf analysierbare Tiere eines Geschlechts — oder je Geschlecht, sofern beide Geschlechter einbezogen werden — erhält (weniger in der gleichzeitigen Positivkontrollgruppe — siehe Nummer 29). Sollte es sich beim Menschen um eine geschlechtsspezifische Exposition handeln, z. B. bei bestimmten Pharmazeutika, ist der Versuch an Tieren des betreffenden Geschlechts durchzuführen. Bei einer gemäß den unter Nummer 33 festgelegten Parametern durchgeführten Studie mit drei Dosisgruppen und gleichzeitigen Negativ- und Positivkontrollgruppen (wobei jede Gruppe aus fünf Tieren desselben Geschlechts besteht) kann als Richtwert für die üblicherweise erforderliche Höchstmenge an Tieren eine Anzahl von 25 bis 35 Versuchstieren angegeben werden.

BEHANDLUNGSPLAN

Die Tiere sollten täglich über einen Zeitraum von mindestens zwei Tagen behandelt werden (d. h. zwei oder mehr Behandlungen in Abständen von ungefähr 24 Stunden), und die Probenahme sollte einmal 2 bis 6 Stunden (oder zum Zeitpunkt Tmax) nach der letzten Behandlung erfolgen (12). Proben aus verlängerten Verabreichungsschemata (z. B. tägliche Dosierung über 28 Tage) sind zulässig. Es wurde nachgewiesen, dass der Comet-Assay erfolgreich mit dem Erythrozyten-Mikrokerntest kombiniert werden kann (10) (19). Jedoch sollte die Logistik im Zusammenhang mit Gewebeproben für die Comet-Analyse unter Berücksichtigung der Anforderungen an Gewebeproben für andere Arten von toxikologischen Bewertungen sorgfältig geplant werden. Die Probenahme 24 Stunden nach der letzten Verabreichung, was bei einer allgemeinen Toxizitätsstudie üblicherweise der Fall ist, ist in den meisten Fällen ungeeignet (siehe Nummer 40 zum Probenahmezeitpunkt). Die Anwendung anderer Behandlungs- und Probenahmepläne sollte begründet werden (siehe Anlage 3). Beispielsweise könnte eine Einzelbehandlung mit mehreren Probenahmen erfolgen, jedoch sollte in einem solchen Fall beachtet werden, dass bei einer Studie mit Einzelverabreichung mehrere Tiere benötigt werden, da mehrere Probenahmezeitpunkte erforderlich sind. Allerdings ist dies gelegentlich vorzuziehen, wenn beispielsweise die Prüfchemikalie eine übermäßige Toxizität nach wiederholter Verabreichung induziert.

Jede Art der Testdurchführung ist akzeptabel, solange die Prüfchemikalie eine positive Wirkung hervorruft oder im Falle einer Negativstudie die Exposition der Zielgewebe oder die Toxizität für diese Zielgewebe durch direkte oder indirekte Hinweise nachgewiesen wurde oder die Limit-Dosis erreicht wird (siehe Nummer 36).

Die Prüfchemikalien können auch in Form von zwei Teilmengen am selben Tag im Abstand von nicht mehr als 2 bis 3 Stunden verabreicht werden, wenn es sich um ein großes Volumen handelt. In diesen Fällen sollte der Zeitpunkt der Probenahme ausgehend vom Zeitpunkt der letzten Verabreichung geplant werden (siehe Nummer 40).

Dosierungen

Wenn zunächst eine Dosisfindungsstudie durchgeführt wird, da keine geeigneten Daten aus anderen einschlägigen Studien zur Dosierungswahl vorliegen, sollte diese im selben Labor unter Verwendung von Tieren derselben Art und Rasse und desselben Geschlechts sowie nach demselben Behandlungsverfahren stattfinden, die nach den gegenwärtigen Ansätzen für die Durchführung von Dosisfindungsstudien in der Hauptstudie zu verwenden sind. Ziel der Studie sollte sein, die maximal verträgliche Dosis (MTD) zu ermitteln, die als die Dosis definiert ist, die für die Dauer der Studie zu leichten toxischen Wirkungen (z. B. eindeutige klinische Anzeichen wie Abweichungen in Verhalten oder Reaktionen, geringer Rückgang des Körpergewichts oder zytotoxische Wirkung auf ein Zielgewebe) führt, jedoch weder zum Tod führt noch Anzeichen von Schmerzen, Leiden oder Ängsten hervorruft, die eine Tötung erforderlich machen würden. Bei einer nicht toxischen Prüfchemikalie beträgt die Höchstdosis (Limit-Dosis) bei einem Behandlungszeitraum von mindestens 14 Tagen 1 000  mg/kg Körpergewicht/Tag. Bei Behandlungszeiträumen von weniger als 14 Tagen beträgt die Höchstdosis (Limit-Dosis) 2 000  mg/kg Körpergewicht/Tag. Bei bestimmten Arten von Prüfchemikalien (z. B. Humanarzneimittel), die spezifischen Vorschriften unterliegen, können andere Grenzwerte gelten.

Chemikalien, die eine Sättigung der toxikokinetischen Eigenschaften aufweisen oder Entgiftungsprozesse einleiten, die nach einer Langzeitgabe möglicherweise zu einem Rückgang der Exposition führen, entsprechen möglicherweise nicht den Dosierungskriterien und sollten anhand einer Einzelfallprüfung bewertet werden.

Bei der akuten und subakuten Version des Comet-Assays sollten neben der Höchstdosis (MTD, maximal mögliche Dosis, maximale Expositionsdosis oder Limit-Dosis) eine absteigende Folge von mindestens zwei zusätzlichen Dosierungen mit geeignetem Abstand (vorzugsweise weniger als 10) für jeden Probenahmezeitpunkt gewählt werden, um dosisbezogene Wirkungen nachzuweisen. Jedoch sollten die verwendeten Dosierungen vorzugsweise einen Bereich vom Höchstwert bis zu einer Dosierung, die wenig oder keine Toxizität erzeugt, abdecken. Werden bei allen untersuchten Dosierungen toxische Wirkungen im Zielgewebe beobachtet, sind weitere Untersuchungen bei nichttoxischen Dosierungen anzuraten (siehe Nummern 54 und 55). Studien, in denen der Verlauf der Dosis-Wirkungs-Kurve umfassender untersucht werden soll, erfordern gegebenenfalls weitere Dosisgruppen.

Verabreichung

Bei der Versuchsplanung ist der zu erwartende Expositionsweg beim Menschen zu berücksichtigen. Daher können mit entsprechender Begründung Verabreichungswege wie etwa eine Aufnahme über die Nahrung, über das Trinkwasser, eine topische, subkutane, intravenöse, orale (über eine Magensonde), intratracheale Verabreichung, durch Inhalation oder Implantation, gewählt werden. In jedem Fall sollte der Verabreichungsweg so gewählt werden, dass eine angemessene Exposition des/der Zielgewebe(s) sichergestellt ist. Eine intraperitoneale Injektion wird in der Regel nicht empfohlen, da sie keinen typischen Expositionsweg beim Menschen darstellt; sie sollte nur mit spezieller Begründung angewandt werden (z. B. bestimmte Stoffe, die als Positivkontrollen verwendet werden, zu Untersuchungszwecken oder für einige intraperitoneal verabreichte Arzneimittel). Die Höchstmenge an Flüssigkeit, die je Gabe über eine Magensonde oder eine Injektion verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, bei wässrigen Lösungen können aber auch 2 ml/100 g Körpergewicht in Betracht gezogen werden. Werden größere Volumina verwendet (sofern durch Tierschutzvorschriften erlaubt), ist dies zu begründen. Soweit möglich sollten verschiedene Dosierungen durch Anpassung der Konzentration der Dosisformulierung erreicht werden, um bei allen Dosen ein konstantes Volumen im Verhältnis zum Körpergewicht sicherzustellen.

Probenahmezeitpunkt

Der Probenahmezeitpunkt ist eine kritische Variable, da er von dem Zeitraum abhängt, der erforderlich ist, bis die Prüfchemikalien ihre maximale Konzentration im Zielgewebe erreichen und DNA-Strangbrüche induziert werden; er muss jedoch vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem diese Brüche entfernt oder repariert werden oder zum Zelltod führen. Die Persistenz einiger Läsionen, die zu den im Comet-Assay nachgewiesenen DNA-Strangbrüchen führen, kann sehr kurz sein, zumindest bei einigen in vitro geprüften Chemikalien (52) (53). Wenn solche transienten DNA-Läsionen vermutet werden, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um deren Verlust zu verringern, indem sichergestellt wird, dass die Proben der Gewebe ausreichend früh, möglichst vor den nachfolgend angegebenen Standardzeiten, genommen werden. Die optimalen Probenahmezeitpunkte können chemikalien- oder pfadspezifisch sein, was z. B. zu einer raschen Gewebeexposition bei intravenöser Verabreichung oder bei Exposition durch Inhalation führt. Die Probenahmezeitpunkte sollten, sofern vorhanden, anhand von kinetischen Daten (z. B. Zeitpunkt (Tmax), zu dem die höchste Plasma- oder Gewebekonzentration (Cmax) erreicht wird oder im stabilen Zustand bei mehrfacher Verabreichung) bestimmt werden. Liegen keine kinetischen Daten vor, besteht ein akzeptabler Kompromiss für die Messung der Genotoxizität in der Probenahme 2 bis 6 Stunden nach der letzten Behandlung im Falle von zwei oder mehr Behandlungen oder 2 bis 6 und 16 bis 26 Stunden nach einer Einzelverabreichung. In einem solchen Fall ist jedoch darauf zu achten, dass alle Tiere gleichzeitig nach der letzten (oder einzigen) Dosis seziert werden. Ferner können Informationen über das Auftreten toxischer Wirkungen in Zielorganen (falls verfügbar) bei der Wahl geeigneter Probenahmezeitpunkte als Grundlage dienen.

Beobachtungen

Allgemeine klinische Beobachtungen in Bezug auf die Gesundheit der Tiere sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zum gleichen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen und protokolliert werden (54). Mindestens zweimal täglich sind alle Tiere auf Morbidität und Mortalität zu überprüfen. Bei länger andauernden Studien sollten alle Tiere mindestens einmal wöchentlich und am Ende des Prüfzeitraums gewogen werden. Die Futteraufnahme sollte bei jedem Futterwechsel und mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Wenn die Prüfchemikalie über das Trinkwasser verabreicht wird, sollte auch die Wasseraufnahme bei jedem Wasserwechsel und mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Tiere, die nicht letale Anzeichen übermäßiger Toxizität aufweisen, sollten vor Ende des Prüfzeitraums getötet werden und werden in der Regel nicht für die Comet-Analyse verwendet.

Gewebegewinnung

Da die Induktion von DNA-Strangbrüchen (Comets) praktisch in jedem Gewebe untersucht werden kann, sollte die Begründung der Auswahl der zu gewinnenden Gewebe eindeutig definiert werden und auf dem Grund für die Durchführung der Studie sowie vorliegenden Daten zu ADME, Genotoxizität, Karzinogenität oder sonstiger Toxizität für die untersuchte Prüfchemikalie beruhen. Wichtige zu berücksichtigende Faktoren sind der Verabreichungsweg (basierend auf dem bzw. den wahrscheinlichen Expositionspfaden beim Menschen), die vorhergesagte Resorption und Verteilung im Gewebe, die Rolle der Metabolisierung und der mögliche Wirkmechanismus der Prüfchemikalien. Die Leber ist das am häufigsten untersuchte Gewebe, für das auch die meisten Daten vorliegen. Wenn keine Hintergrundinformationen vorliegen und keine spezifischen zu untersuchenden Gewebe identifiziert werden, wäre daher eine Probenahme an der Leber gerechtfertigt, da sie ein primärer Ort des Metabolismus xenobiotischer Stoffe und häufig sowohl der/den ursprünglichen Chemikalie(n) als auch Metaboliten ausgesetzt ist. In einigen Fällen kann jedoch die Untersuchung einer direkten Kontaktstelle (z. B. bei oral verabreichten Chemikalien der Drüsenmagen oder Zwölffingerdarm/Dünndarm oder bei inhalierten Chemikalien die Lunge) am zweckmäßigsten sein. Zusätzliche oder alternative Gewebe sollten basierend auf den jeweiligen Gründen für die Durchführung des Versuchs gewählt werden. Allerdings kann es sinnvoll sein, mehrere Gewebe derselben Tiere zu untersuchen, vorausgesetzt, das Labor hat seine Kompetenz bei solchen Geweben sowie im Umgang mit mehreren Geweben gleichzeitig nachgewiesen.

Vorbereitung der Proben

Für die nachstehend (Nummern 44-49) beschriebenen Prozesse ist es wichtig, dass alle Lösungen oder stabilen Suspensionen vor ihrem Verfallsdatum verwendet oder bei Bedarf frisch zubereitet werden. In der nachfolgenden Beschreibung gelten die Zeiträume, um i) die einzelnen Gewebe nach der Sektion zu entnehmen, ii) die Gewebe in Zell-/Zellkernsuspensionen aufzuarbeiten und iii) die Suspension aufzuarbeiten und die Objektträger vorzubereiten, alle als kritische Variablen (siehe Definitionen in Anlage 1). Für jeden dieser Schritte sollte bei der Festlegung der Methode und beim Kompetenznachweis eine akzeptable Zeitdauer festgelegt worden sein.

Die Tiere werden im Einklang mit den einschlägigen Tierschutzvorschriften und nach dem 3R-Prinzip zu den entsprechenden Zeitpunkten nach der letzten Behandlung mit einer Prüfchemikalie getötet. Die ausgewählten Gewebe werden entfernt und seziert und ein Teil wird für den Comet-Assay gewonnen. Gleichzeitig sollte eine Sektion aus demselben Gewebeteil herausgeschnitten und für eine mögliche histopathologische Analyse (siehe Nummer 55) nach Standardmethoden (12) in eine Formaldehydlösung oder eine geeignete Fixierlösung gelegt werden. Das Gewebe für den Comet-Assay wird in einen Zerkleinerungspuffer gelegt, ausreichend mit kaltem Zerkleinerungspuffer gespült, um Restblut zu beseitigen, und bis zur Verarbeitung in eiskaltem Zerkleinerungspuffer aufbewahrt. Eine In-situ-Perfusion kann ebenfalls durchgeführt werden, z. B. bei Leber, Niere.

Es wurden zahlreiche Methoden für die Zell-/Zellkernisolierung veröffentlicht. Dazu gehören das Zerkleinern von Geweben wie beispielsweise Leber und Niere, das Abschaben der Schleimhautoberflächen des Magen-Darm-Trakts, die Homogenisierung und die enzymatische Verdauung. In der JaCVAM-Validierungsstudie wurden lediglich isolierte Zellen untersucht. Um die Methode festzulegen und um zwecks Nachweis der Kompetenz auf die JaCVAM-Versuchsdaten Bezug nehmen zu können, werden isolierte Zellen bevorzugt. Jedoch wurde gezeigt, dass sich das Testergebnis bei Verwendung von isolierten Zellen oder von Zellkernen nicht wesentlich unterschied (8). Ferner führten unterschiedliche Methoden für die Isolierung der Zellen (z. B. Homogenisierung, Zerkleinerung, enzymatische Verdauung und Siebfiltration) zu vergleichbaren Ergebnissen (55). Folglich können entweder isolierte Zellen oder Zellkerne verwendet werden. Das Labor sollte die gewebespezifischen Methoden zur Einzelzell-/Zellkernisolierung sorgfältig prüfen und validieren. Wie bereits unter Nummer 40 erwähnt, kann die Persistenz einiger Läsionen, die zu den vom Comet-Assay nachgewiesenen DNA-Strangbrüchen führen, sehr kurz sein (52) (53). Daher ist es ungeachtet der Methode für die Zubereitung der Einzelzell-/Zellkernsuspensionen wichtig, dass die Gewebe möglichst bald nach Tötung der Tiere aufbereitet und unter Bedingungen aufbewahrt werden, die den Verlust der Läsionen verringern (z. B. durch Lagerung bei niedriger Temperatur). Die Zellsuspensionen sollten bis zur Verwendung eiskalt aufbewahrt werden, sodass die Abweichungen zwischen Proben minimal sind und angemessene Reaktionen bei den Positiv- und Negativkontrollen nachgewiesen werden können.

VORBEREITUNG DER OBJEKTTRÄGER

Die Objektträger sollten schnellstmöglich (im Idealfall innerhalb einer Stunde) nach Zubereitung der Einzelzell-/Zellkernsuspensionen vorbereitet werden. Die Temperatur und die Zeit zwischen der Tötung der Tiere und der Vorbereitung der Objektträger sollten eng kontrolliert und unter Laborbedingungen validiert werden. Durch das Volumen der Zellsuspension, das der Agarose mit niedrigem Schmelzpunkt (gewöhnlich 0,5-1,0 %) zur Vorbereitung der Objektträger beigegeben wird, sollte der Anteil der Agarose mit niedrigem Schmelzpunkt nicht auf weniger als 0,45 % reduziert werden. Die optimale Zelldichte wird durch das Bildanalysesystem bestimmt, das zur Auswertung der Comets verwendet wird.

Lyse

Die Lysebedingungen stellen ebenfalls eine kritische Variable dar und können sich auf die Strangbrüche, die aus spezifischen Arten von DNA-Veränderungen resultieren (bestimmte Alkylierungen und Bildung von Addukten zu Basen der DNA), auswirken. Daher empfiehlt es sich, die Lysebedingungen bei allen Objektträgern innerhalb eines Versuchs so konstant wie möglich zu halten. Nach der Vorbereitung sollten die Objektträger mindestens eine Stunde (oder über Nacht) bei ungefähr 2-8 1 °C bei gedämpften Lichtverhältnissen (z. B. gelbes Licht (oder vor Licht geschützt)) zur Vermeidung einer Exposition gegenüber weißem Licht, das UV-Komponenten enthalten kann, in gekühlte Lyselösung eingelegt werden. Nach dieser Inkubationszeit sollten die Objektträger abgespült werden, um vor der alkalischen Entwindung Detergenz- und Salzreste zu beseitigen. Dies kann unter Verwendung von gereinigtem Wasser, neutralisierender Pufferlösung oder Phosphat-Pufferlösung erfolgen. Elektrophorese-Pufferlösung kann ebenfalls verwendet werden. Dies würde die alkalischen Bedingungen in der Elektrophoresekammer erhalten.

Entwindung und Elektrophorese

Die Objektträger sollten nach dem Zufallsprinzip auf die Plattform einer Unterwasser-Elektrophoreseapparatur gesetzt werden, die so viel Elektrophoreselösung enthält, dass die Oberflächen der Objektträger vollständig bedeckt sind (die Höhe der Bedeckung sollte bei allen Versuchsdurchführungen gleich sein). Bei anderen Arten von Comet-Assay-Elektrophoreseapparaturen, z. B. mit aktiver Kühlung, Umwälzung und Hochleistungsnetzteil, führt eine höhere Bedeckung durch das Lösungsmittel zu einer höheren Stromstärke bei konstanter Spannung. Die Objektträger sollten nach einem ausgewogenen Versuchsplan in den Elektrophoresetank eingelegt werden, damit die Wirkungen von Trends oder Randeffekte im Tank abgeschwächt und Schwankungen zwischen den Chargen möglichst gering gehalten werden. Dies bedeutet, dass jede Elektrophorese-Versuchsdurchführung die gleiche Anzahl von Objektträgern von jedem in der Studie eingeschlossenen Tier und Proben aus den verschiedenen Dosisgruppen, Negativ- und Positivkontrollen umfassen sollte. Die Objektträger sollten mindestens 20 Minuten im Elektrophoresetank belassen werden, damit die DNA sich entwinden kann, und dann unter kontrollierten Bedingungen elektrophoretisch untersucht werden. Diese Bedingungen sollten eine optimale Empfindlichkeit und dynamische Bandbreite des Tests garantieren (d. h. zu akzeptablen Werten des prozentualen DNA-Anteil im Schweif bei Negativ- und Positivkontrollen zur Optimierung der Empfindlichkeit führen). Das Ausmaß der DNA-Wanderung steht im linearen Verhältnis zur Dauer der Elektrophorese sowie zum Potenzial (V/cm). Auf der Grundlage der JaCVAM-Studie könnte dies 0,7 V/cm bei mindestens 20 Minuten sein. Die Dauer der Elektrophorese wird als kritische Variable betrachtet, und die Elektrophoresezeit sollte so eingestellt werden, dass die dynamische Bandbreite optimiert wird. Längere Elektrophoresezeiten (z. B. 30 oder 40 Minuten zur Maximierung der Empfindlichkeit) bewirken bei bekannten Mutagenen in der Regel stärkere Positivreaktionen. Allerdings können längere Elektrophoresezeiten auch zu einer übermäßigen Wanderung in den Kontrollproben führen. Die Spannung sollte in jedem Versuch konstant und die Variabilität der anderen Parameter in einem schmalen, festgelegten Bereich gehalten werden. In der JaCVAM-Studie ergab beispielsweise ein Wert von 0,7 V/cm eine anfängliche Stromstärke von 300 mA. Die Tiefe der Pufferlösung sollte so eingestellt werden, dass die erforderlichen Bedingungen erreicht und während des gesamten Versuchs eingehalten werden. Die Stromstärke am Anfang und Ende der Elektrophoresezeit sollte protokolliert werden. Daher sollten die optimalen Bedingungen während des anfänglichen Nachweises der Kompetenz im jeweiligen Labor bei jedem untersuchten Gewebe ermittelt werden. Die Temperatur der Elektrophoreselösung sollte während der Entwindung und Elektrophorese niedrig gehalten werden (in der Regel 2-10 1 °C) (10). Die Temperatur der Elektrophoreselösung am Anfang der Entwindung sowie am Anfang und Ende der Elektrophorese ist jeweils zu protokollieren.

Nach der Elektrophorese sollten die Objektträger mindestens 5 Minuten lang in die neutralisierende Pufferlösung eingelegt bzw. darin abgespült werden. Gele können angefärbt und „frisch“ (z. B. innerhalb von 1-2 Tagen) ausgewertet oder zur späteren Auswertung (z. B. innerhalb von 1-2 Wochen nach Anfärbung) dehydriert werden (56). Allerdings sollten die Bedingungen während des Nachweises der Kompetenz validiert und historische Daten für jede dieser Bedingungen gesondert erfasst und protokolliert werden. Im letzteren Fall sollten die Objektträger zur Dehydration mindestens 5 Minuten lang in reines Ethanol eingelegt, an der Luft getrocknet und bis zur Auswertung entweder bei Zimmertemperatur oder in einem Behälter in einem Kühlschrank aufbewahrt werden.

Messmethoden

Comets sollten mithilfe eines automatischen oder halbautomatischen Bildanalysesystems quantitativ ausgewertet werden. Die Objektträger werden mit einem geeigneten fluoreszierenden Farbstoff, z. B. SYBR Gold, Green I, Propidiumjodid oder Ethidiumbromid, angefärbt und mit geeigneter Vergrößerung (z. B. 200x) unter einem Mikroskop mit Epi-Fluoreszenz- und entsprechenden Detektoren oder mit einer Digitalkamera (z. B. CCD-Kamera) gemessen.

Die Zellen lassen sich, wie im Atlas of Comet Assay Images (57) beschrieben, in drei Kategorien einteilen, nämlich in auswertbar, nicht auswertbar und Hedgehog (weitere Ausführungen unter Nummer 56). Nur auswertbare Zellen (eindeutig definierter Kopf und Schweif, keine Interferenzen mit Nachbarzellen) sollten für den prozentualen DNA-Anteil im Schweif ausgewertet werden, um Artefakte zu vermeiden. Die Häufigkeit von nicht auswertbaren Zellen muss nicht angegeben werden. Die Häufigkeit von Hedgehogs sollte durch visuelle Auswertung (da das Fehlen eines klar definierten Kopfes bedeutet, dass sie mittels Bildanalyse nicht leicht erkannt werden) von mindestens 150 Zellen pro Probe (näheren Erläuterungen unter Nummer 56) bestimmt und gesondert dokumentiert werden.

Alle zu analysierenden Objektträger, einschließlich der Positiv- und Negativkontrollen, sollten vor der Analyse unabhängig kodiert und „blind“ ausgewertet werden, damit die Auswertung ohne Kenntnis der Behandlungsbedingungen erfolgt. Bei jeder Probe (pro Gewebe pro Tier) sollten mindestens 150 Zellen (ohne Hedgehogs — siehe Nummer 56) analysiert werden. Die Auswertung von 150 Zellen pro Tier bei mindestens fünf Tieren pro Dosis (weniger in der gleichzeitigen Positivkontrolle — siehe Nummer 29) gewährleistet entsprechend der Analyse von Smith et al., 2008, (5) eine hinreichende statistische Aussagekraft. Bei Verwendung von Objektträgern könnten dies zwei oder drei ausgewertete Objektträger pro Probe sein, wenn fünf Tiere pro Gruppe zum Einsatz kommen. Es sollten mehrere Bereiche des Objektträgers in einer solchen Dichte untersucht werden, dass eine Überschneidung von Schweifen ausgeschlossen ist. Die Auswertung am Rand der Objektträger ist zu vermeiden.

DNA-Strangbrüche im Comet-Assay können anhand von unabhängigen Endpunkten wie z. B. dem prozentualen DNA-Anteil im Schweif, der Schweiflänge und dem Schweifmoment gemessen werden. Sofern ein geeignetes Bildanalysesystem verwendet wird, können alle drei Messungen durchgeführt werden. Jedoch wird der prozentuale DNA-Anteil im Schweif (auch als prozentuale Schweif-Intensität bezeichnet) für die Bewertung und Interpretation der Ergebnisse empfohlen (12) (40) (41) (42). Dieser Anteil wird anhand der DNA-Fragmentintensität im Schweif, ausgedrückt als Prozentsatz der Gesamtintensität der Zelle, bestimmt (13).

Gewebeschädigung und Zytotoxizität

Positive Ergebnisse im Comet-Assay sind möglicherweise nicht allein auf Genotoxizität zurückzuführen sein. Auch toxische Wirkungen im Zielgewebe können eine Zunahme der DNA-Wanderung hervorrufen (12) (41). Hingegen ist bei bekannten Genotoxinen häufig eine geringe oder mäßige Zytotoxizität zu beobachten (12), was zeigt, dass der Comet-Assay alleine keine Unterscheidung zwischen DNA-Wanderung, die durch Genotoxizität ausgelöst wird, und durch Zytotoxizität hervorgerufener DNA-Wanderung erlaubt. Wenn jedoch eine Zunahme der DNA-Wanderung beobachtet wird, wird empfohlen, eine Untersuchung auf einen oder mehrere Indikatoren für Zytotoxizität durchzuführen, da dies bei der Interpretation der Ergebnisse hilfreich sein kann. Eine Zunahme der DNA-Wanderung ist bei Vorliegen eindeutiger Anzeichen von Zytotoxizität mit Vorsicht zu interpretieren.

Es wurden zahlreiche Messgrößen für die Zytotoxität vorgeschlagen, wobei histopathologische Veränderungen als relevante Messgröße für Gewebetoxizität gelten. Beobachtungen wie Entzündung, Zellinfiltration, apoptotische oder nekrotische Veränderungen wurden mit einer Zunahme der DNA-Wanderung in Verbindung gebracht. Wie die JaCVAM-Validierungsstudie (12) gezeigt hat, gibt es jedoch keine endgültige Liste der mit einer Zunahme der DNA-Wanderung stets einhergehenden, histopathologischen Veränderungen. Änderungen bestimmter biologischer Parameter (z. B. AST, ALT) können ebenfalls nützliche Informationen über die Gewebeschädigung liefern, und ferner können zusätzliche Indikatoren wie z. B. Caspase-Aktivierung, TUNEL-Färbung, Annexin-V-Färbung usw. in Betracht gezogen werden. Allerdings wurden über die Verwendung dieser Indikatoren in In-vivo-Studien nur wenig Daten veröffentlicht, und nicht alle sind gleich zuverlässig.

Hedgehogs (oder Clouds, Geisterzellen) sind Zellen, deren mikroskopisches Bild einen kleinen oder nicht existenten Kopf und lange, diffuse Schweife zeigt und die als schwer beschädigte Zellen gelten, obwohl die Genese der Hedgehogs unsicher ist (siehe Anlage 3). Aufgrund ihres Aussehens sind Messungen des prozentualen Anteils der Schweif-DNA mittels Bildanalyse unzuverlässig, weshalb Hedgehogs gesondert zu bewerten sind. Das Auftreten von Hedgehogs sollte vermerkt und angegeben werden, und jede relevante Zunahme, bei der davon ausgegangen wird, dass sie auf die Prüfchemikalie zurückzuführen ist, ist zu untersuchen und mit Vorsicht zu interpretieren. Bei solchen Überlegungen kann die Kenntnis der potenziellen Wirkungsweise der Prüfchemikalien von Nutzen sein.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Behandlung der Ergebnisse

Die Versuchseinheit ist das Tier. Daher sollten sowohl die Daten für die einzelnen Tiere als auch die zusammengefassten Ergebnisse in tabellarischer Form dargestellt werden. Aufgrund der hierarchischen Art der Daten wird empfohlen, für jeden Objektträger den Median des prozentualen Anteils der Schweif-DNA zu bestimmen und für jedes Tier den Mittelwert der Mediane zu berechnen (12). Anschließend wird der Mittelwert aus den Mittelwerten für die einzelnen Tiere bestimmt, um den Gruppenmittelwert zu erhalten. Alle diese Werte sind in den Bericht aufzunehmen. Alternative Ansätze (siehe Nummer 53) können verwendet werden, sofern dies wissenschaftlich und statistisch begründet ist. Statistische Analysen können nach verschiedenen Ansätzen durchgeführt werden (58) (59) (60) (61). Bei der Auswahl der anzuwendenden statistischen Methoden sollte die Notwendigkeit einer Transformation (z. B. Logarithmus oder Quadratwurzel) der Daten und/oder der Addition einer kleinen Zahl (z. B. 0,001) zu allen Werten (auch Werten ungleich Null), wie in den obigen Referenzdokumenten erörtert, berücksichtigt werden, um die Wirkungen von Null-Zellwerten abzuschwächen. Nähere Informationen zur Analyse von Wechselwirkungen zwischen Behandlung und Geschlecht bei Verwendung beider Geschlechter sowie zur nachfolgenden Analyse der Daten, wenn Unterschiede bestehen oder keine Unterschiede festgestellt werden, sind Anlage 2 zu entnehmen. Daten zur Toxizität bei Tieren und klinische Anzeichen sind ebenfalls anzugeben.

Gültigkeitskriterien

Die Akzeptanz eines Versuchs beruht auf folgenden Kriterien:

a.
Die Daten der gleichzeitigen Negativkontrolle gelten als zulässig für die Aufnahme in die Datenbank des Labors mit historischen Negativkontrolldaten (siehe Nummer 16).
b.
Gleichzeitige Positivkontrollen (siehe Nummer 29) sollten Reaktionen hervorrufen, die mit denen kompatibel sind, die in der Datenbank mit historischen Positivkontrollen generiert werden und gegenüber den gleichzeitigen Negativkontrollen eine statistisch signifikante Zunahme aufweisen.
c.
Eine angemessene Zahl an Zellen und Dosierungen wurde analysiert (Nummer 52 und Nummern 36, 37 und 38).
d.
Die Kriterien für die Wahl der höchsten Dosierung stimmen mit den unter Nummer 36 beschriebenen überein.

Bewertung und Interpretation der Ergebnisse

Unter der Voraussetzung, dass alle Gültigkeitskriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig positiv, wenn

a.
mindestens eine der Versuchsdosierungen eine statistisch signifikante Zunahme gegenüber der gleichzeitigen Negativkontrolle aufweist,
b.
ein geeigneter Trendtest zeigt, dass die Zunahme dosisabhängig ist,
c.
Ergebnisse außerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten für eine bestimmte Tierart, ein Vehikel, einen Verabreichungsweg, ein Gewebe und eine bestimmte Anzahl von Verabreichungen liegen.

Sind alle diese Kriterien erfüllt, wird davon ausgegangen, dass die Prüfchemikalie DNA-Strangbrüche in den in diesem Versuchssystem untersuchten Geweben auslösen kann. Sind nur ein oder zwei dieser Kriterien erfüllt, siehe Nummer 62.

Unter der Voraussetzung, dass alle Gültigkeitskriterien erfüllt sind, gilt eine Prüfchemikalie als eindeutig negativ, wenn

a.
keine der Versuchskonzentrationen eine statistisch signifikante Zunahme gegenüber der gleichzeitigen Negativkontrolle aufweist,
b.
ein geeigneter Trendtest zeigt, dass es keine dosisabhängige Zunahme gibt,
c.
alle Ergebnisse innerhalb der Verteilung der historischen Negativkontrolldaten für eine bestimmte Tierart, ein Vehikel, einen Verabreichungsweg, ein Gewebe und eine bestimmte Anzahl von Verabreichungen liegen,
d.
eine Exposition der Zielgewebe oder die Toxizität für die Zielgewebe direkt oder indirekt nachgewiesen wurde.

Es wird dann davon ausgegangen, dass die Prüfchemikalie keine DNA-Strangbrüche in den in diesem Versuchssystem untersuchten Geweben auslösen kann.

Bei einer eindeutig positiven oder negativen Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich.

In den Fällen, in denen die Reaktion, weder eindeutig negativ noch eindeutig positiv ist (d. h. nicht alle unter Nummer 59 oder 60 genannten Kriterien sind erfüllt), und um die biologische Relevanz eines Ergebnisses zu untermauern, sollten die Daten durch eine fachkundige Beurteilung bewertet und/oder weitere Untersuchungen durchgeführt werden, wenn dies wissenschaftlich begründet ist. Die Auswertung weiterer Zellen (soweit dies angebracht ist) oder die Durchführung eines Wiederholungsversuchs, möglicherweise unter optimierten Versuchsbedingungen (z. B. Abstände der Dosierungen, andere Verabreichungswege, andere Probenahmezeitpunkte oder andere Gewebe), könnte hilfreich sein.

In seltenen Fällen erlaubt der Datensatz selbst nach weiteren Untersuchungen keine definitive Aussage zu positiven oder negativen Ergebnissen, so dass die Reaktion als nicht eindeutig eingestuft wird.

Um die biologische Relevanz eines positiven oder mehrdeutigen Ergebnisses zu bewerten, sind Informationen zur Zytotoxizität für das Zielgewebe erforderlich (siehe Nummern 54 und 55). Wenn lediglich im Falle von eindeutigen Anzeichen für zytotoxische Wirkungen positive oder mehrdeutige Ergebnisse beobachtet werden, würde die Studie als nicht eindeutig im Hinblick auf die Genotoxizität abgeschlossen werden, außer wenn genügend Informationen vorliegen, die eine endgültige Schlussfolgerung zulassen. Bei einem negativen Studienergebnis mit Anzeichen für Toxizität bei allen untersuchten Dosierungen sind weitere Untersuchungen bei nichttoxischen Dosierungen anzuraten.

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie:

Herkunft, Partienummer, sofern vorhanden;
Stabilität der Prüfchemikalie, letztes Verwendungsdatum oder Datum für erneute Analyse, soweit bekannt.

Einkomponentige Substanz:

Aussehen, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, falls zutreffend und praktisch durchführbar usw.

Mehrkomponentige Substanz, UVCB-Stoffe und Gemische:

so weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten.

Lösungsmittel/Vehikel:

Begründung der Auswahl des Lösungsmittels/Vehikels;
Löslichkeit und Stabilität der Prüfchemikalie im Lösungsmittel/Vehikel, falls bekannt;
Zubereitung der Dosisformulierungen;
analytische Bestimmungen der Formulierungen (z. B. Stabilität, Homogenität, nominale Konzentrationen).

Versuchstiere:

verwendete Tierart/Rasse, wissenschaftliche und ethische Begründung für deren Wahl;
Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere;
Herkunft der Tiere, Haltungsbedingungen, Futter, Ausgestaltung der Käfige usw.;
individuelles Gewicht der Tiere am Anfang und am Ende des Versuchs, einschließlich Bereich, Mittelwert und Standardabweichung des Körpergewichts für jede Gruppe.

Prüfbedingungen:

Positiv- und Negativ-(Vehikel-/Lösungsmittel-)Kontrollen;
Ergebnisse einer Dosisfindungsstudie (falls durchgeführt);
Begründung der gewählten Dosisstufen;
Angaben zur Zubereitung der Prüfchemikalie;
Angaben zur Verabreichung der Prüfchemikalie;
Begründung des Verabreichungswegs;
Injektionsstelle (bei Studien mit subkutaner oder intravenöser Verabreichung);
Methoden für die Aufbereitung der Proben, falls verfügbar, histopathologische Analysen, insbesondere bei einer Chemikalie mit positiver Reaktion im Comet-Assay;
Begründung der Gewebeauswahl;
Methoden zur Überprüfung, ob die Prüfchemikalie ins Zielgewebe oder in den allgemeinen Kreislauf gelangt ist, im Falle negativer Ergebnisse;
tatsächliche Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag), berechnet aus der Konzentration der Prüfchemikalie im Futter/Wasser (ppm) und der Futter- bzw. Wasseraufnahme, falls zutreffend;
Angaben zu Futter- und Wasserqualität;
nähere Angaben zu Behandlungs- und Stichprobenentnahmeplänen und Begründungen der Wahl (z. B. toxikokinetische Daten, falls verfügbar);
Schmerzlinderungs-, Analgesiemethode;
Angaben zur Methode der humanen Tötung;
Verfahren zur Isolierung und Konservierung der Gewebe;
Methoden zur Zubereitung von Einzelzell-/Zellkernsuspensionen;
Herkunft und Partienummern aller Reagenzien (soweit möglich);
Methoden zur Bewertung der Zytotoxizität;
Elektrophoresebedingungen;
angewandte Anfärbemethoden und
Methoden zur Auswertung und Messung von Comets.

Ergebnisse:

gegebenenfalls allgemeine klinische Beobachtungen vor und während des Testzeitraums bei jedem Tier;
Nachweise für Zytotoxizität, falls untersucht;
bei Studien von mehr als einer Woche: individuelles Gewicht der Tiere während der Studie, einschließlich Bereich, Mittelwert und Standardabweichung des Körpergewichts für jede Gruppe; Futteraufnahme;
gegebenenfalls Dosis-Wirkungs-Beziehung;
für jedes Gewebe/Tier prozentualer DNA-Anteil im Schweif (oder andere Messwerte, falls ausgewählt) und Mediane pro Objektträger, Mittelwerte pro Tier und Mittelwerte pro Gruppe;
gleichzeitige und historische Negativkontrolldaten mit Bereichen, Mittelwerten/Medianen und Standardabweichungen für jedes bewertete Gewebe;
gleichzeitige und historische Positivkontrolldaten;
für andere Gewebe als die Leber Dosis-Wirkungs-Kurve, einschließlich Positivkontrolle. Diese kann auf den während des Nachweises der Kompetenz erfassten Daten basieren (siehe Nummern 16 und 17). Ferner sollte mit Verweisen auf die aktuelle Literatur belegt werden, dass Größenordnung und Streuung der Reaktionen auf die Kontrollen bei diesem Gewebe angemessen sind;
statistische Analysen und angewandte Methoden; Kriterien für die Einstufung einer Wirkung als positiv, negativ oder nicht eindeutig;
Häufigkeit von Hedgehogs in jeder Gruppe und pro Tier.

Erörterung der Ergebnisse

Schlussfolgerung

Referenzdokumente

LITERATURHINWEISE

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(49) Appendix A of the European Convention for the Protection of Vertebrate Animals used for Experimental and other Scientific Purposes (ETS No. 123)

(50) Kapitel B.8 dieses Anhangs: Prüfung auf subakute Toxizität nach Inhalation: 28-Tage-Test.

(51) Kapitel B.29 dieses Anhangs: Prüfung auf subchronische Toxizität nach Inhalation: 90-Tage-Test.

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(54) OECD (2002), „Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation“ , OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment, No. 19, OECD Publishing, Paris.

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(61) Lovell, D.P., T. Omori (2008), Statistical issues in the use of the Comet assay, Mutagenesis, Vol. 23/3, 171-82.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Alkalische Einzelzell-Gelelektrophorese : Empfindliches Verfahren zum Nachweis primärer DNA-Schädigungen auf Einzelzell-/Zellkernebene.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Comet : Kometähnliche Form, die Nucleoide nach Einwirkung eines elektrophoretischen Felds annehmen: Der Kopf ist der Zellkern, und der Schweif wird durch die DNA gebildet, die aufgrund des elektrischen Felds aus dem Zellkern gewandert ist.

Kritische Variable/kritischer Parameter : Dies ist eine Protokollvariable, bei der sich eine kleine Änderung erheblich auf die Schlussfolgerung des Tests auswirken kann. Kritische Variablen können gewebespezifisch sein. Kritische Variablen sollten (insbesondere innerhalb eines Tests) nicht geändert werden, ohne zu prüfen, wie sich die Änderung auf die Assay-Reaktion auswirkt, wie beispielsweise durch die Größenordnung und Variabilität bei den Positiv- und Negativkontrollen angedeutet. Im Prüfbericht sollten Änderungen an kritischen Variablen, die während des Tests oder gegenüber dem Standardprotokoll des Labors vorgenommen wurden, angegeben und einzeln begründet werden.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Schweif-Intensität oder % DNA im Schweif : Dies entspricht der Intensität des Comet-Schweifs bezogen auf die Gesamtintensität (Kopf plus Schweif) und spiegelt den als Prozentsatz ausgedrückten Anteil der DNA-Schädigung wider.

UVCB : Stoffe mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

Anlage 2

FAKTORIELLER VERSUCHSPLAN ZUR ERMITTLUNG GESCHLECHTSSPEZIFISCHER UNTERSCHIEDE BEIM IN-VIVO-COMET-ASSAY

Faktorieller Versuchsplan und Analyse

Bei diesem Versuchsplan werden mindestens fünf männliche und fünf weibliche Tiere je Konzentration getestet. Dies ergibt einen Versuch, bei dem mindestens 40 Tiere verwendet werden (20 männliche und 20 weibliche zzgl. entsprechender Positivkontrollen).

Der Versuchsaufbau, der zu den einfacheren faktoriellen Versuchsplänen zählt, entspricht einer zweifaktoriellen Varianzanalyse, wobei Geschlecht und Konzentration die Hauptfaktoren sind. Die Daten können anhand vieler Standard-Statistiksoftwareanwendungen wie SPSS, SAS, STATA oder Genstat oder auch mit R analysiert werden.

Bei der Analyse wird die Varianz im Datensatz in die zwischen den Geschlechtern, die zwischen den Konzentrationen und die in Zusammenhang mit den Interaktionen zwischen den Geschlechtern und Konzentrationen partinioniert. Jeder der Terme wird anhand eines Schätzwerts der Varianz zwischen den Replikatversuchstieren innerhalb der gleichgeschlechtlichen Tiergruppen überprüft, die die gleiche Konzentration erhalten haben. Die zugrundeliegende Methodik ist in vielen Standardwerken zur Statistik (siehe Referenzdokumente) und in den in Statistiksoftware-Pakten mitgelieferten Hilfe-Funktionen im Einzelnen beschrieben.

Die Analyse erfolgt durch Prüfung des Terms der Interaktion „Geschlecht x Konzentration“ in der ANOVA-Tabelle . Liegt kein signifikanter Term für die Interaktion vor, ergeben die kombinierten Werte für beide Geschlechter oder mehrere Konzentrationen eine zulässige Grundlage für statistische Tests zwischen den Konzentrationen aufgrund des Terms der ANOVA für die Varianz der innerhalb eines solchen Gruppe zusammengefassten Werte.

Die Analyse wird fortgesetzt mit der Partitionierung der geschätzten Varianz zwischen den Konzentrationen in kontrastierende Klassen, die die Grundlage bilden für einen Test auf lineare und quadratische Abhängigkeit der Reaktionen bei den verschiedenen Konzentrationen. Liegt dagegen eine signifikante Interaktion „Geschlecht x Konzentration“ vor, so kann dieser Term auch in Gegenüberstellung der Interaktion „linear x Geschlecht“ und „quadratisch x Geschlecht“ partitioniert werden. Anhand dieser Terme kann geprüft werden, ob die Reaktionen auf die Konzentrationen bei beiden Geschlechtern parallel verlaufen oder ob die Geschlechter unterschiedlich reagieren.

Der Schätzwert für die Varianz der innerhalb der Gruppen zusammengefassten Werte kann als Grundlage für paarweise Tests zu Abweichungen zwischen den Mittelwerten dienen. Diese Vergleiche könnten zwischen den Mittelwerten für die beiden Geschlechter und zwischen den Mittelwerten für die verschiedenen Konzentrationen durchgeführt werden, beispielsweise um einen Vergleich mit den Negativkontrollen vorzunehmen. Bei signifikanter Interaktion können die Mittelwerte verschiedener Konzentrationen innerhalb eines Geschlechts oder die Mittelwerte beider Geschlechter bei derselben Konzentration verglichen werden.

Referenzdokumente

Es sind viele Werke zur Statistik erhältlich, in denen die Theorie, der Aufbau, die Methodik, die Analyse und die Interpretation faktorieller Versuchspläne erörtert werden, von einfachen Zweifaktorenanalysen bis hin zu komplexeren Formen, wie sie in der „Design of Experiment“-Methode verwendet werden. Die folgende Auflistung ist nicht erschöpfend. Einige Bücher enthalten Beispiele für die Anwendung vergleichbarer Versuchspläne, in einigen Fällen auch mit einem Code zur Durchführung der Analysen unter Verwendung verschiedener Softwarepakete.

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(6) Winer, B.J. (1971) Statistical Principles in Experimental Design. McGraw Hill.

(7) Wu, C.F.J & Hamada, M.S. (2009) Experiments: Planning, Analysis and Optimization. John Wiley & Sons Inc.

Anlage 3

GEGENWÄRTIGE EINSATZGRENZEN DES TESTS

Nach aktuellem Kenntnisstand sind mit dem In-vivo-Comet-Assay verschiedene Einsatzgrenzen verbunden. Es wird davon ausgegangen, dass diese Einsatzgrenzen in dem Maße verringert oder enger definiert werden, wie zunehmende Erfahrungen mit der Anwendung des Tests zur Klärung von Sicherheitsfragen in einem regulatorischen Umfeld beitragen.

1.
Einige Arten von DNA-Schädigungen können kurzlebig sein, d. h. zu rasch repariert werden, um 24 Stunden oder noch später nach der letzten Dosis beobachtet werden zu können. Es liegt weder eine Liste der Arten von kurzlebigen Schädigungen noch der Chemikalien vor, die diese Art von Schädigung wahrscheinlich auslösen, und es ist zudem nicht bekannt, über welchen Zeitraum diese Art von Schädigung nachweisbar ist. Die optimalen Probenahmezeitpunkte können außerdem spezifisch für die jeweilige Chemikalie oder den Verabreichungsweg sein und sollten auf kinetischen Daten (z. B. Zeitpunkt Tmax, zu dem die höchste Plasma- oder Gewebekonzentration erreicht wird) basieren, falls solche Daten vorliegen. In den meisten Validierungsstudien, auf die sich diese Prüfmethode stützt, wurde eine Sektion 2 oder 3 Stunden nach Verabreichung der letzten Dosis angegeben. In der veröffentlichten Literatur wird beschrieben, dass bei den meisten Studien die letzte Dosis 2 bis 6 Stunden vor der Tötung verabreicht wurde. Daher wurden diese Versuche als Grundlage für die Empfehlung in der Prüfmethode verwendet, wonach in Ermangelung von Daten, die eine andere Vorgehensweise nahelegen, die letzte Dosis zu einem festgelegten Zeitpunkt zwischen 2 und 6 Stunden vor der Sektion verabreicht werden sollte.
2.
Es gibt keine validierten Daten zur Empfindlichkeit des Versuchs in Bezug auf den Nachweis kurzlebiger DNA-Schädigungen nach Verabreichung im Futter oder Trinkwasser im Vergleich zur Verabreichung über eine Magensonde. DNA-Schädigungen nach Verabreichung im Futter oder Trinkwasser wurden zwar nachgewiesen, aber es gibt nur wenige solcher Berichte verglichen mit der weitaus größeren Erfahrung mit Magensonden und intraperitonealer Verabreichung. Somit kann die Empfindlichkeit des Tests bei Chemikalien, die bei Verabreichung im Futter oder Trinkwasser kurzlebige Schädigungen auslösen, reduziert sein.
3.
Da keine Interlaborstudien an anderen Geweben als Leber und Magen durchgeführt wurden, gibt es keine Empfehlung dazu, wie eine empfindliche und reproduzierbare Reaktion in anderen Geweben als Leber, wie z. B. zu erwartende Bereiche bei Positiv- und Negativkontrollen, zu erreichen ist. Für die Leber konnte ferner keine Einigung über die Festlegung einer niedrigeren Grenze für den Negativkontrollwert erzielt werden.
4.
Obwohl in verschiedenen Veröffentlichungen die unklare zytotoxische Wirkung in vitro aufgezeigt wurde, wurden nur sehr wenige In-vivo-Daten veröffentlicht, sodass keine einzelne Messgröße für die Zytotoxizität empfohlen werden konnte. Histopathologische Veränderungen wie Entzündung, Zellinfiltration, apoptotische oder nekrotische Veränderungen wurden mit einer Zunahme der DNA-Wanderung in Verbindung gebracht. Wie die JaCVAM-Validierungsstudie (OECD, 2014) gezeigt hat, führen diese Veränderungen nicht immer zu positiven Comet-Ergebnissen, sodass keine endgültige Liste der stets mit einer Zunahme der DNA-Wanderung einhergehenden, histopathologischen Veränderungen vorliegt. Es wurde vorgeschlagen, Hedgehogs (oder Clouds, Geisterzellen) als Indikator für Zytotoxizität zu verwenden, doch die Genese der Hedgehogs ist unklar. Es liegen Daten vor, die darauf hindeuten, dass sie durch Zytotoxizität der Chemikalien, mechanisch/enzyminduzierte Schäden, die während der Aufbereitung der Proben hervorgerufen werden (Guerard et al., 2014), und/oder eine extremere Wirkung der Genotoxizität der Prüfchemikalie verursacht werden können. Andere Daten scheinen darauf hinzudeuten, dass sie auf umfangreiche, aber vielleicht reparierbare DNA-Schädigungen zurückzuführen sind (Lorenzo et al., 2013).
5.
Gewebe oder Zellkerne wurden erfolgreich für eine spätere Analyse eingefroren. Dies führt gewöhnlich zu einem messbaren Effekt bei der Reaktion auf die Vehikel- und Positivkontrolle (Recio et al., 2010; Recio et al., 2012; Jackson et al., 2013). Wenn das Labor dieses Verfahren anwendet, sollte es seine Kompetenz bei Einfriermethoden nachweisen und belegen, dass die Bereiche der prozentualen DNA-Anteile im Schweif in den Zielgeweben bei den mit dem Vehikel behandelten Tieren ausreichend niedrig sind und positive Reaktionen noch nachweisbar sind. In der Literatur wurden verschiedene Methoden für das Einfrieren von Gewebe beschrieben. Allerdings besteht kein Einvernehmen darüber, wie Gewebe am besten einzufrieren und aufzutauen sind und wie zu bewerten ist, ob eine potenziell geänderte Wirkung die Empfindlichkeit des Tests beeinträchtigen kann.
6.
Neuere Arbeiten zeigen, dass davon auszugehen ist, dass die Liste der kritischen Variablen weiter verkürzt wird und die Parameter für kritische Variablen näher definiert werden (Guerard et al., 2014).

Referenzdokumente

(1) Guerard, M., C. Marchand, U. Plappert-Helbig (2014), Influence of Experimental Conditions on Data Variability in the Liver Comet Assay, Environmental and Molecular Mutagenesis, Vol. 55/2, pp. 114-21.

(2) Jackson, P. et al. (2013), Validation of use of frozen tissues in high-throughput comet assay with fully-automatic scoring, Mutagenesis, Vol. 28/6, pp. 699-707.

(3) Lorenzo, Y. et al. (2013), The comet assay, DNA damage, DNA repair and cytotoxicity: hedgehogs are not always dead,Mutagenesis, Vol. 28/4, pp. 427-32.

(4) OECD (2014), Reports of the JaCVAM initiative international pre-validation and validation studies of the in vivo rodent alkaline comet assay for the detection of genotoxic carcinogens, Series on Testing and Assessment, Nos. 195 and 196, OECD Publishing, Paris.

(5) Recio L, Hobbs C, Caspary W, Witt KL, (2010), Dose-response assessment of four genotoxic chemicals in a combined mouse and rat micronucleus (MN) and Comet assay protocol, J. Toxicol. Sci. 35:149-62.

(6) Recio, L. et al. (2012), Comparison of Comet assay dose-response for ethyl methanesulfonate using freshly prepared versus cryopreserved tissues, Environmental and Molecular Mutagenesis, Vol. 53/2, pp. 101-13.



TEIL C: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER ÖKOTOXIZITÄT

TEIL C: METHODEN ZUR BESTIMMUNG DER ÖKOTOXIZITÄT

C.1.   AKUTE TOXIZITÄT FÜR FISCHE

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Mit diesem Test soll die akute letale Toxizität einer Substanz für Fische in Süßwasser bestimmt werden. So weit wie möglich sollten Angaben über die Wasserlöslichkeit, den Dampfdruck, die chemische Stabilität, die Dissoziationskonstanten und die biologische Abbaubarkeit der Substanz vorhanden sein, um die Auswahl der am besten geeigneten Prüfmethode (statisch, semistatisch oder im Durchfluss) zur Sicherstellung ausreichend konstanter Konzentrationen der Prüfsubstanz während des gesamten Prüfzeitraums zu erleichtern.

Weitere Angaben (z. B. Strukturformel, Reinheitsgrad, Art und Prozentanteil signifikanter Verunreinigungen, Vorhandensein und Menge von Zusätzen, sowie der n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient) sind sowohl bei der Planung der Prüfung als auch bei der Interpretation der Prüfergebnisse zu berücksichtigen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Unter akuter Toxizität wird die deutlich erkennbare schädigende Wirkung verstanden, die in einem Organismus innerhalb kurzer Zeit (Tage) durch Einwirkung (Exposition) eines Stoffes hervorgerufen wird. In der vorliegenden Prüfung wird die akute Toxizität als die mittlere letale Konzentration (LC50) ausgedrückt; das ist die Konzentration im Wasser, die 50 % einer Prüfgruppe von Fischen innerhalb einer anzugebenden ununterbrochenen Einwirkungsdauer tötet.

Alle Konzentrationen der Prüfsubstanz sind in Gewicht/Volumen (mg/l) anzugeben. Sie können auch als Gewichtsanteile (mg/kg) angegeben werden.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Eine Referenzsubstanz kann geprüft werden, um nachzuweisen, dass sich die Reaktion des Prüfsystems unter den Bedingungen der Prüfeinrichtung nicht wesentlich geändert hat.

Referenzsubstanzen sind für diesen Test noch nicht festgelegt.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Es kann ein Limit-Test mit 100 mg.l-1 durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LC50 über dieser Konzentration liegt.

Die Fische werden der dem Wasser zugesetzten Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 96 Stunden verschiedenen Konzentrationen ausgesetzt. Die Mortalitäten werden mindestens alle 24 Stunden erfasst; soweit möglich, werden bei jeder Beobachtung auch die Konzentrationen berechnet, die 50 % der Fische töten (LC50).

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Qualitätskriterien gelten für den Limit-Test wie auch für das vollständige Prüfverfahren.

Die Mortalität darf bei den Kontroll-Prüfsystemen am Ende der Prüfung 10 % (bzw. einen Fisch, wenn weniger als 10 verwendet werden) nicht überschreiten.

Die Sauerstoffkonzentration muss über die gesamte Prüfdauer mehr als 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts betragen:

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz sollen über den gesamten Prüfzeitraum bei bis zu 80 % der Anfangskonzentrationen gehalten werden.

Bei Substanzen, die im Prüfmedium leicht löslich sind und stabile Lösungen ergeben, d. h. Lösungen, die sich nicht in signifikantem Maße verflüchtigen oder nicht in einem solchen Maße abgebaut, hydrolisiert oder adsorbiert werden, kann die Anfangskonzentration als der nominalen Konzentration gleichwertig angesehen werden. Es ist nachzuweisen, dass die Konzentrationen über den gesamten Prüfzeitraum aufrechterhalten und die Qualitätskriterien erfüllt worden sind.

Bei Substanzen, die

i)
im Prüfmedium schwer löslich sind oder
ii)
stabile Emulsionen oder Dispersionen bilden können oder
iii)
in wässrigen Lösungen nicht stabil sind,

soll die Anfangskonzentration diejenige Konzentration sein, die bei Prüfbeginn in der Lösung (oder, wenn dies aus technischen Gründen nicht möglich ist, in der Wassersäule) gemessen worden ist. Die Konzentration soll nach einer Zeit der Äquilibrierung, jedoch vor Einbringen der Prüforganismen, bestimmt werden.

In all diesen Fällen müssen weitere Messungen im Verlauf der Prüfung durchgeführt werden, um zu bestätigen, dass die Expositionskonzentrationen tatsächlich erreicht und die Qualitätskriterien erfüllt worden sind.

Der pH-Wert darf nicht um mehr als eine Einheit schwanken.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Für die Durchführung der Prüfung aufgrund der vorliegenden Methode sind drei Verfahren möglich:

Statisches Verfahren

Toxizitätsprüfung, wobei das Prüfmedium während der Prüfdauer nicht erneuert wird.

Semistatisches Verfahren

Das Prüfmedium wird regelmäßig nach einem längeren Zeitraum (z. B. 24 Stunden) vollständig ausgewechselt.

Durchflussverfahren

Das Prüfmedium wird ständig erneuert, wobei die Prüfsubstanz mit dem Wasser für die Erneuerung des Prüfmediums eingebracht wird.

1.6.1.   Reagenzien

1.6.1.1.   Lösungen der Prüfsubstanzen

Die Stammansätze in den erforderlichen Konzentrationen werden durch Lösung der Prüfsubstanz in deionisiertem Wasser oder Wasser entsprechend 1.6.1.2 hergestellt.

Die gewählten Prüfkonzentrationen werden durch Verdünnung des Stammansatzes zubereitet. Bei hohen Konzentrationen kann die Prüfsubstanz unmittelbar im Verdünnungswasser gelöst werden.

Die Substanzen sollen im Allgemeinen nur bis zur Löslichkeitsgrenze geprüft werden. Bei einigen Substanzen (z. B. bei solchen mit geringer Wasserlöslichkeit oder hohem Pow oder solchen, die im Wasser eher eine stabile Dispersion als eine echte Lösung bilden), kann es angezeigt sein, eine Prüfkonzentration zu verwenden, die oberhalb der Löslichkeitsgrenze der Substanz liegt, um sicherzustellen, dass die höchste lösliche/stabile Konzentration erreicht worden ist. Wichtig ist jedoch, dass diese Konzentration das Prüfsystem nicht auf sonstige Weise stört (z. B. durch Bildung eines Substanzfilms auf der Wasseroberfläche, durch den die Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff verhindert wird).

Durch Ultraschalldispersion, Verwendung organischer Lösungsmittel und emulgierender oder dispergierender Mittel können Stammansätze von Prüfsubstanzen mit geringer Wasserlöslichkeit hergestellt oder deren Dispersion im Prüfmedium gefördert werden. Werden derartige Hilfsstoffe verwendet, müssen alle Prüfkonzentrationen die gleiche Menge des Hilfsstoffes enthalten, und zusätzliche Kontroll-Fische müssen derselben Konzentration an Hilfsstoffen ausgesetzt werden, wie sie in der Prüfreihe verwendet wurde. Die Konzentration derartiger Hilfsstoffe sollte niedrig gehalten werden, in keinem Fall jedoch 100 mg.l-1 im Prüfmedium überschreiten.

Die Prüfung ist ohne eine Einstellung des pH-Wertes durchzuführen. Gibt es Anzeichen für eine deutliche Änderung des pH-Wertes, wird empfohlen, die Prüfung mit einer pH-Wert-Einstellung zu wiederholen und die Ergebnisse entsprechend zu protokollieren. In diesem Fall ist der pH-Wert des Stammansatzes auf den pH-Wert des Verdünnungswassers einzustellen, falls nicht bestimmte Gründe dagegen sprechen. Hierzu sind möglichst HCl und NaOH zu verwenden. Die pH-Wert-Einstellung muss so erfolgen, dass sich die Konzentration der Prüfsubstanz im Stammansatz nicht wesentlich ändert. Sollte sich durch die Einstellung eine chemische Reaktion oder eine physikalische Ausfüllung der Prüfsubstanz ergeben, so muss diese Beobachtung im Prüfbericht protokolliert werden.

1.6.1.2.   Hälterungs- und Verdünnungswasser

Verwendet werden kann Leitungswasser (Trinkwasser) (nicht verunreinigt durch potenziell schädliche Konzentrationen an Chlor, Schwermetallen oder anderen Substanzen), einwandfreies natürliches Wasser oder zubereitetes Wasser (siehe Anlage 1). Am besten geeignet sind Wasserqualitäten mit einer Gesamthärte zwischen 10 und 250 mg.l-1 (bezogen auf CaCO3) und einem pH-Wert zwischen 6,0 und 8,5 .

1.6.2.   Geräte

Alle Geräte müssen aus chemisch inertem Material bestehen:

Einrichtungen zur automatischen Verdünnung (für das Durchfluss-Verfahren),
Sauerstoffmessgerät,
Gerät zur Bestimmung der Wasserhärte,
geeignetes Gerät zur Temperaturmessung,
pH-Messgerät.

1.6.3.   Prüforganismen

Die Fische müssen in guter gesundheitlicher Verfassung sein und dürfen keine offensichtlichen Missbildungen aufweisen.

Es wird empfohlen, die verwendeten Arten nach so wichtigen praktischen Kriterien wie ihrer Verfügbarkeit im ganzen Jahr, ihrer problemlosen Hälterung, ihrer Eignung für Prüfzwecke, ihrer relativen Empfindlichkeit gegenüber Chemikalien sowie anderen ökonomisch, biologisch oder ökologisch bedeutsamen Faktoren auszuwählen. Außerdem sollten bei der Auswahl der Fischarten die Notwendigkeit der Vergleichbarkeit der erhaltenen Daten und die bestehende internationale Harmonisierung (vgl. (1)) berücksichtigt werden.

Eine Liste der für die Prüfung empfohlenen Fischarten ist in Anlage 2 enthalten; bevorzugt verwendet werden Zebrabärblinge und Regenbogenforelle.

1.6.3.1.   Hälterung

Die Fische sollten möglichst aus einer einzigen Charge bei etwa gleicher Länge und gleichem Alter stammen. Sie müssen mindestens 12 Tage unter folgenden Bedingungen gehältert werden:

Besatz

Entsprechend dem Verfahren (Umwälzanlage oder Durchfluss) und der Fischart.

Wasser

Siehe 1.6.1.2.

Beleuchtung

12 bis 16 Stunden Beleuchtungsdauer täglich.

Konzentration an gelöstem Sauerstoff

Mindestens 80 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts.

Fütterung

Dreimal wöchentlich oder täglich, Aussetzung der Fütterung 24 Stunden vor Beginn der Fütterung.

1.6.3.2.   Mortalität

Nach einer Eingewöhnungszeit von 48 Stunden wird die Mortalität unter Anwendung folgender Kriterien erfasst:

bei mehr als 10 % der Population in sieben Tagen:— Die Charge ist nicht verwendbar für den Test;
zwischen 5 und 10 % der Population:

— Die Hälterungszeit ist weitere sieben Tage fortzusetzen.

— Treten keine weiteren Sterbefälle auf, ist die Charge für die Prüfung verwendbar, ansonsten nicht;

bei 5 % und weniger der Population:— Die Charge ist für die Prüfung verwendbar.

1.6.4.   Anpassung

Alle Fische sind für eine Mindestdauer von sieben Tagen vor ihrem Einsatz in der Prüfung in Wasser derselben Qualität und bei der gleichen Temperatur einzusetzen, wie es in der Prüfung verwendet wird.

1.6.5.   Durchführung der Prüfung

Ein Vorversuch kann der eigentlichen Prüfung vorangehen. Dieser Vorversuch liefert Informationen über den in der eigentlichen Prüfung zu verwendenden Konzentrationsbereich.

Zusätzlich zu den Konzentrationen der Prüfsubstanz sind eine Kontrolle ohne die Prüfsubstanz und ggf. eine Kontrolle mit dem Hilfsstoff einzusetzen.

In Abhängigkeit von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz ist zur Erfüllung der Qualitätskriterien eine Prüfung in einem statischen, semistatischen oder Durchfluss-Verfahren auszuwählen.

Die Fische werden der Prüfsubstanz, wie im Folgenden beschrieben, ausgesetzt:

Dauer: 96 Stunden;
Anzahl der Tiere: mindestens 7 je Konzentration;
Behälter: geeignetes Fassungsvermögen im Verhältnis zum empfohlenen Besatz;
Besatz: Als Höchstbesatz werden im statischen und semistatischen Verfahren 1,0 g.l-1 empfohlen; im Durchfluss-Verfahren ist ein höherer Besatz möglich;
Prüfkonzentration: mindestens fünf Konzentrationen, die sich durch einen konstanten Faktor unterscheiden, der 2,2 nicht überschreiten darf, und die den Bereich von 0 % bis 100 % Mortalität so weit wie möglich umfassen;
Wasser: siehe 1.6.1.2;
Beleuchtung: 12 bis 16 Stunden Beleuchtungsdauer täglich;
Temperatur: entsprechend der Fischart (Anlage 2), jedoch innerhalb ± 1 oC bei jeder einzelnen Prüfung;
Konzentration an gelöstem Sauerstoff: nicht unter 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts bei der gewählten Temperatur;
Fütterung: keine.

Die Fische werden nach den ersten 2 bis 4 Stunden und mindestens alle 24 Stunden beobachtet. Ein Fisch gilt als tot, wenn bei Berührung des Schwanzansatzes keine Reaktion erfolgt und wenn keine Atembewegungen erkennbar sind. Tote Fische sind, sobald sie bemerkt werden, zu entfernen und entsprechend zu protokollieren. Für den Prüfbericht sind außerdem weitere sichtbare Veränderungen zu erfassen (z. B. Gleichgewichtsverlust, Änderungen des Schwimmverhaltens, der Atmung, der Pigmentierung usw.).

Messungen des pH-Wertes, des Gehalts an gelöstem Sauerstoff und der Temperatur müssen täglich erfolgen.

Limit-Test

Unter Verwendung der bei diesem Prüfverfahren beschriebenen Methoden kann ein Limit-Test mit 100 mg.l-1 durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LC50 über dieser Konzentration liegt.

Wenn die Substanz so beschaffen ist, dass eine Konzentration von 100 mg/l im Prüfwasser nicht erreicht werden kann, ist der Limit-Test mit einer Konzentration durchzuführen, die der Löslichkeit der Substanz (oder der höchsten Konzentration, die eine stabile Dispersion bildet) im verwendeten Medium entspricht (vgl. auch Abschnitt 1.6.1.1).

Im Limit-Test sollten 7 bis 10 Fische untersucht und die gleiche Anzahl als Kontrollen verwendet werden. (Nach dem Binomischen Lehrsatz liegt bei Verwendung von 10 Fischen mit Null-Mortalität die Wahrscheinlichkeit bei 99,9 %, dass die LC50 höher ist als die im Limit-Test verwendete Konzentration. Bei 7, 8 oder 9 Fischen ergibt eine Null-Mortalität eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 99 %, dass die LC50 höher ist als die verwendete Konzentration.)

Bei Vorliegen von Sterbefällen ist das vollständige Verfahren anzuwenden. Wenn subletale Wirkungen beobachtet werden, sind diese zu protokollieren.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die Mortalität wird für jeden Zeitraum, in dem Beobachtungen protokolliert wurden (24, 48, 72 und 96 Stunden), für jede empfohlene Expositionsdauer auf Wahrscheinlichkeits-(Probit-)papier (mit logarithmischer Einteilung) gegen die Konzentration aufgetragen.

Soweit möglich, sollten die LC50 und der jeweilige Vertrauensbereich (p = 0,05 ) für jeden Beobachtungszeitraum nach Standardverfahren ermittelt werden. Diese Werte sind auf eine oder höchstens zwei signifikante Stelle(n) zu runden (Beispiele für das Runden auf zwei Stellen: 170 für 173,5 ; 0,13 für 0,127 ; 1,2 für 1,21 ).

Sollte der Verlauf der Konzentrations-Wirkungs-Kurve für eine Berechnung der LC50 zu steil sein, so reicht eine grafische Abschätzung dieses Wertes.

Ergeben zwei unmittelbar aufeinander folgende Konzentrationen, die sich durch den Faktor 2,2 unterscheiden, nur 0 % und 100 % Mortalität, so werden diese beiden Werte zur Angabe des Bereichs, in den die LC50 fällt, herangezogen.

Wird beobachtet, dass die Stabilität oder Homogenität der Prüfsubstanz nicht aufrechterhalten werden kann, so ist dies im Prüfbericht mitzuteilen und bei der Interpretation der Ergebnisse entsprechend zu berücksichtigen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Angaben über die verwendeten Fische (wissenschaftlicher Name, Stamm, Züchter oder Bezugsquelle, Vorbehandlungen, Größe und Anzahl der einzelnen Prüfkonzentrationen);
Herkunft des Verdünnungswassers und wichtige chemische Eigenschaften (pH-Wert, Härte, Temperatur);
Bei Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit: Angabe der Methode zur Herstellung des Stammansatzes und der Prüflösungen;
Konzentration aller Hilfsstoffe;
Liste der verwendeten Konzentrationen sowie alle vorhandenen Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz in der Prüflösung bei den verwendeten Konzentrationen;
bei Durchführung chemischer Analysen: Angabe der verwendeten Methoden und der Ergebnisse;
ggf. Ergebnisse des Limit-Tests;
Gründe für die Auswahl und Einzelheiten der Durchführung der Prüfung (z. B. statisch, semistatisch, Dosierungsrate, Durchflussrate, ob belüftet, Fischbesatz usw.);
Beschreibung der Prüfgeräte;
Beleuchtungsverhältnisse;
Konzentrationen des gelösten Sauerstoffs, pH-Werte, Temperaturen in den Prüflösungen alle 24 Stunden;
Nachweis, dass die Qualitätskriterien erfüllt sind;
Tabelle der kumulativen Mortalität bei jeder Konzentration und bei der Kontrolle (ggf. auch bei der Kontrolle mit dem Hilfsstoff) zu den empfohlenen Beobachtungszeitpunkten;
grafische Darstellung der Konzentrations-Wirkungs-Kurve am Ende der Prüfung;
wenn möglich, die LC50-Werte für jeden empfohlenen Beobachtungszeitpunkt (möglichst mit 95 % Vertrauensbereich);
verwendete statistische Verfahren zur Bestimmung der LC50-Werte;
bei Verwendung einer Referenzsubstanz: Angabe der Ergebnisse;
höchste eingesetzte Prüfkonzentrationen ohne Mortalität im Prüfzeitraum;
niedrigste eingesetzte Prüfkonzentration mit 100 % Mortalität im Prüfzeitraum.

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 203, Decision of the Council C(81) 30 final and Updates.

(2) AFNOR — Determination of the acute toxicity of a substance to Brachydanio rerio — Static and Flow Through methods — NFT 90-303 June 1985.

(3) AFNOR — Determination of the acute toxicity of a substance to Salmo gairdneri — Static and Flow Through methods — NFT 90-305 June 1985.

(4) ISO 7364/1,/2 and/3 — Water Quality — Determination of the acute lethal toxicity of substances to a fresh water fish (Brachydanio rerio Hamilton-Buchanan — Teleostei, Cyprinidae). Part 1: Static method. Part 2: Semi-static method. Part 3: Flow-through method.

(5) Eidgenössisches Department des Innern, Schweiz: Richtlinien für Probenahme und Normung von Wasseruntersuchungsmethoden — Part II 1974.

(6) DIN-Testverfahren mit Wasserorganismen, 38 412 (L1) und L (15).

(7) JIS K 0102, Acute toxicity test for fish.

(8) NEN 6506 — Water — Bepaling van de akute toxiciteit met behulp van Poecilia reticulata, 1980.

(9) Environmental Protection Agency, Methods for the acute toxicity tests with fish, macroinvertebrates and amphibians. The Commitee on Methods for Toxicity Tests with Aquatic Organisms, Ecological Research Series EPA-660-75-009, 1975.

(10) Environmental Protection Agency, Environmental monitoring and support laboratory, Office of Research and Development, EPA-600/4-78-012, January 1978.

(11) Environmental Protection Agency, Toxic Substance Control, Part IV, 16 March 1979.

(12) Standard methods for the examination of water and wastewater, 14th edition, APHA-AWWA-WPCF, 1975.

(13) Commission of the European Communities, Inter-Laboratory test programme concerning the study of the ecotoxicity of a chemical substance with respect to the fish. EEC study D.8368, 22 March 1979.

(14) Verfahrensvorschlag des Umweltbundesamtes zum akuten Fisch-Test. Rudolph, P. und Boje, R., Ökotoxikologie, Grundlagen für die ökotoxikologische Bewertung von Umweltchemikalien nach dem Chemikaliengesetz, ecomed 1986.

(15) Lichtfield, J, T. and Wilcoxon, F., A simplified method for evaluating dose effects experiments, J. Phare, Exp. Therap., 1949, vol. 96,99.

(16) Finney, D. J. Statistical Methods in Biological Assay. Griffin, Weycombe, U. K., 1978.

(17) Sprague, J. B. Measurement of pullutant toxicity to fish. I Bioassay methods for acute toxicity. Water Res., 1969, vol. 3,793-821.

(18) Sprague, J. B. Measurement of pollutant toxicity to fish. II Utilising and applying bioassay results. Water Res., 1970, vol. 4, 3-32.

(19) Stephan, C. E. Methods for calculating an LC450. In Aquatic Toxicology and Hazard Evaluation (edited by F.I. Mayer and J.L. Hamelinck). American Society for Testing and Materials. ASTM STP 634,1977, 65-84.

(20) Stephan, C. E., Busch, K. A., Smith, R., Burke, J. and Andrews, R. W. A Computer program for calculating an LC50. US EPA.

Anlage 1

Zubereitetes Wasser

Beispiel für ein geeignetes Verdünnungswasser

Alle Chemikalien müssen analysenrein sein.

Das Wasser muss einwandfreies destilliertes oder deionisiertes Wasser mit einer Leitfähigkeit von weniger als 5 μScm-1 sein.

Die für die Destillation von Wasser verwendete Apparatur darf keine Kupferteile enthalten.

Stammlösungen



CaCl2· 2H2O (Calciumchlorid-Dihydrat)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

11,76 g

MgSO4· 7H2O (Magnesiumsulfat-Heptahydrat)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

4,93 g

NaHCO3 (Natriumhydrogencarbonat)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

2,59 g

KCl (Kaliumchlorid)

in Wasser lösen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen

0,23 g

Zubereitetes Verdünnungswasser

Je 25 ml der vier Stammlösungen mischen und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen.

So lange belüften, bis die Konzentration an gelöstem Sauerstoff dem Luftsauerstoff-Sättigungswert entspricht.

Der pH-Wert muss 7,8 ± 0,2 betragen.

Falls erforderlich, ist der pH-Wert mit NaOH (Natronlauge) oder HCl (Salzsäure) einzustellen.

Dieses Verdünnungswasser lässt man 12 Stunden stehen; eine weitere Belüftung ist nicht erforderlich.

Die Summe der Ca- und Mg-Ionen in dieser Lösung beträgt 2,5 mmol.l-1. Das Verhältnis der Ca- zu den Mg-Ionen beträgt 4:1 und das der Na- zu den K-Ionen 10:1. Die Gesamtalkalinität dieser Lösung liegt bei 0,8 mmol.l-1.

Eine abweichende Zubereitung des Verdünnungswassers darf die Zusammensetzung oder die Eigenschaften des Wassers nicht verändern.

Anlage 2

Für die Prüfung empfohlene Fischarten



Empfohlene ArtEmpfohlener Bereich der Prüftemperatur ( oC)Empfohlene Gesamtlänge der Fische (cm)
Brachydanio rerio (Teleostei, Cyprinidae) (Hamilton-Buchanan) Zebrabärbling20 bis 243,0 ± 0,5
Pimephales promelas (Teleostei, Cyprinidae) (Rafinesque) Amerikanische Elnitze20 bis 245,0 ± 2,0
Cyprinus carpio (Teleostei, Cyprinidae) (Linnaeus 1758) Karpfen20 bis 246,0 ± 2,0
Oryzias latipes (Teleostei, Poeciliiae) Cyprinodontidae (Tomminck et Schlegel 1850) Japanischer Reisfisch20 bis 243,0 ± 1,0
Poecilia reticulata (Teleostei, Poeciliidae) (Peters 1859) Guppy20 bis 243,0 ± 1,0
Lepomis macrochirus (Teleostei, Centrarchidae) (Rafinesque Linnaeus 1758) Blauer Sonnenbarsch20 bis 245,0 ± 2,0
Onchorhynchus mykiss (Teleostei, Salmonidae) (Walbaum 1988) Regenbogenforelle12 bis 176,0 ± 2,0
Leuciscus idus (Teleostei, Cyprinidae) (Linnaeus 1758) Goldorfe20 bis 246,0 ± 2,0

Beschaffung

Die oben aufgeführten Fischarten lassen sich leicht züchten und/oder sind das ganze Jahr über weitgehend verfügbar. Sie lassen sich in Fischzuchtbetrieben oder in Prüfeinrichtungen unter Bedingungen züchten und aufziehen, die eine Kontrolle über Krankheiten und Parasiten erlauben, so dass sie für eine Prüfung gesund und von bekannter Herkunft sind. Diese Fischarten sind in vielen Teilen der Welt erhältlich.

Anlage 3

Beispiel für eine Konzentrations-Mortalitätskurve

Beispiel für die Bestimmung der LC50 auf Wahrscheinlichkeitspapier

C.2.   DAPHNIA-Sp.-TEST AUF AKUTE SCHWIMMUNFÄHIGKEIT

1.   METHODE

Diese Methode für die Untersuchung auf akute Schwimmunfähigkeit entspricht OECD TG 202 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Durch diese Methode wird ein akuter Toxizitätstest beschrieben, mit dem die Wirkung von Chemikalien auf Daphnien bewertet wird. Soweit möglich, wurden bestehende Testmethoden herangezogen (1) (2) (3).

1.2.   DEFINITIONEN

Im Rahmen der vorliegenden Testmethode werden folgende Definitionen verwendet:

EC50: die geschätzte Konzentration, bei der 50 % der Daphnien innerhalb einer festgelegten Expositionszeit schwimmunfähig werden. Wird eine abweichende Definition verwendet, ist dies zusammen mit der Quelle im Bericht anzugeben.

Schwimmunfähigkeit: Tiere, die nicht innerhalb von 15 Sekunden nach vorsichtigem Umrühren des Testgefäßes schwimmen können, gelten als schwimmunfähig (auch wenn sie noch ihre Antennen bewegen können).

1.3.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Junge Daphnien, die zu Beginn des Tests weniger als 24 Stunden alt sind, werden 48 Stunden lang der Testsubstanz bei unterschiedlichen Konzentrationen ausgesetzt. Die Schwimmunfähigkeit wird nach 24 Stunden und 48 Stunden aufgezeichnet und mit Kontrollwerten verglichen. Die Ergebnisse werden zur Berechnung der nach 48 Stunden herrschenden EC50 analysiert (siehe Definition in 1.2). Die Ermittlung der EC50 nach 24 Stunden ist freigestellt.

1.4.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Testsubstanz müssen bekannt sein, und es muss eine zuverlässige Analysenmethode zur Quantifizierung der Substanz in den Testlösungen zur Verfügung stehen, mit der der festgestellte Rückgewinnungsgrad und die Bestimmungsgrenze angegeben werden können. Zu den zweckmäßigen Angaben zählen Strukturformel, Reinheit der Substanz, Stabilität in Wasser oder Licht, Pow und die Ergebnisse eines Tests auf leichte biologische Abbaubarkeit (siehe Methode C.4).

Hinweis: Richtlinien für Tests an Substanzen, deren Test aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften schwierig ist, sind in (4) enthalten.

1.5.   REFERENZSUBSTANZEN

Die Referenzsubstanz kann auf EC50 getestet werden, um auf diese Weise die Zuverlässigkeit der Testbedingungen zu gewährleisten. Hierfür wird die Verwendung von Giftstoffen empfohlen, die in internationalen Ringtests (1) (5) verwendet werden . Test(s) mit einer Referenzsubstanz sind möglichst monatlich, mindestens aber zweimal jährlich durchzuführen.

1.6.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Tests sind gültig, wenn die folgenden Durchführungskriterien eingehalten werden:

In den Kontrollen — einschließlich der Kontrolle, die das Lösemittel enthält — dürfen nicht mehr als 10 % der Daphnien schwimmunfähig geworden sein;
die Konzentration des gelösten Sauerstoffs muss in den Kontroll- und Testgefäßen bei Testende > 3 mg/l sein.

Hinweis: Beim ersten Kriterium dürfen nicht mehr als 10 % der dem Kontrolltest unterzogenen Daphnien Schwimmunfähigkeit oder sonstige Anzeichen von Erkrankungen oder Stress zeigen, z. B. Verfärbungen oder ungewöhnliches Verhalten wie Einschluss an der Wasseroberfläche.

1.7.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.7.1.   Geräte

Die Testgefäße und sonstigen Geräte, die mit den Testlösungen in Kontakt kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material bestehen. Als Testgefäße werden normalerweise Reagenzgläser oder Bechergläser verwendet; diese müssen vor jeder Verwendung nach den üblichen Laborverfahren gereinigt werden. Die Testgefäße sind locker abzudecken, um Wasserverlust durch Verdunstung zu verringern und Staubeintritt in die Lösungen zu verhindern. Flüchtige Substanzen sind in vollständig gefüllten, geschlossenen Behältern zu testen, die ausreichend groß sein müssen, so dass verhindert wird, dass durch Sauerstoffmangel eine drosselnde Wirkung eintritt oder der Sauerstoffgehalt zu gering wird (siehe Abschnitt 1.6 und ersten Absatz von Abschnitt 1.8.3).

Zusätzlich werden einige oder alle der folgenden Geräte verwendet: Sauerstoffmessgerät (mit Mikroelektrode oder anderen geeigneten Vorrichtungen für die Messung von gelöstem Sauerstoff in Proben mit geringem Probengehalt), pH-Messgerät, geeignete Geräte für die Temperaturregelung, Geräte für die Ermittlung des Gesamtgehalts an organischen Kohlenstoffverbindungen (TOC), Geräte für die Ermittlung des chemischen Sauerstoffbedarfs (COD) und Geräte für die Härtebestimmung usw.

1.7.2.   Testorganismen

Daphnia magna Straus ist die vorzugsweise verwendete Art; allerdings können auch andere Arten der Daphnia für diese Tests verwendet werden (z. B. Daphnia pulex). Zu Beginn des Tests müssen die Tiere weniger als 24 Stunden alt sein; zur Begrenzung von Variabilitäten wird dringend empfohlen, keine Daphnien aus der ersten Nachkommenschaft einer Brut zu verwenden. Die Tiere müssen aus einem gesunden Bestand stammen (d. h., sie dürfen keine Anzeichen von Stress aufweisen, z. B. hohe Mortalität, Vorhandensein von männlichen Tieren und Ephippien, verzögerte Produktion der ersten Brut, Verfärbungen an den Tieren usw.). Alle für einen bestimmten Test verwendeten Organismen müssen aus Kulturen stammen, die aus dem gleichen Daphnienbestand entnommen wurden. Die Elterntiere müssen unter Kulturbedingungen (Licht, Temperatur, Medium) gehalten werden, die den Testbedingungen ähneln. Wird für den Test der Daphnien ein anderes Kulturmedium verwendet als bei den routinemäßigen Daphnienkulturen, sollte dem Test eine Eingewöhnungsphase als Vortest vorausgehen. Hierzu sind die Zuchtdaphnien vor Testbeginn mindestens 48 Stunden lang bei Testtemperatur in Verdünnungswasser zu halten.

1.7.3.   Halte- und Verdünnungswasser

Natürliches Wasser (Oberflächen- oder Grundwasser), zubereitetes Wasser oder entchlortes Leitungswasser sind als Halte- und Verdünnungswasser zulässig, wenn die Daphnien hierin während der Zucht-, Akklimatisations- und Testphase ohne Stressanzeichen überleben. Alle Wassersorten, die den chemischen Eigenschaften von zugelassenem Verdünnungswasser gemäß Anlage 1 entsprechen, sind als Testwasser geeignet. Das Wasser muss während der gesamten Testdauer eine gleich bleibende Qualität aufweisen. Zubereitetes Wasser kann durch Zugabe bestimmter Mengen von analysenreinen Reagenzien zu entionisiertem oder destilliertem Wasser hergestellt werden. Beispiele für zubereitetes Wasser sind in (1), (6) und in Anlage 2 enthalten. Dabei ist zu beachten, dass Medien, die bekannte Chelatbildner enthalten, z. B. die Medien M4 und M7 aus Anlage 2, für Tests an metallhaltigen Substanzen zu vermeiden sind. Der pH-Wert muss sich in einem Bereich zwischen 6 und 9 bewegen. Eine Härte zwischen 140 und 250 mg/l (wie CaCO3) wird für Daphnia Magna empfohlen, für andere Daphnia-Arten ist ggf. auch eine geringere Härte geeignet. Das Verdünnungswasser kann vor Verwendung für den Test belüftet werden, bis die Konzentration an gelöstem Sauerstoff die Sättigungsgrenze erreicht hat.

Wird natürliches Wasser verwendet, sind die Qualitätsparameter mindestens zweimal jährlich bzw. immer dann zu messen, wenn der Verdacht besteht, dass sich diese Eigenschaften erheblich verändert haben (siehe vorigen Abschnitt und Anlage 1). Außerdem ist eine Messung auf Schwermetalle (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd, Ni) durchzuführen. Wird entchlortes Leitungswasser verwendet, empfiehlt sich eine tägliche Chloranalyse. Wird Verdünnungswasser aus einer Oberflächenwasser- oder Grundwasserquelle verwendet, sind Leitfähigkeit und der Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffverbindungen (TOC) oder der chemische Sauerstoffbedarf (COD) zu messen.

1.7.4.   Testlösungen

Die Testlösungen in der festgelegten Konzentration werden normalerweise durch Verdünnung des Stammansatzes hergestellt. Der Stammansatz ist vorzugsweise durch Lösung der Testsubstanz im Verdünnungswasser herzustellen. Die Verwendung von Lösemitteln, Emulgatoren oder Dispergiermitteln sollte möglichst vermieden werden. Allerdings sind derartige Verbindungen in bestimmten Fällen zur Herstellung eines ausreichend konzentrierten Stammansatzes erforderlich. Richtlinien für geeignete Lösemittel, Emulgatoren und Dispergiermittel sind in (4) nachzulesen. Grundsätzlich darf die Testsubstanz in den Testlösungen die Löslichkeitsgrenze im Verdünnungswasser nicht überschreiten.

Der Test ist ohne Korrektur des pH-Werts durchzuführen. Bleibt der pH-Wert nicht im Bereich zwischen 6 und 9, ist ein zweiter Test durchzuführen, bei dem der pH-Wert des Stammansatzes auf den pH-Wert des Verdünnungswassers vor Zugabe der Testsubstanz korrigiert wird. Die pH-Korrektur muss so erfolgen, dass sich die Konzentration des Stammansatzes nicht nennenswert verändert und keine chemische Reaktion oder Ausfällung der Testsubstanz eintritt. Vorzugsweise sollten HCl und NaOH verwendet werden.

1.8.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.8.1.   Expositionsbedingungen

1.8.1.1.   Testgruppen und Kontrollen

Die Testgefäße werden mit Verdünnungswasser und Lösungen der Testsubstanz in geeigneten Volumenanteilen gefüllt. Das Luft-Wasser-Volumenverhältnis im Gefäß muss bei den Test- und Kontrollgruppen identisch sein. Anschließend werden die Daphnien in die Testgefäße eingelegt. Für jede Testkonzentration und für die Kontrollen sind mindestens 20 Tiere zu verwenden, die vorzugsweise in vier Gruppen mit je fünf Tieren aufgeteilt werden sollten. Je Tier sind mindestens 2 ml der Testlösung bereitzustellen (d. h. ein Volumen von 10 ml für fünf Daphnien je Testgefäß). Der Test ist mit einem semistatischen Erneuerungs- oder Durchflusssystem durchzuführen, wenn die Konzentration der Testsubstanz nicht stabil ist.

Zusätzlich zu den Behandlungsreihen sind eine Kontrollreihe mit Verdünnungswasser sowie — sofern relevant — eine Kontrollreihe, die das Solubilisierungsmittel enthält, durchzuführen.

1.8.1.2.   Testkonzentrationen

Zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs für den endgültigen Test kann ein Vortest durchgeführt werden, sofern nicht Angaben zur Toxizität der Testsubstanz vorliegen. Hierzu werden die Daphnien einer Reihe von weit auseinander liegenden Konzentrationen der Testsubstanz ausgesetzt. Jeder Testkonzentration werden fünf Daphnien über einen Zeitraum von 48 Stunden oder weniger ausgesetzt; wiederholte Gleichtests sind nicht notwendig. Die Expositionsdauer kann verkürzt werden (z. B. auf 24 Stunden oder weniger), wenn über eine kürzere Zeitdauer geeignete Daten für den Vortest ermittelt werden können.

Es sind mindestens fünf Testkonzentrationen zu verwenden. Sie sind in einer geometrischen Reihe mit einem Separierungsfaktor anzuordnen, der einen Wert von 2,2 möglichst nicht überschreiten sollte. Werden weniger als fünf Konzentrationen verwendet, ist eine Begründung vorzulegen. Die höchste getestete Konzentration sollte vorzugsweise eine 100 %ige Schwimmunfähigkeit ergeben, die niedrigste getestete Konzentration sollte vorzugsweise keine wahrnehmbare Wirkung zeigen.

1.8.1.3.   Inkubationsbedingungen

Die Temperatur muss im Bereich zwischen 18 oC und 22 oC liegen; für jeden Einzeltest ist die Temperatur auf ± 1 oC konstant zu halten. Es wird ein Zyklus mit 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelphase empfohlen. Völlige Dunkelheit ist ebenfalls zulässig, vor allem bei unter Lichteinwirkung instabilen Testsubstanzen.

Die Testgefäße dürfen während des Tests nicht belüftet werden. Der Test wird ohne pH-Korrektur durchgeführt. Die Daphnien dürfen während des Tests nicht gefüttert werden.

1.8.1.4.   Testdauer

Die Testdauer beträgt 48 Stunden.

1.8.2.   Beobachtungen

Jedes Testgefäß ist 24 und 48 Stunden nach Testbeginn auf schwimmunfähige Daphnien zu kontrollieren (siehe Definitionen in 1.2). Neben der festgestellten Schwimmunfähigkeit sind etwaige Verhaltensauffälligkeiten oder äußerliche Veränderungen im Bericht anzugeben.

1.8.3.   Analysemessungen

Der gelöste Sauerstoff und der pH-Wert sind zu Beginn und Ende des Tests in den Kontrollen und in der höchsten Konzentration der Testsubstanz zu messen. Die Konzentration des gelösten Sauerstoffs in den Kontrollen muss dem Validitätskriterium entsprechen (siehe 1.6). Der pH-Wert darf in einem einzigen Test normalerweise nicht um mehr als 1,5 Einheiten variieren. Die Temperatur wird normalerweise in Kontrollgefäßen oder in Umgebungsluft gemessen und ist vorzugsweise durchgehend während des gesamten Tests bzw. zumindest zu Anfang und Ende des Tests aufzuzeichnen.

Die Konzentration der Testsubstanz ist mindestens bei der höchsten und niedrigsten Testkonzentration und zu Beginn und Ende des Tests zu messen (4). Es wird empfohlen, bei den Ergebnissen die gemessenen Konzentrationen zugrunde zu legen. Lässt sich aber nachweisen, dass die Konzentration der Testsubstanz während des gesamten Tests in zufriedenstellender Weise innerhalb von ± 20 % der nominellen oder gemessenen Anfangskonzentration gehalten wurde, können bei den Ergebnissen die nominellen oder gemessenen Anfangswerte zugrunde gelegt werden.

1.9.   LIMIT-TEST

Anhand der in dieser Testmethode beschriebenen Verfahren kann ein Limit-Test mit 100 mg/l der Testsubstanz oder bis zum Erreichen der Löslichkeitsgrenze (je nachdem, welcher Wert niedriger ist) durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die EC50 über dieser Konzentration liegt. Der Limit-Test ist an 20 Daphnien (die vorzugsweise in vier Gruppen zu je fünf Tieren aufgeteilt werden sollten) und einer gleichen Anzahl Tiere in den Kontrollgruppen durchzuführen. Wird eine Schwimmunfähigkeit festgestellt, ist eine umfassende Untersuchung durchzuführen. Etwaige beobachtete anormale Verhaltensweisen sind aufzuzeichnen.

2.   DATEN

Die Daten sind in Tabellenform zusammenzufassen, wobei für jede der Behandlung unterzogenen Gruppe und Kontrollgruppe die Zahl der verwendeten Daphnien und die bei jeder Beobachtung festgestellte Schwimmunfähigkeit angegeben werden. Der prozentuale Anteil der nach 24 Stunden bzw. 48 Stunden schwimmunfähig gewordenen Tiere wird anhand der Testkonzentrationen grafisch dargestellt. Die Daten werden durch geeignete statistische Verfahren (z. B. Probitanalyse) analysiert, mit denen die Steigung der Kurven und die EC50 mit einer Vertrauensgrenze von 95 % berechnet werden kann (p = 0,05 ) (7) (8).

Können die Standardmethoden für die Berechnung der EC50 nicht auf die ermittelten Daten angewandt werden, sind die höchste Konzentration, bei der keine Schwimmunfähigkeit eintritt, und die niedrigste Konzentration, die zu 100 %iger Schwimmunfähigkeit führt, als Näherungswerte für die EC50 (die das geometrische Mittel dieser beiden Konzentrationen ausdrückt) zugrunde zu legen.

3.   BERICHTER ATTUNG

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

Testsubstanz

physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften,
chemische Kenndaten (einschließlich Angabe der Reinheit).

Getestete Art

Herkunft und Art der Daphnia, Züchter (sofern bekannt) und Kulturbedingungen (einschließlich Herkunft, Art und Menge der Nahrung, Häufigkeit der Fütterung).

Testbedingungen

Beschreibung der Testgefäße: Art der Gefäße, Volumen der Lösung, Zahl der Daphnien je Testgefäß, Zahl der Testgefäße (wiederholte Gleichtests) je Konzentration,
Verfahren zur Herstellung des Stammansatzes und der Testlösungen einschließlich der verwendeten Lösemittel oder Dispergiermittel, verwendete Konzentrationen,
Details zum Verdünnungswasser: Herkunft und Kenndaten für die Wasserqualität (pH-Wert, Härte, Ca/Mg-Verhältnis, Na/K-Verhältnis, Alkalinität, Leitfähigkeit usw.), Zusammensetzung des zubereiteten Wassers (sofern diese Wassersorte verwendet wird),
Inkubationsbedingungen: Temperatur, Lichtstärke und -dauer, gelöster Sauerstoff, pH-Wert usw.

Ergebnisse

Zahl und prozentualer Anteil der Daphnien, die schwimmunfähig wurden oder anderweitige negative Wirkungen zeigen (einschließlich Verhaltensauffälligkeiten), in den Kontrollen sowie in den einzelnen behandelten Gruppen zu den jeweiligen Beobachtungszeitpunkten; ferner eine Beschreibung der Art der beobachteten Wirkungen,
Ergebnisse und Datum des mit der Referenzsubstanz (sofern vorhanden) durchgeführten Tests,
nominale Testkonzentrationen und Ergebnis sämtlicher Analysen für die Ermittlung der Konzentration der Testsubstanz in den Testgefäßen; der Rückgewinnungsgrad der Methode und die Bestimmungsgrenze sind ebenfalls im Bericht anzugeben,
sämtliche während des Tests durchgeführten physikalisch-chemischen Messungen von Temperatur, pH-Wert und gelöstem Sauerstoff,
Schwimmunfähigkeitswert EC50 nach 48 h mit Vertrauensintervallen und grafischen Darstellungen des für die Berechnung verwendeten Modells, Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurven und des Standardfehlers, statistische Verfahren zur Ermittlung von EC50 (diese Größen sind, sofern sie gemessen wurden, auch für die Schwimmunfähigkeit nach 24 h anzugeben),
Erläuterung etwaiger Abweichungen von der Testmethode sowie der Angabe, ob die Abweichung sich auf die Testergebnisse ausgewirkt hat.

4.   LITERATURHINWEISE

(1) ISO 6341 (1996). Water quality — Determination of the inhibition of the mobility of Daphnia magna Straus (Cladocera, Crustacea) — Acute toxicity test (Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Wirkung von Wasserinhaltsstoffen auf die Bewegungsfähigkeit von Daphnia magna Straus (Cladocera, Crustacea) — Akuter Toxizitätstest). Third edition, 1996.

(2) EPA OPPTS 850.1010 (1996). Ecological Effects Test Guidelines — Aquatic Invertebrate Acute Toxicity Test, Freshwater daphnids.

(3) Environment Canada (1996). Biological test method. Acute Lethality Test Using Daphnia spp. EPS 1/RM/11. Environment Canada, Ottawa, Ontario, Canada.

(4) Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. OECD Environmental Health and Safety Publication. Series on Testing and Assessment. No. 23. Paris 2000.

(5) Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Study D8369 (1979). Inter-laboratory Test Programme concerning the study of the ecotoxicity of a chemical substance with respect to Daphnia (Laborübergreifendes Testprogramm zur Untersuchung der Ökotoxizität einer chemischen Substanz für Daphnia).

(6) OECD Guidelines for the Testing of Chemicals. Guideline 211: Daphnia magna Reproduction Test, adopted September 1998.

(7) Stephan, C.E (1977). Methods for calculating an LC50. In Aquatic Toxicology and Hazard Evaluation (edited by F.I. Mayer and J.L. Hamelink). ASTM STP 634 — American Society for Testing and Materials, 65-84.

(8) Finney, D.J (1978). Statistical Methods in Biological Assay. 3rd ed. London. Griffin/Weycombe, UK.

Anlage 1

CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN EINER GEEIGNETEN ZUSAMMENSETZUNG VON VERDÜNNUNGSWASSER



SubstanzKonzentration
Partikel< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen< 2 mg/l
Nicht ionisierter Ammoniak< 1 μg/l
Chlorüberschuss< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l

Anlage 2

BEISPIELE FÜR GEEIGNETES ZUBEREITETES TESTWASSER

ISO-Testwasser (1)



Stammansatz (Einzelsubstanz)Zur Herstellung von zubereitetem Wasser werden auf 1 Liter Wasser folgende Mengen des Stammansatzes zugesetzt (1)
Substanz1 Liter Wasser zugesetzte Menge (1)

Kalziumchlorid

CaCl2·2H2O

11,76 g25 ml

Magnesiumsulfat

MgSO4·7H2O

4,93 g25 ml

Natriumbicarbonat

NaHCO3

2,59 g25 ml

Kaliumchlorid

KCl

0,23 g25 ml
(*1)   Wasser in der erforderlichen Reinheit, d. h. entionisiert, destilliert oder einer Umkehrosmose unterzogen, Leitfähigkeit möglichst nicht über 10 μS/cm-1.

Elendt M7- und M4-Medium

Gewöhnung an die Medien Elendt M4 und M7

In verschiedenen Labors sind Schwierigkeiten bei der direkten Umsetzung von Daphnien in die Medien M4 und M7 aufgetreten. Als erfolgreich erwies sich jedoch eine schrittweise Eingewöhnung, d. h. beim Wechsel aus dem eigenen Medium in 30 %iges Elendt-Medium, dann in 60 %iges Elendt-Medium und schließlich in ein 100 %iges Elendt-Medium. Die erforderliche Eingewöhnungszeit kann bis zu einem Monat betragen.

Herstellung

Spurenelemente

Gesonderte Stammansätze (I) einzelner Spurenelemente werden zuerst in Wasser geeigneter Reinheit (d. h. entionisiert, destilliert oder aus Umkehrosmose) hergestellt. Aus diesen unterschiedlichen Stammansätzen (I) wird ein zweiter alleiniger Stammansatz (II) hergestellt, der sämtliche Spurenelemente (kombinierte Lösung) enthält, d. h.:



Stammansatz/Stammansätze I (Einzelsubstanz)In Wasser zugesetzte Menge (mg/l)Konzentration (im Verhältnis zu M4)Zur Herstellung des kombinierten Stammansatzes II ist die folgende Menge Stammansatz I zu Wasser zuzusetzen (ml/l)
M4M7
H3BO357 190 20 000 -fach1,0 0,25
MnCl2·4H2O7 210 20 000 -fach1,0 0,25
LiCl6 120 20 000 -fach1,0 0,25
RbCl1 420 20 000 -fach1,0 0,25
SrCl2·6H2O3 040 20 000 -fach1,0 0,25
NaBr32020 000 -fach1,0 0,25
Na2MoO4·2H2O1 230 20 000 -fach1,0 0,25
CuCl2·2H2O33520 000 -fach1,0 0,25
ZnCl226020 000 -fach1,0 1,0
CoCl2·6H2O20020 000 -fach1,0 1,0
KI6520 000 -fach1,0 1,0
Na2SeO343,8 20 000 -fach1,0 1,0
NH4VO311,5 20 000 -fach1,0 1,0
Na2EDTA·2H2O5 000 2 000 -fach
FeSO4·7H2O1 991 2 000 -fach
Na2-EDTA- und FeSO4-Lösungen werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort im Autoklav behandelt.
Dies ergibt:
2 l Fe-EDTA-Lösung1 000 -fach20,0 5,0

Medien M4 und M7

Die Medien M4 und M7 werden unter Verwendung des Stammansatzes II und der folgenden Makronährstoffe und Vitamine hergestellt:



Dem Wasser zugesetzte Menge (mg/l)Konzentration (bezogen auf Medium M4)Menge an Stammansatz II, die für die Zubereitung des Mediums zugesetzt wird (ml/l)
M4M7
Stammansatz II (kombinierte Spurenelemente)20-fach5050
Makronährstoff-Stammansätze (Einzelsubstanz)
CaCl2·2H2O293 800 1 000 -fach1,0 1,0
MgSO4·7H2O246 600 2 000 -fach0,5 0,5
KCl58 000 10 000 -fach0,1 0,1
NaHCO364 800 1 000 -fach1,0 1,0
Na2SiO3·9H2O50 000 5 000 -fach0,2 0,2
NaNO32 740 10 000 -fach0,1 0,1
KH2PO41 430 10 000 -fach0,1 0,1
K2HPO41 840 10 000 -fach0,1 0,1
Kombinierter Vitaminstamm10 000 -fach0,1 0,1
Der kombinierte Vitamin-Stammansatz wird durch Zugabe der 3 Vitamine gemäß untenstehender Übersicht zu 1 Liter Wasser hergestellt:
Thiaminhydrochlorid75010 000 -fach
Cyanocobalamin (B12)1010 000 -fach
Biotin7,5 10 000 -fach

Der kombinierte Vitamin-Stammansatz wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt. Die Vitamine werden den Medien kurz vor der Verwendung zugesetzt.

Hinweis:Um ein Ausfällen der Salze bei der Herstellung der vollständigen Medien zu vermeiden, sind die Portionen der Stammansätze zu ca. 500 bis 800 ml entionisiertem Wasser zuzugeben und anschließend auf 1 Liter aufzufüllen.
Hinweis:Die erste Veröffentlichung zum Medium M4 ist zu finden bei Elendt, B. P (1990): Selenium deficiency in crustacea; an ultrastructual approach to antennal damage in Daphnia magna Straus. Protoplasma, 154, 25-33.

C.3.   SÜSSWASSERALGEN UND CYANOBAKTERIEN: WACHSTUMSINHIBITIONSTEST

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 201 (2006, Anhang korrigiert im Jahr 2011). Es wurde festgestellt, dass die Prüfmethode auf weitere Arten ausgeweitet und an die Anforderungen an die Risikobewertung und die Klassifizierung chemischer Stoffe angepasst werden muss. Die Überarbeitung wurde auf der Grundlage umfassender praktischer Erfahrungen sowie des wissenschaftlichen Fortschritts im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Algentoxizität und der weit reichenden Anwendung entsprechender Rechtsvorschriften seit Annahme der ursprünglichen Fassung vorgenommen.
2.
Definitionen der verwendeten Begriffe sind Anlage 1 zu entnehmen.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

3.
Mit dieser Prüfung soll die Wirkung einer Chemikalie auf das Wachstum von Süßwasser-Mikroalgen und/oder Cyanobakterien bestimmt werden. Exponentiell wachsende Testorganismen werden in Batch-Kulturen über einen Zeitraum von im Allgemeinen 72 Stunden der Prüfchemikalie ausgesetzt. Trotz der verhältnismäßig kurzen Testdauer können Auswirkungen über mehrere Generationen beurteilt werden.
4.
Die Systemantwort besteht in der Verringerung des Wachstums einer Reihe von Algenkulturen (Versuchseinheiten), die einer Prüfchemikalie in unterschiedlichen Konzentrationen ausgesetzt wurden. Diese Reaktion wird in Abhängigkeit von der Expositionskonzentration gegenüber dem durchschnittlichen Wachstum in der Chemikalie nicht ausgesetzten Replikatkontrollkulturen bewertet. Um die Systemantwort auf toxische Auswirkungen (optimale Empfindlichkeit) umfassend beschreiben zu können, wird ein unbegrenztes exponentielles Wachstum der Kulturen bei hinreichender Ernährung und kontinuierlicher Beleuchtung über einen ausreichenden Zeitraum ermöglicht, damit anschließend die Verringerung der spezifischen Wachstumsrate gemessen werden kann.
5.
Wachstum und Wachstumshemmung werden durch zeitabhängige Messung der Biomasse der Algen bestimmt. Die Biomasse der Algen wird als Trockenmasse pro Volumen ausgedrückt (z. B. in mg Algen/Liter Testlösung). Die Trockenmasse ist jedoch schwer zu messen; daher werden Surrogatparameter verwendet. Häufigster Surrogatparameter ist die Zellzahl. Weitere Surrogatparameter sind das Zellvolumen, die Fluoreszenz, die optische Dichte usw. Der Faktor für die Umrechnung zwischen dem gemessenen Surrogatparameter und der Biomasse sollte bekannt sein.
6.
Der Endpunkt des Tests ist die Wachstumshemmung, ausgedrückt als logarithmische Zunahme der Biomasse (durchschnittliche spezifische Wachstumsrate) während der Expositionsdauer. Aus den in einer Reihe von Testlösungen erfassten durchschnittlichen spezifischen Wachstumsraten wird die Konzentration bestimmt, bei der sich eine spezifizierte Hemmung der Wachstumsrate von x % (z. B. 50 %) ergibt; diese Konzentration wird als ErCx bezeichnet (z. B. ErC50).
7.
Eine weitere Reaktionsvariable bei dieser Prüfmethode ist der Zellertrag (Yield). Diese Variable kann erforderlich sein, damit länderspezifische Regulierungsanforderungen erfüllt werden. Der Zellertrag wird definiert als Biomasse am Ende der Expositionsdauer abzüglich der Biomasse zu Beginn der Expositionsdauer. Aus dem in einer Reihe von Testlösungen erfassten Zellertrag wird die Konzentration berechnet, die eine spezifizierte Hemmung des Zellertrags (z. B. um 50 %) hervorruft; diese Konzentration wird als EyCx angegeben (z. B. EyC50).
8.
Außerdem können die niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung (LOEC) und die höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete Wirkung (NOEC) statistisch bestimmt werden.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

9.
Informationen zur Prüfchemikalie, die bei der Bestimmung der Prüfbedingungen hilfreich sein könnten, sind z. B. die Strukturformel, die Reinheit, die Lichtbeständigkeit, die Beständigkeit unter den Prüfbedingungen, das Lichtabsorptionsverhalten, pKa und die Ergebnisse von Transformationsstudien (u. a. die Ergebnisse von Studien zur biologischen Abbaubarkeit in Wasser).
10.
Die Wasserlöslichkeit, der Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Pow) und der Dampfdruck der Prüfchemikalie sollten bekannt sein, und eine validierte Methode zur Quantifizierung der Chemikalie in den Testlösungen mit bekannten Wiederfindungsraten und mit bekannter Nachweisgrenze sollte verfügbar sein.

VALIDITÄT DES TESTS

11.
Damit ein Test als valide gewertet werden kann, müssen die folgenden Kriterien erfüllt sein:
Die Biomasse der Kontrollkulturen muss binnen der 72-stündigen-Testdauer exponentiell um einen Faktor von mindestens 16 gewachsen sein. Dieses Wachstum entspricht einer spezifischen Wachstumsrate von 0,92 d– 1. Bei den am häufigsten verwendeten Arten ist die Wachstumsrate im Allgemeinen erheblich größer (siehe Anlage 2). Dieses Kriterium wird unter Umständen nicht erfüllt, wenn Arten verwendet werden, die langsamer wachsen als die in Anlage 2 genannten Arten. In diesem Fall sollte die Testdauer so verlängert werden, dass ein mindestens 16faches Wachstum der Kontrollkulturen gewährleistet ist; dabei muss das Wachstum während der gesamten Testdauer exponentiell erfolgen. Die Testdauer kann bis auf eine Mindestdauer von 48 Stunden verkürzt werden, um während des Tests ein unbegrenztes exponentielles Wachstum aufrechtzuerhalten; Voraussetzung ist jedoch, dass ein Mindestmultiplikationsfaktor von 16 erreicht wird.
Der mittlere Variationskoeffizient der sektionalen spezifischen Wachstumsraten (Tage 0-1, 1-2 und 2-3 bei 72-stündigen Tests) der Kontrollkulturen (siehe Anlage 1 unter „Variationskoeffizient“) darf maximal 35 % betragen. Zur Berechnung der sektionalen spezifischen Wachstumsrate sind die Hinweise unter Nummer 49 zu beachten. Dieses Kriterium gilt für den Mittelwert des Variationskoeffizienten, der für Replikatkontrollkulturen berechnet wurde.
Der Variationskoeffizient der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsraten während der gesamten Testdauer darf bei den Replikatkontrollkulturen in Tests mit Pseudokirchneriella subcapitata und Desmodesmus subspicatus höchstens 7 % betragen. Bei weniger häufig in Tests verwendeten Arten sollte der Wert höchstens 10 % betragen.

REFERENZCHEMIKALIEN

12.
Um das Prüfverfahren zu testen, können Referenzchemikalien wie z. B. das im internationalen Ringtest (1) verwendete 3,5-Dichlorphenol geprüft werden. Für Grünalgen kann auch Kaliumdichromat als Referenzchemikalie verwendet werden. Nach Möglichkeit sollten Referenzchemikalien mindestens zweimal jährlich getestet werden.

ANWENDBARKEIT DES TESTS

13.
Diese Prüfmethode ist am einfachsten bei wasserlöslichen Chemikalien anzuwenden, die unter den Prüfbedingungen voraussichtlich im Wasser gelöst bleiben. Zum Prüfen von flüchtigen, stark adsorbierenden, farbigen und schlecht in Wasser löslichen Chemikalien sowie von Chemikalien, die sich auf die Verfügbarkeit von Nährstoffen oder Mineralien im Prüfmedium auswirken können, sind am beschriebenen Verfahren unter Umständen gewisse Änderungen vorzunehmen (z. B. die Herstellung eines geschlossenen Systems oder eine besondere Vorbereitung der Prüfgefäße). Hinweise zu verschiedenen Änderungen sind den Quellen (2), (3) und (4) zu entnehmen.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Apparatur

14.
Prüfgefäße und sonstige Apparaturen, die mit den Testlösungen in Berührung kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material bestehen. Die Komponenten sollten gründlich gespült werden, um sicherzustellen, dass keine organischen oder anorganischen Verunreinigungen das Algenwachstum oder die Zusammensetzung der Testlösungen beeinträchtigen können.
15.
Als Prüfgefäße kommen im Allgemeinen Glaskolben mit Abmessungen in Betracht, die während des Tests ein hinreichendes Kulturvolumen und einen hinreichenden CO2-Transfer aus der Umgebungsluft gewährleisten (siehe Nummer 30). Das Flüssigkeitsvolumen muss für analytische Bestimmungen hinreichend sein (siehe Nummer 37).
16.
Außerdem werden unter Umständen die folgenden Geräte benötigt.
Kulturapparatur: Empfohlen werden ein Schrank oder eine Kammer, in dem bzw. in der die gewählte Inkubationstemperatur mit einer Toleranz von ± 2 °C aufrechterhalten werden kann.
Lichtmessgeräte: Bei den Tests ist die Methode zur Messung der Lichtintensität zu protokollieren; insbesondere ist der für den Messwert maßgebliche Messkopftyp (Sensor) anzugeben. Die Messungen sollten vorzugsweise mit einem kugelförmigen (4-π)-Messkopf (der unmittelbar reagiert und Licht aus allen Winkeln über und unter der Messebene reflektiert) oder mit einem (2-π)-Messkopf gemessen werden (der auf Licht aus beliebigen Winkeln oberhalb der Geräteebene reagiert).
Apparatur zur Bestimmung der Biomasse der Algen: Die Zellzahlen als am häufigsten verwendeter Surrogatparameter für die Biomasse von Algen kann mit einem elektronischen Teilchenzähler, mit einem Mikroskop mit Zählkammer und mit einem Durchflusszytometer ermittelt werden. Weitere Surrogate für Biomassen können mit einem Durchflusszytometer, einem Fluorimeter, einem Spektrophotometer oder einem Farbmessgerät gemessen werden. Ein Umrechnungsfaktor, mit dem die Zellzahlen zur Trockenmasse in Beziehung gesetzt wird, kann Berechnungen erleichtern. Um mit einem Spektrophotometer verwertbare Messungen bei geringen Biomassekonzentrationen durchführen zu können, müssen unter Umständen Küvetten mit einem Strahlengang von mindestens 4 cm verwendet werden.

Testorganismen

17.
Für die Tests können mehrere Arten frei treibender Mikroalgen und Cyanobakterien verwendet werden. Die in Anlage 2 genannten Stämme haben sich für das in dieser Prüfmethode beschriebene Verfahren als geeignet erwiesen.
18.
Wenn andere Arten verwendet werden, sollten der betreffende Stamm und/oder die Herkunft angegeben werden. Außerdem ist sicherzustellen, dass das exponentielle Wachstum der ausgewählten Testalgen während der gesamten Testdauer unter den jeweiligen Bedingungen aufrechterhalten werden kann.

Nährmedium

19.
Als Nährmedien werden wahlweise das OECD-Medium oder das AAP-Medium empfohlen. Die Zusammensetzungen dieser Medien sind Anlage 3 zu entnehmen. Beide Medien haben unterschiedliche pH-Ausgangswerte und unterschiedliche Pufferkapazitäten (zur Regulierung des pH-Anstiegs). Daher können die Testergebnisse je nach verwendetem Medium unterschiedlich ausfallen; dies gilt insbesondere für die Prüfung ionisierender Chemikalien.
20.
Für bestimmte Zwecke muss unter Umständen das Nährmedium modifiziert werden (z. B. für die Prüfung von Metallen und Chelatbildnern oder für Prüfungen bei unterschiedlichen pH-Werten). Die Verwendung modifizierter Nährmedien ist im Einzelnen zu erläutern und zu begründen (3)(4).

Biomasse-Ausgangskonzentration

21.
Die Ausgangsbiomasse der Prüfkulturen muss bei allen Prüfkulturen identisch und so gering sein, dass während der Inkubationsdauer ein exponentielles Wachstum erzielt werden kann, ohne eine Erschöpfung des Nährmediums befürchten zu müssen. Die Ausgangsbiomasse sollte höchstens 0,5 mg/l Trockenmasse betragen. Folgende Ausgangs-Zellkonzentrationen werden empfohlen:



Pseudokirchneriella subcapitata:5 × 103 – 104 Zellen/ml
Desmodesmus subspicatus2-5 × 103 Zellen/ml
Navicula pelliculosa104 Zellen/ml
Anabaena flos-aquae104 Zellen/ml
Synechococcus leopoliensis5 × 104 – 105Zellen/ml

Konzentrationen der Prüfchemikalie

22.
Der Konzentrationsbereich, in dem Effekte zu erwarten sind, sollte durch einen Vortest (Range-Finding Test) ermittelt werden. Für den definitiven Test sind mindestens fünf Konzentrationen in einer geometrischen Reihe mit einem Faktor von höchstens 3,2 auszuwählen. Bei Prüfchemikalien mit einer flacheren Konzentrations-Wirkungskurve kann ein höherer Faktor gerechtfertigt sein. Die Konzentrationsreihen sollten vorzugsweise einen Bereich abdecken, in dem das Algenwachstum um 5-75 % gehemmt wird.

Replikate und Kontrollen

23.
Das Prüfprotokoll muss für jede Testkonzentration drei Replikate vorsehen. Wenn die NOEC nicht bestimmt werden muss, kann das Prüfprotokoll dahingehend geändert werden, dass die Anzahl der Konzentrationen erhöht und die Anzahl der Replikate verringert wird. Es müssen mindestens drei Kontrollreplikate verwendet werden, im Idealfall die doppelte Anzahl der Replikate für jede Testkonzentration.
24.
Für analytische Bestimmungen der Prüfchemikalienkonzentrationen kann eine eigene Reihe von Testlösungen hergestellt werden (siehe Nummern 36 und 38).
25.
Wenn zur Auflösung der Prüfchemikalie ein Lösungsmittel verwendet wird, sind weitere Kontrollen mit dem Lösungsmittel in der Konzentration zu testen, die auch in den Prüfkulturen verwendet wird.

Herstellung der Impfkultur

26.
Um eine Anpassung der Testalgen an die Testbedingungen zu ermöglichen und um sicherzustellen, dass sich die Algen in der Phase des exponentiellen Wachstums befinden, wenn sie zur Impfung der Testlösungen verwendet werden, wird 2-4 Tage vor Testbeginn im Prüfmedium eine Impfkultur hergestellt. Die Algenbiomasse ist so anzupassen, dass die Impfkultur bis zum Testbeginn exponentiell wachsen kann. Die Impfkultur ist unter den gleichen Bedingungen wie die Prüfkulturen zu inkubieren. Die Zunahme der Biomasse der Impfkultur ist zu messen, um sicherzustellen, dass das Wachstum unter den gegebenen Kulturbedingungen für den jeweiligen Teststamm im normalen Bereich liegt. In Anlage 4 wird ein Beispiel für ein Verfahren zur Herstellung einer Algenkultur beschrieben. Um gleichzeitige Zellteilungen während des Tests zu vermeiden, kann unter Umständen ein zweiter Schritt zur Vermehrung der Impfkultur erforderlich sein.

Herstellung der Testlösungen

27.
Alle Testlösungen müssen das Nährmedium und die Ausgangsbiomasse der Testalgen in denselben Konzentrationen enthalten. Die Testlösungen in den ausgewählten Konzentrationen werden gewöhnlich durch Mischen einer Stammlösung der Prüfchemikalie mit dem Nährmedium und der Impfkultur hergestellt. Stammlösungen werden im Allgemeinen durch Auflösung der betreffenden Chemikalie im Prüfmedium hergestellt.
28.
Wenn Chemikalien mit geringer Wasserlöslichkeit zum Prüfmedium hinzugegeben werden sollen, können Lösungsmittel (z. B. Aceton, t-Butyl-Alkohol und Dimethylformamid) als Träger verwendet werden (2)(3). Die Lösungsmittelkonzentration sollte höchstens 100 μl/l betragen, und für alle Kulturen der Testreihen (einschließlich der Kontrollkulturen) ist die gleiche Konzentration zu verwenden.

Inkubation

29.
Die Prüfgefäße sind mit luftdurchlässigen Stopfen zu versehen. Anschließend werden die Gefäße geschüttelt und in die Kulturapparatur gebracht. Während des Tests müssen die Algen suspendiert bleiben, und der CO2-Transfer muss unterstützt werden. Dazu sollten die Gefäße ständig geschüttelt oder umgerührt werden. Die Temperatur der Kulturen wird bei einer Toleranz von ± 2 °C ständig auf 21 bis 24 °C geregelt. Bei anderen als den in Anlage 2 genannten Arten (z. B. bei tropischen Arten) sind unter Umständen höhere Temperaturen angemessen, die Validitätskriterien müssen jedoch erfüllt sein. Es wird empfohlen, die Gefäße zufällig verteilt und täglich neu in den Inkubator einzusetzen.
30.
Der pH-Wert des Kontrollmediums darf während des Tests höchstens um 1,5 Einheiten steigen. Bei Metallen und Chemikalien, die bei pH-Werten etwa im Bereich der im Test verwendeten pH-Werte teilweise ionisieren, muss die pH-Verschiebung möglicherweise begrenzt werden, um reproduzierbare und gut definierte Ergebnisse zu erhalten. Es ist technisch möglich, die Verschiebung auf < 0,5 pH-Einheiten zu begrenzen, indem ein angemessener CO2-Transfer aus der Umgebungsluft in die Testlösung sichergestellt wird (z. B. durch stärkeres Schütteln). Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verringerung des CO2-Bedarfs durch Verringerung der Ausgangsbiomasse oder in einer Verkürzung der Testdauer.
31.
Die Oberfläche, auf der die Kulturen inkubiert werden, sollte kontinuierlich und gleichförmig fluoreszierend beleuchtet werden (z. B. mit den Lichtfarben kaltweiß („cool-white“) oder mit Tageslicht („daylight“). Algen- und Cyanobakterienstämme stellen unterschiedliche Anforderungen an die Lichtverhältnisse. Die Lichtintensität sollte entsprechend den verwendeten Testorganismen gewählt werden. Bei den empfohlenen Grünalgenarten ist für die Testlösungen eine Lichtintensität von 60-120 μE m– 2 s– 1 zu wählen (bei Messung im photosynthetisch wirksamen Spektralbereich von 400-700 nm mit einem geeigneten Rezeptor). Einige Arten, insbesondere Anabaena flos-aquae, wachsen bei geringeren Lichtintensitäten und können durch größere Lichtintensitäten beschädigt werden. Bei diesen Arten sollte die durchschnittliche Lichtintensität im Bereich 40-60 μE·m– 2·s– 1 liegen. (Bei in Lux kalibrierten Lichtmessgeräten entspricht der Bereich 4 440 -8 880  lx für die Lichtfarbe „cool-white“ etwa der empfohlenen Lichtintensität von 60-120 μE m– 2·s– 1. Die Lichtintensität darf um höchstens ± 15 % von der durchschnittlichen Lichtintensität über dem Inkubationsbereich abweichen.

Testdauer

32.
Im Allgemeinen dauert der Test 72 Stunden. Allerdings sind auch kürzere oder längere Testzeiten möglich, sofern alle unter Nummer 11 genannten Validitätskriterien eingehalten werden.

Messungen und analytische Bestimmungen

33.
Die Algenbiomasse in den einzelnen Kolben wird während der Testdauer mindestens einmal täglich überprüft. Wenn die Messungen an kleinen Volumina vorgenommen werden, die aus der Testlösung pipettiert wurden, sollten die betreffenden Volumina nicht ersetzt werden.
34.
Die Biomasse wird durch manuelle Zählung der Zellen unter dem Mikroskop oder mit einem elektronischen Teilchenzähler (bei Zellzahlen und/oder Biovolumen) ermittelt. Alternative Verfahren wie z. B. die Messung mit einem Durchflusszytometer, in vitro und/oder in vivo durchgeführte Chlorophyll-Fluoreszenzmessungen (5)(6) oder Messungen der optischen Dichte kommen in Betracht, wenn in dem für den jeweiligen Test maßgeblichen Biomassebereich eine befriedigende Korrelation mit der Biomasse nachgewiesen werden kann.
35.
Der pH-Wert der Lösungen wird am Anfang und am Ende des Tests bestimmt.
36.
Wenn ein Analyseverfahren zur Bestimmung der Testsubstanz im maßgeblichen Konzentrationsbereich durchführbar ist, sind die Testlösungen zu analysieren, um die Ausgangskonzentrationen und die Aufrechterhaltung der Expositionskonzentrationen während der Tests zu prüfen bzw. sicherzustellen.
37.
Die Analyse der Prüfchemikalienkonzentration am Anfang und am Ende des Tests bei einer niedrigen und einer hohen Testkonzentration sowie bei einer Konzentration im zu erwartenden EC50-Bereich kann hinreichend sein, wenn anzunehmen ist, dass die Expositionskonzentrationen während des Tests um weniger als 20 % von den Nominalwerten abweichen. Wenn die Konzentrationen eher nicht im Bereich von 80-120 % der nominellen Konzentrationen bleiben werden, wird die Analyse sämtlicher Testkonzentrationen am Anfang und am Ende der Tests empfohlen. Bei flüchtigen, instabilen oder stark adsorbierenden Prüfchemikalien werden während der Expositionsdauer weitere Probenahmen zur Durchführung von Analysen in Abständen von jeweils 24 Stunden empfohlen, um den Verlust der Prüfchemikalie besser bestimmen zu können. Bei diesen Chemikalien werden zusätzliche Replikate benötigt. In jedem Fall müssen die Prüfchemikalienkonzentrationen für alle Testkonzentrationen bei den Replikaten jeweils nur für ein Gefäß (bzw. für den Inhalt der gepoolten Gefäße der jeweiligen Replikate) bestimmt werden.
38.
Eigens für die Analyse von Expositionskonzentrationen während der Testdauer hergestellte Prüfmedien werden auf die gleiche Weise behandelt wie die für die Tests verwendeten Medien, d. h. die Medien müssen mit Algen geimpft und unter identischen Bedingungen inkubiert werden. Wenn eine Analyse der gelösten Prüfchemikalie erforderlich ist, müssen die Algen unter Umständen vom Medium getrennt werden. Die Trennung sollte vorzugsweise durch Zentrifugierung mit einer so geringen Beschleunigung erfolgen, die gerade ausreicht, damit die Algen sich absetzen.
39.
Wenn nachgewiesen wird, dass die Konzentration der Prüfchemikalie während der gesamten Testdauer zufriedenstellend im Bereich von ± 20 % der Nominalkonzentration oder der gemessenen Ausgangskonzentration aufrechterhalten werden konnte, können die Ergebnisse auch ausgehend von den Nominalwerten bzw. von den gemessenen Ausgangswerten analysiert werden. Wenn die Abweichung von der Nominalkonzentration oder von der gemessenen Ausgangskonzentration mehr als ± 20 % beträgt, sollte bei der Analyse der Ergebnisse von der geometrischen mittleren Konzentration während der Expositionsdauer oder von Modellen ausgegangen werden, welche den Rückgang der Prüfchemikalienkonzentration beschreiben (3)(7).
40.
Der Test zur Hemmung des Algenwachstums ist ein dynamischeres Prüfsystem als die meisten sonstigen aquatischen Toxizitätstests mit kürzerer Testdauer. Entsprechend sind die tatsächlichen Expositionskonzentrationen unter Umständen schwer zu bestimmen; dies gilt besonders für adsorbierende Chemikalien, die bei niedrigen Konzentrationen getestet werden. In diesen Fällen bedeutet das Verschwinden der Prüfchemikalie aus der Lösung infolge der Adsorption an die zunehmende Algenbiomasse nicht, dass das Prüfsystem die Chemikalie „verliert“. Bei der Analyse des Testergebnisses ist zu prüfen, ob ein Rückgang der Prüfchemikalienkonzentration im Laufe des Tests mit einer Abnahme der Wachstumshemmung einhergeht. Wenn dies der Fall ist, kann der Einsatz eines geeigneten Modells zur Beschreibung des Rückgangs der Prüfchemikalienkonzentration (7) in Betracht gezogen werden. Ansonsten empfiehlt es sich unter Umständen, bei der Analyse der Ergebnisse von den Ausgangskonzentrationen (Nominalkonzentrationen oder gemessenen Konzentrationen) auszugehen.

Sonstige Beobachtungen

41.
Durch Beobachtung unter dem Mikroskop wird sichergestellt, dass die Impfkultur normal und gesund wirkt; außerdem können unter dem Mikroskop am Ende des Tests gegebenenfalls Auffälligkeiten an den Algen festgestellt werden (die z. B. auf die Exposition gegenüber der Prüfchemikalie zurückzuführen sein könnten).

Limit-Test

42.
Unter gewissen Umständen, z. B. wenn ein Vortest darauf hindeutet, dass die Prüfchemikalie bei Konzentrationen bis zu 100 mg/l bzw. bis zur Löslichkeitsgrenze im Prüfmedium (maßgeblich ist die jeweils niedrigere Konzentration) keine toxische Wirkung hat, kann ein Limit-Test durchgeführt werden, in dem die Reaktionen einer Kontrollgruppe und einer Behandlungsgruppe (100 mg/l bzw. eine der Löslichkeitsgrenze entsprechende Konzentration) verglichen werden. Es wird nachdrücklich empfohlen, diese Tests durch Analysen der Expositionskonzentration zu verifizieren. Alle oben beschriebenen Testbedingungen und Validitätskriterien gelten für Limit-Tests; allerdings sollten mindestens sechs Replikate pro Prüfkonzentration verwendet werden. Die Reaktionsvariablen in den Kontrollgruppen und den Behandlungsgruppen können mit einem statistischen Test zum Vergleich der Mittelwerte analysiert werden (z. B. mit einem Student-t-Test). Wenn keine Varianzenhomogenität vorliegt, wird ein angepasster t-Test durchgeführt.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Grafische Darstellung der Wachstumskurven

43.
Die Biomasse in den Prüfgefäßen kann in Einheiten des für die Messung verwendeten Surrogatparameters ausgedrückt werden (z. B. als Zellzahl oder Fluoreszenz).
44.
Die geschätzte Biomassekonzentration der Prüfkulturen und der Kontrollkulturen ist zusammen mit den mindestens zu jeder vollen Stunde zu erfassenden Konzentrationen der Prüfchemikalie und den Messzeitpunkten in Tabellen zusammenzustellen und für die Erstellung von Wachstumskurven zu verwenden. In diesem ersten Stadium können sowohl logarithmische Skalen als auch lineare Skalen angebracht sein; während der Testdauer sind jedoch logarithmische Skalen zu verwenden, die im Allgemeinen eine bessere Darstellung von Abweichungen der Wachstumsstrukturen ermöglichen. Exponentielles Wachstum ergibt auf einer logarithmischen Skala aufgetragen eine Gerade, und die Steigung der Geraden gibt die Wachstumsrate an.
45.
Mithilfe der Kurven ist zu untersuchen, ob die Kontrollkulturen während der gesamten Testdauer mit der erwarteten Geschwindigkeit exponentiell wachsen. Alle Datenpunkte sowie der Verlauf der Kurven sind kritisch zu prüfen, und Ausgangsdaten und Verfahren sind auf mögliche Fehler zu kontrollieren. Insbesondere sind alle Datenpunkte zu prüfen, die aufgrund eines systematischen Fehlers abzuweichen scheinen. Wenn Verfahrensfehler zweifelsfrei festgestellt und/oder als sehr wahrscheinlich betrachtet werden können, wird der betreffende Datenpunkt als Ausreißer gekennzeichnet und nicht in die anschließende statistische Analyse einbezogen. (Eine Algenkonzentration von null in einem von zwei drei Replikatgefäßen kann darauf hindeuten, dass das Gefäß nicht ordnungsgemäß geimpft oder nicht angemessen gereinigt wurde.) Die Gründe für den Ausschluss eines als Ausreißer eingestuften Datenpunkts sind im Prüfbericht genau anzugeben. Als Begründungen werden ausschließlich (seltene) Verfahrensfehler, nicht aber einfach ungenaue Messungen anerkannt. Statistische Verfahren zur Bestimmung von Ausreißern sind bei dieser Art von Problemen von begrenztem Nutzen und können die Beurteilung durch Fachleute nicht ersetzen. Die Ausreißer sollten (als solche gekennzeichnet) vorzugsweise in den später in grafischen oder tabellarischen Darstellungen von Datenpunkten enthalten sein.

Reaktionsvariablen

46.
Mit der Prüfung sollen die Auswirkungen der Prüfchemikalie auf das Algenwachstum bestimmt werden. Da in unterschiedlichen Rechtsordnungen unterschiedliche Präferenzen und rechtliche Anforderungen bestehen, werden in dieser Prüfmethode zwei Reaktionsvariablen beschrieben. Damit die Testergebnisse in allen Rechtsordnungen anerkannt werden können, sollten die Auswirkungen mit Hilfe der beiden im Folgenden beschriebenen Reaktionsvariablen a und b beurteilt werden:
a)Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate : Diese Reaktionsvariable wird ausgehend von der täglichen logarithmischen Zunahme der Biomasse während der Testdauer berechnet.
b)Zellertrag : Diese Reaktionsvariable ergibt sich aus der Biomasse am Ende des Tests abzüglich der Biomasse zu Beginn des Tests.
47.
Es wird darauf hingewiesen, dass die mit diesen beiden Reaktionsvariablen berechneten Toxizitätswerte nicht vergleichbar sind; der entsprechende Unterschied muss bei der Verwendung der Testergebnisse berücksichtigt werden. Die aufgrund der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate (ErCx) berechneten Werte für ECx werden im Allgemeinen höher sein als die anhand des Zellertrags (EyCx) ermittelten Werte, wenn die für diese Testmethode vorgesehenen Bedingungen eingehalten werden; dies ist auf die unterschiedliche mathematische Grundlage der beiden Verfahren zurückzuführen. Die auftretenden Unterschiede sollten jedoch nicht als Anzeichen für eine unterschiedliche Empfindlichkeit der beiden Reaktionsvariablen betrachtet werden; beide Werte sind einfach mathematisch verschieden. Das Konzept der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate beruht auf dem im Allgemeinen exponentiellen Verlauf des Algenwachstums bei nicht begrenzten Kulturen, bei denen die Toxizität aufgrund der Auswirkungen auf die Wachstumsrate ermittelt wird, ohne jedoch von der absoluten Höhe der jeweiligen Wachstumsrate der Kontrollprobe, von der Steigung der Konzentrations-Wirkungskurve oder von der Testdauer abhängig zu sein. Auf der Reaktionsvariable „Zellertrag“ beruhende Ergebnisse hingegen hängen von allen übrigen genannten Variablen ab. EyCx ist von der spezifischen Wachstumsrate der in den einzelnen Tests verwendeten Algenarten sowie von der maximalen spezifischen Wachstumsrate abhängig, die je nach Art sowie sogar zwischen den einzelnen Algenstämmen unterschiedlich sein kann. Diese Reaktionsvariable sollte nicht verwendet werden, um die Empfindlichkeit von Algenarten oder auch nur verschiedener Algenstämme gegenüber Giftstoffen zu vergleichen. Die Verwendung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate zur Ermittlung der Toxizität wird in der Wissenschaft bevorzugt; bei dieser Prüfmethode werden jedoch auch Toxizitätsschätzungen aufgrund des Zellertrags berücksichtigt, um den derzeitigen Regulierungsanforderungen in einigen Ländern Rechnung zu tragen.

Durchschnittliche Wachstumsrate

48.
Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate in einem bestimmten Zeitraum wird mit Hilfe der folgenden Formel als logarithmische Zunahme der Biomasse für die Gefäße mit den verschiedenen Kontrollproben und mit den behandelten Proben berechnet [1]:



[1],

Dabei sind:

μi-j:durchschnittliche spezifische Wachstumsrate zwischen Zeitpunkt i und Zeitpunkt j;
Xi:Biomasse zum Zeitpunkt i
Xj:Biomasse zum Zeitpunkt j

Für jede Behandlungsgruppe und für jede Kontrollgruppe sind die mittlere Wachstumsrate sowie die Konfidenzintervalle zu berechnen.

49.
Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate wird über die gesamte Testdauer (im Allgemeinen Tage 0-3) berechnet; dabei ist eher von der geimpften Nominalbiomasse als von einem gemessenen Ausgangswert auszugehen, da auf diese Weise gewöhnlich eine höhere Genauigkeit erzielt wird. Wenn die zur Messung der Biomasse verwendete Ausrüstung eine hinreichend genaue Bestimmung der Biomasse mit der geringen Masse des Inokulums zulässt (z. B. ein Durchflusszytometer), kann die gemessene Konzentration der Ausgangsbiomasse angenommen werden. Außerdem ist während der gesamten Testdauer (Tage 0-1, 1-2 und 2-3) die sektionale Wachstumsrate als tägliche spezifische Wachstumsrate zu ermitteln und zu prüfen, ob das Wachstum der Kontrollgruppe konstant bleibt (siehe Gültigkeitskriterien, Nummer 11). Eine spezifische Wachstumsrate, die an einem bestimmten Tag signifikant niedriger ist als die durchschnittliche spezifische Gesamtwachstumsrate, kann Anzeichen für eine „Lag“-Phase sein. Bei den Kontrollkulturen kann eine „Lag“-Phase minimiert und praktisch ausgeschlossen werden, wenn die Vorkultur in geeigneter Weise vermehrt wird; bei den behandelten Kulturen hingegen kann eine „Lag“-Phase Anzeichen für eine Erholung nach anfänglicher toxischer Belastung oder Anzeichen für eine geringere Belastung infolge eines Verlustes der Prüfchemikalie (u. a. durch Sorption in die Algenbiomasse) nach der anfänglichen Behandlung sein. Entsprechend kann die sektionale Wachstumsrate bewertet werden, um die Auswirkungen der Prüfchemikalie während der Expositionsdauer zu beurteilen. Erhebliche Unterschiede zwischen der sektionalen Wachstumsrate und der durchschnittlichen Wachstumsrate deuten auf Abweichungen vom konstanten exponentiellen Wachstum hin und erfordern eine genaue Überprüfung der Wachstumskurve.
50.
Die prozentuale Hemmung der Wachstumsrate jedes Behandlungsreplikats ist mit folgender Formel zu berechnen:



[2],

Dabei sind:

%Ir=Hemmung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate in Prozent;
μC=mittlere durchschnittliche spezifische Wachstumsrate (μ) der Kontrollgruppe;
μT=durchschnittliche spezifische Wachstumsrate des Behandlungsreplikats.
51.
Wenn die Testlösungen mit Lösungsmitteln hergestellt werden, sollten zur Berechnung der prozentualen Hemmung eher die Kontrolllösungen mit dem Lösungsmittel als die Kontrolllösungen ohne das Lösungsmittel verwendet werden.

Zellertrag

52.
Der Zellertrag wird für alle Gefäße mit Kontrolllösungen und mit behandelten Lösungen als Biomasse bei Ende des Tests abzüglich der Biomasse am Anfang des Tests berechnet. Für die Testkonzentrationen und für die Kontrolllösungen ist jeweils ein mittlerer Zellertrag zu berechnen; die Varianzen sind jeweils zu schätzen. Die prozentuale Hemmung des Zellertrags ( %Iy) kann für jedes Behandlungsreplikat wie folgt berechnet werden:



[3]

Dabei sind:

% Iy=prozentuale Hemmung des Zellertrags
YC=mittlerer Zellertrag der Kontrollgruppe
YT=Zellertrag des Behandlungsreplikats.

Grafische Darstellung der Konzentrations-Wirkungskurve

53.
Die prozentuale Hemmung ist bezogen auf den Logarithmus der Prüfchemikalienkonzentration grafisch darzustellen und sorgfältig zu überprüfen; dabei sind alle Datenpunkte zu verwerfen, die in der ersten Phase als Ausreißer identifiziert wurden. Die Datenpunkte sind nach visueller oder rechnergestützter Interpolation zu einer gleichmäßigen Kurve zu verbinden, um einen ersten Eindruck von der Beziehung zwischen den verschiedenen Konzentrationen und Wirkungen zu erhalten. Anschließend ist mit einer differenzierteren Methode (vorzugsweise mit einer rechnergestützten statistischen Methode) fortzufahren. Je nach der beabsichtigten Verwendung der Daten, der Qualität (Genauigkeit) und dem Umfang der Daten sowie nach der Verfügbarkeit von Werkzeugen zur Analyse der Daten kann (gelegentlich durchaus berechtigt) entschieden werden, die Datenanalyse in diesem Stadium zu beenden und einfach die wesentlichen Werte für EC50 und EC10 (und/oder EC20) aus der nach visueller Interpolation erstellten Kurve zu entnehmen (siehe auch folgender Abschnitt zu stimulierenden Auswirkungen). Die folgenden Gründe können dafür sprechen, von der Anwendung einer statistischen Methode abzusehen:
Die Daten sind nicht geeignet, durch rechnergestützte Methoden zuverlässigere Ergebnisse zu liefern als durch die Beurteilung von Fachleuten. In diesen Fällen werden mit manchen Computer-Programmen unter Umständen keinerlei zuverlässige Ergebnisse erzielt (Replikate stimmen nicht überein usw.).
Das Wachstum stimulierende Wirkungen können mit verfügbarer Software nicht angemessen verarbeitet werden (siehe folgender Abschnitt).

Statistische Verfahren

54.
Ziel ist die Ermittlung einer quantitativen Konzentrations-Wirkungsbeziehung durch Regressionsanalyse. Im Anschluss an eine linearisierte Transformation der Reaktionsdaten (z. B. in Einheiten nach dem Probit-, Logit- oder Weibull-Modell) (8) kann eine gewichtete lineare Regression vorgenommen werden; nicht-lineare Regressionsverfahren, mit denen die unvermeidlichen Unregelmäßigkeiten der Daten und Abweichungen von gleichförmigen Verteilungen besser verarbeitet werden können, werden jedoch bevorzugt. Gegen null bzw. gegen die vollständige Hemmung können diese Unregelmäßigkeiten durch die Transformation vergrößert werden und die Analyse beeinträchtigen (8). Es wird darauf hingewiesen, dass Standard-Analysemethoden mit Probit-, Logit- oder Weibull-Transformationen für quantale Daten (z. B. Mortalität oder Überlebensraten) vorgesehen sind und zur Anwendung in Verbindung mit Wachstums- oder Biomassedaten modifiziert werden müssen. Spezifische Verfahren zur Bestimmung von ECx-Werten aus kontinuierlichen Daten sind den Quellen (9), (10) und (11) zu entnehmen. In Anlage 5 wird der Einsatz nicht-linearer Regressionsanalysen näher erläutert.
55.
Für jede zu analysierende Reaktionsvariable sind aufgrund der Konzentrations-Wirkungsbeziehung ECx-Werte zu ermitteln. Nach Möglichkeit sollten für alle ECx-Werte die 95- %-Konfidenzintervalle bestimmt werden. Die Qualität der Übereinstimmung der Reaktionsdaten mit dem Regressionsmodell wird grafisch oder statistisch bewertet. Die Regressionsanalyse muss mit den Reaktionen der einzelnen Replikate (und nicht mit den Mittelwerten der Behandlungsgruppe) durchgeführt werden. Wenn eine nicht-lineare Kurvenanpassung jedoch schwierig oder wegen zu großer Streuung der Daten nicht möglich ist, kann die Regression auch bezogen auf die Mittelwerte der Gruppe vorgenommen werden, um so auf einfache Weise die Auswirkungen erwarteter Ausreißer zu reduzieren. Wenn von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, sollte dies im Prüfbericht als Abweichung vom normalen Verfahren vermerkt und darauf hingewiesen werden, dass mit Kurvenanpassungen der einzelnen Replikate kein befriedigendes Ergebnis erzielt wurde.
56.
Schätzwerte für EC50 und für die Konfidenzintervalle können auch durch lineare Interpolation mit einem Bootstrapping-Algorithmus (13) erzielt werden, wenn die verfügbaren Regressionsmodelle/-methoden für die betreffenden Daten nicht geeignet sind.
57.
Um die LOEC und entsprechend die NOEC zu schätzen sowie um die Auswirkungen der Prüfchemikalie auf die Wachstumsrate zu ermitteln, müssen die Mittelwerte der behandelten Proben mit Verfahren zur Varianzanalyse (ANOVA) verglichen werden. Der Mittelwert der einzelnen Konzentrationen ist dann mit einer geeigneten Methode zur Durchführung von Mehrfachvergleichen bzw. zur Durchführung von Trendtests mit dem Mittelwert der Kontrollgruppe zu vergleichen. Dunnett- und Williams-Tests können hilfreich sein (12)(14)(15)(16)(17). Die ANOVA-Annahme der Varianzhomogenität muss einer Überprüfung unterzogen werden. Die entsprechende Bewertung kann anhand einer grafischen Darstellung oder aufgrund eines formalen Tests vorgenommen werden (17). Geeignet sind Levene- und Bartlett-Tests. Wenn die Annahme der Varianzhomogenität nicht erfüllt ist, kann gelegentlich eine Korrektur durch logarithmische Datentransformation erfolgen. Bei außerordentlicher Varianzheterogenität, die durch Transformation nicht korrigiert werden kann, sollten Analysemethoden wie z. B. Jonckheere-Trendtests (Step-down) erwogen werden. Weitere Hinweise zur Bestimmung von NOEC-Werten sind Quelle (11) zu entnehmen.
58.
Aufgrund neuer Forschungsergebnisse wird empfohlen, das Konzept der NOEC aufzugeben und durch Punktschätzungen von ECx-Werten zu ersetzen, die durch Regression ermittelt wurden. Für diesen Algentest wurde noch kein geeigneter Wert für x definiert. Ein Bereich von 10 bis 20 % scheint geeignet (je nach ausgewählter Reaktionsvariable); vorzugsweise sollten sowohl EC10 als auch EC20 protokolliert werden.

Wachstumsstimulation

59.
Gelegentlich wird bei niedrigen Konzentrationen eine Wachstumsstimulation (negative Hemmung) beobachtet. Diese Wachstumsstimulation kann entweder auf eine Hormesis („toxische Stimulation“) oder darauf zurückzuführen sein, dass im verwendeten Minimalmedium mit dem zu prüfenden Material zusätzliche das Wachstum stimulierende Faktoren zum Tragen kommen. Die Zugabe anorganischer Nährstoffe sollte keine unmittelbaren Auswirkungen haben, weil das Prüfmedium während der gesamten Testdauer ohnehin überschüssige Nährstoffe enthalten sollte. Eine Stimulation mit niedriger Dosierung kann bei Berechnungen von EC50 gewöhnlich übergangen werden, wenn die Stimulation nicht ungewöhnlich stark ist. Bei ungewöhnlich starker Stimulation oder wenn ein ECx-Wert für einen niedrigen x-Wert berechnet werden soll, sind möglicherweise jedoch besondere Verfahrensweisen erforderlich. Die Löschung von Stimulationsreaktionen aus der Datenanalyse sollte nach Möglichkeit vermieden werden, und wenn die verfügbare Software zur Kurvenanpassung nicht in der Lage ist, geringere Stimulationen zu verarbeiten, kann eine lineare Interpolation mit einem Bootstrapping-Algorithmus vorgenommen werden. Bei ungewöhnlich starker Stimulation kann der Einsatz eines Hormesis-Modells erwogen werden (18).

Nicht toxische Wachstumshemmung

60.
Licht absorbierende Prüfmaterialien können zu einer Verringerung der Wachstumsrate führen, weil die Abdunklung den Anteil des verfügbaren Lichts verringert. Diese physikalischen Auswirkungen sollten durch geeignete Modifikation der Testbedingungen von toxischen Auswirkungen unterschieden und getrennt protokolliert werden. Entsprechende Hinweise sind den Quellen (2) und (3) zu entnehmen.

PRÜFBERICHT

61.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfchemikalie:

physikalische Beschaffenheit und maßgebliche physikalisch-chemische Eigenschaften einschließlich der Wasserlöslichkeitsgrenze;
chemische Kenndaten (z. B. CAS-Nummer) einschließlich der Reinheit (Verunreinigungen).

Im Test verwendete Art:

Stamm, Lieferant oder Herkunft und Kulturbedingungen.

Prüfbedingungen:

Datum des Testbeginns und Dauer des Tests;
Beschreibung des Prüfprotokolls: Prüfgefäße, Kulturvolumina, Biomassedichte zu Beginn des Tests;
Zusammensetzung des Mediums;
Testkonzentrationen und Replikate (z. B. Anzahl der Replikate, Anzahl der Testkonzentrationen und verwendete geometrische Progression);
Beschreibung der Herstellung der Testlösungen, einschließlich Verwendung von Lösungsmitteln usw.;
Kulturapparatur;
Lichtintensität und Qualität (Herkunft, Homogenität);
Temperatur;
getestete Konzentrationen: nominale Testkonzentrationen sowie alle Ergebnisse der Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen; außerdem sind die mit der Methode erzielte Wiederfindungsrate und die Quantifizierungsgrenze der Testmatrix anzugeben;
sämtliche Abweichungen von dieser Prüfmethode;
Methode zur Bestimmung der Biomasse und Anzeichen für eine Korrelation zwischen dem gemessenen Parameter und der Trockenmasse.

Ergebnisse:

pH-Werte zu Beginn und am Ende des Tests bei allen behandelten Proben;
Biomasse in jedem Gefäß an allen Messpunkten und Methode zur Messung der Biomasse;
Wachstumskurven (grafische Darstellung der Entwicklung Biomasse über einem bestimmten Zeitraum;
berechnete Reaktionsvariablen für alle Behandlungsreplikate mit Mittelwerten und dem Variationskoeffizienten für Replikate;
grafische Darstellung der Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung;
Schätzungen der Toxizität für die Reaktionsvariablen (z. B. EC50, EC10, EC20) sowie entsprechende Konfidenzintervalle; wenn berechnet, sind die LOEC und die NOEC sowie die zur jeweiligen Berechnung angewendeten statistischen Methoden anzugeben;
bei Durchführung von Varianzanalysen (ANOVA) der Umfang der nachzuweisenden Auswirkungen (z. B. geringster signifikanter Unterschied);
jede in behandelten Proben festgestellte Wachstumsstimulation;
alle sonstigen beobachteten Auswirkungen (z. B. morphologische Veränderungen der Algen);
Diskussion der Ergebnisse einschließlich aller Auswirkungen auf das Testergebnis, die auf Abweichungen von dieser Prüfmethode zurückzuführen sind.

LITERATUR

(1) ISO (1993). ISO 8692 Wasserbeschaffenheit — Süßwasseralgen-Wachstumshemmtest mit einzelligen Grünalgen.

(2) ISO (1998). ISO/DIS 14442. Wasserbeschaffenheit — Anleitung für Algenwachstumshemmtests in Gegenwart schwer löslicher Materialien, flüchtigen Verbindungen, Metallen und Abwasser.

(3) OECD (2000). Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and mixtures. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment, no. 23. Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris.

(4) ISO (1998). ISO 5667-16 Wasserbeschaffenheit — Probenahme — Teil 16: Anleitung zur Probenahme und Durchführung biologischer Testverfahren.

(5) Mayer, P., Cuhel, R., und Nyholm, N. (1997). A simple in vitro fluorescence method for biomass measurements in algal growth inhibition tests. Water Research31: 2525-2531.

(6) Slovacey, R.E., und Hanna, P.J. (1997). In vivo fluorescence determinations of phytoplancton chlorophyll, Limnology & Oceanography 22: 919-925

(7) Simpson, S.L., Roland, M.G.E., Stauber, J.L., und Batley, G.E. (2003). Effect of declining toxicant concentrations on algal bioassay endpoints. Environ. Toxicol. Chem. 22: 2073-2079.

(8) Christensen, E.R., Nyholm, N. (1984). Ecotoxicological Assays with Algae: Weibull Dose-Response Curves. Env. Sci. Technol. 19: 713-718.

(9) Nyholm, N. Sørensen, P.S., Kusk, K.O., und Christensen, E.R. (1992). Statistical treatment of data from microbial toxicity tests. Environ. Toxicol. Chem. 11: 157-167.

(10) Bruce, R.D., und Versteeg, D.J. (1992). A statistical procedure for modelling continuous toxicity data. Environ. Toxicol. Chem. 11: 1485-1494.

(11) OECD (2006). Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application. Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris.

(12) Dunnett, C.W. (1955). A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control. J. Amer. Statist. Assoc. 50: 1096-1121

(13) Norberg-King T.J. (1988). An interpolation estimate for chronic toxicity: The ICp approach. National Effluent Toxicity Assessment Center Technical Report 05-88. US EPA, Duluth, MN.

(14) Dunnett, C.W. (1964). New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics 20: 482-491.

(15) Williams, D.A. (1971). A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics 27: 103-117.

(16) Williams, D.A. (1972). The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics 28: 519-531.

(17) Draper, N.R., und Smith, H. (1981). Applied Regression Analysis, second edition. Wiley, New York.

(18) Brain, P., und Cousens, R. (1989). An equation to describe dose-responses where there is stimulation of growth at low doses. Weed Research, 29, 93-96.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Bei dieser Prüfmethode werden die folgenden Begriffsbestimmungen zugrunde gelegt und folgende Abkürzungen verwendet:

Biomasse : Trockenmasse lebenden Materials einer Population bezogen auf ein gegebenes Volumen (z. B. mg Algen/Liter Testlösung). Gewöhnlich bezeichnet der Begriff „Biomasse“ eine Masse; in Rahmen dieser Prüfung wird er allerdings zur Bezeichnung einer Masse pro Volumen verwendet. Typischerweise werden Surrogate für die betreffende Biomasse (z. B. Zellzahlen oder Fluoreszenz) gemessen; entsprechend bezieht sich der Begriff „Biomasse“ auch auf diese Surrogatparameter.

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Variationskoeffizient

:

ein dimensionsloses Maß für die Veränderlichkeit eines Parameters, definiert als Verhältnis der Standardabweichung zum Mittelwert. Der Variationskoeffizient kann auch als Prozentwert ausgedrückt werden. Der mittlere Variationskoeffizient der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate bei Replikatkontrollkulturen wird wie folgt berechnet:

1.
Der Variationskoeffizient in Prozent (VK %) der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate wird aus den täglichen bzw. abschnittsbezogenen Wachstumsraten der jeweiligen Replikate berechnet.
2.
Der Mittelwert aller gemäß dem ersten Gedankenstrich berechneten Werte ist zu berechnen, um den mittleren Variationskoeffizienten der täglichen/abschnittsbezogenen spezifischen Wachstumsrate in Replikatkontrollkulturen zu bestimmen.

ECx : Konzentration der im Prüfmedium aufgelösten Prüfchemikalie, bei der das Wachstum des Testorganismus binnen einer bestimmten Expositionsdauer (die ausdrücklich anzugeben ist, wenn die Expositionsdauer nicht mit der vollständigen oder gewöhnlichen Dauer der Prüfung übereinstimmt) um x % (z. B. 50 %) abnimmt. Um eindeutig anzugeben, ob ein EC-Wert aus der Wachstumsrate (growth rate) oder aus dem Zellertrag (yield) abgeleitet wurde, werden die Kurzbezeichnungen „ErC“ für die Wachstumsrate und „EyC“ für den Zellertrag verwendet.

Nährmedium : gesamtes synthetisches Kulturmedium, in dem die zu prüfenden Algen wachsen, wenn sie der Prüfchemikalie ausgesetzt werden. Die Prüfchemikalie wird im Allgemeinen im Prüfmedium aufgelöst.

Wachstumsrate (durchschnittliche spezifische Wachstumsrate) : logarithmische Zunahme der Biomasse während der Expositionsdauer.

Niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung (LOEC) : niedrigste geprüfte Konzentration, bei der beobachtet wurde, dass die Chemikalie binnen einer bestimmten Expositionsdauer gegenüber der Kontrollprobe eine statistisch signifikante Wachstumsreduzierung bewirkt (bei p < 0,05). Sämtliche Testkonzentrationen über der LOEC müssen schädliche Folgen haben, die mindestens den bei der LOEC beobachteten schädlichen Folgen gleichwertig sind. Wenn diese beiden Bedingungen nicht erfüllt werden können, ist umfassend darzulegen, warum die LOEC (und entsprechend die NOEC) gewählt wurde.

Höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete Wirkung (NOEC) : Testkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

Reaktionsvariable : Variable für die geschätzte Toxizität, abgeleitet aus beliebigen gemessenen Parametern zur Beschreibung der Biomasse durch verschiedene Berechnungsmethoden. Bei dieser Methode sind Wachstumsrate und Zellertrag Reaktionsvariablen, die aus der direkten Messung der Biomasse oder einer Messung eines der genannten Surrogate abgeleitet werden.

Spezifische Wachstumsrate : Reaktionsvariable, die sich aus dem Quotienten der Differenz der natürlichen Logarithmen eines beobachteten Parameters (bei dieser Prüfmethode die Biomasse) und dem betreffenden Zeitraum ergibt.

Prüfchemikalie : ein beliebiger Stoff oder eine Mischung, der bzw. die nach dieser Methode geprüft wird.

Zellertrag : Wert einer Messvariablen am Ende der Expositionsdauer abzüglich des Wertes der Messvariablen zu Beginn der Expositionsdauer als Maß für die Zunahme der Biomasse während der Prüfung.

Anlage 2

Stämme, die sich für den Test als geeignet erwiesen haben

Grünalgen

Pseudokirchneriella subcapitata (früher auch als Selenastrum capricornutum bezeichnet), ATCC 22662, CCAP 278/4, 61.81 SAG

Desmodesmus subspicatus (früher auch als Scenedesmus subspicatus bezeichnet), 86.81 SAG

Kieselalgen

Navicula pelliculosa, UTEX 664

Cyanobakterien

Anabaena flos-aquae, UTEX 1444, ATCC 29413, CCAP 1403/13A

Synechococcus leopoliensis, UTEX 625, CCAP 1405/1

Herkunft der Stämme

Die empfohlenen Stämme sind als artenreine Algenkulturen aus folgenden Sammlungen verfügbar (in alphabetischer Reihenfolge):

ATCC: American Type Culture Collection

10801 University Boulevard

Manassas, Virginia 20110-2209

USA

CCAP, Culture Collection of Algae and Protozoa

Institute of Freshwater Ecology,

Windermere Laboratory

Far Sawrey, Amblerside

Cumbria LA22 0LP

VEREINIGTES KÖNIGREICH

SAG: Sammlung Algenkulturen

Pflanzenphysiologisches Institut

Universität Göttingen

Nikolausberger Weg 18

37073 Göttingen

DEUTSCHLAND

UTEX Culture Collection of Algae

Section of Molecular, Cellular and Developmental Biology

School of Biological Sciences

the University of Texas at Austin

Austin, Texas 78712

USA

Aussehen und Merkmale der empfohlenen Arten



P. subcapitataD. subspicatusN. pelliculosaA. flos-aquaeS. leopoliensis
AussehenGekrümmte und gedrehte einzelne ZellenOval, meist einzelne ZellenStäbchenKetten ovaler ZellenStäbchen
Größe (L × B) μm8-14 × 2-37-15 × 3-127,1 × 3,74,5 × 36 × 1
Zellvolumen (μm3/Zelle)40-60 (1)60-80 (1)40-50 (1)30-40 (1)2,5 (2)
Zelltrockenmasse (mg/Zelle)2-3 × 10– 83-4 × 10– 83-4 × 10– 81-2 × 10– 82-3 × 10– 9
Wachstumsrate (3) (Tag– 1)1,5-1,71,2-1,51,41,1-1,42,0 – 2,4

(1)   Gemessen mit einem elektronischen Teilchenzähler.

(2)   Aus der Größe berechnet.

(3)   Am häufigsten beobachtete Wachstumsrate im OECD-Medium bei einer Lichtintensität von ca. 70 μE · m– 2 · s– 1 und einer Temperatur von 21 °C.

Spezifische Empfehlungen zur Kultivierung und zur Handhabung der für den Test empfohlenen Arten

Pseudokirchneriella subcapitata und Desmodesmus subspicatus

Diese Grünalgen sind in unterschiedlichen Kulturmedien im Allgemeinen leicht zu kultivieren. Informationen zu geeigneten Medien sind von den Einrichtungen zu beziehen, welche die Sammlungen unterhalten. Die Zellen liegen gewöhnlich als Einzelzellen vor; mit einem elektronischen Teilchenzähler oder unter einem Mikroskop kann die Zelldichte problemlos bestimmt werden.

Anabaena flos-aquae

Für Stammkulturen können verschiedene Nährmedien verwendet werden. Insbesondere muss vermieden werden, dass die Batch-Kultur bei der Erneuerung das Stadium des exponentiellen Wachstums überschreitet; ansonsten wäre die Wiederfindung schwierig.

Anabaena flos-aquae bildet Ansammlungen verschachtelter Zellketten. Die Größe dieser Ansammlungen kann je nach Kulturbedingungen unterschiedlich sein. Unter Umständen müssen diese Ansammlungen getrennt werden, wenn die Biomasse unter dem Mikroskop bzw. mit einem elektronischen Teilchenzähler bestimmt werden soll.

Zum Trennen der Ketten mit dem Ziel, Schwankungen der Zählergebnisse zu verringern, können Teilproben einer Ultraschallbehandlung unterzogen werden. Eine unnötig lange Ultraschallbehandlung zum Trennen der Ketten in kürzere Stücke kann die Zellen zerstören. Intensität und Dauer der Ultraschallbehandlung müssen bei allen Behandlungen identisch sein.

Mit dem Hämozytometer sind hinreichend Zellen zu zählen (mindestens 400), um auftretende Schwankungen korrigieren zu können und die Zuverlässigkeit der mikroskopischen Dichtebestimmungen zu erhöhen.

Zur Bestimmung des Gesamtvolumens der Anabaena-Zellen nach dem Trennen der Zellketten durch vorsichtige Ultraschallbehandlung kann ein elektronischer Teilchenzähler verwendet werden. Die Ultraschallenergie ist so anzupassen, dass die Zellen nicht beschädigt werden.

Mit einem Wirbelmischer oder durch ein ähnliches geeignetes Verfahren ist sicherzustellen, dass die zur Impfung der Prüfgefäße verwendete Algensuspension gut durchgemischt und homogen beschaffen ist.

Die Prüfgefäße werden auf einen Schütteltisch (mit kreisförmiger oder gerader Schüttelbewegung) gestellt, der mit etwa 150 Umdrehungen pro Minute bewegt wird. Alternativ kann bei Anabaena die Verklumpungstendenz auch durch intermittierendes Schütteln verringert werden. Wenn eine Verklumpung auftritt, ist darauf zu achten, dass repräsentative Proben für Messungen der Biomasse vorliegen. Unter Umständen müssen die Gefäße vor der Probenahme kräftig geschüttelt werden, um die Algenklumpen aufzulösen.

Synechococcus leopoliensis

Für Stammkulturen können verschiedene Nährmedien verwendet werden. Informationen zu geeigneten Medien sind von den Stellen zu beziehen, welche die Sammlungen unterhalten.

Synechococcus leopoliensis wächst in einzelnen stäbchenförmigen Zellen. Die Zellen sind sehr klein; dies erschwert Messungen der Biomasse durch Zählungen unter dem Mikroskop. Elektronische Teilchenzähler, die für die Zählung von Teilchen mit einer Größe von bis zu etwa 1 μm ausgelegt sind, können hilfreich sein. In-vitro-Fluoreszenzmessungen kommen ebenfalls in Betracht.

Navicula pelliculosa

Für Stammkulturen können verschiedene Nährmedien verwendet werden. Informationen zu geeigneten Medien sind von den Einrichtungen zu beziehen, welche die Sammlungen unterhalten. Das Medium muss Silicat enthalten.

Navicula pelliculosa kann unter bestimmten Wachstumsbedingungen Ansammlungen bilden. Wegen der Bildung von Lipiden neigen die Algenzellen gelegentlich zur Akkumulierung im Oberflächenfilm. In diesem Fall sind besondere Verfahrensweisen erforderlich, wenn repräsentative Unterproben zur Bestimmung der Biomasse genommen werden sollen. Unter Umständen ist ein kräftiges Schütteln z. B. mit einem Wirbelmischer erforderlich.

Anlage 3

Nährmedien

Für die Tests kann eines der beiden folgenden Nährmedien verwendet werden:

OECD-Medium: Originalmedium gemäß OECD TG 201 sowie gemäß ISO 8692;
US. EPA-Medium AAP, auch gemäß ASTM.

Bei der Herstellung dieser Medien sind chemische Stoffe in Reagenzien- oder Analysequalität und entionisiertes Wasser zu verwenden.

Zusammensetzung des AAP-Mediums (US. EPA) und des Mediums gemäß OECD TG 201:



BestandteilEPAOECD
mg/lmMmg/lmM
NaHCO315,00,17950,00,595
NaNO325,50,300
NH4Cl15,00,280
MgCl2 · 6(H2O)12,160,059812,00,0590
CaCl2 · 2(H2O)4,410,030018,00,122
MgSO4 · 7(H2O)14,60,059215,00,0609
K2HPO41,0440,00599
KH2PO41,600,00919
FeCl3 · 6(H2O)0,1600,0005910,06400,000237
Na2EDTA · 2(H2O)0,3000,0008060,1000,000269*
H3BO30,1860,003000,1850,00299
MnCl2 · 4(H2O)0,4150,002010,4150,00210
ZnCl20,003270,0000240,003000,0000220
CoCl2 · 6(H2O)0,001430,0000060,001500,00000630
Na2MoO4 · 2(H2O)0,007260,0000300,007000,0000289
CuCl2 · 2(H2O)0,0000120,000000070,000010,00000006
pH-Wert7,58,1

Das Molverhältnis von EDTA zu Eisen ist geringfügig größer als eins. Daher kann das Eisen nicht ausfällen, und die Chelatbildung von Schwermetallionen wird minimiert.

Im Test mit der Kieselalge Navicula pelliculosa sind beide Medien mit Na2SiO3 · 9H20 aufzufüllen, bis eine Konzentration von 1,4 mg Si/l erreicht ist.

Der pH-Wert des Mediums wird ermittelt, wenn sich das Carbonatsystem des Mediums und der Partialdruck des CO2 in der Umgebungsluft im Gleichgewicht befinden. Die ungefähre Beziehung zwischen dem pH-Wert bei 25 °C und der molaren Bicarbonat-Konzentration lässt sich mit folgender Formel berechnen:

pHeq = 11,30 + log[HCO3]

Bei 15 mg NaHCO3/l, pHeq = 7,5 (U.S. EPA-Medium) und bei 50 mg NaHCO3/l, pHeq = 8,1 (OECD-Medium).

Elementzusammensetzung der Prüfmedien



ElementEPAOECD
mg/lmg/l
C2,1447,148
N4,2023,927
P0,1860,285
k0,4690,459
Na11,04413,704
Ca1,2024,905
Mg2,9092,913
Fe0,0330,017
Mn0,1150,115

Herstellung des OECD-Mediums



NährstoffKonzentration in der Stammlösung

Stammlösung 1:

Makronährstoffe

NH4Cl1,5 g/l
MgCl2 · 6H2O1,2 g/l
CaCl2 · 2H2O1,8 g/l
MgSO4 · 7H2O1,5 g/l
KH2PO40,16 g/l

Stammlösung 2:

Eisen

FeCl3 · 6H2O64 mg/l
Na2EDTA · 2H2O100 mg/l

Stammlösung 3:

Spurenelemente

H3BO3185 mg/l
MnCl2 · 4H2O415 mg/l
ZnCl23 mg/l
CoCl2 · 6H2O1,5 mg/l
CuCl2 · 2H2O0,01 mg/l
Na2MoO4 · 2H2O7 mg/l

Stammlösung 4:

Bicarbonat

NaHCO350 g/l
Na2SiO3 · 9H20

Die Stammlösungen sind durch Membranfiltration (mittlerer Porendurchmesser 0,2 μm) oder durch Autoklavieren (120 °C, 15 min) zu sterilisieren. Anschließend werden die Lösungen bei einer Temperatur von 4 °C dunkel gelagert.

Die Stammlösungen 2 und 4 dürfen nicht autoklaviert werden, sondern sind durch Membranfiltration zu sterilisieren.

Zum Herstellen des Nährmediums wird eine geeignete Menge der Stammlösungen 1 bis 4 wie folgt zu Wasser hinzugegeben:

Zu 500 ml sterilisiertem Wasser werden folgende Mengen hinzugegeben:

10 ml Stammlösung 1

1 ml Stammlösung 2

1 ml Stammlösung 3

1 ml Stammlösung 4

Anschließend wird mit sterilisiertem Wasser auf 1 000  ml aufgefüllt.

Danach muss hinreichend Zeit zur Herstellung eines Gleichgewichts zwischen dem Medium und dem CO2-Gehalt der Umgebungsluft gelassen werden; wenn erforderlich, ist das Nährmedium einige Stunden mit steriler gefilterter Luft zu sprudeln.

Herstellung des AAP-Mediums

1.
Von den Stammlösungen 2.1 bis 2.7 ist jeweils 1 ml zu etwa 900 ml entionisiertem oder destilliertem Wasser hinzuzugeben; anschließend wird auf 1 Liter aufgefüllt.
2.
Stammlösungen mit Makronährstoffen werden hergestellt, indem die folgenden Stoffmengen jeweils zu 500 ml entionisiertem oder destilliertem Wasser hinzugegeben werden. Die Reagenzien 2.1, 2.2, 2.3 und 2.4 können zu einer einzigen Stammlösung kombiniert werden.



2.1NaNO312,750 g
2.2MgCl2·6H2O6,082 g
2.3CaCl2·2H2O2,205 g
2.4Mikronährstoff-Stammlösung (siehe 3)
2.5MgSO4·7H2O7,350 g
2.6K2HPO40,522 g
2.7NaHCO37,500 g
2.8Na2SiO3·9H2OSiehe Hinweis 1

Hinweis 1: Ausschließlich für im Test eingesetzte Kieselalgen-Arten zu verwenden; kann unmittelbar (202,4 mg) hinzugegeben oder mittelbar durch Auffüllen mit einer Stammlösung bis zum Erreichen einer Endkonzentration von 20 mg Si/l im Medium hinzugegeben werden.

3.
Die Mikronährstoff-Lösung wird hergestellt, indem folgende Mengen in 500 ml entionisiertem oder destilliertem Wasser aufgelöst werden:



3.1H3BO392,760 mg
3.2MnCl2·4H2O207,690 mg
3.3ZnCl21,635 mg
3.4FeCl3·6H2O79,880 mg
3.5CoCl2·6H2O0,714 mg
3.6Na2MoO4·2H2O3,630 mg
3.7CuCl2·2H2O0,006 mg
3.8Na2EDTA·2H2O150,000 mg. [Dinatrium(ethylendinitril)tetraacetat]
3.9Na2SeO4·5H2O0,005 mg; siehe Hinweis 2.

Hinweis 2: Darf ausschließlich im Medium für Stammkulturen mit Kieselalgen-Arten verwendet werden.

4.
Der pH-Wert ist auf 7,5 ± 0,1 einzustellen (mit 0,1 N oder 1,0 N NaOH oder HCl).
5.
Wenn ein Teilchenzähler verwendet werden soll, wird das Medium durch einen 0,22-μm-Membranfilter in ein steriles Gefäß gefiltert; ansonsten erfolgt die Filtration in ein steriles Gefäß durch ein 0,45-μm-Filter.
6.
Das Medium ist bis zur Verwendung bei einer Temperatur von etwa 4 °C dunkel zu lagern.

Anlage 4

Beispiel eines Verfahrens zur Kultivierung der Algen

Allgemeine Bemerkungen

Durch die Kultivierung nach dem folgenden Verfahren sollen Algenkulturen für Toxizitätstests hergestellt werden.

Um sicherzustellen, dass die Algenkulturen nicht mit Bakterien verunreinigt sind, sind geeignete Methoden anzuwenden. Wenngleich u. U. axenische Kulturen erwünscht sein mögen, sind Algenkulturen doch mit einer einzigen Alge herzustellen und zu verwenden.

Sämtliche Schritte sind unter sterilen Bedingungen auszuführen, um Verunreinigungen mit Bakterien und anderen Algen zu vermeiden.

Ausrüstung und Materialien

Siehe Prüfmethode: Apparatur.

Verfahren zur Herstellung von Algenkulturen

Herstellung von Nährlösungen (Medien)

Alle Nährsalze des Mediums werden als konzentrierte Stammlösungen hergestellt und dunkel und kühl gelagert. Die Lösungen werden durch Filtration oder Autoklavieren sterilisiert.

Das Medium wird durch Zugabe der jeweils erforderlichen Menge der Stammlösung zu sterilem destilliertem Wasser hergestellt; dabei ist darauf zu achten, dass keine Verunreinigungen entstehen können. Bei festen Medien ist 0,8 % Agar hinzuzugeben.

Stammkultur

Die Stammkulturen bestehen aus kleinen Algenkulturen, die regelmäßig in frische Medien übertragen werden und als Ausgangs-Prüfmaterial fungieren. Wenn die Kulturen nicht regelmäßig verwendet werden, sind die Kulturen auf Agarröhrchen (Slopes) abzustreichen. Diese werden anschließend mindestens einmal alle zwei Monate in frische Medien gebracht.

Die Stammkulturen werden in Erlenmeyerkolben mit dem jeweils geeigneten Medium kultiviert (Volumen etwa 100 ml). Wenn die Algen bei 20 °C unter ständiger Beleuchtung inkubiert werden, ist eine wöchentliche Überimpfung erforderlich.

Dabei ist von der „alten“ Kultur mit sterilen Pipetten so viel in einen Kolben mit frischem Medium zu geben, dass bei schnell wachsenden Arten die Ausgangskonzentration etwa 100-mal geringer ist als die Konzentration der alten Kultur.

Die Wachstumsrate einer Art kann anhand der Wachstumskurve bestimmt werden. Wenn diese bekannt ist, kann die Dichte geschätzt werden, bei der die Kultur in das neue Medium gegeben werden sollte. Die Dichteschätzung muss erfolgen, bevor die betreffende Kultur in die Absterbephase gelangt.

Vorkultur

Mit der Vorkultur sollen Algen zur Impfung der Prüfkulturen hergestellt werden. Die Vorkultur wird unter den Prüfbedingungen inkubiert und noch während der Phase des exponentiellen Wachstums verwendet (in der Regel nach einer Inkubationsdauer von 2 bis 4 Tagen). Algenkulturen mit deformierten oder anomalen Zellen sind zu verwerfen.

Anlage 5

Datenanalyse durch nicht-lineare Regression

Allgemeine Bemerkungen

In den Algentests und in sonstigen Tests zur Ermittlung des mikrobiologischen Wachstums — des Wachstums einer Biomasse — stellt die Reaktion naturgemäß eine kontinuierliche oder metrische Variable dar: eine Prozessrate, wenn von einer Wachstumsrate ausgegangen wird, und ein zeitbezogenes Integral, wenn die Biomasse zugrunde gelegt wird. Diese beide Variablen werden zu der mittleren Wirkung in Beziehung gesetzt, die bei nicht exponierten Replikatkontrollen beobachtet wird, die unter den gegebenen Bedingungen am stärksten reagieren, wobei Licht und Temperatur bei Algentests die wichtigsten Determinanten sind. Das System kann verteilt oder homogen sein, und die Biomasse kann als kontinuierlicher Parameter betrachtet werden; einzelne Zellen brauchen nicht berücksichtigt zu werden. Die Varianzverteilung des Reaktionstyps dieser Systeme hängt ausschließlich von den Versuchsbedingungen ab (die in der Regel durch logarithmisch-normale oder normale Fehlerverteilungen gekennzeichnet sind). In dieser Hinsicht besteht ein Unterschied gegenüber typischen Reaktionen in Bioassays mit quantalen Daten, bei denen die Toleranz (typischerweise mit Binomialverteilung) der einzelnen Organismen häufig als maßgebliche Varianzkomponente betrachtet wird. Kontrollreaktionen liegen hier bei null oder im Bereich des Hintergrundwerts.

Im einfachsten Fall nimmt die normalisierte oder relative Reaktion r gleichmäßig von 1 (Hemmung null) bis 0 (vollständige Hemmung) ab. Alle Reaktionen sind mit einem Fehler verbunden, und scheinbare negative Hemmungen können rechnerisch ausschließlich das Ergebnis zufälliger Fehler sein.

Regressionsanalyse

Modelle

Durch eine Regressionsanalyse soll die Konzentrations-Wirkungskurve als mathematische Regressionsfunktion Y = f (C) bzw. häufiger als F (Z) beschrieben werden; dabei ist Z = log C. Umgekehrt ermöglicht C = f– 1 (Y) die Berechnung von ECx-Werten einschließlich EC50, EC10 und EC20 sowie der jeweiligen 95- %-Konfidenzintervalle. Verschiedene einfache mathematische Funktionen haben sich als geeignet zur Beschreibung von Konzentrations-Wirkungsbeziehungen in Tests zur Ermittlung der Hemmung des Algenwachstums erwiesen. Zu diesen Formeln zählen die logistische Gleichung, die nicht symmetrische Weibull-Verteilung und die logarithmische Normalverteilung als sigmoide Kurven, bei denen sich jeweils ein asymptotischer Verlauf gegen 0 bei C → 0 bzw. gegen 1 bei C → unendlich ergibt.

Der Einsatz kontinuierlicher Schwellenwert-Funktionsmodelle (z. B. des Kooijman-Modells der „Hemmung des Populationswachstums“ — Kooijman u. a. 1996) wurde kürzlich als Alternative zu asymptotischen Modellen vorgeschlagen. Dieses Modell geht davon aus, dass bei Konzentrationen unter einem bestimmten Schwellenwert EC0+ keine Auswirkungen mehr gegeben sind; dieser Schwellenwert wird mit Hilfe einer einfachen kontinuierlichen Funktion mit undifferenziertem Ausgangspunkt durch Extrapolation der Konzentrations-Wirkungsbeziehung so geschätzt, dass die Konzentrationsachse geschnitten wird.

Die Analyse kann in einer einfachen Minimierung der Restquadratsummen (bei Annahme einer konstanten Varianz) oder der Summe der gewichteten Quadrate (bei Ausgleich einer Varianzheterogenität) bestehen.

Verfahren

Das Verfahren kann wie folgt beschrieben werden: Eine geeignete Funktionsgleichung Y = f (C) wird gewählt und durch nicht-lineare Regression an die Daten angepasst. Vorzugsweise sind die Messungen der einzelnen Kolben und nicht die Mittelwerte der Replikate zu verwenden, um möglichst viele Informationen aus den Daten zu gewinnen. Bei einer hohen Varianz haben praktische Erfahrungen hingegen gezeigt, dass die Mittelwerte der Replikate eine sicherere mathematische Schätzung ermöglichen, die weniger von systematischen Fehlern bei den Daten als von den einzelnen ermittelten Datenpunkten abhängt.

Die angepasste Kurve und die gemessenen Daten werden grafisch dargestellt; anschließend ist zu prüfen, ob die Kurve in angemessener Weise angepasst wurde. Eine Analyse der Restwerte könnte für diesen Zweck besonders hilfreich sein. Wenn die gewählte Funktionsbeziehung zur Anpassung der Konzentrations-Wirkungskurve die Kurve nicht vollständig beschreibt oder einen wesentlichen Teil der Kurve wie z. B. die Reaktion bei niedrigen Konzentrationen nicht gut beschreibt, ist eine andere Kurvenanpassung zu wählen (z. B. eine nicht symmetrische Kurve wie etwa die Weibull-Funktion anstelle einer symmetrischen Kurve). Negative Hemmungen können z. B. in Verbindung mit der logarithmischen Normalverteilung problematisch sein und ebenfalls den Einsatz einer alternativen Regressionsfunktion erfordern. Es wird nicht empfohlen, diesen negativen Werten einen Wert von null oder einen kleinen positiven Wert zuzuweisen, weil ansonsten die Fehlerverteilung beeinträchtigt werden könnte. Angemessen sind unter Umständen getrennte Kurvenanpassungen für bestimmte Bereiche der Kurve (z. B. für den Bereich mit der niedrigen Hemmung, wenn EClow x-Werte geschätzt werden sollen). Aus der angepassten Formel sind (mit der Umkehrfunktion C = f– 1(Y)) charakteristische Schätzwerte für ECx zu ermitteln und mindestens für EC50 sowie für einen oder zwei Werte von EClow x zu protokollieren. Praktische Erfahrungen haben gezeigt, dass die Genauigkeit der Algentests im Allgemeinen eine angemessen exakte Schätzung der Konzentration bei einer Hemmung von etwa 10 % ermöglicht, wenn hinreichende Datenpunkte verfügbar sind (sofern nicht eine Unregelmäßigkeit in Form einer Stimulation auch bei niedrigen Konzentrationen gegeben ist). Die Genauigkeit einer EC20-Schätzung ist häufig beträchtlich größer als die Genauigkeit geschätzter EC10-Werte, weil die EC20-Werte gewöhnlich im annähernd linearen Bereich der zentralen Konzentrations-Wirkungskurve vorgenommen werden. Gelegentlich ist die Beurteilung von EC10-Werten wegen der Wachstumsstimulation problematisch. Werte für EC10 sind also im Allgemeinen mit hinreichender Genauigkeit zu erhalten; in jedem Fall empfiehlt sich jedoch, auch die EC20-Werte zu erfassen.

Gewichtungsfaktoren

Die Versuchsvarianz ist nicht grundsätzlich konstant und beinhaltet typischerweise eine proportionale Komponente; daher wird vorzugsweise regelmäßig auch eine gewichtete Regression vorgenommen. Die Gewichtungsfaktoren für diese Analysen werden im Allgemeinen als umgekehrt proportional zur Varianz angenommen:

Wi = 1/Var(ri)

Viele Regressionsprogramme beinhalten die Option zur Durchführung gewichteter Regressionsanalysen mit Gewichtungsfaktoren, die aus einer Tabelle ausgewählt werden können. Die Normalisierung der Gewichtungsfaktoren kann auf bequeme Weise erfolgen, indem die Gewichtungsfaktoren so mit n/Σ wi (n = Anzahl der Datenpunkte) multipliziert werden, dass sich die Summe 1 ergibt.

Normalisierung der Reaktionen

Die Normalisierung durch die mittlere Kontrollreaktion bringt einige grundsätzliche Probleme mit sich und bedingt eine eher komplizierte Varianzstruktur. Mit der Division der Reaktionen durch die mittlere Kontrollreaktion zur Ermittlung der prozentualen Hemmung wird ein weiterer Fehler eingeführt, der auf den in den Mittelwerten der Kontrollen enthaltenen Fehler zurückzuführen ist. Wenn dieser Fehler nicht vernachlässigbar gering ist, sind Gewichtungsfaktoren in Verbindung mit der Regression und mit den Konfidenzintervallen bezogen auf die Kovarianz der Kontrollen zu korrigieren (Draper und Smith, 1981). Eine hohe Genauigkeit der geschätzten Mittelwerte der Kontrollreaktionen ist wichtig, um die Gesamtvarianz der relativen Reaktion zu minimieren. Diese Varianz lässt sich wie folgt beschreiben:

(Dabei steht das tiefgestellte i für die Konzentration i und die tiefgestellte 0 für die Kontrollen.)

Yi = relative Reaktion = ri/r0 = 1 – I = f(Ci)

bei gegebener Varianz Var(Y i) = Var(ri/r0) ≅ (∂ Yi /∂ ri)2 · Var(ri) + ((∂ Yi/∂ r0)2 · Var(r0)

entsprechend gilt (∂ Yi/∂ ri) = 1/r0 und (∂ Y i/∂ r0) = ri/r02

bei normal verteilten Daten und mi und m0 Replikaten: Var(ri ) = σ2/mi;

für die Gesamtvarianz der relativen Reaktion Yi gilt somit:

Var(Yi) = σ2/(r02 · mi) + ri2 · σ2/r02 · m0.

Der Fehler im Mittelwert der Kontrollen ist umgekehrt proportional zur Quadratwurzel der Anzahl der in den Durchschnitt einbezogenen Kontrollreplikate; gelegentlich ist die Einbeziehung historischer Daten gerechtfertigt, um den Fehler auf diese Weise erheblich zu reduzieren. Ein alternatives Verfahren besteht darin, die Daten nicht zu normalisieren und die absoluten Reaktionen einschließlich der Daten der Kontrollreaktionen nicht anzupassen, sondern den Kontroll-Reaktionswert als zusätzlichen Parameter einzuführen, der durch nicht-lineare Regression anzupassen ist. In Verbindung mit einer normalen Regressionsgleichung mit zwei Parametern erfordert diese Methode die Anpassung von drei Parametern; daher sind mehr Datenpunkte erforderlich als bei der nicht-linearen Regression von Daten, die mit einer vordefinierten Kontrollreaktion normalisiert werden.

Umkehrung der Konfidenzintervalle

Die Berechnung nicht-linearer Konfidenzintervalle durch Schätzung mit der Umkehrfunktion gestaltet sich eher komplex und ist in den üblichen statistischen Computer-Programmen als reguläre Option nicht enthalten. Ungefähre Konfidenzintervalle können mit Standardprogrammen zur Berechnung nicht-linearer Regressionen durch Neu-Parametrisierung ermittelt werden (Bruce und Versteeg, 1992); dabei wird die mathematische Formel mit den angestrebten Punktschätzungen (z. B. EC10 und EC50) als zu schätzenden Parametern neu entwickelt. Vorausgesetzt wird, dass I = f (α, β, Konzentration); die Definitionsbeziehungen f (α, β, EC10) = 0,1 und f (α, β, EC50) = 0,5 werden verwendet, um f (α, β, Konzentration ) durch eine äquivalente Funktion g (EC10, EC50, Konzentration) zu ersetzen.

Für eine direktere Berechnung (Andersen u. a. 1998) kann die ursprüngliche Formel verwendet und eine Taylor-Expansion um die Mittelwerte für ri und r0 angenommen werden.

In letzter Zeit werden zunehmend auch Methoden mit Bootstrapping-Algorithmen verwendet. Diese Methoden beruhen auf Schätzungen einer empirischen Varianzverteilung ausgehend von den gemessenen Daten und von häufigen Stichproben unter Einsatz eines Zufalls-Nummerngenerators.

LITERATUR

Kooijman, S.A.L.M.; Hanstveit, A.O.; Nyholm, N. (1996): No-effect concentrations in algal growth inhibition tests. Water Research, 30, 1625-1632.

Draper, N.R., und Smith, H. (1981). Applied Regression Analysis, second edition. Wiley, New York.

Bruce, R..D., und Versteeg,, D.J. (1992). A Statistical Procedure for Modelling Continuous Ecotoxicity Data. Environ. Toxicol. Chem.11, 1485-1494.

Andersen, J.S., Holst, H., Spliid, H., Andersen, H., Baun, A., und Nyholm, N. (1998). Continuous ecotoxicological data evaluated relative to a control response. Journal of Agricultural, Biological and Environmental Statistics, 3, 405-420.

C.4.   BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — BESTIMMUNG DER „LEICHTEN“ BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT

TEIL I.   ALLGEMEINES

I.1.   EINLEITUNG

Es werden sechs Prüfverfahren als „Screening“-Untersuchungen zur leichten biologischen Abbaubarkeit von chemischen Substanzen in einem aeroben wässrigen Medium beschrieben:

a)
DOC-Die-Away-Test — Abnahme von gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC)  (Methode C.4-A);
b)
modifizierter OECD-Screening-Test — Abnahme von gelöstem organischem Kohlenstoff (Methode C.4-B);
c)
CO2-Entwicklungstest (modifizierter Sturm-Test) (Methode C.4-C);
d)
manometrischer Respirationstest (Methode C.4-D);
e)
geschlossener Flaschentest (Methode C.4-E);
f)
MITI-Test (Ministry of International Trade and Industry — Japan) (Methode C.4-F).

Teil I der Methode enthält allgemeine Überlegungen sowie Anmerkungen, die für alle sechs Prüfverfahren gelten. Spezielle Ausführungen zu den einzelnen Prüfverfahren werden in den Teilen II bis VII gemacht. Die Anlagen enthalten Definitionen, Formeln und Übersichtsmaterial.

Ein im Jahr 1988 im Bereich der OECD-Länder durchgeführter Ring-Test hat ergeben, dass mit den Prüfverfahren übereinstimmende Ergebnisse erzielt werden. Dennoch wird im Einzelfall, je nach den physikalischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, das eine oder das andere Verfahren vorzuziehen sein.

I.2.   AUSWAHL DES GEEIGNETEN VERFAHRENS

Um das geeignetste Verfahren auszuwählen, sind Angaben über die Löslichkeit, den Dampfdruck und die Adsorption der chemischen Substanz erforderlich. Zur Berechnung der theoretischen Werte und/oder zur Kontrolle der gemessenen Parameter (z. B. ThSB, ThCO2, DOC, TOC, CSB — siehe Anlagen 1 und 2) müssen chemische Struktur oder Formel bekannt sein.

Prüfsubstanzen, die mindestens 100 mg/l wasserlöslich sind, können mit jedem beliebigen der genannten Verfahren geprüft werden, sofern sie nicht flüchtig und nicht adsorbierend sind. Geeignete Verfahren für schwer wasserlösliche, flüchtige oder adsorbierende chemische Substanzen sind in Tabelle 1 angegeben. Der Umgang mit schwer wasserlöslichen und flüchtigen Substanzen ist in Anlage 3 beschrieben. Mäßig flüchtige Substanzen lassen sich nach dem DOC-Die-Away-Test prüfen, wenn die Prüfgefäße (die mit einem geeigneten Stopfen verschlossen sein müssen) über ausreichenden Gasraum verfügen. In diesem Fall ist hier eine abiotische Kontrolle vorzusehen, um mögliche physikalische Verluste zu berücksichtigen.



Tabelle 1

Anwendbarkeit der Prüfverfahren

VerfahrenAnalysenmethodeEignung für folgende Substanzen:
löslichflüchtigadsorbierend
DOC-Die-Away-TestGelöster organischer Kohlstoff+/–
Modifizierter OECD-Screening-TestGelöster organischer Kohlstoff+/–
CO2-EntwicklungstestRespirationstest: CO2-Entwicklung++
Manometrischer RespirationstestManometrische Messung: Sauerstoffverbrauch++/–+
Geschlossener FlaschentestRespirationstest: Sauerstoffverbrauch+/–++
MITI-TestRespirationstest: Sauerstoffverbrauch++/–+

Zur Interpretation der erzielten Ergebnisse sind Angaben zur Reinheit oder zu den relativen Anteilen der Hauptbestandteile der Prüfsubstanz erforderlich, insbesondere wenn es sich um niedrige oder marginale Werte handelt.

Angaben zur Bakterientoxizität der Prüfsubstanz (Anlage 4) können bei der Wahl geeigneter Prüfkonzentrationen zweckdienlich und bei der richtigen Interpretation geringer biologischer Abbauwerte wichtig sein.

I.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Zur Überprüfung des Verfahrens werden Referenzsubstanzen getestet, die die Kriterien für eine leichte biologische Abbaubarkeit erfüllen; dazu wird ein geeignetes Prüfgefäß parallel zur normalen Prüfreihe mitgeführt.

Geeignete Chemikalien sind Anilin (frisch destilliert), Natriumacetat und Natriumbenzoat. Diese Referenzsubstanzen werden bei diesen Verfahren durchweg abgebaut, auch wenn kein Inokulum hinzugefügt wird.

Es ist vorgeschlagen worden, dass eine Referenzsubstanz gesucht werden sollte, die biologisch leicht abgebaut wird, aber die Zugabe eines Inokulums erfordert. Als eine solche Substanz wurde Kaliumhydrogenphthalat vorgeschlagen, doch steht ein entsprechender Nachweis noch aus, bevor es als Referenzsubstanz akzeptiert werden kann.

Bei den Respirationstests können stickstoffhaltige Verbindungen die Sauerstoffaufnahme infolge Nitrifikation beeinflussen (siehe Anlagen 2 und 5).

I.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine Lösung oder Suspension der Prüfsubstanz in einem mineralischen Medium wird unter aeroben Bedingungen im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung angeimpft und bebrütet. Die DOC-Menge in der Prüflösung, die aus dem Inokulum stammt, muss im Vergleich zu der DOC-Menge aus der Prüfsubstanz so gering wie möglich sein. Die endogene Aktivität des Inokulums wird durch Mitfuhren paralleler Blindproben mit Inokulum aber ohne Prüfsubstanz in der Lösung berücksichtigt, obwohl die endogene Aktivität der Zellen in Gegenwart der Substanz nicht genau dieselbe sein wird wie in der endogenen Kontrolle. Eine Referenzsubstanz wird parallel dazu eingesetzt, um den Verlauf der Vorgänge zu kontrollieren.

Im Allgemeinen wird der Abbau durch Bestimmung von Parametern (z. B. DOC-Abnahme, CO2-Erzeugung und Sauerstoffaufnahme) ermittelt; entsprechende Messungen werden in ausreichenden Abständen vorgenommen, um Beginn und Ende des Bioabbaus zu identifizieren. Automatische Respirometer gestatten eine fortlaufende Messung. Mitunter wird der DOC-Wert zusätzlich zu einem weiteren Parameter gemessen, im Allgemeinen aber nur zu Beginn und am Ende des Tests. Zur Beurteilung des Primärabbaus der Prüfsubstanz und zur Bestimmung der Konzentration eventueller Abbauprodukte können auch spezifische Analysen durchgeführt werden. (Beim MITI-Test sind diese obligatorisch).

Normalerweise beträgt die Testdauer 28 Tage. Die Tests können jedoch auch vorzeitig abgebrochen werden, wenn die biologische Abbaukurve über mindestens drei Messungen ein Plateau erreicht hat. Eine Verlängerung der Tests über 28 Tage hinaus ist ebenfalls möglich, wenn aus der Kurve zu ersehen ist, dass der biologische Abbau eingesetzt hat, das Plateau aber am 28. Tag noch nicht erreicht ist.

I.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

I.5.1.   Reproduzierbarkeit

Wegen der Spezifität des biologischen Abbaus und der als Inokula verwendeten Bakterienmischpopulationen sind die Messungen mindestens in doppelten Ansätzen durchzuführen.

Es ist allgemein bekannt, dass die Unterschiede zwischen Doppelmessungen umso kleiner sind, je größer die Konzentration der dem Prüfmedium anfänglich hinzugefügten Mikroorganismen war. Ringtests haben auch gezeigt, dass zwischen den in verschiedenen Prüfeinrichtungen erzielten Ergebnissen große Unterschiede bestehen können, doch wird normalerweise eine gute Übereinstimmung erreicht, wenn biologisch leicht abbaubare Substanzen verwendet werden.

I.5.2.   Gültigkeit des Versuchs

Ein Versuch wird dann als gültig angesehen, wenn die Extremwerte der Wiederholungsmessungen für die Abnahme der Prüfsubstanz nicht mehr als 20 % voneinander abweichen, am Plateau, Testende oder am Ende des 10-Tage-Fensters, und wenn der prozentuale Abbau der Referenzsubstanz das Plateau für leichte biologische Abbaubarkeit innerhalb von 14 Tagen erreicht hat. Ist eine der beiden Bedingungen nicht erfüllt, sollte der Versuch wiederholt werden. Auf Grund der Stringenz der Methoden bedeuten niedrige Ergebnisse nicht unbedingt, dass die Prüfsubstanz unter Umweltbedingungen biologisch nicht abbaubar ist, sondern zeigt nur, dass weitere Untersuchungen erforderlich sind, um einen biologischen Abbau nachzuweisen.

Wenn in einem Toxizitätstest mit Prüf- und Referenzsubstanz innerhalb von 14 Tagen weniger als 35 % Abbau (auf DOC-Basis) bzw. weniger als 25 % (auf der Basis des ThSB oder ThCO2) erzielt wurde, kann von einer Hemmwirkung der Prüfsubstanz ausgegangen werden (vgl. auch Anlage 4). Die Versuchsreihe sollte in diesem Fall wiederholt werden, wenn möglich unter Verwendung einer geringeren Konzentration der Prüfsubstanz und/oder einer höheren Konzentration des Inokulums, jedoch nicht mehr als 30 mg Feststoffe pro Liter.

I.6.   ALLGEMEINE VERFAHREN UND VORBEREITUNGEN

Die allgemeinen Prüfbedingungen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Geräte und weitere Versuchsbedingungen speziell zu den Einzeltests werden gesondert in den entsprechenden Kapiteln zu den einzelnen Prüfverfahren angegeben.



Tabelle 2

Prüfbedingungen

PrüfverfahrenDOC-Die-Away-TestCO2 EntwicklungstestManometr. RespirationstestMod. OECD-Screening-TestGeschlossener FlaschentestMITI-(I)-Test
in mg/l1002-10100
mg DOC/l10-4010-2010-40
ThSB/l50-1005-10
Konzentration des Inokulums (in Zellen/l, ungefährer Wert)

höchstens 30 mg/l SF

oder höchstens 100 ml Kläranlagenablauf pro 1

(107-108)

0,5 ml Kläranlagenablauf pro 1

(105)

bis zu 5 ml

Kläranlagenablauf pro 1

(104-106)

30 mg/l SF

(107-108)

Konzentration der Elemente im mineral. Medium (in mg/l):
P11611,6 29
N1,3 0,13 1,3
Na868,6 17,2
K12212,2 36,5
Mg2,2 2,2 6,6
Ca9,9 9,9 29,7
Fe0,05 - 0,1 0,05 - 0,1 0,15
pH7,4 ± 0,2 nach Möglichkeit 7,0
Temperatur22 ± 2 oC25 ± 1 oC
DOC = gelöster organischer Kohlenstoff (Dissolved Organic Carbon).ThSB = Theoretischer Sauerstoffbedarf.SF = suspendierte Feststoffe.

I.6.1.   Verdünnungswasser

Deionisiertes oder destilliertes Wasser, frei von toxischen Substanzen (z. B. Cu++-Ionen) in hemmenden Konzentrationen, wird verwendet. Es darf nicht mehr als 10 % des von der Prüfsubstanz eingebrachten organischen Kohlenstoffs enthalten. Die hohe Reinheit des Prüfwassers ist zur Vermeidung hoher Blindwerte erforderlich. Eine Kontamination kann sich aus inhärenten Verunreinigungen sowie aus dem Ionenaustauscherharz und Materialien aus Bakterien und Algen ergeben. Für jede Versuchsreihe ist nur eine Charge Wasser zu verwenden, die vorher durch DOC-Analyse zu prüfen ist. Diese Prüfung ist nicht nötig im Closed-Bottle-Test, aber der Sauerstoffverbrauch des Wassers muss gering sein.

I.6.2.   Stammlösungen von mineralischen Bestandteilen

Zur Herstellung der Prüflösungen werden Stammlösungen mit geeigneten Konzentrationen an mineralischen Bestandteilen angesetzt. Für den DOC-Die-Away-Test, den modifizierten OECD-Screening-Test, den CO2-Enwicklungstest, den manometrischen Respirationstest und den geschlossenen Flaschentest können folgende Stammlösungen (mit unterschiedlichen Verdünnungsfaktoren) verwendet werden.

Die Verdünnungsfaktoren und — beim MITI-Test — die spezielle Vorbereitung des mineralischen Mediums werden jeweils in den entsprechenden Kapiteln zu den einzelnen Versuchen angegeben.

Stammlösungen:

Die folgenden Stammlösungen sind unter Verwendung von Reagenzien des Reinheitsgrades „zur Analyse“ (p. a.) anzusetzen:



a)Kaliumdihydrogenorthophosphat, KH2PO48,50 g
Dikaliummonohydrogenorthophosphat, K2HPO421,75 g
Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dihydrat, Na2HPO4·2H2O33,40 g
Ammoniumchlorid, NH4Cl0,50 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt; der pH-Wert der Lösung sollte 7,4 betragen.
b)Calciumchlorid, wasserfrei, CaCl227,50 g
oder Calciumchlorid-Dihydrat, CaCl2·2H2O36,40 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt
c)Magnesiumsulfat-Heptahydrat, MgSO4·7H2O22,50 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt
d)Eisen(III)chlorid-Hexahydrat, FeCl3·6H2O0,25 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt

Anmerkung: Damit diese Lösung nicht unmittelbar vor Gebrauch zubereitet werden muss, ist 1 Tropfen konzentriertes HCl oder 0,4 g Dinatriumsalz der Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) pro Liter zuzufügen.

I.6.3.   Stammlösungen der Chemikalien

Liegt die Löslichkeit über 1 g/l, sind je nach Notwendigkeit 1-10 g der Prüf- oder Referenzsubstanz in deionisiertem Wasser zu lösen und auf 1 l aufzufüllen. Ansonsten sind die Stammlösungen im mineralischen Medium anzusetzen, oder die Prüfsubstanz wird direkt dem mineralischen Medium zugegeben. Die Vorgehensweise für schwerlösliche Substanzen ist in Anlage 3 angegeben; beim MITI-Test (Methode C.4-F) jedoch sind weder Lösungsmittel noch Emulgatoren zu verwenden.

I.6.4.   Inokula

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf (nicht chloriert), aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich. Bei den Methoden DOC-Die-Away-Test, CO2-Entwicklungstest oder manometrischer Respirationstest, sollte der Belebtschlamm, falls dieser verwendet wird, einer Klärgroß- oder -laboranlage entstammen, die hauptsächlich häusliche Abwässer reinigt. Bei Inokula aus anderen Quellen sind stärker streuende Ergebnisse festgestellt worden. Beim modifizierten OECD-Screening-Test und beim geschlossenen Flaschentest ist ein stärker verdünntes Inokulum ohne Schlammflocken erforderlich, vorzugsweise aus dem Ablauf einer kommunalen Kläranlage oder einer Laboranlage für häusliche Abwässer. Beim MITI-Test wird das Inokulum aus einer Kombination verschiedener Quellen gewonnen — siehe Beschreibung im entsprechenden Kapitel.

I.6.4.1.   Inokulum aus Belebtschlamm

Eine Belebtschlammprobe ist dem Belüftungstank einer Kläranlage oder einer Laboranlage, die hauptsächlich häusliche Abwässer reinigt, frisch zu entnehmen. Falls erforderlich, sind grobe Partikel durch Filtration durch ein feinmaschiges Sieb zu entfernen; danach ist der Schlamm aerob zu halten.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Schlamm nach Abtrennung grober Partikel absitzen zu lassen oder zu zentrifugieren (z. B. 10 Min. bei 1 100 g). Der Überstand wird verworfen und der Schlamm kann im mineralischen Medium gewaschen werden. Der konzentrierte Schlamm wird in einem mineralischen Medium suspendiert, um eine Konzentration von 3-5 g suspendierte Feststoffe pro Liter zu erhalten. Anschließend wird bis zur Verwendung belüftet.

Der Schlamm sollte von einer gut arbeitenden konventionellen Anlage genommen werden. Wenn Schlamm aus einer Abwasserkläranlage verwendet werden muss, der vermutlich Substanzen mit hemmender Wirkung enthält, ist er zu waschen. Dazu lässt man den resuspendierten Schlamm nach gründlichem Durchmischen absitzen oder zentrifugiert ihn, verwirft anschließend den Überstand und suspendiert den gewaschenen Schlamm in einem weiteren Volumen mineralischen Mediums erneut. Diese Schritte sind so lange zu wiederholen, bis der Schlamm als frei von übermäßigem Substrat oder Hemmsubstanz angesehen wird.

Nach vollständiger Resuspension oder bei unbehandeltem Schlamm ist unmittelbar vor Gebrauch das Trockengewicht der suspendierten Feststoffe zu bestimmen.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Homogenisierung von Belebtschlamm (3-5 g suspendierte Feststoffe pro Liter). Dazu wird der Schlamm 2 Min. bei mittlerer Geschwindigkeit in einer mechanischen Mischvorrichtung durchmischt. Danach lässt man den durchmischten Schlamm 30 Min., wenn erforderlich länger, absitzen und dekantiert die als Inokulum verwendete Flüssigkeit mit einer Geschwindigkeit von 10 ml pro Liter mineralischen Mediums.

I.6.4.2.   Andere Quellen für das Inokulum

Dieses lässt sich aus dem Ablauf einer Kläranlage oder einer Laboranlage für überwiegend häusliche Abwässer gewinnen. Dazu ist eine frische Probe zu entnehmen und während des Transports aerob zu halten. Zum Absetzen wird die Probe eine Stunde stehen gelassen oder durch einen grobporigen Papierfilter filtrierμt und der dekantierte Ablauf (bzw. das Filtrat) bis zum Gebrauch aerob gehalten. Bis zu 100 ml diesen Inokulumtyps kann pro Liter Medium verwendet werden.

Als weitere Inokulumquelle dient Oberflächenwasser. In diesem Fall ist von einem geeigneten Oberflächenwasser (z. B. Fluss, See) eine Probe zu entnehmen und diese bis zum Gebrauch aerob zu halten. Falls erforderlich, wird das Inokulum durch Filtration oder Zentrifugieren konzentriert.

I.6.5.   Vorbereitung der Inokula

Die Inokula können an die Versuchsbedingungen, nicht aber an die Prüfsubstanz adaptiert werden. Die entsprechende Konditionierung besteht in der Belüftung des Belebtschlamms im mineralischen Medium oder des Kläranlagenablaufs über eine Dauer von 5-7 Tagen bei der Prüftemperatur. Die Konditionierung verbessert mitunter die Präzision der Prüfmethoden durch eine Absenkung der Blindwerte. Eine Vorbereitung des MITI-Inokulums wird als nicht erforderlich angesehen.

I.6.6.   Abiotische Kontrollen

Sofern erforderlich, sollte der mögliche abiotische Abbau der Prüfsubstanz durch Bestimmung der DOC-Abnahme, der Sauerstoffaufnahme oder der Kohlendioxidentwicklung in sterilen Kontrollen ohne Inokulum geprüft werden. Die Sterilisierung ist durch Membranfiltration (0,2 - 0,45 μm) oder durch Hinzufügen von einer geeigneten toxischen Substanz in entsprechender Konzentration vorzunehmen. Wenn Membranfiltration verwendet wird, muss die Probenahme aseptisch erfolgen, um sterile Bedingungen zu wahren. Unter der Voraussetzung, dass die Adsorption der Prüfsubstanz nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, müssen Prüfungen auf der Grundlage der Messung von DOC-Abnahme, insbesondere bei Belebtschlamm-Inokula, eine abiotische Kontrolle beinhalten, die beimpft und vergiftet wurde.

I.6.7.   Anzahl der Flaschen

Die Anzahl der Flaschen in einem typischen Ansatz wird in den Kapiteln zu jedem Test beschrieben.

Die folgenden Flaschen sollten verwendet werden:

Prüfsuspension: enthält Prüfsubstanz und Inokulum
Inokulum-Blindwert: enthält nur Inokulum
Verfahrenskontrolle: enthält Referenzsubstanz und Inokulum
Abiotische Sterilkontrolle: steril, enthält nur Prüfsubstanz (siehe I.6.6)
Adsorptionskontrolle: enthält Prüfsubstanz, Inokulum und Sterilisierungsmittel
Toxizitätskontrolle: enthält Prüfsubstanz, Referenzsubstanz und Inokulum

Die Bestimmung der Prüfsuspension und des Inokulum-Blindwerts muss unbedingt parallel durchgeführt werden. Die Bestimmungen der anderen Flaschen sollten ebenfalls parallel durchgeführt werden.

Dies ist eventuell nicht immer möglich. Es sollte sichergestellt sein, dass ausreichend Proben genommen oder Ablesungen vorgenommen werden, um die prozentuale Abnahme innerhalb des auszuwertenden „10-Tage-Fensters“ zu beurteilen.

I.7.   DATEN UND AUSWERTUNG

Zur Berechnung von Dt (prozentualer Abbau) werden die Mittelwerte der Wiederholungsmessung der Summenparameter in beiden Prüfgefäßen und im Inokulum-Blindversuch verwendet. Die Formeln sind nachstehend in den jeweiligen Kapiteln angegeben. Der Verlauf des Abbaus wird grafisch dargestellt, und das 10-Tage-Fenster markiert. Die am Ende des 10-Tage-Fensters erreichte prozentuale Abnahme und der bei Erreichen des Plateaus bzw. bei Testende (je nach dem konkreten Fall) erzielte Wert sind zu berechnen und anzugeben.

In den respirometrischen Tests können stickstoffhaltige Substanzen den Sauerstoffverbrauch infolge Nitrifikation beeinträchtigen (vgl. Anlagen 2 und 5).

I.7.1.   Messung des Abbaus mittels DOC-Bestimmung

Der prozentuale Abbau (Dt) sollte für die Flaschen mit Prüfsubstanz zu jeder Probenahme-Zeit getrennt berechnet werden, wobei Mittelwerte der beiden DOC-Messungen verwendet werden, um die Validität der Prüfungen beurteilen zu können (siehe I.5.2). Er wird wie folgt berechnet:

Hierin bedeuten:

Dt=prozentualer Abbau zum Zeitpunkt t
Co=mittlere DOC-Anfangskonzentration im angeimpften Kulturmedium mit der Prüfsubstanz (mg DOC/l)
Ct=mittlere DOC-Konzentration im angeimpften Kulturmedium mit der Prüfsubstanz zum Zeitpunkt t (mg DOC/l)
Cbo=mittlere DOC-Anfangskonzentration des Blindwerts im angeimpften mineralischen Medium (mg DOC/l)
Cbt=mittlere DOC-Konzentration des Blindwerts im angeimpften mineralischen Medium zum Zeitpunkt t (mg DOC/l)

Sämtliche Konzentrationen werden experimentell bestimmt.

I.7.2.   Messung des Abbaus mittels spezifischer Analytik

Liegen Daten aus einer spezifischen Analyse vor, ist der biologische Primärabbau wie folgt zu berechnen:

Hierin bedeuten:

Dt=prozentualer Abbau zum Zeitpunkt t, in der Regel nach 28 Tagen
Sa=Restmenge an Prüfsubstanz im angeimpften Medium bei Versuchsende (mg)
Sb=Restmenge an Prüfsubstanz im Blindversuch mit Wasser/Medium, zu dem nur die Prüfsubstanz hinzugefügt wurde (mg)

I.7.3.   Abiotischer Abbau

Bei abiotischer Sterilkontrolle wird der prozentuale abiotische Abbau wie folgt berechnet:

wobei:

Cs(o)=DOC-Konzentration in Sterilkontrolle am Tag 0
Cs(t)=DOC-Konzentration in Sterilkontrolle am Tag t

I.8.   ABSCHLUSSBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Prüf- und Referenzsubstanz und deren jeweiligen Reinheitsgrad;
Versuchsbedingungen;
Inokulum: Beschaffenheit und Herkunft, Konzentration und evtl. Vorbehandlung (Konditionierung);
Anteil und Beschaffenheit der in den Abwässern enthaltenen Industrie-Abwässer (soweit bekannt);
Versuchsdauer und -temperatur;
bei schwerlöslichen Prüfsubstanzen: vorgenommene Behandlung;
angewendetes Prüfverfahren; sämtliche Abweichungen hiervon sind wissenschaftlich zu begründen;
Datenblatt;
möglicherweise beobachtete Hemmwirkungen;
ein möglicherweise beobachteter abiotischer Abbau;
Daten aus spezifischer Analyse (falls vorhanden);
Analysenwerte bezüglich Zwischenprodukte, wenn vorhanden;
die Kurve des prozentualen Abbaus, aufgetragen gegen die Zeit, für Prüf- und Referenzsubstanz; die „lag“-Phase, die Abbauphase, das 10-Tage-Fenster und die Steigung sind klar anzugeben (Anlage 1). Wenn der Test mit den Validitätskriterien übereinstimmt, sollte der Mittelwert der Abbauprozente der Flaschen mit Prüfsubstanz für die Auftragung verwendet werden;
der prozentuale Abbau nach dem 10-Tage-Fenster sowie auf dem Plateau oder zu Versuchsende.

TEIL II:   DOC-DIE-AWAY-TEST — ABNAHME VON GELÖSTEM ORGANISCHEM KOHLENSTOFF (DOC) (Methode C.4-A)

II.1.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des angeimpften mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (10-40 mg DOC/l) als einziger nomineller Quelle organischen Kohlenstoffs wird im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung bei 22 ± 2 oC belüftet.

Der Abbau wird mittels DOC-Analyse über einen Zeitraum von 28 Tagen in kurzen Zeitabständen verfolgt. Der Grad des biologischen Abbaus wird durch die Abnahme der DOC-Konzentration (nach Berücksichtigung des Inokulum-Blindwerts) in % der Ausgangskonzentration berechnet. Der Grad des biologischen Primärabbaus lässt sich aus der ergänzenden chemischen Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

II.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

II.2.1.   Geräte

a)
Konische Flaschen, z. B. 250 ml bis 2 l, je nach dem für die DOC-Analyse benötigten Volumen
b)
Schüttelmaschine zur Aufnahme der konischen Flaschen, die entweder mit einem Thermostaten ausgestattet oder in einem klimatisierten Raum aufgestellt ist und so ausgelegt sein muss, dass aerobe Bedingungen in allen Flaschen aufrechterhalten werden
c)
Filtrationsgerät mit geeigneten Membranen
d)
DOC-Analysator
e)
Gerät zur Bestimmung von gelöstem Sauerstoff
f)
Zentrifuge

II.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösung siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

II.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf, aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich.

Vgl. I.6.4, I.6.4.1, I.6.4.2 und I.6.5.

II.2.4.   Ansatz der Flaschen

Beispiel: Jeweils 800 ml des mineralischen Mediums werden in konische 2-l-Flaschen gegeben, dazu wird in jeweils separate Ansätzen ein ausreichendes Volumen Stammlösung der Prüf- und der Referenzsubstanz gegeben, um ein DOC-Äquivalent von 10-40 mg/l zu erhalten. Der pH-Wert sollte überprüft und wenn nötig auf 7,4 eingestellt werden. Die Flaschen werden mit Belebtschlamm oder einem Inokulum anderer Herkunft (vgl. I.6.4) beimpft, um eine Endkonzentration nicht über 30 mg suspendierter Feststoffe pro Liter zu erhalten. Daneben werden Inokulum-Kontrollen im mineralischen Medium ohne Prüf- oder Referenzsubstanz angesetzt.

Falls erforderlich, ist ein Gefäß zur Kontrolle der möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz zu verwenden; dazu ist eine Lösung mit vergleichbaren Konzentrationen sowohl der Prüf- als auch der Referenzsubstanz im mineralischen Medium anzuimpfen.

Falls erforderlich, ist eine weitere, sterile Flasche anzusetzen, um zu prüfen, ob die Prüfsubstanz abiotisch abgebaut wird; dazu ist eine nicht angeimpfte Lösung dieser Substanz zu verwenden (vgl. I.6.6).

Wenn vermutet werden muss, dass die Prüfsubstanz signifikant am Glas oder am Schlamm usw. adsorbiert wird, ist eine Vorprüfung vorzunehmen, mit der das Ausmaß der Adsorption und damit die Eignung des Versuchs für die Prüfsubstanz bestimmt werden (vgl. Tabelle 1). Ansetzen einer Flasche mit Prüfsubstanz, Inokulum und Sterilisiermittel.

Alle Flaschen mit dem mineralischen Medium auf 1 l auffüllen, mischen und anschließend von jeder Flasche eine Probe zwecks Bestimmung der DOC-Ausgangskonzentration entnehmen (vgl. Anlage 2.4). Öffnungen der Flaschen so abdecken, z. B. mit Aluminiumfolie, dass ein freier Luftaustausch zwischen der Flasche und der Umgebungsluft möglich bleibt. Danach die Flaschen in die Schüttelmaschine stellen und mit dem Versuch beginnen.

II.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: abiotische Sterilkontrolle

Flasche 7: Adsorptionskontrolle

Flasche 8: Toxizitätskontrolle

Vgl. I.6.7.

II.2.6.   Durchführung der Prüfung

Während des Versuchs sind die DOC-Konzentrationen in jeder Flasche in bestimmten Zeitabständen doppelt zu bestimmen, und zwar so häufig, dass der Beginn des 10-Tage-Fensters und die prozentuale Abnahme am Ende des 10-Tage-Fensters bestimmt werden können. Dabei ist pro Messung nur die Mindestmenge an Prüfsuspension zu entnehmen.

Vor der Probeentnahme sind die Verdampfungsverluste aus den Flaschen, falls erforderlich, durch Zufügen von Verdünnungswasser auszugleichen (I.6.1). Der Versuchsansatz ist vor Entnahme einer Probe gründlich zu durchmischen, wobei sicherzustellen ist, dass an den Wänden der Flaschen anhaftendes Material vor der Probenahme gelöst oder suspendiert wird. Unmittelbar nach der Probenahme ist zu filtrieren (Membranfilter) oder zu zentrifugieren (vgl. Anlage 2.4). Die filtrierten oder zentrifugierten Proben sind noch am selben Tag zu analysieren; ansonsten können sie bei 2-4 oC für maximal 48 h bzw. bei unter — 18 oC über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden.

II.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

II.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Der prozentuale Abbau zum Zeitpunkt t ist entsprechend I.7.1 (DOC-Bestimmung) sowie wahlweise entsprechend I.7.2 (spezifische Analyse) zu berechnen.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den dafür vorgesehenen Datenblättern zu protokollieren.

II.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Vgl. I.5.2.

II.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

II.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblattes.

DOC-DIE-AWAY-TEST

1.
LABOR
2.
DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUSBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium, t0: ... mg/l auf Substanz bezogen

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.   KOHLENSTOFFBESTIMMUNGEN

Kohlenstoffanalysator: ...



Flasche Nr.DOC nach n Tagen (mg/l)
0n1n2n3nx
Testsubstanz plus Inokulum1a1
a2

a, Mittelwert

Ca(t)

2b1
b2

b, Mittelwert

Cb(t)

Inokulum-Blindversuch ohne Testsubstanz3c1
c2
c, Mittelwert Cc(t)
4d1
d2

d, Mittelwert

Cd(t)

6.   AUSWERTUNG DER ROHDATEN



Flasche Nr.% Abbau nach n Tagen
0n1n2n3nx
10
20
Mittel (1)0
(*1)   Bei erheblichem Unterschied sollten D1 und D2 nicht gemittelt werden.

Anmerkung: Für die Referenz und die Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

7.   ABIOTISCHE KONTROLLE (wahlweise)



Zeit (Tage)
0t
DOC-Konzentration (mg/l) in SterilkontrolleCs(o)Cs(t)

8.   SPEZIFISCHE ANALYSE (wahlweise)



Bei Versuchsende verbliebene Menge an Prüfsubstanz (mg/l)% Primärabbau
SterilkontrolleSb
Beimpftes PrüfmediumSa

TEIL III.   MODIFIZIERTER OECD-SCREENING-TEST (Methode C.4-B)

III.1.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (10-40 mg/l DOC) als einziger nomineller Quelle organischen.Kohlenstoffs wird mit 0,5 ml Kläranlagenablauf pro Liter Medium angeimpft und im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung bei 22 ± 2 oC belüftet.

Der Abbau wird mittels DOC-Analyse über einen Zeitraum von 28 Tagen in kurzen Zeitabständen verfolgt. Der Grad des biologischen Abbaus wird durch die Abnahme der DOC-Konzentration (nach Berücksichtigung des Inokulum-Blindwerts) in % der Ausgangskonzentration berechnet. Der Grad des biologischen Primärabbaus lässt sich auch aus der ergänzenden chemischen Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

III.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

III.2.1.   Geräte

a)
Konische Flaschen, z. B. 250 ml bis 2 1, je nach dem für die DOC-Analyse benötigten Volumen
b)
Schüttelmaschine zur Aufnahme der konischen Flaschen, die entweder mit einem Thermostaten ausgestattet oder in einem klimatisierten Raum aufgestellt ist und so ausgelegt sein muss, dass aerobe Bedingungen in allen Flaschen aufrechterhalten werden
c)
Filtrationsgerät mit geeigneten Membranen
d)
DOC-Analysator
e)
Gerät zur Bestimmung von gelöstem Sauerstoff
f)
Zentrifuge

III.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösung siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

Bei diesem Verfahren werden nur 0,5 ml Kläranlagenablauf pro Liter als Inokulum verwendet, so dass das Medium möglicherweise mit Spurenelementen und Wachstumsfaktoren angereichert werden muss. Zu diesem Zweck wird von den folgenden Lösungen jeweils 1 ml pro Liter endgültigem Medium zugefügt.

Lösung der Spurenelemente:



Mangansulfat-Tetrahydrat, MnSO4·4H2O39,9 mg
Borsäure, H3BO357,2 mg
Zinksulfat-Heptahydrat, ZnSO4·7H2O42,8 mg
Ammoniumheptamolybdat, (NH4)6·Mo7O2434,7 mg
Fe-Chelat (FeCl3 Ethylendiamintetraessigsäure)100,0 mg
in Verdünnungswasser gelöst und auf 1 000 ml aufgefüllt.
Vitaminlösung:
Hefeextrakt15,0 mg

in 100 ml Wasser gelöst und durch Membranfilter mit 0,2 μm Porengröße steril filtriert bzw. frisch zubereitet.

III.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum ist von Abläufen einer Kläranlage oder Anlage im Labormaßstab, denen vorwiegend häusliche Abwässer zugeführt werden, zu entnehmen. Vgl. I.6.4.2 und I.6.5.

0,5 ml pro Liter mineralisches Medium sind zu verwenden.

III.2.4.   Ansatz der Flaschen

Beispiel: Jeweils 800 ml mineralischen Mediums werden in konische 2-l-Flaschen gegeben, dazu wird in jeweils separaten Ansätzen ein ausreichendes Volumen Stammlösung der Prüf- und der Referenzsubstanz gegeben, um ein DOC-Äquivalent von 10-40 mg/l zu erhalten. Der pH-Wert sollte überprüft und wenn nötig auf 7,4 eingestellt werden. Die Flaschen werden mit 0,5 ml Kläranlagenablauf pro Liter beimpft (vgl. I.6.4.2). Daneben werden Inokulum-Kontrollen im mineralischen Medium ohne Prüf- oder Referenzsubstanz angesetzt.

Falls erforderlich, ist ein Gefäß zur Kontrolle der möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz zu verwenden; dazu ist eine Lösung mit vergleichbaren Konzentrationen sowohl der Prüf- als auch der Referenzsubstanz im mineralischen Medium anzuimpfen.

Falls erforderlich, ist eine weitere, sterile Flasche anzusetzen, um zu prüfen, ob die Prüfsubstanz abiotisch abgebaut wird; dazu ist eine nicht angeimpfte Lösung dieser Substanz zu verwenden (vgl. I.6.6).

Wenn vermutet werden muss, dass die Prüfsubstanz signifikant am Glas oder am Schlamm usw. adsorbiert wird, ist eine Vorprüfung vorzunehmen, mit der das Ausmaß der Adsorption und damit die Eignung des Versuchs für die Prüfsubstanz bestimmt werden (vgl. Tabelle 1). Ansetzen einer Flasche mit Prüfsubstanz, Inokulum und Sterilisiermittel.

Alle Flaschen mit dem mineralischen Medium auf 1 l auffüllen, mischen, und anschließend von jeder Flasche eine Probe zwecks Bestimmung der DOC-Ausgangskonzentration entnehmen (vgl. Anlage 2.4). Öffnungen der Flaschen so abdecken, z. B. mit Aluminiumfolie, dass ein freier Luftaustausch zwischen der Flasche und der Umgebungsluft möglich bleibt. Danach die Flaschen in die Schüttelmaschine stellen und mit dem Versuch beginnen.

III.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: abiotische Sterilkontrolle

Flasche 7: Adsorptionskontrolle

Flasche 8: Toxizitätskontrolle

Vgl. I.6.7.

III.2.6.   Durchführung der Prüfung

Während des Versuchs sind die DOC-Konzentrationen in jeder Flasche in bestimmten Zeitabständen doppelt zu bestimmen, und zwar so häufig, dass der Beginn des 10-Tage-Fensters und die prozentuale Abnahme am Ende des 10-Tage-Fensters bestimmt werden können. Dabei ist pro Messung nur die Mindestmenge an Prüfsuspension zu entnehmen.

Vor der Probeentnahme sind die Verdampfungsverluste aus den Flaschen, falls erforderlich, durch Zufügen von Verdünnungswasser auszugleichen (I.6.1.). Der Versuchsansatz ist vor Entnahme einer Probe gründlich zu durchmischen, wobei sicherzustellen ist, dass an den Wänden der Flaschen anhaftendes Material vor der Probenahme gelöst oder suspendiert wird. Unmittelbar nach der Probenahme ist zu filtrieren (Membranfilter) oder zu zentrifugieren (vgl. Anlage 2.4). Die filtrierten oder zentrifugierten Proben sind noch am selben Tag zu analysieren; ansonsten können sie bei 2-4 oC für maximal 48 h bzw. bei unter — 18 oC über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden.

III.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

III.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Der prozentuale Abbau zum Zeitpunkt t ist entsprechend I.7.1 (DOC-Bestimmung) sowie wahlweise entsprechend I.7.2. (spezifische Analyse) zu berechnen.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den dafür vorgesehenen Datenblättern zu protokollieren.

III.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Vgl. I.5.2.

III.3.3.   Prüfbericht

Vgl. I.8.

III.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblattes.

MODIFIZIERTER OECD-SCREENING-TEST

1.
LABOR
2.
DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUSBSTANZ

Name: …

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium, t0: ... mg/l auf Substanz bezogen

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.   KOHLENSTOFFBESTIMMUNGEN

Kohlenstoffanalysator: ...



Flasche Nr.DOC nach n Tagen (mg/l)
0n1n2n3nx
Testsubstanz plus Inokulum1a1
a2

a, Mittelwert

Ca(t)

2b1
b2

b, Mittelwert

Cb(t)

Inokulum-Blindversuch ohne Testsubstanz3c1
c2
c, Mittelwert Cc(t)
4d1
d2

d, Mittelwert

Cd(t)

6.   AUSWERTUNG DER ROHDATEN



Flasche Nr.% Abbau nach n Tagen
0n1n2n3nx
10
20
Mittel (1)0
(*1)   Bei erheblichem Unterschied sollten D1 und D2 nicht gemittelt werden.

Anmerkung: Für die Referenz und die Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

7.   ABIOTISCHE KONTROLLE (wahlweise)



Zeit (Tage)
0t
DOC-Konzentration (mg/l) in SterilkontrolleCs(o)Cs(t)

8.   SPEZIFISCHE ANALYSE (wahlweise)



Bei Versuchsende verbliebene Menge an Prüfsubstanz (mg/l)% Primärabbau
SterilkontrolleSb
Beimpftes PrüfmediumSa

TEIL IV.   CO2-ENTWICKLUNGSTEST (Methode C.4-C)

IV.1.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des angeimpften mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (10-20 mg/l DOC oder TOC) als einziger nomineller Quelle organischen Kohlenstoffs wird durch Einleiten von kohlendioxidfreier Luft bei gesteuerter Geschwindigkeit im Dunkeln oder bei diffusem Licht belüftet. Der Abbau wird über einen Zeitraum von 28 Tagen durch Bestimmung des erzeugten Kohlendioxids verfolgt, das in Bariumhydroxid oder Natronlauge gebunden und durch Titration des restlichen Hydroxids/der restlichen Lauge oder als anorganischer Kohlenstoff bestimmt wird. Die Menge des aus der Prüfsubstanz freigesetzten Kohlendioxids wird (nach Berücksichtigung der Menge aus dem Inokulum-Blindversuch) in % ThCO2 angegeben. Der Grad des biologischen Abbaus lässt sich auch aus der ergänzenden DOC-Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

IV.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

IV.2.1.   Geräte

a)
Konische Flaschen, 2 bis 5 l, jeweils mit einem Belüftungsrohr, das nahezu auf den Boden der Flasche reicht, und mit einem Auslass
b)
Magnetrührer (bei der Prüfung schwer löslicher Substanzen
c)
Gaswaschflaschen
d)
Einrichtung zur Steuerung und Messung des Luftstromes
e)
Gerät zur Kohlendioxidwäsche zwecks Gewinnung von Luft, die frei von Kohlendioxid ist; alternativ dazu kann ein Gemisch aus CO2-freiem Sauerstoff und CO2-freiem Stickstoff im richtigen Verhältnis aus Gasflaschen verwendet werden (20 % O2 : 80 % N2)
f)
Einrichtung zur Kohlendioxidbestimmung, entweder durch Titration oder Analyse des anorganischen Kohlenstoffs
g)
Membranfiltrationsgerät (wahlweise)
h)
DOC-Analysator (wahlweise)

IV.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösungen siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

IV.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf, aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich.

Vgl. I.6.4, I.6.4.1, I.6.4.2 und I.6.5.

IV.2.4.   Ansatz der Flaschen

Die folgenden Mengen- und Gewichtsangaben sind als Beispiel für 5-Liter-Flaschen mit 3 l Suspension zu verstehen. Werden Flaschen mit geringerem Volumen verwendet, sind die Angaben entsprechend zu ändern. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass das gebildete Kohlendioxid exakt gemessen werden kann.

In jede 5-l-Flasche werden 2 400 ml mineralisches Medium gegeben. Dazu wird eine geeignete Menge des vorbereiteten Belebtschlamms hinzugefügt (vgl. I.6.4.1 und I.6.5), um schließlich in den 3 l beimpfter Mischung eine Konzentration an suspendierten Feststoffen von nicht mehr als 30 mg/l zu erhalten. Alternativ dazu kann der vorbereitete Belebtschlamm zunächst im mineralischen Medium verdünnt werden zu einer Suspension von 500-1 000 mg/l. Danach wird dem Inhalt der 5-l-Flasche eine aliquote Menge hinzugegeben, um so eine Konzentration von 30 mg/l zu erhalten. Dieses letztere Verfahren sichert eine höhere Präzision. Es kann auch Inokulum anderer Herkunft verwendet werden (vgl. I.6.4.2).

Diese angeimpften Mischungen sind über Nacht mit CO2-freier Luft zu belüften, um das System von Kohlendioxid zu reinigen.

Die Prüf- und die Referenzsubstanz sind getrennt als Stammlösungen bekannten Volumens in die Gefäße des Parallelansatzes zu geben, um so Substanzkonzentrationen von 10 bis 20 mg/l DOC oder TOC zu erhalten; einige Gefäße sind ohne Zugabe von Substanz als Inokulum-Kontrollen mitzuführen. Schwerlösliche Prüfsubstanzen sind auf Gewichts- oder Volumenbasis direkt in die Gefäße zu geben oder gemäß Anlage 3 zu behandeln.

Falls erforderlich, ist ein Gefäß zur Kontrolle der möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz zu verwenden; dazu ist sowohl die Prüf- als auch die Referenzsubstanz in derselben Konzentration zuzugeben wie in den anderen Gefäßen.

Falls erforderlich, ist eine weitere, sterile Flasche anzusetzen, um zu prüfen, ob die Prüfsubstanz abiotisch abgebaut wird; dazu ist eine nicht angeimpfte Lösung dieser Substanz zu verwenden (vgl. I.6.6). Sterilisierung durch Zugabe einer toxischen Substanz in geeigneter Konzentration.

Die Suspensionen in allen Flaschen sind durch Zugabe des zuvor mit CO2-freier Luft belüfteten mineralischen Mediums aufzufüllen. Wahlweise können Proben zur DOC-Analyse (vgl. Anlage 2.4) und/oder zur spezifischen Analyse entnommen werden. Die Absorptionsflaschen sind mit den Gasauslässen der Flaschen zu verbinden.

Bei Verwendung von Bariumhydroxid sind an jede 5-l-Flasche drei Absorptionsflaschen, jeweils gefüllt mit 100 ml Bariumhydroxidlösung 0,0125 M, in Serie anzuschließen. Die Lösung muss frei von ausgefälltem Sulfat und Karbonat sein; die Konzentration der Lösung ist unmittelbar vor Gebrauch zu bestimmen. Bei Verwendung von Natronlauge sind zwei Absorptionsfallen anzuschließen, wobei die zweite als Kontrolle dafür dient, ob das gesamte Kohlendioxid in der ersten Falle absorbiert wurde. Geeignet sind hierfür Absorptionsflaschen, die mit Serumflaschenverschlüssen versehen sind. In jede Flasche sind 200 ml Natronlauge 0,05 M zu geben; diese Menge ist ausreichend, um das gesamte bei vollständigem Abbau der Prüfsubstanz entstehende Kohlendioxid zu absorbieren. Auch nach frischer Zubereitung enthält die Natronlauge Spuren von Karbonaten, die durch Subtraktion des im Blindwert enthaltenen Karbonats berücksichtigt werden.

IV.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle.

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: abiotische Sterilkontrolle

Flasche 7: Toxizitätskontrolle

Vgl. auch I.6.7.

IV.2.6.   Durchführung der Prüfung

Bei Versuchsbeginn wird CO2-freie Luft (Geschwindigkeit: 30-100 ml/min) in die Gefäße mit den Suspensionen geleitet. Zur Bestimmung der CO2-Entwicklung sind regelmäßig Proben des Kohlendioxid-Absorbers zu entnehmen. Es wird empfohlen, diese Messungen in den ersten zehn Tagen alle zwei oder drei, danach bis zum 28. Tag alle fünf Tage vorzunehmen, um das 10-Tage-Fenster zu ermitteln.

Am 28. Tag werden Proben (wahlweise) zwecks DOC- und/oder spezifischer Analyse entnommen, der pH-Wert der Suspensionen gemessen und jeder Flasche 1 ml konzentrierte Salzsäure zugesetzt; die Flaschen sind über Nacht zu belüften, um das in den Prüfsuspensionen vorhandene Kohlendioxid auszutreiben. Am 29. Tag ist die letzte Bestimmung der Kohlendioxidentwicklung vorzunehmen.

An den Tagen, an denen CO2-Messungen vorgenommen werden, ist die dem Testgefäß am nächsten stehende Bariumhydroxid-Absorptionsflasche abzutrennen und die Hydroxidlösung mit HCl 0,05 M unter Verwendung von Phenolphthalein als Indikator zu titrieren. Die verbleibenden Absorptionsflaschen rücken jeweils um einen Platz auf, und eine neue Absorptionsflasche mit 100 ml frischem Bariumhydroxid 0,0125 M wird an das Ende der Serie hinzugefügt. Die Titrationen sind je nach Bedarf vorzunehmen, z. B. wenn in der ersten Falle deutliche Niederschläge auftreten, d. h., bevor ein Niederschlag in der zweiten Falle sichtbar wird, zumindest aber einmal pro Woche. Alternativ kann man — bei Verwendung von NaOH als Absorber — mit einer Spritze eine kleine Probe Natronlauge (je nach verwendetem Kohlenstoffanalysator) aus der dem Testgefäß am nächsten stehenden Absorptionsflasche entnehmen und diese zur Bestimmung der Kohlenstoffentwicklung direkt in den IC-Teil des Kohlenstoffanalysators einspritzen.

Der Inhalt der zweiten Absorptionsfalle ist nur am Versuchsende zu analysieren, um eine mögliche Kohlendioxidübertragung zu berücksichtigen.

IV.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

IV.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Die in einem Absorber gebundene Menge CO2 ergibt sich nach Titration:

mg CO2 = (100 × CB — 0,5 × V × CA) × 44

Hierin bedeuten:

V=zur Titration der 100 ml im Absorber verbrauchtes Volumen HCl (ml)
CB=Konzentration der Bariumhydroxidlösung (M)
CA=Konzentration der Salzsäurelösung (M)

Wenn CB0,0125 M und CA0,05 M sind, beträgt das zur Titration von 100 ml Bariumhydroxid verbrauchte Volumen 50 ml, während sich die Menge an CO2 wie folgt ergibt:

Der Faktor zur Umrechnung des titrierten HO-Volumens in mg CO2 beträgt demnach 1,1 .

Die Mengen des aus dem Inokulum allein und aus Inokulum plus Prüfsubstanz freigesetzten CO2 sind unter Verwendung der entsprechenden Titrationswerte zu berechnen; aus der Differenz ergibt sich die Menge des aus der Prüfsubstanz allein freigesetzten CO2.

Ergibt z. B. das Inokulum allein einen Titrationswert vom 48 ml, Inokulum plus Prüfsubstanz einen Wert von 45 ml, so betragen

CO2 aus dem Inokulum = 1,1 × (50-48) = 2,2 mg,

CO2 aus Inokulum plus Prüfsubstanz = 1,1 × (50-45) = 5,5 mg;

d. h., die Menge des aus der Prüfsubstanz allein freigesetzten CO2 liegt bei 3,3 mg.

Der prozentuale biologische Abbau berechnet sich wie folgt:

oder

wobei 3,67 der Umrechnungsfaktor (44/12) von Kohlenstoff in Kohlendioxid ist.

Der prozentuale Abbau für jeden beliebigen Zeitabschnitt kann durch Addition der prozentualen ThCO2-Werte ermittelt werden, die für jeden einzelnen Tag bis zum Zeitpunkt der Messung berechnet worden sind.

Bei Verwendung von Adsorptionsgefäßen mit Natronlauge ist die freigesetzte Kohlendioxidmenge, angegeben als IC (mg), durch Multiplikation der IC-Konzentration im Absorber mit dem Volumen des verwendeten Absorbers zu berechnen.

Der prozentuale biologische Abbau berechnet sich wie folgt:

Die DOC-Abnahme wird (wahlweise) entsprechend den Angaben unter Abschnitt I.7 berechnet. Die erhaltenen Werte werden zusammen mit allen anderen Ergebnissen auf den vorliegenden Datenblättern protokolliert.

IV.3.2.   Validität der Ergebnisse

Der IC-Gehalt der Prüfsuspension im mineralischen Medium zu Versuchsbeginn darf nicht mehr als 5 % des TC-Werts betragen, und die gesamte CO2-Entwicklung des Inokulum-Blindwerts zu Versuchsende sollte normalerweise 40 mg/l Medium nicht überschreiten. Bei Werten über 70 mg CO2 pro Liter sollten die Daten und das Versuchsverfahren kritisch überprüft werden.

Vgl. auch I.5.2.

IV.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

IV.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblattes.

KOHLENDIOXIDENTWICKLUNGSTEST

1.
LABOR
2.
DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name: …

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium: ... mg/l auf Substanz bezogen

In die Flasche gegebene Gesamtmenge an C (TC): ... mg C

ThCO2: ... mg CO2

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.
KOHLENDIOXIDENTWICKLUNG UND ABBAUBARKEIT

Methode: Ba(OH)2/NaOH/Sonstige ...



Zeit

(Tag)

Freigesetztes CO2

Test (mg)

Freigesetztes CO2

Blindversuch (mg)

Freigesetztes CO2 kumulativ (mg)

(Test — Blindversuch)

% ThCO2

kumulativ

1

2

Mittelwert

3

4

Mittelwert1212Mittelwert
0
n1
n2
n3
28

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie für die Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KOHLENSTOFFANALYSE (wahlweise)

Kohlenstoffanalysator: ...



Zeit (Tag)Blindversuch mg/lPrüfsubstanz mg/l
0Cb(o)Co
28 (1)Cb(t)Ct
(*1)   oder am Ende der Inkubation.

7.   ABIOTISCHER ABBAU (wahlweise)

TEIL V:   MANOMETRISCHER RESPIRATIONSTEST (Methode C.4-D)

V.l.   PRINZIP DER METHODE

Ein definiertes Volumen des angeimpften mineralischen Mediums mit einer bekannten Konzentration der Prüfsubstanz (100 mg/l), die einem ThSB von mindestens 50-100 mg/l entsprechen als einziger nomineller Quelle organischen Kohlenstoffs, wird in einer geschlossenen Flasche bei konstanter Temperatur (± 1 oC oder genauer) bis zu 28 Tage gerührt. Der Sauerstoffverbrauch wird entweder durch Messung der (elektrolytisch erzeugten) Sauerstoffmenge bestimmt, die erforderlich ist, um in der Respirometerflasche ein konstantes Gasvolumen aufrechtzuerhalten, oder aus der Änderung des Volumens oder Drucks im Gerät (bzw. einer Kombination beider Parameter). Das entstandene Kohlendioxid wird in einer Lösung von Kaliumhydroxid oder einem anderen geeigneten Absorptionsmittel absorbiert. Die Menge des von der Prüfsubstanz aufgenommenen Sauerstoffs wird (nach Berücksichtigung des entsprechenden Wertes in dem parallel mitgeführten Inokulum-Blindversuch) als prozentualer Anteil des ThSB oder CSB angegeben. Wahlweise lässt sich Totalabbau durch DOC-Analyse, primärer biologischer Abbau auch aus einer ergänzenden spezifischen Analyse errechnen, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird.

V.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

V.2.1.   Geräte

a)
geeignetes Respirationsmessgerät
b)
Thermostat mit einer Temperaturkonstanz von ± 1 oC oder genauer
c)
Membranfiltrationsgerät (wahlweise)
d)
Kohlenstoffanalysator (wahlweise)

V.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösungen siehe I.6.2.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Verdünnungswasser mischen, 1 ml der Lösungen (b) bis (d) hinzugeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

V.2.3.   Ansatz und Vorbereitung des Inokulums

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf, aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich.

Vgl. I.6.4, I.6.4.1, I.6.4.2 und I.6.5.

V.2.4.   Ansatz der Flaschen

Lösungen der Prüf- und Referenzsubstanz sind aus den Stammlösungen in getrennten Ansätzen in einer Konzentration von normalerweise 100 mg/l Substanz entsprechend einem ThSB von mindestens 50-100 mg/l zuzubereiten.

Der ThSB ist auf der Grundlage der Bildung von Ammoniumsalzen zu berechnen, sofern nicht eine Nitrifikation zu erwarten ist, bei der die Berechnung auf der Grundlage einer Nitratbildung vorzunehmen ist (siehe Anlage 2.2).

Die pH-Werte sind zu bestimmen und, falls erforderlich, auf 7,4 ± 0,2 einzustellen.

Schwerlösliche Substanzen sollten zu einem späteren Zeitpunkt hinzugegeben werden (siehe unten).

Wenn die Toxizität der Prüfsubstanz bestimmt werden soll, ist eine weitere Lösung in mineralischem Medium anzusetzen, die sowohl die Prüf- als auch die Referenzsubstanz enthält, und zwar in denselben Konzentrationen wie bei den Einzelansätzen.

Soweit die Messung der physikalisch-chemischen Sauerstoffaufnahme erforderlich ist, ist eine durch Zugabe einer geeigneten toxischen Substanz sterilisierte Lösung mit der Prüfsubstanz, entsprechend einem ThSB von normalerweise 100 mg/l, anzusetzen (vgl. I.6.6).

Die erforderliche Menge der Lösungen der Prüf- und der Referenzsubstanz wird jeweils auf zwei Flaschen verteilt. Daneben sind weitere Flaschen nur mit dem mineralischen Medium (für die Inokulum-Kontrollen) und, falls erforderlich, mit der gemischten Prüf-/Referenzlösung und mit der sterilen Lösung anzusetzen.

Handelt es sich um eine schwerlösliche Prüfsubstanz, wird diese gewichts- oder volumenbezogen zu diesem Zeitpunkt direkt in die Gefäße gegeben oder nach Anlage 3 behandelt. In die CO2-Absorptionsflaschen sind Kaliumhydroxid, Natronkalk-Pellets oder ein anderes Absorptionsmittel zu geben.

V.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Durchgang

Flaschen 1 und 2: Prüfsuspension

Flaschen 3 und 4: Inokulum-Blindwert

Flasche 5: Verfahrenskontrolle

Empfohlen und falls notwendig:

Flasche 6: Sterilkontrolle

Flasche 7: Toxizitätskontrolle

Vgl. I.6.7.

V.2.6.   Durchführung der Prüfung

Nachdem die Gefäße die gewünschte Temperatur erreicht haben, werden sie mit vorbereitetem Belebtschlamm oder einem Inokulum anderer Herkunft in einer Konzentration von nicht mehr als 30 mg suspendierter Feststoffe pro Liter beimpft. Danach wird die Versuchsanordnung zusammengestellt, das Rührgerät angestellt, auf Luftabschluss geprüft und mit der Messung der Sauerstoffaufnahme begonnen. Bis auf die notwendigen Ablesungen sowie täglichen Kontrollen der richtigen Temperatur und des erforderlichen angemessenen Rührens ist gewöhnlich kein weiterer Aufwand notwendig.

Die Sauerstoffaufnahme ist aus den in regelmäßigen und kurzen Abständen abgelesenen Messwerten zu berechnen; dabei sind die vom Gerätehersteller angegebenen Methoden zu verwenden. Am Ende der Inkubation, normalerweise nach 28 Tagen, sind die pH-Werte der Flascheninhalte zu messen, insbesondere wenn die Sauerstoffaufnahme niedrig ist bzw. über dem ThSBNH4 liegt (für stickstoffhaltige Verbindungen).

Falls erforderlich, sind den Respirometerflaschen am Anfang und am Ende Proben zur DOC-Analyse oder zur spezifischen Analyse zu entnehmen (vgl. Anlage 2.4). Bei der ersten Probenahme ist sicherzustellen, dass das Volumen der in der Flasche verbleibenden Prüfsuspension bekannt ist. Im Falle der Sauerstoffaufnahme einer stickstoffhaltigen Prüfsubstanz, ist die Zunahme der Nitrit- und Nitratkonzentration über einen Zeitraum von 28 Tagen zu bestimmen und der Sauerstoffverbrauch infolge Nitrifikation zu berücksichtigen (Anlage 5).

V.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

V.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme (mg) der Prüfsubstanz nach einer vorgegebenen Zeit (korrigiert um die Sauerstoffaufnahme der Inokulum-Blindkontrolle nach der gleichen Zeit) ist durch das Gewicht der verwendeten Prüfsubstanz zu dividieren. Dadurch erhält man den BSB, ausgedrückt als mg Sauerstoff pro mg Prüfsubstanz:

= mg O2 pro mg Prüfsubstanz

Der prozentuale biologische Abbau ist zu berechnen entweder nach:

oder nach:

Dabei ist anzumerken, dass diese beiden Verfahren nicht notwendigerweise denselben Wert ergeben; vorzugsweise sollte das erstere Verfahren angewendet werden.

Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen ist, je nachdem, ob eine Nitrifikation zu erwarten ist oder nicht, der entsprechende ThSB-Wert (NH4 oder NO3) zu verwenden (Anlage 2.2). Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation, ist aus den Veränderungen der Nitrit- und Nitratkonzentration ein Korrekturfaktor für den durch die Nitrifikation verbrauchten Sauerstoff zu berechnen (Anlage 5).

Wenn wahlweise Bestimmungen des organischen Kohlenstoffs und/oder einer Einzelsubstanz vorgenommen werden, ist der prozentuale Abbau entsprechend I.7 zu berechnen.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den beigefügten Datenblättern zu protokollieren.

V.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme des Inokulum-Blindwerts liegt normalerweise bei 20-30 mg/l O2 und sollte nach 28 Tagen nicht größer sein als 60 mg/l. Bei Werten über 60 mg/l sollten die Daten und Versuchsdurchführung kritisch überprüft werden. Wenn der pH-Wert außerhalb des Bereichs 6-8,5 liegt und der Sauerstoffverbrauch durch die Prüfsubstanz unter 60 % beträgt, ist der Test mit einer geringeren Konzentration der Prüfsubstanz zu wiederholen.

Vgl. auch I.5.2.

V.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

V.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblatts.

MANOMETRISCHER RESPIRATIONSTEST

1.
LABOR
2.
DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l

Anfangskonzentration im Medium, Co: ... mg/l

Volumen in der Prüfflasche (V): ... ml

ThSB/CSB: ... mg O2/mg Prüfsubstanz (NH4, NO3)

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (soweit zutreffend): ...

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Reaktionsgemisch: ... mg/l

5.   SAUERSTOFFAUFNAHME: BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT



Zeit (Tage)
07142128
O2-Aufnahme (mg) Prüfsubstanz1
2
a, Mittelwert
O2-Aufnahme (mg) Blindwert3
4
b, Mittelwert
Korrigierter BSD (mg)(a1 - bm)
(a2 - bm)
BSB pro mg Prüfsubstanz

% Abbau

D1 (a1)
D2 (a2)
Mittelwert (1)

(*1)   Bei erheblichem Unterschied sollten D1 und D2 nicht gemittelt werden.

V = Volumen des Mediums in der Prüfflasche.

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KORREKTUR INFOLGE NITRIFIKATION (vgl. Anlage 5)



Tag028Differenz
(i)  Nitratkonzentration (mg N/l)(N)
(ii)  Sauerstoffäquivalent (4,57 × N × V) (mg)
(iii)  Nitritkonzentration (mg N/l)(N)
(iv)  Sauerstoffäquivalent (3,43 × N × V) (mg)
(ii + iv)  Gesamtsauerstoffäquivalent

7.   KOHLENSTOFFANALYSE (wahlweise)

Kohlenstoffanalysator: ...



Zeit (Tag)Blindversuch mg/lPrüfsubstanz mg/l
0Cb(o)Co
28 (1)Cb(t)Ct
(*1)   oder am Ende der Inkubation.

8.   SPEZIFISCHE ANALYSE (wahlweise)

Sb=Konzentration der Prüfsubstanz in der physikalisch-chemischen (steril-)Kontrolle nach 28 Tagen
Sa=Konzentration in der angeimpften Flasche nach 28 Tagen

9.   ABIOTISCHER ABBAU (wahlweise)

a=Sauerstoffverbrauch in sterilen Flaschen nach 28 Tagen (mg)

(vgl. Abschnitte 1 und 3)

TEIL VI:   GESCHLOSSENER FLASCHENTEST (Methode C.4-E)

VI.1.   PRINZIP DER METHODE

Die Lösung der Prüfsubstanz im mineralischen Medium, normalerweise in einer Konzentration von 2-5 mg/l, wird mit einer relativ kleinen Anzahl Mikroorganismen einer gemischten Population beimpft und in vollständig gefüllten, verschlossenen Flaschen im Dunkeln bei konstanter Temperatur gehalten. Der Abbau wird 28 Tage lang mittels Analyse des gelösten Sauerstoffs verfolgt. Die von der Prüfsubstanz verbrauchte Sauerstoffmenge, korrigiert um die Aufnahme im parallelen Inokulum-Blindversuch, wird als Prozent des ThSB oder CSB angegeben.

VI.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

VI.2.1.   Geräte

a)
BSB-Flaschen mit Glasstopfen, z. B. 250-300 ml;
b)
Wasserbad oder Inkubator, in dem die Flaschen im Dunkeln bei konstanter Temperatur (± 1 oC oder genauer) gehalten werden;
c)
große Glasflaschen (2-5 l) zur Vorbereitung der Medien und zum Füllen der BSB-Flaschen;
d)
Sauerstoffelektrode und -messgerät bzw. Ausrüstung und Reagenzien zur Winkler-Titration.

VI.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Zubereitung der Stammlösungen siehe I.6.2.

1 ml der Lösungen (a) bis (d) zusammengeben und mit Verdünnungswasser auf 1 l auffüllen.

VI.2.3.   Ansatz des Inokulums

Das Inokulum ist normalerweise von Abläufen einer Kläranlage oder Anlagen im Labormaßstab, denen vorwiegend häusliche Abwässer zugeleitet werden, zu entnehmen. Alternativ kann ein Inokulum aus Oberflächengewässern verwendet werden. Die Verwendung sollte üblicherweise ein Tropfen (0,05 ml) bis 5 ml Filtrat pro Liter Medium betragen; Versuche können erforderlich werden, um das geeignete Volumen für den jeweiligen Ablauf zu ermitteln. (Vgl. I.6.4.2 und I.6.5).

VI.2.4.   Ansatz der Flaschen

Das mineralische Medium ist über mindestens 20 min intensiv zu belüften. Jede Prüfreihe ist mit mineralischem Medium aus derselben Charge durchzuführen. Im Allgemeinen ist das Medium nach 20 h Stehen bei der Prüftemperatur gebrauchsfertig. Für Kontrollzwecke ist die Konzentration des gelösten Sauerstoffs zu bestimmen; der Wert sollte bei 20 oC etwa 9 mg/l betragen. Alle Transfer- und Fülloperationen mit luftgesättigtem Medium sind blasenfrei auszuführen, z. B. durch Verwendung von Ansaughebern.

Gruppen von Flaschen zur gleichzeitigen BSB-Bestimmung der Prüf- und Referenzsubstanz werden in parallelen Versuchsreihen angesetzt. Eine ausreichende Anzahl von BSB-Flaschen — einschließlich der für die Inokulum-Blindversuche — ist so aufzustellen, dass zu den gewünschten Zeitpunkten, z. B. nach 0, 7, 14, 21 und 28 Tagen, mindestens Doppelmessungen des Sauerstoffverbrauchs vorgenommen werden können. Wenn das 10-Tage-Fenster erkannt werden soll, können mehr Flaschen erforderlich sein.

Die großen Flaschen werden zu etwa einem Drittel ihres Volumens mit vollständig belüftetem mineralischem Medium gefüllt. Danach wird so viel an Stammlösungen der Prüf- sowie der Referenzsubstanz in getrennte Flaschen gegeben, dass die Endkonzentration der Substanzen im Normalfall nicht größer als 10 mg/l ist. Der Blindkontrolle werden in einer anderen großen Flasche keine chemischen Substanzen hinzugesetzt.

Um sicherzustellen, dass die Aktivität des Inokulums nicht eingeschränkt wird, darf die Konzentration des gelösten Sauerstoffs in den BSB-Flaschen nicht unter 0,5 mg/l fallen. Dies beschränkt die Konzentration der Prüfsubstanz auf etwa 2 mg/l. Für schwer abbaubare Substanzen und solche mit einem geringen ThSB können jedoch 5-10 mg/l verwendet werden. In einigen Fällen kann es ratsam sein, parallele Versuchsreihen mit der Prüfsubstanz in zwei verschiedenen Konzentrationen, z. B. 2 und 5 mg/l, anzusetzen. Normalerweise ist der ThSB auf der Grundlage der Bildung von Ammoniumsalzen zu berechnen; wenn aber eine Nitrifikation erwartet oder vorausgesetzt werden kann, muss die Berechnung auf der Basis der Nitratbildung erfolgen (ThSBNO3: siehe Anlage 2.2). Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation muss eine Korrektur erfolgen, die die Veränderungen der analytisch ermittelten Nitrit- und Nitratkonzentration berücksichtigt (Anlage 5).

Wenn die Toxizität der Prüfsubstanz bestimmt werden soll (z. B. im Falle einer zuvor ermittelten geringen biologischen Abbaubarkeit), ist eine zusätzliche Reihe Flaschen notwendig.

Eine weitere große Flasche ist mit belüftetem mineralischem Medium (etwa bis zu einem Drittel ihres Volumens) mit Prüf- und Referenzsubstanz zusammen anzusetzen, in Endkonzentrationen wie normalerweise in den anderen großen Flaschen.

Die Lösungen in den großen Flaschen sind mit dem Ablauf aus einer Kläranlage (ein Tropfen oder etwa 0,05 ml auf 5 ml/l) oder mit einem Inokulum anderer Herkunft, z. B. Flusswasser, zu beimpfen (vgl. I.6.4.2). Schließlich werden die Lösungen mit Hilfe eines Schlauches, der bis zum Boden der Flasche reicht, mit belüftetem mineralischem Medium aufgefüllt, um eine ausreichende Durchmischung zu gewährleisten.

VI.2.5.   Anzahl der Flaschen in einem typischen Ansatz

In einem typischen Ansatz werden folgende Flaschen benötigt:

mindestens 10 Flaschen mit Prüfsubstanz und Inokulum (Prüfsuspension),
mindestens 10 Flaschen nur mit Inokulum (Inokulum-Blindwert),
mindestens 10 Flaschen mit Referenzsubstanz und Inokulum (Verfahrenskontrolle),
sowie, falls erforderlich, 6 Flaschen mit der Prüf-, der Referenzsubstanz und dem Inokulum (Toxizitätskontrolle). Um jedoch sicherzustellen, das 10-Tage-Fenster zu erkennen, ist etwa die doppelte Anzahl Flaschen erforderlich.

VI.2.6.   Durchführung der Prüfung

Jede zubereitete Lösung wird sofort mit einem Schlauch aus dem unteren Viertel (nicht vom Flaschenboden) der entsprechenden großen Flasche auf die jeweilige Gruppe von BSB-Flaschen verteilt, bis alle BSB-Flaschen vollständig gefüllt sind. Danach wird leicht an die Flaschen geklopft, um mögliche Luftblasen zu entfernen. Die Flaschen zum Zeitpunkt 0 werden sofort nach dem Winkler- oder dem Elektrodenverfahren auf gelösten Sauerstoff analysiert. Der Inhalt der Flaschen kann zwecks späterer Analyse durch Zugabe von Mangan-(II)-sulfat und Natronlauge (dem ersten Winkler-Reagens) konserviert werden. Die sorgfältig mit einem Stopfen verschlossenen Flaschen, die den fixierten Sauerstoff als braunes Mangan-(III)-oxihydrat enthalten, sind im Dunkeln bei 10-20 oC nicht länger als 24 h aufzubewahren, bevor mit dem Winkler- Verfahren fortgefahren wird. Die verbleibenden parallelen Flaschen werden mit einem Stopfen versehen, wobei darauf zu achten ist, dass keine Luftblasen in den Flaschen eingeschlossen werden, und bei 20 oC im Dunkeln inkubiert. Neben jeder Versuchsreihe führt man eine vollständige Parallelreihe zur Bestimmung des Inokulum-Blindwerts mit. Während der 28-tägigen Inkubation sind in bestimmten Zeitabständen (mindestens einmal wöchentlich) mindestens zwei Flaschen pro Serie zwecks Untersuchung auf gelösten Sauerstoff zu entnehmen.

Die wöchentlichen Proben gestatten die Bewertung der prozentualen Abnahme in einem 14-Tage-Fenster, während die Probenahme alle 3-4 Tage die Bestimmung des 10-Tage-Fensters ermöglichen soll, wofür jedoch etwa die doppelte Anzahl von Flaschen erforderlich ist.

Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen sind Korrekturen für die Sauerstoffaufnahme infolge Nitrifikation vorzunehmen. Dazu ist die O2-Elektrodenmethode zur Bestimmung der Konzentration von gelöstem Sauerstoff zu verwenden und anschließend zwecks Nitrit- und Nitratanalyse eine Probe aus der BSB-Flasche zu entnehmen. Aus der Zunahme der Nitrit- und Nitratkonzentration ist der Sauerstoffverbrauch zu berechnen (siehe Anlage 5).

VI.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

VI.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Zuerst ist der BSB nach jedem Zeitabschnitt zu berechnen; dazu ist die O2-Eigenzehrung (mg O2/l) des Inokulum-Blindansatzes von dem Wert des Prüfansatzes zu subtrahieren. Diese korrigierte Zehrung ist durch die Konzentration (mg/l) der Prüfsubstanz zu dividieren, um so den spezifischen BSB, ausgedrückt als mg Sauerstoff pro mg Prüfsubstanz, zu erhalten. Die prozentuale biologische Abbaubarkeit wird dann durch Dividieren des spezifischen BSB durch den spezifischen ThSB (bestimmt entsprechend Anlage 2.2) oder CSB (bestimmt durch Analyse, vgl. Anlage 2.3) wie folgt berechnet:

= mg O2 pro mg Prüfsubstanz

oder

Dabei ist anzumerken, dass diese beiden Verfahren nicht notwendigerweise denselben Wert ergeben; vorzugsweise sollte das erste Verfahren verwendet werden.

Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen ist, je nachdem, ob eine Nitrifikation zu erwarten ist oder nicht (Anlage 2.2), der entsprechende ThSB-Wert (NH4 oder NO3) zu verwenden. Bei stattfindender, jedoch unvollständiger Nitrifikation ist aus den Veränderungen der Nitrit- und Nitratkonzentration ein Korrekturfaktor für den durch die Nitrifikation verbrauchten Sauerstoff zu berechnen (Anlage 5).

VI.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Bei der Impfzehrkontrolle sollte der Sauerstoffverbrauch nach 28 Tagen 1,5 mg gelösten Sauerstoff pro Liter nicht überschreiten. Bei höheren Werten ist eine Überprüfung der Versuchsdurchführung vorzunehmen. Die in den Prüfflaschen verbleibende Sauerstoffkonzentration darf zu keinem Zeitpunkt 0,5 mg/l unterschreiten. Solch niedrige Sauerstoffkonzentrationen sind nur gültig, wenn das zur Bestimmung des gelösten Sauerstoffs verwendete Verfahren in der Lage ist, solche Konzentrationen genau zu messen.

Vgl. auch I.5.2.

VI.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

VI.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblatts

GESCHLOSSENER FLASCHENTEST

1.
LABOR
2.
DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l

Anfangskonzentration in der Flasche: ... mg/l

ThSB bzw. CSB: ... mg O2/mg Prüfsubstanz

4.   INOKULUM

Herkunft: ...

Vorgenommene Behandlung: ...

Vorbereitung/Konditionierung (falls zutreffend): ...

Konzentration im Reaktionsgemisch: ... ml/l

5.   DO-BESTIMMUNG

Methode: Winkler- oder Elektrodenverfahren



Flaschenanalysen

Inkubationszeit (d)DO (mg/l)
0n1n2
Blindwert (ohne Prüfsubstanz)1C1
2C2
Mittelwert
Prüfsubstanz1a1
2a2
Mittelwert

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KORREKTUR INFOLGE NITRIFIKATION (vgl. Anlage 5)



Inkubationszeit (d)0n1n2n3
(i)  Nitratkonzentration (mg N/l)
(ii)  Änderung der Nitratkonzentration (mg N/l)
(iii)  Sauerstoffäquivalent (mg/l)
(iv)  Nitritkonzentration (mg N/l)
(v)  Änderung der Nitritkonzentration (mg N/l)
(vi)  Sauerstoffäquivalent (mg/l)
(iii + vi)  Sauerstoffäquivalent insges. (mg/l)

7.   DO-ZEHRUNG: % ABBAU



Zehrung nach n Tagen (mg/l)
n1n2n3
FLASCHE 1: (mto - mtx — (mbo - mbx)
FLASCHE 2: (mto - mtx) — (mbo - mbx)

FLASCHE 1:

FLASCHE 2:

 (1)
(*1)   Nicht mitteln bei starker Abweichung der Parallelansätze.
mt0=Wert in der Prüfflasche zur Zeit 0
mtx=Wert in der Prüfflasche zur Zeit x
mbo=Mittelwert Blindansatz zur Zeit 0
mbx=Mittelwert Blindansatz zur Zeit x

Außerdem ist die Korrektur infolge Nitrifikation aus iii + iv in Abschnitt 6 vorzunehmen.

8.   DO-ZEHRUNG IM INOKULUM-BLINDANSATZ

Sauerstoffverbrauch im Blindversuch: (mbo - mb28) mg/l. Dieser Verbrauch ist wichtig für die Gültigkeit des Tests. Er sollte unter 1,5 mg/l liegen.

TEIL VII:   MITI-TEST (Methode C.4-F)

VII.1.   PRINZIP DER METHODE

Das Prinzip der Methode besteht in der automatischen Messung der Sauerstoffaufnahme durch eine gerührte Lösung oder Suspension der Prüfsubstanz in einem mit speziell gezüchteten, nicht adaptierten Mikroorganismen angeimpften mineralischen Medium; die Messung erfolgt über einen Zeitraum von 28 Tagen in einem abgedunkelten, geschlossenen Respirationsmessgerät bei 25 ± 1 oC. Das entstehende Kohlendioxid wird durch Natronkalk absorbiert. Die biologische Abbaubarkeit wird als prozentuale Sauerstoffaufnahme (nach Berücksichtigung der Aufnahme aus dem Blindansatz) auf der Grundlage der theoretischen Aufnahme (ThSB) angegeben. Zusätzlich wird der Grad des biologischen Primärabbaus aus der ergänzenden spezifischen Analyse errechnet, die zu Beginn und am Ende der Inkubation vorgenommen wird, wahlweise auch durch DOC-Analyse.

VII.2.   BESCHREIBUNG DER METHODE

VII.2.1.   Geräte

a)
Automatisches elektrolytisches BSB-Messgerät oder Respirometer, normalerweise ausgestattet mit 6 Flaschen zu je 300 ml mit Bechern für das CO2-Absorbens;
b)
Klimakammer und/oder Wasserbad mit 25 oC ± 1 oC oder genauer;
c)
Membranfiltrationsgerät (wahlweise);
d)
Kohlenstoffanalysator (wahlweise).

VII.2.2.   Ansatz des mineralischen Mediums

Die folgenden Stammlösungen sind unter Verwendung von Reagenzien des Reinheitsgrades zur Analyse (p. a.) und Wasser (I.6.1) anzusetzen:



a)Kaliumdihydrogenorthophosphat, KH2PO48,50 g
Dikaliummonohydrogenorthophosphat, K2HPO421,75 g
Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dodecahydrat, Na2HPO4.12 H2O44,60 g
Ammoniumchlorid, NH4Cl1,70 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt;
der pH-Wert der Lösung sollte 7,2 betragen,
b)Magnesiumsulfat-Heptahydrat, MgSO4.7 H2O22,50 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt.
c)Calciumchlorid, wasserfrei, CaCl227,50 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt.
d)Eisen(III)chlorid-Hexahydrat, FeCl3.6 H2O0,25 g
in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt.

Je 3 ml der Lösungen a, b, c, d zusammengeben und auf 1 l auffüllen.

VII.2.3.   Ansatz des Inokulums

Es sind frische Proben an mindestens zehn Orten zu entnehmen, vorzugsweise aus Gebieten, in denen eine Vielzahl chemischer Substanzen verwendet und eingetragen werden. An solchen Orten wie kommunalen Kläranlagen, Industriekläranlagen, Flüssen, Seen oder dem Meer sind 1-l-Proben Belebtschlamm, Oberboden, Wasser usw. zu entnehmen und gründlich zu durchmischen. Nach Entfernen aufschwimmender Stoffe wird die Probe stehen gelassen und der Überstand mit Natronlauge oder Phosphorsäure auf einen pH-Wert von 7 ± 1 eingestellt.

Ein geeignetes Volumen des abfiltrierten Überstands wird in ein Belebtschlammgefäß gefüllt und etwa 23 1/2 h belüftet. Eine halbe Stunde nach Abschalten der Belüftung wird etwa ein Drittel des gesamten Überstands entnommen und das gleiche Volumen einer Lösung (pH 7), aus jeweils 0,1 % Glukose, Pepton und Kaliumorthophosphat, dem abgesetzten Material hinzugefügt und weiterbelüftet. Diese Schritte sind täglich zu wiederholen. Die Belebtschlammanlage ist unter Beachtung folgender Kriterien ordnungsgemäß zu betreiben: Der Überstand sollte klar sein und einen pH-Wert von 7 ± 1 aufweisen, die Temperatur sollte 25 ± 2 oC betragen, der Schlamm sollte sich gut absetzen, die Anlage sollte ausreichend belüftet werden, um die Mischung jederzeit aerob zu halten, es sollten Protozoa vorhanden sein, und die Aktivität des Schlamms sollte mindestens alle 3 Monate mit einer Referenzsubstanz überprüft werden. Vor Verwendung einer Schlammprobe als Inokulum muss die Anlage mindestens einen Monat, aber nicht länger als 4 Monate in Betrieb gewesen sein. Danach sind in regelmäßigen Abständen, alle 3 Monate, Proben an mindestens 10 Orten zu entnehmen.

Um frischen und alten Belebtschlamm bei gleicher Aktivität zu halten, wird der filtrierte Überstand des alten, bereits in der Prüfung verwendeten Belebtschlamms mit einem gleichen Teil Überstandsfiltrat einer frisch gewonnenen Mischung von zehn Orten gemischt. Die Gesamtmischung wird wie beschrieben weitergezüchtet. Als Inokulum sind Schlammproben erst 18-24 h nach Beschickung der Anlage zu verwenden.

VII.2.4.   Ansatz der Flaschen

Es sind folgende sechs Flaschen anzusetzen:

Nr. 1: 100 mg/l Prüfsubstanz in Verdünnungswasser

Nr. 2, 3 und 4: 100 mg/l Prüfsubstanz in mineralischem Medium

Nr. 5: 100 mg/l Referenzsubstanz (z. B. Anilin) in mineralischem Medium

Nr. 6: nur mineralisches Medium

Schwerlösliche Prüfsubstanzen werden gewichts- oder volumenbezogen direkt in die Flasche gegeben oder entsprechend Anlage 3 behandelt (mit der Abweichung, dass weder Lösungsmittel noch Emulgatoren verwendet werden dürfen). Das CO2-Absorbens wird allen Flaschen in die dafür vorgesehenen Behälter gegeben und der pH-Wert in den Flaschen Nr. 2, 3 und 4 auf 7,0 eingestellt.

VII.2.5.   Durchführung der Prüfung

Die Flaschen Nr. 2, 3 und 4 (Prüfsuspensionen), Nr. 5 (Aktivitätsprüfung) und Nr. 6 (Inokulum-Blindversuch) werden mit einer geringen Menge Inokulum angeimpft, um eine Konzentration an suspendierten Feststoffen von 30 mg/l zu erhalten. Flasche Nr. 1, die als abiotische Kontrolle dient, erhält kein Inokulum. Anschließend ist die Versuchsanordnung aufzubauen, auf Luftabschluss zu prüfen, die Rührgeräte anzustellen und mit der Messung der Sauerstoffaufnahme im Dunkeln zu beginnen. Es sind tägliche Kontrollen der Temperatur, des Rührgeräts und des coulometrischen Registriergeräts für die Sauerstoffaufnahme vorzunehmen und eventuelle Farbänderungen des Flascheninhalts zu protokollieren. Die Sauerstoffaufnahme für die sechs Flaschen ist direkt mit Hilfe eines geeigneten Geräts, zum Beispiel am Sechsfachschreiber abzulesen, der eine BSB-Kurve erzeugt. Am Ende der Inkubation, normalerweise nach 28 Tagen, sind die pH-Werte der Flascheninhalte zu messen und die Konzentration der restlichen Prüfsubstanz sowie möglicher Abbauprodukte und, im Falle wasserlöslicher Stoffe, die DOC-Konzentration zu bestimmen (Anlage 2.4). Besondere Vorsicht ist bei flüchtigen Substanzen geboten. Ist eine Nitrifikation zu erwarten, sind — wenn möglich — Nitrat- und Nitritkonzentration zu bestimmen.

VII.3.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

VII.3.1.   Auswertung der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme (mg) durch die Prüfsubstanz nach einer vorgegebenen Zeit (korrigiert um die Sauerstoffaufnahme der Inokulum-Blindkontrolle nach der gleichen Zeit) ist durch die Menge der verwendeten Prüfsubstanz zu dividieren. Dadurch erhält man den BSB, angegeben als mg Sauerstoff pro mg Prüfsubstanz:

= mg O2 pro mg Prüfsubstanz

Der prozentuale biologische Abbau ist dann wie folgt zu berechnen:

Bei Mischungen ist der ThSB aus der Elementanalyse — wie für einfache Verbindungen — zu berechnen. Der zu verwendende ThSB-Wert (ThSBNH4 oder ThSBNO3) richtet sich danach, ob keine oder eine vollständige Nitrifikation stattgefunden hat (Anlage 2.2). Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation, ist ein Korrekturfaktor für den durch die Nitrifikation verbrauchten Sauerstoff aus den Änderungen der Nitrit- und Nitratkonzentration zu berechnen (Anlage 5).

Der prozentuale biologische Primärabbau wird aus dem Verlust an spezifischer (Ausgangs-)Substanz ermittelt (vgl. I.7.2).

Wird in Flasche Nr. 1 bei der Bestimmung des physikalisch-chemischen Abbaus ein Verlust an Prüfsubstanz festgestellt, so ist dies zu protokollieren und die Konzentration der Prüfsubstanz (Sb) nach 28 Tagen in dieser Flasche zur Berechnung des prozentualen biologischen Abbaus zu verwenden.

Wenn DOC-Bestimmungen vorgenommen werden (wahlweise), dann ist der prozentuale biologische Endabbau entsprechend I.7.1. aus

zu berechnen. Wird in Flasche Nr. 1 bei der Bestimmung des physikalisch-chemisch bedingten Abbaus eine Abnahme an DOC festgestellt, so ist die DOC-Konzentration in dieser Flasche zur Berechnung des prozentualen biologischen Abbaus zu verwenden.

Sämtliche Ergebnisse sind auf den beigefügten Datenblättern zu protokollieren.

VII.3.2.   Gültigkeit der Ergebnisse

Die Sauerstoffaufnahme in dem Inokulum-Blindansatz liegt normalerweise bei 20-30 mg/l O2 und sollte nach 28 Tagen einen Wert von 60 mg/l nicht überschreiten. Bei Werten über 60 mg/l sollten die Daten und die Versuchsdurchführung kritisch überprüft werden. Liegt der pH-Wert außerhalb des Bereichs 6-8,5 und der Sauerstoffverbrauch durch die Prüfsubstanz unter 60 %, ist der Test mit einer geringeren Konzentration an Prüfsubstanz zu wiederholen.

Vgl. auch I.5.2.

Wenn der aus dem Sauerstoffverbrauch berechnete prozentuale Abbau des Anilins nach 7 Tagen nicht mehr als 40 % und nach 14 Tagen nicht mehr als 65 % beträgt, wird der Test als ungültig betrachtet.

VII.3.3.   Abschlussbericht

Vgl. I.8.

VII.4.   DATENBLATT

Nachstehend ein Beispiel eines Datenblatts

MITI-(I)-TEST

1.
LABOR
2.
DATUM BEI VERSUCHSBEGINN

3.   PRÜFSUBSTANZ

Name:

Konzentration der Stammlösung: ... mg/l auf Substanz bezogen

Anfangskonzentration im Medium, Co: ... mg/l auf Substanz bezogen

Volumen des Reaktionsgemisches, V: ... ml

ThSB: ... mg O2/l

4.   INOKULUM

Entnahmeorte:



1)  …6)  …
2)  …7)  …
3)  …8)  …
4)  …9)  …
5)  …10)  …

Konzentration der suspendierten Feststoffe im Belebtschlamm nach Akklimatisierung mit synthetischen Abwässern = ... mg/l

Menge Belebtschlamm pro Liter im Versuchsansatz = ... ml

Konzentration des Schlamms im Versuchsansatz = ... mg/l

5.   SAUERSTOFFAUFNAHME: BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT

Verwendeter respirometertyp:



Zeit (Tage)
07142128
Aufnahme (mg) Prüfsubstanza1
a2
a3
O2 Aufnahne (mg) Blindwertb
Korrigierte O2-Aufnahne (mg)

(a1 - b)

(a2 - b)

(a3 - b)

BSB pro mg PrüfsubstanzFlasche 1
Flasche 2
Flasche 3

% Abbau

1
2
3
Mittelwert (1)
(*1)   Bei erheblichem Unterschied sollten die Parallelansätze nicht gemittelt werden.

Anmerkung: Für die Referenzsubstanz sowie Toxizitätskontrolle können ähnliche Formblätter verwendet werden.

6.   KOHLENSTOFFANALYSE (wahlweise):

Kohlenstoffanalysator: ...



FlascheDOC%DOC-AbnahmeMittelwert
GemessenerKorrigierter
Wasser + Prüfsubstanza
Schlamm + Prüfsubstanzb1b1 - c
Schlamm + Prüfsubstanzb2b2 - c
Schlamm + Prüfsubstanzb3b3 - c
Blindkontrollec

7.   DATEN AUS DER SPEZIFISCHEN ANALYSE



Restliche Menge an Prüfsubstanz zu Versuchsende% Abbau
Blindversuch mit WasserSb
Angeimpftes MediumSa1
Sa2
Sa3

Der prozentuale Abbau ist für die Flaschen a1, a2 bzw. a3 zu berechnen

8.   ANMERKUNGEN

Nach Möglichkeit ist die BSB-Zeit-Kurve beizufügen.

Anlage 1

ABKÜRZUNGEN UND DEFINITIONEN

DO:Gelöster Sauerstoff (Dissolved Oxygen) (mg/l) — Konzentration des in einer wässrigen Probe gelösten Sauerstoffs.
BSB:Biochemischer Sauerstoffbedarf (g) — von den Mikroorganismen beim Abbau einer Prüfsubstanz verbrauchte Sauerstoffmenge; auch angegeben als g Sauerstoffaufnahme pro g Prüfsubstanz (vgl. Methode C.5).
CSB:Chemischer Sauerstoffbedarf (g) — bei der Oxidation einer Prüfsubstanz mit heißem, saurem Dichromat verbrauchte Sauerstoffmenge; Maß für die vorhandene Menge an oxidierbarer Substanz; auch angegeben als g Sauerstoffverbrauch pro g Prüfsubstanz (vgl. Methode C.6).
DOC:Gelöster organischer Kohlenstoff (Dissolved Organic Carbon) — Menge an organischem Kohlenstoff, die in der Lösung vorliegt oder ein Filter mit 0,45 um Porengröße passiert bzw. nach 15 Minuten Zentrifugieren bei 40 000 m/s–2 (± 4 000 g) im Überstand verbleibt.
ThSB:Theoretischer Sauerstoffbedarf (mg) — Gesamtmenge an Sauerstoff, die zur vollständigen Oxidation einer Substanz erforderlich ist; wird aus der Summenformel berechnet (siehe Anlage 2.2); auch angegeben als mg Sauerstoffbedarf pro mg Prüfsubstanz.
ThCO2:Theoretisches Kohlendioxid (mg) — Kohlendioxidmenge, die sich rechnerisch aus dem bekannten oder gemessenen Kohlenstoffgehalt der Prüfsubstanz bei vollständiger Mineralisation ergibt; auch angegeben als mg Kohlendioxidentwicklung pro mg Prüfsubstanz.
TOC:Gesamter organischer Kohlenstoff (Total Organic Carbon) einer Probe — Summe des organischen Kohlenstoffs in Lösung und in Suspension.
IC:Anorganischer Kohlenstoff (Inorganic Carbon).
TC:Gesamtkohlenstoff (Total Carbon) — Summe des in einer Probe enthaltenen organischen und anorganischen Kohlenstoffs.

Biologischer Primärabbau:

durch biologische Prozesse in der chemischen Struktur einer Substanz herbeigeführte Veränderung, die zum Verlust spezifischer Eigenschaften dieser Substanz führt.

Biologischer Gesamtabbau (aerob):

der nach vollständiger Umsetzung durch Mikroorganismen erreichte Abbaugrad der Prüfsubstanz unter Erzeugung von Kohlendioxid, Wasser, Mineralsalzen und neuen mikrobiellen Zellbestandteilen (Biomasse).

biologisch leicht abbaubar:

ein willkürlich festgelegter Begriff für eine Kategorie von chemischen Substanzen, die bestimmte Screening-Tests auf vollständige biologische Abbaubarkeit durchlaufen haben; diese Tests sind so stringent, dass angenommen wird, dass diese Substanzen im aquatischen Milieu unter aeroben Bedingungen schnell und vollständig biologisch abgebaut werden.

potenziell biologisch abbaubar:

ein Begriff für eine Kategorie von chemischen Substanzen, deren biologische Abbaubarkeit (primär oder vollständig) eindeutig in einem beliebigen, anerkannten Test auf biologische Abbaubarkeit nachgewiesen worden ist.

in einer Kläranlage abbaubar:

Eigenschaft chemischer Substanzen, im Verlauf der biologischen Abwasserbehandlung entfernt zu werden, ohne dass der normale Betrieb der Klärprozesse negativ beeinträchtigt wird. Im Allgemeinen sind biologisch leicht abbaubare Substanzen in einer Kläranlage abbaubar, nicht aber alle potenziell abbaubaren Substanzen. Hier können auch abiotische Prozesse stattfinden.

Lag-Phase

in einem Abbaubarkeitstest die Zeit zwischen der Animpfung und dem Zeitpunkt, zu dem der prozentuale Abbau mindestens 10 % erreicht hat. Die Lag-Phase ist häufig sehr variabel und schwer reproduzierbar.

Abbauzeit

Zeit vom Ende der Lag-Phase bis zu dem Zeitpunkt, zu dem 90 % des maximalen Abbauwerts erreicht sind.

10- Tage-Fenster

der 10-Tage-Abschnitt, der unmittelbar auf das Erreichen von 10 % Abbau folgt.

Anlage 2

BERECHNUNG UND BESTIMMUNG GEEIGNETER SUMMENPARAMETER

Je nach der gewählten Methode werden bestimmte Summenparameter benötigt. Nachfolgend wird die Ableitung dieser Werte beschrieben. Die Verwendung dieser Parameter wird bei den einzelnen Methoden angegeben.

1.   Kohlenstoffgehalt

Der Kohlenstoffgehalt wird aus der bekannten Elementzusammensetzung berechnet oder durch Elementanalyse der Prüfsubstanz bestimmt.

2.   Theoretischer Sauerstoffbedarf (ThSB)

Der Theoretische Sauerstoffbedarf (ThSB) kann berechnet werden, wenn die Summenformel bekannt ist oder durch Elementaranalyse bestimmt wird. Für die Substanz

CcHhClclNnNanaOoPpSs

beträgt sie ohne Nitrifikation

mg/mg

bzw. mit Nitrifikation

mg/mg

3.   Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)

Der Chemische Sauerstoffbedarf (CSB) wird nach Methode C.6 bestimmt.

4.   Gelöster organischer Kohlenstoff (DOC)

Gelöster organischer Kohlenstoff (DOC) ist per definitionem der organische Kohlenstoff, der bei Filtration einer chemischen Substanz oder Gemischs in Wasser durch ein Filter mit 0,45 m Porengröße in dieser verbleibt.

Dazu werden Proben aus den Prüfgefäßen entnommen und sofort im Filtrationsgerät unter Verwendung eines geeigneten Membranfilters filtriert. Die ersten 20 ml (diese Menge kann bei Verwendung kleiner Filter verringert werden) des Filtrats werden verworfen. 10-20 ml oder — bei Injektion — weniger (je nach der für den Kohlenstoffanalysator benötigten Menge) werden für die Kohlenstoffanalyse zurückbehalten. Die DOC-Konzentration wird mit Hilfe eines organischen Kohlenstoffanalysators bestimmt, der eine genaue Messung einer Kohlenstoffkonzentration von 10 % oder weniger der im Versuch verwendeten DOC-Ausgangs-Konzentration ermöglichen muss.

Filtrierte Proben, die am selben Arbeitstag nicht mehr analysiert werden können, können 48 h im Kühlschrank bei 2-4 oC bzw. über längere Zeiträume bei Temperaturen unter - 18 oC aufbewahrt werden.

Anmerkungen:

Membranfilter sind häufig mit oberflächenaktiven Substanzen versehen, die ihnen hydrophile Eigenschaften verleihen. Daher kann der Filter bis zu mehreren mg löslichen organischen Kohlenstoff enthalten, der die Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit beeinträchtigt. Um die oberflächenaktiven Substanzen sowie andere lösliche organische Verbindungen aus den Filtern zu entfernen, werden diese 3 × jeweils 1 Stunde in deionisiertem Wasser gekocht. Danach können die Filter eine Woche in Wasser aufbewahrt werden. Bei Verwendung von Einwegfilterpatronen ist jede einzelne darauf zu überprüfen, dass sie keinen löslichen organischen Kohlenstoff freisetzt.

Bestimmte Membranfilter haben die Eigenschaft, die Prüfsubstanz zu adsorbieren. Es wird daher empfohlen, die Filter in dieser Hinsicht zu überprüfen.

Anstelle der Filtration kann zur Differenzierung von TOC und DOC eine 15-minütige Zentrifugation bei 40 000 m/s-2 (4 000 g) vorgenommen worden. Allerdings ist dieses Verfahren bei einer Ausgangskonzentration < 10 mg/l DOC nicht zuverlässig, da entweder nicht alle Bakterien beseitigt werden oder aber der Kohlenstoff als Bestandteil des Bakterienplasmas erneut gelöst wird.

LITERATUR

Standard Methods for the Examination of Water and Wastewater, 12th ed, Am. Publ. Hlth. Ass., Am. Wat. Poll. Control Fed., Oxygen Demand, 1965, 65.
Wagner, R. Von Wasser, 1976, Vol. 46, 139.
DIN-Entwurf 38 409 Teil 41 — Deutsches Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung, Summarische Wirkungs- und Stoffkenngrößen (Gruppe H). Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) (H 41), Normenausschuss Wasserwesen (NAW) in DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
Gerike, P., The biodegradability testing of poorly water soluble compounds. Chemosphere, 1984, Vol. 13 (1), 169.

Anlage 3

BEWERTUNG DER BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT VON SCHWERLÖSLICHEN SUBSTANZEN

Bei Bioabbaubarkeitstests mit schwerlöslichen Substanzen ist folgenden Aspekten besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Während homogene Flüssigkeiten selten Probleme bei der Probenahme bereiten, wird empfohlen, Feststoffe durch geeignete Mittel zu homogenisieren, um so durch Inhomogenität bedingte Fehler zu vermeiden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn repräsentative Proben von nur wenigen mg von Mischungen bzw. Substanzen, die reich an Verunreinigungen sind, benötigt werden.

Während der Prüfungen können verschiedene Bewegungsvorgänge angewandt werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass nur so viel bewegt wird, um die Substanz gut zu verteilen, und dass ein Überhitzen, übermäßige Schaumbildung sowie übermäßige Scherkräfte vermieden werden.

Ein Emulgator, der der Substanz eine stabile Dispersion verleiht, kann verwendet werden. Dieser sollte allerdings nicht bakterientoxisch sein und darf unter den Bedingungen des Versuchs einem biologischen Abbau nicht unterliegen oder Schaum bilden.

Dieselben Kriterien wie für Emulgatoren gelten für Lösungsmittel.

Es wird davon abgeraten, für feste Prüfsubstanzen feste Trägerstoffe zu verwenden; für ölige Substanzen können diese allerdings geeignet sein.

Wenn Hilfsstoffe, wie z. B. Emulgatoren, Lösungsmittel und Trägerstoffe, verwendet werden, ist ein Blindversuch mit dem Hilfsstoff mitzuführen.

Zur Prüfung der biologischen Abbaubarkeit von schwerlöslichen Substanzen kann jeder der drei respirometrischen Tests — CO2, BSB, MITI — eingesetzt werden.

LITERATUR

de Morsier, A. et al. Biodegradation tests for poorly soluble compounds. Chemosphere, 1987, Vol. 16, 833.
Gerike, P. The Biodegradabilicy testing of poorly water soluble compounds. Chemosphere, 1984, Vol. 13, 169.

Anlage 4

BEURTEILUNG DER BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT VON CHEMISCHEN SUBSTANZEN, BEI DENEN VERDACHT AUF TOXIZITÄT GEGENÜBER DEM INOKULUM BESTEHT

Wenn eine Prüfsubstanz auf leichte biologische Abbaubarkeit getestet wird und biologisch nicht abbaubar scheint, wird folgendes Verfahren empfohlen, um zwischen Hemmung und stoffbedingter Nichtabbaubarkeit zu unterscheiden (Reynolds et al., 1987).

Für die Toxizitätsprüfung und den Test auf biologische Abbaubarkeit sind ähnliche oder gleiche Inokula zu verwenden.

Zur Bewertung der Toxizität von Prüfsubstanzen, die auf leichte biologische Abbaubarkeit getestet werden, erscheint die Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Methoden geeignet: Belebtschlamm: Prüfung der Atmungshemmung — Richtlinie 88/302/EWG, BSB und/oder Wachstumshemmung.

Um eine toxizitätsbedingte Hemmung zu vermeiden, wird empfohlen, dass die bei den Tests auf leichte biologische Abbaubarkeit verwendeten Prüfsubstanzkonzentrationen unter 1/10 der EC50-Werte (oder unter den EC20-Werten) aus dem Toxizitätsversuch liegen. Bei Verbindungen, deren EC50-Wert über 300 mg/l liegt, sind toxische Wirkungen bei Prüfungen auf leichte biologische Abbaubarkeit unwahrscheinlich.

Bei EC50-Werten unter 20 mg/l sind bei den nachfolgenden Tests ernste Probleme zu erwarten. Es müssen niedrige Prüfkonzentrationen verwendet werden, die allerdings die Anwendung des stringenten und empfindlichen Geschlossenen Flaschentests bzw. die Verwendung von 14C-markiertem Material erforderlich machen. Alternativ dazu kann ein akklimatisiertes Inokulum die Verwendung höherer Prüfkonzentrationen erlauben. Im letzteren Falle geht das spezifische Kriterium der leichten biologischen Abbaubarkeit jedoch verloren.

LITERATUR

Reynolds, L. et al. Evaluation of the toxicity of substances to be assessed for biodegradability. Chemosphere, 1987, Vol. 16, 2259.

Anlage 5

BERÜCKSICHTIGUNG DER SAUERSTOFFAUFNAHME INFOLGE NITRIFIKATION

Bei Prüfsubstanzen, die keinen Stickstoff enthalten, sind Fehler, die durch Nichtberücksichtigung der Nitrifikation bei der Bewertung der biologischen Abbaubarkeit anhand der Sauerstoffaufnahme entstehen, von marginaler Bedeutung (nicht größer als 5 %), selbst wenn die Oxidation des Ammonium-N im Medium zwischen dem Prüf- und dem Blindansatz gelegentlich schwankt. Bei stickstoffhaltigen Prüfsubstanzen kann es jedoch zu schweren Fehlern kommen.

Bei auftretender, jedoch unvollständiger Nitrifikation kann die Sauerstoffaufnahme durch das Reaktionsgemisch um den Sauerstoffverbrauch durch Oxidation von Ammonium zu Nitrit und Nitrat korrigiert werden, wenn die Konzentrationsänderungen von Nitrit und Nitrat während der Inkubation bestimmt und durch folgende Gleichungen berücksichtigt werden:



2 NH4Cl + 3 O2 = 2 HNO2 + 2 HCl + 2 H2O(1)
2 HNO2 + O2 = 2 HNO3(2)
insgesamt:
2 NH4Cl + 4 O2 = 2 HNO3 + 2 HCl + 2 H2O(3)

Aus Gleichung (1) ergibt sich, dass die Sauerstoffaufnahme zur Oxidation von 28 g Stickstoff [Bestandteil von Ammoniumchlorid (NH4Cl)] zu Nitrit 96 g beträgt; dies entspricht einem Faktor von 3,43 (96/28). Auf die gleiche Weise ergibt sich aus Gleichung (3) für die Oxidation von 28 g Stickstoff zu Nitrat eine Sauerstoffaufnahme von 128 g; dies entspricht einem Faktor von 4,57 (128/28).

Da es sich hier um aufeinander folgende Reaktionen handelt, die auf verschiedene Bakterienarten zurückzuführen sind, kann die Nitritkonzentration zu- oder abnehmen; im letzteren Falle würde eine äquivalente Nitratkonzentration gebildet. Der bei der Nitratbildung verbrauchte Sauerstoff beträgt daher 4,57 , multipliziert mit der Konzentrationszunahme des Nitrats, wohingegen der bei der Nitritbildung verbrauchte Sauerstoff 3,43 beträgt, multipliziert mit der Konzentrationszunahme des Nitrits. Bei einer Nitritabnahme beträgt der Sauerstoffverlust - 3,43 , multipliziert mit der Abnahme der Konzentration.

Das heißt:



der bei der Nitratbildung verbrauchte O2 = 4,57 × Zunahme in N-Nitratkonzentration(4)
und
der bei der Nitritbildung verbrauchte O2 = 3,43 × Zunahme in N-Nitritkonzentration(5)
und
O2-Verlust bei der Nitritabnahme = Abnahme der N-Nitritkonzentration × - 3,43 (6)
so dass
O2-Aufnahme infolge Nitrifikation = ± 3,43 × Änderung der N-Nitritkonzentration + 4,57 × Zunahme der N-Nitratkonzentration(7)
und infolgedessen
O2-Aufnahme durch Oxidation von C = festgestellte Gesamtaufnahme — Aufnahme infolge Nitrifikation(8).

Wenn andererseits nur der gesamte oxidierte N bestimmt wird, kann für die Sauerstoffaufnahme infolge Nitrifikation in erster Näherung ein Wert von 4,57 × Zunahme an oxidiertem N angenommen werden.

Der korrigierte Wert für den Sauerstoffverbrauch infolge Oxidation von C wird dann mit dem ThSBNH4, berechnet nach Anlage 2, verglichen.

C.5.   ABBAUBARKEIT — BIOCHEMISCHER SAUERSTOFFBEDARF

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Messung des biochemischen Sauerstoffbedarfs (BSB) fester oder flüssiger organischer Substanzen.

Die mit diesem Verfahren erzielbaren Prüfergebnisse gelten in erster Linie für wasserlösliche Substanzen; flüchtige und in Wasser schwer lösliche Verbindungen können zumindest grundsätzlich auch mit diesem Verfahren geprüft werden.

Die Methode ist nur für solche organischen Substanzen anwendbar, die bei den im Test verwendeten Konzentrationen keine bakterienhemmende Wirkung haben. Ist eine Substanz bei der Prüfkonzentration nicht löslich, so sind gegebenenfalls besondere Verfahren wie Ultraschalldispersion anzuwenden, um eine ausreichende Dispersion der Prüfsubstanz sicherzustellen.

Angaben zur Toxizität der Prüfsubstanz können bei der Interpretation niedriger Ergebnisse und bei der Auswahl der geeigneten Testkonzentrationen von Nutzen sein.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der biochemische Sauerstoffbedarf (BSB) wird definiert als die Menge an gelöstem Sauerstoff, die zur biochemischen Oxidation einer bestimmten Menge einer gelösten Substanz unter den vorgeschriebenen Bedingungen notwendig ist.

Die Ergebnisse werden dargestellt als g biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB) pro g Prüfsubstanz.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Es wird empfohlen, eine geeignete Referenzsubstanz zur Überprüfung der Inokulumaktivität zu verwenden.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine vorher bestimmte Menge der Prüfsubstanz wird in einem geeigneten sauerstoffreichen Medium gelöst oder dispergiert und anschließend mit einem Inokulum angeimpft sowie bei einer konstanten Umgebungstemperatur im Dunkeln inkubiert.

Der BSB wird aus der Differenz des Gehalts an gelöstem Sauerstoff vor Beginn und nach Ende des Tests bestimmt. Die Testdauer muss mindestens 5 Tage, darf jedoch nicht mehr als 28 Tage betragen.

Parallel zu diesem Test ist ein Blindversuch ohne die Prüfsubstanz durchzuführen.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die BSB-Bestimmung kann nicht als valide Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit eines Stoffes angesehen werden. Dieser Test ist nur als „Screening“-Test zu betrachten.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Je nach Prüfverfahren wird eine Lösung oder Dispersion der Prüfsubstanz in einer geeigneten Konzentration vorbereitet. Dann wird der BSB nach einem geeigneten national oder international standardisierten Verfahren ermittelt.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Der in der Lösung enthaltene BSB wird entsprechend dem gewählten Standardverfahren berechnet und in g Sauerstoffbedarf/g Prüfsubstanz umgerechnet.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Die angewandte Methode ist anzugeben.

Als biochemischer Sauerstoffbedarf ist der Mittelwert von mindestens drei gültigen Messergebnissen anzugeben.

Alle für die Interpretation der Ergebnisse wichtigen Informationen und Bemerkungen sind anzugeben, insbesondere hinsichtlich Verunreinigungen, Aggregatzustand, toxischer Wirkungen und inhärenter Zusammensetzung der Prüfsubstanz, die die Ergebnisse beeinflussen können.

Wird ein Zusatz zur Hemmung der biologischen Nitrifikation verwendet, muss dies angegeben werden.

4.   LITERATUR

Verzeichnis der standardisierten Verfahren, z. B.

NF T 90-103: Determination of the Biochemical Oxygen Demand.

NBN 407: Biochemical Oxygen Demand.

NEN 3235 5.4: Bepaling van het biochemisch zuurstofverbruik (BZV).

The Determination of Biochemical Oxygen Demand (Methods for the examination of Water and Associated Materials, HMSO, London).

ISO 5815: Determination of biochemical oxygen demand after n days.

C.6.   ABBAUBARKEIT — CHEMISCHER SAUERSTOFFBEDARF

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Messung des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB) fester oder flüssiger organischer Stoffe unter bestimmten standardisierten Laborbedingungen.

Zur Durchführung dieses Tests sowie zur Interpretation der Testergebnisse sind Angaben über die chemische Formel der Prüfsubstanz von Nutzen (z. B. der Gehalt an Halogensalzen, Eisensalze organischer Substanzen oder chlorierten Kohlenwasserstoffen).

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der chemische Sauerstoffbedarf ist ein Maß für die Oxidierbarkeit einer Substanz, ausgedrückt als diejenige Sauerstoffmenge eines oxidierenden Reagenzmittels, die eine Prüfsubstanz unter definierten Laborbedingungen verbraucht.

Das Testergebnis wird in g chemischer Sauerstoffverbrauch/g Prüfsubstanz angegeben.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen müssen nicht immer bei der Prüfung neuer Stoffe eingesetzt werden. Sie sollten jedoch von Zeit zu Zeit primär zur Eichung der Messmethode benutzt werden, um auf diese Weise eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse, die mit anderen Methoden erzielt wurden, zu ermöglichen.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Eine vorher bestimmte Menge in Wasser gelöster oder dispergierter Substanz wird mit Kaliumdichromat in einem starken Schwefelsäuremedium in Gegenwart von Silbersulfat als Katalysator unter Rückfluss über zwei Stunden lang oxidiert. Das restliche Dichromat wird durch Titration mit standardisiertem Ammoniumeisen(II)sulfat bestimmt.

Im Falle chlorhaltiger Substanzen wird zur Vermeidung von Störungen durch Chloride Quecksilbersulfat  zugefügt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Wegen der willkürlichen Art des Nachweises ist der chemische Sauerstoffbedarf ein „Oxidierbarkeitsindikator“ und wird als solcher als praktischer Parameter zur Messung des Gehalts an organischer Substanz verwendet.

Chloride können das Testergebnis verfälschen. Anorganische Reduktions- oder Oxidationsmittel können die Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs ebenfalls stören.

Einige zyklische Verbindungen und zahlreiche flüchtige Substanzen (z. B. niedere Fettsäuren) werden in diesem Test nicht vollständig oxidiert.

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

Zuerst wird eine Lösung oder eine Dispersion der Testsubstanz hergestellt, um einen CSB zwischen 250 und 600 mg/l zu erzielen.

Bemerkung:

Im Falle schwerlöslicher oder nicht dispergierbarer Substanzen kann eine bestimmte Menge pulverförmiger oder flüssiger Prüfsubstanz entsprechend einem CSB von 5 mg abgewogen werden und in die Versuchsgefäße mit Wasser gegeben werden.

Der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) wird häufig und besonders bei schwerlöslichen Substanzen vorzugsweise mit Hilfe einer Variante des Verfahrens bestimmt, d. h. in einem geschlossenen System mit Druckausgleich (H. Kelkenberg, 1975). Mit diesem modifiziertem Verfahren können Substanzen, die mit dem herkömmlichen Verfahren nur schwer zu bestimmen sind — wie z. B. Essigsäure —, in vielen Fällen erfolgreich quantifiziert werden. Diese Methode versagt jedoch im Fall von Pyridin. Wird die Kaliumdichromatkonzentration, wie in (1) vorgeschrieben, auf 0,25 N (0,0416 M) erhöht, wird die Direkteinwaage von 5-10 mg Substanz erleichtert, was für die CSB-Bestimmung schwer wasserlöslicher Substanzen wichtig ist (2).

Ansonsten kann der CSB nach jedem geeigneten nationalen oder internationalen standardisierten Verfahren bestimmt werden.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Der in den Versuchsflaschen auftretende CSB-Wert wird mit Hilfe der jeweils gewählten standardisierten Methode berechnet und in g chemischen Sauerstoffbedarfs pro g Testsubstanz ausgedrückt.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Die verwendete Referenzmethode ist anzugeben.

Der chemische Sauerstoffbedarf sollte aus mindestens drei Messwerten gemittelt werden. Der Bericht sollte alle für die Interpretation der Messergebnisse relevanten Informationen und Bemerkungen enthalten, die die Testergebnisse beeinflussen könnten, z. B. Verunreinigungen der Prüfsubstanz, physikalischer Zustand und die Zusammensetzung der Substanz (falls bekannt).

Die Verwendung von Quecksilbersulfat zur Verminderung von Störungen durch Chlorid muss erwähnt werden.

4.   LITERATUR

(1) Kelkenberg, H. Z. von Wasser und Abwasserforschung, 1975, vol. 8, 146.

(2) Gerike, P. The biodegradability testing of poorly water soluble compounds. Chemosphere, 1984, vol. 13,169.

Liste der standardisierten Verfahren, z. B.:

NBN T 91-201 Determination of the chemical oxygen demand.

ISBN 0 11 7512494 Chemical oxygen demand (dichromate value) of polluted and waste waters.

NF T 90-101 Determination of the chemical oxygen demand.

DS 217 — water analysis Determination of the chemical oxygen demand.

DIN 38409-H-41 Determination of the chemical oxygen demand (COD) within the range above 15 mg per litre.

NEN 3235 5.3 Bepaling von het chemisch zuurstofverbruik.

ISO 6060 Water quality: chemical oxygen demand dichromate methods.

C.7.   ABBAUBARKEIT — ABIOTISCHER ABBAU: HYDROLYSE IN ABHÄNGIGKEIT VOM pH-WERT

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht OECD TG 111 (2004).

1.1.   EINLEITUNG

Chemikalien können auf unterschiedlichen Wegen in Oberflächengewässer gelangen, z. B. durch direkte Applikation, Sprühmittelabtrift, Ablauf, Entwässerung, Abfallentsorgung, Industrie-, Haushalts- oder Landwirtschaftsabwässer oder über atmosphärische Deposition, und können in diesen Gewässern durch chemische (z. B. Hydrolysereaktionen, Oxidation), fotochemische und/oder mikrobielle Prozesse umgewandelt werden. In der vorliegenden Richtlinie wird eine Labortestmethode zur Beurteilung der abiotischen hydrolytischen Umwandlung von Chemikalien in Wassersystemen bei pH-Werten beschrieben, wie sie normalerweise in der Umwelt vorkommen (pH 4-9); diese Richtlinie stützt sich auf bestehende Richtlinien (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7).

Durch diese Tests soll i) die Hydrolysegeschwindigkeit der Testsubstanz in Abhängigkeit vom pH-Wert und ii) die Beschaffenheit bzw. Art sowie die Geschwindigkeit der Entstehung und des Rückgangs von Hydrolyseprodukten ermittelt werden, denen die Organismen ausgesetzt sein können. Derartige Studien sind für Chemikalien erforderlich, die direkt dem Wasser zugesetzt werden oder voraussichtlich durch die sonstigen oben beschriebenen Wege in die Umwelt gelangen.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Siehe Anlage 2.

1.3.   ANWENDUNGSBEREICH DER TESTMETHODE

Die Testmethode ist generell auf (markierte oder unmarkierte) chemische Substanzen anwendbar, für die eine Analysemethode mit ausreichender Genauigkeit und Empfindlichkeit zur Verfügung steht. Sie kann Anwendung finden für leicht flüchtige und nichtflüchtige Verbindungen mit ausreichender Wasserlöslichkeit. Der Test darf dagegen an Chemikalien, die in Wasser hochgradig flüchtig sind (z. B. Fumiganzien, organische Lösungsmittel) und daher unter den Versuchsbedingungen dieses Tests nicht in Lösung gehalten werden können, nicht durchgeführt werden. Die Durchführung des Tests an Substanzen, die in Wasser nur minimal löslich sind, ist möglicherweise nur erschwert möglich (8).

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Sterile wässrige Pufferlösungen mit unterschiedlichen pH-Werten (pH 4, 7 und 9) werden mit der Testsubstanz behandelt und im Dunkeln unter kontrollierten Laborbedingungen (bei konstanter Temperatur) inkubiert. Nach entsprechenden Zeitintervallen werden die Pufferlösungen auf die Testsubstanz und Hydrolyseprodukte analysiert. Bei Verwendung einer markierten Testsubstanz (z. B. mit 14C) lässt sich die Stoffbilanz leichter erstellen.

Diese Testmethode ist als mehrstufiges Konzept angelegt (siehe Darstellung und Erläuterung in Anlage 1). Die einzelnen Stufen des Tests werden durch die Ergebnisse der jeweils vorherigen Stufe gestartet.

1.5.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Für die Messung der Hydrolysegeschwindigkeit können markierte oder nicht markierte Testsubstanzen verwendet werden. Normalerweise sollte vorzugsweise markiertes Material zur Messung der Hydrolysewege und zur Ermittlung der Stoffbilanz verwendet werden; in bestimmten Sonderfällen ist eine Markierung allerdings nicht unbedingt notwendig. Die Markierung mit 14C wird empfohlen, andere Isotope wie 13C, 15N oder 3H sind jedoch ggf. ebenfalls geeignet. Die Markierung ist — soweit möglich — im stabilsten Teil des Moleküls anzuordnen. Enthält die Testsubstanz beispielsweise einen Ring, muss die Markierung auf dem Ring erfolgen; enthält die Testsubstanz zwei oder mehr Ringe, sind evtl. separate Untersuchungen zum Verhalten der einzelnen markierten Ringe und zur Ermittlung geeigneter Informationen zur Bildung von Hydrolyseprodukten notwendig. Die Testsubstanz muss eine Reinheit von mindestens 95 % aufweisen.

Vor der Durchführung von Hydrolysetests müssen folgende Informationen zur Testsubstanz vorliegen:

a)
Löslichkeit in Wasser (Testmethode A.6),
b)
Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln,
c)
Dampfdruck (Testmethode A.4) und/oder Konstante des Henryschen Gesetzes,
d)
Verteilungskoeffizient n-Oktanol/Wasser (Testmethode A.8);
e)
Dissoziationskonstante (pKa) (OECD-Richtlinie 112) (9);
f)
direkte und indirekte Fototransformationsgeschwindigkeit in Wasser (soweit relevant).

Es müssen Analysemethoden für die Quantifizierung der Testsubstanz sowie — sofern relevant — für die Identifizierung und Quantifizierung der Hydrolyseprodukte in wässrigen Lösungen zur Verfügung stehen (siehe auch Abschnitt 1.7.2).

1.6.   REFERENZSUBSTANZEN

Soweit möglich, sollten Referenzsubstanzen zur Identifizierung und Quantifizierung von Hydrolyseprodukten durch Spektroskopie- und Chromatografieverfahren oder andere ausreichend genaue Methoden verwendet werden.

1.7.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.   Wiederfindungsrate

Die Analyse von mindestens zwei Pufferlösungen oder deren Extrakten unmittelbar nach der Zugabe der Testsubstanz gibt einen ersten Hinweis auf die Wiederholbarkeit der Analysemethode und die gleichmäßige Verteilung der Testsubstanz bei der Applikation der Testsubstanz. Die Wiederfindungsraten für spätere Versuchsphasen ergeben sich aus den jeweiligen Massenbilanzen (bei Verwendung markierter Substanzen). Die Wiederfindungsraten müssen bei markierten und unmarkierten Chemikalien zwischen 90 % und 110 % liegen (7). Falls es sich als technisch schwierig erweist, diese Wiederfindungsrate zu erreichen, ist bei unmarkierten Chemikalien eine Wiederfindungsrate von 70 % zulässig, allerdings ist dies entsprechend zu begründen.

1.7.2.   Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysemethoden

Die Wiederholbarkeit der Analysemethode(n), die zur späteren Quantifizierung der Testsubstanz und der Hydrolyseprodukte verwendet werden, kann durch eine parallele Analyse derselben Pufferlösungen (oder ihrer Extrakte) überprüft werden, nachdem sich ausreichende Mengen an Hydrolyseprodukten für die Quantifizierung gebildet haben.

Die Analysemethode muss eine ausreichende Empfindlichkeit aufweisen, mit der die Quantifizierung der Konzentrationen der Testsubstanz bis auf 10 % der Anfangskonzentration oder weniger möglich ist. Sofern relevant, müssen die Analysemethoden außerdem eine ausreichende Empfindlichkeit für die Quantifizierung von Hydrolyseprodukten aufweisen, die 10 % der (zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Studie) eingebrachten Konzentration oder mehr oder aber 25 % oder weniger der Spitzenkonzentration darstellt.

1.7.3.   Konfidenzintervalle für Kinetikdaten der Hydrolyse

Die Konfidenzintervalle sind für sämtliche Regressionskoeffizienten, Geschwindigkeitskonstanten, Halbwertszeiten und sonstigen kinetischen Parameter rechnerisch zu ermitteln und darzustellen (z. B. DT50).

1.8.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.8.1.   Geräte und Apparatur

Die Untersuchung ist in Glasgefäßen (z. B. Reagenzgläser, kleine Kolben) unter abgedunkelten und sterilen Bedingungen (sofern erforderlich) durchzuführen, sofern nicht bereits vorliegende Informationen (wie der n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient) darauf hindeuten, dass die Testsubstanz möglicherweise am Glas anhaftet. In diesen Fällen sollte die Verwendung alternativer Materialien (wie Teflon) geprüft werden. Mitunter lässt sich das Problem der Anhaftung an Glas auch durch eine oder mehrere der folgenden Methoden mildern:

Bestimmung der Masse der am Glas sorbierten Testsubstanz und Hydrolyseprodukte,
Verwendung eines Ultraschallbades,
Waschen sämtlicher Glasartikel mit Lösungsmittel bei jedem Probenahmeintervall,
Verwendung formulierter Produkte,
Verwendung einer größeren Menge an Zusatzlösungsmittel für die Zugabe der Testsubstanz zum System; wird ein Zusatzlösungsmittel verwendet, sollte dieses so beschaffen sein, dass es keine Hydrolysierung der Testsubstanz verursacht.

Normalerweise werden temperaturgeregelte Wasserbad-Schüttelvorrichtungen oder thermostatgeregelte Inkubatoren für die Inkubation der verschiedenen Testlösungen benötigt.

Außerdem werden Standard-Laborgeräte benötigt, insbesondere folgende Geräte:

pH-Messgerät,
Analyseinstrumente wie GC-, HPLC-, TLC-Geräte einschließlich der entsprechenden Detektionssysteme zur Analyse radioaktiv markierter und unmarkierter Substanzen oder für die inverse Isotopenverdünnungsmethode,
Instrumente zu Identifikationszwecken (z. B. MS, GC-MS, HPLC-MS, NMR usw.),
Flüssigkeits-Szintillationszähler,
Trenntrichter für Flüssig-Flüssig-Extraktionen,
Instrumentierung für die Konzentration von Lösungen und Extrakten (z. B. Rotationsverdampfer),
Temperaturregelungsvorrichtung (z. B. Wasserbad).

Zu den chemischen Reagenzien gehören unter anderem:

organische Lösungsmittel (analysenrein) wie Hexan, Dichlormethan usw.,
Szintillationsflüssigkeit,
Pufferlösungen (Details siehe Abschnitt 1.8.3).

Sämtliche Glasgeräte sowie das analysenreine Wasser und die Pufferlösungen, die in den Hydrolysetests verwendet werden, sind zu sterilisieren.

1.8.2.   Applikation der Testsubstanz

Die Testsubstanz ist als wässrige Lösung in die verschiedenen Pufferlösungen einzugeben (siehe Anlage 3). Soweit zur Herstellung einer ausreichenden Auflösung erforderlich, ist die Verwendung geringer Mengen wassermischbarer Lösungsmittel (wie Acetonitril, Aceton, Ethanol) für die Applikation und Verteilung der Testsubstanz zulässig, allerdings darf dies normalerweise 1 % v/v nicht überschreiten. Falls eine höhere Lösungsmittelkonzentration erwogen wird (beispielsweise bei schlecht löslichen Testsubstanzen), ist dies nur zulässig, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Lösungsmittel die Hydrolyse der Testsubstanzen nicht beeinflusst.

Die Verwendung formulierter Produkte wird nicht grundsätzlich empfohlen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Bestandteile der Formulierung den Hydrolysevorgang beeinflussen. Bei schlecht wasserlöslichen Testsubstanzen oder Substanzen, die an Glas anhaften (siehe Abschnitt 1.8.1), bietet sich jedoch die Verwendung formulierter Substanzen als geeignete Alternative an.

Die Testsubstanz ist in einer einzigen Konzentration zu verwenden; diese darf 0,01 M oder die Hälfte der Sättigungskonzentration nicht überschreiten (siehe Anlage 1).

1.8.3.   Pufferlösungen

Der Hydrolyseversuch wird bei drei pH-Werten durchgeführt: 4, 7 und 9. Hierzu sind Pufferlösungen unter Verwendung von analysenreinen Chemikalien und Wasser vorzubereiten. Geeignete Beispiele für Puffersysteme sind in Anlage 3 dargestellt. Dabei ist darauf zu achten, dass das verwendete Puffersystem die Hydrolysegeschwindigkeit beeinflussen kann; werden entsprechende Erscheinungen festgestellt, ist eine andere Pufferlösung zu verwenden .

Der pH-Wert der einzelnen Pufferlösungen ist mit einem kalibrierten pH-Messgerät mit einer Messgenauigkeit von mindestens 0,1 bei der Solltemperatur zu kontrollieren.

1.8.4.   Testbedingungen

1.8.4.1.   Testtemperatur

Die Hydrolyseversuche sind bei konstanter Temperatur durchzuführen. Zur Extrapolation ist es wichtig, die Temperatur auf mindestens ± 0,5 oC zu halten.

Ist das Hydrolyseverhalten der Testsubstanz unbekannt, ist ein vorbereitender Test (Stufe 1) bei einer Temperatur von 50 oC durchzuführen. Kinetische Tests auf höherer Stufe sind bei mindestens drei Temperaturen (die auch den Test bei 50 oC einschließen) durchzuführen, sofern die Testsubstanz sich — wie bei den Tests auf Stufe 1 ermittelt — bei Hydrolyse stabil verhält. Es wird ein Temperaturbereich von 10-70 oC empfohlen (wobei möglichst mindestens eine der Temperaturen unter 25 oC liegen sollte), der sowohl die für die Berichterstellung zugrunde gelegte Temperatur von 25 oC als auch die meisten der in der Praxis vorkommenden Temperaturen umfasst.

1.8.4.2.   Licht und Sauerstoff

Alle Hydrolyseversuche sind mit geeigneten Methoden durchzuführen, mit denen fotolytische Effekte vermieden werden können. Durch geeignete Maßnahmen ist außerdem eine Sauerstoffbildung (z. B. durch 5-minütiges Einblasen von Helium, Stickstoff oder Argon vor der Zubereitung der Lösung) zu vermeiden.

1.8.4.3.   Testdauer

Der Vortest ist über einen Zeitraum von 5 Tagen durchzuführen, die Tests auf höherer Stufe sind durchzuführen, bis eine 90 %ige Hydrolyse der Testsubstanz erreicht ist oder ein Zeitraum von 30 Tagen abgelaufen sind (je nachdem, welcher Zeitpunkt zuerst erreicht ist).

1.8.5.   Durchführung des Tests

1.8.5.1.   Vortest (Stufe 1)

Der Vortest wird bei 50 ± 0,5 oC und pH-Werten von 4,0 , 7,0 und 9,0 durchgeführt. Wird nach 5 Tagen eine Hydrolyse von weniger als 10 % festgestellt (t0,5 25oC > 1 Jahr), gilt die Testsubstanz als hydrolytisch stabil, und es sind normalerweise keine weiteren Tests erforderlich. Ist bekannt, dass die Substanz bei umwelttechnisch relevanten Temperaturen instabil ist, braucht kein Vortest durchgeführt zu werden. Die Analysemethode muss so präzise und empfindlich sein, dass eine Reduktion der ursprünglichen Konzentration um 10 % festgestellt werden kann.

1.8.5.2.   Hydrolyse instabiler Substanzen (Stufe 2)

Der (fortgeschrittene) Test auf höherer Stufe ist bei den pH-Werten durchzuführen, bei denen gemäß den Vorgaben des oben beschriebenen Vortests eine Instabilität der Testsubstanz festgestellt wurde. Die Pufferlösungen der Testsubstanzen sind durch Thermostatregelung auf den gewählten Temperaturen zu halten. Zur Durchführung der Tests auf Reaktionen erster Ordnung ist jede Reaktionslösung in zeitlichen Intervallen zu analysieren, die so angesetzt sein müssen, dass sich mindestens sechs zwischen 10 % und 90 % Hydrolyse der Testsubstanz normal verteilte Bezugspunkte ergeben. Die einzelnen Proben der wiederholten Gleichtests (eine Mindestanzahl von Doppelproben, die in separaten Reaktionsgefäßen enthalten sind) sind zu entfernen und der Inhalt ist bei jedem der mindestens sechs Probenahmepunkte zu analysieren (für mindestens zwölf Wiederholungs-Bezugspunkte). Die Verwendung einer einzigen Sammelprobe, aus der bei jedem Probenahmeintervall einzelne Probenanteile der Testlösung entnommen werden, gilt als unzureichend, da damit keine Analyse der Datenvariabilität möglich ist und Probleme durch Kontaminierung der Testlösung auftreten können. Tests zum Nachweis der Sterilität sind am Ende des höherrangigen Tests durchzuführen (z. B. bei 90 % Hydrolyse bzw. 30 Tage). Wird allerdings keine Zersetzung (d. h. Transformation) festgestellt, sind keine weiteren Sterilitätstests notwendig.

1.8.5.3.   Feststellung der Hydrolyseprodukte (Stufe 3)

Umfangreichere Hydrolyseprodukte, zumindest jene, die > 10 % der eingebrachten Dosis entsprechen, sind durch entsprechende Analysemethoden festzustellen.

1.8.5.4.   Zusätzliche Tests

Bei hydrolytisch instabilen Testsubstanzen sind evtl. weitere Tests bei anderen pH-Werten als 4, 7 und 9 erforderlich. So ist für physiologische Zwecke möglicherweise ein Test unter saureren Bedingungen (z. B. pH-Wert 1,2 ) bei einer einzigen physiologisch relevanten Temperatur (37o C) notwendig.

2.   DATEN

Die Mengen der Testsubstanz und der Hydrolyseprodukte sind — soweit relevant — als Prozentsatz der eingebrachten Anfangskonzentration sowie in mg/l für jedes Probenahmeintervall und für jeden pH-Wert und jede Testtemperatur anzugeben. Darüber hinaus ist eine Stoffbilanz als Prozentanteil der eingebrachten Anfangskonzentration anzugeben, wenn eine markierte Testsubstanz verwendet wurde.

In den Bericht ist eine grafische Darstellung der log-transformierten Daten der Testsubstanzkonzentrationen im zeitlichen Verlauf aufzunehmen. Umfangreichere Hydrolyseprodukte, zumindest jene, die ≥ 10 % der eingebrachten Dosis repräsentieren, sind anzugeben und ihre log-transformierten Konzentrationen sind in gleicher Weise wie die Muttersubstanz grafisch darzustellen, so dass sich eine Darstellung der Bildungs- und Verfallgeschwindigkeiten ergibt.

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Eine genauere Bestimmung der Halbwertszeiten oder DT50-Werte dürfte mithilfe geeigneter kinetischer Modellberechnungen möglich sein. Die Halbwertszeit und/oder die DT50-Werte (einschließlich der Vertrauensgrenzen) sind für jeden pH-Wert und jede Temperatur zusammen mit einer Beschreibung des verwendeten Modells, der kinetischen Ordnung und des Bestimmungskoeffizienten (r2) in den Bericht aufzunehmen. Erforderlichenfalls sind die Berechnungen auch für die Hydrolyseprodukte zu übernehmen.

Dabei sind Ai und Bi Regressionskonstanten des Abschnitts bzw. der Steigung der Geraden der besten Anpassung, die aus einem linear regressiven ln ki zur Reziproken der Absoluttemperatur in Kelvin (T) generiert wurden. Mithilfe der Arrhenius-Beziehungen für

Bei Geschwindigkeitsuntersuchungen, die bei unterschiedlichen Temperaturen durchgeführt werden, sind die Hydrolyse-Geschwindigkeitskonstanten pseudo-erster Ordnung (kobs) in Abhängigkeit von der Temperatur zu beschreiben. Die Berechnung muss sich dabei auf die Trennung von kobs in Geschwindigkeitskonstanten für säurekatalysierte, neutrale und basenkatalysierte Hydrolyse (kH, kneutral bzw. kOH) sowie auf die Arrhenius-Gleichung stützen: säure-, neutral und basenkatalysierte Hydrolyse können Geschwindigkeitskonstanten pseudo-erster Ordnung und somit die Halbwertszeiten für andere Temperaturen berechnet werden, bei denen die direkte experimentelle Ermittlung einer Geschwindigkeitskonstante nicht praktikabel ist (10).

2.2.   EVALUIERUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die meisten Hydrolysereaktionen folgen scheinbaren Reaktionsgeschwindigkeiten erster Ordnung; die Halbwertszeiten sind daher von der Konzentration unabhängig (siehe Gleichung 4 in Anlage 2). Auf diese Weise können normalerweise Laborergebnisse, die bei 10–2 bis 10–3 M ermittelt wurden, auf Umgebungsbedingungen (≤ 10–6 M) angewandt werden (10). Von Mabey und Mill wurden verschiedene Beispiele genauer Übereinstimmung zwischen Hydrolysegeschwindigkeiten dargestellt, die für unterschiedliche Chemikalien in reinem und natürlichem Wasser gemessen wurden (11), sofern pH-Wert und Temperatur gemessen wurden.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss mindestens folgende Informationen enthalten:

Testsubstanz:

Common name, chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (zur Angabe der Lage der Markierung bei Verwendung radioaktiv markierten Materials) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (siehe Abschnitt 1.5),
Reinheit (Verunreinigungen) der Testsubstanz,
Reinheit der Markierung von markierten Chemikalien und molare Aktivität (soweit relevant).
Pufferlösungen:
Datum und Einzelheiten der Zubereitung,
verwendete Puffersubstanzen und Wasser,
Molarität und pH-Wert der Pufferlösungen.

Testbedingungen:

Durchführungsdatum der Studien,
Menge der eingebrachten Testsubstanz,
Methode und Lösungsmittel (Art und Menge), die für die Einbringung der Testsubstanz verwendet wurden,
Volumen der inkubierten gepufferten Testsubstanzlösungen,
Beschreibung des verwendeten Inkubationssystems,
pH-Wert und Temperatur während der Studie,
Probenahmezeiten,
Extraktionsverfahren,
Verfahren zur Quantifizierung und Identifizierung der Testsubstanz und ihrer Hydrolyseprodukte in den Pufferlösungen,
Zahl der Wiederholungen.

Ergebnisse:

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der verwendeten Analysemethoden,
Wiederfindungsraten (Prozentwerte für eine gültige Studie sind in Abschnitt 1.7.1 angegeben),
Wiederholungsdaten und -mittel in Tabellenform,
Stoffbilanz während und am Ende der Untersuchung (wenn markierte Testsubstanzen verwendet werden),
Ergebnisse des Vortests,
Diskussion und Interpretation der Ergebnisse,
sämtliche ursprünglichen Daten und Abbildungen.

Die folgenden Angaben werden nur zur Bestimmung der Hydrolysegeschwindigkeit benötigt:

zeitabhängige grafische Darstellung der Konzentrationen der Testsubstanzen und — soweit relevant — der Hydrolyseprodukte für die einzelnen pH-Werte und für jede Temperatur,
Tabellen der Ergebnisse der Arrhenius-Gleichung für die Temperaturen 20 oC/25 oC mit pH-Werten, Geschwindigkeitskonstanten [h-1 oder Tag-1], Halbwertszeiten oder DT50, Temperaturen ( oC) einschließlich der Vertrauensgrenzen und der Korrelationskoeffizienten (r2) oder vergleichbarer Informationen,
vorgeschlagener Hydrolyseweg.

4.   LITERATUR

(1) OECD (1981). Hydrolysis as a Function of pH. OECD Guideline for Testing of Chemicals Nr. 111, angenommen am 12. Mai 1981.

(2) US-Environmental Protection Agency (1982). 40 CFR 796.3500, Hydrolysis as a Function of pH at 25 oC. Pesticide Assessment Guidelines, Subdivision N. Chemistry: Environmental Fate.

(3) Agriculture Canada (1987). Environmental Chemistry and Fate Guidelines for registration of pesticides in Canada.

(4) Europäische Union (EU) (1995). Richtlinie 95/36/EG der Kommission zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. Anhang V: Verbleib und Verhalten in der Umwelt.

(5) Dutch Commission for Registration of Pesticides (Niederländische Kommission für die Eintragung von Pestiziden) (1991). Application for registration of a pesticide. Section G: Behaviour of the product and its metabolites in soil, water and air (Antrag auf Eintragung eines Pestizids — Teil G. Verhalten des Produkts und seiner Stoffwechselprodukte im Boden, in Wasser und in der Luft).

(6) BBA (1980). Merkblatt Nr. 55, Teil I und II: Prüfung des Verhaltens von Pflanzenbehandlungsmitteln im Wasser (Oktober 1980).

(7) SETAC (1995). Procedures for Assessing the Environmental Fate and Ecotoxicity of Pesticides. Mark R. Lynch, Ed.

(8) OECD (2000). Guidance document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures, OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment Nr. 23.

(9) OECD (1993). Guidelines for the Testing of Chemicals. Paris. OECD (1994-2000): Addenda 6-11 to Guidelines for the Testing of Chemicals.

(10) Nelson, H, Laskowski D, Thermes S, and Hendley P. (1997) Recommended changes in pesticide fate study guidelines for improving input to computer models. (Text version of oral presentation at the 14th Annual Meeting of the Society of Environmental Toxicology and Chemistry, Dallas TX, November 1993).

(11) Mabey, W. and Mill, T. (1978). Critical review of hydrolysis of organic compounds in water under environmental conditions. J. Phys. Chem. Ref. Data 7, 383-415.

Anlage 1

Mehrstufiger Hydrolyse-Testablauf

Anlage 2

Definitionen und Einheiten

Es sind grundsätzlich SI-Einheiten (der Standard-International-Organisation) zu verwenden.

Testsubstanz: Eine beliebige Substanz (Mutterverbindung oder die entsprechenden Umwandlungsprodukte).

Umwandlungsprodukte: Alle Substanzen, die aus biotischen oder abiotischen Umwandlungsreaktionen der Testsubstanz entstehen.

Hydrolyseprodukte: Alle Substanzen, die aus hydrolytischen Umwandlungsreaktionen der Testsubstanz entstehen.

Hydrolyse bezeichnet die Reaktion einer Testsubstanz RX mit Wasser, die sich durch den Austausch der Gruppe X mit OH im Reaktionszentrum darstellen lässt:



RX + HOH → ROH + HX[1]

Die Geschwindigkeit, mit der die Konzentration von RX in diesem vereinfachten Prozess sinkt, wird wie folgt angegeben:



Geschwindigkeit = k [H2O] [RX]Reaktion zweiter Ordnung
oder
Geschwindigkeit = k [RX]Reaktion erster Ordnung

Dies ist vom geschwindigkeitsbestimmenden Schritt abhängig. Da Wasser gegenüber der Testsubstanz in erheblichem Überschuss vorhanden ist, wird dieser Reaktionstyp gewöhnlich als Reaktion pseudo-erster Ordnung beschrieben, in der die ermittelte Geschwindigkeitskonstante durch die Beziehung



kobs = k [H2O][2]

ausgedrückt wird und aus der folgenden Formel ermittelt werden kann :



ln

[3]

Dabei sind:

t = Zeit

und Co, Ct = Konzentrationen von RX zum Zeitpunkt 0 und t.

Die Einheiten dieser Konstanten weisen die Dimension (Zeit)–1 auf; die Halbwertszeit der Reaktion (Zeitdauer für die Reaktion von 50 % RX) wird ausgedrückt durch:



[4]

Halbwertszeit: (t0,5 ) bezeichnet die Zeitdauer für eine 50 %ige Hydrolyse einer Testsubstanz, wenn die Reaktion durch Kinetik erster Ordnung beschrieben werden kann: Sie ist von der Konzentration unabhängig.

DT50(Disappearance Time 50 bzw. Abbauzeit 50): Die Zeitdauer, innerhalb deren die Konzentration der Testsubstanz um 50 % reduziert wird; sie differiert von der Halbwertszeit t0,5 , wenn die Reaktion nicht nach einer Kinetik erster Ordnung verläuft.

Schätzung von k bei unterschiedlichen Temperaturen

Wenn die Geschwindigkeitskonstanten für zwei Temperaturen bekannt sind, können die Geschwindigkeitskonstanten bei anderen Temperaturen nach der Arrhenius-Gleichung berechnet werden:

oder

Eine grafische Darstellung von ln k in Abhängigkeit von 1/T ergibt eine Gerade mit einer Steigung von –E/R

Dabei ist:

k=Geschwindigkeitskonstante, bei unterschiedlichen Temperaturen gemessen
E=Aktivierungsenergie (kJ/mol)
T=Absoluttemperatur (K)
R=Gaskonstante (8,314 J/mol.K)

Die Aktivierungsenergie wurde durch Regressionsanalyse oder durch die folgende Gleichung berechnet:

Dabei ist: T2 > T1.

Anlage 3

Puffersysteme

A.   CLARK AND LUBS:

Puffergemische von CLARK and LUBS 



ZusammensetzungpH
0,2 N HCl UND 0,2 N KCl BEI 20 oC
47,5 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml1,0
32,25 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml1,2
20,75 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml1,4
13,15 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml1,6
8,3 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml1,8
5,3 ml, HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml2,0
3,35 ml HCl + 25 ml KCl dil. auf 100 ml2,2
0,1 M Kaliumhydrogenphthalat + 0,1 N HCl bei 20 oC
46,70 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml2,2
39,60 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml2,4
32,95 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml2,6
26,42 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml2,8
20,32 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml3,0
14,70 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml3,2
9,90 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml3,4
5,97 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml3,6
2,63 ml 0,1 N HCl + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml3,8
0,1 M Kaliumhydrogenphthalat + 0,1 N NaOH bei 20 oC
0,40 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml4,0
3,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml4,2
7,50 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml4,4
12,15 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml4,6
17,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml4,8
23,85 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml5,0
29,95 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml5,2
35,45 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml5,4
39,85 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml5,6
43,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml5,8
45,45 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Hydrogenphthalat auf 100 ml6,0

Puffergemische von CLARK and LUBS (Forts.)



0,1 M Monokaliumphosphat + 0,1 N NaOH bei 20 oC
5,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml6,0
8,60 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml6,2
12,60 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml6,4
17,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml6,6
23,45 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml6,8
29,63 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml7,0
35,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml7,2
39,50 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml7,4
42,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml7,6
45,20 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml7,8
46,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Phosphat auf 100 ml8,0
0,1 M H3BO3 in 0,1 M KCl + 0,1 N NaOH bei 20 oC
2,61 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml7,8
3,97 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml8,0
5,90 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml8,2
8,50 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml8,4
12,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml8,6
16,30 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml8,8
21,30 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml9,0
26,70 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml9,2
32,00 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml9,4
36,85 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml9,6
40,80 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml9,8
43,90 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Borsäure auf 100 ml10,0

B.   KOLTHOFF UND VLEESCHHOUWER:

Zitratpuffer von KOLTHOFF und VLEESCHHOUWER



ZusammensetzungpH
0,1 M Monokaliumzitrat und 0,1 N HCl bei 18 oC (1)
49,7 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml2,2
43,4 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml2,4
36,8 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml2,6
30,2 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml2,8
23,6 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml3,0
17,2 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml3,2
10,7 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml3,4
4,2 ml 0,1 N HCl + 50 ml Zitrat auf 100 ml3,6
0,1 M Monokaliumzitrat und 0,1 N NaOH bei 18 oC (1)
2,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml3,8
9,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml4,0
16,3 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml4,2
23,7 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml4,4
31,5 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml4,6
39,2 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml4,8
46,7 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml5,0
54,2 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml5,2
61,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml5,4
68,0 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml5,6
74,4 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml5,8
81,2 ml 0,1 N NaOH + 50 ml Zitrat auf 100 ml6,0
(*1)   Zur Vermeidung von Pilzbildung ist ein kleiner Kristall Thymol oder einer ähnlichen Substanz zuzusetzen.

C.   SÖRENSEN:

Boratgemische von sörenseN



Zusammensetzung

Sörensen

18 oC

Walbum, pH bei
ml Boraxml HCl/NaOH10 oC40 oC70 oC
0,05 M Borax + 0,1 NHCl
5,25 4,75 7,62 7,64 7,55 7,47
5,50 4,50 7,94 7,98 7,86 7,76
5,75 4,25 8,14 8,17 8,06 7,95
6,00 4,00 8,29 8,32 8,19 8,08
6,50 3,50 8,51 8,54 8,40 8,28
7,00 3,00 8,08 8,72 8,56 8,40
7,50 2,50 8,80 8,84 8,67 8,50
8,00 2,00 8,91 8,96 8,77 8,59
8,50 1,50 9,01 9,06 8,86 8,67
9,00 1,00 9,09 9,14 8,94 8,74
9,50 0,50 9,17 9,22 9,01 8,80
10,00 0,00 9,24 9,30 9,08 8,86
0,05 M Borax + 0,1 N NaOH
10,0 0,0 9,24 9,30 9,08 8,86
9,0 1,0 9,36 9,42 9,18 8,94
8,0 2,0 9,50 9,57 9,30 9,02
7,0 3,0 9,68 9,76 9,44 9,12
6,0 4,0 9,97 10,06 9,67 9,28

Phosphatgemische von SÖRENSEN



ZusammensetzungpH
0,0667 M Monokaliumphosphat + 0,0667 M Dinatriumphosphat bei 20 oC
99,2 ml KH2PO4 + 0,8 ml Na2HPO45,0
98,4 ml KH2PO4 + 1,6 ml Na2HPO45,2
97,3 ml KH2PO4 + 2,7 ml Na2HPO45,4
95,5 ml KH2PO4 + 4,5 ml Na2HPO45,6
92,8 ml KH2PO4 + 7,2 ml Na2HPO45,8
88,9 ml KH2PO4 + 11,1 ml Na2HPO46,0
83,0 ml KH2PO4 + 17,0 ml Na2HPO46,2
75,4 ml KH2PO4 + 24,6 ml Na2HPO46,4
65,3 ml KH2PO4 + 34,7 ml Na2HPO46,6
53,4 ml KH2PO4 + 46,6 ml Na2HPO46,8
41,3 ml KH2PO4 + 58,7 ml Na2HPO47,0
29,6 ml KH2PO4 + 70,4 ml Na2HPO47,2
19,7 ml KH2PO4 + 80,3 ml Na2HPO47,4
12,8 ml KH2PO4 + 87,2 ml Na2HPO47,6
7,4 ml KH2PO4 + 92,6 ml Na2HPO47,8
3,7 ml KH2PO4 + 96,3 ml Na2HPO48,0

C.8.   TOXIZITÄT FÜR REGENWÜRMER

PRÜFUNG IN KÜNSTLICHEM BODEN

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Bei dieser Laborprüfung wird die Prüfsubstanz einem künstlichen Boden zugesetzt; in diesem Boden werden die Würmer 14 Tage lang gehalten. Nach 14 Tagen (wahlweise nach 7 Tagen) wird die tödliche Wirkung der Substanz auf die Regenwürmer überprüft. Dieser Test ist eine Methode zur relativ schnellen Überprüfung der Wirkung von Chemikalien auf Regenwürmer bei Aufnahme über die Haut und die Nahrung.

1.2.   DEFINITION UND MESSGRÖSSE

LC50: Die Konzentration einer Substanz, durch die 50 % der Versuchstiere während der Versuchszeit getötet werden.

1.3.   REFERENZSUBSTANZ

Mit einer Referenzsubstanz wird regelmäßig überprüft, dass sich die Empfindlichkeit des Prüfsystems nicht wesentlich geändert hat.

Als Referenzsubstanz wird Chloracetamid p. a. empfohlen.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der Boden ist ein sehr variables Medium; daher wird bei dieser Prüfung ein sorgfältig definierter künstlicher Lehmboden verwendet. Adulte Regenwürmer der Art Eisenia foetida (siehe Anmerkung in der Anlage) werden in einem definierten künstlichen Boden gehalten, der mit verschiedenen Konzentrationen der Prüfsubstanz behandelt wird. 14 Tage (wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn wird der Gefäßinhalt in einer flachen Schale ausgebreitet. Die bei der jeweiligen Konzentration überlebenden Regenwürmer werden gezählt.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Prüfmethode muss hinsichtlich Prüfsubstanz und Prüforganismus so reproduzierbar wie möglich sein. Die Mortalität in den Kontrollen darf am Ende der Prüfung 10 % nicht überschreiten oder aber die Prüfung ist ungültig.

1.6.   BESCHREIBUNG DES PRÜFVERFAHRENS

1.6.1.   Material

1.6.1.1.   Prüfsubstrat

Ein definierter künstlicher Boden wird als Grundprüfsubstrat eingesetzt.

a)
Grundsubstrat (in Prozent des Trockengewichts)
10 % Sphagnumtorf (so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0 ; ohne sichtbare Pflanzenreste und fein gemahlen);
20 % Kaolinitkreide mit vorzugsweise mehr als 50 % Kaolinit;
etwa 69 % Industriequarzsand (überwiegend feiner Sand mit mehr als 50 % 0,05 bis 0,2 mm großen Teilchen). Wenn die Prüfsubstanz in Wasser ungenügend dispergierbar ist, werden 10 g pro Prüfgefäß aufbewahrt, die später mit der Prüfsubstanz gemischt werden;
etwa 1 % Kalziumcarbonat (CaCO1), in Pulverform, chemisch rein, zur Einstellung des pH-Werts auf 6,0 ± 0,5 .
b)
Prüfsubstrat

Das Prüfsubstrat enthält das Grundsubstrat, die Prüfsubstanz und deionisiertes Wasser.

Der Wassergehalt beträgt etwa 25 bis 42 % des Trockengewichts des Grundsubstrats. Der Wassergehalt des Substrats wird bestimmt, indem eine Probe bei 105 oC bis zur Gewichtskonstanz getrocknet wird. Es ist eine wichtige Voraussetzung, dass der künstliche Boden durchnässt ist, aber kein Wasser darauf steht. Um eine gleichmäßige Verteilung der Prüfsubstanz im Substrat zu erzielen, muss sorgfältig gemischt werden. Es muss im Prüfbericht angegeben werden, wie die Prüfsubstanz in das Substrat eingebracht wird.

c)
Kontrollsubstrat

Das Kontrollsubstrat enthält das Grundsubstrat und Wasser. Wird ein Trägerstoff verwendet, so muss eine zusätzliche Kontrolle die gleiche Menge an Trägerstoff enthalten.

1.6.1.2.   Prüfgefäße

Glasgefäße mit perforierten Kunststoffdeckeln, -platten oder -folien von ca. 1 Liter Inhalt werden mit einer Menge an feuchtem Prüf- oder Kontrollsubstrat gefüllt, die 500 g Trockengewicht des Substrats entspricht.

1.6.2.   Prüfbedingungen

Die Gefäße werden in Klimakammern bei einer Temperatur von 20 oC ± 2 oC und Dauerlicht gehalten. Die Lichtintensität beträgt 400 bis 800 Lux.

Die Versuchszeit beträgt 14 Tage, aber die Mortalität kann wahlweise 7 Tage nach Versuchsbeginn bewertet werden.

1.6.3.   Prüfverfahren

Prüfkonzentration

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz werden als Gewicht der Substanz pro Trockengewicht des Grundsubstrats (mg/kg) ausgedrückt.

Vorversuch

In einer Vorprüfung wird der Konzentrationsbereich bestimmt, in dem 0 bis 100 % Mortalität auftritt. Der Vorversuch liefert Informationen zu dem in der Hauptprüfung zu verwendenden Konzentrationsbereich.

Die Prüfsubstanz sollte bei folgenden Konzentrationen getestet werden: 1 000 ; 100; 10; 1; 0,1 mg Substanz/kg Prüfsubstrat (Trockengewicht).

Wird eine vollständige Hauptprüfung durchgeführt, reichen 1 Prüfansatz pro Konzentration und 1 pro unbehandelte Kontrolle mit je 10 Würmern für die Vorprüfung aus.

Hauptprüfung

Die Ergebnisse des Vorversuchs werden eingesetzt, um mindestens 5 Konzentrationen in einer geometrischen Reihe zu wählen, die den Bereich von 0 bis 100 % Mortalität umfassen, und die sich durch einen konstanten Faktor unterscheiden, der 1,8 nicht überschreitet.

Über diese Konzentrationsreihe sollten sich der LC50-Wert und sein Vertrauensbereich so genau wie möglich bestimmen lassen.

In der Hauptprüfung werden mindestens 4 Prüfansätze pro Konzentration und 4 unbehandelte Kontrollen mit je 10 Würmern eingesetzt. Die Ergebnisse dieser Parallelansätze werden als Mittelwert und Standardabweichung angegeben.

Ergeben zwei aufeinander folgende Konzentrationen, die sich um den Faktor 1,8 unterscheiden, 0 und 100 % Mortalität, so reichen diese beiden Werte aus, um den Bereich anzugeben, in dem der LC50-Wert liegt.

Mischung des Grundprüfsubstrats und der Prüfsubstanz

Das Prüfsubstrat sollte möglichst immer ohne andere Trägerstoffe als Wasser angesetzt werden. Unmittelbar vor Prüfbeginn wird die in deionisiertem Wasser oder einem anderen Lösungsmittel emulgierte oder dispergierte Prüfsubstanz mit dem Grundprüfsubstrat gemischt oder aber sie wird mit einem feinen chromatografischen Sprüher oder etwas Ähnlichem gleichmäßig aufgesprüht.

Wenn die Prüfsubstanz wasserunlöslich ist, wird sie in dem kleinstmöglichen Volumen eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Hexan, Aceton oder Chloroform) gelöst. Um die Prüfsubstanz zu lösen, zu dispergieren oder zu emulgieren, dürfen nur leicht flüchtige Lösungsmittel verwendet werden. Das Prüfsubstrat muss vor Gebrauch belüftet werden. Verdunstetes Wasser muss ersetzt werden. Die Kontrolle muss die gleiche Menge jeden Trägerstoffes enthalten.

Ist die Prüfsubstanz in organischen Lösungsmitteln nicht löslich, dispergierbar oder emulgierbar, werden 10 g eines Gemischs von fein gemahlenem Quarzsand und der zur Behandlung von 500 g künstlichem Boden (Trockengewicht) benötigten Menge an Prüfsubstanz mit 490 g Prüfsubstrat (Trockengewicht) gemischt.

Für jeden Prüfansatz wird feuchtes Prüfsubstrat in einer Menge, die 500 g Trockengewicht entspricht, in die einzelnen Glasgefäße gefüllt. Je 10 Würmer, die 24 Stunden lang zur Gewöhnung in einem entsprechend feuchten Grundsubstrat gehalten, dann schnell gewaschen und mit Filterpapier abgetupft wurden, werden auf das Prüfsubstrat gesetzt.

Um ein Austrocknen des Substrats zu vermeiden, werden die Gefäße mit perforierten Kunststoffdeckeln, -platten oder -folien zugedeckt und 14 Tage lang unter Versuchsbedingungen belassen.

Die Auswertung wird 14 Tage (und wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn durchgeführt. Das Substrat wird auf einer

Platte aus Glas oder rostfreiem Stahl ausgebreitet. Die Würmer werden untersucht und die Überlebenden gezählt. Regenwürmer gelten als tot, wenn sie nicht auf einen leichten mechanischen Reiz am Vorderende reagieren.

Anschließend an eine Untersuchung nach 7 Tagen wird das Substrat wieder in das Prüfgefäß eingefüllt und die überlebenden Regenwürmer werden wieder auf dasselbe Prüfsubstrat gesetzt.

1.6.4.   Prüforganismen

Als Prüforganismen werden adulte Eisenia foetida (siehe Anlage) (mindestens 2 Monate alt mit Clitellum) von 300 bis 600 mg Feuchtgewicht eingesetzt (zur Anzucht siehe Anlage).

2.   DATEN

2.1.   VERARBEITUNG UND AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz werden zusammen mit dem jeweils entsprechenden Prozentsatz an toten Regenwürmern angegeben.

Wenn die Daten es zulassen, lassen sich der LC50-Wert und der Vertrauensbereich (p = 0,05 ) nach Standardmethoden bestimmen (Litchfield und Wilcoxon, 1949, oder entsprechende Methode). Die LC50 wird in mg Prüfsubstanz pro kg Trockengewicht des Prüfsubstrats angegeben.

Ist die Konzentrationskurve zu steil, um eine Berechnung der LC50 zuzulassen, dann genüge es, den Wert aufgrund der grafischen Darstellung abzuschätzen.

Ergeben 2 aufeinander folgende Konzentrationen, die sich um den Faktor 1,8 unterscheiden, 0 und 100 % Mortalität, so reichen diese beiden Werte aus, um den Bereich anzugeben, in dem die LC50 liegt.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

die Feststellung, dass die Prüfung in Übereinstimmung mit den oben genannten Qualitätskriterien durchgeführt wurde;
welche Prüfung durchgeführt wurde (Vorprüfung und/oder Hauptprüfung);
die genaue Beschreibung der Prüfbedingungen oder die Feststellung, dass die Prüfung entsprechend der angegebenen Methode durchgeführt wurde; jede Abweichung muss angegeben werden;
die genaue Beschreibung, wie die Prüfsubstanz in das Grundprüfsubstrat eingebracht wurde;
Angaben zu den Prüforganismen (Art, Alter, Durchschnittsgewicht und Gewichtsbereich, Haltungs- und Anzuchtmethoden, Herkunft);
das zur Bestimmung der LC50 angewendete Verfahren;
die Prüfergebnisse einschließlich aller verwendeten Daten;
die Beschreibung der beobachteten Symptome oder Veränderungen im Verhalten der Versuchstiere;
die Mortalität in den Kontrollen;
die LC50 oder die höchste geprüfte Konzentration ohne Mortalität und die niedrigste geprüfte Konzentration mit einer Mortalität von 100 % 14 Tage (wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn;
das Auftragen der Konzentrations-Wirkungs-Kurve;
die Ergebnisse, die mit der Referenzsubstanz erzielt wurden, entweder in Verbindung mit der vorliegenden Prüfung oder aus vorherigen Qualitätskontrollversuchen.

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 207, Beschluss des Rates C(81) 30 final.

(2) Edwards, C. A. and Lofty, J. R., 1977, Biology of Earthworms. Chapman and Hall, London, 331.

(3) Bauche, M. B., 1972, Lombriciens de France, Ecologie et Systematique, Institut National de la Recherche Agronomique, 671 S. .

(4) Litchfield.J. T. and Wilcoxon, F., A simplified method of evaluating dose-effect experiments. J. Pharm. Exp. Therap., 1949, Band 96, 99.

(5) Commission of the European Communities, Development of a standardized Laboratory method for assessing the toxicity of chemical substances to earthworms, Report EUR 8714 EN, 1983.

(6) Umweltbundesamt/Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Berlin, 1984, Verfahrensvorschlag „Toxizitätstest am Regenwurm Eisenia foetida in künstlichem Boden“, in: Rudolph/Boje: ökotoxikologie, ecomed, Landsberg, 1986.

Anlage

Anzucht und Haltung der Würmer vor der Prüfung

Zur Anzucht werden 30 bis 50 adulte Würmer 14 Tage lang in einem Brutkasten mit frischem Substrat gehalten. Diese Tiere können für weitere Anzuchten verwendet werden. Die aus den Kokons geschlüpften Würmer werden für die Prüfung eingesetzt, wenn sie geschlechtsreif sind (nach 2 bis 3 Monaten bei den vorgeschriebenen Bedingungen).

Anzucht und Haltungsbedingungen

Klimakammer::20 oC ± 2 oC vorzugsweise mit Dauerlicht (400 bis 800 Lux).
Brutkasten::Geeignete flache Behälter von 10 bis 20 Liter Inhalt.
Substrat::

Eisenia foetida kann in verschiedenen tierischen Exkrementen angezogen werden. Es wird empfohlen, ein Gemisch von 50 Vol. % Torf und 50 Vol. % Kuh- oder Pferdedung zu verwenden. Der pH-Wert sollte bei 6 bis 7 liegen (er wird mit Kalziumcarbonat eingestellt); die Ionenleitfähigkeit sollte niedrig sein (weniger als 6 mmhos oder 0,5 % Salzkonzentration).

Das Substrat sollte feucht, aber nicht zu nass sein.

Neben der oben angegebenen Methode können auch andere bewährte Verfahren eingesetzt werden.

Anmerkung: Eisenia foetida gibt es in 2 Rassen, die von einigen Taxonomen als 2 verschiedene Arten bezeichnet werden (Bouche, 1972). Morphologisch sind sie ähnlich, doch zeigt Eisenia foetida foetida typische Querstreifen oder Bänder auf den Segmenten, während Eisenia foetida andrei diese nicht aufweist und fleckig rötlich gefärbt ist. Es sollte möglichst Eisenia foetida andrei verwendet werden. Andere Arten können eingesetzt werden, wenn das nötige Verfahren zur Verfügung steht.

C.9.   BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT

ZAHN-WELLENS-TEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Prüfung der potenziellen vollständigen biologischen Abbaubarkeit wasserlöslicher, nichtflüchtiger organischer Stoffe, indem diese in einem statischen Test relativ hohen Konzentrationen von Mikroorganismen ausgesetzt werden.

Eine physikalisch-chemische Adsorption an suspendierte Feststoffe kann auftreten und muss ggf. bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden (siehe 3.2).

Die Prüfsubstanzen werden in Konzentrationen verwendet, die DOC-Werten von 50 bis 400 mg/l oder CSB-Werten von 100 bis 1 000 mg/l entsprechen (DOC = Dissolved Organic Carbon, gelöster organischer Kohlenstoff; CSB = Chemischer Sauerstoffbedarf). Diese verhältnismäßig hohen Konzentrationen ermöglichen zuverlässige Analysen, Verbindungen mit toxischen Eigenschaften können den Abbauprozess verzögern oder hemmen.

Bei diesem Verfahren wird die Konzentration des gelösten organischen Kohlenstoffs oder der chemische Sauerstoffbedarf zur Beurteilung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit der Prüfsubstanz benutzt.

Werden gleichzeitig spezifische Analysemethoden angewandt, kann die biologische Primär-Abbaubarkeit des Stoffes beurteilt werden (Abnahme der chemischen Ausgangsstruktur).

Mit diesem Verfahren können nur organische Stoffe geprüft werden, die bei der verwendeten Konzentration

unter den Testbedingungen wasserlöslich sind,
unter den Testbedingungen einen unbedeutenden Dampfdruck haben,
die Bakterien nicht hemmen,
im Testsystem nur beschränkt adsorbiert werden,
nicht durch Schäumen aus der Testlösung verloren gehen.

Angaben über die relativen Anteile der wichtigsten Komponenten der Prüfsubstanz sind zur Interpretation der erzielten Ergebnisse insbesondere dann nützlich, wenn niedrige oder marginale Abbauwerte erhalten werden.

Informationen über die Toxizität des Stoffes gegenüber Mikroorganismen sind zur Interpretation niedriger Abbauwerte sowie zur Wahl der geeigneten Prüfkonzentration ebenfalls nützlich.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Der nach Ablauf des Tests erzielte Abbaugrad wird als „Biologische Abbaubarkeit im Zahn-Wellens-Test“ angegeben:

DT=Abbau ( %) zur Zeit T,
CA=DOC(oder CSB)-Werte des Prüfansatzes 3 Stunden nach Beginn des Tests (mg/l),
CT=DOC(oder CSB)-Werte des Prüfansatzes zur Zeit der Probenahme (mg/l),
CB=DOC(oder CSB)-Werte des Blindansatzes zur Zeit der Probenahme (mg/l),
CBA=DOC(oder CSB)-Werte des Blindansatzes 3 Stunden nach Beginn des Tests (mg/l).

Der Abbaugrad wird auf ganze Prozentzahlen gerundet.

Als prozentualer Abbau wird der Prozentsatz der DOC-(oder CSB)-Verminderung der Prüfsubstanz angegeben.

Die Differenz zwischen dem nach 3 Stunden gemessenen und dem berechneten oder vorzugsweise gemessenen Anfangswert stellt eine nützliche Information über die Eliminierung des Stoffes dar (siehe 3.2 „Interpretation der Ergebnisse“).

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Bei der Untersuchung neuer Stoffe können in einigen Fällen Referenzsubstanzen nützlich sein; spezifische Substanzen können jedoch nicht empfohlen werden.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Belebtschlamm, mineralische Nährstoffe und die Prüfsubstanz als einzige Kohlenstoffquelle werden in wässriger Lösung in ein Glasgefäß von 1 bis 4 Liter Volumen mit Rührwerk und Belüftungsvorrichtung gegeben. Die Suspension wird bei 20 bis 25 oC bei diffusem Licht oder in einem dunklen Raum bis zu 28 Tage gerührt und belüftet. Der Abbau wird verfolgt, indem die DOC-(oder CSB-)Werte der Lösung nach Filtration täglich oder in anderen geeigneten Zeitabständen gemessen werden. Das Verhältnis zwischen dem zur Zeit der Probenahme eliminierten DOC- (oder CSB-)Wert und dem 3 Stunden nach Beginn des Tests gemessenen Wert wird als Prozentsatz des biologischen Abbaus angegeben und dient als Maß des Abbaugrades zum betreffenden Zeitpunkt. Das Ergebnis wird jeweils gegen die Zeit grafisch aufgetragen und der biologische Abbau als Kurve dargestellt.

Wird ein spezifisches Analyseverfahren angewandt, so können Änderungen in der Konzentration der Ausgangsverbindung, die infolge des biologischen Abbaus auftreten, gemessen werden (Biologischer Primärabbau).

1.5.   QU ALITÄTSKRITERIEN

In einem Ringversuch ergab sich eine befriedigende Reproduzierbarkeit des Tests.

Die Empfindlichkeit des Verfahrens ist weitgehend abhängig von der Variabilität des Blindansatzes und in geringem Ausmaß von der Genauigkeit der Bestimmung des gelösten organischen Kohlenstoffs sowie der Konzentration der Prüfsubstanz in der Kultursuspension.

1.6.   PRÜFVERFAHREN

1.6.1.   Vorbereitung

1.6.1.1.   Reagenzien

Wasser: Trinkwasser mit einem Gehalt an organischem Kohlenstoff < 5 mg/l. Die Konzentration der Kalzium- und Magnesiumionen darf insgesamt 2,7 mMol/l nicht übersteigen; sonst ist eine ausreichende Verdünnung mit deionisiertem oder destilliertem Wasser erforderlich.



Schwefelsäure, p. a.:50 g/l
Natriumhydroxidlösung, p. a.:40 g/l
Mineralische Nährlösung: in 1 Liter deionisiertem Wasser ist Folgendes zu lösen:
Ammoniumchlorid, NH4Cl, p. a.:38,5 g
Natriumdihydrogenphospat, NaH2PO2.2H2O2 p. a.:33,4 g
Kaliumdihydrogenphosphat, KH2PO4, p. a.:8,5 g
Dikaliummonohydrogenphosphat, K2HPO4, p. a.:21,75 g.

Dieser Ansatz dient sowohl als Nähr- als auch als Pufferlösung.

1.6.1.2.   Geräte

Glasgefäße mit 1 bis 4 Liter Volumen (z. B. zylindrische Gefäße).

Rührwerk mit Rührelement aus Glas oder Metall an einem geeigneten Stiel (das Rührelement sollte sich 5 bis 10 cm über dem Boden des Gefäßes bewegen). Auch ein magnetisches Rührwerk mit einem 7 bis 10 cm langen Magnetstab kann benutzt werden.

Glasrohr von 2 bis 4 mm Innendurchmesser zur Belüftung. Die Rohröffnung sollte sich rund 1 cm über dem Boden des Gefäßes befinden.

Zentrifuge (rd. 3 550 g).

pH-Messgerät.

Gerät zur Messung des gelösten Sauerstoffs.

Papierfilter.

Membranfiltrationsgerät.

Membranfilter, Porengröße 0,45 μm. Die Membranfilter dürfen weder Kohlenstoff freisetzen noch während der Filtration absorbieren.

Analysegerät zur Bestimmung des Gehalts an organischem Kohlenstoff und Ausrüstung zur Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs.

1.6.1.3.   Vorbereitung des Inokulums

Belebtschlamm aus einer biologischen Kläranlage wird gewaschen, indem er mit Wasser (der vorgeschriebenen Qualität) wiederholt zentrifugiert oder sedimentiert wird.

Der Belebtschlamm muss in einem geeigneten Zustand sein. Er ist in einer einwandfrei arbeitenden Kläranlage erhältlich. Um möglichst viele Bakterienarten oder Stämme zu erhalten, sollten evtl. Inokula aus verschiedenen Quellen gemischt werden (z. B. Schlamm aus verschiedenen Kläranlagen, Bodenextrakte, Flusswasser usw.). Das Gemisch ist nach obiger Beschreibung zu behandeln.

Zur Prüfung der Aktivität des Belebtschlamms siehe „Funktionskontrolle“ (unter 1.6.2).

1.6.1.4.   Zubereitung der Testlösungen

In das Testgefäß sind 500 ml Wasser, 2,5 ml/l mineralische Nährlösung und Belebtschlamm in einer Menge von 0,2 bis 1,0 g/l Trockenmasse im Endgemisch zu geben. Man gebe genügend Stammlösung der Prüfsubstanz hinzu, um eine DOC-Konzentration von 50 bis 400 mg/l in der Kultursuspension zu erhalten. Die entsprechenden CSB-Werte sind 100 bis 1 000 mg/l. Dann wird mit Wasser bis zu einem Gesamtvolumen von 1 bis 4 Liter aufgefüllt. Das zu wählende Gesamtvolumen ist abhängig von der Anzahl Proben für die DOC- oder CSB-Bestimmungen und vom für das Analyseverfahren benötigten Probevolumen.

In der Regel sind 2 Liter ausreichend. Gleichzeitig mit jeder Testserie ist zumindest eine Kontrolle durchzuführen; der Kontrollansatz (Blindprobe) hierfür enthält nur Belebtschlamm und Mineralnährlösung und wird mit Wasser auf das gleiche Volumen wie die Prüfansätze aufgefüllt.

1.6.2.   Durchführung der Prüfung

Die Kulturgefäße werden bei diffusem Licht oder in einer Dunkelkammer bei 20 bis 25 oC inkubiert und mit Hilfe eines magnetischen Rührwerks oder eines Schraubenpropellers gerührt. Die Belüftung erfolgt mit Druckluft, die — falls erforderlich — mit einem Wattefilter oder einer Waschflasche zu reinigen ist. Es ist dafür zu sorgen, dass sich der Schlamm nicht absetzt und die Sauerstoffkonzentration nicht unter 2 mg/l sinkt.

Der pH-Wert ist in regelmäßigen Abständen zu prüfen (z. B. täglich) und ggf. auf 7 bis 8 einzustellen.

Verdunstungsverluste werden vor jeder Probenahme mit deionisiertem oder destilliertem Wasser ausgeglichen. Hierfür ist es zweckmäßig, das Flüssigkeitsniveau am Gefäß vor Beginn des Tests zu markieren. Nach jeder Probenahme wird bei ausgeschalteter Belüftung und Rührung eine neue Marke angebracht. Die ersten Proben werden jeweils drei Stunden nach Beginn des Tests entnommen, um die Absorption der Prüfsubstanz an den Belebtschlamm zu ermitteln.

Die Elimination der Prüfsubstanz wird verfolgt, indem täglich oder in anderen regelmäßigen Zeitabständen die DOC- oder CSB-Werte bestimmt werden. Die Proben aus dem Prüfansatz und die Blindproben werden durch ein sorgfältig gewaschenes Papierfilter filtriert. Die ersten 5 ml des Filtrats sind zu verwerfen. Schwer zu filtrierende Suspensionen können zuvor durch Zentrifugation (10 Minuten) vorgereinigt werden. Die DOC- und DSB-Bestimmungen werden mindestens doppelt ausgeführt. Die Ansätze werden bis zu 28 Tage inkubiert.

Anmerkung: Proben, die nach dieser Behandlung noch trüb sind, werden durch Membranfilter filtriert. Die Membranfilter dürfen keine organischen Stoffe freisetzen oder adsorbieren.

Funktionskontrolle des Belebtschlamms

Parallel zu jeder Testserie ist ein Ansatz mit einer Substanz, deren Abbauverhalten bekannt ist, zu prüfen, um die Abbau-Kapazität des Belebtschlamms zu kontrollieren. Diäthylenglykol hat sich hierfür als zweckmäßig erwiesen.

Adaptation

Werden Analysen in relativ kurzen Zeitabständen (z. B. täglich) durchgeführt, so lässt sich die Adaptation aufgrund der Abbaukurve klar erkennen (siehe Abbildung 2). Der Test sollte deshalb nicht unmittelbar vor einem Wochenende begonnen werden.

Erfolgt die Adaptation am Ende der normalen Testdauer, so kann der Test bis zum vollständigen Abbau der Prüfsubstanz verlängert werden.

Anmerkung: Ist eine eingehendere Kenntnis über das Verhalten des adaptierten Belebtschlamms erforderlich, so wird dieser nach folgendem Verfahren ein weiteres Mal mit der gleichen Prüfsubstanz inkubiert:

Rührwerk und Belüftung werden ausgeschaltet, damit sich der Belebtschlamm absetzen kann. Die überstehende Flüssigkeit wird entfernt, man füllt mit Wasser (Testqualität) auf 2 Liter auf, rührt 15 Minuten lang und lässt den Schlamm absetzen. Die überstehende Flüssigkeit wird wiederum entfernt und der Test mit dem verbleibenden Schlamm und der gleichen Prüfsubstanz wie oben unter 1.6.1.4 und 1.6.2 beschrieben wiederholt. Der Belebtschlamm kann auch durch Zentrifugieren anstatt durch Absetzen gewonnen werden.

Der adaptierte Schlamm kann mit frischem Belebtschlamm gemischt werden, so dass wiederum 0,2 bis 1 g Trockengewicht pro Liter in der Kultursuspension erreicht werden,

Vorbereitung für die Analyse

Die Proben werden in der Regel durch ein sorgfältig gewaschenes Papierfilter filtriert (zum Waschen verwende man entionisiertes Wasser).

Trübe Proben werden durch Membranfilter (0,45 μm) filtriert.

Die DOC-Konzentration wird in Probefiltraten (die ersten 5 ml werden verworfen) mit dem TOG-Messgerät doppelt bestimmt. Kann das Filtrat nicht am gleichen Tag analysiert werden, so muss es bis zum nächsten Tag im Kühlschrank aufbewahrt werden. Von längeren Lagerungen wird abgeraten.

Die CSB-Konzentration der Probefiltrate wird nach dem in der Literaturangabe (2) beschriebenen Verfahren bestimmt.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die DOC- und CSB-Konzentrationen werden in den Proben, wie oben in 1.6.2 beschrieben, mindestens doppelt bestimmt. Der Abbau zum Zeitpunkt T wird nach der unter 1.2 oben angegebenen Formel mit den Definitionen berechnet.

Der Abbaugrad wird auf ganze Prozentzahlen aufgerundet. Der nach Ablauf des Tests erreichte Abbau wird als „Biologische Abbaubarkeit im Zahn-Wellens-Test“ angegeben.

Anmerkung: Wird vor Ablauf der Testzeit ein vollständiger Abbau erreicht und dieses Ergebnis in einer zweiten Analyse am nächsten Tag bestätigt, so kann die Prüfung beendet werden.

3.   SCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

Substanzkonzentration zu Beginn des Tests;
sämtliche Informationen und experimentellen Ergebnisse, die mit der Prüfsubstanz, ggf. der Referenzsubstanz sowie der Blindprobe erhalten wurden;
Substanzkonzentration nach drei Stunden;
Abbau-Kurve mit Beschreibung;
Datum und Ort der Entnahme der Organismen, Stand der Adaptation, verwendete Konzentration usw.;
wissenschaftliche Gründe für jedwede Änderungen des Testverfahrens.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Eine fortschreitende Abnahme des DOC (CSB) innerhalb von Tagen oder Wochen weist auf einen biologischen Abbau des Teststoffes hin.

Eine physikalisch-chemische Adsorption kann jedoch in manchen Fällen auch eine Rolle spielen; ein Hinweis darauf besteht, wenn während der ersten drei Stunden eine vollständige oder teilweise DOC-(CSB-)Abnahme festgestellt wird und der Unterschied zwischen der überstehenden Flüssigkeit in den Proben aus dem Kontrollgefäß und dem Testgefäß unerwartet niedrig ist.

Soll zwischen vollständigem (oder teilweisem) biologischem Abbau und Adsorption unterschieden werden, sind weitere Tests erforderlich. Hierfür bieten sich mehrere Möglichkeiten an; am besten verwendet man jedoch überstehende Kultursuspension aus dem Prüfansatz als Inokulum in einem Grundstufen-Test (vorzugsweise in einem respirometrischen Test).

Prüfsubstanzen, die eine weitgehende, nicht durch Adsorption bedingte Abnahme des DOC-(CSB)Gehalts in diesem Test aufweisen, sind als potenziell biologisch abbaubar zu betrachten. Eine partielle nichtadsorptive Abnahme weist darauf hin, dass der Stoff zumindest teilweise biologisch abbaubar ist.

Erfolgt keine oder nur eine geringe DOC-(CSB-)Abnahme, kann dies möglicherweise auf einer Hemmung der Mikroorganismen durch den zu prüfenden Stoff beruhen. Eine Hemmung kann sich auch durch Auflösung und Verlust des Schlammes sowie einer Trübung der überstehenden Kultursuspension zeigen. In solchen Fällen ist die Prüfung mit einer niedrigeren Konzentration des zu prüfenden Stoffes zu wiederholen.

Durch spezifische Analysemethoden oder den Einsatz 14C-markierter Prüfsubstanzen lässt sich evtl. eine höhere Empfindlichkeit erreichen. Wird 14C-markierte Prüfsubstanz verwendet, lässt sich durch Nachweis des entstehenden 14CO2 bestätigen, dass ein biologischer Abbau stattgefunden hat.

Werden die Ergebnisse auch in Form des biologischen Primär-Abbaus angegeben, so sollten, wenn möglich, Angaben über die Veränderungen der chemischen Struktur gemacht werden, die die mangelnde Wiederauffindung der Ausgangssubstanz begründen.

Die Eignung der Analysemethode sowie die damit bestimmten Werte im Nährmedium ohne Zusatz der Prüfsubstanz müssen angegeben werden.

4.   LITERATUR

(1) OECD Paris, 1981, Test Guideline 302 B, Beschluss des Rates C(81) 30 final.

(2) Anhang V C.9 Abbaubarkeit: Chemischer Sauerstoffbedarf. Richtlinie 84/449/EWG der Kommission (ABl. L 251 vom 19.9.1984, S. 1).

Anlage

BEISPIEL EINER AUSWERTUNG



Organische Verbindung:4-Äthoxybenzoesäure
Theoretische Testkonzentration:600 mg/l
Theoretischer DOC-Gehalt:390 mg/l
Impfgut (Inokulum):Kläranlage ...
Konzentration:1 Gramm Trockensubstanz/l
Stand der Adaptation:nicht adaptiert
Analyse:DOC-Bestimmung
Probemenge:3 ml
Kontrollsubstanz:Diäthylenglykol
Toxizität der Verbindung:

keine toxische Wirkung unter 1 000 mg/l

Angewandter Test: Gärröhrentest



ZeitKontrollsubstanzPrüfsubstanz

Blindansatz

DOC (1)

mg/l

DOC (1)

mg/l

Netto DOC

mg/l

Abbau

%

DOC (1)

mg/l

Netto DOC

mg/l

Abbau

%

0300,0 390,0
3 Std.4,0 298,0 294,0 2371,6 367,6 6
1 Tag6,1 288,3 282,2 6373,3 367,2 6
2 Tage5,0 281,2 276,2 8360,0 355,0 9
5 Tage6,3 270,5 264,2 12193,8 187,5 52
6 Tage7,4 253,3 245,9 18143,9 136,5 65
7 Tage11,3 212,5 201,2 33104,5 93,2 76
8 Tagt7,8 142,5 134,7 55' 58,9 51,1 87
9 Tage7,0 35,0 28,0 9118,1 11,1 97
10 Tage (1)18,0 37,0 19,0 9420,0 2,0 99
(1)   Mittelwerte aus dreifacher Bestimmung.

Abbildung 1

Beispiele von Abbau-Kurven

Abbildung 2

Beispiel für eine Adaptation des Schlammes

C.10.   SIMULATION DER AEROBEN ABWASSERBEHANDLUNG: C.10-A: BELEBTSCHLAMM — C.10-B: BIOFILME

C.10-A:   Belebtschlamm

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD Test Guideline (TG) 303 (2001). In den 1950er Jahren wurde erkannt, dass die neu auf dem Markt eingeführten Tenside in Kläranlagen und Flüssen exzessive Schaumbildung verursachten. Sie wurden bei der aeroben Behandlung nicht vollständig abgebaut und behinderten in einigen Fällen auch den Abbau anderer organischer Substanzen. Im Rahmen zahlreicher Untersuchungen wurde sodann geprüft, wie Tenside aus Abwässern entfernt werden könnten und ob neue industriell hergestellte chemische Stoffe für die Abwasserbehandlung geeignet sind. Dazu wurden Modellanlagen verwendet, die für die beiden wichtigsten Arten der aeroben biologischen Abwasserbehandlung (Belebtschlamm- und Tropfkörperverfahren) repräsentativ sind. Es wäre unpraktisch und sehr kostspielig gewesen, jede neu auf dem Markt eingeführte chemische Substanz auf kommunale Klärwerke zu verteilen und diese zu überwachen, selbst auf lokaler Basis.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Belebtschlammanlagen

2.
Es wurden Belebtschlamm-Modellanlagen in Größenordnungen von 300 ml bis ca. 2 000 ml Fassungsvermögen beschrieben. Einige dieser Modellanlagen gewährleisteten realitätsnahe Bedingungen mit Absetztanks und Schlämmen, die in den Belüftungstank zurückgepumpt wurden, während andere ohne Absetzvorrichtungen betrieben wurden, siehe z. B. Swisher (1). Die Größe der Apparatur ist stets ein Kompromiss: Sie muss einerseits groß genug sein, um einen reibungslosen mechanischen Ablauf und Probenahmen in einem Umfang zu gewährleisten, der den Betrieb der Ablage nicht beeinträchtigt, darf jedoch andererseits nicht so groß sein, dass sie zu viel Platz und Materialien in Anspruch nimmt.
3.
Zwei Apparaturen, die häufig eingesetzt wurden und sich bewährt haben, sind die Modellanlage vom Typ Husmann (2) und der Poröse Topf (Porous Pot) (3)(4), die als erste für die Untersuchung von Tensiden verwendet wurden; beide Modelle werden in diesem Kapitel näher beschrieben. Auch andere Modellanlagen, z. B. Eckenfelder (5), wurden mit Erfolg eingesetzt. Aufgrund des mit diesem Simulationstest verbundenen relativ hohen Kosten- und Arbeitsaufwands wurde parallel dazu die Möglichkeit einfacherer und kostengünstigerer Screeningtests untersucht, die zurzeit in Kapitel C.4 (A-F) dieses Anhangs (6) beschrieben sind. Die Erfahrung mit zahlreichen Tensiden und anderen chemischen Substanzen hat gezeigt, dass sich Stoffe mit positiven („pass“) Ergebnissen im Screeningtest (auf leichte biologische Abbaubarkeit) auch im Simulationstest zersetzten. Einige der Stoffe mit negativen („fail“) Ergebnissen im Screeningtest reagierten positiv („pass“) im Test auf potenzielle (inhärente) Bioabbaubarkeit (Kapitel C.12 (7) und C.19 (8) dieses Anhangs), doch nur wenige Substanzen dieser letzten Gruppe zersetzten sich im Simulationstest, während Stoffe mit negativen Ergebnissen im Test auf inhärente Abbaubarkeit im Simulationstest nicht abgebaut wurden (9)(10)(11).
4.
Für bestimmte Zwecke reichen Simulationstests, die stets unter denselben Prozessbedingungen durchgeführt werden, aus; die Ergebnisse dieser Tests werden als prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz oder des gelösten organischen Kohlenstoffs (Dissolved Organic Carbon, DOC) ausgedrückt. Unter der vorliegenden Prüfmethode wird ein solcher Test beschrieben. Im Gegensatz zur vorherigen Version dieses Kapitels, die nur einen einzigen Apparaturtypus beschrieb, bei dem die Behandlung synthetischer Abwässer in gekoppelten Anlagen nach der relativ simplen Methode des Überschussschlammabzugs erfolgte, bietet diese aktuelle Version Variationsmöglichkeiten, d. h. es werden Alternativen für Apparaturtyp, Betriebsmodus, Abwässer und Überschussschlammabzug beschrieben. Der vorliegende Text lehnt sich eng an die ISO-Norm 11733 (12) an, die im Zuge der Ausarbeitung des Textes eingehend geprüft wurde, obgleich die Methode keinem Ringtest unterzogen wurde.
5.
Für andere Zwecke muss die Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf genauer bekannt sein, und zur Bestimmung dieser Konzentration ist eine umfassendere Methode erforderlich. Beispielsweise muss die Schlammabzugsrate im Tagesverlauf und während der gesamten Prüfungsdauer präziser kontrolliert werden, und die Modellanlagen müssen bei verschiedenen Abzugsraten betrieben werden. Damit die Methode in jeder Hinsicht umfassend ist, sollten die Tests auch unter zwei oder drei verschiedenen Temperaturbedingungen durchgeführt werden: Eine derartige Methode wird von Birch (13)(14) beschrieben und ist in Anlage 6 zusammengefasst. Der aktuelle Wissensstand reicht jedoch nicht aus, um entscheiden zu können, welches der kinetischen Modelle zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit chemischer Substanzen bei der Abwasserbehandlung und im Wassermilieu im Allgemeinen geeignet ist. Die Anwendung der Monod-Kinetik (siehe Beispielfall in Anlage 6) ist auf chemische Substanzen begrenzt, die in Konzentrationen von 1 mg/l oder mehr präsent sind, wenngleich auch die Meinung vertreten wird, dass selbst dies zu beweisen ist. Tests bei Konzentrationen, die die Konzentrationen in Abwässern akkurater widerspiegeln, sind in Anlage 7 beschrieben, werden jedoch, ebenso wie die Tests in Anhang 6, nicht als eigenständige Prüfmethoden geführt, sondern lediglich in den Anlagen genannt.

Filtration

6.
Sehr viel weniger Arbeit wurde in Modell-Tropfkörper investiert, vielleicht, weil sie aufwändiger und weniger kompakt sind als Modell-Belebtschlammanlagen. Gerike et al entwickelten Tropfkörperanlagen und betrieben sie im Koppelmodus (15). Die Filter waren relativ groß (2 m hoch mit einem Fassungsvermögen von 60 l) und für jeden einzelnen waren 2 l/Std. Abwasser erforderlich. Baumann et al (16) simulierten Tropfkörper, indem 1 m lange Röhren (mit 14 mm Innendurchmesser) mit zuvor für 30 Minuten in Belebtschlammkonzentrat getränkten Polyester-Vliesstreifen ausgekleidet wurden. Die Prüfsubstanz wurde als einzige C-Quelle in einer Mineralsalzlösung in die vertikal angeordnete Röhre gegeben, und die biologische Abbaubarkeit wurde durch Messung des DOC im Ablauf und des CO2 im austretenden Gas bestimmt.
7.
Biofilter wurden auf andere Weise simuliert (15): Die Innenwandungen von Drehrohren, in einem kleinen Neigungswinkel zur Horizontalen angeordnet, wurden mit Abwasser (ungefähr 250 ml/Std.) mit und ohne Zusatz von Prüfsubstanz beaufschlagt, und die gesammelten Abläufe wurden auf DOC und/oder die betreffende Prüfsubstanz analysiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

8.
Dieses Verfahren ist ausgelegt, um die Elimination und den Primär- und/oder den vollständigen biologischen Abbau wasserlöslicher organischer Substanzen durch aerobe Mikroorganismen in einem das Belebtschlammverfahren simulierenden kontinuierlich betriebenen Prüfsystem bestimmt werden. Ein leicht biologisch abbaubares organisches Medium und die organische Prüfsubstanz dienen als C-Quellen und Energiequellen für die Mikroorganismen.
9.
Zwei kontinuierlich betriebene Prüfsysteme (Belebtschlamm- oder Porous-Pot-Anlagen) werden unter identischen Bedingungen, die je nach Prüfungszweck festgelegt werden, parallel betrieben. In der Regel betragen die mittlere hydraulische Verweilzeit 6 Stunden und das mittlere Schlammalter (Schlammverweilzeit) 6 bis 10 Tage. Überschussschlamm wird nach einer von zwei Methoden abgezogen, und der Zulauf (organisches Medium) von ausschließlich einer der beiden Prüfanlagen wird mit Prüfsubstanz einer Konzentration von üblicherweise 10 mg/l DOC bis 20 mg/l DOC beschickt. Die zweite Anlage fungiert als Kontrollanlage zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit des organischen Mediums.
10.
Anhand häufig gezogener Ablaufproben werden durch spezifische Analyse der DOC (vorzugsweise) oder der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) sowie die Prüfsubstanzkonzentration (soweit erforderlich) im Ablauf der mit der Prüfsubstanz beschickten Anlage bestimmt. Es wird davon ausgegangen, dass die Differenz zwischen den DOC- oder CSB-Konzentrationen in den Abläufen der Prüf- und der Kontrollanlage auf die Prüfsubstanz oder ihre organischen Stoffwechselprodukte zurückzuführen ist. Um die Elimination der Prüfsubstanz zu ermitteln, wird diese Differenz mit der durch die zugeführte Prüfsubstanz bedingten DOC- oder CSB-Konzentration im Zulauf verglichen.
11.
In der Regel lässt sich biologische Abbaubarkeit durch sorgfältige Prüfung der Konzentrations-Zeit-Kurve der Elimination von der Bioadsorption unterscheiden; dies kann gewöhnlich durch einen Test auf leichte biologische Abbaubarkeit, bei dem ein akklimatisiertes Inokulum aus der mit der Prüfsubstanz beaufschlagten Anlage zum Einsatz kommt, bestätigt werden.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

12.
Die Reinheits-, Wasserlöslichkeits-, Flüchtigkeits- und Adsorptionsmerkmale der Prüfsubstanz sollten bekannt sein, um eine akkurate Ergebnisauswertung zu ermöglichen. Normalerweise können flüchtige und nicht lösliche chemische Substanzen nur getestet werden, wenn besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden (siehe Anlage 5). Auch die chemische Struktur oder zumindest die empirische Formel sollten bekannt sein, um theoretische Werte berechnen und/oder gemessene Parameterwerte (z. B. für den theoretischen Sauerstoffbedarf (Theoretical Oxygen Demand, ThOD), den gelösten organischen Kohlenstoff (Dissolved organic carbon, DOC) und den chemischen Sauerstoffbedarf (CSB)) überprüfen zu können.
13.
Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz für Mikroorganismen (siehe Anlage 4 können für die Wahl geeigneter Testkonzentrationen zweckdienlich und für die korrekte Auswertung niedriger Abbaubarkeitswerte ausschlaggebend sein.

NEGATIVE/POSITIVE TESTERGEBNISSE (PASS/FAIL)

14.
Bei der ersten Anwendung dieses Simulationstests (Bestätigungstest) zur Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit von Tensiden müssen über 80 % der betreffenden chemischen Substanz abgebaut werden, bevor das Tensid in den Verkehr gebracht werden kann. Werden diese 80 % nicht erreicht, kann der vorliegende Simulationstest (Bestätigungstest) durchgeführt werden, und das Tensid darf nur in den Verkehr gebracht werden, wenn über 90 % der betreffenden chemischen Substanz abgebaut wurden. Im Allgemeinen stellt sich die Pass-/Fail-Frage bei chemischen Substanzen nicht, und der Wert der prozentualen Abnahme kann zur approximativen Berechnung der wahrscheinlichen Umweltkonzentration einer chemischen Substanz verwendet werden, die zur Analyse der von chemischen Substanzen ausgehenden Gefahren erforderlich ist. Testergebnisse folgen in der Regel dem Schema „Alles oder Nichts“. Einige Untersuchungen reiner Chemikalien haben in mehr als drei Viertel aller Fälle eine prozentuale DOC-Abnahme von > 90 % und bei über 90 % der Substanzen, die sich als in signifikantem Maße biologisch abbaubar erwiesen haben, von > 80 % ergeben.
15.
Relativ wenige chemische Substanzen (z. B. Tenside) sind in den für diese Prüfung verwendeten Konzentrationen (ungefähr 10 mg C/l) in Abwässern vorhanden. Einige Substanzen manifestieren in diesen Konzentrationen möglicherweise eine Hemmwirkung, bei anderen kann die Abnahmegeschwindigkeit bei niedrigen Konzentrationen unterschiedlich sein. Die Zersetzung könnte mit modifizierten Methoden, bei denen die Prüfsubstanz realitätsnäher in niedrigen Konzentrationen verwendet wird, akkurater bewertet und die so erhobenen Daten könnten zur Berechnung von kinetischen Konstanten verwendet werden. Die hierzu erforderlichen Versuchstechniken sind jedoch noch nicht umfassend validiert, und auch die kinetischen Modelle zur Beschreibung der beim biologischen Abbau stattfindenden Reaktionen liegen noch nicht fest (siehe Anlage 7).

REFERENZSUBSTANZEN

16.
Um sicherzustellen, dass das Testverfahren korrekt durchgeführt wird, ist es sinnvoll, gelegentlich parallel zur Untersuchung der Prüfsubstanz auch andere Substanzen zu analysieren, deren Verhalten bekannt ist. Dazu zählen Adipinsäure, 2-Phenylphenol, 1-Naphthol, Diphensäure, 1- Naphthoesäure usw. (9)(10)(11).

REPRODUZIERBARKEIT VON TESTERGEBNISSEN

17.
Es gibt wesentlich weniger Studienberichte über Simulationstests als über Tests auf leichte Bioabbaubarkeit. Die Reproduzierbarkeit der Testergebnisse zwischen (Simultan-)Replikaten ist gut (10 % bis 15 %) bei Prüfsubstanzen, die zu mindestens 80 % abgebaut werden, bei weniger gut abgebauten Substanzen ist die Schwankungsbreite jedoch größer. Bei bestimmten grenzwertigen Substanzen wurden innerhalb des neunwöchigen Prüfungszeitraums mitunter auch weit auseinanderliegende Ergebnisse (z. B. 10 %, 90 %) verzeichnet.
18.
Bei den mit den beiden Apparaturtypen erzielten Ergebnissen zeigten sich nur geringe Unterschiede, einige chemische Substanzen wurden in Haushaltsabwasser jedoch umfassender und konsistenter abgebaut als in synthetischem Abwasser (OECD).

BESCHREIBUNG DES PRÜFVERFAHRENS

Geräte

Prüfsystem

19.
Das Prüfsystem für eine Prüfsubstanz umfasst eine Prüfanlage und eine Kontrollanlage; werden jedoch nur spezifische Analysen durchgeführt (primäre Bioabbaubarkeit), ist nur eine Prüfanlage erforderlich. Eine Kontrollanlage kann für mehrere Prüfanlagen verwendet werden, die entweder mit derselben oder mit unterschiedlichen Prüfsubstanzen beschickt werden. Bei gekoppelten Anlagen (Anlage 3) muss jede Prüfanlage über eine separate Kontrollanlage verfügen. Beim Prüfsystem kann es sich entweder um eine Belebtschlamm-Modellanlage vom Typ Husmann (Anlage 1, Abbildung 1) oder um eine Porous-Pot-Anlage (Anlage 1, Abbildung 2) handeln. In beiden Fällen sind ausreichend große Vorrats-/Sammelgefäße für die Zu- bzw. Abläufe erforderlich, ebenso wie Pumpen zur Dosierung des Zustroms (entweder mit Prüfsubstanzlösung gemischt oder separat).
20.
Jede Belebtschlammanlage besteht aus einem Belüftungsgefäß (Belebung) mit einem bekannten Fassungsvermögen von ca. 3 Liter Belebtschlamm und einem Absetzgefäß (Nachklärung) eines Fassungsvermögens von ungefähr 1,5 Litern; durch Regelung der Höhe des Absetzgefäßes können die Füllmengen bis zu einem bestimmten Grad geändert werden. Gefäße anderer Größen sind zulässig, wenn vergleichbare hydraulische Frachten eingehalten werden. Ist es nicht möglich, die Temperatur im Prüfraum im gewünschten Bereich zu halten, wird die Verwendung von wasserummantelten Gefäßen (temperiertes Wasser) empfohlen. Für die kontinuierliche oder intermittente Rückführung von Belebtschlamm aus dem Absetzgefäß ins Belüftungsgefäß wird eine Druckluft- oder Dosierpumpe verwendet.
21.
Das Porous-Pot-System besteht aus einem porösen inneren Zylinder mit konischem Boden, der in einem geringfügig größeren, aus undurchlässigem Kunststoff bestehenden formgleichen Gefäß fixiert ist. Als Material für das poröse Gefäß ist poröses Polyethylen einer Porengröße von maximal 90 μm und 2 mm Dicke geeignet. Der Schlamm wird durch die Filtrierwirkung der porösen Wand vom behandelten organischen Medium abgetrennt. Der Ablauf sammelt sich in dem ringförmigen Bereich, von dem aus er in das Sammelgefäß überfließt. Da kein Absetzen erfolgt, gibt es auch keine Schlammrückführung. Das gesamte System kann in einem thermostatisch kontrollierten Wasserbad montiert werden. Poröse Töpfe können in den Anfangsstadien verstopfen und überlaufen. In diesem Fall wird die poröse Auskleidung erneuert; dazu wird zunächst der Schlamm aus dem Topf in einen sauberen Eimer abgeschlaucht und die verstopfte Innenauskleidung wird entfernt. Der undurchlässige äußere Zylinder wird ausgewischt, eine saubere Auskleidung wird eingesetzt und der Schlamm wird in den Topf zurückgeführt. Außerdem werden alle an den Rändern der verstopfen Innenauskleidung anhaftenden Schlammreste sorgfältig abgeschabt und ebenfalls zurück in den Topf transferiert. Verstopfte Töpfe werden zunächst mit einem feinen Wasserstrahl gesäubert, um Schlammreste zu entfernen; anschließend wird das Gerät zunächst in verdünnte Natriumhypochlorit-Lösung, dann in Wasser gesetzt und gründlich mit Wasser abgespült.
22.
Die Belüftung des Schlamms in den Belüftungsgefäßen beider Systeme erfordert geeignete Verfahren, z. B. gesinterte Würfel (Sprudelsteine) und Druckluft. Die Luft muss bei Bedarf gesäubert werden, indem sie durch einen geeigneten Filter geleitet und gewaschen wird. Das System muss ausreichend belüftet werden, um aerobe Bedingungen zu gewährleisten und die Schlammflocken während des Prüfungsvorgangs in ständiger Suspension zu halten.

Filtrationsgerät oder Zentrifuge

23.
Gerät zur Filtration von Proben mit Membranfiltern einer geeigneten Porenweite (Nennöffnungsdurchmesser 0,45 μm), die lösliche organische Substanzen adsorbieren und ein Minimum an organischem Kohlenstoff freisetzen. Bei Verwendung von Filtern, die organischen Kohlenstoff freisetzen, sind die Filter sorgfältig mit heißem Wasser zu waschen, um den Kohlenstoff zu entfernen. Alternativ kann eine Zentrifuge einer Kapazität von 40 000 m/s2 verwendet werden.

Analysegerät

24.
Apparatur zur Bestimmung folgender Größen:
DOC (gelöster organischer Kohlenstoff) und TOC (gesamter organischer Kohlenstoff) oder CSB (chemischer Sauerstoffbedarf);
bestimmte chemische Substanz, soweit erforderlich;
suspendierte Feststoffe, pH-Wert, Sauerstoffkonzentration im Wasser;
Temperatur, Azidität und Alkalinität;
Ammonium, Nitrit und Nitrat, wenn der Test unter nitrifizierenden Bedingungen durchgeführt wird.

Wasser

25.
Leitungswasser (Trinkwasser) mit einem DOC-Gehalt von weniger als 3 mg/l. Soweit nicht bereits bekannt, die Alkalinität bestimmen.
26.
Deionisiertes Wasser mit einem DOC-Gehalt von weniger als 2 mg/l DOC.

Organisches Medium

27.
Als organisches Medium kommt synthetisches Abwasser, Haushaltsabwasser oder eine Mischung aus beiden Abwasserarten in Frage. Es hat sich gezeigt (11)(14), dass die alleinige Verwendung von Haushaltsabwasser oft zu einer höheren prozentualem DOC-Abnahme führt und selbst die Abnahme und den biologischen Abbau bestimmter chemischer Substanzen fördert, die bei Verwendung von synthetischem Abwasser (OECD) nicht abgebaut werden. Außerdem wirkt die konstante oder intermittente Zugabe von Haushaltsabwasser auf den Belebtschlamm, einschließlich der entscheidenden Absetzfähigkeit, häufig stabilisierend. Die Verwendung von Haushaltsabwasser wird demnach empfohlen. Bei jeder neuen Charge von organischem Medium die DOC- oder die CSB-Konzentration messen. Die Azidität oder Alkalinität des organischen Mediums sollte bekannt sein. Das organische Medium kann die Zugabe einer geeigneten Pufferlösung (Natriumhydrogencarbonat oder Kaliumdihydrogenphosphat) erfordern, wenn die Azidität oder Alkalinität gering ist, um während des Tests einen pH-Wert von etwa 7,5 ± 0,5 im Belüftungsgefäß zu gewährleisten. Wie viel Pufferlösung zuzugeben ist und wann, muss auf Fallbasis entschieden werden. Werden kontinuierlich oder intermittent Abwassermischungen verwendet, muss der DOC-Wert (oder der CSB-Wert) der Mischung möglichst konstant gehalten werden, z. B. durch Verdünnung mit Wasser.

Synthetisches Abwasser

28.
In jedem Liter Leitungswasser Folgendes auflösen: 160 mg Pepton; 110 mg Fleischextrakt; 30 mg Harnstoff; 28 mg wasserfreies Dikaliumhydrogen-phosphat (K2HPO4); 7 mg Natriumchlorid (NaCl); 4 mg Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2.2H2O); 2 mg Magnesiumsulfat-Heptahydrat (Mg2SO4.7H20). Dieses synthetische Abwasser (OECD) hat Beispielcharakter und ergibt eine mittlere DOC-Konzentration im Zulauf von etwa 100 mg/l. Alternativ können andere Zusammensetzungen mit ähnlicher DOC-Konzentration verwendet werden, die realitätsnäher sind. Ist ein weniger konzentrierter Zulauf erforderlich, das synthetische Abwasser mit Leitungswasser verdünnen, beispielsweise im Verhältnis 1:1, um eine Konzentration von ungefähr 50 mg/l zu erhalten. Ein derart verdünnter Zulauf fördert das Wachstum nitrifizierender Organismen, und diese Modifikation sollte vorgenommen werden, wenn die Simulation nitrifizierender Kläranlagen untersucht werden soll. Dieses synthetische Abwasser kann aus destilliertem Wasser in konzentrierter Form hergestellt und bis zu einer Woche bei ungefähr 1 °C gelagert werden. Bei Bedarf mit Leitungswasser verdünnen. (Dieses Medium ist eher ungeeignet, weil die Stickstoffkonzentration sehr hoch und der Kohlenstoffgehalt relativ niedrig ist; es gibt jedoch keine besseren Empfehlungen, außer Hinzufügung von mehr Phosphat als Puffer und zusätzlichem Pepton).

Haushaltsabwasser

29.
Es sollte frisch abgesetztes Abwasser verwendet werden, das täglich von einer vorwiegend Haushaltsabwässer behandelnden Kläranlage bezogen wird. Es sollte vor der Vorklärung aus der Ablaufrinne des Vorklärbeckens oder aus dem Beschickungswasser der Belebtschlammanlage gezogen werden und weitgehend frei von Grobstoffen sein. Das Abwasser kann nach mehrtägiger, jedoch höchstens siebentägiger Lagerung bei 4 °C verwendet werden, sofern erwiesen ist, dass der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) (oder der chemische Sauerstoffbedarf, CSB) während der Lagerung nicht wesentlich (d. h. um weniger als 20 %) abgenommen hat. Um Störungen des Systems zu vermeiden, sollte der DOC (oder der CSB) jedes neuen Ansatzes vor dessen Verwendung auf einen geeigneten konstanten Wert eingestellt werden, z. B. durch Verdünnung mit Leitungswasser.

Belebtschlamm

30.
Zur Beimpfung Belebtschlamm aus dem Belüftungsbecken einer ordnungsgemäß betriebenen Kläranlage oder einer Labor-Belebtschlammanlage entnehmen, die vorwiegend Haushaltsabwässer behandeln.

Stammlösungen der Prüfsubstanz

31.
Für angemessen lösliche chemische Substanzen in geeigneten Konzentrationen (z. B. 1 bis 5 g/l) in entionisiertem Wasser oder in einer mineralischen Kulturlösung aus synthetischem Abwasser Stammlösungen ansetzen (für nicht lösliche und flüchtige Chemikalien siehe Anlage 5). Den DOC- und den TOC-Wert der Stammlösung bestimmen und die Messungen bei jeder neuen Charge wiederholen. Bei einer Differenz zwischen DOC und TOC von mehr als 20 % die Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz überprüfen. Den DOC oder die durch spezifische Analyse der Stammlösung gemessene Konzentration der Prüfsubstanz mit dem Nennwert vergleichen, um festzustellen, ob die Wiederfindungsrate ausreicht (in der Regel kann mit > 90 % gerechnet werden). Vor allem bei Dispersionen ist festzustellen, ob der DOC als Analyseparameter verwendet werden kann oder nicht oder ob nur ein prüfsubstanzspezifisches Analyseverfahren angewendet werden kann. Bei Dispersionen müssen die Proben zentrifugiert werden. Für jede neue Charge den DOC, den CSB bzw. die Prüfsubstanz durch spezifische Analyse messen.
32.
Den pH-Wert der Stammlösung bestimmen. Extremwerte zeigen an, dass die Zugabe der chemischen Substanz den pH-Wert des Belebtschlamms im Prüfsystem beeinflussen kann. In diesem Fall die Stammlösung mit kleinen Mengen anorganischer Säure oder Base neutralisieren, um einen pH-Wert von 7 ± 0,5 zu erhalten, wobei eine Ausfällung der Prüfsubstanz zu vermeiden ist.

PRÜFVERFAHREN

33.
Das beschriebene Verfahren betrifft Belebtschlammanlagen; es muss für das Porous-Pot-System in bestimmten Punkten angepasst werden.

Vorbereitung des Inokulums

34.
Das Prüfsystem zu Testbeginn entweder mit Belebtschlamm oder mit einem Inokulum animpfen, das eine geringe Konzentration an Mikroorganismen enthält. Das Inokulum bis zu seiner Verwendung (innerhalb von 24 Stunden) bei Raumtemperatur unter aeroben Bedingungen aufbewahren. Im ersten Fall (Verwendung von Belebtschlamm) aus dem Belüftungsbecken einer ordnungsgemäß betriebenen biologischen Kläranlage oder einer Laborkläranlage, die vorwiegend mit Haushaltsabwasser betrieben wird, eine Schlammprobe ziehen. Sollen nitrifizierende Bedingungen simuliert werden, den Schlamm aus einer nitrifizierenden Kläranlage beziehen. Die Konzentration der suspendierten Feststoffe bestimmen und den Schlamm bei Bedarf durch Absetzen eindicken, so dass dem Prüfsystem nur eine minimale Schlammmenge zugeführt werden muss. Die Anfangskonzentration der Trockensubstanz sollte ungefähr 2,5 g/l betragen.
35.
Im zweiten Fall (Inokulum) 2 bis 10 ml/l Ablauf aus einer biologischen Kläranlage für Haushaltsabwässer verwenden. Um möglichst viele unterschiedliche Bakterienarten zu erhalten, kann es sinnvoll sein, auch Inokula aus diversen anderen Quellen wie Oberflächenwasser zuzuführen. In diesem Fall wird sich der Belebtschlamm im Prüfsystem entwickeln und vermehren.

Zudosierung des organischen Mediums

36.
Zulauf- und Ablaufbehälter und Schlauchleitungen aus den Zulauf- und zu den Ablaufgefäßen vor und während des Tests gründlich reinigen, um Mikrobenbewuchs zu entfernen. Die Prüfsysteme in einem temperaturkontrollierten Raum (übliche Temperaturspanne: 20-25 °C) montieren oder wasserummantelte Testgefäße verwenden. Eine ausreichende Menge des benötigten organischen Mediums (Nummern 27-29) zubereiten. Zunächst Belüftungs- und Absetzungsgefäß (Separator) mit organischem Medium füllen und Inokulum zusetzen (Nummern 34, 35). Die Belüftung so einstellen, dass der Schlamm unter aeroben Bedingungen dauerhaft suspendiert ist; anschließend Zulaufdosierung und Schlammrückführung einleiten. Organisches Medium aus den Vorrats- in die Belüftungsgefäße (Nummern 20, 21) der Prüf- und der Kontrollanlage zudosieren, und die jeweiligen Abläufe in entsprechenden Sammelgefäßen auffangen. Um die normale hydraulische Verweilzeit von 6 Std. zu erreichen, organisches Medium in einem Volumen von 0,5 l/Std. zupumpen. Zur Bestätigung durch Messung des Volumenrückgangs in den Vorratsgefäßen die zudosierte Tagesmenge an organischem Medium ermitteln. Zur Bestimmung der Effekte der intermittenten Freisetzung von chemischen Substanzen und der Stoßbelastung (shock loading) des Systems mit diesen Substanzen wären andere Dosierungsmodi erforderlich.
37.
Soll das vorbereitete organische Medium für länger als einen Tag verwendet werden, muss es auf ungefähr 4 °C gekühlt oder auf andere Weise haltbar gemacht werden, um Mikrobenwachstum und biologischen Abbau außerhalb der Prüfanlagen zu vermeiden (Nummer 29). Werden synthetische Abwässer verwendet, kann eine konzentrierte Stammlösung (z. B. das Zehnfache der normalen Konzentration; Nummer 28) vorbereitet und bei etwa 4 °C gelagert werden. Diese Stammlösung kann vor ihrer Verwendung mit einer entsprechenden Menge Leitungswasser gründlich durchgemischt oder — alternativ — direkt zugepumpt werden, während die entsprechende Menge Leitungswasser separat zugepumpt wird.

Zudosierung der Prüfsubstanz

38.
Eine geeignete Menge Stammlösung der Prüfsubstanz (Nummer 31) in das Vorratsgefäß des Zulaufs geben oder mittels einer separaten Dosierpumpe direkt in das Belüftungsgefäß pumpen. Die normale mittlere Testkonzentration im Zulauf sollte 10 bis 20 mg/l DOC betragen, wobei die Höchstkonzentration von 50 mg/l nicht überschritten werden sollte. Ist die Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz gering oder ist mit toxischen Effekten zu rechnen, ist die Konzentration auf 5 mg/l DOC oder auch weniger zu reduzieren, allerdings nur, wenn eine geeignete spezifische Analysemethode verfügbar ist und angewendet wird (schlecht wasserlösliche dispergierte Prüfsubstanzen können nach besonderen Dosiermethoden zugesetzt werden; siehe Anlage 5).
39.
Die Prüfsubstanz zusetzen, sobald sich das System stabilisiert und der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) im organischen Medium weitgehend (um etwa 80 %) abgenommen hat. Es muss sichergestellt werden, dass alle Anlagen mit gleicher Wirksamkeit funktionieren, bevor die Prüfsubstanz zugesetzt wird; ist dies nicht der Fall, ist es in der Regel sinnvoll, die einzelnen Schlämme zu mischen und die einzelnen Anlagen erneut mit identischen Schlammmengen zu beschicken. Wird ein Inokulum aus (etwa) 2,5 g/l (Trockengewicht) Belebtschlamm verwendet, so kann die Prüfsubstanz ab Testbeginn zugesetzt werden, denn die direkte Zugabe steigender Mengen von Testbeginn an hat den Vorteil, dass der Belebtschlamm möglicherweise besser an die Prüfsubstanz adaptiert wird. Wie immer die Prüfsubstanz zugegeben wird, empfiehlt es sich, die Dosierrate und/oder die Mengen in den Vorratsgefäßen regelmäßig zu messen.

Handhabung von Belebtschlamm

40.
Je nach Qualität und Konzentration des organischen Mediums, Betriebsbedingungen, Art der vorhandenen Mikroorganismen und Einfluss der Prüfsubstanz und unabhängig vom verwendeten Inokulum stabilisiert sich die Konzentration der Belebtschlamm-Feststoffe während der Prüfung in der Regel im Bereich von 1 bis 3 g/l (Trockengewicht).
41.
Entweder die in den Belüftungsgefäßen suspendierten Feststoffe mindestens wöchentlich bestimmen, wobei der Überschussschlamm verworfen wird, um die Konzentration zwischen 1 und 3 g/l (Trockengewicht) zu halten, oder das mittlere Schlammalter auf einem konstanten Wert (gewöhnlich innerhalb einer Bandbreite von 6 bis 10 Tagen) halten. Wird beispielsweise eine Schlammverweilzeit (sludge retention time, SRT) von 8 Tagen gewählt, sollte täglich 1/8 der im Belüftungsgefäß befindlichen Belebtschlammmenge abgezogen und verworfen werden. Dieser Vorgang ist täglich oder, vorzugsweise, mithilfe einer intermittent arbeitenden automatischen Pumpe zu wiederholen. Das Halten der Konzentration suspendierter Feststoffe auf einem konstanten Wert oder innerhalb einer engen Bandbreite garantiert keine konstante Schlammverweilzeit; letztere ist die Betriebsvariable, die den Wert der Prüfsubstanzkonzentration im Ablauf bestimmt.
42.
Während der gesamten Prüfungsdauer zumindest täglich den an den Wänden des Belüftungs- und des Absetzungsgefäßes (Separator) anhaftenden Schlamm entfernen und resuspendieren. Alle Röhren und Schlauchleitungen regelmäßig kontrollieren und reinigen, um einen Bewuchs mit Biofilm zu vermeiden. Abgesetzten Schlamm aus dem Absetzungsgefäß (Separator) in das Belüftungsgefäß zurückführen, vorzugsweise durch intermittentes Pumpen. Beim Porous-Pot-System gibt es keine Schlammrückführung; es ist jedoch sicherzustellen, dass saubere Innentöpfe eingesetzt werden, bevor das Gefäßvolumen signifikant ansteigt (Nummer 21).
43.
Bei Husmann-Anlagen kann es vorkommen, dass sich der Schlamm schlecht absetzt und verlorengeht. Diese Mängel können in Prüf- und Kontrollanlagen mit einer oder mehreren der nachstehend angeführten Maßnahmen zeitgleich behoben werden:
Regelmäßige, z. B. wöchentliche Zuführung von frischem Schlamm oder Flockungsmittel (z. B. je Gefäß 2 ml einer 50 g/l-FeCl3-Lösung), wobei jedoch sicherzustellen ist, dass es nicht zu einer Reaktion oder Präzipitation der Prüfsubstanz mit FeCl3 kommt;
Ersetzung der Druckluftpumpe durch eine Peristaltikpumpe, um einen dem zuzuführenden Zulauf in etwa entsprechenden Schlammrücklauf und die Entwicklung eines anaeroben Milieus im abgesetzten Schlamm zu ermöglichen (die Geometrie der Druckluftpumpe begrenzt den Mindestdurchfluss des Rücklaufschlamms auf ungefähr das 12-fache der Zulaufmenge);

 

— intermittentes Zupumpen von Schlamm aus dem Absetzungsgefäß (Separator) in das Belüftungsgefäß (z. B. für 5 Minuten alle 2,5 Std, um statt 1 Liter/Std. 1,5 Liter/Std. zurückzuführen);

— Verwendung eines nichttoxischen schwach konzentrierten Antischaummittels (z. B. Silikonöl) zur Vermeidung von Verlusten durch Schaumbildung;

— kurze Luftschockstöße durch den Schlamm im Absetzungsgefäß (Separator) (z. B. stündlich 10 Sekunden);

— Intervalldosierung des organischen Medium in das Belüftungsgefäß (z. B. stündlich für jeweils 3 bis 10 Minuten).

Probenahme und Analytik

44.
Konzentration an gelöstem Sauerstoff, Temperatur und pH-Wert des Belebtschlamms in den Belüftungsgefäßen in regelmäßigen Zeitabständen messen. Dabei ist sicherzustellen, dass stets ausreichend Sauerstoff vorhanden ist (> 2 mg/l) und die Temperatur innerhalb der erforderlichen Spanne (normalerweise zwischen 20 und 25 °C) liegt. Durch Zudosierung von kleinen Mengen einer anorganischen Base oder Säure ins Belüftungsgefäß oder in den Zulauf oder durch Erhöhung der Pufferkapazität des organischen Mediums (siehe Nummer 27) den pH-Wert auf 7,5 ± 0,5 konstant halten. Kommt es zur Nitrifikation, entsteht Säure, d. h. bei Oxidation von 1 mg N wird das Äquivalent von ungefähr 7 mg CO3– erzeugt. Die Häufigkeit der Messung richtet sich nach dem Messparameter und der Systemstabilität und kann zwischen täglich und wöchentlich variieren.
45.
Den DOC- bzw. den CSB-Wert in den Kontroll- und Prüfgefäßzuläufen messen. Die Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf der Prüfanlage durch spezifische Analyse messen oder anhand der Konzentration in der Stammlösung (Nummer 31), der verwendeten Menge und der der Prüfanlage zudosierten Abwassermenge schätzen. Es empfiehlt sich, die Konzentration der Prüfsubstanz zu berechnen, um die Streuung der Konzentrationsdaten zu verringern.
46.
Aus (z. B. über 24 Stunden) gesammeltem Ablauf geeignete Proben ziehen und durch eine Membran einer Porengröße von 0,45 μm filtern oder bei 40 000 m/s2 für ungefähr 15 Min. zentrifugieren. Erweist sich das Filtern als schwierig, sollte zentrifugiert werden. Der DOC- bzw. der CSB-Wert sollte mindestens doppelt bestimmt werden, um die vollständige Bioabbaubarkeit zu ermitteln; die primäre Bioabbaubarkeit erforderlichenfalls durch eine prüfsubstanzspezifische Analyse messen.
47.
Die Verwendung des CSB-Wertes kann bei geringen Konzentrationen zu analytischen Problemen führen und wird daher nur empfohlen, wenn eine ausreichend hohe Prüfkonzentration (etwa 30 mg/l) verwendet wird. Bei stark adsorbierenden chemischen Substanzen sollte nach einem prüfsubstanzspezifischen Analyseverfahren auch die Menge der adsorbierten chemischen Substanz im Schlamm gemessen werden.
48.
Die Probenahmehäufigkeit richtet sich nach der voraussichtlichen Prüfungsdauer. Empfohlen werden Probenahmen dreimal wöchentlich. Sobald die Anlagen ordnungsgemäß funktionieren, sollten nach der Beschickung mit Prüfsubstanz bis zum Erreichen eines Gleichgewichtszustands (steady state) 1 bis maximal 6 Wochen vorgesehen werden. In der Plateau-Phase (Nummer 59), die in der Regel 3 Wochen anhält, sollten wenn möglich mindestens 15 gültige Werte ermittelt werden, um das Prüfungsergebnis auswerten zu können. Die Prüfung kann abgeschlossen werden, wenn ein ausreichender Eliminationsgrad erreicht ist (z. B. > 90 %) und die genannten 15 Werte aus Analysen, die drei Wochen lang an jedem Wochentag durchgeführt wurden, vorliegen. Faustregel: Nach Zugabe der Prüfsubstanz sollte eine Prüfungsdauer von 12 Wochen nicht überschritten werden.
49.
Nitrifiziert der Schlamm und sollen die Auswirkungen der Prüfsubstanz auf die Nitrifikation untersucht werden, sind Proben aus dem Ablauf der Prüf- und der Kontrollanlage mindestens einmal wöchentlich auf Ammonium und/oder Nitrit sowie Nitrat zu untersuchen.
50.
Alle Analysen sollten zügig durchgeführt werden; dies gilt vor allem für Stickstoffbestimmungen. Müssen Analysen aufgeschoben werden, sind die Proben bei etwa 4 °C in randvollen, dicht verschlossenen Flaschen dunkel zu lagern. Müssen Proben für länger als 48 Stunden gelagert werden, sind sie durch Tiefgefrieren, Ansäuern (z. B. mit 10 ml/l einer 400 g/l-Lösung Schwefelsäure) oder Zugabe einer geeigneten toxischen Substanz (z. B. 20 ml/l einer 10 g/l-Lösung Quecksilber-(II)-Chlorid) haltbar zu machen. Dabei ist sicherzustellen, dass die angewandte Konservierungsmethode die Analyseergebnisse nicht beeinträchtigt.

Koppeln von Prüfanlagen

51.
Bei Anlagenkopplung (Anlage 3) täglich dieselbe Menge Belebtschlamm (150 ml — 1 500 ml für Belüftungsgefäße eines Fassungsvermögens von 3 Litern Liquorkultur) zwischen den Belüftungsgefäßen der Prüf- und der Kontrollanlage austauschen. Lagert sich die Prüfsubstanz stark an den Schlamm an, nur den Überstand der Absetzungsgefäße (Separatoren) austauschen. In beiden Fällen wird Berechnung der Prüfungsergebnisse einen Berichtigungsfaktor anwenden (Nummer 55).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

52.
Den Prozentsatz der Elimination der Prüfsubstanz, basierend auf der DOC- bzw. der CSB-Messung, in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnen:

Dabei sind:

Dt=der DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad (in %) zum Zeitpunkt t
Cs=der DOC- bzw. CSB-Wert der Prüfsubstanz im Zulauf, vorzugsweise anhand der Stammlösung geschätzt (mg/l)
E=der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)
Eo=der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Kontrollanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)
53.
Der Grad der Elimination des organischen Mediums in der Kontrollanlage, basierend auf der DOC- bzw. der CSB-Messung, ist eine nützliche Größe für die Beurteilung der Bioabbauaktivität des Belebtschlamms während des Prüfung. Die prozentuale Elimination nach folgender Gleichung berechnen:

Dabei sind:

DB=der DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad (in %) des organischen Mediums in der Kontrollanlage zum Zeitpunkt t
CM=der DOC- bzw. CSB-Wert des organischen Mediums im Zulauf der Kontrollanlage (mg/l)

Wahlweise kann der Prozentsatz der Elimination des durch das organische Medium PLUS die Prüfsubstanz bedingten DOC- bzw. CSB-Wertes nach folgender Gleichung berechnet werden:

Dabei sind:

DT=der Eliminationsgrad des DOC bzw. des CSB (in %) im Gesamtzulauf (organisches Medium PLUS Prüfsubstanz) der Prüfanlage
CT=der DOC bzw. CSB im Gesamtzulauf (organisches Medium PLUS Prüfsubstanz) der Prüfanlage oder anhand von Stammlösungen berechneter DOC bzw. CSB (mg/l)
54.
Die Abnahme der Prüfsubstanz, soweit nach einer spezifischen Analysemethode gemessen, in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnen:

Dabei sind:

DST=der Primäreliminationsgrad (in %) der Prüfsubstanz zum Zeitpunkt t
Si=die gemessene oder geschätzte Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf der Prüfanlage (mg/l)
Se=die gemessene Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)
55.
Bei gekoppelten Anlagen die durch den Schlammaustausch bedingte Verdünnung der Prüfsubstanz im Belüftungsgefäß durch einen Berichtigungsfaktor kompensieren (siehe Anlage 3). Bei einer mittleren hydraulischen Verweilzeit von 6 Stunden und einem Austausch der Hälfte der Belebtschlammmenge im Belüftungsgefäß müssen die täglich berechneten Eliminationswerte (Dt, Nummer 52) berichtigt werden, um anhand der nachstehenden Gleichung den realen Eliminationsgrad „Dtc“ der Prüfsubstanz zu ermitteln:

Angabe der Prüfergebnisse

56.
Die prozentuale Elimination Dt (oder Dtc) und Dst, soweit dieser Wert vorliegt, gegen die Zeit auftragen (siehe Anlage 2). Aus der Eliminationskurve der Prüfsubstanz (per se oder als DOC-Wert) lassen sich bestimmte Schlüsse über den Abnahmeprozess ziehen.

Adsorption

57.
Manifestiert sich bei der Prüfsubstanz bereits zu Beginn des Tests eine starke DOC-Elimination, so wird die Prüfsubstanz wahrscheinlich durch Adsorption an die Belebtschlammfeststoffe eliminiert. Dies kann durch Bestimmung der adsorbierten Prüfsubstanz anhand eines substanzspezifischen Analysenverfahrens nachgewiesen werden. Die DOC-Elimination adsorptionsfähiger chemischer Substanzen bleibt erfahrungsgemäß nicht während der gesamten Prüfung hoch; sie ist eher zu Beginn der Prüfung hoch und fällt dann allmählich auf ein stabiles Niveau. Könnte die adsorptionsfähige Prüfsubstanz jedoch auf die eine oder andere Weise eine Akklimatisation der Mikrobenpopulation herbeiführen, würde die DOC-Elimination der Prüfsubstanz anschließend zunehmen und einen hohen Plateauwert erreichen.

Latenzphase (Lag-Phase)

58.
Wie bei statischen Screeningtests durchlaufen viele Prüfsubstanzen eine Latenzphase, bevor sie vollständig biologisch abgebaut werden. In dieser Lag-Phase akklimatisieren bzw. adaptieren sich die Zersetzungsbakterien, ohne dass die Prüfsubstanz in nennenswertem Maße abnimmt; erst nach dieser Phase setzt das Bakterienwachstum ein. Die Phase endet und die Abbauphase gilt als begonnen, wenn etwa 10 % der anfänglichen Menge Prüfsubstanz abgebaut sind (nach der Adsorption, falls es dazu kommt). Die Lag-Phase ist oft sehr variabel und schwer reproduzierbar.

Plateauphase

59.
Die Plateauphase einer Eliminationskurve im kontinuierlichen Test ist definiert als die Phase, in der maximale Zersetzung stattfindet. Sie sollte mindestens 3 Wochen dauern, in denen etwa 15 gültige Messwerte ermittelt werden.

Mittlerer Eliminationsgrad der Prüfsubstanz

60.
Diesen Mittelwert anhand der Eliminationswerte (Dt) der Prüfsubstanz in der Plateauphase berechnen. Auf die nächste ganze Zahl (1 %) gerundet, entspricht dieser gerundete Wert dem Eliminationsgrad der Prüfsubstanz. Ferner wird empfohlen, das 95 %-Konfidenzniveau für den Mittelwert zu berechnen.

Elimination des organischen Mediums

61.
Die prozentuale Elimination des organischen Mediums in der Kontrollanlage (DB), basierend auf dem DOC- bzw. CSB-Wert, gegen die Zeit auftragen. Dabei ist der mittlere Eliminationsgrad auf dieselbe Weise anzugeben wie für die Prüfsubstanz (Nummer 60).

Hinweis auf den biologischen Abbau

62.
Adsorbiert die Prüfsubstanz nicht signifikant an den Belebtschlamm und hat die Eliminationskurve die typische Form einer Bioabbaukurve mit Latenz-, Abbau- und Plateauphasen (Nummern 58, 59), so kann die gemessene Elimination mit Sicherheit dem biologischen Abbau zugeschrieben werden. War die Abnahme im Anfangsstadium hoch, kann der Simulationstest nicht zwischen biologischen und abiotischen Eliminationsprozessen differenzieren. In derartigen Fällen und in anderen Fällen, in denen Zweifel am biologischen Abbau bestehen (z. B. wenn die Prüfsubstanz ausgast (stripping)), die Adsorption der Prüfsubstanzen untersuchen, oder anhand von Parametern, die biologische Prozesse genau angeben, zusätzliche statische Bioabbaubarkeitstests durchführen. Zu derartigen Tests zählen die Sauerstoffaufnahmemethoden (Kapitel C.4 (D, E, F) dieses Anhangs (6)) oder Kohlendioxid-Entwicklungstests (Kapitel C.4 C dieses Anhangs (6)) oder die ISO-Headspace-Methode (18), bei der ein zuvor exponiertes Inokulum aus dem Simulationstest verwendet wird. Wurden sowohl die DOC-Abnahme als auch die Prüfsubstanzabnahme gemessen, zeigen große Unterschiede (d. h. wenn erstere geringer ist als letztere) zwischen den Abnahmeprozentwerten die Präsenz intermediärer organischer Produkte in den Abläufen an, die möglicherweise schwerer abzubauen sind als die Ausgangssubstanz.

Gültigkeit der Prüfergebnisse

63.
Die Bestimmung des Eliminationsgrades des organischen Mediums (Nummer 53) in der Kontrollanlage liefert Informationen über das normale Abbauverhalten des Inokulums. Der Test kann als gültig angesehen werden, wenn der Grad der DOC- bzw. der CSB-Elimination in der (den) Kontrollanlage(n) nach zwei Wochen > 80 % beträgt und nichts Ungewöhnliches festgestellt wurde.
64.
Wurde eine leicht biologisch abbaubare (Referenz-)Substanz verwendet, sollte der Abbaubarkeitsgrad (Dt, Nummer 52) > 90 % betragen.
65.
Wurde der Test unter nitrifizierenden Bedingungen durchgeführt, sollte die mittlere Konzentration in den Abläufen < 1 mg/l Ammonium-N und < 2 mg/l Nitrit-N betragen.
66.
Sind diese Kriterien (Nummern 63-65) nicht erfüllt, müssen der Test mit einem Inokulum aus anderer Quelle wiederholt, eine Referenzsubstanz getestet und alle Testverfahren überprüft werden.

Prüfbericht

67.
Der Prüfbericht muss Folgendes umfassen:

Prüfsubstanz:

Kenndaten;
physikalischer Zustand und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften.

Prüfbedingungen:

Art des Prüfsystems; etwaige Änderungen bei Prüfungen nicht löslicher und flüchtiger chemischer Substanzen;
Art des organischen Mediums;
Anteil (und Art) der Industrieabwässer im kommunalen Abwasser, soweit bekannt;
Inokulum, Art und Probenahmestelle(n), Konzentration und etwaige Vorbehandlung;
Prüfsubstanz-Stammlösung: DOC- und TOC-Gehalt; bei Suspension: Art der Aufbereitung; verwendete Testkonzentration; falls außerhalb der Bandbreite von 10-20 mg/l DOC: Begründung; Zugabemethode; Datum der ersten Zugabe; etwaige Änderungen;
mittleres Schlammalter und mittlere hydraulische Verweilzeit; Methode des Überschussschlammabzugs; Methoden zur Verminderung der Bildung von Blähschlamm, von Schlammverlusten usw.;
angewandte Analysetechniken;
Testtemperatur;
Eigenschaften wie Blähschlammbildung, Schlammvolumenindex (Sludge Volume Index, SVI), suspendierte Stoffe im Ablauf (Mixed Liquor Suspended Solids, MLSS);
etwaige Abweichungen von Standardverfahren und etwaige Umstände, die die Testergebnisse möglicherweise beeinträchtigt haben.

Prüfergebnisse:

alle Messdaten (DOC, CSB, spezifische Analysen, pH-Wert, Temperatur, Sauerstoffkonzentration, suspendierte Feststoffe, N-Chemikalien, soweit relevant;
alle Berechnungswerte für Dt (oder Dtc), DB, DSt in tabellarischer Form und als Eliminationskurven;
Aussagen zu Latenz- und Plateau-Phasen, Prüfungsdauer, Eliminationsgrad der Prüfsubstanz und des organischen Mediums in der Kontrollanlage sowie statistische Informationen und Angaben zur Bioabbaubarkeit und Gültigkeit des Tests;
Diskussion der Ergebnisse.

LITERATUR:

1.
Swisher RD (1987). „Surfactant Biodegradation“, 2. Ausgabe. Marcel Dekker Inc. New York, S. 1085 ff.
2.
Deutsche Bundesregierung (1962). Verordnung über die Abbaubarkeit von Detergenzien in Wasch- und Reinigungsmitteln. Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 49: 698-706.
3.
Painter HA and King EF (1978a). WRc porous-pot method for assessing biodegradability. Technischer Bericht Nr. 70, Water Research Centre, Medmenham, Vereinigtes Königreich.
4.
Painter HA and King EF (1978b). The effect of phosphate and temperature on growth of activated sludge and on biodegradation of surfactants. Wat. Res. 12: 909-915.
5.
Eckenfelder, W.W (19) US EPA.
6.
Kapitel C.4 dieses Anhangs, Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit.
7.
Kapitel C.12 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Modifizierter SCAS-Test.
8.
Kapitel C.19 dieses Anhangs, Schätzung des Adsorptionskoeffizienten (KOC) im Boden und in Klärschlamm mittels der Hochdruck-Flüssigchromatografie (HPLC).
9.
Gerike P and Fischer WK (1979). A correlation study of biodegradability determinations with various chemicals in various tests. Ecotox. Env. Saf. 3: 157-173.
10.
Gerike P and Fischer WK (1981), as (9), II Additional results and conclusions. Ecotox. Env. Saf. 5: 45-55.
11.
Painter HA and Bealing D (1989). Experience and data from the OECD activated sludge simulation test, S. 113-138, In: Laboratory tests for simulation of water treatment processes. CEC Water Pollution Report 18. Eds. Jacobsen BN, Muntau H, Angeletti G.
12.
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13.
Birch RR (1982). The biodegradability of alcohol ethoxylates. XIII Jornado Com. Espanol. Deterg.: 33-48.
14.
Birch RR (1984). Biodegradation of noniomic surfactants. J.A.O.C, S. 61 (2): 340-343.
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Gerike P, Fischer WK and Holtmann W (1980). Biodegradability determinations in trickling filter units compared with the OECD confirmatory test. Wat.Res. 14: 753-758.
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18.
ISO 14593 (1998). Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit organischer Substanzen im wässrigen Medium — Verfahren mittels Bestimmung des anorganischen Kohlenstoffs in geschlossenen Flaschen.

Anlage 1

Abbildung 1

Apparatur zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit

Husmann-Anlage

A. Vorratsgefäß

B. Dosierpumpe

C. Belüftungsgefäß (3 l-Volumen)

D. Absetzungsgefäß

E. Druckluftpumpe

F. Sammelgefäß

G. Fritte

H. Luftmengenmesser

Abbildung 2

Apparatur zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit

„Porous-Pot“-Anlage

A. Vorratsgefäß

B. Dosierpumpe

C. Poröses Belüftungsgefäß

D. Undurchlässiges Außengefäß

E. Sammelgefäß

F. Diffusor

G. Luftmengenmesser

Abbildung 3

Einzelheiten des 3-Liter-„Porous-Pot“-Belüftungsgefäßes

Anlage 2

Beispiel einer Eliminationskurve

Anlage 3

[ZUR INFORMATION]

KOPPELN VON PRÜFANLAGEN

Um die Mikrobenpopulationen in Schlämmen in einer Prüfanlage, die mit Abwasser PLUS Prüfsubstanz beschickt wird, und in einer Kontrollanlage, die nur mit Abwasser beaufschlagt wird, zu egalisieren, wurde der Schlamm täglich ausgetauscht (1). Der Vorgang wurde als „koppeln“ bezeichnet und die Methode ist als Anlagenkopplung bekannt. Die Kopplung wurde ursprünglich mit Husmann-Belebtschlammanlagen, anschließend aber auch mit Porous-Pot-Anlagen durchgeführt (2)(3). Es wurden keine signifikanten Ergebnisunterschiede zwischen nicht gekoppelten und gekoppelten Anlagen, ob Husmann- oder Porous-Pot-Anlagen, festgestellt, so dass der Zeit- und Arbeitsaufwand für das Koppeln der Anlagen mit keinerlei Vorteil verbunden ist.

Beim Schlammaustausch kann der Eindruck einer beträchtlichen Prüfsubstanzabnahme entstehen, da ein Teil der Substanz übertragen wird und die Prüfsubstanzkonzentrationen in den Abläufen der Prüf- und der Kontrollanlagen mehr oder weniger gleich sind. Folglich müssen Berichtigungsfaktoren angewendet werden, die von der ausgetauschten Fraktion und der mittleren hydraulischen Verweilzeit abhängen. Weitere Einzelheiten zur Berechnung wurden veröffentlicht (1).

Der berichtigte DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad wird nach der folgenden allgemeingültigen Formel berechnet:

Dabei sind:

Dtc=der berichtigte DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad (in %)
Dt=die bestimmte DOC- bzw. CSB-Abnahme Eliminationsgrad (in %)
a=die ausgetauschte Fraktion des Volumens der Belebtschlammanlagen
r=die mittlere hydraulische Verweilzeit (in Std.)

Wird beispielsweise die Hälfte des Volumens des Belüftungsgefäßes ausgetauscht (a = 0,5) und beträgt die mittlere hydraulische Verweilzeit 6 Stunden, so ist die Korrekturformel

LITERATUR

1.
Fischer W, Gerike P, Holtmann W (1975). Biodegradability Determinations via Unspecific Analyses (Chemical Oxygen Demand, DOC) in Coupled Units of the OECD Confirmatory Test. I The test. Wat. Res. 9: 1131-1135.
2.
Painter HA, Bealing DJ (1989). Experience and Data from the OECD Activated Sludge Simulation Test, S. 113-138. In: Laboratory Tests for Simulation of Water Treatment Processes CEC Water Pollution Report 18. Eds. Jacobsen BN, Muntau H, Angeletti G.
3.
Painter HA, King EF (1978). Water Research Centre Porous Pot Method for Assessing Biodegradability. Technischer Bericht TR70, Water Research Centre, Stevenage, Vereinigtes Königreich.

Anlage 4

BEURTEILUNG DER BELEBTSCHLAMM-INHIBITION

Hemmung durch Prüfsubstanzen

1.
Es kann vorkommen, dass eine chemische Substanz (oder ein Abwasser) im Simulationstest nicht abgebaut wird bzw. nicht abnimmt und sogar eine hemmende (inhibierende) Wirkung auf die Schlammmikroorganismen entfaltet. Andere chemische Substanzen werden in niedrigen Konzentrationen biologisch abgebaut, wirken jedoch in höheren Konzentrationen inhibierend (Hormesis). Inhibitionseffekte wurden möglicherweise in einem früheren Stadium festgestellt oder lassen sich im Toxizitätstest bestimmen, bei dem ein Inokulum verwendet wird, das dem im Simulationstest verwendeten Inokulum ähnlich oder identisch ist (1). Zu derartigen Methoden zählen die Prüfung der Atmungshemmung (Kapitel C.11 dieses Anhangs (2) und ISO 8192(3)) oder die Bestimmung der Hemmwirkung der Wasserbestandteile auf das Wachstum der Belebtschlamm-Mikroorganismen (ISO 15522 (4)).
2.
Im Simulationstest manifestiert sich eine Hemmung dadurch, dass die Differenz zwischen dem DOC-Gehalt (bzw. dem CSB) des Prüfgefäßablaufs und dem des Kontrollgefäßablaufs größer ist als der mit der Prüfsubstanz zugeführte DOC. Anders ausgedrückt, die prozentuale Abnahme des DOC (und des biochemischen Sauerstoffbedarfs (BSB), des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB), und/oder von NH+4) des organischen Kulturmediums ist geringer, wenn bei Prüfsubstanz zugeführt wird. In diesem Fall sollte der Test mit einer geringeren Prüfsubstanzkonzentration so lange wiederholt werden, bis ein Niveau erreicht ist, bei dem kein Hemmungseffekt mehr auftritt, wobei die Konzentration u. U. so weit verringert werden sollte, bis die Prüfsubstanz biologisch abgebaut ist. Hat die Prüfsubstanz (oder das Abwasser) jedoch in allen getesteten Konzentrationen eine nachteilige Wirkung auf den Prozess, so deutet dies darauf hin, dass die chemische Substanz nur schwer und möglicherweise überhaupt nicht biologisch abbaubar ist; es könnte jedoch sinnvoll sein, den Test mit Belebtschlamm aus einer anderen Quelle zu wiederholen und/oder den Schlamm schrittweise zu akklimatisieren.
3.
Umgekehrt sollte die Konzentration der Prüfsubstanz erhöht werden, wenn diese bereits im ersten Simulationsversuch biologisch abgebaut wird und ermittelt werden muss, ob die chemische Substanz einen Inhibitionseffekt entfalten könnte.
4.
Bei der Bestimmung von Hemmungsgraden sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass sich Belebtschlammpopulationen verändern können und dass die Mikroorganismen mit der Zeit möglicherweise eine Toleranz gegenüber hemmenden Substanzen entwickeln.
5.
Berechnung des Hemmungsgrades:

Die gesamten prozentualen Abnahmen (Ro) von BSB, DOC, CSB usw. können für die Prüf- und die Kontrollanlage nach folgender Gleichung berechnet werden:

Dabei sind:

I=die Zulaufkonzentration von BSB, DOC, CSB usw. in Prüf- oder Kontrollgefäßen (mg/l)
E=die entsprechende Ablaufkonzentrationen (mg/l).

I und E müssen aufgrund des auf die Prüfsubstanz in den Prüfanlagen zurückzuführenden DOC korrigiert werden, um korrekt berechnete Hemmungsprozentsätze zu gewährleisten.

Der auf die Prüfsubstanz zurückzuführende Hemmungsgrad kann nach folgender Gleichung berechnet werden:

Dabei sind:

Rc=die prozentuale Abnahme in den Kontrollgefäßen
Rt=die prozentuale Abnahme in den Prüfgefäßen

LITERATUR

1.
Reynolds L et al. (1987). Evaluation of the toxicity of substances to be assessed for biodegradability. Chemosphere 16: 2259.
2.
Kapitel C.11 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Belebtschlamm: Prüfung der Atmungshemmung.
3.
ISO 8192 (2007) Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmung des Sauerstoffverbrauchs von Belebtschlamm nach Kohlenstoff- und Ammonium-Oxidation.
4.
ISO 15522 (1999) Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmwirkung der Wasserbestandteile auf das Wachstum der Belebtschlamm-Mikroorganismen.

Anlage 5

Schwer wasserlösliche Prüfsubstanzen — flüchtige chemische Substanzen

Schwer wasserlösliche chemische Substanzen

Es wurden offensichtlich nur wenige Berichte über die Verwendung schwer wasserlöslicher oder nicht wasserlöslicher chemischer Substanzen in Tests zur Simulation der Abwasserbehandlung veröffentlicht (1)(2)(3).

Es existiert keine einfache Methode zur Dispergierung der Prüfsubstanz, die für alle nicht wasserlöslichen chemischen Substanzen geeignet wäre. Zwei der vier in ISO 10634 (4) beschriebenen Verfahren scheinen sich zur Dispergierung von Prüfsubstanzen für die Simulationstestung zu eignen; sie sehen den Einsatz von Emulgatoren und/oder Ultraschallenergie vor. Die resultierende Dispersion sollte mindestens 24 Stunden lang stabil sein. Hinreichend stabilisierte Dispersionen in einem konstant gerührten Behälter (Nummer 38) werden anschließend, separat vom Haushalts- oder synthetischen Abwasser, in das Belüftungsgefäß dosiert.

Soweit die Dispersionen stabil sind, wird untersucht, wie die Prüfsubstanz in dispergierter Form bestimmt werden kann. Da der DOC-Gehalt in diesem Fall wahrscheinlich ungeeignet ist, sollte eine spezifische Analysemethode für die Prüfsubstanz entwickelt werden, die sich für Abflüsse, Feststoffe in Abflüssen und Belebtschlämme gleichermaßen eignet. Danach sollte der Verbleib der Prüfsubstanz im simulierten Belebtschlammprozess (Flüssig- und Festphasen) bestimmt werden. Auf diese Weise wird eine ‚Massenbilanz‘ erstellt, anhand deren festgestellt werden könnte, ob die Prüfsubstanz biologisch abgebaut wurde. Dies würde jedoch nur die primäre Bioabbaubarkeit betreffen. Vollständige Bioabbaubarkeit sollte in einem respirometrischen Test auf leichte biologische Abbaubarkeit (Kapitel C.4 dieses Anhangs (5) C, F oder D) nachgewiesen werden, bei dem als Inokulum Schlamm eingesetzt wird, der der Prüfsubstanz im Simulationstest ausgesetzt war.

Flüchtige chemische Substanzen

Die Verwendung flüchtiger chemischer Substanzen in Tests zur Simulation der Abwasserbehandlung ist umstritten und problematisch. Wie schon bei schwer wasserlöslichen Prüfsubstanzen scheint es kaum veröffentlichte Berichte über Simulationstests zu geben, bei denen flüchtige chemische Substanzen zum Einsatz kamen. Ein konventionelles Rührwerk wird durch Abdichten der Belüftungs- und Absetzgefäße, Messung und Kontrollmessung des Luftflusses mittels Luftflussmessern und Passieren des austretendes Gases durch Filter zum Auffangen flüchtiger organischer Stoffe umgerüstet. In einigen Fällen wird eine Vakuumpumpe verwendet, um das austretende Gas durch eine Kühlfalle oder ein Purge-&-Trap-System für gaschromatographische Analysen mit Tenax- und Silikagel-Filtern zu führen. Die im Filter festgehaltene Prüfsubstanz kann analytisiert werden.

Der Test wird in zwei Phasen durchgeführt. Die Anlagen werden zunächst ohne Schlamm betrieben; synthetisches Abwasser PLUS Prüfsubstanz werden jedoch in das Belüftungsgefäß gepumpt. Es werden Zulauf- und Ablaufproben sowie Proben des austretenden Gases gezogen und einige Tage lang auf Präsenz von Prüfsubstanz analysiert. Aus den so erhobenen Daten kann der Prozentsatz (Rvs) der aus dem System gelösten und entfernten (gestrippten) Prüfsubstanz errechnet werden.

Anschließend wird unter denselben Betriebsbedingungen wie bei der Stripping-Studie der normale biologische Test (mit Schlamm) durchgeführt. DOC bzw. CSB werden ebenfalls gemessen, um sicherzustellen, dass die Anlagen ordnungsgemäß funktionieren. In der ersten Testphase wird die Prüfsubstanz im Zulauf, im Ablauf und in austretenden Gas sporadisch analysiert; nach der Akklimatisation werden diese Analysen häufiger durchgeführt. Auch hier können anhand der Daten im Gleichgewichtszustand (steady state) die aus allen (physikalischen und biologischen) Abbauprozessen resultierende prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz in der Flüssigphase (RT) sowie der aus dem System gestrippte Anteil (RV) berechnet werden.

Berechnung:

a)
Beim nicht biologischen Test kann der Prozentsatz (RVP) der aus dem System gestrippten Prüfsubstanz nach folgender Gleichung berechnet werden:

Dabei sind:

RVP=die prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz aufgrund von Verflüchtigung,
SVP=die im Filter aufgefangene Prüfsubstanz, angegeben als äquivalente Konzentration in der Flüssigphase (mg/l),
SIP=die Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf (mg/l).
b)
Beim biologischen Test kann der Prozentsatz (RV) der aus dem System gestrippten Prüfsubstanz nach folgender Gleichung berechnet werden:

Dabei sind:

RV=die prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz aufgrund von Verflüchtigung im biologischen Test,
SV=die im biologischen Test im Filter aufgefangene Prüfsubstanz, angegeben als äquivalente Konzentration im flüssigen Zulauf (mg/l),
SI=die Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf (mg/l).
c)
Beim biologischen Test kann die aus allen Abbauprozessen resultierende prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz (RT) nach folgender Gleichung berechnet werden:

Dabei ist:

SE = die Konzentration der Prüfsubstanz im (flüssigen) Ablauf (mg/l).

d)
Die prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz aufgrund des biologischen Abbaus PLUS Adsorption (RBA) kann somit nach folgender Gleichung berechnet werden:

Es sollten separate Tests durchgeführt werden, um zu bestimmen, ob die Prüfsubstanz adsorbiert wurde; wenn ja, kann eine weitere Korrektur vorgenommen werden.

e)
Ein Vergleich zwischen dem Anteil der Prüfsubstanz, der aus dem biologischen Prüfsystem gestrippt wurde (Rv), und dem Anteil, der aus dem nicht biologischen Prüfsystem gestrippt wurde (Rvp), ergibt den Gesamteffekt der biologischen Behandlung auf die Emission der Prüfsubstanz in die Atmosphäre.

Beispiel: Benzol

Schlammverweilzeit = 4 Tage

Synthetisches Abwasser; Verweilzeit = 8 Stunden

SIP=SI = 150 mg/l
SVP=150 mg/l (SEP = 0)
SV=22,5 mg/l
SE=50 μg/l

Daher:

RVP=100 %, RV = 15 %
RT=100 % und RBA = 85 %.

Es wurde davon ausgegangen, dass sich Benzol nicht an den Schlamm anlagert.

LITERATUR

1.
Horn JA, Moyer JE, Hale JH (1970). Biological degradation of tertiary butyl alcohol. Proc. 25th Ind. Wastes Conference Purdue Univ.: 939-854.
2.
Pitter P, Chudoba J (1990). Biodegradability of organic substances in the aquatic environment. CRC Press. Boston, USA.
3.
Stover EL, Kincannon DF (1983). Biological treatability of specific organic compounds found in chemical industry waste waters. J. Wat. Pollut. Control Fed. 55: 97.
4.
ISO 10634 (1995) Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die Vorbereitung und Behandlung von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen für die nachfolgende Bestimmung ihrer biologischen Abbaubarkeit in einem wässrigen Medium.
5.
Kapitel C.4 dieses Anhangs, Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit.

Anlage 6

Auswirkungen der Schlammverweilzeit auf die Behandlungsfähigkeit chemischer Substanzen

EINLEITUNG

1.
Die im Haupttext beschriebene Methode dient der Feststellung, ob die getesteten Substanzen (in der Regel Stoffe, die bekanntermaßen inhärent, aber nicht leicht biologisch abbaubar sind) innerhalb der für Kläranlagen geltenden Grenzen biologisch abgebaut werden können. Die Ergebnisse werden als prozentuale Abnahme und prozentualer biologischer Abbau angegeben. Die Betriebsbedingungen der Belebtschlammanlagen und die Wahl des Zulaufs lassen relativ breit gefächerte Prüfsubstanzkonzentrationen im Ablauf zu. Tests werden nur an Schlammfeststoffen in einer einzigen nominalen Konzentration oder bei einer einzigen nominalen Schlammverweilzeit (sludge retention time, SRT) durchgeführt, und die beschriebenen Verfahren für den Überschussschlammabzug können dazu führen, dass der SRT-Wert während des Tests sowohl von einem Tag zum anderen als auch während eines Tages beträchtlich variiert.
2.
Bei dieser Variante (1)(2) wird die Schlammverweilzeit (wie dies auch bei Anlagen größeren Maßstabs der Fall ist) während jedes 24-Stunden-Zeitraums innerhalb sehr viel engerer Grenzen kontrolliert, wodurch sich eine konstantere Konzentration in den Abläufen ergibt. Es wird die Verwendung von Haushaltsabwasser empfohlen, da diese Abwasserart konsistentere und höhere Abnahmeprozentwerte ergibt. Darüber hinaus werden die Effekte verschiedener SRT-Werte untersucht, und in einer weiterreichenden Studie können die Effekte verschiedener Temperaturen auf die Ablaufkonzentration bestimmt werden.
3.
Es besteht bisher kein allgemeines Einvernehmen darüber, welche kinetischen Modelle zugrunde liegen, wenn chemische Stoffe unter Abwasserbehandlungsbedingungen biologisch abgebaut werden. Auf die erhobenen Daten wurde das Monod-Modell (zur Vorhersage der Wachstumsgeschwindigkeit von Bakterien in Abhängigkeit von der Konzentration der Substrate) gewählt (1)(2), da die Methode nur zur Anwendung auf in großen Mengen produzierte chemische Substanzen bestimmt war, die in Abwasser in Konzentrationen von über 1 mg/l vorkommen. Die Gültigkeit des vereinfachten Modells und die aufgestellten Annahmen wurden anhand einer Reihe von Alkoholethoxylaten von unterschiedlicher primärer Bioabbaubarkeit bestimmt (2)(3).

Anmerkung: Da sich diese Variante eng an den Wortlaut der vorliegenden Prüfmethode (C.10-A) anlehnt, werden im Folgenden nur die Punkte beschrieben, bei denen Abweichungen bestehen.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

4.
Porous-Pot-Belebtschlammanlagen, die zur Erleichterung des (fast) kontinuierlichen Abzugs von Kultursuspension konzipiert wurden und eine sehr präzise Kontrolle der Schlammverweilzeit (SRT, oder θs) gestatten, werden mit verschiedenen Schlammverweilzeiten und — fakultativ — bei verschiedenen Temperaturen als nicht gekoppelte Anlagen betrieben. Die Verweilzeit beträgt in der Regel 2 bis 10 Tage, und die Temperaturen liegen zwischen 5 und 20 °C. (Vorzugsweise häusliches) Abwasser und eine Lösung der Prüfsubstanz werden in Anteilen, die die erforderliche Schlammverweilzeit (3 bis 6 Stunden) und die erforderliche Prüfsubstanzkonzentration im Zulauf gewährleisten, separat in die Anlagen zudosiert. Zu Vergleichszwecken werden zeitgleich Kontrollanlagen ohne Prüfsubstanz betrieben.
5.
Es können andere Apparaturtypen verwendet werden, doch muss in diesem Fall unbedingt sichergestellt werden, dass eine gute Kontrolle der Schlammverweilzeit gewährleistet ist. So muss bei der Verwendung von Anlagen mit Klärkasten möglicherweise in Kauf genommen werden, dass Feststoffe über den Anlagenablauf verloren gehen. Ferner sollten besondere Vorkehrungen getroffen werden, um Fehler aufgrund von Schwankungen der Schlammmenge im Klärkasten zu vermeiden.
6.
Die Anlagen werden unter allen gewählten Testbedingungen betrieben, und sobald Stabilität erreicht wurde, werden über einen Zeitraum von ungefähr drei Wochen die durchschnittlichen Steady-State-Konzentrationen der Prüfsubstanz in den Abläufen und — fakultativ — die DOC-Werte bestimmt. Zusätzlich zur Bestimmung der prozentualen Abnahme der Prüfsubstanz und der fakultativen Bestimmung des DOC-Wertes wird das Verhältnis zwischen Betriebsbedingungen und Prüfsubstanzkonzentration im Ablauf grafisch dargestellt. Auf diese Weise können kinetische Konstanten berechnet und die Bedingungen vorausgesagt werden, unter denen die Prüfsubstanz behandelt werden kann.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

7.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 12 und 13.

NEGATIVE/POSITIVE TESTERGEBNISSE (PASS/FAIL)

8.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 14 und 15.

REFERENZSUBSTANZ

9.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 16.

REPRODUZIERBARKEIT VON TESTERGEBNISSEN

10.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 17 und 18.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

11.
Als Anlage ist das modifizierte Porous-Pot-System geeignet (siehe Anlage 6.1). Das System besteht aus einem Innengefäß (oder Einsatz) aus porösem Polypropylen mit einer Dicke von 3,2 mm und einer Porengröße von ungefähr 90 μm; das Anschlussstück ist stumpfgeschweißt (dadurch wird die Anlage robuster als das unter Nummer 21 dieses Kapitels C.10 A beschriebene System). Das Innengefäß wird in ein größeres Außengefäß aus undurchlässigem Polyethylen eingesetzt, welches aus zwei Teilen besteht — einer runden Basisplatte mit ausgestanzten Lochöffnungen für zwei Luftleitungen und eine Schlammabzugleitung und einem aufschraubbaren Zylinder mit einem derart angeordneten Ausfluss, dass das Volumen im Topf stets auf 3 Liter gehalten werden kann. Eine der Luftleitungen ist mit einem Lüftungsstein versehen, die andere ist an einem Ende offen und im Topf im rechten Winkel zum Stein angeordnet. Das System erzeugt genügend Turbulenz, um den Inhalt des Topfes vollständig durchzumischen und Konzentrationen an gelöstem Sauerstoff von über 2 mg/l zu gewährleisten.
12.
Die Anlagen in angemessener Zahl entweder im Wasserbad oder in konstant temperierten Räumen unter kontrollierten Temperaturbedingungen zwischen 5 und 20 °C (± 1 °C) betreiben. Um die Prüfsubstanzlösung und den abgesetzten Schlamm in den vorgeschriebenen Raten (0-1,0 ml/Min bzw. 0-25 ml/Min) in die Belüftungsgefäße zu dosieren, sind Pumpen erforderlich; eine dritte Pumpe zieht den Überschussschlamm aus den Belüftungsgefäßen ab. Die erforderliche sehr langsame Fließgeschwindigkeit des Überschussschlamms wird erreicht, indem eine Pumpe auf höhere Geschwindigkeit eingestellt und mithilfe einer Zeitschaltuhr intermittent, d. h. 10 Sekunden pro Minute, betrieben wird, wobei eine Pumpenleistung von 3 ml/Min eine Abzugrate von 0,5 ml/Min ergibt.

Filtrationsgerät oder Zentrifuge

13.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 23.

Analysegerät

14.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 24.

Wasser

15.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 25 and 26.

Organisches Medium

16.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 27.

Synthetisches Abwasser

17.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 28.

Haushaltsabwasser

18.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 29.

Belebtschlamm

19.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 30.

Stammlösungen der Prüfsubstanz

20.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 31 und 32.

PRÜFVERFAHREN

Aufbereitung des Inokulums

21.
Es gelten nur die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 34. — Es ist Belebtschlamm zu verwenden (ungefähr 2,5 g/l).

Anzahl Prüfanlagen

22.
Für einen einfachen Test, d. h. einen Test zur Messung der prozentualen Abnahme, ist nur eine einzige Schlammverweilzeit (SRT) erforderlich; um jedoch die zur Berechnung vorläufiger kinetischer Konstanten erforderlichen Daten erheben zu können, werden 4 oder 5 SRT-Werte benötigt. In der Regel werden Verweilzeiten zwischen 2 und 10 Tagen gewählt. In der Praxis bietet es sich an, einen Test mit 4 oder 5 Verweilzeiten gleichzeitig bei ein und derselben Temperatur durchzuführen; bei ausgedehnten Studien werden dieselben SRT-Werte (oder u. U. eine unterschiedliche Wertespanne) und andere Temperaturen (5 bis 20 °C) verwendet. Zur Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit (Hauptverwendungszweck) wird in der Regel nur eine Anlage je Bedingungsszenario benötigt. Zur Bestimmung der vollständigen Bioabbaubarkeit ist jedoch für jedes Bedingungsszenario eine Kontrollanlage erforderlich, die mit Abwasser, jedoch nicht mit Prüfsubstanz beschickt wird. Kann davon ausgegangen werden, dass im verwendeten Abwasser Prüfsubstanz präsent ist, müssten auch bei der Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit Kontrollanlagen verwendet und die Berechnungen entsprechend korrigiert werden.

Zudosierung des organischen Mediums und der Prüfsubstanz

23.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 36 bis 39; es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Prüfsubstanzlösung separat zudosiert wird und dass verschiedene Schlammabzugsraten verwendet werden. Die Fließgeschwindigkeiten der Zuläufe, der Abläufe und des abgezogenen Überschussschlamms häufig, z. B. zweimal täglich, überprüfen und bei Bedarf auf ± 10 % justieren. Treten bei Verwendung von Haushaltsabwasser Probleme mit den Analysemethoden auf, sollte der Test mit synthetischem Abwasser durchgeführt werden, wobei jedoch sicherzustellen ist, dass unterschiedliche Medien vergleichbare kinetische Daten liefern.

Handhabung von Belebtschlammanlagen

24.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 40 bis 43, die Schlammverweilzeit (SRT) sollte jedoch nur durch „konstanten“ Schlammabzug reguliert werden.

Probnahme und Analyse

25.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 44 bis 50, außer dass die Konzentration der Prüfsubstanz bestimmt werden muss und der DOC-Wert bestimmt werden kann; CSB-Werte sollten nicht verwendet werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

26.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 52 bis 54.

Darstellung der Prüfergebnisse

27.
Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 56 bis 62.

Berechnung kinetischer Konstanten

28.
Es ist realistischer, die mittlere Steady-State-Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf anzugeben und zu beschreiben, wie sich diese unter unterschiedlichen Anlagenbetriebsbedingungen verändert, als die prozentuale primäre Biobaubarkeit anzuführen. Dies kann mithilfe von Gleichung (6) in Anlage 6.2 erfolgen, mit der Werte für KS, μm und θSC, die kritische Schlammverweilzeit, berechnet werden können.

(Alternativ können mit einem einfachen Rechnerprogramm Näherungswerte für KS und μm bestimmt werden, um die mithilfe von Gleichung 2 (Anlage 6.2) errechnete theoretische Kurve den erzielten Testwerten anzupassen. Auch wenn keine der Lösungen die einzige richtige sein wird, lässt sich dennoch ein verhältnismäßig akkurater Näherungswert für KS und μm bestimmen.)

Variabilität von Ergebnissen

29.
Es ist durchaus gängig, dass für kinetische Parameter bestimmter chemischer Substanzen unterschiedliche Werte erzielt werden. Es wird davon ausgegangen, dass sowohl die Bedingungen, unter denen sich der Schlamm vermehrt hat, als auch die Testbedingungen (wie unter Nummer 5 und für andere Tests beschrieben) großen Einfluss auf die Prüfergebnisse haben. Ein Aspekt dieser Variabilität wurde von Grady et al (4) erörtert, die vorschlugen, die Begriffe „existierend“ (extant) und „intrinsisch“ (intrinsic) auf die beiden die Grenzen des physiologischen Zustands einer Kultur repräsentierenden Extremzustände anzuwenden, die während eines kinetischen Versuchs erreicht werden können. Darf sich der Zustand während des Tests nicht verändern, so spiegeln die Werte der kinetischen Parameter die Bedingungen des Milieus wider, aus dem die Mikroorganismen entnommen wurden; diese Werte gelten als „existierend“, d. h. gegenwärtig vorhanden. Am anderen Ende, d. h. wenn die Testbedingungen die vollständige Entwicklung des protein-synthetisierenden Systems und somit eine größtmögliche Wachstumsrate gestatten, gelten die erzielten kinetischen Parameter als „intrinsisch“ und werden nur von der Art des Substrats und den Arten von Bakterien in der Kultur beeinflusst. Als Faustregel gilt, dass Existenz-Werte erzielt werden, wenn das Verhältnis von Substratkonzentration zu kompetenten (d. h. auf den Abbau spezialisierten) Mikroorganismen (So/Xo) gering, z. B. auf 0,025, gehalten wird, während intrinsische Werte anfallen, wenn dieses Verhältnis größer ist und ein Wert von mindestens 20 vorliegt. In beiden Fällen sollte So dem relevanten Wert von Ks — der Halbsättigungskonstante — entsprechen oder darüber liegen.
30.
Die Variabilität und andere Aspekte der Bioabbaugeschwindigkeit waren Gegenstand eines kürzlich stattgefundenen SETAC-Workshops (5). Solche (bereits vorliegenden oder geplanten) Studien dürften einen genaueren Einblick in die in Kläranlagen ablaufenden kinetischen Prozesse geben und somit eine bessere Auswertung existierender Daten ermöglichen, aber auch Anregungen für eine zweckdienlichere Auslegung künftiger Prüfmethoden geben.

LITERATUR:

1.
Birch RR (1982). The biodegradability of alcohol ethoxylates. XIII Jornado Com. Espanol Deterg.: 33-48.
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Anlage 6.1

„Porous Pot“ mit SRT-Kontrolle

Anlage 6.2

Berechnung von kinetischen Konstanten

1.
In der Annahme, dass das mathematische Modell der Monod-Kinetik gilt, und ausgehend von einer Massenbilanz aus aktiven Feststoffen und Substrat im gesamten Belebtschlammsystem (1) können die folgenden Werte für den Gleichgewichtszustand (steady state) berechnet werden:



[1]

oder



[2]

Dabei sind:

S1=die Konzentration des Substrats im Ablauf, (mg/l)
KS=die Halbsättigungskonstante, d. h. die Konzentration, bei der μ = μm/2 (mg/l)
μ=die spezifische Wachstumsrate (d–1)
μm=der Höchstwert von μm(d 1)
Kd=die spezifische Zerfallsrate aktiver Feststoffe (d–1)
θS=die mittlere Schlammverweilzeit, SRT (d)

Die Prüfung dieser Gleichung führt zu folgenden Schlussfolgerungen:

i)
Die Ablaufkonzentration ist unabhängig von der Zulaufkonzentration (S0); folglich verändert sich der Prozentsatz des biologischen Abbaus mit der Zulaufkonzentration S0.
ii)
Der einzige S1 beeinflussende kontrollierbare Parameter der Anlage ist die Schlammverweilzeit θS.
iii)
Jeder Zulaufkonzentration S0 entspricht eine kritische Schlammverweilzeit, so dass:



[3]

Dabei ist:

θSC = die kritische Schlammverweilzeit, unterhalb der kompetente (d. h. auf den Abbau spezialisierte) Mikroorganismen aus der Anlage ausgewaschen werden.

iv)
Da die anderen Parameter in Gleichung (2) die Wachstumskinetik betreffen, ist davon auszugehen, dass die Temperatur den Substratgehalt des Ablaufs und das kritische Schlammalter beeinflusst, d. h. die für einen bestimmten Behandlungsgrad erforderliche Schlammverweilzeit würde bei abnehmender Temperatur zunehmen.
2.
Ausgehend von einer Massenbilanz von Feststoffen im Porous-Pot-System und in der Annahme, dass die Feststoffkonzentration im Anlagenablauf, X2, im Vergleich zur Feststoffkonzentration im Belüftungsgefäß, X1, gering ist, die Schlammverweilzeit wie folgt berechnen:



[4]

und

Dabei sind:

V=das Volumen des Belüftungsgefäßes (l)
X1=die Feststoffkonzentration im Belüftungsgefäß (mg/l)
X2=die Feststoffkonzentration im Ablauf (mg/l)
Q0=die Zuflussrate (l/d)
Q1=die Schlammabzugsrate (l/d)

Folglich kann die Schlammverweilzeit (jeder vorab eingestellte Wert) durch Kontrolle der Schlammabzugsrate, Q1, kontrolliert werden.

Schlussfolgerungen

3.
Hauptzweck dieses Tests ist es demnach, die Vorhersage der Ablaufkonzentration und somit der Prüfsubstanzmengen in den Vorflutern zu ermöglichen.
4.
Durch Auftragen von S1 gegen θS lässt sich die kritische Schlammverweilzeit, θSC, in manchen Fällen vorhersagen; siehe beispielsweise Kurve 3 in Abbildung 1. Ist dies nicht möglich, kann θSC (zusammen mit Näherungswerten für μm und KS) berechnet werden durch Auftragen von S1 gegen S1•θS.

Die Umstellung von Gleichung (1) ergibt



[5]

Ist Kd klein, wird 1 + θs Kd ~ 1 und [5] wird zu



[6]

Die grafischen Punkte sollten demnach eine Gerade (siehe Abbildung 2) mit Steigung 1/μm und Schnittpunkt KS/μm ergeben; ferner gilt θS ~ 1/μm.

Abbildung 1
Drei Temperaturen; fünf Schlammverweilzeiten (SRT)
Abbildung 2
Regressionsgerade SRT — S1 vs S1 bei Temperatur T = 5 °C
Legende:
Ablaufkonzentration:
Kurve:

Anlage 7

TESTS BEI NIEDRIGEN (μg/l) KONZENTRATIONSBEREICHEN

1.
Zahlreiche chemische Substanzen sind im Wassermilieu, auch in Abwässern, normalerweise in sehr niedrigen Konzentrationen (μg/l) vorhanden. In derart kleinen Mengen sind sie als primäre Vermehrungssubstrate eher nicht geeignet, sondern werden vielmehr als vermehrungsunfähige Sekundärsubstrate zur gleichen Zeit wie diverse natürlich vorkommende kohlenstoffhaltige Substanzen biologisch abgebaut. Das in Anlage 6 beschriebene Modell ist für den Abbau derartiger chemischer Stoffe folglich nicht geeignet. Viele andere Modelle könnten jedoch angewendet werden, und unter den in Abwasserbehandlungssystemen vorherrschenden Bedingungen in vielen Fällen zeitgleich. Zur Klärung dieser Frage ist jedoch noch größerer Forschungsaufwand erforderlich.
2.
Bis dahin kann das im Haupttext beschriebene Verfahren (Kapitel C.10 A) angewendet werden, allerdings nur zur Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit mittels angemessen geringer Konzentrationen (< 100 μg/l) und nach einem validierten Analyseverfahren. Die prozentuale biologische Abbaubarkeit kann berechnet werden (siehe Nummer 54 der Prüfmethode), sofern abiotische Prozesse (Adsorption, Flüchtigkeit usw.) berücksichtigt werden. Als Beispiel kann die Studie von Nyholm et al. (1)(2) angeführt werden, bei der die Prüfanlage im 4-Stunden-Takt mit Prüfsubstanz beschickt wurde (Fill-and-Draw-Methode). Für fünf chemische Stoffe, mit denen synthetisches Abwasser im Verhältnis 5 zu 100 μg/l beimpft wurde, wurden Konstanten pseudo-erster Ordnung berichtet. (Für vollständige Bioabbaubarkeit können 14C-markierte Prüfsubstanzen verwendet werden. Da hierfür bislang keine allgemein anerkannten Verfahren vorliegen, geht eine Beschreibung dieser Methode über den Geltungsbereich der vorliegenden Prüfmethode hinaus, wenngleich eine für ISO 14592 (3) vorgeschlagene Methode Leitlinien für die Verwendung 14C-markierter chemischer Stoffe enthält.)

SCAS-Test

3.
Später wurde ein einfacherer Zwei-Phasen-Test vorgeschlagen (4)(5)(6); auf die halbkontinuierliche Belebtschlamm-(SCAS)-Methode folgen kinetische Schnelltests an Proben aus den SCAS-Anlagen. Beim SCAS-System sind (im Gegensatz zur ursprünglichen C.12-Prüfmethode) die Überschussschlamm-Abzugsraten bekannt, und die Anlage wird mit modifiziertem synthetischen Abwasser (OECD) oder Haushaltsabwasser beschickt. Das synthetische Abwasser wurde (wegen veränderlichem pH-Wert und unzulänglicher Schlammsedimentation) durch Zugabe von Phosphatpuffer, Hefeextrakt, Eisen-(III)-Chlorid und Spurenelementsalzen modifiziert, und sein CSB wurde durch Erhöhung der Pepton- und Fleischextraktkonzentration auf etwa 750 mg/l angehoben. Die Anlagen wurden im 24-Stunden-Zyklus betrieben, d. h. Belüftung für 23 Stunden, Überschussschlammabzug, Sedimentation, Entfernung des Überstands (über den Ablauf) mit anschließender Zuführung von synthetischem Abwasser PLUS Prüfsubstanz in Höhe von bis zu 100 μg/l (d. h. in ungefähr derselben Konzentration wie beim Schnelltest). Einmal wöchentlich wurden 10 % des gesamten Schlamms durch frischen Schlamm ersetzt, um eine ausgewogene Mikrobenpopulation zu gewährleisten.
4.
Die anfängliche Konzentration der Prüfsubstanz und die Konzentration am Ende der Belüftungsphase werden gemessen, und der Test wird fortgesetzt, bis eine konstante Abnahme der Prüfsubstanz erreicht ist; dies kann eine Woche bis mehrere Monate dauern.

Schnelltest

5.
Ein Schnelltest (z. B. ein 8-Stunden-Test) wird durchgeführt, um die Konstante der Abbaukinetik (pseudo-)erster Ordnung zu bestimmen, die über die Geschwindigkeit der Zersetzung der Prüfsubstanz in Belebtschlamm aus bekannten, jedoch unterschiedlichen Quellen und Werdegängen Aufschluss gibt. Während eines Akklimatisationsversuchs (Nummern 3, 4) werden insbesondere aus den SCAS-Reaktoren Schlammproben gezogen, und zwar am Ende einer Belüftungsphase, wenn die Konzentration des organischen Substrats gering ist. Zum Vergleich kann Schlamm auch aus einer parallel laufenden SCAS-Anlage entnommen werden, die nicht mit Prüfsubstanz beschickt wurde. Gemische aus Schlamm und Prüfsubstanz, die in zwei oder mehr Konzentrationen zwischen 1 μg/l und 50 μg/l zugeführt wird, werden ohne Zugabe von synthetischem Abwasser oder einem anderen organischen Substrat belüftet. Die Restprüfsubstanz in der Lösung wird während eines Zeitraums von maximal 24 Stunden je nach Abbaubarkeit der chemischen Substanz in regelmäßigen Zeitabständen, z. B. stündlich, bestimmt. Vor den entsprechenden Analysen werden die Proben zentrifugiert.

Berechnungen

6.
Zur Berechnung der prozentualen Abnahme der Prüfsubstanz werden Daten aus den SCAS-Anlagen verwendet (Nummer 54). Außerdem kann mittels folgender Gleichung eine Konstante der Durchschnittsgeschwindigkeit, K1, (normiert für die Konzentration suspendierter Feststoffe) berechnet werden:

Dabei sind:

t=der Belüftungszeitraum (23 Stunden)
Ce=die Konzentration am Ende des Belüftungszeitraums (μg/l)
Ci=die Konzentration zu Beginn des Belüftungszeitraums (μg/l)
SS=die Konzentration von Belebtschlammfeststoffen (g/l)
7.
Beim Schnelltest wird die logarithmische Konzentration der Restprüfsubstanz (in %) gegenüber der Zeit grafisch dargestellt, und die Steigung des ersten Teils (10-50 % Zersetzung) der Kurve entspricht K1, der Konstanten (pseudo-)erster Ordnung. Für die Konzentration der Schlammfeststoffe wird die Konstante durch Division der Steigung durch die Konzentration der Schlammfeststoffe normiert. Das mitgeteilte Ergebnis muss auch Einzelheiten über die anfänglichen Konzentrationen der Prüfsubstanz und suspendierter Feststoffe, über die Schlammverweilzeit, Eintrag und Quelle des Schlamms und über eine (etwaige) Präexposition gegenüber der Prüfsubstanz enthalten.

Variabilität der Ergebnisse

8.
Die Variabilität und andere Aspekte der Bioabbaugeschwindigkeit waren Gegenstand eines kürzlich stattgefundenen SETAC-Workshops (7). Solche (bereits vorliegenden oder geplanten) Studien dürften einen genaueren Einblick in die in Kläranlagen ablaufenden kinetischen Prozesse geben und somit eine bessere Auswertung existierender Daten ermöglichen, aber auch Anregungen für eine zweckdienlichere Auslegung künftiger Prüfmethoden enthalten.

LITERATUR

(1) Nyholm N, Jacobsen BN, Pedersen BM, Poulsen O, Dambourg A and Schultz B (1992). Removal of micropollutants in laboratory activated sludge reactors. Biodegradability. Wat. Res. 26: 339-353.

(2) Jacobsen BN, Nyholm N, Pedersen BM, Poulsen O, and Ostfeldt P (1993). Removal of organic micropollutants in laboratory activated sludge reactors under various operating conditions: Sorption. Wat. Res. 27: 1505-1510.

(3) ISO 14592 (ISO/TC 147/SC5/WG4, N264) (1998). Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der aeroben biologischen Abbaubarkeit organischer Verbindungen in geringen Konzentrationen.

(4) Nyholm N, Ingerslev F, Berg UT, Pedersen JP and Frimer-Larsen H (1996). Estimation of kinetic rate constants for biodegradation of chemicals in activated sludge waste water treatment plants using short-term batch experiments and μg/l range spiked concentrations. Chemosphere 33 (5): 851-864.

(5) Berg UT and Nyholm N (1996). Biodegradability simulation Studies in semi-continuous activated sludge reactors with low (μg/l range) and standard (ppm range) chemical concentrations. Chemosphere 33 (4): 711-735.

(6) Danish Environmental Protection Agency. (1996). Activated sludge biodegradability simulation test. Umweltprojekt, Nr. 337. Nyholm, N. Berg, UT. Ingerslev, F. Ministerium für Umwelt und Energie, Kopenhagen.

(7) Biodegradation kinetics: Generation and use of data for regulatory decision making (1997). Workshop in Port Sunlight, VK. Verlag: Hales, SG. Feitjel, T. King, H. Fox, K. and Verstraete, W. 4.-6. September 1996. SETAC- Europe, Brüssel.

C.10-B:   Biofilme

EINLEITUNG

1.
Simulationstests werden normalerweise an chemischen Substanzen vorgenommen, die sich im Screeningtest als nicht leicht abbaubar erwiesen haben (Kapitel C.4 (A-F) dieses Anhangs (9)), deren potenzielle (oder inhärente) biologische Abbaubarkeit jedoch im Test nachgewiesen wurde. In Ausnahmefällen werden Simulationstests auch an Substanzen vorgenommen, zu denen mehr Informationen benötigt werden (vor allem wenn sie in großen Mengen vorkommen), wobei in der Regel das Belebtschlammverfahren angewandt wird (C.10-A). In bestimmten Fällen sind jedoch spezifische Informationen über das Abbauverhalten einer chemischen Substanz bei biologischer Abwasserbehandlung (durch Biofilmreaktoren wie z. B. Tropfkörper, Tauchkörper, Fließbettreaktoren) erforderlich. Zu diesem Zweck wurden diverse Apparaturen entwickelt.
2.
Gerike et al. (1) verwendeten große pilotmaßstäbliche Tropfkörper als gekoppelte Anlagen. Diese Filter nahmen viel Platz in Anspruch und erforderten verhältnismäßig große Mengen an Abwasser oder synthetischem Abwasser. Truesdale et al. (2) beschrieben kleinere Filter (eines Durchmessers von 6 Fuß × 6 Zoll), denen ein tensidfreies natürliches Abwasser zugeführt wurde; allerdings erforderten auch diese Filter immer noch große Wassermengen. Es dauerte 14 Wochen, bis sich ein „reifer“ Biofilm entwickelte, und bis zur Akklimatisierung waren nach der Beschickung mit dem Prüftensid noch weitere 4-8 Wochen erforderlich.
3.
Baumann et al. (3) entwickelten einen viel kleineren Filter, bei dem Polyester-„Vlies“ verwendet wurde, das zuvor als inerte Aufwuchsfläche (Substratum) für den Biofilm in Belebtschlamm getränkt wurde. Die Prüfsubstanz wurde als die einzige C-Quelle verwendet, und die biologische Abbaubarkeit wurde durch Messung des gelösten organischen Kohlenstoffs (dissolved organic carbon, DOC) im Zu- und Ablauf und anhand des CO2-Gehalts des austretenden Gases bestimmt.
4.
Gloyna et al. (4), die Erfinder des Drehrohrreaktors, verfolgten einen ganz anderen Ansatz. Auf der Innenfläche des Drehrohres wurde ein Biofilm gebildet, indem die betreffende Fläche über die Stirnseite des in einem kleinem Winkel zur Horizontalen angeordneten Rohres mit Zulaufwasser überströmt wurde. Der Reaktor wurde zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von Tensiden (5), aber auch zur Untersuchung der optimalen Dicke der Biofilmschicht und der Diffusion durch den Film (6) verwendet. Gloyna et al. entwickelten den Reaktor weiter, auch durch Modifizierung, um den CO2-Gehalt des austretenden Gases bestimmen zu können.
5.
Der Drehrohrreaktor wurde vom Standing Committee of Analysts (Vereinigtes Königreich) als Standardmethode für die Bestimmung sowohl der biologischen Abbaubarkeit chemischer Substanzen (7) als auch der Reinigungsfähigkeit und Toxizität von Abwässern (8) anerkannt. Die hier beschriebene Methode hat den Vorteil, dass sie einfach, kompakt und reproduzierbar ist und relativ kleine Mengen an organischem Medium benötigt werden.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

6.
Die Innenfläche eines langsam rotierenden geneigten Rohres wird mit synthetischem Abwasser oder Haushaltsabwasser und Prüfsubstanz (dazugemischt oder separat) überströmt. Auf dieser Innenfläche bildet sich eine Schicht von Mikroorganismen, die denen auf Biofiltermedien vergleichbar sind. Die Prozessbedingungen des Reaktors werden so gewählt, dass eine angemessene Eliminierung der organischen Substanzen und, falls nötig, eine Ammonium-Oxidation erfolgt.
7.
Ausfluss aus dem Rohrablauf wird gesammelt und abgesetzt und/oder gefiltert, bevor der DOC- und/oder der Prüfsubstanzgehalt nach einer spezifischen Methode analysiert wird. Zeitgleich werden zu Vergleichszwecken unter denselben Bedingungen Kontrollanlagen ohne Prüfsubstanz betrieben. Dabei wird angenommen, dass die Differenz zwischen den DOC-Konzentrationen im Ablauf der Prüf- und der Kontrollanlage durch die Prüfsubstanz und ihre organischen Stoffwechselprodukte bedingt ist. Zur Berechnung der Elimination der Prüfsubstanz wird diese Differenz mit der Konzentration der zugeführten Prüfsubstanz (als DOC) verglichen.
8.
Der biologische Abbau lässt sich in der Regel durch sorgfältige Prüfung der Eliminations-Zeit-Kurve von der Bioadsorption differenzieren. Dies kann gewöhnlich durch einen Test auf leichte Bioabbaubarkeit (Sauerstoffaufnahme oder Kohlendioxidproduktion) bestätigt werden, bei dem ein akklimatisiertes Inokulum verwendet wird, das am Ende des Tests aus den mit der Prüfsubstanz beschickten Reaktoren entnommen wird.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

9.
Reinheit, Wasserlöslichkeit und Flüchtigkeit sowie die Adsorptionsmerkmale der Prüfsubstanz sollten bekannt sein, um eine akkurate Ergebnisauswertung zu ermöglichen.
10.
Normalerweise können flüchtige oder schwer lösliche chemische Substanzen nicht getestet werden, es sei denn, es werden besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen (siehe Kapitel C.10-A, Anlage 5). Die chemische Struktur oder zumindest die empirische Formel sollten ebenfalls bekannt sein, um theoretische Werte berechnen und/oder gemessene Parameterwerte, z. B. für den theoretischen Sauerstoffbedarf (ThOD) oder den DOC, überprüfen zu können.
11.
Angaben zur Toxizität der Prüfsubstanz für Mikroorganismen (siehe Kapitel C.10-A, Anlage 4) können für die Wahl geeigneter Testkonzentrationen zweckdienlich und für die korrekte Auswertung niedriger Bioabbaubarkeitswerte ausschlaggebend sein.

NEGATIVE/POSITIVE TESTERGEBNISSE (PASS/FAIL)

12.
Ursprünglich musste die primäre Bioabbaubarkeit von Tensiden mindestens 80 % betragen, bevor die Substanz in den Verkehr gebracht werden konnte. Wird der Wert von 80 % nicht erreicht, kann der vorliegende Simulations-(Bestätigungs-)Test durchgeführt werden, und das Tensid darf nur in den Verkehr gebracht werden, wenn über 90 % der betreffenden Substanz abgebaut wurden. Im Allgemeinen stellt sich die Pass-/Fail-Frage bei chemischen Substanzen nicht, und der Wert der prozentualen Abnahme kann zur approximativen Berechnung der wahrscheinlichen Umweltkonzentration einer chemischen Substanz verwendet werden, die zur Analyse der von chemischen Substanzen ausgehenden Gefahren erforderlich ist. Einige Untersuchungen reiner Chemikalien haben in mehr als drei Viertel aller Fälle eine prozentuale DOC-Abnahme von > 90 % und bei über 90 % der Substanzen, die sich in nennenswerten Maße als biologisch abbaubar erwiesen haben, von > 80 % ergeben.

REFERENZSUBSTANZEN

13.
Um sicherzustellen, dass das Testverfahren korrekt durchgeführt wird, ist es sinnvoll, gelegentlich Referenzsubstanzen zu testen, deren Verhalten bekannt ist. Zu derartigen Substanzen zählen Adipinsäure, 2-Phenylphenol, 1-Naphthol, Diphensäure und 1-Naphthoesäure.

REPRODUZIERBARKEIT VON TESTERGEBNISSEN

14.
Die relative Standardabweichung lag nach Feststellung eines britischen Labors bei den Tests selbst bei 3,5 % und zwischen Tests bei 5 % (7).

BESCHREIBUNG DES PRÜFVERFAHRENS

Apparatur

Drehrohrreaktoren

15.
Die Apparatur (siehe Anlage 8, Abbildungen 1 und 2) besteht aus einer Reihe von jeweils 30,5 cm langen Acrylrohren mit jeweils 5 cm Innendurchmesser, die innerhalb eines metallenen Stützkastens auf Gummirollen angeordnet sind. Jedes Rohr hat einen ca. 0,5 cm tiefen Flansch, damit es fest auf den Rädern aufsitzt, eine mit grober Stahlwolle aufgeraute Innenfläche und am Stirnende (Zufuhrende) einen 0,5 cm tiefen inneren Randabschluss, um ein Überlaufen der Flüssigkeit zu vermeiden. Die Rohre sind in einem Winkel von ungefähr einem Grad zur Horizontalen angeordnet, um, wenn das Testmedium dem sauberen Rohr zugeführt wird, die erforderliche Kontaktzeit zu gewährleisten. Die Gummirollen werden mithilfe eines Motors mit Geschwindigkeitssteuerung langsam gedreht. Da die Apparatur in einem Raum mit konstanten Temperaturbedingungen aufgestellt wird, ist Temperaturkontrolle gewährleistet.
16.
Indem jeder Rohrreaktor in ein geringfügig größeres, gedeckeltes Rohr gesetzt und sichergestellt wird, dass die Anschlüsse gasdicht sind, könnte austretendes CO2 in einer alkalischen Lösung aufgefangen und anschließend gemessen werden (6).
17.
Für jedes Rohr wird in einem 20 l-Vorratsgefäß (A) (siehe Abbildung 2) ein 24-Stunden-Vorrat an organischem Medium, gegebenenfalls mit Prüfsubstanz versetzt, bereitgehalten. Bei Bedarf kann die Prüfsubstanz separat dosiert zugeführt werden. Am unteren Ende jedes Vorratsgefäßes befindet sich ein Ausguss, der mit einen geeigneten Schlauch, z. B. aus Silikonkautschuk, über eine Peristaltikpumpe (B) an ein Glas- oder Acryl-Überführungsrohr angeschlossen ist, das an der Stirnseite des geneigten Rohrreaktors 2-4 cm tief in das Rohr eingeführt wird (C). Der Abfluss wird am unteren Ende des Rohres in einem Sammelgefäß aufgefangen (D). Er wird vor der Analyse abgesetzt oder gefiltert.

Filtrationsgerät — Zentrifuge

18.
Gerät zur Filtration von Proben mit Membranfiltern einer geeigneten Porenweite (Nennöffnungsdurchmesser 0,45 μm), die lösliche organische Substanzen adsorbieren bzw. ein Minimum an organischem Kohlenstoff freisetzen. Bei Verwendung von Kohlenstoff freisetzenden Filtern sind diese sorgfältig mit heißem Wasser zu waschen, um austretenden organischen Kohlenstoff zu entfernen. Alternativ kann eine Zentrifuge einer Kapazität von 40 000 m/s2 verwendet werden.
19.
Analysegerät zur Bestimmung folgender Größen:
DOC/TOC (gesamter organischer Kohlenstoff) oder CSB (chemischer Sauerstoffbedarf);
bestimmte chemische Substanz (mittels HPLC, GC usw.), soweit erforderlich;
pH-Wert, Temperatur, Azidität und Alkalinität;
Ammonium, Nitrit und Nitrat, wenn die Tests unter nitrifizierenden Bedingungen durchgeführt werden.

Wasser

20.
Leitungswasser (Trinkwasser) mit einem DOC-Gehalt von weniger als 3 mg/l.
21.
Destilliertes oder deionisiertes Wasser mit einem DOC-Gehalt von weniger als 2 mg/l.

Organisches Medium

22.
Als organisches Medium kommt synthetisches Abwasser, Haushaltsabwasser oder eine Mischung aus beiden Abwasserarten in Frage. Es hat sich gezeigt, dass die alleinige Verwendung von Haushaltsabwasser (in Belebtschlammanlagen) oft zu einer höheren prozentualen DOC-Abnahme führt und selbst den biologischen Abbau bestimmter chemischer Substanzen fördert, die bei Verwendung von synthetischem Abwasser (OECD) nicht abgebaut werden. Die Verwendung von Haushaltsabwasser wird demnach empfohlen. Bei jeder neuen Charge von organischem Medium wird die DOC- (oder die CSB-)Konzentration gemessen. Die Azidität oder Alkalinität des organischen Mediums sollte bekannt sein. Das Medium kann die Zugabe einer geeigneten Pufferlösung (Natriumhydrogencarbonat oder Kalium(di)hydrogen-phosphat) erfordern, wenn die Azidität oder Alkalinität gering ist, um während des Tests einen pH-Wert von etwa 7,5 ± 0,5 im Reaktor zu gewährleisten. Wie viel Pufferlösung zuzugeben ist und wann, muss auf Fallbasis entschieden werden.

Synthetisches Abwasser

23.
In jedem Liter Leitungswasser wird Folgendes aufgelöst: 160 mg Pepton; 110 mg Fleischextrakt; 30 mg Harnstoff; 28 mg wasserfreies Dikaliumhydrogenphosphat (K2HPO4); 7 mg Natriumchlorid (NaCl); 4 mg Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2.2H2O); 2 mg Magnesiumsulfat-Heptahydrat (Mg2SO4.7H20). Dieses synthetische Abwasser (OECD) hat Beispielcharakter und ergibt eine mittlere DOC-Konzentration im Zulauf von etwa 100 mg/l. Alternativ können andere Zusammensetzungen mit ähnlichen DOC-Konzentrationen verwendet werden, die realitätsnäher sind. Dieses synthetische Abwasser kann aus destilliertem Wasser in konzentrierter Form hergestellt und bis zu einer Woche bei ungefähr 1 °C gelagert werden. Bei Bedarf wird es mit Leitungswasser verdünnt. (Dieses Medium ist eher ungeeignet, weil die Stickstoffkonzentration sehr hoch und der Kohlenstoffgehalt relativ niedrig ist; es gibt jedoch keine besseren Empfehlungen, außer dass mehr Phosphat (als Puffer) sowie zusätzliches Pepton hinzugefügt werden könnten).

Haushaltsabwasser

24.
Es sollte frisch abgesetztes Abwasser verwendet werden, das täglich von einem vorwiegend Haushaltsabwässer reinigenden Klärwerk bezogen wird. Es sollte aus der Ablaufrinne des Vorklärbeckens oder aus dem Beschickungswasser der Belebtschlammanlage gezogen werden und weitgehend frei von Grobstoffen sein. Das Abwasser kann nach mehrtägiger Lagerung bei 4 °C verwendet werden, sofern erwiesen ist, dass der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) (oder der chemische Sauerstoffbedarf, CSB) während der Lagerung nicht wesentlich (d. h. um weniger als 20 %) abgenommen hat. Um Störungen des Systems zu minimieren, sollte der DOC-(oder der CSB-) Wert jedes neuen Ansatzes vor dessen Verwendung auf einen geeigneten konstanten Wert eingestellt werden, z. B. durch Verdünnung mit Leitungswasser.

Schmiermittel

25.
Zum Schmieren der Peristaltikpumpenrollen kann Glyzerin oder Olivenöl verwendet werden: Beide Schmiermittel sind für Silikonkautschukschläuche geeignet.

Stammlösungen der Prüfsubstanz

26.
Für angemessen lösliche chemische Substanzen werden in geeigneten Konzentrationen (z. B. 1 bis 5 g/l) in entionisiertem Wasser oder in einer mineralischen Kulturlösung aus synthetischem Abwasser Stammlösungen angesetzt. Für nicht lösliche chemische Substanzen siehe Kapitel C.10-A, Anlage 5. Diese Methode ist für flüchtige Substanzen ohne Modifizierung der Drehrohrreaktoren (Nummer 16) nicht geeignet. Der DOC- und der TOC-Gehalt der Stammlösung werden bestimmt und die Messungen für jede neue Charge wiederholt. Bei einer Differenz zwischen DOC und TOC von mehr als 20 % wird die Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz überprüft. Der DOC oder die durch spezifische Analyse der Stammlösung gemessene Konzentration der Prüfsubstanz wird mit dem Nennwert verglichen, um festzustellen, ob die Wiederfindungsrate ausreicht (in der Regel kann mit > 90 % gerechnet werden). Vor allem bei Dispersionen ist festzustellen, ob der DOC-Wert als Analyseparameter verwendet werden kann oder nicht oder ob nur ein prüfsubstanzspezifisches Analyseverfahren angewendet werden kann. Bei Dispersionen müssen die Proben zentrifugiert werden. Bei jeder neuen Charge werden der DOC-Wert, der CSB-Wert bzw. die Prüfsubstanz durch spezifische Analyse gemessen.
27.
Der pH-Wert der Stammlösung wird bestimmt. Extremwerte zeigen an, dass die Zugabe der chemischen Substanz den pH-Wert des Belebtschlamms im Prüfsystem beeinflussen kann. In diesem Fall wird die Stammlösung mit kleinen Mengen anorganischer Säure oder Base Trägerstoff neutralisiert, um einen pH-Wert von 7 ± 0,5 zu erhalten, wobei eine Ausfällung der Prüfsubstanz zu vermeiden ist.

PRÜFVERFAHREN

Vorbereitung des organischen Mediums für die Zudosierung

28.
Alle Zulauf- und Ablaufgefäße und die Schlauchleitungen aus den Zulauf- und zu den Ablaufgefäßen sind vor und während des Tests gründlich zu säubern, um Mikrobenbewuchs zu entfernen.
29.
Aus den Feststoffen oder aus der konzentrierten Stammlösung wird durch Verdünnen mit einer angemessenen Menge Leitungswasser täglich frisches synthetisches Abwasser (Nummer 23) vorbereitet. Die erforderliche Menge wird in einem Zylinder dosiert und in ein sauberes Vorratsgefäß gegeben. Bei Bedarf wird dem synthetischen Abwasser vor der Verdünnung auch die Stammlösung der Prüfsubstanz oder der Referenzsubstanz in vorgegebener Menge zugesetzt. Wenn dies praktischer oder zur Vermeidung von Prüfsubstanzverlusten notwendig ist, wird in einem separaten Gefäß eine verdünnte Lösung der Prüfsubstanz gesondert vorbereitet und dem geneigten Rohrreaktor über eine andere Dosierpumpe zugeführt.
30.
Alternativ (und vorzugsweise) wird abgesetztes Haushaltsabwasser (Nummer 24) verwendet, das möglichst täglich frisch bezogen wird.

Betrieb der Drehrohrreaktoren

31.
Zur Bewertung einer einzelnen Prüfsubstanz sind zwei identische Rohrreaktoren erforderlich, die in einem Raum mit konstanten Temperaturbedingungen von 22 ± 2 °C montiert werden.
32.
Die Peristaltikpumpen werden so eingestellt, dass stündlich 250 ± 25 ml organisches Medium (ohne Prüfsubstanz) in die geneigten Rohre dosiert werden, die bei 18 ± 2 rpm rotieren. Die Pumpenrohre werden vor Beginn und regelmäßig während des Tests geschmiert (Nummer 25), um einen reibungslosen Prozessablauf und eine möglichst lange Lebensdauer der Rohrinstallation zu gewährleisten.
33.
Der Neigungswinkel der Rohre zur Horizontalen wird so eingestellt, dass eine Verweilzeit des Zuflusses im sauberen Rohr von 125 ± 12,5 Sekunden gewährleistet ist. Die Verweilzeit wird durch Versetzung des Zuflusses mit einem nichtbiologischen Markierungsstoff (z. B. NaCl, inerter Farbstoff) geschätzt: Dabei gilt die Zeit, bis die Höchstkonzentration im Abfluss erreicht ist, als mittlere Verweilzeit (ist Biofilm in maximaler Menge vorhanden, kann sich die Verweilzeit auf bis zu 30 Minuten erhöhen).
34.
Diese Raten, Geschwindigkeiten und Zeiten haben sich für angemessene DOC- (bzw. CBS-)Abnahmeraten (> 80 %) und die Nitrifikation von Abflüssen bewährt. Die Fließgeschwindigkeit sollte geändert werden, wenn die Abnahme unzulänglich ist oder die Leistung einer bestimmten Kläranlage simuliert werden soll. In letzterem Fall sollte die Zudosierung des organischen Mediums so lange justiert werden, bis die Leistung des Reaktors der Kläranlagenleistung entspricht.

Animpfung

35.
Bei Verwendung von synthetischem Abwasser reicht zur Anregung des Wachstums der Mikroorganismen möglicherweise eine aerogene Inokulation aus; andernfalls wird dem Zufluss drei Tage lang 1 ml/l abgesetztes Abwasser zugegeben.

Messungen

36.
In regelmäßigen Abständen wird kontrolliert, ob die Dosiermengen und die Rotationsgeschwindigkeiten innerhalb der vorgegebenen Grenzen liegen. Darüber hinaus wird der pH-Wert des Abflusses gemessen, vor allem, wenn mit Nitrifikation gerechnet werden muss.

Probenahme und Analyse

37.
Methode, Schema und Häufigkeit der Probenahmen richten sich nach der Zweckbestimmung des Tests. Es werden beispielsweise Momentproben (snap/grab samples) des Zu- und Ablaufs gezogen, oder die Proben werden über einen längeren, z. B. drei- bis sechsstündigen, Zeitraum entnommen. In der ersten Phase (in der noch keine Prüfsubstanz zugegeben wurde) werden zweimal wöchentlich Proben gezogen. Diese werden entweder durch eine Membran gefiltert oder bei etwa 40 000 m/sec2 für ungefähr 15 Minuten zentrifugiert (Nummer 18). Möglicherweise müssen die Proben vor der Membranfiltration sedimentiert und/oder grob gefiltert werden. Der DOC-Wert (bzw. der CSB-Wert) wird mindestens doppelt bestimmt, ebenso wie erforderlichenfalls der BSB-, Ammonium- und Nitrit-/Nitratwert.
38.
Alle Analysen sollten nach dem Ziehen und Vorbereiten der Proben so bald wie möglich durchgeführt werden. Müssen Analysen zeitlich verschoben werden, sind die Proben in randvollen, fest verschlossenen Flaschen bei ungefähr 4 °C dunkel zu lagern. Müssen die Proben für länger als 48 Stunden gelagert werden, sollten sie durch Tiefgefrieren, Ansäuern oder Zugabe einer geeigneten toxischen Substanz (z. B. 20 ml/l einer 10 g/l-Lösung Quecksilber(II)-Chlorid) haltbar gemacht werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Konservierungsmethode die Analyseergebnisse nicht beeinträchtigt.

Vorlaufphase (Running-in period)

39.
In dieser Phase, die in der Regel etwa zwei Wochen dauert, sechs Wochen jedoch nicht überschreiten sollte, entwickelt sich auf der Grenzfläche ein Biofilm optimaler Dicke. Der DOC- (bzw. der CSB-)Wert nimmt weiter ab (Nummer 44) und erreicht einen Plateauwert. Ist in beiden Rohren ein vergleichbarer Plateauwert erreicht, wird ein Rohr ausgewählt, das für die restliche Prüfungsdauer, während der die Leistungen beider Rohre konsistent bleiben sollten, als Kontrollanlage fungiert.

Zugabe der Prüfsubstanz

40.
In dieser Phase wird der zweite Reaktor in vorgegebener Konzentration (in der Regel 10-20 mg C/l) mit Prüfsubstanz beschickt. Der Kontrollanlage wird weiterhin nur organisches Medium zugeführt.

Akklimatisierungsphase

41.
Der DOC-Wert (bzw. der CSB-Wert) wird weiterhin zweimal wöchentlich bestimmt; wenn die primäre Bioabbaubarkeit bestimmt werden muss, wird durch spezifische Analyse auch die Prüfsubstanzkonzentration gemessen. Zur Akklimatisierung sollten nach Erstzugabe der Prüfsubstanz eine bis sechs Wochen (unter besonderen Umständen auch länger) eingeplant werden. Sobald die prozentuale Abnahme (Nummern 43-45) ihren Höchststand erreicht hat, werden während der Plateauphase über einen Zeitraum von ungefähr drei Wochen 12-15 gültige Werte ermittelt, um die mittlere Abnahmerate zu bestimmen. Der Test gilt als abgeschlossen, wenn ein ausreichend hoher Eliminationsgrad erreicht ist. Der Test sollte nach Erstzugabe der Prüfsubstanz nicht länger als zwölf Wochen dauern.

Bewuchsablösungen (Sloughing)

42.
In relativ regelmäßigen Zeitabständen lösen sich plötzlich ganze Teile überschüssigen Films von den Rohren ab (Sloughing). Um sicherzustellen, dass die Vergleichbarkeit der Ergebnisse nicht beeinträchtigt wird, sollten die Tests mindestens zwei vollständige Wachstums- und Sloughing-Zyklen erfassen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

43.
Die prozentuale Abnahme (Elimination) der Prüfsubstanz, basierend auf der DOC- bzw. der CSB-Messung, wird in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnet:

Dabei sind:

Dt=der Prozentsatz der Abnahme des DOC- bzw. des CSB-Wertes zum Zeitpunkt t
Cs=die DOC- bzw. CSB-Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf, vorzugsweise anhand der Stammlösung geschätzt (mg/l)
E=der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)
Eo=der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Kontrollanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

Die Berechnung sollte für die Referenzsubstanz, sofern getestet, wiederholt werden.

Leistung des Kontrollreaktors

44.
Der Grad der Elimination des organischen Mediums in den Kontrollreaktoren, bezogen auf den DOC- bzw. den CSB-Wert, ist eine nützliche Größe für die Bestimmung der biologischen Abbauaktivität des Biofilms während der Prüfung. Die prozentuale Elimination wird nach folgender Gleichung berechnet:

Dabei ist:

Cm = DOC- bzw. CSB-Wert des organischen Mediums im Zulauf der Kontrollanlage (mg/l)

45.
Die Abnahme (DST) der Prüfsubstanz wird, soweit nach einer spezifischen Analysemethode gemessen, in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnet:

Dabei sind:

Si=die gemessene oder vorzugsweise geschätzte Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf der Prüfanlage (mg/l)
Se=die gemessene Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

Ergibt die Analysemethode bei unverändertem Abwasser einen positiven Wert (Sc mg/l), wird die prozentuale Abnahme (DSC) nach folgender Gleichung berechnet:

Darstellung der Prüfergebnisse

46.
Die prozentuale Elimination Dt und DST (oder Dsc), soweit dieser Wert vorliegt, wird gegen die Zeit aufgetragen (siehe Kapitel C.10-A, Anlage 2). Die (auf die nächste ganze Zahl gerundete) mittlere Abweichung und die Standardabweichung der in der Plateauphase ermittelten 12-15 Werte für DT (und für DST, falls dieser Wert vorliegt) entsprechen der prozentualen Abnahme der Prüfsubstanz. Vom Verlauf der Eliminationskurve lassen sich bestimmte Schlüsse über die Abnahmeprozesse ziehen.

Adsorption

47.
Manifestiert sich zu Prüfungsbeginn bei der Prüfsubstanz eine starke DOC-Elimination, wird die Prüfsubstanz wahrscheinlich durch Anlagerung (Adsorption) an den Biofilm eliminiert. Dieser Vorgang kann möglicherweise durch Bestimmung der Prüfsubstanz nachgewiesen werden, die an Feststoffen, die sich vom Film abgelöst haben, angelagert ist. Die DOC-Elimination adsorptionsfähiger chemischer Substanzen bleibt erfahrungsgemäß nicht während der gesamten Prüfung hoch; in der Regel ist sie zu Beginn der Prüfung hoch und fällt dann allmählich auf ein stabiles Niveau. Könnte die adsorptionsfähige Prüfsubstanz jedoch auf die eine oder andere Weise eine Akklimatisation der Mikrobenpopulation herbeiführen, würde die DOC-Elimination der Prüfsubstanz in der Folge ansteigen und einen hohen Plateauwert erreichen.

Latenzphase (Lag-Phase)

48.
Wie bei statischen Screeningtests müssen viele Prüfsubstanzen eine Latenzphase durchlaufen, bevor sie vollständig biologisch abgebaut werden. In dieser Lag-Phase akklimatisieren (bzw. adaptieren) sich die betreffenden Bakterien, ohne dass in nennenswertem Maße Prüfsubstanz abgebaut wird; erst nach dieser Phase setzt das Bakterienwachstum ein. Die Phase endet und die Abbauphase gilt als begonnen, wenn etwa 10 % der anfänglichen Prüfsubstanzmenge abgebaut sind (nach der Adsorption, falls es dazu kommt). Die Lag-Phase ist oft sehr variabel und schwer reproduzierbar.

Plateauphase

49.
Die Plateau-Phase einer Eliminationskurve im kontinuierlichen Test ist definiert als die Phase, in der maximale Zersetzung stattfindet. Sie sollte mindestens 3 Wochen dauern, in denen etwa 12-15 gültige Messwerte ermittelt werden.

Mittlerer Eliminationsgrad der Prüfsubstanz

50.
Dieser Mittelwert wird anhand der Eliminationswerte Dt (und Dst, falls dieser Wert vorliegt) der Prüfsubstanz in der Plateauphase berechnet. Auf die nächste ganze Zahl (1 %) gerundet entspricht dieser Wert dem Eliminationsgrad der Prüfsubstanz. Ferner wird empfohlen, das 95 %-Konfidenzniveau für den Mittelwert zu berechnen. Auf dieselbe Weise wird der mittlere Eliminationsgrad (DB) des organischen Mediums im Kontrollgefäß berechnet.

Hinweis auf den biologischen Abbau

51.
Lagert sich die Prüfsubstanz nicht in nennenswertem Umfang an den Biofilm an und hat die Eliminationskurve die typische Form einer Bioabbaukurve mit Latenz-, Abbau- und Plateauphasen (Nummern 48, 49), so kann die gemessene Elimination mit Sicherheit dem biologischen Abbau zugeschrieben werden. War die Abnahme im Anfangsstadium hoch, kann der Simulationstest nicht zwischen biologischen und abiotischen Eliminationsprozessen differenzieren. In derartigen Fällen und in anderen Fällen, in denen Zweifel am biologischen Abbau bestehen (z. B. wenn die Prüfsubstanz ausgegast wird (stripping)), wird die Adsorption der Prüfsubstanz an Biofilmproben untersucht, oder anhand von Parametern, die biologische Prozesse genau angeben, werden zusätzliche statische Bioabbaubarkeitstests (Screeningtests) durchgeführt. Zu derartigen Tests zählen die Sauerstoffaufnahmemethoden (Kapitel C.4 (D, E und F) dieses Anhangs) (9) oder Kohlendioxid-Entwicklungstests (Kapitel C.4-C dieses Anhangs oder die ISO-Headspace-Methode (10), wobei als Inokulum zuvor exponierter Biofilm aus dem entsprechenden Reaktor verwendet wird.
52.
Wurden sowohl die DOC-Abnahme als auch die Prüfsubstanzabnahme gemessen, deuten große Unterschiede (d. h. wenn erstere geringer ist als letztere) zwischen den Abnahmeprozentsätzen auf die Präsenz intermediärer organischer Produkte in den Abläufen hin, die möglicherweise schwerer abzubauen sind und untersucht werden sollten.

Gültigkeit der Prüfergebnisse

53.
Der Test kann als gültig angesehen werden, wenn der Grad der DOC-Elimination (bzw. der CSB-Elimination) in den Kontrollanlagen nach zwei Wochen Betrieb > 80 % beträgt und nichts Ungewöhnliches festgestellt wurde.
54.
Wurde eine leicht biologisch abbaubare (Referenz-)Substanz getestet, sollten der Abbaubarkeitsgrad > 90 % und die Differenz zwischen Duplikatwerten nicht mehr als 5 % betragen. Sind diese beiden Kriterien nicht erfüllt, sollten die Testverfahren überprüft werden, und/oder es sollte Haushaltsabwasser aus einer anderen Quelle bezogen werden.
55.
Gleichermaßen sollten Differenzen zwischen Abbaubarkeitswerten aus eine Prüfsubstanz behandelnden Duplikatanlagen (sofern verwendet) nicht mehr als 5 % betragen. Wenn dieses Kriterium nicht erfüllt ist, die Abnahmewerte jedoch hoch sind, sollten die Analysen für weitere drei Wochen fortgesetzt werden. Sind die Abnahmewerte gering, müssen die Hemmwirkungen der Prüfsubstanz, soweit sie nicht bekannt sind, untersucht werden, und der Test muss mit einer niedrigeren Prüfsubstanzkonzentration wiederholt werden, sofern dies möglich ist.

Prüfbericht

56.
Der Prüfbericht muss Folgendes umfassen:

Prüfsubstanz:

Kenndaten;
physikalischer Zustand und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften.

Prüfbedingungen:

etwaige Modifikationen des Prüfsystems, vor allem bei Prüfungen nicht löslicher und flüchtiger chemischer Substanzen;
Art des organischen Mediums;
Anteil (und Art) der Industrieabwässer im kommunalen Abwasser, soweit bekannt;
Animpfungsmethode;
Prüfsubstanz-Stammlösung: DOC- und TOC-Gehalt; bei Suspension: Art der Zubereitung; verwendete Testkonzentration; falls außerhalb der Bandbreite von 10-20 mg/l DOC: Begründung; Zugabemethode; Datum der ersten Zugabe; etwaige Änderungen der Konzentration;
mittlere hydraulische Verweilzeit (ohne Wachstum); Rotationsgeschwindigkeit des Rohres; ungefährer Neigungswinkel (wenn möglich);
Angaben zur Bewuchsablösung (Sloughing); Dauer und Intensität;
Testtemperatur und Temperaturspanne;
angewandte Analysetechniken.

Prüfergebnisse:

alle Messdaten (DOC, CSB, spezifische Analysen, pH-Wert, Temperatur, N-Chemikalien, soweit relevant);
alle Berechnungswerte für Dt (oder Dtc), DB, DS in tabellarischer Form und als Eliminationskurven;
Aussagen zu Latenz- und Plateau-Phasen, Prüfungsdauer, Eliminationsgrad der Prüfsubstanz, der Referenzsubstanz (falls getestet) und des organischen Mediums (in der Kontrollanlage) sowie statistische Informationen und Angaben zur Bioabbaubarkeit und zur Gültigkeit des Tests;
Diskussion der Ergebnisse.

LITERATUR:

1.
Gerike P, Fischer W, Holtmann W (1980). Biodegradability determinations in trickling filter units compared with the OECD Confirmatory Test. Wat. Res. 14: 753-758.
2.
Truesdale GA, Jones K, Vandyke KG (1959). Removal of synthetic detergents in sewage treatment processes: Trials of a new biologically attackable material.Wat. Waste Tr. J. 7: 441-444.
3.
Baumann U, Kuhn G and Benz M. (1998). Einfache Versuchsanordnung zur Gewinnung gewässerökologisch relevanter Daten, UWSF — Z. Umweltchem. Ökotox. 10: 214-220.
4.
Gloyna EF, Comstock RF, Renn CE (1952). Rotary tubes as experimental trickling filters. Sewage ind. Waste 24: 1355-1357.
5.
Kumke GW, Renn CE (1966). LAS removal across an institutional trickling filter. JAOCS 43: 92-94.
6.
Tomlinson TG, Snaddon DHM, (1966). Biological oxidation of sewage by films of micro-organisms. Int.J. Air Wat. Pollut. 10: 865-881.
7.
Her Majesty’s Stationery Office (1982). Methods for the examination of waters and associated materials. Assessment of biodegradability, 1981, London.
8.
Her Majesty’s Stationery Office (1984). Methods for the examination of waters and associated materials. Methods for assessing the treatability of chemicals and industrial waste waters and their toxicity to sewage treatment processes, 1982, London.
9.
Kapitel C.4 dieses Anhangs, Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit, A-F.
10.
ISO 14593 (1998). Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit organischer Substanzen im wässrigen Medium — Verfahren mittels Bestimmung des anorganischen Kohlenstoffs in geschlossenen Flaschen.

Anlage 8

Abbildung 1

Drehrohre

Legende:

Draufsicht:

Draufsicht A/B:

Antriebsrollen:

Umlenkrollen:

Antriebsmotor:

Umsetzungsgetriebe:

Innenflansch:

Neigungsmechanismus:

Kegelradgetriebe:

Abbildung 2

Fließdiagramm

A : Zulaufgefäß

B : Peristaltikpumpe

C : Drehrohr

D : Ablaufsammelgefäß

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN:

aPrüfsubstanz : jede nach dieser Prüfmethode getestete Substanz oder Mischung.
bChemische Substanzen : „Es wird darauf hingewiesen, dass der Begriff ‚chemische Substanz‘ in den UNCED-Übereinkommen und Folgedokumenten im Allgemeinen Substanzen, Produkte, Gemische, Aufbereitungen oder jeden anderen Begriff einschließt, der in bestehenden Systemen möglicherweise zur Beschreibung des Prüfgegenstands verwendet wird.“

C.11.   BELEBTSCHLAMM, PRÜFUNG DER ATMUNGSHEMMUNG (KOHLENSTOFF- UND AMMONIUMOXIDATION)

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 209 (2010). Sie beschreibt ein Verfahren zur Bestimmung der Auswirkungen einer Chemikalie auf Mikroorganismen (im Wesentlichen Bakterien) in Belebtschlamm durch Messung der Respirationsrate (Kohlenstoff- und/oder Ammoniumoxidation) unter definierten Bedingungen und bei unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfchemikalie. Die Prüfmethode beruht auf dem ETAD-Test (ETAD = Ecological and Toxicological Association of the Dyestuffs Manufacturing industry) (1)(2), auf der vorherigen OECD-Prüfrichtlinie 209 (3) und auf der geänderten ISO-Norm 8192 (4). Zweck dieser Methode ist die Schaffung eines schnellen Screening-Verfahrens, mit dem sich die Auswirkungen von Chemikalien auf die im Belebtschlamm der biologischen (aeroben) Stufe von Kläranlagen enthaltenen Mikroorganismen feststellen lassen. Die Testergebnisse können auch als Indikator für geeignete nicht inhibierende Konzentrationen von Prüfchemikalien dienen, welche in Tests zur biologischen Abbaubarkeit (siehe z. B. Kapitel C.4 A-F, C.9, C.10, C.12 und C.29 sowie OECD TG 302C) verwendet werden. In diesem Fall kann der Test als Screening-Test etwa wie ein Vorversuch oder ein Limit-Test (siehe Nummer 39) durchgeführt werden, bei dem nur die Gesamtrespiration berücksichtigt wird. Bei Prüfungen auf leichte biologische Abbaubarkeit (Kapitel C.4 A-F und Kapitel C.29), bei denen die Konzentration des Inokulums erheblich geringer ist als bei der vorliegenden Prüfmethode, sind diese Informationen allerdings mit Vorsicht zu bewerten. Wenn in diesem Respirationstest keine Hemmung festgestellt wird, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass auch bei der Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit gemäß den Kapiteln C.4 A-F oder C.29 keine Hemmung gegeben wäre.
2.
Insgesamt wird die Prüfung der Atmungshemmung seit ihrer erstmaligen Veröffentlichung offenbar erfolgreich durchgeführt; gelegentlich wurde allerdings auch von falschen Ergebnissen berichtet (siehe z. B. (2)(4)(5)). Kurven, die die Respiration in Abhängigkeit von der Konzentration aufzeigen, verlaufen manchmal biphasisch, Darstellungen der Dosis-Wirkungs-Beziehung wurden verzerrt, und EC50-Werte waren außergewöhnlich niedrig (5). In Untersuchungen wurde festgestellt, dass diese Ergebnisse dann ermittelt wurden, wenn der in der Prüfung verwendete Belebtschlamm stark nitrifiziert und wenn die Prüfchemikalie sich stärker auf die Ammoniumoxidation auswirkt als auf die allgemeine heterotrophe Oxidation. Bei diesen falschen Ergebnissen können zusätzliche Prüfungen mit einem spezifischen Nitrifikationshemmer durchgeführt werden. Durch die Messung der Sauerstoffverbrauchsraten mit und ohne diese Hemmstoffe (z. B. N-Allylthioharnstoff (ATU)) können die gesamte und die heterotrophe Sauerstoffverbrauchsrate und die Sauerstoffverbrauchsrate durch Nitrifikation berechnet werden (4)(7)(8). Bei beiden Prozessen kann also die Hemmung durch eine Prüfchemikalie ermittelt werden, und die EC50-Werte können sowohl für die Oxidation von organischem Kohlenstoff (heterotroph) als auch für die Ammoniumoxidation (Nitrifikation) wie gewohnt berechnet werden. In seltenen Fällen kann die hemmende Wirkung von N-Allylthioharnstoff durch die Komplexbildung mit Prüfchemikalien oder Mediumzusätzen, z. B. Cu++-Ionen (6), teilweise oder vollständig aufgehoben werden. Cu++-Ionen sind für Nitrosomonas von entscheidender Bedeutung; in höheren Konzentrationen sind sie allerdings giftig.
3.
Die Nitrifikation bei der aeroben Behandlung von Abwässern als unumgänglicher Schritt bei der Abtrennung von Stickstoffverbindungen aus Abwässern durch Denitrifikation in gasförmige Produkte hat in europäischen Ländern besondere Bedeutung erlangt. Inzwischen hat die EU niedrigere Grenzwerte für die Stickstoffkonzentration in behandelten Abwässern festgesetzt, die in aufnehmende Gewässer eingeleitet werden .
4.
Für die meisten Zwecke reicht es aus, nur die Auswirkungen auf die Mechanismen der Oxidation organischen Kohlenstoffs zu bewerten. Manchmal müssen jedoch die Auswirkungen auf die Nitrifikation allein oder auf die Nitrifikation und die Oxidation organischen Kohlenstoffs getrennt geprüft werden, um die Ergebnisse angemessen interpretieren und die Auswirkungen richtig verstehen zu können.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

5.
Die Respirationsraten von mit synthetischem Abwasser beschickten Belebtschlammproben werden nach einer Kontaktzeit von drei Stunden in einer geschlossenen Zelle mit einer Sauerstoffelektrode gemessen. Wenn ein realistisches Expositionsszenarium zugrunde gelegt wird, können auch längere Kontaktzeiten angemessen sein. Wenn die Prüfchemikalie rasch abgebaut wird (z. B. abiotisch durch Hydrolyse) oder flüchtig ist und sich keine angemessene Konzentration aufrechterhalten lässt, kann zusätzlich eine kürzere Expositionsdauer (beispielsweise 30 Minuten) gewählt werden. Die Empfindlichkeit der einzelnen Belebtschlammproben ist am Tag der Exposition anhand einer geeigneten Referenzchemikalie zu prüfen. Mit der Prüfung wird gewöhnlich der ECx-Wert (z. B. EC50) der Prüfchemikalie und/oder die höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete Wirkung (NOEC) ermittelt.
6.
Die Hemmung der Sauerstoffaufnahme durch Mikroorganismen, die organischen Kohlenstoff oxidieren, kann getrennt von derjenigen durch Ammonium oxidierende Mikroorganismen bestimmt werden; dazu ist die Sauerstoffverbrauchsrate mit und ohne N-Allylthioharnstoff zu messen; N-Allylthioharnstoff ist ein spezifischer Hemmstoff, der der Oxidation von Ammonium zu Nitrit durch Nitritbakterien (Stufe 1) entgegenwirkt. In diesem Fall wird die prozentuale Hemmung der Sauerstoffverbrauchsrate durch einen Vergleich der Sauerstoffverbrauchsrate in Gegenwart der Prüfchemikalie mit der mittleren Sauerstoffverbrauchsrate der entsprechenden Kontrollen ohne Prüfchemikalie berechnet, beides jeweils mit und ohne den spezifischen Inhibitor N-Allylthioharnstoff.
7.
Ein etwaiger Sauerstoffverbrauch aufgrund abiotischer Prozesse kann nachgewiesen werden, indem die jeweilige Verbrauchsrate in Mischungen aus Prüfchemikalie, synthetischem Abwassermedium und Wasser, aber ohne Belebtschlamm, ermittelt wird.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

8.
Die Kenndaten (vorzugsweise die CAS-Nummer), die Bezeichnung (IUPAC), die Reinheit, die Wasserlöslichkeit, der Dampfdruck, die Flüchtigkeit und das Adsorptionsverhalten der Prüfchemikalie müssen bekannt sein, damit die Ergebnisse richtig interpretiert werden können. Im Allgemeinen können flüchtige Chemikalien nur dann angemessen geprüft werden, wenn spezielle Vorkehrungen getroffen wurden (siehe Nummer 21).

ANWENDBARKEIT DER PRÜFMETHODE

9.
Die Prüfmethode kann bei wasserlöslichen, schlecht löslichen und flüchtigen Chemikalien angewendet werden. Bei Chemikalien mit eingeschränkter Löslichkeit ist es jedoch unter Umständen nicht immer möglich, EC50-Werte zu ermitteln. Gültige Ergebnisse für flüchtige Chemikalien lassen sich manchmal nur dann erzielen, wenn die Prüfchemikalie am Ende der Expositionsdauer immer noch größtenteils (d. h. > 80 %) im Reaktionsgemisch enthalten ist. Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Stabilität oder der Flüchtigkeit der Prüfchemikalie sollten zusätzliche Analysedaten vorgelegt werden, um die ECx-Konzentration genauer zu bestimmen.

REFERENZCHEMIKALIEN

10.
Referenzchemikalien müssen regelmäßig geprüft werden, um die Zuverlässigkeit der Prüfmethode und der Prüfbedingungen sicherzustellen und um am Expositionstag die Empfindlichkeit der einzelnen Belebtschlammproben zu prüfen, die als Inokulum verwendet werden. Als Referenz-Hemmstoff wird 3,5-Dichlorphenol (3,5-DCP) empfohlen; diese Chemikalie ist ein bekannter Inhibitor der Respiration und wird in zahlreichen Inhibitions- und Toxizitätstests verwendet (4). In Verbindung mit der Hemmung der Gesamtrespiration kann als Referenzchemikalie auch Kupfer-(II)-sulfat-Pentahydrat verwendet werden (9). N-Methylanilin ist als spezifische Referenzchemikalie zur Nitritifikationshemmung geeignet (4).

VALIDITÄTSKRITERIEN UND REPRODUZIERBARKEIT

11.
Die Sauerstoffverbrauchsrate der Blindkontrollen (ohne Prüfchemikalie und ohne Referenzchemikalien) muss pro Stunde mindestens 20 mg Sauerstoff pro Gramm Belebtschlamm (Trockenmasse der suspendierten Feststoffe) betragen. Bei geringerer Sauerstoffverbrauchsrate ist der Test mit gewaschenem Belebtschlamm oder mit Schlamm anderer Herkunft zu wiederholen. Der Variationskoeffizient der Sauerstoffverbrauchsrate der Kontrollreplikate darf am Ende des definitiven Tests höchstens bei 30 % liegen.
12.
2004 hat die ISO einen internationalen Ringtest mit Belebtschlamm aus häuslichen Abwässern organisiert (4); in diesem Test wurde für 3,5-DCP ein EC50-Wert im Bereich von 2 bis 25 mg/l für die Gesamtrespiration, von 5 bis 40 mg/l für die heterotrophe Respiration und von 0,1 bis 10 mg/l für die Nitrifikationsrespiration ermittelt. Wenn der EC50-Wert für 3,5-DCP nicht im erwarteten Bereich liegt, ist der Test mit Belebtschlamm anderer Herkunft zu wiederholen. Der EC50-Wert für Kupfer-(II)-sulfat-Pentahydrat muss für die Gesamtrespiration bei 53 bis 155 mg/l liegen (9).

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Prüfgefäße und Apparatur

13.
Für die Prüfung sind gewöhnliche Laborausrüstung sowie folgende Materialien zu verwenden:
a)
Prüfgefäße — z. B. 1 000 -ml-Bechergläser für jeweils 500 ml Reaktionsgemisch (siehe Nummer 5 in Abb. 1);
b)
Zellen und Zubehör zur Messung der Konzentration des gelösten Sauerstoffs, eine geeignete Sauerstoffelektrode, eine geschlossene Zelle zur Aufnahme der Probe ohne Kopfraum (headspace) und ein Aufzeichnungsgerät (z. B. Nummern 7, 8, 9 in Abb. 1, Anlage 2). Alternativ kann eine BSB-Flasche mit geeigneter Übergangstülle zur Abdichtung der Sauerstoffelektrode zum Flaschenhals verwendet werden (siehe Abb. 2 in Anlage 3). Um zu vermeiden, dass beim Einsetzen der Sauerstoffelektrode Flüssigkeit austritt, sollte zunächst ein Trichter oder ein Glasröhrchen durch die Tülle geschoben werden; statt dessen können auch Gefäße mit gebördeltem Rand verwendet werden. In beiden Fällen sind ein Magnetrührer oder ein alternatives Rührverfahren zu verwenden (z. B. eine selbstrührende Sonde);
c)
Magnetrührer und Rührfisch mit einem Überzug aus inertem Material zur Verwendung in der Messkammer und/oder in den Prüfgefäßen;
d)
Belüftungseinrichtung: Erforderlichenfalls muss Druckluft durch einen geeigneten Filter geleitet werden, um Staub und Öl abzutrennen und durch Waschflaschen mit Wasser zur Luftbefeuchtung. Die Gefäße sind mit Pasteur-Pipetten oder sonstigen Belüftungseinrichtungen zu belüften, die keine Chemikalien adsorbieren. Mit einer Schüttelmaschine mit Rundschüttelbewegung mit einer Drehzahl zwischen 150 und 250 min– 1 und mit Flaschen mit einem Volumen von z. B. 2 000  ml kann der Sauerstoffbedarf des Schlamms gedeckt werden; außerdem können mit dieser Schüttelmaschine Probleme bei Chemikalien überwunden werden, die übermäßig schäumen, die flüchtig sind und daher verlorengehen können oder schwierig zu dispergieren sind, wenn die Belüftung durch Drucklufteinspeisung (Air Sparging) erfolgt. Das Prüfsystem umfasst gewöhnlich eine Reihe kontinuierlich belüfteter und nacheinander (z. B. in Intervallen von 10 bis 15 Minuten) angesetzter Bechergläser, die dann der Reihe nach analysiert werden. Wahlweise können auch validierte Geräte verwendet werden, die für eine gleichzeitige Belüftung und Messung der Sauerstoffverbrauchsrate der Mischungen ausgelegt sind;
e)
pH-Messgerät;
f)
Zentrifuge, normale Tischzentrifuge zur Zentrifugierung von Schlämmen mit 10 000  m/s2.

Reagenzien

14.
Für die Prüfungen sind grundsätzlich Reagenzien in Analysequalität zu verwenden.

Wasser

15.
Wenn nicht ausdrücklich chlorfreies Leitungswasser vorgeschrieben ist, muss destilliertes oder entionisiertes Wasser mit weniger als 1 mg/l gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) verwendet werden.

Versorgung mit synthetischem Abwasser

16.
Das Medium ist so zuzubereiten, dass die folgenden Bestandteile in den jeweils genannten Anteilen enthalten sind:



—  Pepton16 g
—  Fleischextrakt (oder ein vergleichbarer Pflanzenextrakt)11 g
—  Harnstoff3 g
—  Natriumchlorid (NaCl)0,7 g
—  Calciumchlorid-Dihydrat (CaC12, 2H2O)0,4 g
—  Magnesiumsulfat-Heptahydrat (MgSO4, 7H2O)0,2 g
—  wasserfreies Kaliummonohydrogenphosphat (K2HPO4)2,8 g
—  destilliertes oder entionisiertes Wasser q.s.p. 1 Liter
17.
Der pH-Wert dieser Lösung muss bei 7,5 ± 0,5 liegen. Wenn das hergestellte Medium nicht sofort verwendet wird, kann es bei 0 bis 4 °C im Dunkeln höchstens eine Woche gelagert werden; alternativ kann die Lagerung auch unter anderen Bedingungen erfolgen, bei denen sich die Zusammensetzung nicht verändert. Dieses synthetische Abwasser hat die hundertfache Konzentration des im technischen Bericht der OECD vom 11. Juni 1976„Vorgeschlagenes Verfahren zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von Tensiden in synthetischen Detergenzien“ beschriebenen Abwassers und enthält außerdem Dikaliumhydrogenphosphat.
18.
Alternativ können die Bestandteile des Mediums vor der Lagerung getrennt sterilisiert werden, oder das Pepton und der Fleischextrakt werden erst kurz vor der Durchführung der Prüfung hinzugegeben. Vor der Verwendung ist das Medium gründlich zu mischen und der pH-Wert erforderlichenfalls auf 7,5 ± 0,5 einzustellen.

Prüfchemikalie

19.
Eine Stammlösung ist für leicht wasserlösliche Prüfstoffe nur bis zur maximalen Wasserlöslichkeit herzustellen. (Ausfällungen sind nicht annehmbar.) In Wasser schlecht lösliche Stoffe, Gemische mit Bestandteilen mit unterschiedlicher Wasserlöslichkeit und adsorptive Stoffe sind direkt in die Prüfgefäße einzuwiegen. In diesen Fällen kann die Verwendung von Stammlösungen eine Alternative sein, wenn gelöste Konzentrationen der Prüfchemikalien in den Prüfgefäßen analytisch bestimmt werden (bevor der Belebtschlamm hinzugegeben wird). Wenn WAFs (Water-Accommodated Fractions) hergestellt werden, ist auch eine analytische Bestimmung der aufgelösten Konzentrationen der Prüfchemikalien in den Prüfgefäßen von wesentlicher Bedeutung. Organische Lösungsmittel, Dispergiermittel/Emulgatoren zur Verbesserung der Löslichkeit sind zu vermeiden. Stammlösungen können einer Ultraschallbehandlung unterzogen werden, und Suspensionen können vorgerührt werden (z. B. über Nacht), wenn geeignete Informationen über die Stabilität der jeweiligen Prüfchemikalie unter den betreffenden Bedingungen verfügbar sind.
20.
Die Prüfchemikalie kann den pH-Wert im Prüfsystem beeinträchtigen. Der pH-Wert der mit der Prüfchemikalie behandelten Mischungen ist vor der Herstellung des Versuchsaufbaus in einem Vorversuch zu bestimmen, um zu prüfen, ob der pH-Wert vor der eigentlichen Prüfung sowie nochmals am Tag der eigentlichen Prüfung eingestellt werden muss. Lösungen/Suspensionen der Prüfchemikalie in Wasser sind erforderlichenfalls vor Hinzugabe des Inokulums zu neutralisieren. Da die Neutralisierung jedoch die chemischen Eigenschaften der Chemikalie ändern kann, könnten je nach Zweck der Untersuchung weitere Prüfungen durchgeführt werden, um die Auswirkungen der Prüfchemikalie auf den Schlamm ohne Einstellung des pH-Wertes zu ermitteln.
21.
Infolge von Stoffverlusten während der Expositionsdauer können die toxischen Wirkungen flüchtiger Chemikalien insbesondere bei Prüfungen, bei denen Luft durch das System geperlt wird, unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Bei den betreffenden Stoffen ist Vorsicht geboten; in diesen Fällen sind stoffspezifische Analysen von Kontrollmischungen vorzunehmen, in denen der jeweilige Stoff enthalten ist, und die Belüftung ist entsprechend zu modifizieren.

Referenzchemikalie

22.
Wenn 3,5-Dichlorphenol als Referenzchemikalie verwendet wird, ist eine Lösung aus 1,00 g 3,5-Dichlorphenol auf 1 000  ml Wasser herzustellen (15). Die Auflösung ist durch warmes Wasser und/oder eine Ultraschallbehandlung zu beschleunigen; nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur ist die Lösung auf das vorgesehene Volumen aufzufüllen. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass sich die Struktur der Referenzchemikalie nicht geändert hat. Der pH-Wert der Lösung wird geprüft und gegebenenfalls mit NaOH oder H2SO4 auf 7-8 eingestellt.
23.
Wenn Kupfer-(II)-sulfat-Pentahydrat als Referenzchemikalie vorgesehen ist, sind Konzentrationen von 58 mg/l, 100 mg/l und 180 mg/l (Faktor 1,8) zu verwenden. Der Stoff wird unmittelbar in die Prüfgefäße eingewogen (29 — 50 — 90 mg bei einem Gesamtvolumen von 500 ml). Anschließend wird der Stoff in 234 ml autoklaviertem Leitungswasser aufgelöst. Kupfer-(II)-sulfat-Pentahydrat ist leicht löslich. Nach Beginn der Prüfung werden 16 ml synthetisches Abwasser und 250 ml Belebtschlamm hinzugegeben.

Spezifischer Nitrifikationshemmer

24.
Es wird eine Stammlösung mit 2,32 g N-Allylthioharnstoff (ATU) pro Liter hergestellt. Die Hinzugabe von 2,5 ml dieser Stammlösung zu einem Inkubationsgemisch mit einem Endvolumen von 500 ml führt zu einer Endkonzentration von 11,6 mg ATU/l (10– 4mol/l); diese Konzentration ist erfahrungsgemäß hinreichend (4), um eine vollständige Hemmung der Nitrifikation in einem nitrifizierenden Belebtschlamm mit 1,5 g/l suspendierten Stoffen zu bewirken.

Abiotische Kontrolle

25.
Unter gewissen seltenen Bedingungen kann eine Prüfchemikalie mit starker Reduktionswirkung einen messbaren abiotischen Sauerstoffverbrauch verursachen. In diesen Fällen sind abiotische Kontrollen erforderlich, um zwischen der abiotischen Sauerstoffaufnahme durch die Prüfchemikalie und dem Sauerstoffverbrauch durch Mikroorganismen unterscheiden zu können. Abiotische Kontrollen können hergestellt werden, indem bei den Prüfmischungen auf das Inokulum verzichtet wird. Ebenso können abiotische Kontrollen ohne Inokulum verwendet werden, wenn unterstützende analytische Messungen vorgenommen werden, um die erzielte Konzentration in der Expositionsphase der Prüfung zu bestimmen (z. B. bei Verwendung von Stammlösungen von schlecht wasserlöslichen Chemikalien oder Gemischen mit Bestandteilen mit unterschiedlicher Wasserlöslichkeit). In speziellen Fällen kann die Herstellung einer abiotischen Kontrolle mit einem sterilisierten Inokulum (z. B. durch Autoklavieren oder durch Hinzugabe sterilisierender Giftstoffe) erforderlich sein. Manche Chemikalien können Sauerstoff nur dann erzeugen oder verbrauchen, wenn die Oberfläche hinreichend groß für eine Reaktion ist, selbst dann, wenn die Chemikalien dazu normalerweise eine erhebliche höhere Temperatur oder einen erheblich höheren Druck benötigen. In diesem Zusammenhang ist bei Peroxiden besondere Aufmerksamkeit geboten. Ein sterilisiertes Inokulum besitzt eine große Oberfläche.

Inokulum

26.
Im Allgemeinen wird Belebtschlamm am Auslass des Belebungsbeckens, oder in der Nähe des Auslasses des Beckens, einer ordnungsgemäß betriebenen Kläranlage entnommen, in der hauptsächlich häusliche Abwässer aufbereitet werden. Je nach Zweck des Tests können auch sonstige geeignete Typen von Belebtschlamm oder Belebtschlamm sonstiger Herkunft (z. B. im Labor gezüchteter Schlamm) mit geeigneten Konzentrationen an suspendierten Stoffen (2-4 g/l) verwendet werden. Schlämme aus unterschiedlichen Behandlungsanlagen könnten jedoch unterschiedliche Eigenschaften aufweisen und unterschiedlich empfindlich sein.
27.
Der Schlamm kann wie entnommen verwendet werden; grobe Teilchen sind jedoch durch kurzzeitiges Absetzen (etwa 5-15 Minuten) und Dekantieren der oberen Schicht der feineren Feststoffe oder durch Sieben (z. B. mit einer Maschenweite von 1 mm2) abzutrennen. Alternativ kann der Schlamm in einem Mischer mindestens etwa 15 Sekunden homogenisiert werden; dabei sind jedoch die Scherkräfte und die Temperaturänderung zu beachten, die bei längerer Mischdauer auftreten können.
28.
Häufig muss der Schlamm gewaschen werden (z. B. bei geringer endogener Respirationsrate). Zunächst ist der Schlamm zu zentrifugieren, bis ein klarer Überstand entsteht und sich aus den Feststoffen des Abwassers ein Pellet bildet (z. B. nach 10 Minuten mit etwa 10 000  m/s2). Die überstehende Flüssigkeit wird entfernt und der Schlamm in chlorfreiem Leitungswasser unter Schütteln resuspendiert; anschließend ist das Waschwasser durch Zentrifugieren abzutrennen und ebenfalls zu entfernen. Erforderlichenfalls ist der Wasch- und Zentrifugiervorgang zu wiederholen. Die Trockenmasse eines bekannten Volumens des resuspendierten Schlamms wird ermittelt, und der Schlamm wird unter Abtrennen der Flüssigkeit konzentriert oder in chlorfreiem Leitungswasser weiter verdünnt, bis er die erforderliche Feststoffkonzentration von 3 g/l aufweist. Der Belebtschlamm ist bei der Testtemperatur kontinuierlich zu belüften (z. B. mit 2 l/Minute) und möglichst am Tag der Entnahme zu verwenden. Wenn dies nicht möglich ist, muss dem Schlamm das synthetische Abwasser (50 ml synthetisches Abwasser/l Belebtschlamm) zwei weitere Tage lang täglich zugeführt werden. Anschließend wird der Schlamm für die Prüfung verwendet, und die Ergebnisse sind als gültig anzunehmen, sofern keine signifikante Änderung der Aktivität des Schlamms zu verzeichnen ist; dies ist anhand der endogenen heterotrophen Respirationsrate und der Respirationsrate durch Nitrifikation zu beurteilen.
29.
Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn es bei der Inkubation zu derartiger Schaumbildung kommt, dass der Schaum und die mit dem Schaum verbundenen Feststoffe des Schlamms aus den Belüftungsgefäßen herausgedrückt werden. Gelegentlich ist ein Schäumen einfach auf das Vorhandensein des synthetischen Abwassers zurückzuführen, aber wenn die Prüfchemikalie aus einem Tensid besteht oder ein Tensid enthält, ist mit Schaumbildung zu rechnen. Der Verlust von Schlamm-Feststoffen aus den Prüfmischungen hat eine künstliche Reduzierung der Respirationsrate zur Folge, die fälschlicherweise als Ergebnis einer Hemmung ausgelegt werden könnte. Außerdem bewirkt die Belüftung der Tensidlösung eine Konzentration der Tenside in der Schaumschicht; der Verlust des Schaums aus dem Prüfsystem reduziert die Expositionskonzentrationen. Die Schaumbildung kann durch einfache mechanische Methoden (z. B. durch gelegentliches manuelles Rühren mit einem Glasstab) oder durch Zugabe eines tensidfreien Silikon-Antischaummittels und/oder durch Belüftung mit einem Schüttelkolben kontrolliert werden. Wenn das Problem auf das Vorhandensein des synthetischen Abwassers zurückzuführen ist, muss die Zusammensetzung des Abwassers geändert werden, indem ein Antischaum-Reagenz zugesetzt wird (z. B. 50 μl/l). Ist die Schaumbildung auf die Prüfchemikalie zurückzuführen, muss die für eine Reduzierung der Schaumbildung erforderliche Menge bei der maximalen Prüfkonzentration ermittelt werden; anschließend sind alle Prüfgefäße in identischer Weise zu behandeln (einschließlich der Prüfgefäße wie Blindkontrollen und Referenzgefäße ohne Schaum). Wenn Antischaummittel verwendet werden, darf es nicht zu Wechselwirkungen mit dem Inokulum und/oder mit der Prüfchemikalie kommen.

PRÜFVERFAHREN

30.
Die Hemmung kann für drei Arten von Sauerstoffverbrauch bestimmt werden: den Gesamtverbrauch, den heterotrophen Sauerstoffverbrauch und den Verbrauch durch Nitrifikation. Im Allgemeinen ist die Messung der Hemmung des Gesamtsauerstoffverbrauchs ausreichend. Die Auswirkungen auf den heterotrophen Sauerstoffverbrauch durch die Oxidation organischen Kohlenstoffs einerseits und auf die Ammoniumoxidation andererseits müssen aber bestimmt werden, wenn für eine bestimmte Chemikalie eine getrennte Bewertung dieser beiden Endpunkte erforderlich ist oder wenn (optional) atypische Dosis-Wirkungs-Kurven der Hemmung des Gesamtsauerstoffverbrauchs erklärt werden sollen.

Prüfbedingungen

31.
Die Prüfung ist bei einer Temperatur von 20 ± 2 °C vorzunehmen.

Prüfmischungen

32.
Prüfmischungen (FT wie in Tabelle 1), die Wasser, synthetisches Abwasser und die Prüfchemikalie enthalten, sind mit verschiedenen nominalen Konzentrationen der Prüfchemikalie herzustellen (siehe Tabelle 1 für Beispiele von Volumina der Bestandteile). Erforderlichenfalls ist der pH-Wert auf 7,5 ± 0,5 einzustellen; die Mischungen werden mit Wasser verdünnt, und anschließend wird das Inokulum hinzugegeben, um in den Gefäßen gleiche Endvolumina herzustellen und mit der Belüftung beginnen zu können.

Referenzmischungen

33.
Diese Mischungen (FR) sind mit der Referenzchemikalie (z. B. mit 3,5-Dichlorphenol) anstelle der Prüfchemikalie auf die gleiche Weise herzustellen wie die Prüfmischungen.

Blindkontrollen

34.
Bei Tests, bei denen die Prüfgefäße nacheinander in regelmäßigen Abständen vorbereitet werden, sind zu Beginn und am Ende der Expositionsdauer Blindkontrollen (FB) vorzunehmen. Wenn Prüfungen mit Geräten vorgenommen werden, die gleichzeitige Messungen des Sauerstoffverbrauchs zulassen, sind für jede Gruppe gleichzeitiger Analysen mindestens zwei Blindkontrollen einzubeziehen. Blindkontrollen enthalten jeweils gleiche Volumina des Belebtschlamms und des synthetischen Mediums, jedoch weder die Prüfchemikalie noch die Referenzchemikalie. Sie sind mit Wasser auf das gleiche Volumen wie die Prüf- und die Referenzmischungen zu verdünnen.

Abiotische Kontrolle

35.
Wenn erforderlich (beispielsweise wenn von einer Prüfchemikalie bekannt oder anzunehmen ist, dass sie stark reduzierende Eigenschaften hat), muss ein Gemisch FA hergestellt werden, um den abiotischen Sauerstoffverbrauch zu messen. Das Gemisch muss die gleichen Mengen der Prüfchemikalie und des synthetischen Abwassers enthalten und das gleiche Volumen wie die Prüfmischungen haben, darf aber keinen Belebtschlamm enthalten.

Allgemeines Verfahren und Messungen

36.
Prüfmischungen, Referenzmischungen, die Blindkontrollen und die abiotischen Kontrollen werden bei der Testtemperatur inkubiert und zwangsbelüftet (0,5 bis 1 l/min), um die Konzentration des gelösten Sauerstoffs über 60–70 % zu halten und die Suspendierung der Schlammflocken aufrechtzuerhalten. Um die Schlammflocken in Suspension zu halten, müssen die Kulturen zudem gerührt werden. Die Inkubation gilt als begonnen, wenn das Belebtschlamm-Inokulum mit den anderen Bestandteilen des endgültigen Gemischs in Kontakt kommt. Am Ende der Inkubation werden die Proben nach Ablauf der vorgesehenen Expositionsdauer von gewöhnlich drei Stunden entnommen, um in einer für diesen Zweck entwickelten Zelle (Abbildung 2 in Anlage 3) oder in einer vollständig gefüllten BSB-Flasche die Geschwindigkeit der Abnahme der Konzentration des gelösten Sauerstoffs zu messen. Auf welche Weise die Inkubationen beginnen, hängt auch von der Kapazität der Ausrüstung ab, mit der die Sauerstoffverbrauchsraten gemessen werden. Wenn die Ausrüstung beispielsweise nur eine einzelne Sauerstoffsonde enthält, werden die Messungen getrennt vorgenommen. In diesem Fall werden die für die Prüfung in synthetischem Abwasser benötigten Mischungen ohne Zugabe des Inokulums hergestellt, und die jeweils benötigten Anteile Schlamm werden in alle Gefäße der jeweiligen Reihe gegeben. Die Inkubation der Proben wird nacheinander in angemessenen Intervallen (z. B. 10 bis 15 Minuten) gestartet. Das Messsystem kann auch mehrere Sonden enthalten, was die Durchführung mehrerer gleichzeitiger Messungen erleichtert; in diesem Fall kann das Inokulum den Gefäßen der betreffenden Gruppen gleichzeitig hinzugegeben werden.
37.
Die Belebtschlamm-Konzentration liegt bei allen Prüf-, Referenz- und Blindmischungen (nicht aber bei der abiotischen Kontrolle) bei nominal 1,5 g/l suspendierte Feststoffe. Der Sauerstoffverbrauch ist nach dreistündiger Exposition zu messen. Gegebenenfalls sind zusätzliche Messungen nach 30-minütiger Exposition vorzunehmen, wie unter Nummer 5 beschrieben.

Nitrifikationspotenzial des Schlamms

38.
Um festzustellen, ob der Schlamm nitrifiziert und in welchem Maß diese Nitrifikation gegebenenfalls erfolgt, werden Mischungen (FB) wie die Mischungen für die Blindkontrollen und die zusätzlichen „Kontrollen“ (FN) hergestellt, die jedoch außerdem N-Allylthioharnstoff in einer Konzentration von 11,6 mg/l enthalten. Die Mischungen sind zu belüften und 3 Stunden bei 20 ± 2 °C zu inkubieren. Anschließend wird der Sauerstoffverbrauch gemessen, und die Sauerstoffverbrauchsrate durch Nitrifikation wird berechnet.

Prüfprotokolle

Vorversuch

39.
Erforderlichenfalls wird mit einem Vorversuch der Konzentrationsbereich der Prüfchemikalie ermittelt, der in einem definitiven Test zur Bestimmung der Hemmung des Sauerstoffverbrauchs benötigt wird. Alternativ kann durch die Tatsache, dass in einem Vorversuch keine Hemmung des Sauerstoffverbrauchs durch die Prüfchemikalie festgestellt wurde, belegt werden, dass ein definitiver Test nicht erforderlich ist. In diesem Fall sollten drei Proben mit der höchsten geprüften Konzentration (in der Regel 1 000  mg/l, jedoch abhängig von den Datenanforderungen) im Vorversuch enthalten sein.



Tabelle 1

Beispiele für Mischungen für den Vorversuch

ReagenzAusgangskonzentration
Stammlösung der Prüfchemikalie10 g/l
Stammlösung des synthetischen MediumsSiehe Nummer 16
Stammlösung mit Belebtschlamm3 g/l suspendierte Feststoffe
Bestandteile von MischungenDosierung in Prüfgefäße ()
FT1FT2FT3-5FB1-2FA

Stammlösung der Prüfchemikalie (ml)

(Nummern 19 bis 21)

0,5550050

Stammlösung des synthetischen Mediums (ml)

(Nummer 16)

1616161616

Belebtschlamm-Suspension (ml)

(Nummern 26 bis 29)

2502502502500

Wasser

(Nummer 15)

233,5229184234434
Gesamtvolumen der Mischungen (ml)500500500500500
Konzentrationen in der Mischung

Prüfsuspension (mg/l)

Belebtschlamm

101001 000 01 000
(suspendierte Feststoffe) (mg/l)1 500 1 500 1 500 1 500 0
(1)   Auf dieselbe Weise ist mit der Referenzchemikalie zu verfahren (Gefäße FR1-3).
40.
Die Prüfung ist unter Verwendung von mindestens drei Konzentrationen der Prüfchemikalie (z. B. 10 mg/l, 100 mg/l und 1 000  mg/l) und mit einer Blindkontrolle sowie erforderlichenfalls mit mindestens drei abiotischen Kontrollen mit den höchsten Konzentrationen der Prüfchemikalie vorzunehmen (siehe z. B. Tabelle 1). Im Idealfall hat die niedrigste Konzentration keine Auswirkungen auf den Sauerstoffverbrauch. Die Sauerstoffverbrauchsrate und gegebenenfalls die Nitrifikationsrate sind zu berechnen; anschließend wird die prozentuale Hemmung berechnet. Je nach Zweck der Prüfung ist es auch möglich, nur die Toxizität einer Grenzkonzentration (z. B. 1 000  mg/l) zu bestimmen. Wenn bei diesen Konzentrationen keine statistisch signifikante toxische Wirkung auftritt, brauchen keine weiteren Prüfungen mit höheren oder niedrigeren Konzentrationen mehr vorgenommen zu werden. Schlecht wasserlösliche Stoffe, Mischungen mit Bestandteilen mit unterschiedlicher Wasserlöslichkeit und adsorptive Stoffe sind direkt in die Prüfgefäße einzuwiegen. In diesem Fall ist das für die Stammlösung mit dem Prüfstoff vorgesehene Volumen durch Verdünnungswasser zu ersetzen.

Definitiver Test

Hemmung des Gesamtsauerstoffverbrauchs

41.
Die Prüfung wird mit einer Reihe von Konzentrationen durchgeführt, die im Vorversuch ermittelt wurden. Um sowohl eine NOEC als auch einen ECx-Wert (z. B. EC50) zu erhalten, sind meist sechs Kontrollen und fünf Prüfkonzentrationen in einer geometrischen Reihe mit je fünf Replikaten zu empfehlen. Die abiotische Kontrolle braucht nicht wiederholt zu werden, wenn im Vorversuch kein Sauerstoffverbrauch festgestellt wurde; wenn jedoch ein signifikanter Sauerstoffverbrauch zu verzeichnen ist, sind für jede Konzentration der Prüfchemikalie abiotische Kontrollen einzubeziehen. Die Empfindlichkeit des Schlamms ist mithilfe der Referenzchemikalie 3,5-Dichlorphenol zu prüfen. Da diese Empfindlichkeit erfahrungsgemäß schwankt, muss sie bei jeder Testreihe geprüft werden. In jedem Fall werden nach drei Stunden sowie erforderlichenfalls zusätzlich bereits nach 30 Minuten Proben aus den Prüfgefäßen entnommen, um den Sauerstoffverbrauch in der Zelle mit der Sauerstoffelektrode zu messen. Aus den erfassten Daten werden die spezifischen Respirationsraten der Kontroll- und der Prüfmischungen berechnet. Die prozentuale Hemmung ist mit der nachstehenden Gleichung 7 zu ermitteln.

Unterscheidung zwischen der Hemmung der heterotrophen Respiration und der Nitrifikation

42.
Die Verwendung des spezifischen Nitrifikationshemmers ATU ermöglicht die unmittelbare Beurteilung der hemmenden Wirkung von Prüfchemikalien auf die heterotrophe Oxidation. Die Auswirkungen auf die Nitrifikationsrate können durch Subtraktion der Sauerstoffverbrauchsrate mit ATU von der Gesamtverbrauchsrate (ohne ATU) berechnet werden. Zwei Reihen von Reaktionsmischungen sind nach den Prüfprotokollen zur Ermittlung des ECx-Wertes bzw. der NOEC herzustellen, wie unter Nummer 41 beschrieben; außerdem ist jedem Gemisch in einer der beiden Reihen ATU in einer Endkonzentration von 11,6 mg/l zuzugeben. (Von dieser Konzentration ist belegt, dass die Nitrifikation in Schlamm mit Konzentrationen suspendierter Feststoffe von bis zu 3 000  mg/l vollständig gehemmt wird (4).) Am Ende des Expositionszeitraums werden die Sauerstoffverbrauchsraten gemessen; diese direkten Werte geben nur Aufschluss über die heterotrophe Respiration. Die Differenz zwischen diesen Werten und den entsprechenden Gesamtrespirationsraten entspricht der Nitrifikation. Anschließend werden die unterschiedlichen Grade der Hemmung berechnet.

Messungen

43.
Nach den jeweiligen Expositionszeiten wird eine Probe aus dem ersten Belüftungsgefäß in die Zelle mit der Sauerstoffelektrode gegeben (siehe Abb. 1 in Anlage 2) und umgehend die Konzentration des gelösten Sauerstoffs gemessen. Wenn ein System mit mehreren Elektroden verfügbar ist, können die Messungen gleichzeitig vorgenommen werden. Das Rühren (mit einem beschichteten Magnetrührstäbchen) erfolgt mit der gleichen Geschwindigkeit wie beim Kalibrieren der Elektrode. Dadurch wird sichergestellt, dass die Sonde mit minimaler Verzögerung auf Änderungen der Sauerstoffkonzentrationen reagiert und dass im Messgefäß regelmäßige und reproduzierbare Sauerstoffmessungen vorgenommen werden können. In der Regel ist das selbstrührende Sondensystem einiger Sauerstoffelektroden ausreichend. Zwischen den Messungen ist die Zelle mit Wasser zu spülen. Alternativ kann die Probe auch in eine BSB-Flasche (Abb. 2 in Anlage 3) mit einem Magnetrührer gegeben werden. Anschließend ist eine Sauerstoffsonde mit Dichttülle in den Hals des Gefäßes einzuführen und der Magnetrührer zu starten. In beiden Fällen wird die Konzentration des gelösten Sauerstoffs über einen Zeitraum von gewöhnlich 5 bis 10 Minuten bzw. bis zum Absinken der Sauerstoffkonzentration auf weniger als 2 mg/l kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet. Danach wird die Elektrode herausgenommen und das Gemisch wieder in das Belüftungsgefäß gegeben; die Mischung ist weiter zu belüften und zu rühren, wenn eine Messung nach längeren Expositionszeiten erforderlich ist.

Überprüfung der Konzentration der Prüfchemikalie

44.
Für bestimmte Zwecke muss unter Umständen die Konzentration der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen gemessen werden. Bei der Verwendung von Stammlösungen mit
schlecht wasserlöslichen Stoffen,
Gemischen mit Bestandteilen mit unterschiedlicher Wasserlöslichkeit oder
Stoffen mit guter Wasserlöslichkeit, deren Konzentration in der Stammlösung jedoch an der Grenze zur maximalen Wasserlöslichkeit liegt,

ist die gelöste Fraktion nicht bekannt, und die tatsächliche Konzentration der in die Prüfgefäße überführten Prüfchemikalie ist demnach unbekannt. Um die Exposition zu beschreiben, müssen die Konzentrationen der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen analysiert werden. Zur Vereinfachung des Verfahrens sollte diese Analyse vor Zugabe des Inokulums erfolgen. Da ausschließlich gelöste Fraktionen in die Prüfgefäße gegeben werden, können die gemessenen Konzentrationen sehr gering sein.

45.
Um zeitaufwendige und teure Analysen zu vermeiden, sollte die Prüfchemikalie einfach direkt in die Prüfgefäße eingewogen und bei den anschließenden Berechnungen die anfänglich gewogene nominale Konzentration zugrunde gelegt werden. Eine Unterscheidung zwischen gelöster, nicht gelöster und adsorbierter Fraktion der Prüfchemikalie braucht nicht vorgenommen zu werden, da alle diese Fraktionen auch unter realen Bedingungen in Kläranlagen auftreten und je nach Zusammensetzung des Abwassers sehr unterschiedlich sein können. Ziel der Prüfmethode ist die realistische Abschätzung einer nicht hemmenden Konzentration; die Methode ist nicht geeignet, um im Einzelnen zu untersuchen, welche Fraktionen zur Hemmung der Mikroorganismen im Belebtschlamm beitragen. Auch adsorptive Stoffe sind direkt in die Prüfgefäße einzuwiegen; um Verluste durch Adsorption zu minimieren, werden die Gefäße silanisiert.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Berechnung der Sauerstoffverbrauchsraten

46.
Die Sauerstoffverbrauchsraten sind aus dem Mittelwert der gemessenen Werte zu berechnen — z. B. aus dem linearen Abschnitt der Kurven der Sauerstoffkonzentration in Abhängigkeit von der Zeit. Die Berechnungen werden auf Sauerstoffkonzentrationen von 2,0 mg/l bis 7,0 mg/l beschränkt, da höhere und niedrigere Konzentrationen selbst Auswirkungen auf die Sauerstoffverbrauchsraten haben könnten. Die Berücksichtigung von Konzentrationsbereichen ober- oder unterhalb dieser Werte ist manchmal nicht zu vermeiden und erforderlich, wenn die Respiration stark beeinträchtigt und entsprechend gering ist oder wenn bei einem bestimmten Belebtschlamm eine sehr hohe Respiration zu verzeichnen ist. Dies ist annehmbar, wenn die betreffenden Bereiche der Verbrauchskurve gerade verlaufen und wenn sich ihre Steigung unter- bzw. oberhalb der O2-Grenzwerte 2,0 mg/l oder 7,0 mg/l nicht ändert. Gekrümmte Kurvenabschnitte sind ein Beleg dafür, dass sich das Messsystem noch stabilisiert oder dass sich die Verbrauchsrate ändert. Die Sauerstoffverbrauchsrate darf nicht anhand dieser Abschnitte berechnet werden. Die Sauerstoffverbrauchsrate ist in Milligramm pro Liter und Stunde (mg/lh) oder in Milligramm pro Gramm getrockneter Schlamm und Stunde (mg/gh) anzugeben. Die Sauerstoffverbrauchsrate R, in mg/lh, kann nach der Gleichung 1 berechnet oder interpoliert werden ausgehend vom linearen Abschnitt der Kurve des aufgezeichneten Sauerstoffrückgangs:



R = (Q1 – Q2)/Δt × 60(1)

Dabei sind:

Q1=Sauerstoffkonzentration am Anfang des ausgewählten Abschnitts der linearen Phase (mg/l);
Q2=Sauerstoffkonzentration am Ende des ausgewählten Abschnitts der linearen Phase (mg/l);
Δt=Zeitabstand zwischen diesen beiden Messungen (min.).
47.
Die spezifische Respirationsrate (Rs) wird als die Menge an Sauerstoff ausgedrückt, die pro Gramm Trockenmasse des Schlamms und pro Stunde (mg/gh) verbraucht wird; sie ist mit Gleichung 2 zu berechnen:



Rs= R/SS(2)

Dabei ist SS die Konzentration der suspendierten Feststoffe im Prüfgemisch (g/l).

48.
Die verschiedenen kombinierbaren Indizes von R sind:
S=spezifische Rate
T=Gesamtrespirationsrate
N=auf Nitrifikationsrespiration zurückzuführende Rate
H=auf heterotrophe Respiration zurückzuführende Rate
A=auf abiotische Prozesse zurückzuführende Rate
B=auf Blindkontrollen basierende Rate (Mittelwert)

Berechnung der Sauerstoffverbrauchsrate aufgrund von Nitrifikation

49.
Die Beziehung zwischen der Gesamtrespiration (RT), der Nitrifikationsrespiration (RN) und der heterotrophen Respiration (RH) wird mit Gleichung 3 beschrieben:



RN = RT – RH(3)

Dabei sind:

RN=Sauerstoffverbrauchsrate aufgrund von Nitrifikation (mg/lh);
RT=gemessene Rate des Sauerstoffverbrauchs der Blindkontrolle (ohne ATU; FB) (mg/lh).
RH=gemessene Rate des Sauerstoffverbrauchs der Blindkontrolle mit ATU (FN) (mg/lh).
50.
Diese Beziehung gilt für Blindwerte (RNB, RTB, RHB), abiotische Kontrollen (RNA, RTA, RHA) und Assays mit Prüfchemikalien (RNS, RTS, RHS) (mg/gh). Spezifische Respirationsraten werden wie folgt berechnet:



RNS = RN/SS(4)
RTS = RT/SS(5)
RHS= RH/SS(6)
51.
Wenn RN in einem Vorversuch nicht signifikant ist (z. B. < 5 % der RT bei Blindkontrollen), kann davon ausgegangen werden, dass der heterotrophe Sauerstoffverbrauch dem Gesamtverbrauch entspricht und dass keine Nitrifikation stattfindet. Wenn in den Prüfungen die Auswirkungen auf heterotrophe und nitrifizierende Mikroorganismen berücksichtigt werden sollen, wird Belebtschlamm anderer Herkunft benötigt. Der definitive Test ist durchzuführen, wenn bei unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfchemikalie Anzeichen für eine Hemmung des Sauerstoffverbrauchs festgestellt werden.

Berechnung der prozentualen Hemmung

52.
Die prozentuale Hemmung des Gesamtsauerstoffverbrauchs, IT, bei den einzelnen Konzentrationen der Prüfchemikalie wird mit Gleichung 7 ermittelt:



IT = [1 – (RT – RTA)/RTB] × 100 %(7)
53.
Analog dazu wird die prozentuale Hemmung des heterotrophen Sauerstoffverbrauchs, IH, bei den einzelnen Konzentrationen der Prüfchemikalie mit Gleichung 8 ermittelt:



IH = [1 – (RH – RHA)/RHB] × 100 %(8)
54.
Die Hemmung des Sauerstoffverbrauchs durch Nitrifikation, IN, wird für die einzelnen Konzentrationen schließlich mit Gleichung 9 berechnet:



IN = [1 – (RT – RH)/(RTB – RHB)] × 100 %(9)
55.
Die prozentuale Hemmung des Sauerstoffverbrauchs ist bezogen auf den Logarithmus der Konzentration der Prüfchemikalie grafisch darzustellen (Hemmkurve siehe Abb. 3 in Anlage 4). Die Hemmkurven werden für jede Belüftungsperiode von jeweils 3 Stunden bzw. zusätzlich nach 30 Minuten grafisch dargestellt. Anschließend ist aus der Grafik die Konzentration der Prüfchemikalie zu berechnen oder zu interpolieren, bei der der Sauerstoffverbrauch um 50 % gehemmt wird (EC50). Wenn geeignete Daten verfügbar sind, können die 95- %-Konfidenzintervalle der EC50-Werte, die Steigung der Kurve und geeignete Werte für den Beginn der Hemmung (z. B. EC10 oder EC20) sowie das Ende des Inhibitionsbereichs (etwa EC80 oder EC90) berechnet oder interpoliert werden.
56.
Angesichts der häufig beobachteten Variabilität der Ergebnisse kann es in vielen Fällen ausreichen, die Ergebnisse zusätzlich nach der Größenordnung anzugeben, z. B.:



EC50< 1 mg/l
EC501 mg/l bis 10 mg/l
EC5010 mg/l bis 100 mg/l
EC50> 100 mg/l

Interpretation der Ergebnisse

ECx

57.
ECx-Werte einschließlich der entsprechenden oberen und unteren 95- %-Konfidenzgrenzen für die einzelnen Parameter werden mit geeigneten statistischen Methoden berechnet (z. B. Probit-Analysen, Logit- oder Weibull-Modell, Trimmed Spearman-Karber-Methode oder einfache Interpolation) (11). Ein ECx-Wert wird ermittelt, indem der x % des Mittelwerts der Kontrollen entsprechende Wert in die gefundene Gleichung eingesetzt wird. Um den EC50-Wert oder einen sonstigen ECx-Wert zu ermitteln, sind die Mittelwerte der Vorbehandlung (x) einer Regressionsanalyse zu unterziehen.

Schätzung der NOEC

58.
Wenn mit einer statistischen Analyse die NOEC bestimmt werden soll, werden Statistiken für die einzelnen Gefäße benötigt. (Die Gefäße werden jeweils als Replikate betrachtet.) Es sind geeignete statistische Methoden anzuwenden; maßgeblich ist das OECD-Dokument „Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application“ (11). Im Allgemeinen werden schädliche Wirkungen der Prüfchemikalie im Vergleich mit der Kontrolle einer einseitigen (kleineren) Hypothesenprüfung mit p ≤ 0,05 unterzogen.

Prüfbericht

59.
Das Prüfprotokoll enthält die folgenden Informationen:

Prüfchemikalie:

allgemeine Bezeichnung, chemische Bezeichnung, CAS-Nummer, Reinheit;
physikalisch-chemische Eigenschaften der Prüfchemikalie (z. B. log Kow, Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Henry-Konstante (H) und mögliche Informationen zum Verbleib der Prüfchemikalie (z. B. Adsorption an den Belebtschlamm));

Prüfsystem

Herkunft, Betriebsbedingungen der Kläranlage und eingeleitete Abwässer, Konzentration, Vorbehandlung und Versorgung des Belebtschlamms;

Prüfbedingungen

Testtemperatur, pH-Wert während der Prüfung und Dauer der Expositionsphase(n);

Ergebnisse

Spezifischer Sauerstoffverbrauch der Kontrollen (mg O2/(g Schlamm × h);
alle gemessenen Daten, die Hemmungskurve(n) und die Methode zur Berechnung von EC50;
EC50 und nach Möglichkeit die 95- %-Konfidenzgrenzen sowie möglichst EC20 und EC80; wenn möglich, die NOEC und die angewandten statistischen Methoden, wenn EC50 nicht bestimmt werden kann;
Ergebnisse für die Gesamthemmung sowie gegebenenfalls für die Hemmung der heterotrophen und der Nitrifikationsrespiration;
der abiotische Sauerstoffverbrauch der physikalisch-chemischen Kontrolle (soweit verwendet);
Bezeichnung der Referenzchemikalie und Ergebnisse mit dieser Chemikalie;
sämtliche Beobachtungen und Abweichungen vom Standardverfahren, die Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben könnten.

LITERATUR

(1) Brown, D., Hitz, H.R., und Schäfer, L. (1981). The assessment of the possible inhibitory effect of dyestuffs on aerobic waste-water bacteria, Experience with a screening test. Chemosphere 10 (3): 245-261.

(2) King, E. F. und Painter H. A. (1986). Inhibition of respiration of activated sludge; variability and reproducibility of results. Toxicity Assessment 1(1): 27-39.

(3) OECD (1984), Activated sludge, Respiration inhibition test, Test Guideline No. 209, Guidelines for the testing of chemicals, OECD, Paris.

(4) ISO (2007). ISO 8192, Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmung des Sauerstoffverbrauchs von Belebtschlamm nach Kohlenstoff- und Ammonium-Oxidation; Internationale Organisation für Normung.

(5) Bealing, D. J. (2003). Dokument ISO/TC147/WGI/N.183, ISO.

(6) Painter, H A, Jones K (1963). The use of the wide-bore dropping-mercury electrode for the determination of the rates of oxygen uptake and oxidation of ammonia by micro-orgranisms. Journal of Applied Bacteriology26 (3): 471-483.

(7) Painter, H. A. (1986). Testing the toxicity of chemicals by the inhibition of respiration of activated sludge. Toxicity Assessment 1:515-524.

(8) Robra, B. (1976). Wasser/Abwasser 117, 80.

(9) Fiebig, S., und Noack, U. (2004). The use of copper(II)sulphate pentahydrate as reference substance in the activated sludge respiration inhibition test — acc. to the OECD guideline 209. Fresenius Environmental Bulletin 13 No. 12b: 1556-1557.

(10) ISO (1995). ISO 10634, Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die Vorbereitung und Behandlung von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen für die nachfolgende Bestimmung ihrer biologischen Abbaubarkeit in einem wässrigen Medium.

(11) OECD (2006). Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a guidance to application, Series on testing and assessment No. 54, ENV/JM/MONO(2006)18, OECD, Paris.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Bei dieser Prüfmethode werden die folgenden Begriffsbestimmungen zugrunde gelegt:

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

ECx (Konzentration mit einer Wirkung von x %) : Konzentration, bei der innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle eine Wirkung von x % auf die Testorganismen zu verzeichnen ist. Der EC50-Wert beispielsweise ist die Konzentration, bei der bei 50 % einer exponierten Population während einer bestimmten Expositionsdauer von einer Wirkung auf einen Endpunkt der Prüfung ausgegangen wird.

NOEC (höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete Wirkung) : Die Konzentration der Prüfchemikalie, bei der keine Wirkung beobachtet wird. Bei diesem Test hat die der NOEC entsprechende Konzentration innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05).

Prüfchemikalie : ein beliebiger Stoff oder eine Mischung, der bzw. die nach dieser Methode geprüft wird.

Anlage 2

Abb. 1   Messgeräte (Beispiele)

Legende



1 Belebtschlamm

2 Synthetisches Medium

3 Prüfchemikalie

4 Luft

5 Mischgefäß

6 Magnetrührer

7 Sauerstoffmesszelle

8 Sauerstoffelektrode

9 Sauerstoffmessgerät

10 Aufzeichnungsgerät

Anlage 3

Abb. 2   Messgerät (Beispiel) mit einer BSB-Flasche

Legende

1Prüfgefäß
2Sauerstoffelektrode
3Sauerstoffmessgerät

Anlage 4

Abb. 3   Hemmkurven (Beispiel)

Legende

XKonzentration von 3,5-Dichlorphenol (mg/l)
YHemmung ( %)
Hemmung der heterotrophen Respiration mit einem nitrifizierenden Schlamm
Hemmung der Nitrifikation mit einem nitrifizierenden Schlamm.

C.12   BIOLOGISCHE

ABBAUBARKEIT MODIFIZIERTER SCAS-TEST

1.   METHODE

1.1.   EINLEITUNG

Zweck des Verfahrens ist die Prüfung der potenziellen vollständigen biologischen Abbaubarkeit von wasserlöslichen, nichtflüchtigen organischen Stoffen, die längere Zeit relativ hohen Konzentrationen von Mikroorganismen ausgesetzt werden. Durch tägliche Zugabe von Abwasser als Nährlösung werden die Mikroorganismen während der Versuchszeit am Leben erhalten. An Wochenenden kann das Abwasser bei 4 oC aufbewahrt werden. Wahlweise kann auch das „synthetische“ Abwasser des OECD-Bestätigungstests verwendet werden.

Tritt eine physikalisch-chemische Adsorption der Prüfsubstanz an die suspendierten Feststoffe auf, muss dies bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden (siehe Randziffer 3.2).

Wegen der langen Verweilzeit der flüssigen Phase in der Belüftungseinheit (36 Stunden) und der zwischenzeitlichen Zugabe von Nährstoffen simuliert der Test nicht die in einer Kläranlage üblichen Bedingungen. Die für verschiedene Prüfsubstanzen vorliegenden Ergebnisse weisen darauf hin, dass das biologische Abbaupotenzial des Tests hoch ist.

Die Testbedingungen sind für die Selektion und/oder Adaptation von Mikroorganismen, die die Prüfsubstanzen abzubauen vermögen, äußerst günstig, (Dieses Verfahren kann auch zur Herstellung akklimatisierten Impfguts für andere Prüfungen angewandt werden.)

Bei dieser Methode wird die Konzentration des gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC) als Maß zur Beurteilung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit der Prüfsubstanz benutzt. Der Gehalt an gelöstem organischem Kohlenstoff ist vorzugsweise nach Ansäuerung und Strippen und nicht als Differenz zwischen Gesamtkohlenstoffgehalt und anorganischem Kohlenstoff zu bestimmen.

Werden gleichzeitig spezifische Analysen durchgeführt, kann der Primärabbau (Verschwinden der chemischen Ausgangsstruktur) des Stoffes beurteilt werden.

Mit diesem Verfahren können nur organische Stoffe geprüft werden, die bei der verwendeten Konzentration

in Wasser löslich sind (mindestens 20 mg DOC/L);
einen niederen Dampfdruck aufweisen;
die Bakterien nicht hemmen;
innerhalb des Prüfsystems nicht nennenswert adsorbieren;
nicht durch Schäumen aus der Testlösung verloren gehen.

Der organische Kohlenstoffgehalt der Prüfsubstanz ist zu bestimmen.

Informationen über die relativen Anteile der Hauptkomponenten der Prüfsubstanz sind für die Interpretation der Ergebnisse insbesondere dann nützlich, wenn niedrige oder marginale Abbau-Werte erhalten werden.

Informationen über die Toxizität des Stoffes gegenüber Mikroorganismen sind zur Interpretation niedriger Abbauwerte sowie zur Auswahl geeigneter Prüfkonzentrationen nützlich.

1.2.   DEFINITIONEN UND EINHEITEN

CT=Konzentration der Prüfsubstanz, bestimmt als zu Beginn der Belüftungszeit vorhandener oder hinzugegebener organischer Kohlenstoff (mg/L);
Ct=Konzentration des organischen Kohlenstoffs in der nach Belüftung und anschließender Sedimentation überstehenden Flüssigkeit in der Prüfeinheit (mg/L);
Cc=Konzentration des gelösten organischen Kohlenstoffs in der nach Belüftung und anschließender Sedimentation überstehenden Flüssigkeit der Kontrolleinheit (mg/L).

Der biologische Abbau wird in dieser Vorschrift als Abnahme des Gehalts an organischem Kohlenstoff definiert. Er lässt sich wie folgt darstellen:

1.
als prozentuale Abnahme Dda der täglich hinzugegebenen Stoffmenge:



[1]
Dda=Abbau/Tägliche Zugabe.
2.
Als prozentuale Abnahme Dssd der zu Beginn eines jeden Tages im Testsystem vorhandenen Stoffmenge:



[2 (a)]
[2 (b)]
Dssd=Abbau/Stoff zu Beginn des Tages.

Die Indizes i und (i + 1) beziehen sich auf den Tag der Messung.

Gleichung [2a] wird empfohlen, wenn der DOC-Gehalt der entnommenen Kultursuspension täglichen Schwankungen unterworfen ist, während Gleichung [2b] benutzt werden kann, wenn der DOC-Gehalt von Tag zu Tag relativ konstant bleibt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Bei der Untersuchung neuer Stoffe können in einigen Fällen Referenzsubstanzen nützlich sein; jedoch können keine spezifischen Substanzen empfohlen werden,

In Anlage 1 werden Daten von mehreren Verbindungen, die in Ringversuchen geprüft worden sind, angegeben. Mit ihnen kann gelegentlich eine Kalibrierung der Methode vorgenommen sowie ein Vergleich mit Ergebnissen, die mit anderen Methoden erhalten wurden, durchgeführt werden.

1.4.   PRINZIP DER METHODE

Belebtschlamm aus einer Kläranlage wird in eine Belüftungseinheit, die halbkontinuierlich betrieben wird (Semi-Continuous Activated Sludge unit, SCAS-Einheit), gegeben. Die Prüfsubstanz sowie häusliches Abwasser werden zugesetzt und das Gemisch 23 Stunden lang belüftet. Danach lässt man den Schlamm absetzen und nimmt die überstehende Flüssigkeit ab.

Der im Kulturgefäß verbleibende Schlamm wird sodann mit einer weiteren aliquoten Menge der Prüfsubstanz sowie mit Abwasser gemischt und das Verfahren wird wiederholt.

Der biologische Abbau wird durch Bestimmung des DOC-Gehalts nach Sedimentation des Schlammes in der überstehenden Flüssigkeit ermittelt. Dieser Wert wird mit dem entsprechenden der Kontrolleinheit verglichen.

Wird ein spezifisches Analyseverfahren angewandt, so können Veränderungen in der Konzentration der Ausgangsverbindung, die infolge des biologischen Abbaus (Primär-Abbau) auftreten, gemessen werden.

1.5.   QUALITÄTSKRITERIEN

Die Reproduzierbarkeit dieses Verfahrens, das auf der Messung der DOC-Abnahme beruht, ist noch nicht überprüft worden. (Ist der biologische Primär-Abbau zu ermitteln, so können sehr präzise Daten für Stoffe erhalten werden, die weitgehend abgebaut werden.)

Die Empfindlichkeit des Verfahrens ist weitgehend von den Schwankungen des Kontrollwerts und in geringerem Ausmaß von der Genauigkeit der Bestimmung des gelösten organischen Kohlenstoffs und der Konzentration der Prüfsubstanz in der Kultursuspension zu Beginn der einzelnen Zyklen abhängig.

1.6.   PRÜFVERFAHREN

1.6.1.   Vorbereitung

Eine ausreichende Zahl von sauberen Kulturgefäßen (wahlweise kann auch die ursprüngliche SCAS-Einheit, die ein Volumen von 1,5 l fasst, angewandt werden) und Belüftungsrohren für jede Prüfsubstanz sowie die Kontrolle werden zusammengesetzt. Die den Prüfeinheiten zugeführte Druckluft muss, durch ein Wattefilter gereinigt, frei von organischem Kohlenstoff sein und zur Verminderung der Evaporationsverluste zuvor mit Wasser gesättigt werden.

Eine Mischprobe mit 1 bis 4 g suspendierten Feststoffen/l wird einer Belebtschlammanlage, in der vorwiegend häusliche Abwässer behandelt werden, entnommen.

Für jede Belüftungseinheit sind rund 150 ml Belebtschlamm erforderlich.

Stammlösungen der Prüfsubstanz werden in destilliertem Wasser zubereitet; normalerweise ist eine Konzentration von 400 mg organischem Kohlenstoff/l erforderlich, um eine Konzentration der Prüfsubstanz von 20 mg Kohlenstoff/l zu Beginn jedes Belüftungszyklus, wenn kein biologischer Abbau erfolgt, einzustellen.

Höhere Konzentrationen sind zulässig, wenn die Toxizität gegenüber den Mikroorganismen dies erlaubt. Der Gehalt der Stammlösungen an organischem Kohlenstoff wird gemessen.

1.6.2.   Prüfbedingungen

Der Test ist bei einer Temperatur von 20 bis 25 oC durchzuführen.

Es wird eine hohe Konzentration aerober Mikroorganismen verwendet (1 bis 4 g/l suspendierte Feststoffe); die effektive Verweilzeit im Kulturgefäß beträgt 36 Stunden. Die kohlenstoffhaltigen Substanzen im zugesetzten Abwasser werden in der Regel innerhalb der ersten acht Stunden nach Beginn eines jeden Belüftungszyklus weitestgehend oxydiert. Danach atmet der Schlamm endogen; während dieser Zeit ist die Prüfsubstanz das einzig verfügbare Substrat, wenn sie nicht ebenfalls sofort abgebaut worden ist. Diese Rahmenbedingungen schaffen, zusammen mit der täglichen Wiederbeimpfung bei Verwendung von häuslichem Abwasser als Nährmedium, sowohl für die Akklimatisierung als auch für einen weitgehenden biologischen Abbau sehr günstige Voraussetzungen.

1.6.3.   Durchführung der Prüfung

Eine gemischte Belebtschlammprobe wird einer geeigneten kommunalen Kläranlage, die vorwiegend häusliche Abwässer behandelt, oder einer Laboratoriumsanlage entnommen und bis zur Verwendung im Laboratorium unter aeroben Bedingungen gehalten. In jede Prüf- und Kontrolleinheit werden 150 ml (werden die Original-SCAS-Prüfeinheiten verwendet, so sind die angegebenen Volumina zu verzehnfachen) der Belebtschlamm-Suspension gegeben und dann belüftet. Nach 23 Stunden wird die Belüftung ausgeschaltet und man lässt den Schlamm 45 Minuten absetzen. Dann werden die Ablaufstutzen der einzelnen Gefäße geöffnet und aus jedem 100 ml der überstehenden Flüssigkeit entnommen. Von einer unmittelbar vor Gebrauch gezogenen Probe häuslicher Abwasser, aus dem die gröberen Partikel nach Sedimentation entfernt wurden, werden je 100 ml zu dem in den Belüftungseinheiten verbliebenen Schlamm gegeben. Sodann wird wieder belüftet. In dieser Phase werden keine Prüfsubstanzen zugesetzt. In die Einheiten wird so oft häusliches Abwasser gegeben, bis nach dem Absetzen des Schlamms eine klare überstehende Flüssigkeit erhalten wird. Dies dauert in der Regel bis zu zwei Wochen; in dieser Zeit nähert sich der gelöste organische Kohlenstoff in der überstehenden Schicht nach Abschluss der Belüftungszyklen einem konstanten Wert.

Am Ende dieser Phase werden die einzelnen abgesetzten Schlämme gemischt und jeweils 50 ml des daraus erhaltenen Mischschlammes wiederum in die einzelnen Einheiten gegeben.

95 ml abgesetztes Abwasser und 5 ml Wasser werden in den Kontrollansatz und 95 ml des abgesetzten Abwassers und 5 ml der Prüfsubstanz-Stammlösung (400 mg/l) werden in jede Prüfeinheit gegeben. Dann wird wieder für 23 Stunden belüftet. Danach lässt man den Schlamm 45 Minuten absetzen, worauf die überstehende Schicht abgenommen und auf den Gehalt an organischem Kohlenstoff untersucht wird.

Das oben beschriebene Füll- und Entnahmeverfahren wird während der Testdauer täglich wiederholt.

Vor dem Absetzen müssen eventuell die Wände der Einheiten gereinigt werden, um eine Anhaftung von Feststoffen oberhalb des Flüssigkeitsniveaus zu verhindern. Für jede Einheit sind getrennte Schaber oder Bürsten zu verwenden, um eine gegenseitige Kontamination zu vermeiden.

Im Idealfall wird der Gehalt an gelöstem organischen Kohlenstoff in der überstehenden Kultursuspension täglich bestimmt; weniger häufige Analysen sind jedoch zulässig. Vor der Analyse werden die Suspensionen durch gewaschene Membranfilter von 0,45 μm filtriert oder zentrifugiert. Membranfilter sind geeignet, wenn sichergestellt ist, dass sie weder Kohlenstoff freisetzen noch Stoffe bei der Filtration adsorbieren. Die Temperatur der Probe darf bei der Zentrifugation 40 oC nicht übersteigen.

Die Dauer der Prüfung ist für gering oder nicht biologisch abbaubare Verbindungen unbestimmt; nach bisherigen Erfahrungen sollte sie mindestens 12, höchstens jedoch 26 Wochen betragen.

2.   DATEN UND AUSWERTUNG

Die Gehalte an gelöstem organischen Kohlenstoff in den nach der Sedimentation überstehenden Kultursuspensionen der Prüf- und Kontrolleinheiten werden gegen die Zeit grafisch aufgetragen.

Nach Abschluss des biologischen Abbaus sollten sich die Werte der Prüfansätze demjenigen des Kontrollansatzes nähern. Bleibt die Differenz zwischen diesen beiden Werten während drei aufeinander folgender Messungen konstant, so werden noch so viele Messungen vorgenommen, wie es zur statistischen Auswertung der Daten erforderlich ist, und der prozentuale biologische Abbau der zu prüfenden Substanz wird berechnet (Dda oder Dssd, siehe 1.2).

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   PRÜFBERICHT

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, Folgendes anzugeben:

sämtliche Informationen über die Art des Abwassers, den Typ der benutzten Belüftungseinheit und die mit dem zu prüfenden Stoff, der Kontrolle sowie gegebenenfalls mit der Referenzsubstanz erhaltenen Versuchsergebnisse;
Temperatur;
Abbaukurve mit Beschreibung der Berechnungsweise (siehe 1.2);
Datum und Ort der Entnahme des Belebtschlamms und des Abwassers;
Stand der Adaptation, Konzentration usw.;
wissenschaftliche Gründe für jedwede Änderung des Prüfverfahrens;
Unterschrift und Datum.

3.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Da der mit diesem Verfahren zu prüfende Stoff biologisch nicht leicht abbaubar ist, wird jede ausschließlich auf biologischen Abbau zurückzuführende Abnahme des DOC-Gehalts in der Regel über Tage oder Wochen nur langsam erfolgen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen eine plötzliche Akklimatisierung eintritt, erkennbar an einer raschen DOC-Abnahme.

Eine physikalisch-chemische Adsorption kann jedoch oftmals eine wichtige Rolle spielen; dies ist daran erkenntlich, dass der zugesetzte gelöste organische Kohlenstoff von Anfang an vollständig oder teilweise verschwindet. Die danach auftretenden Effekte sind von Faktoren wie dem Adsorptionsgrad und der Konzentration der suspendierten Partikel in der den Belüftungseinheiten entnommenen Suspension abhängig. Die Differenz zwischen den DOC-Konzentrationen in der Kontrolle und dem Prüfansatz nimmt zunächst in der Regel von geringen Anfangswerten fortschreitend zu und bleibt dann während der restlichen Versuchszeit konstant, sofern keine Akklimatisierung erfolgt.

Soll zwischen vollständigem (oder teilweisem) biologischem Abbau und Adsorption unterschieden werden, sind weitere Tests erforderlich. Hierfür bieten sich mehrere Möglichkeiten an; am besten verwendet man jedoch den Belebtschlamm aus der Prüfeinheit oder die nach Sedimentation daraus erhaltene Kultursuspension als Inokulum in einem Grundstufen-Test (vorzugsweise respirometrisch).

Prüfsubstanzen, die eine weitgehende, nicht durch Adsorption bedingte Abnahme des DOC-Gehalts in diesem Test aufweisen, sind als potenziell biologisch abbaubar zu betrachten. Eine partielle nichtadsorptive Abnahme weist darauf hin, dass der Stoff zumindest teilweise biologisch abbaubar ist.

Erfolgt keine oder nur eine geringe Abnahme des gelösten organischen Kohlenstoffs, kann dies möglicherweise auf einer Hemmung der Mikroorganismen durch den zu prüfenden Stoff beruhen. Diese kann sich auch durch Auflösung und Verlust des Schlammes sowie einer Trübung der überstehenden Kultursuspension zeigen. In solchen Fällen ist die Prüfung mit einer niedrigeren Konzentration des zu prüfenden Stoffes zu wiederholen.

Durch spezifische Analysemethoden oder den Einsatz 14C-markierter Prüfsubstanzen lässt sich eventuell eine höhere Empfindlichkeit erreichen. Wird 14C-markierte Prüfsubstanz verwendet, lässt sich durch Nachweis des entstehenden l4CO2 bestätigen, dass ein biologischer Abbau stattgefunden hat.

Werden die Ergebnisse auch in Form des biologischen Primär-Abbaus angegeben, so sollten, wenn möglich, Angaben über die Veränderungen der chemischen Struktur gemacht werden, die die mangelnde Wiederauffindung der Ausgangssubstanz begründen.

Die Validierung der Analysemethode sowie die damit bestimmten Werte im Nährmedium ohne Zusatz der Prüfsubstanz müssen angegeben werden.

4.   LITERATUR

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 302 A, Beschluss des Rates C(81)30 endg.

Anlage 1

SCAS-Test: Beispiel der Ergebniseingabe



Substanz

CT

(mg/l)

Ct — Cc

(mg/l)

Prozent biologischer Abbau

Dda

Testdauer

(Tage)

4-Acetylaminobenzolsulfonat17,2 2,0 8540
Tetrapropylenbenzolsulfonat17,3 8,4 51,4 40
4-Nitrophenol16,9 0,8 95,3 40
Diethylenglykol16,5 0,2 98,8 40
Anilin16,9 1,7 95,9 40
Cyclopentantetracarboxylat17,9 3,2 81,1 120

Anlage 2

Beispiel der Testapparatur

Abbildung 1

C.13.   BIOAKKUMULATIONSPRÜFUNG AM FISCH MIT AQUATISCHER EXPOSITION UND EXPOSITION ÜBER DAS FUTTER

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode (PM) entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 305 (2012). Mit ihrer Überarbeitung werden im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt. Erstens soll ein Test auf Bioakkumulation infolge der Aufnahme über das Futter  einbezogen werden, der für die Bestimmung des Bioakkumulationspotenzials von Stoffen mit sehr niedriger Wasserlöslichkeit geeignet ist. Zweitens soll eine Prüfmethode bereitgestellt werden, bei der aus Tierschutzgründen gegebenenfalls weniger Fische verwendet werden und die somit kostengünstiger ist.

In den Jahren seit der Verabschiedung der konsolidierten Prüfmethode C. 13 (1) wurden zahlreiche Stoffe geprüft und von Laboratorien und Regulierungsbehörden umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Dies hat zu der Überzeugung geführt, dass die Komplexität des Versuchs verringert werden kann, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind (siehe Nummer 88), und dass ein gestufter Ansatz möglich ist. Die Erfahrung hat gezeigt, dass biologische Faktoren wie Wachstum und Lipidgehalt von Fischen die Ergebnisse erheblich beeinflussen können und berücksichtigt werden sollten. Darüber hinaus wurde erkannt, dass die Prüfung von Stoffen mit sehr geringer Wasserlöslichkeit technisch nicht durchführbar ist. Zudem kann bei Stoffen mit sehr geringer Wasserlöslichkeit im aquatischen Milieu die aquatische Exposition im Vergleich zur Exposition über das Futter geringfügiger sein. Dies hat zur Entwicklung einer Prüfmethode geführt, bei der die Fische über das Futter exponiert werden (siehe Nummern 7-14 und Nummer 97 ff.). Die Prüfung mit Exposition über das Futter wurde 2010 validiert (Ringtest) (51).

Die wichtigsten Änderungen beinhalten Folgendes:

Die Prüfung nur einer Prüfkonzentration gilt als ausreichend, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Biokonzentrationsfaktor (bioconcentration factor, BCF) von der Prüfkonzentration unabhängig ist.
Es kann ein Versuch mit minimaler aquatischer Exposition und weniger Probenahmezeitpunkten ins Auge gefasst werden, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind.
Der Lipidgehalt der Fische sollte gemessen werden, damit der BCF auf Basis eines Lipidgehalts von 5 % ausgedrückt werden kann.
Neben der Schätzung des BCF im stationären Zustand (steady state) wird der Schwerpunkt verstärkt auf die Schätzung des kinetischen BCF (soweit möglich) gelegt.
Für bestimmte Stoffgruppen wird die Prüfung mit Exposition über das Futter vorgeschlagen, wenn diese Art der Prüfung im Vergleich zur Prüfung mit aquatischer Exposition als geeigneter gilt.
Das Fischgewicht sollte bestimmt werden, damit der BCFk um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum korrigiert werden kann.

Vor der Durchführung eines Bioakkumulationstests sollte Folgendes über die Prüfchemikalie bekannt sein:

(a) Empfindlichkeit der Analysetechnik zwecks Messung der Gewebe- sowie der Wasser- und Futterkonzentrationen sowohl für den Prüfstoff als auch für mögliche Metaboliten (siehe Nummer 65).

(b) Löslichkeit in Wasser [PM A.6; (2)]; diese sollte nach einer Methode bestimmt werden, die für den (geschätzten) Löslichkeitsbereich geeignet ist, um einen zuverlässigen Wert zu erhalten. Bei hydrophoben Stoffen ist dies im Allgemeinen die Säulen-Elutions-Methode.

(c) n-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient, KOW  [PM A.8 (4), A.24 (5), A.23 (6)]; oder andere geeignete Informationen über das Verteilungsverhalten (z. B. Sorption an Lipiden, KOC; dieses sollte nach einer Methode bestimmt werden, die für den Bereich von KOW (Schätzwert) geeignet ist, um einen zuverlässigen Wert zu erhalten. Bei hydrophoben Stoffen ist dies im Allgemeinen die Prüfung unter langsamem Rühren [TM A.23 (6)];

(d) Stabilität des Stoffs in Wasser (Hydrolyse [TM C.7 (7)]);

(e) Stabilität des Stoffs im Futter (insbesondere wenn ein Prüfungsansatz mit Exposition über das Futter gewählt wird);

(f) Informationen über die Phototransformation, die für die Bestrahlungsbedingungen der Prüfung relevant sind (8);

(g) Oberflächenspannung (z. B. bei Stoffen, bei denen log KOW nicht bestimmt werden kann) [TM A.5 (9)];

(h) Dampfdruck [TM A.4 (10)];

(i) Etwaige Informationen über den biotischen oder abiotischen Abbau in Wasser, z. B. über leichte biologische Abbaubarkeit [PM C.4 Teile II bis VII (11), PM C.29 (12)], soweit zutreffend;

(j) Informationen über Metaboliten: Struktur, log KOW, Bildung und Abbaubarkeit, falls zutreffend;

(k) Säuredissoziationskonstante (pKa) für Stoffe, die ionisieren könnten. Der pH-Wert des Prüfwassers sollte angepasst werden, um sicherzustellen, dass der Stoff in ionisierter Form verwendet wird, sofern dies mit der verwendeten Fischart vereinbar ist.

Diese Prüfmethode beschreibt ein Verfahren zur Charakterisierung des Potenzials verschiedener Stoffe zur Bioakkumulation in Fischen, unabhängig von der gewählten Expositionsmethode oder dem gewählten Probenahmeschema. Obwohl Durchflusstests empfohlen werden, sind — sofern die Validitätskriterien erfüllt sind (siehe Nummern 24 und 113) — auch semistatische Methoden zulässig. Für die Exposition über das Futter ist zwar kein Durchflusssystem notwendig, um wässrige Konzentrationen des Prüfstoffs aufrechtzuerhalten, es trägt jedoch dazu bei, angemessene Konzentrationen gelösten Sauerstoffs aufrechtzuerhalten, das Wasser sauber zu halten und Einflussfaktoren wie Ausscheidungsprodukte zu beseitigen.

Ungeachtet der gewählten Methode enthält diese Prüfmethode genügend Einzelheiten für die Durchführung des Tests, räumt jedoch gleichzeitig genügend Spielraum für die Anpassung des Versuchsplans an die jeweiligen Laborgegebenheiten ein, auch für den Fall, dass die Prüfstoffe unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Die Prüfung bei aquatischer Exposition eignet sich am besten für stabile organische Stoffen mit log KOW-Werten zwischen 1,5 und 6,0 (13), kann aber auch bei stark hydrophoben Stoffen (mit log KOW > 6,0) angewendet werden, wenn eine stabile und vollständig gelöste Konzentration des Prüfstoffs in Wasser nachgewiesen werden kann. Kann keine stabile Konzentration des Prüfstoffs in Wasser nachgewiesen werden, wäre ein Versuch mit aquatischer Exposition ungeeignet und die Exposition müsste über das Fischfutter erfolgen (wenngleich Interpretation und Verwendung der Ergebnisse des futterbasierten Tests auch vom Rechtsrahmen abhängen können). Vorläufige Schätzwerte für den Biokonzentrationsfaktor (BCF, manchmal auch als KB bezeichnet) für organische Stoffe mit log KOW-Werten von bis zu 9,0 können nach der Gleichung von Binteinet al. (14) bestimmt werden. Die vorläufigen Schätzwerte für den Biokonzentrationsfaktor für derart stark hydrophoben Stoffe können höher sein als in Laborversuchen erwartete Steady-state-Biokonzentrationsfaktor (BCFSS), insbesondere, wenn für die vorläufige Schätzung ein einfaches lineares Modell angewendet wird. Zu den Parametern, die das Bioakkumulationspotenzial charakterisieren, gehören die Aufnahmekonstante k1), die Ausscheidungskonstante k2), der Steady-state-Biokonzentrationsfaktor (BCFSS), der kinetische Biokonzentrationsfaktor (BCFK) und der futterbezogene Biomagnifikationsfaktor (BMF) .

Radioaktiv markierte Prüfstoffe können die Analyse von Wasser-, Futter- und Fischproben erleichtern und für die Entscheidung, ob die Metaboliten identifiziert und quantifiziert werden sollten, herangezogen werden. Wenn nur der Gesamtgehalt an radioaktiven Rückständen gemessen wird (z. B. durch Verbrennung oder Solubilisierung von Gewebe), wird der BCF oder der BMF anhand des Gesamtwerts des Ausgangsstoffes, etwa verbliebener Stoffwechselprodukte und auch des assimilierten Kohlenstoffs bestimmt. BCF- oder BMF-Werte, die auf Basis des Gesamtgehalts an radioaktiven Rückständen ermittelt werden, sind daher nicht direkt mit einem BCF oder BMF vergleichbar, der nur aus der spezifischen chemischen Analyse des Ausgangsstoffes abgeleitet wurde. Trennungsverfahren wie TLC, HPLC oder GC  können vor der Analyse in Studien mit radioaktiver Markierung angewendet werden, um den BCF oder BMF anhand des Ausgangsstoffes zu bestimmen. Bei Anwendung von Trennungsverfahren sollten der Ausgangsstoff und die relevanten Stoffwechselprodukte identifiziert und quantifiziert werden  (siehe Nummer 65), wenn der BCF oder BMF anhand der Konzentration des Ausgangstoffes in den Fischen und nicht Gesamtgehalts an radioaktiv markierten Rückständen berechnet werden soll. Auch ist es aufgrund der Analyse und Identifizierung der Rückstände in den Geweben möglich, Untersuchungen des Fischstoffwechsels oder In-vivo-Verteilungsstudien mit einer Bioakkumulationsstudie zu kombinieren. Die Möglichkeit einer Metabolismus-Studie lässt sich mithilfe geeigneter Instrumente (z. B. der OECD QSAR Toolbox (15) und QSAR-spezifischer Programme) vorherbestimmen.

Die Entscheidung, ob und mit welchem Versuchsaufbau eine Prüfung mit aquatischer Exposition oder mit Exposition über das Futter durchgeführt werden soll, sollte unter Berücksichtigung der Faktoren gemäß Nummer Punkt 3 und der geltenden Rechtvorschriften getroffen werden. Für Stoffe beispielsweise, die einen hohen log KOW aufweisen, bei denen aufgrund der Empfindlichkeit verfügbarer Analyseverfahren aber dennoch eine gute Wasserlöslichkeit nachweisbar ist, sollte in erster Linie eine Prüfung mit aquatischer Exposition in Erwägung gezogen werden. Es kann allerdings sein, dass die Informationen über die Wasserlöslichkeit für diese hydrophoben Arten von Stoffen nicht endgültig sind, weshalb vor der Entscheidung über die anzuwendende Methode untersucht werden sollte, ob stabile und messbare wasserlösliche Konzentrationen (stabile Emulsionen sind nicht zulässig), die für eine Prüfung mit aquatischer Exposition geeignet sind, hergestellt werden können (16). Auf der Grundlage der Ausschlusskriterien „Wasserlöslichkeit“ und „Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient“ lässt sich keine genauen Anweisung für die anzuwendende Methode geben, da andere Faktoren (wie Analyseverfahren, Abbau, Adsorption usw.) aus den oben genannten Gründen einen erheblichen Einfluss auf die Anwendbarkeit der Methode haben können. Bei Stoffen mit einem log KOW-Wert von über 5 und einer Wasserlöslichkeit von unter ~0,01-0,1 mg/l wird die Prüfung mit aquatischer Exposition jedoch möglicherweise immer schwieriger.

Auch andere Faktoren, die die Wahl der Prüfmethode beeinflussen können, sollten geprüft werden, wie das Potenzial des Stoffes zur Anlagerung an Prüfgefäße und Apparaturen, seine Stabilität in wässriger Lösung im Vergleich zur Stabilität im Futter (17) (18) usw.

Informationen über diese praktischen Aspekte lassen sich möglicherweise auch aus anderen abgeschlossenen Studien im Wassermilieu herleiten. Weitere Informationen über die Prüfung von Aspekten im Zusammenhang mit der Durchführung von Bioakkumulationsstudien sind in der Fachliteratur verfügbar (z. B. (19)).

Bei Stoffen, bei denen die Löslichkeit oder die Aufrechterhaltung der wässrigen Konzentration sowie die Analyse dieser Konzentrationen keine Einschränkungen für die Durchführung der Methode mit aquatischer Exposition darstellen, ist diese Methode für die Bestimmung des Biokonzentrationspotenzials des Stoffes zu bevorzugen. Es sollte in jedem Fall sichergestellt werden, dass die zu verwendende(n) Expositions-konzentration(en) den Kriterien für die Wasserlöslichkeit in den Prüfmedien genügt (genügen). Für die Aufrechterhaltung stabiler Konzentrationen des gelösten Prüfstoffes sind verschiedene Methoden denkbar, z. B. die Verwendung von Stammlösungen oder passive Dosierung (z. B. nach der Säulen-Elutions-Methode), sofern nachgewiesen werden kann, dass stabile Konzentrationen aufrechterhalten werden können und die Prüfmedien nicht von den Empfehlungen unter Nummer 27 abweichen.

Bei stark hydrophoben Stoffen (log KOW > 5 und Löslichkeit unter ~ 0,01-0,1 mg/l) kann sich die Prüfung mit aquatischer Exposition als zunehmend schwierig erweisen. Gründe hierfür können sein, dass die wässrige Konzentration nicht auf einem Wert gehalten werden kann, der als hinreichend konstant erachtet wird (z. B. aufgrund der Sorption am Glas der Prüfgefäße oder rascher Aufnahme durch die Fische), oder dass die zu verwendenden wässrigen Konzentrationen so gering sind, dass sie innerhalb der Größenordnung der analytischen Quantifizierungsgrenze oder darunter liegen . Für diese stark hydrophoben Stoffe wird die Prüfung mit Exposition über das Futter empfohlen, vorausgesetzt, sie entspricht den einschlägigen Rahmenvorschriften und dem Erfordernis der Risikobewertung.

Bei Tensiden sollte geprüft werden, ob — angesichts der Eigenschaften des Stoffes — der Biokonzentrationstest im aquatischen Milieu durchführbar ist; ansonsten wäre die Prüfung mit Exposition über das Futter geeigneter. Tenside sind oberflächenaktive Stoffe, die die Grenzflächenspannung zwischen zwei Flüssigkeiten verringern. Aufgrund ihres amphiphilen Charakters (d. h. sie enthalten sowohl einen hydrophilen als auch einen hydrophoben Teil) akkumulieren sie an Grenzflächen wie der Wasser/Luft-Grenzfläche, der Wasser/Futter-Grenzfläche und Glaswänden, was die Bestimmung ihrer Konzentration im Wassermilieu behindert.

Bei der Prüfung mit Exposition über das Futter können einige der bei komplexen Gemischen mit Komponenten unterschiedlicher Wasserlöslichkeitsgrenzen auftretenden Expositionsprobleme insoweit umgangen werden, als eine vergleichbare Exposition aller Komponenten des Gemischs über das Futter wahrscheinlicher ist als über das Wasser (siehe (20)).

Es ist zu beachten, dass die Methode mit Exposition über das Futter einen futterbezogenen Biomagnifikationsfaktor (BMF) und nicht etwa einen Biokonzentrationsfaktor (BCF)  ergibt. Es existieren Ansätze zur Schätzung eines kinetischen Biokonzentrationsfaktors (BCFK anhand von Daten aus dem Versuch mit Exposition über das Futter (siehe Anlage 8), jedoch sollten diese mit Vorsicht angewendet werden, denn sie setzen im Allgemeinen eine Kinetik erster Ordnung voraus und sind nur auf bestimmte Gruppen von Verbindungen anwendbar. Auf Tenside lassen sie sich wahrscheinlich nicht anwenden (siehe Nummer 12).

Ein Versuch mit minimaler aquatischer Exposition und weniger Probenahmezeitpunkten, der es gestattet, die Zahl der erforderlichen Versuchstiere und/oder Ressourcen (siehe Nummer 83 ff.) zu begrenzen, sollte nur bei Stoffen angewendet werden, bei denen mit gutem Grund davon ausgegangen werden kann, dass Aufnahme und Ausscheidung ungefähr nach dem Schema der Kinetik erster Ordnung ablaufen (also eher bei nicht ionisierten organischen Stoffen, siehe Nummer 88).

C.13 — I:   BIOKONZENTRATIONSPRÜFUNG AM FISCH MIT AQUATISCHER EXPOSITION

TESTPRINZIP

Der Test besteht aus zwei Phasen: der Expositionsphase (oder Aufnahmephase) und der Post-Expositionsphase (oder Ausscheidungsphase). Während der Aufnahmephase wird eine Gruppe von Fischen ein und derselben Spezies je nach Eigenschaften des Prüfstoffes einer oder mehreren ausgewählten Prüfstoffkonzentrationen ausgesetzt (siehe Nummer 49). Sie werden anschließend für die Ausscheidungsphase in ein Medium ohne Prüfstoff eingesetzt. Eine Ausscheidungsphase ist immer erforderlich, es sei denn, die Aufnahme des Stoffes während der Aufnahmephase war unbedeutend. Die Konzentration des Prüfstoffes in/auf den Fischen (oder bestimmten Gewebeteilen von Fischen) wird in beiden Testphasen beobachtet. Zusätzlich zu der behandelten Gruppe wird eine Kontrollgruppe von Fischen unter — abgesehen vom fehlenden Prüfstoff — gleichen Bedingungen gehalten, um eventuelle schädigende Wirkungen, die während der Biokonzentrationsprüfung beobachtet werden, mit einer Kontrollgruppe vergleichen zu können und um Hintergrundkonzentrationen des Prüfstoffs zu erfahren .

Bei der Prüfung mit aquatischer Exposition dauert die Aufnahmephase in der Regel 28 Tage. Sie kann ggf. verlängert (siehe Nummer 18) oder verkürzt werden, wenn nachgewiesen wird, dass schon zu einem früheren Zeitpunkt ein stationärer Zustand steady state) erreicht wird (für Definitionen und Einheiten siehe Anlage 1). Die Dauer der Aufnahmephase und die Zeit bis zum Erreichen des stationären Zustands kann anhand der Gleichungen in Anlage 5 vorausgeschätzt werden. Die Ausscheidungsphase beginnt, wenn die Fische dem Prüfstoff nicht länger ausgesetzt sind, d. h. mit der Umsetzung der Tiere in ein sauberes Gefäß, das ein bis auf den Prüfstoff identisches Medium enthält. Wenn möglich, sollte der Biokonzentrationsfaktor sowohl als Quotient der Konzentration in den Fischen Cf) und im Wasser Cw) bei stationärem Zustand (BCFSS; für die Definition siehe Anlage 1) berechnet werden, als auch als kinetischer Biokonzentrationsfaktor BCFK; für Definitionen und Einheiten siehe Anlage 1), der geschätzt wird als Quotient der Aufnahme- k1) und der Ausscheidungskonstante k2), wobei eine Kinetik erster Ordnung vorausgesetzt wird .

Wird innerhalb von 28 Tagen kein stationärer Zustand steady state) erreicht, wird der BCF entweder nach dem kinetischen Ansatz siehe Nummer 38) berechnet oder die Aufnahmephase kann verlängert werden. Dauert die Aufnahmephase bis zum Erreichen des stationären Zustands unangemessen lange (siehe Nummern 37 und 38, Anlage 5), ist der kinetische Ansatz zu bevorzugen. Alternativ sollte bei stark hydrophoben Stoffen eine Studie mit Exposition über das Futter in Betracht gezogen werden , vorausgesetzt, eine solche Studie läuft den einschlägigen Rahmenvorschriften nicht zuwider.

Die Aufnahmekonstante, die Ausscheidungskonstante (oder -konstanten, soweit komplexere Modelle verwendet werden), der Biokonzentrationsfaktor (steady-state und/oder kinetisch) und, wenn möglich, die Konfidenzgrenzen jedes einzelnen dieser Parameter werden nach dem Modell berechnet, das die gemessenen Konzentrationen des Prüfstoffs in den Fischen und im Wasser am besten beschreibt (siehe Anlage 5).

Die Zunahme der Fischmasse während der Prüfung führt zu einer Verringerung der Prüfstoffkonzentration in den wachsenden Fischen (sogenannte Verdünnung durch Wachstum), weshalb der kinetische BCF zu niedrig geschätzt wird, wenn er nicht um das Wachstum korrigiert wird (siehe Nummern 72 und 73).

Der BCF basiert auf der Gesamtkonzentration in den Fischen (d. h. auf dem Gesamt-nassgewicht der Fische). Für besondere Zwecke können jedoch auch bestimmte Gewebe oder Organe (z. B. Muskeln, Leber) verwendet werden, sofern die Fische groß genug sind, oder die Fische können in essbare (Filets) und nicht-essbare (Viszera) Fraktionen unterteilt werden. Da bei vielen organischen Stoffen ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Biokonzentrationspotenzial und Hydrophobie besteht, gibt es entsprechend auch einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Lipidgehalt der Versuchsfische und der beobachteten Biokonzentration derartiger Stoffe. Um derart variable Testergebnisse bei stark lipophilen Stoffen (d. h. Stoffen mit log KOW > 3) zu begrenzen, sollte die Biokonzentration zusätzlich zu dem aus der Studie direkt abgeleiteten Wert auf einen Fischlipidgehalt von 5 % (basierend auf dem Ganzkörpernassgewicht) standardisiert werden. Dies ist notwendig, um eine Grundlage für den Vergleich zwischen verschiedenen Stoffen und/oder Versuchsspezies zu ermöglichen. Ein Lipidgehalt von 5 % ist ein gängiger Wert, denn er entspricht dem durchschnittlichen Lipidgehalt von Fischen, die bei dieser Prüfmethode normalerweise verwendet werden (21).

ANGABEN ZUM PRÜFSTOFF

Zusätzlich zu den in der Einleitung genannten Prüfstoffeigenschaften (Nummer 3) müssen auch Informationen über die toxische Wirkung auf die Versuchsspezies vorliegen — vorzugsweise der asymptotische (d. h. zeitunabhängige) LC50-Wert — und/oder Schätzwerte zur Toxizität aus Langzeitversuchen an Fischen (z. B. TM C.47 (22), C.15 (23), C.14 (24)).

Eine geeignete Analysemethode von bekannter Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Empfindlichkeit sowie Einzelheiten der Probenvorbereitung und -aufbewahrung sollten für die Quantifizierung des Prüfstoffs in den Testlösungen und im biologischen Material verfügbar sein. Ebenso sollten die analytischen Nachweisgrenzen des Prüfstoffs in Wasser sowie in den Fischgeweben bekannt sein. Wird ein radioaktiv markierter Prüfstoff verwendet, sollte dieser von höchstmöglicher Reinheit (von möglichst > 98 %) sein; auch der Prozentanteil der auf Verunreinigungen zurückzuführenden Radioaktivität sollte bekannt sein.

GÜLTIGKEIT DES TESTS

Ein Test wird als gültig betrachtet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Die Temperaturschwankung des Wassers beträgt weniger als ± 21 °C, denn große Schwankungen können sich auf die biologischen Parameter, die für die Aufnahme und Ausscheidung relevant sind, auswirken und bei den Tieren Stress auslösen;

die Konzentration an gelöstem Sauerstoff fällt nicht unter 60 % Sättigung;

die Konzentration des Prüfstoffs in den Prüfgefäßen wird auf dem während der Aufnahmephase gemessenen Durchschnittswert ± 20 % gehalten;

die Konzentration des Prüfstoffs liegt unter der Grenze seiner Löslichkeit in Wasser, wobei die potenzielle Wirkung des Prüfwassers auf die tatsächliche Löslichkeit zu berücksichtigen ist ;

Mortalität oder andere Schadwirkungen/Krankheiten bei Kontroll- und Versuchsfischen betragen bei Prüfungsende weniger als 10 %; erstreckt sich die Prüfung über mehrere Wochen oder Monate, sollten Mortalität oder andere Schadwirkungen bei beiden Fischgruppen weniger als 5 % pro Monat betragen und insgesamt 30 % nicht überschreiten. Signifikante Unterschiede im durchschnittlichen Wachstum zwischen den Versuchs- und Kontrollgruppen könnten auf eine toxische Wirkung des Prüfstoffs hinweisen.

REFERENZSTOFFE

Die Verwendung von Referenzstoffen mit bekanntem Biokonzentrationspotential und schwachem Metabolismus wäre zur Kontrolle des Versuchsablaufs möglicherweise sinnvoll (z. B. wenn ein Labor keine vorherige Prüfungserfahrung hat oder die Versuchsbedingungen geändert wurden).

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Apparatur

Für alle Teile der Apparatur sollten Materialien, die sich auflösen, sorbieren oder auslaugen und die Fische schädigen können, möglichst vermieden werden. Verwendet werden können rechteckige oder zylindrische Behälter aus chemisch inertem Material und mit besatzgerechtem Fassungsvermögen (siehe Nummer 43). Die Verwendung von Rohren aus Weichkunststoff sollte auf ein Minimum beschränkt werden. Rohre aus Polytetrafluorethylen, Edelstahl und/oder Glas sind zu bevorzugen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei Prüfstoffen mit hohem Adsorptionskoeffizient, wie synthetischen Pyrethroiden, die Verwendung von silanisiertem Glas nötig sein kann. In solchen Fällen sollte die Apparatur nach der Benutzung entsorgt werden. Die Versuchssysteme sollten den in der Studie zu verwendenden Prüfstoffkonzentrationen möglichst so lange ausgesetzt werden, bis die Expositionskonzentrationen nachweislich stabil sind; erst dann sollten die Prüforganismen eingesetzt werden.

Wasser

Allgemein wird für den Test natürliches Wasser verwendet, das aus einer unverschmutzten Quelle gleichbleibend guter Qualität stammt. Rekonstituiertes Wasser (d. h. entmineralisiertes Wasser, dem spezifische Nährstoffe in bekannten Mengen zugegeben wurden) ist jedoch möglicherweise besser geeignet, um im Zeitverlauf gleichbleibend gute Qualität zu gewährleisten. Das Verdünnungswasser (d. h. das Wasser, das vor dem Einfüllen in das Prüfgefäß mit dem Prüfstoff gemischt wird; siehe Nummer 30) muss von einer Qualität sein, die ein Überleben der gewählten Versuchsspezies für die Dauer der Akklimatisations- und Prüfperiode ermöglicht, ohne dass diese ein abnormes Erscheinungsbild oder Verhalten zeigen. Im Idealfall sollte nachgewiesen werden, dass die Prüfspezies im Verdünnungswasser (z. B. in einer Laborkultur oder in einem Lebenszyklus-Toxizitätstest) überleben, wachsen und sich vermehren. Über das Verdünnungswasser sollten zumindest Angaben über pH-Wert, Härte, Gesamtfeststoffgehalt, gesamten organischen Kohlenstoff (TOC ) und möglichst auch für Ammonium, Nitrit und Alkalität bzw. — für die Meerwasserspezies –Salinität vorliegen. Nicht alle Parameter, die für einen optimalen Schutz der Fische wichtig sind, sind bekannt, doch werden in Anlage 2 für eine Reihe von Parametern die empfohlenen Höchstkonzentrationen für Süß- und Meeresprüfwässer genannt.

Während der Prüfungsdauer sollte das Verdünnungswasser von gleichbleibender Qualität sein. Der pH-Wert sollte bei Prüfungsbeginn zwischen 6,0 und 8,5 liegen, doch während des Prüfungsablaufs sollte er um nicht mehr als ± 0,5 pH-Einheiten schwanken. Um sicherzugehen, dass das Verdünnungswasser das Prüfungsergebnis nicht übermäßig stark beeinflusst (beispielsweise durch Komplexierung des Prüfstoffs) oder schädigende Wirkungen auf den Fischbestand hat, sollten in gewissen Abständen, zumindest am Anfang und am Ende der Prüfung, Proben zur Analyse entnommen werden. Soweit das Verdünnungswasser bekanntermaßen von relativ konstanter Qualität ist, sollten alle drei Monate der Gehalt an Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), an Hauptanionen und -kationen (z. B. Ca2+, Mg2+, Na+, K+, Cl- und SO42-), an Pestiziden (z. B. der Gesamtgehalt an phosphororganischen und chlororganischen Pestiziden), der TOC und die Schwebstoffe bestimmt werden. Hat sich die Wasserqualität über mindestens ein Jahr als konstant erwiesen, können diese Untersuchungen reduziert und in größeren Zeitabständen (z. B. alle sechs Monate) durchgeführt werden.

Der natürliche Partikelgehalt und der gesamte organische Kohlenstoff des Verdünnungswassers sollten möglichst niedrig sein, um Adsorption des Prüfstoffs an organische Stoffe zu vermeiden, weil deren Bioverfügbarkeit dadurch reduziert und somit der BCF zu niedrig geschätzt werden könnte. Der maximal zulässige Wert beträgt 5 mg/l für Partikel (Trockenstoff, der einen Filter von 0,45 μm nicht passiert) und 2 mg/l für den gesamten organischen Kohlenstoff (siehe Anlage 2). Gegebenenfalls sollte das Wasser vor der Verwendung gefiltert werden. Der Anteil von Fischausscheidungen und Futterresten am organischen Kohlenstoffgehalt des Wassers sollte so gering wie möglich sein (siehe Nummer 46).

Prüflösungen

Eine Stammlösung des Prüfstoffs wird in entsprechender Konzentration vorbereitet, vorzugsweise durch einfaches Mischen oder Einrühren des Prüfstoffs in das Verdünnungswasser. Als mögliche Alternative, die sich in bestimmten Fällen anbietet, kann ein Dosierungssystem mit Festphasen-Desorption verwendet werden. Die Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln (Lösungsvermittlern) wird im Allgemeinen nicht empfohlen (siehe (25)), auch wenn dies in bestimmten Fällen nötig sein sollte, um eine entsprechend konzentrierte Stammlösung herzustellen; doch sollte die Verwendung solcher Materialien auf ein Minimum beschränkt und deren kritische Mizellenkonzentration nicht überschritten werden (falls relevant). In Frage kommende Lösungsmittel sind Ethanol, Methanol, Dimethylformamid und Triethylenglykol. Geeignete Dispergiermittel sind Tween 80, Methylzellulose 0,01 % und HCO-40. Die Lösungsmittelkonzentration im endgültigen Prüfmedium sollte bei allen Behandlungen (ungeachtet der Prüfstoffkonzentration) identisch sein und die entsprechenden Toxizitätsschwellenwerte, die für das Lösungsmittel unter den Prüfungsbedingungen festgelegt wurden, sollten nicht überschritten werden. Die Höchstkonzentration beträgt 100 mg/l (oder 0,1 ml/l). Es ist unwahrscheinlich, dass eine Lösungsmittelkonzentration von 100 mg/l die gelöste Höchstkonzentration des Prüfstoffs, die in dem Medium erreicht werden kann, erheblich beeinflussen wird (25). Der Beitrag des Lösungsmittels (zusammen mit dem Prüfstoff) zum Gesamtgehalt des Prüfwasser an organischem Kohlenstoff sollte bekannt sein. Während der gesamten Prüfungsdauer sollte die Konzentration des gesamten organischen Kohlenstoffs in den Prüfgefäßen die Konzentration des organischen Kohlenstoffs aus dem Prüfstoff und, falls verwendet, dem Lösungsmittel oder Lösungsvermittler  um nicht mehr als 10 mg/l (± 20 %) überschreiten. Der Gehalt an organischen Stoffen kann bei Durchflussprüfungen an Fischen die Menge an frei gelöstem Prüfstoff erheblich beeinflussen, insbesondere bei lipophilen Stoffen. Festphasen-Mikroextraktion (siehe Nummer 60) kann wichtige Informationen über das Verhältnis zwischen gebundenen und frei gelösten Verbindungen liefern, wobei bei Letzteren davon ausgegangen wird, dass sie dem bioverfügbaren Teil entsprechen. Die Prüfstoffkonzentration sollte trotz Verwendung eines Lösungsmittels oder Lösungsvermittlers unter der Löslichkeitsgrenze des Prüfstoffs im Prüfmedium liegen. Bei Verwendung biologisch leicht abbaubarer Stoffe ist Vorsicht geboten, da diese im Durchflusstest Probleme in Form von Bakterienwachstum verursachen können. Falls eine Stammlösung nicht ohne Lösungsvermittler hergestellt werden kann, sollte die Eignung einer Prüfung mit aquatischer Exposition zugunsten einer Prüfung mit Exposition über das Futter überdacht werden.

Für Durchflussprüfungen ist ein System erforderlich, das kontinuierlich eine Stammlösung des Prüfstoffs abgibt und verdünnt (z. B. Dosierpumpe, Proportionalverdünner, Sättigungsvorrichtung), oder ein Dosierungssystem mit Festphasen-Desorption, um die Prüfkonzentrationen den Prüfkammern zuzuführen. Die Inhalte der Prüfkammern sollten täglich mindestens fünf Mal ausgetauscht werden, wobei das Durchflussverfahren zu bevorzugen ist. Ist dies nicht möglich (wenn z. B. schädigende Wirkungen auf die Prüforganismen zu erwarten sind), kann ein semistatisches Verfahren angewendet werden, sofern die Validitätskriterien erfüllt sind (siehe Nummer 24). Die Durchflussgeschwindigkeit der Stammlösungen und des Verdünnungswassers sollten 48 Stunden vor sowie einmal täglich während der Prüfung kontrolliert werden. Dabei sollte auch die Durchflussgeschwindigkeit für jede Prüfkammer bestimmt und sichergestellt werden, dass sie innerhalb oder zwischen den Kammern um nicht mehr als 20 % abweicht.

Auswahl der Spezies

Wichtig für die Auswahl der Spezies ist, dass die Tiere leicht und in geeigneter Größe erhältlich sind und problemlos im Labor gehalten werden können. Andere Kriterien zur Auswahl der Fischspezies sind u. a. ihr Freizeit-, Handels- und ökologischer Wert sowie eine vergleichbare Empfindlichkeit, ein erfolgreicher Einsatz in früheren Prüfungen usw. Die empfohlenen Versuchsspezies sind in Anlage 3 aufgeführt. Es können auch andere Spezies verwendet werden, doch muss das Prüfverfahren dann u. U. angepasst werden, um geeignete Prüfungsbedingungen zu schaffen. Die Gründe für die Auswahl der Spezies und der Versuchsmethode sollten in diesem Fall genau dokumentiert werden. Im Allgemeinen verkürzt sich durch die Verwendung kleinerer Fischspezies die Zeit bis zum Erreichen des stationären Zustands, jedoch werden mehr Fische (Proben) benötigt, um den Lipidgehalt und die Prüfstoffkonzentrationen in den Fischen angemessen zu analysieren. Außerdem können Unterschiede bei Atmungsrate und Metabolismus zwischen jungen und älteren Fischen Ergebnisvergleiche zwischen verschiedenen Prüfungen und Versuchsspezies erschweren. Es ist zu beachten, dass bei Fischarten, die in einer (juvenilen) wachstumsintensiven Lebensphase geprüft werden, die Interpretation der Daten schwierig sein kann.

Haltung der Fische (relevant bei aquatischer Exposition und Exposition über das Futter)

Die Stammpopulation der Fische sollte mindestens zwei Wochen lang im Wasser (siehe Nummer 28) bei Prüftemperatur eingewöhnt und ausreichend gefüttert werden (siehe Nummer 45). Es sollten Wasser und Futter derselben Art verwendet werden wie während der Prüfung.

Nach 48-stündiger Eingewöhnung werden die Mortalitäten erfasst; dabei wird wie folgt vorgegangen:

bei einer Mortalität von mehr als 10 % der Population innerhalb von sieben Tagen: Austausch des gesamten Besatzes;
bei einer Mortalität zwischen 5 und 10 % der Population innerhalb von sieben Tagen: weitere sieben Tage Akklimatisation — bei einer Mortalität innerhalb der folgenden sieben Tage von über 5 %: Austausch des gesamten Besatzes;
bei einer Mortalität unter 5 % der Population innerhalb von sieben Tagen: Akzeptanz des gesamten Besatzes.

Die Versuchsfische sollten keine sichtbaren Erkrankungen oder Anormalitäten aufweisen. Alle kranken Fische sind zu entfernen. Die Fische sollten zwei Wochen vor und während der Prüfung nicht gegen Krankheiten behandelt werden.

PRÜFUNGSABLAUF

Vorversuch

Es kann sinnvoll sein, einen Vorversuch durchzuführen, um die Bedingungen für den Hauptversuch zu optimieren, z. B. in Bezug auf die Wahl der Prüfstoffkonzentration(en), die Dauer der Aufnahme- und Ausscheidungsphase, oder um zu bestimmen, ob die Prüfung vollständig durchgeführt werden muss. Der Vorversuch sollte so aufgebaut sein, dass die erforderlichen Informationen ermittelt werden können. Es kann geprüft werden, ob ein Versuch unter minimalen Bedingungen für die Ableitung eines BCF ausreicht oder ob ein vollständiger Versuch notwendig ist (siehe Nummern 83-95 zum Versuch unter minimalen Bedingungen).

Expositionsbedingungen

Dauer der Aufnahmephase

Die Dauer der Aufnahmephase lässt sich anhand praktischer Erfahrungen (z. B. aus einer früheren Untersuchung oder einer Akkumulationsstudie an einem strukturell verwandten Stoff) oder aus bestimmten empirischen Beziehungen, wobei auf Wissen über die Wasserlöslichkeit oder den Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten des Prüfstoffs (vorausgesetzt, die Aufnahme folgt der Kinetik erster Ordnung; siehe Anlage 5) zurückgegriffen wird, vorabschätzen.

Die Aufnahmephase sollte 28 Tage dauern, sofern ein stationärer Zustand nachweislich nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt erreicht wurde (siehe Anlage 1, Definitionen und Einheiten). Ein „steady state“ oder stationärer Zustand gilt in der graphischen Darstellung des gegen die Zeit aufgetragenen Prüfstoffes in Fischen (Cf) als erreicht, wenn die Kurve parallel zur Zeitachse verläuft und wenn drei aufeinanderfolgende Cf-Analysen von Proben, die im Abstand von mindestens zwei Tagen entnommen wurden, um nicht mehr als ± 20 % voneinander abweichen bzw. wenn es in der Zeit zwischen der ersten und der letzten der nacheinander durchgeführten Analysen keinen bedeutenden Anstieg von Cf gibt. Werden gepoolte Proben analysiert, sind mindestens vier aufeinanderfolgende Analysen erforderlich. Für Prüfstoffe, die nur langsam aufgenommen werden, wäre ein zeitlicher Abstand zwischen den Probenahmen von sieben Tagen geeigneter. Stellt sich innerhalb von 28 Tagen kein stationärer Zustand ein, so wird der BCF entweder nach dem kinetischen Ansatz berechnet (bei dem kein stationärer Zustand erreicht werden muss) oder die Aufnahmephase kann um weitere Messungen verlängert werden, bis ein stationärer Zustand erreicht ist, oder um 60 Tage, je nach dem, welcher Termin als erster eintritt. Außerdem muss die Prüfstoffkonzentration in den Fischen am Ende der Aufnahmephase hinreichend hoch sein, um eine zuverlässige Schätzung von k2 aus der Ausscheidungsphase zu gewährleisten. Wenn sich nach 28 Tagen keine signifikante Aufnahme gezeigt hat, kann der Versuch gestoppt werden.

Dauer der Ausscheidungsphase

Bei Stoffen, die der Kinetik erster Ordnung folgen, reicht eine halbe Aufnahmephase in der Regel für eine angemessene Reduzierung (z. B. 95 %) der stoffbedingten Körperbelastung aus (zur Erläuterung dieser Schätzung siehe Anlage 5). Ist die Zeit für eine 95 %ige Ausscheidung jedoch unangemessen lang und wird die normale Dauer der Aufnahmephase beispielsweise um mehr als das Doppelte überschritten (d. h. mehr als 56 Tage), kann die Phase entsprechend verkürzt werden (z. B. bis die Prüfstoffkonzentration weniger als 10 % der Konzentration bei stationärem Zustand beträgt). Bei Stoffen mit komplexeren Aufnahme- und Ausscheidungsmustern, als sie durch ein Einkompartiment-Fischmodell dargestellt werden können (bei einer Kinetik erster Ordnung), sind jedoch unter Umständen längere Ausscheidungsphasen notwendig. Wenn solche komplexen Muster beobachtet und/oder erwartet werden, empfiehlt es sich, den Rat eines Biostatistikers und/oder Pharmakokinetikers einzuholen, um einen vorschriftsmäßigen Versuchsaufbau sicherzustellen. Da die Ausscheidungsphase verlängert wird, kann die Anzahl der erforderlichen Fischproben an Grenzen stoßen und können Wachstumsunterschiede zwischen den Fischen die Ergebnisse beeinflussen. Die Phase richtet sich auch nach dem Zeitraum, über den die Konzentration des Prüfstoffs in den Fischen oberhalb der analytischen Quantifizierungsgrenze bleibt.

Zahl der Versuchsfische

Die Zahl der Fische je Prüfkonzentration sollte so gewählt werden, dass bei jeder Probenahme mindestens vier Fische je Probe zur Verfügung stehen. Die Fische sollten nur gepoolt werden, wenn eine Analyse einzelner Fische nicht möglich ist. Wird bei der Kurvenanpassung (und den abgeleiteten Parametern) eine höhere Genauigkeit angestrebt oder sind Metabolismusuntersuchungen erforderlich (z. B. zur Unterscheidung zwischen Metaboliten und Ausgangsstoff bei Verwendung radioaktiv markierter Prüfstoffe) sind mehr Fische je Probe erforderlich. Der Lipidgehalt sollte an demselben biologischen Material bestimmt werden, das auch für die Bestimmung der Konzentration des Prüfstoffs verwendet wird. Sollte dies nicht möglich sein, sind eventuell zusätzliche Fische erforderlich (siehe Nummer 56 und 57).

Werden ausgewachsene (d. h. geschlechtsreife) Fische verwendet, sollten sie nicht in der Laichphase sein oder kürzlich erst gelaicht haben (entweder vor noch während des Versuchs). Zudem sollte angegeben werden, ob es sich um männliche oder weibliche Tiere handelt bzw. ob beide Geschlechter für den Versuch eingesetzt werden. Werden beide Geschlechter verwendet, sollten Unterschiede bei Wachstum und Lipidgehalt zwischen den Geschlechtern vor Beginn der Exposition als nicht signifikant dokumentiert werden, insbesondere wenn ein Pooling der männlichen und weiblichen Fische voraussichtlich notwendig sein wird, um nachweisbare Stoffkonzentrationen und/oder Lipidgehalte sicherzustellen.

Für jede Prüfung werden Fische von vergleichbarem Gewicht gewählt, sodass die kleinsten nicht weniger als zwei Drittel des Gewichts der größten Tiere aufweisen. Alle sollten derselben Altersgruppe angehören und dieselbe Herkunft haben. Da Gewicht und Alter eines Fisches einen bedeutenden Einfluss auf die BCF-Werte (12) haben können, sollten diese Angaben sorgfältig dokumentiert werden. Das Wiegen einer Teilprobe der Fischpopulation vor Durchführung der Prüfung wird empfohlen, damit das Durchschnittsgewicht geschätzt werden kann (siehe Nummer 61).

Besatz

Es werden hohe Wasser/Fisch-Verhältnisse gewählt, damit die durch den Einsatz der Fische zu Beginn des Versuchs verursachte Verringerung der Konzentration der Prüfverbindung im Wasser auf ein Mindestmaß zu begrenzen und auch eine Verringerung der Konzentration des gelösten Sauerstoffs zu vermeiden. Wichtig ist, dass die Besatzrate für die jeweils verwendete Prüfspezies geeignet ist. In der Regel wird eine Besatzrate von 0,1-1,0 g Fisch (Nassgewicht) pro Liter Wasser und Tag empfohlen. Höhere Besatzraten sind möglich, wenn nachgewiesen werden kann, dass die erforderliche Prüfstoffkonzentration mit einer Toleranzmarge von ± 20 % aufrechterhalten werden kann und die Sättigungskonzentration des gelösten Sauerstoffs nicht unter 60 % sinkt (siehe Nummer 24).

Bei der Entscheidung über die geeignete Besatzrate ist dem normalen Lebensraum der Fischspezies Rechnung zu tragen. So erfordern auf dem Meeresboden lebende Fische im Aquarium bei gleicher Wassermenge möglicherweise eine größere Bodenfläche als pelagische Fischspezies.

Fütterung

Während der Akklimatisations- und Prüfphase sind die Fische mit geeignetem Futter von bekanntem Lipid- und Gesamtproteingehalt in einer Menge zu füttern, die gewährleistet, dass die Tiere gesund bleiben und ihr Gewicht halten (geringfügiges Wachstum ist zulässig). Die Fische werden während der gesamten Dauer der Akklimatisations- und Prüfphase täglich mit einer der Art, den Versuchsbedingungen und dem Brennwert des Futters (bei Regenbogenforellen beispielsweise ca. 1 bis 2 % Körpergewicht/Tag) angepassten Menge Futter gefüttert. Die Fütterungsrate sollte so gewählt werden, dass schnelles Wachstum und eine starke Zunahme des Lipidgehalts vermieden werden. Die Futtermenge sollte ggf. (zum Beispiel einmal pro Woche) neu berechnet werden, um die Fütterungsrate beibehalten zu können. Dazu kann das Gewicht der Fische in den einzelnen Prüfkammern anhand des Gewichts der Fische in der Kammer geschätzt werden, die zuletzt beprobt wurde. Die restlichen Fische in der Kammer sollten nicht gewogen werden.

Nicht gefressenes Futter und Exkremente sollten täglich aus den Prüfkammern entfernt werden, und zwar kurz nach der Fütterung (innerhalb von 30 Minuten bis 1 Stunde). Die Kammern sollten während der gesamten Prüfungsdauer so sauber wie möglich gehalten werden, um die Konzentration organischer Stoffe möglichst gering zu halten (siehe Nummer 29), da das Vorhandensein von organischem Kohlenstoff die Bioverfügbarkeit des Prüfstoffs u. U. beeinträchtigen kann (12).

Da viele Futtersorten aus Fischmehl gewonnen werden, sollte sichergestellt werden, dass das Futter, beispielsweise aufgrund seines etwaigen Gehalts an Spuren von Pestiziden, Schwermetallen bzw. des Prüfstoffs als solchem, die Prüfungsergebnisse nicht beinflusst oder Schadwirkungen auslöst.

Licht und Temperatur

Es wird eine Photoperiode von 12 bis 16 Stunden empfohlen, und die Temperatur (± 21 °C) sollte der Prüfspezies (siehe Anlage 3) angepasst sein. Art und Eigenschaften der Beleuchtung sollten bekannt sein. Eine mögliche Phototransformation des Prüfstoffs unter den Bestrahlungsbedingungen der Prüfung sollte berücksichtigt werden. Die Beleuchtung sollte so gewählt werden, dass eine Exposition der Fische gegenüber unnatürlichen Photoprodukten vermieden wird. In einigen Fällen mag die Verwendung eines Filters angebracht sein, um UV-Strahlungen unter 290 mm herauszufiltern.

Prüfkonzentrationen

Die Prüfung wurde ursprünglich für unpolare organische Stoffe entwickelt. Bei dieser Art von Stoffen wird davon ausgegangen, dass die Exposition der Fische gegenüber einer einzigen Konzentration ausreicht, da keine konzentrationsabhängigen Wirkungen erwartet werden, obwohl nach den geltenden Rahmenvorschriften möglicherweise zwei Konzentrationen erforderlich sind. Wenn Stoffe außerhalb dieses Bereichs geprüft werden oder andere Anzeichen einer möglichen Konzentrationsabhängigkeit bekannt sind, sollte die Prüfung mit zwei oder mehr Konzentrationen durchgeführt werden. Wird nur eine Konzentration geprüft, ist die Verwendung dieser einzigen Konzentration zu begründen (siehe Nummer 79). Zudem sollte die Prüfkonzentration so niedrig wie praktisch oder technisch möglich sein (d. h. nicht nahe der Löslichkeitsgrenze liegen).

In bestimmten Fällen kann davon ausgegangen werden, dass die Biokonzentration eines Stoffs von der Wasserkonzentration abhängt (z. B. bei Metallen, deren Aufnahme durch die Fische sich zumindest teilweise kontrollieren lässt). In solchen Fällen müssen mindestens zwei, vorzugsweise aber mehr Konzentrationen geprüft werden (siehe Nummer 49), die unter Umweltgesichtspunkten relevant sind. Auch für Stoffe, bei denen die Prüfkonzentrationen aus praktischen Gründen nahe der Löslichkeitsgrenze liegen müssen, wird die Prüfung mit mindestens zwei Konzentrationen empfohlen, da dies einen Einblick in die Zuverlässigkeit der Expositionskonzentrationen gibt. Die gewählten Prüfkonzentrationen sollten die ökologisch realistische Konzentration sowie die Konzentration umfassen, die für die Zwecke der jeweiligen Bewertung relevant ist.

Die Prüfstoffkonzentration(en) sollte(n) so gewählt werden, dass sie unter ihrem chronischen Wirkungsniveau oder unter 1 % ihres akuten asymptotischen LC50-Werts, innerhalb eines unter Umweltgesichtspunkten relevanten Bereichs sowie mindestens eine Zehnerpotenz über ihrer für die angewandte Analysemethode maßgeblichen Quantifizierungsgrenze in Wasser liegen. Die höchstzulässige Prüfkonzentration kann auch ermittelt werden, indem der akute 96-h-LC50-Wert durch ein angemessenes Akut/Chronisch-Verhältnis dividiert wird (z. B. liegt der Quotient bei bestimmten Stoffen bei 3, bei einigen wenigen jedoch über 100). Wird eine zweite Konzentration verwendet, sollte sie um Faktor 10 von der nächsthöheren Konzentration abweichen. Sollte dies aufgrund des Toxizitätskriteriums (das die obere Prüfkonzentration begrenzt) und der analytischen Grenze (die die untere Testkonzentration begrenzt) nicht möglich sein, kann ein Faktor unter 10 gewählt und die Verwendung eines radioaktiv markierten Stoffes (von höchster Reinheit; z. B vorzugsweise > 98 %) sollte in Erwägung gezogen werden. Es ist darauf zu achten, dass keine der verwendeten Konzentrationen die Löslichkeitsgrenze des Prüfstoffs in den Prüfmedien überschreitet.

Kontrollen

Zusätzlich zu den Versuchsreihen sollte eine Verdünnungswasserkontrolle bzw. (siehe Nummern 30 und 31) eine Kontrolle mit dem Lösungsmittel angelegt werden.

Häufigkeit der Wasserqualitätsmessungen

Während der Prüfung sollten der gelöste Sauerstoff, der TOC, der pH-Wert und die Temperatur in allen Prüf- und Kontrollgefäßen gemessen werden. Die Gesamthärte und (ggf.) die Salinität sollten in der (den) Kontrolle(n) und in einem Prüfgefäß gemessen werden. Werden zwei oder mehr Konzentrationen geprüft, sind diese Parameter bei der höheren (oder höchsten) Konzentration zu messen. Der gelöste Sauerstoff und (ggf.) die Salinität sollten mindestens dreimal — zu Beginn, ungefähr in der Mitte und am Ende der Aufnahmephase — sowie einmal pro Woche in der Ausscheidungsphase gemessen werden. Der TOC sollte zu Beginn der Prüfung (24 bzw. 48 Std. vor Beginn der Prüfung oder der Aufnahmephase), bevor die Fische eingesetzt werden, und sowohl während der Aufnahme- als auch der Ausscheidungsphase mindestens einmal pro Woche gemessen werden. Die Temperatur sollte täglich gemessen und protokolliert werden, der pH-Wert zu Beginn und am Ende jeder Prüfungsphase und die Härte einmal pro Prüfung. Die Temperatur sollte in mindestens einem Gefäß möglichst kontinuierlich überprüft werden.

Beprobung von Fischen und Wasser

Probenahmeplan für Fische und Wasser

Vor dem Einsatz der Fische sowie während der Aufnahme- und Ausscheidungsphase ist den Prüfkammern Wasser zur Bestimmung der Prüfstoffkonzentration zu entnehmen. Die Wasserproben sollten gleichzeitig mit den Fischproben vor deren Fütterung entnommen werden. Eine häufigere Probenahme kann sinnvoll sein, um stabile Konzentrationen nach dem Einsetzen der Fische zu gewährleisten. Während der Aufnahmephase sollten die Prüfstoffkonzentrationen bestimmt werden, um Übereinstimmung mit den Validitätskriterien zu gewährleisten (Nummer 24). Wenn in Wasserproben zu Beginn der Ausscheidungsphase kein Prüfstoff nachzuweisen ist, kann dies rechtfertigen, dass in der restlichen Ausscheidungsphase kein Prüf- und Kontrollwasser auf Prüfstoff gemessen wird.

Während der Aufnahmephase sollten mindestens fünf, während der Ausscheidungsphase mindestens vier Fischproben für die Untersuchung auf Prüfstoff entnommen werden. Da es in manchen Fällen schwierig sein wird, anhand dieser Probenzahl eine einigermaßen genaue Schätzung des BCF vorzunehmen (insbesondere wenn es sich nicht um eine reine Aufnahme- und Ausscheidungskinetik erster Ordnung handelt), kann es ratsam sein, in beiden Phasen häufiger Proben zu entnehmen (siehe Anlage 4).

Der Lipidgehalt sollte zumindest zu Anfang und am Ende der Aufnahmephase sowie am Ende der Ausscheidungsphase anhand desselben biologischen Materials bestimmt werden, das auch zur Bestimmung der Prüfstoffkonzentration verwendet wird. Ist dies nicht machbar, sollte der Lipidgehalt bei drei separaten Fischen an jedem der drei Endpunkte bestimmt werden. Die Anzahl Fische pro Behälter sollte zu Beginn der Prüfung entsprechend angepasst werden . Alternativ können, wenn in Kontrollfischen (d. h. Fischen aus der Stammpopulation) keine erheblichen Prüfstoffmengen nachgewiesen werden, die Kontrollfische der Prüfung ausschließlich auf Lipidgehalt untersucht werden, und die Prüfstoffanalyse in der (den) Prüfgruppe(n) (und die zugehörigen Werte der Aufnahmekonstante, der Ausscheidungskonstante und des BCF) können um Veränderungen des Lipidgehalts der Kontrollgruppe während der Prüfung korrigiert werden .

Tote oder kranke Fische sollten nicht auf Prüfstoffkonzentration oder Lipidgehalt untersucht werden.

Ein Beispiel für einen denkbaren Probenahmeplan wird in Anlage 4 gegeben. Mithilfe anderer hypothetischer KOW-Werte lassen sich leicht andere Beprobungspläne festlegen, um die für eine Aufnahme von 95 % erforderliche Expositionsdauer zu berechnen (für Berechnungen siehe Anlage 5).

Die Beprobung sollte während der Aufnahmephase so lange fortgesetzt werden, bis der stationäre Zustand erreicht ist (für Definitionen und Einheiten siehe Anlage 1) oder die Ausscheidungsphase auf andere Weise beendet wird (nach 28 oder 60 Tagen, siehe Nummern 37 und 38). Vor Beginn der Ausscheidungsphase sollten die Fische in saubere Gefäße umgesetzt werden.

Probenahme und Probenvorbereitung

Wasserproben für die Analyse sollten z. B. durch Absaugen durch eine inerte Schlauchleitung an einem zentralen Punkt der Prüfkammer gezogen werden. Der nicht-bioverfügbare Teil des Prüfstoffs kann offensichtlich nicht immer durch Filtrieren oder Zentrifugieren vom bioverfügbaren Teil getrennt werden. Bei Anwendung einer Trennungstechnik sollte diese angesichts der genannten Probleme stets im Prüfbericht begründet oder validiert werden (25). Insbesondere bei stark hydrophoben Stoffen (d. h. Stoffen mit einem log KOW > 5) (12) (26), bei denen es zu Adsorption an die Filtermatrix oder an die Zentrifugationsgefäße kommen könnte, sollten die Proben diesen Verfahren nicht unterzogen werden. Stattdessen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um die Behälter so sauber wie möglich zu halten (siehe Nummer 46), und der Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff sollte sowohl während der Aufnahme- als auch während der Ausscheidungsphase kontrolliert werden (siehe Nummer 53). Zur Vermeidung möglicher Probleme aufgrund geringerer Bioverfügbarkeit kann die Probenahme bei schwer löslichen und stark hydrophoben Stoffen durch Festphasen-Mikroextraktion erfolgen.

Die beprobten Fische sollten unverzüglich auf geeignete und humane Weise getötet werden (bei Messungen ganzer Fische sollten diese nur mit Wasser abgespült (siehe Nummer 28) und trocken getupft werden). Die Fische sollten gewogen und ihre Gesamtlänge sollte gemessen werden . Bei jedem einzelnen Fisch sollten die Gewichts- und Längenmessungen der gemessenen Stoffkonzentration (und ggf. dem Lipidgehalt) zugeordnet werden, z. B. mithilfe eines individuellen Kenncodes für jeden beprobten Fisch.

Die Analyse der Fisch- und Wasserproben sollte vorzugsweise direkt nach der Probenahme erfolgen, um Degradation oder sonstige Verluste zu vermeiden und während der Prüfung die ungefähren Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten berechnen zu können. Eine unverzügliche Analyse verhindert auch, dass ein Plateau (stationärer Zustand) erst spät bestimmt wird.

Kann keine sofortige Analyse erfolgen, sollten die Proben auf geeignete Weise gelagert werden. Informationen zur der für den betreffenden Prüfstoff geeigneten Lagerungsmethode — beispielsweise Tiefkühlung, Lagerung bei 41 °C, Extraktion usw. — sollten vor Beginn der Prüfung eingeholt werden. Die Dauer der Lagerung sollte gewährleisten, dass sich der Stoff während der Lagerung nicht verschlechtert.

Qualität der Analysemethode

Da das gesamte Verfahren im Wesentlichen von der Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Empfindlichkeit der auf den Prüfstoff angewandten Analysemethoden abhängt, muss in Versuchen überprüft werden, ob die betreffende Methode in Bezug auf Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der chemischen Analyse sowie Wiederfindung des Prüfstoffs in Wasser und Fischen geeignet ist. Dies sollte im Rahmen von Vorversuchen geschehen. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Prüfstoff im verwendeten Verdünnungswasser nicht nachweisbar ist. Erforderlichenfalls müssen die Prüfstoffkonzentrationen in Wasser und in den Fischen um die Wiederfindungs- und Hintergrundwerte der Kontrollen berichtigt werden. Die Fisch- und Wasserproben sollten stets so behandelt werden, dass Verunreinigungen und Verluste (z. B. infolge von Adsorption an das Probenahmegerät) auf ein Mindestmaß begrenzt sind.

Analyse der Fischproben

Werden für den Test radioaktiv markierte Materialien verwendet, können die Proben entweder auf ihre gesamte radioaktive Markierung analysiert werden (d. h. Ausgangsstoff und Metaboliten) oder aber gereinigt werden, damit der Ausgangsstoff separat untersucht werden kann. Soll der BCF auf dem Ausgangsstoff basieren, sollten die Hauptmetaboliten zumindest am Ende der Aufnahmephase bestimmt werden (siehe Nummer 6). Hauptmetaboliten sind jene, die mindestens 10 % der Gesamtrückstände in Fischgeweben entsprechen, die mindestens 5 % an zwei aufeinanderfolgenden Probenahmezeitpunkten entsprechen, die steigende Werte während der Aufnahmephase zeigen und die bekanntermaßen toxikologisch bedenklich sind. Wenn der BCF für den ganzen Fisch bezogen auf die gesamten radioaktiv markierten Rückstände ≥ 500 beträgt, ist es u. U. ratsam — und bei gewissen Kategorien von Stoffen wie Pestiziden unbedingt empfehlenswert — die Hauptmetaboliten zu identifizieren und zu quantifizieren. Die Quantifizierung solcher Metabolite wird von bestimmten Regulierungsbehörden möglicherweise gefordert. Wenn die Abbauprodukte, die ≥ 10 % des gesamten radioaktiv markierten Rückstands in den Fischgeweben ausmachen, identifiziert und quantifiziert werden, dann sollten auch die Abbauprodukte im Prüfwasser identifiziert und quantifiziert werden. Ist dies nicht machbar, sollte dies im Prüfbericht erläutert werden.

Die Konzentration des Prüfstoffes wird normalerweise für jeden gewogenen Fisch einzeln bestimmt. Ist dies nicht möglich, können die Proben jedes Probenahmevorgangs gepoolt werden, doch beschränkt dies die statistischen Verfahren, die auf die Daten angewendet werden können, sodass im Test eine Anzahl Fische eingesetzt werden muss, die dem Pooling, dem statistischen Verfahren und der gewünschten Aussagekraft Genüge leistet. Die Referenzdokumente (27) und (28) können als Einführung in relevante Pooling-Verfahren konsultiert werden.

Der BCF sollte auf einen Fisch mit 5 % Lipidgehalt (basierend auf dem Nassgewicht) standardisiert und nicht nur bezogen auf das aus der Studie direkt abgeleitete Körpergewicht ausgedrückt werden (siehe Nummer 21), es sei denn, es kann argumentiert werden, dass der Prüfstoff nicht überwiegend in Lipiden akkumuliert. Der Lipidgehalt der Fische sollte möglichst bei jeder Probenahme bestimmt werden, vorzugsweise an dem Extrakt, das für die Untersuchung des Prüfstoffs hergestellt wurde, da die Lipide häufig erst aus dem Extrakt entfernt werden müssen, bevor dieses chromatographisch analysiert werden kann. Jedoch erfordert die Analyse der Prüfstoffe häufig spezifische Extraktionsverfahren, die den Prüfmethoden zur Bestimmung des Lipidgehalts zuwiderlaufen können. In diesem Fall (bis geeignete zerstörungsfreie instrumentelle Methoden verfügbar sind) wird die Anwendung einer anderen Strategie zur Bestimmung des Lipidgehalts von Fischen empfohlen (siehe Nummer 56). Zur Bestimmung des Lipidgehalts sollten geeignete Methoden angewendet werden (20). Das Chloroform/Methanol-Extraktionsverfahren (29) bietet sich als Standardmethode an (30), als alternatives Verfahren ist die Smedes-Methode (31) geeignet. Letztere zeichnet sich durch vergleichbare Extraktionseffizienz, hohe Genauigkeit, den Einsatz weniger toxisch wirkender organischer Lösungsmittel und einfache Durchführung aus. Andere Methoden, deren Genauigkeit im Vergleich zu den empfohlenen Methoden gut ist, könnten ebenfalls angewendet werden, sofern dies entsprechend begründet wird. Wichtig ist, dass die angewandte Methode präzisiert wird.

Messung des Fischwachstums

Bei Prüfungsbeginn sind 5-10 Fische aus der Stammpopulation einzeln zu wiegen und ihre Gesamtlänge ist zu messen. Dies können dieselben Fische sein, die für die Bestimmung des Lipidgehalts verwendet werden (siehe Nummer 56). Das Gewicht und die Länge von Fischen, die je Probenahme aus den Prüf- und Kontrollgruppen entnommen werden, sollten vor der chemischen oder der Lipidanalyse gemessen werden. Anhand der Messwerte aus diesen Fischproben lassen sich Gewicht und Länge der in den Prüf- und Kontrollbehältern verbleibenden Fische abschätzen (siehe Nummer 45).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

Die Aufnahmekurve für den Prüfstoff ergibt sich, indem seine Konzentration in/auf den Fischen (oder bestimmten Geweben) in der Aufnahmephase auf eine arithmetischen Skala gegen die Zeit auftragen wird. Hat die Kurve ein Plateau erreicht, d. h. ist sie nahezu asymptotisch zur Zeitachse, sollte der BCF im stationären Zustand (BCFSS) nach folgender Gleichung berechnet werden:

Die Entwicklung von Cf kann durch das Fischwachstum beeinflusst werden (Nummern 72 und 73). Die mittlere Expositionskonzentration (Cw) unterliegt Schwankungen im Zeitverlauf. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine zeitgewichtete durchschnittliche Konzentration bei Bioakkumulationsstudien relevanter und genauer ist, selbst wenn die Schwankung innerhalb des entsprechenden Validitätsbereichs liegt (siehe Nummer 24). Für die Berechnung einer zeitgewichteten durchschnittlichen Wasserkonzentration siehe Anlage 5 Abschnitt 1.

Der kinetische Biokonzentrationsfaktor (BCFK) sollte als Quotient k1/k2, den beiden kinetischen Konstanten erster Ordnung, ermittelt werden. Die Konstanten k1 und k2 sowie der BCFK können durch gleichzeitiges Anpassen der Aufnahme- und der Ausscheidungsphase abgeleitet werden. Alternativ können k1 und k2 nacheinander bestimmt werden (siehe Anlage 5 (für Beschreibung und Vergleich dieser Methoden siehe Anlage 5). Die Ausscheidungskonstante (k2) muss ggf. um die Verdünnung durch Wachstum korrigiert werden (siehe Nummern 72 und 73). Wenn die Aufnahme- und/oder die Ausscheidungskurve eindeutig keiner Kinetik erster Ordnung folgen, sollten komplexere Modelle verwendet (siehe Referenzen in Anlage 5) und der Rat eines Biostatistikers eingeholt werden.

Daten zu Fischgewicht/-länge

Während der Aufnahmephase und der Ausscheidungsphase werden zu jedem Probenahmezeitpunkt die Nassgewichte und Gesamtlängen der einzelnen Fische (einschließlich der Stammpopulation zu Beginn der Aufnahme), aufgeschlüsselt nach Test- und Kontrollgruppen, tabellarisch erfasst. Bei jedem einzelnen Fisch sollten die Gewichts- und die Längenmessung der analysierten Stoffkonzentration zugeordnet werden, z. B. mithilfe eines individuellen Kenncodes für jeden untersuchten Fisch. Das Gewicht ist der bevorzugte Wachstumsparameter zur Korrektur der kinetischen BCF-Werte um die Verdünnung durch Wachstum (für die Methode zur Korrektur der Daten um die Verdünnung durch Wachstum siehe Nummer 73 und Anlage 5).

Korrektur um die Verdünnung durch Wachstum und Lipidstandardisierung

Das Fischwachstum während der Ausscheidungsphase kann die gemessenen Stoffkonzentrationen in den Fischen verringern, sodass die Gesamtausscheidungskonstante (k2) größer ist als sie bei den Ausscheidungsprozessen (z. B. Atmung, Metabolismus, Egestion) alleine wäre. Die kinetischen Biokonzentrationsfaktoren sollten um die Verdünnung durch Wachstum korrigiert werden. Ein BCFSS wird ebenfalls durch das Wachstum beeinflusst, doch existiert kein anerkanntes Verfahren für die Korrektur eines BCFSS um das Wachstum. In Fällen erheblichen Wachstums sollte der BCFK, der um das Wachstum korrigiert wurde (BCFKg), ebenfalls abgeleitet werden, da dies ein aussagekräftigeres Maß für den Biokonzentrationsfaktor sein kann. Der Lipidgehalt von Versuchsfischen (der eng mit der Bioakkumulation von hydrophoben Stoffen) assoziiert wird, kann in der Praxis variieren, sodass eine Standardsisierung auf einen bestimmten Lipidgehalt (5 % w/w) erforderlich ist, um sowohl den kinetischen Biokonzentrationsfaktor als auch den Biokonzentrationsfaktor bei stationärem Zustand auf sinnvolle Weise darzustellen, es sei denn, es kann argumentiert werden, dass der Prüfstoff nicht hauptsächlich in Lipiden akkumuliert (z. B. können sich bestimmte perfluorierte Stoffe an Proteine binden). Für Gleichungen und Beispiele für diese Berechnungen siehe Anlage 5.

Um einen kinetischen BCF um die Verdünnung durch Wachstum zu korrigieren, sollte die Ausscheidungskonstante um das Wachstum korrigiert werden. Diese wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante (k2g) wird berechnet durch Subtraktion der Wachstumskonstante (kg, wie aus den gemessenen Gewichtsdaten bestimmt) von der Gesamtausscheidungskonstante (k2). Anschließend wird der wachstumskorrigierte kinetische Biokonzentrationsfaktor durch Division der Aufnahmekonstante (k1) durch die wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante (k2g) berechnet (siehe Anlage 5). In bestimmten Fällen funktioniert dieser Ansatz nur bedingt. Beispielsweise kann bei Prüfstoffen, die sehr langsam ausgeschieden werden, die abgeleitete Konstante k2g bei wachsenden Fischen sehr klein sein, weshalb der Fehler bei den beiden Konstanten, die zur Ableitung verwendet wurden, kritisch wird und kg-Schätzungen in bestimmten Fällen möglicherweise größer als k2 sind. Ein alternativer Ansatz, bei dem die Notwendigkeit einer Korrektur um die Verdünnung durch Wachstum umgangen wird, besteht darin, anstelle der üblichen Daten über die Prüfstoffmasse pro Fischmasseneinheit (Konzentration) Daten über die Prüfstoffmasse pro Fischausscheidung (basierend auf ganzen Fischen) zu verwenden. Dies lässt sich einfach bewerkstelligen, da bei Versuchen, die nach dieser Prüfmethode durchgeführt werden, protokollierte Gewebekonzentrationen einzelnen Fischgewichten zugeordnet werden sollten. Dieses einfache Verfahren wird in Anlage 5 beschrieben. Es ist zu beachten, dass k2 auch bei Anwendung dieses alternativen Ansatzes angegeben werden sollte.

Der kinetische Biokonzentrationsfaktor und der Biokonzentrationsfaktor bei stationärem Zustand sollten ebenfalls bezogen auf einen Standard-Lipidgehalt von Fischen von 5 % (w/w) angegeben werden, es sei denn, es kann argumentiert werden, dass der Prüfstoff nicht vorwiegend in Lipiden akkumuliert. Daten über die Konzentration im Fisch oder der BCF sind entsprechend dem Verhältnis zwischen 5 % und dem tatsächlichen durchschnittlichen Lipidgehalt eines Fisches (in % Nassgewicht) zu standardisieren (siehe Anlage 5).

Wurden die chemische Analyse und die Lipidanalyse an ein und demselben Fisch durchgeführt, sollten diese lipidstandardisierten Daten für einzelne Fische bei der Berechnung eines lipidstandardisierten BCF berücksichtigt werden. Alternativ ist es möglich, soweit enn das Wachstum bei Kontroll- und Versuchsfischen vergleichbar ist, nur den Lipidgehalt von Kontrollfischen für die Lipidkorrektur zu verwenden (siehe Nummer 56). Eine Methode zur Berechnung eines lipidstandardisierten BCF ist in Anlage 5 beschrieben.

Interpretation der Ergebnisse

Wenn die gemessenen Prüflösungskonzentrationen an der Nachweisgrenze der Analysemethode liegen, sollten die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden.

Das Durchschnittswachstum der Prüf- und Kontrollgruppen sollte grundsätzlich nicht allzu stark variieren, um toxische Wirkungen auszuschließen. Die Wachstumskonstanten oder die Wachstumskurven der beiden Gruppen sollten nach einem geeigneten Verfahren miteinander verglichen werden .

Gut definierte Aufnahme- und Ausscheidungskurven weisen auf eine gute Qualität der Biokonzentrationsdaten hin. Bei den Konstanten sollte ein χ2Goodness-of-Fit-Test eine gute Anpassung (d. h. einen kleinen Messfehlerprozentsatz (32)) für das Bioakkumulationsmodell ergeben, damit die Konstanten als zuverlässig angesehen werden können (siehe Anlage 5). Werden mehrere Prüfkonzentrationen verwendet, sollte die Schwankung der Aufnahme-/Ausscheidungskonstanten zwischen den Testkonzentrationen weniger als 20 %  betragen. Ist dies nicht der Fall, könnte dies auf eine Abhängigkeit von der Konzentration hindeuten. Werden erhebliche Unterschiede bei den Aufnahme-/Ausscheidungskonstanten zwischen den verwendeten Prüfkonzentrationen beobachtet, sollten diese dokumentiert und möglichst begründet werden. Bei einem guten Versuchsplan liegt die 95 %-Konfidenzgrenze des BCF in der Regel bei ungefähr ± 20 % des errechneten BCF.

Werden zwei oder mehr Konzentrationen geprüft, wird anhand der Ergebnisse der beiden oder aller Konzentrationen kontrolliert, ob die Ergebnisse übereinstimmend sind und eine Konzentrationsabhängigkeit besteht. Wird nur eine einzige Konzentration geprüft, um die Verwendung von Tieren und/oder Ressourcen zu verringern, sollte die Verwendung dieser einzigen Konzentration begründet werden.

Der resultierende BCFSS ist zweifelhaft, wenn der BCFK erheblich größer ist als der BCFSS, da dies darauf hindeuten kann, dass kein stationärer Zustand erreicht wurde oder die Verdünnung durch Wachstum sowie Ausscheidungsprozesse nicht berücksichtigt wurden. In Fällen, in denen der BCFSS wesentlich größer ist als der BCFK, sollte die Ableitung der Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten auf Fehler überprüft und neu evaluiert werden. Die Schätzung des BCFK lässt sich möglicherweise durch ein anderes Anpassungsverfahren verbessern (siehe Anlage 5).

Prüfbericht

Abgesehen von den Angaben zum Prüfstoff unter Nummer 3 muss der Prüfbericht folgende Informationen enthalten:

Prüfstoff:

Physikalischer Zustand und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften;

chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar usw. (einschließlich des Gehalts an organischem Kohlenstoff, falls zutreffend);
bei mehrkomponentigen Stoffen und UVCB-Stoffen (chemische Stoffe unbekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte und biologische Materialien): Beschreibung, soweit möglich, der chemischen Identität der Einzelkomponenten und jeweils des Prozentsatzes der Gesamtmasse des Stoffs. Es sollte zusammengefasst werden, inwieweit die bei der Prüfung verwendete Analysemethode ein Maß für die Konzentration des Stoffes ist; alle Analysemethoden sollten mit Angaben zu Genauigkeit, Nachweisgrenze und Quantifizierungsgrenze beschrieben werden;
im Falle der radioaktiven Markierung: die exakte Position der markierten Atome und der prozentuale Anteil der auf Verunreinigungen zurückgeführten Radioaktivität;
Angaben zur Toxizität des Prüfstoffs in Fischen (idealerweise die Prüfspezies). Die Toxizität sollte als akuter 96-h-LC50-Wert sowie als NOAEC- und LOAEC-Wert aus einer Langzeitstudie (d. h. einem Test im frühen Entwicklungsstadium oder einem Test, der den gesamten Lebenszyklus abdeckt, falls verfügbar) angegeben werden;
Lagerbedingungen und Stabilität der Prüfchemikalie oder des Prüfstoffs unter Lagerbedingungen, falls diese vor der Verwendung gelagert werden.

Prüfspezies:

Wissenschaftlicher Name, Stamm, Herkunft, etwaige Vorbehandlungen, Akklimatisierung, Alter, Geschlecht (falls relevant), Größenbereich (Gewicht und Länge) usw.;

Prüfbedingungen:

angewandtes Prüfverfahren (z. B. Durchflussverfahren, semistatisches Verfahren); vollständiger oder minimierter Versuch (einschließlich Begründung und Rechtfertigung);
Art und Eigenschaften der verwendeten Beleuchtung und Photoperiode(n);
Versuchsplan (z. B. Zahl und Größe der Prüfkammern, Wasservolumen-Austauschrate, Besatzrate, Zahl der Replikate, Anzahl Fische pro Replikat, Zahl der Prüfkonzentrationen, Dauer der Aufnahme- und Ausscheidungsphase, Häufigkeit der Entnahme von Fisch- und Wasserproben);
Methode der Vorbereitung der Stammlösungen und Erneuerungshäufigkeit (falls verwendet, müssen Angaben zum Lösungsmittel, seiner Konzentration und seinem Beitrag zum organischen Kohlenstoffgehalt des Prüfwassers gemacht werden) oder Beschreibung des alternativen Dosierungssystems;
die nominellen Prüfkonzentrationen, der Durchschnitt der gemessenen Werte sowie deren Standardabweichungen in den Prüfbehältern sowie das Verfahren, nach dem diese ermittelt wurden;
Herkunft des Verdünnungswassers, Beschreibung etwaiger Vorbehandlungen, Ergebnisse etwaiger Nachweise, dass die Versuchsfische in dem Wasser überleben können, sowie Wassereigenschaften: pH-Wert, Härte, Temperatur, Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Restchlor (falls gemessen), TOC, suspendierte Feststoffe, Salinität des Prüfmediums (gegebenenfalls) sowie die Ergebnisse aller anderen durchgeführten Messungen;
Wasserqualität innerhalb der Prüfbehälter, pH-Wert, Härte, TOC, Temperatur und Konzentration des gelösten Sauerstoffs; Messverfahren und -häufigkeit;
ausführliche Angaben zur Fütterung, z. B. Art des Futters, Herkunft, Zusammensetzung (zumindest der Lipid- und Proteingehalt, falls möglich), gewählte Fütterungsrate, Futtermenge und Häufigkeit;
Angaben zur Behandlung der Fisch- und Wasserproben, einschließlich Einzelheiten zu Vorbereitung, Lagerung, Extraktion und Analyseverfahren (und -genauigkeit) für den Prüfstoff und den Lipidgehalt;
angewandte Methoden zur Randomisierung der Behandlung und Zuordnung der Fische zu den Prüfbehältern;
Datum des Einsatzes der Prüforganismen in die Prüflösungen und Prüfungsdauer;
Beschreibung der Dosisfindungstests und der Ergebnisse, falls verfügbar.

Ergebnisse:

Ergebnisse etwaiger Vorversuche;
Mortalität der Kontrollfische und der Fische in den einzelnen Expositionskammern sowie etwa beobachtete Verhaltensanomalien;
Beschreibung etwa festgestellter Schadwirkungen;
vollständige Beschreibung aller angewandten chemischen Analyseverfahren, einschließlich Nachweis- und Quantifizierungsgrenzen, Variabilität und Wiederfindung;
Lipidgehalt der Fische, einschließlich der angewandten Methode, und Lipidstandardisierungsfaktor (Ln, Faktor zur Angabe der Ergebnisse bezogen auf einen Lipidgehalt von 5 %), falls abgeleitet;
tabellarisch dargestellte Daten zu Fischgewicht (und -länge), bezogen auf die Chemikalienkonzentrationen in den einzelnen Fischen (und den Lipidgehalt, falls zutreffend), sowohl für die Kontroll- als auch die Expositionsgruppen (z. B. unter Verwendung von individuellen Kenncodes für jede Fischprobe) und Berechnungen der abgeleiteten Wachstumskonstante(n);
tabellarisch dargestellte Daten zur Prüfcstoffkonzentration in den Fischen (Cf, bezogen auf einzelnen Fische) und im Wasser (Cw) (gegebenenfalls mit Mittelwerten für Prüf- und Kontrollgruppe, Standardabweichung und Abweichungsbereich) für alle Probenahmen (wobei Cf in mg/kg Nassgewicht des Ganzkörpers oder bestimmter Gewebe, z. B. Lipid, und Cw in mg/l ausgedrückt wird). Auch die Cw-Werte für die Kontrollreihe (Hintergrund) sollten dokumentiert werden;
Kurven (einschließlich aller gemessenen Daten), aus denen Folgendes hervorgeht (falls zutreffend, können die Konzentrationen bezogen auf den Ganzkörper und den Lipidgehalt normalisiert auf 5 % des Fischs oder bestimmter Fischgewebe ausgedrückt werden):

 

— Wachstum, d. h. Fischgewicht im Verhältnis zur Zeit oder durch natürliches Logarithmieren transformiertes Gewicht im Verhältnis zur Zeit (einschließlich der abgeleiteten Wachstumskonstante, kg);

— Aufnahme und Ausscheidung des Prüfstoffs durch die Fische (in einem Diagramm);

— Zeit zum stationären Zustand (falls erreicht);

— durch natürliches Logarithmieren transformierte Konzentration im Verhältnis zur Dauer der Aufnahmephase (einschließlich der abgeleiteten Aufnahmekonstanten k1);

— durch natürliches Logarithmieren transformierte Konzentration (ln(Konzentration)) im Verhältnis zur Dauer der Ausscheidungsphase (einschließlich der abgeleiteten Ausscheidungskonstanten k2); und

— Aufnahme- und Ausscheidungskurve, aus denen sowohl die Daten als auch das angepasste Modell hervorgehen.

Werden bei einer visuellen Überprüfung einer grafischen Darstellung „Ausreißer“ festgestellt, kann ein statistisch gültiger Ausreißertest durchgeführt werden, um falsche Datenpunkte zu entfernen; die Gründe für die Auslassung solcher Punkte sind zu dokumentieren.
der Biokonzentrationsfaktor bei stationärem Zustand (BCFSS), d. h. wenn der stationäre Zustand (fast) erreicht ist;
kinetischer Konzentrationsfaktor (BCFK) sowie die abgeleiteten Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten k1 und k2, zusammen mit den Varianzen in k2 (Steigung und Achsenabschnitt) bei sequenzieller Anpassung;
Konfidenzgrenzen, Standardabweichung (soweit verfügbar) sowie Berechnungs-/Datenanalyseverfahren für jeden Parameter bei jeder Konzentration des verwendeten Prüfstoffs;

 

— etwaige Angaben zu radioaktiv markierten Prüfstoffmetaboliten und deren Akkumulation;

— Wachstumskonstante(n) (einschließlich 95 %-Konfidenzintervall(e)) und berechnete, um das Wachstum korrigierte Ausscheidungskonstante (k2g), Halbwertszeit und BCF-Werte (BCFKg);

— etwaige Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Test, Abweichungen von den genannten Verfahren und andere relevante Informationen;

— nachstehende Übersichtstabelle mit wichtigen gemessenen und berechneten Daten:

 



Stoffbezogene Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten und Biokonzentrationsfaktoren (BCF)
kg (Wachstumskonstante, Tag-1):Wert eintragen (95 % CI) (1)
k1 (Gesamtaufnahmekonstante; l kg-1 Tag-1):Wert eintragen (95 % CI) (1)
k2 (Gesamtausscheidungskonstante, Tag-1):Wert eintragen (95 % CI) (1)
k2g (wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante, Tag-1):Wert eintragen (95 % CI) (1)
Cf (Stoffkonzentration im Fisch bei stationärem Zustand; mg kg-1):Wert eintragen ± SD (1)
Cw (Stoffkonzentration im Wasser; mg l-1):Wert eintragen ± SD (2)
Ln (Lipidnormalisierungsfaktor):Wert eintragen (3)
BCFSS (BCF bei stationärem Zustand; l kg-1)Wert eintragen ± SD (2)
BCFSSL (lipidnormalisierter BCF bei stationärem Zustand; l kg-1)Wert eintragen (3) ± SD (2)
BCFK (kinetischer BCF; l kg-1)Wert eintragen (95 % CI) (1)
BCFK (wachstumskorrigierter kinetischer BCF; l kg-1)Wert eintragen (95 % CI) (1)
t1/2g (wachstumskorrigierte Halbwertzeit; Tag):Wert eintragen (95 % CI) (1)
BCFKL (lipidnormalisierter kinetischer BCF; l kg-1):Wert eintragen
BCFKLG (lipidnormalisierter, wachstumskorrigierter kinetischer BCF; l kg-1):Wert eintragen

(1)    CI: Konfidenzintervall (falls schätzbar)

(2)    SD: Standardabweichung (falls schätzbar)

— Ergebnisse der Art „an der Nachweis-/Quantifizierungsgrenze nicht nachweisbar/quantifizierbar“ sollten durch Vorsuche und einen entsprechenden Versuchsplan vermieden werden, da sie für die Berechnung der Konstanten nicht berücksichtigt werden können.

C.13 — II:   FISCHTEST — MINIMALE AQUATISCHE EXPOSITION

EINLEITUNG

Die zunehmende Erfahrung von Laboratorien und Regulierungsbehörden mit der Durchführung und Interpretation des vollständigen Tests zeigt, dass die Kinetik erster Ordnung — mit wenigen Ausnahmen — für die Schätzung der Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten geeignet ist, d. h. Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten können mit einem Minimum an Probenahme geschätzt und der kinetische BCF kann berechnet werden.

Der anfängliche Zweck der Prüfung alternativer Versuchspläne für BCF-Studien bestand darin, einen weniger komplexen Test zu entwickeln, der in einem Prüfzwischenschritt eingesetzt werden könnte, um BCF-Schätzwerte basierend aufKOW und QSAR zu widerlegen oder zu bestätigen, und somit die Notwendigkeit einer vollständigen Prüfung für zahlreiche Stoffen zu vermeiden und die Kosten sowie den Einsatz von Tieren durch die Verringerung der Probenahmen und der Analysesequenzen auf ein Minimum zu beschränken. Wenngleich die wichtigsten Elemente des Versuchsplans der bisherigen Prüfmethode übernommen wurden, um die Einbeziehung der Prüfergebnisse in die vorhandenen BCF-Daten zu ermöglichen und die Prüfung sowie Auslegung der Daten zu erleichtern, bestand das Ziel darin, BCF-Schätzwerte von ausreichender Genauigkeit und Präzision für Risikobewertungsentscheidungen bereitzustellen. Es gelten vielfach dieselben Kriterien wie für die vollständige Prüfung, z. B. die Validitätskriterien (siehe Nummer 24) und Prüfungsabbruch, wenn am Ende der Aufnahmephase eine unerhebliche Aufnahme festgestellt wird (siehe Nummern 16 und 38).

Für einen Versuchsplan mit minimaler Exposition kämen generell Stoffe in Frage, für diese Prüfmethode grundsätzlich entwickelt wurde, d. h. unpolare organische Stoffe (siehe Nummer 49). Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Prüfstoff ein abweichendes Verhalten zeigen könnte (z. B. eindeutige Abweichung von der Kinetik erster Ordnung), sollte zu regulatorischen Zwecke eine vollständige Prüfung durchgeführt werden.

Der minimierte Test dauert in der Regel ebenso lang wie der BCF-Standardtest durchgeführt, erfordert jedoch weniger Fischprobenahmen (für die Begründung siehe Anlage 6). Jedoch kann die Ausscheidungsphase bei schnell ausgeschiedenen Stoffen verkürzt werden, um zu vermeiden, dass die Konzentrationen in den Fischen vor Prüfungsende unter die Nachweis-/Quantifizierungsgrenze sinken. Mit einem Fischtest mit minimaler Exposition kann anhand einer einzigen Konzentration festgestellt werden, ob eine vollständige Prüfung durchgeführt werden muss oder nicht und ob die resultierenden Daten für die Berechnung der Konstanten und BCF robust genug sind (siehe Nummer 93). Auf eine vollständige Prüfung kann verzichtet werden, wenn die ermittelten BCF unter regulatorischen Gesichtspunkten in keiner Weise bedenklich sind.

In bestimmten Fällen kann es von Vorteil sein, den minimierten Test mit mehr als einer Prüfkonzentration als Vorversuch durchzuführen, um zu bestimmen, ob die BCF-Schätzwerte für einen bestimmten Stoff konzentrationsabhängig sind. Sollten die BCF-Schätzwerte aus dem minimierten Test eine Konzentrationsabhängigkeit zeigen, muss eine vollständige Prüfung durchgeführt werden. Ergibt der minimierte Test, dass die BCF-Schätzwerte nicht konzentrationsabhängig sind, die Ergebnisse jedoch nicht als schlüssig angesehen werden, könnte anschließend eine vollständige Prüfung mit einer Einzelkonzentration durchgeführt und die Zahl der benötigten Tiere im Vergleich zu einer vollständigen Prüfung mit zwei (oder mehr) Konzentrationen auf diese Weise verringert werden.

Stoffe, die potenziell für den minimierten Test in Frage kommen, sollten

der Aufnahme- und Ausscheidungskinetik erster Ordnung möglichst folgen, z. B. abgeleitet aus Analogien mit ähnlichen Stoffen;
einen log KOW < 6 aufweisen, es sei denn, es wird eine schnelle Metabolisierung erwartet ;
im Hinblick auf das Analyseverfahren hinreichend wasserlöslich sein (siehe Nummer 24);
in den Fischen und im Wasser eindeutig quantifizierbar sein (d. h. die Konzentrationen sollten mindestens eine Zehnerpotenz über der Quantifizierungsgrenze liegen), wobei eine radioaktive Markierung empfohlen wird (siehe Nummer 23); und
eine Ausscheidungsphase aufweisen, die länger als die prognostizierte Halbwertzeit ist (für Berechnungen siehe Anlage 5), oder die Dauer der Ausscheidungsphase sollte entsprechend angepasst werden (siehe Nummer 91). Eine Abweichung von dieser Regel ist zulässig, wenn von einer schnellen Metabolisierung ausgegangen wird.

PROBENAHMEPLAN FÜR MINIMIERTE VERSUCHE

Beprobung der Fische

Die Entnahme von Fischproben wird auf vier Zeitpunkte reduziert:

in der Mitte und am Ende der Aufnahmephase (letztere ist gleichzeitig auch der Beginn der Ausscheidungsphase), z. B. nach 14 und 28 Tagen (33);
in der Mitte der Ausscheidungsphase und bei Versuchsende (soweit die Stoffkonzentration < 10 % der Höchstkonzentration beträgt, oder zumindest deutlich nach einer Halbwertzeit des Prüfstoffs), z. B. nach 7 und 14 Tagen der Ausscheidung (33). Wird eine schnelle Ausscheidung erwartet oder beobachtet, sollte die Ausscheidungsphase verkürzt werden, um zu vermeiden, dass die Konzentrationen in den Fischen unter die Quantifizierungsgrenze fallen;
Lipidmessung wie bei der umfassenden Prüfung;
Wachstumskorrektur wie bei der umfassenden Prüfung;
der BCF wird als kinetischer BCF berechnet.

Wasserbeprobung

Beim minimierten Versuchsplan werden die Wasserproben wie bei der vollständigen Prüfung (siehe Nummer 54), mindestens jedoch fünf Mal in gleichen Zeitabständen über die Aufnahmephase verteilt, sowie in der Ausscheidungsphase wöchentlich entnommen.

Änderungen des Versuchsplans

Je nach Eigenschaften des Prüfstoffs, gültigen QSAR-Prognosen und des konkreten Versuchszwecks können Änderungen des Versuchsplans in Betracht gezogen werden:

Ist mehr Präzision erforderlich, könnten mehr Fische (6 oder 8 anstatt 4) für die Probe am Ende der Aufnahmephase verwendet werden.
Einbeziehung einer „Extragruppe“ von Fischen, wenn eine Ausscheidungsphase von 14 Tagen (oder das prognostizierte Ende der Ausscheidungsphase) für eine adäquate Ausscheidung (d. h. > 50 %) umzulänglich war. Wenn die prognostizierte Dauer der Ausscheidungsphase kürzer oder länger als 14 Tage ist, sollte der Probenahmeplan angepasst werden (d. h. eine Gruppe sollte am prognostizierten Ende der Ausscheidungsphase und eine zweite Gruppe nach der Halbwertzeit beprobt werden).
Verwendung von zwei Prüfkonzentrationen, um eine mögliche Konzentrationsabhängigkeit zu untersuchen. Sollten die Ergebnisse des minimierten Versuchs, der mit zwei Prüfkonzentrationen durchgeführt wurde, zeigen, dass der BCF nicht konzentrationsabhängig ist (d. h. weniger als 20 % abweicht), kann eine einzige Prüfkonzentration für die vollständige Prüfung als ausreichend angesehen werden (falls diese durchgeführt wird).
Es kann davon ausgegangen werden, dass Modelle für Bioakkumulationsprozesse wie die von Arnot et al. (35) vorgeschlagenen Prozesse die Planung der Dauer der Aufnahme- und Ausscheidungsphase erleichtern (siehe auch Anlage 5).

Berechnungen

Grund für diesen Ansatz ist die Tatsache, dass der Biokonzentrationsfaktor bei einer vollständigen Prüfung entweder als Biokonzentrationsfaktor bei stationärem Zustand (BCFSS) — durch Berechnung des Quotienten der Prüfstoffkonzentration im Fischgewebe und der Prüfstoffkonzentration im Wasser — oder als kinetischer Biokonzentrationsfaktor (BCFK) durch Berechnung des Quotienten der Aufnahmekonstanten k1 und der Ausscheidungskonstanten k2 — bestimmt werden kann. Der BCFK ist auch dann gültig, wenn während der Aufnahme keine Stoffkonzentration im stationären Zustand erreicht wird, vorausgesetzt, die Aufnahme und Ausscheidung folgen in etwa Prozessen der Kinetik erster Ordnung. Als absolutes Minimum werden zwei Datenpunkte für die Schätzung der Aufnahme- und der Ausscheidungskonstanten benötigt — einer am Ende der Aufnahmephase d. h. zu Beginn der Ausscheidungsphase) und einer am Ende (oder nach einem signifikanten Teil) der Ausscheidungsphase. Der zwischengeschaltete Probenahmezeitpunkt wird zur Kontrolle der Aufnahme- und Ausscheidungskinetik empfohlen . Für Berechnungen siehe Anlagen 5 und 6.

Auswertung der Ergebnisse

Zur Bewertung der Gültigkeit und Aussagekraft des Versuchs sollte überprüft werden, ob die Dauer der Ausscheidungsphase eine Halbwertzeit überschreitet. Ebenso sollte der BCFKm (aus einem minimierten Versuch abgeleiteter kinetischer BCF) mit dem minimierten BCFSS-Wert (BCFSS, der am Ende der Aufnahmephase in der Annahme berechnet wird, dass ein Fließgewicht erreicht wird. Dies kann nur angenommen werden, da die Probenahmezeitpunkte für einen entsprechenden Nachweis nicht ausreichen) verglichen werden. Ist BCFKm < als der minimierte BCFSS, sollte letzterer als Wert der Wahl herangezogen werden. Ist der BCFKm kleiner als 70 % des minimierten BCFSS, sind die Ergebnisse unschlüssig, und es sollte ein vollständiger Versuch durchgeführt werden.

Wenn der minimierte Versuch einen BCFKm im Bereich eines aus regulatorischer Sicht bedenklichen Wertes ergibt, sollte eine vollständige Prüfung durchgeführt werden. Ist das Ergebnis weit von einem aus regulatorischer Sicht bedenklichen Wert entfernt (liegt es erheblich darüber oder darunter), so ist eine vollständige Prüfung u. U. nicht erforderlich oder es kann eine vollständige Prüfung mit nur einer Konzentration durchgeführt werden, sofern dies in maßgeblichen Rahmenvorschriften vorgeschrieben ist.

Wird nach einem minimierten Versuch mit nur einer Konzentration eine vollständige Prüfung als notwendig erachtet, kann diese mit einer zweiten Konzentration durchgeführt werden. Bei übereinstimmenden Ergebnissen kann auf eine weitere vollständige Prüfung mit einer weiteren Konzentration verzichtet werden, da die Biokonzentration des Stoffs voraussichtlich nicht konzentrationsabhängig ist. Wurde der minimierte Versuch mit zwei Konzentrationen durchgeführt und erweisen sich die Ergebnisse nicht als konzentrationsabhängig, so braucht die vollständige Prüfung mit nur einer Konzentration durchgeführt zu werden (siehe Nummer 87).

Prüfbericht

Der Prüfbericht für den minimierten Test sollte alle für die vollständige Prüfung erforderlichen Informationen enthalten (siehe Nummer 81), außer solche, die nicht generiert werden können (wie eine Kurve zur Anzeige der Zeit bis zum Erreichen des stationären Zustands und des Biokonzentrationsfaktors bei stationärem Zustand; für letzteren sollte stattdessen der minimierte BCFss angegeben werden). Zudem sollten die Gründe für die Anwendung des minimierten Tests und der resultierende BCFKm angegeben werden.

C.13 — III:   BIOAKKUMULATIONSTEST AN FISCHEN — EXPOSITION ÜBER DAS FUTTER

EINLEITUNG

Die in diesem Abschnitt beschriebene Methode betrifft Stoffe, für die die Methode mit aquatischer Exposition nicht geeignet ist (beispielsweise weil keine stabilen, messbaren Wasserkonzentrationen aufrechterhalten werden können oder weil innerhalb einer Expositionsdauer von 60 Tagen keine angemessene Körperbelastung erreicht werden kann; siehe vorangegangenen Abschnitt zur Methode mit aquatischer Exposition). Es ist zu beachten, dass der Endpunkt bei diesem Test ein futterbezogener Biomagnifikationsfaktor (BMF) und kein Biokonzentrationsfaktor (BCF)  ist.

Im Mai 2001 wurde auf der SETAC Europe-Konferenz in Madrid eine neue Methode zur Prüfung der Bioakkumulation von Stoffen mit sehr geringer Wasserlöslichkeit vorgestellt (36). Diese Arbeiten basierten auf verschiedenen Bioakkumulationsstudien (über die in der Fachliteratur berichtet wurde), bei denen eine Dosierungsmethode mit dotiertem Futter z. B. (37)) zum Einsatz kam. Anfang 2004 wurde der Entwurf eines Protokolls (38) zur Messung des Bioakkumulationspotenzials von Stoffen mit geringer Wasserlöslichkeit, bei denen der Standard-Bioakkumulationstest mit aquatischer Exposition nicht durchführbar war, vorgelegt, zusammen mit einem unterstützenden Beweisdokument (39) einer PBT-Arbeitsgruppe der EU. Als weiterer Rechtsfertigungsgrund für die Anwendung der Methode wurde angegeben, dass die potenzielle Umweltbelastung durch diese schwer wasserlöslichen Stoffe (d. h. Stoffe mit log KOW >5) weitestgehend über das Futter erfolgt vgl. (40) (41) (42) (43) (44)). Aus diesem Grund wird in einigen veröffentlichten Chemikalienverordnungen auf Prüfungen mit Exposition über das Futter verwiesen . Es ist jedoch zu beachten, dass bei der hier beschriebenen Methode die Exposition über die wässrige Phase sorgfältig vermieden wird und ein BMF-Wert aus dieser Prüfmethode somit nicht direkt mit einem BMF-Wert aus einer Feldstudie (bei der die aquatische Exposition und die Exposition über das Futter miteinander kombiniert werden kann) verglichen werden kann.

Dieser Abschnitt der vorliegenden Prüfmethode basiert auf diesem Protokoll (38) und entspricht einer neuen Methode, die in der vorherigen Fassung der Prüfmethode C.13 nicht enthalten war. Bei dieser alternativen Prüfung kann die Exposition über das Futter unter kontrollierten Laborbedingungen direkt untersucht werden.

Um zu entscheiden, wann die Prüfung mit Exposition über das Futter der Prüfung mit aquatischer Exposition vorzuziehen ist, sollten potenzielle Prüfer die Nummern 1 bis 14 dieser Prüfmethode konsultieren, die Informationen über verschiedene stoffliche Kriterien enthalten, die vor der Durchführung einer Prüfung berücksichtigt werden sollten.

Für radioaktiv markierte Stoffe gelten ähnliche Überlegungen wie bei der Methode mit aquatischer Exposition (siehe Nummern 6 und 65).

Die futterbasierte Methode gestattet es, mehrere Stoffe in einem einzigen Versuch zu prüfen, so lange bestimmte Kriterien erfüllt sind; siehe Nummer 112. Der Einfachheit halber wird hier eine Prüfung beschrieben, bei der nur ein Prüfstoff zum Einsatz kommt.

Der futterbasierte Test ähnelt der Methode mit aquatischer Exposition in vielerlei Hinsicht — bis auf den Expositionspfad. Daher überschneiden sich viele Aspekte der hier beschriebenen Methode mit der im vorstehende beschriebenen Methode mit aquatischer Exposition. Es wird, soweit möglich, auf die entsprechenden Punkte im vorangegangenen Abschnitt verwiesen, jedoch ist im Interesse der Leserfreundlichkeit und des guten Verständnisses ein gewisses Maß an Duplizierung unvermeidbar.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Durchfluss- oder semistatische Prüfbedingungen sind möglich (siehe Nummer 4); Durchflussbedingungen werden allerdings empfohlen, um die potenzielle aquatische Exposition gegenüber dem Prüfstoff infolge einer Desorption aus dotiertem Futter oder Exkrementen zu begrenzen. Die Prüfung umfasst zwei Phasen: Aufnahme (mit Prüfstoff dotiertes Futter) und Ausscheidung (reines, unbehandeltes Futter) (siehe Nummer 16). In der Aufnahmephase wird eine „Prüfgruppe“ Fische täglich mit einem handelsüblichen prüfstoffdotierten Futter bekannter Zusammensetzung gefüttert. Die Fische sollten im Idealfall das gesamte angebotene Futter aufnehmen (siehe Nummer 141) und erhalten anschließend während der Ausscheidungsphase unbehandeltes handelsübliches Futter. Wie bei der Methode mit aquatischer Exposition können ggf. mehrere Prüfgruppen unterschiedlich stark dotierten Prüfstoffkonzentrationen ausgesetzt werden, jedoch reicht für die meisten stark hydrophoben organischen Prüfstoffe eine Prüfgruppe aus (siehe Nummern 49 und 107). Unter semistatischen Bedingungen sollten die Fische am Ende der Aufnahmephase in ein neues Medium und/oder eine neue Prüfkammer umgesetzt werden (falls das in der Aufnahmephase verwendete Medium und/oder die verwendete Apparatur durch Auslaufen mit dem Prüfstoff kontaminiert sind). Die Prüfstoffkonzentrationen in den Fischen werden in beiden Prüfungsphasen gemessen. Zusätzlich zu der mit dotiertem Futter gefütterten Fischgruppe (Prüfgruppe) wird eine Kontrollgruppe unter identischen Bedingungen gehalten und auf identische Weise gefüttert, außer dass die aus handelsüblichem Fischfutter bestehende Nahrung nicht mit dem Prüfstoff dotiert wurde. Diese Kontrollgruppe ermöglicht die Quantifizierung der Hintergrundwerte des Prüfstoffs in nicht exponierten Fischen und dient als Vergleich für behandlungsbedingte Schadwirkungen, die bei der bzw. den Prüfgruppe(n) festgestellt wurden . Sie ermöglicht zudem den Vergleich der Wachstumskonstanten zwischen den Gruppen und somit die Kontrolle, ob ähnliche Mengen des angebotenen Futters aufgenommen wurden (potenzielle Unterschiede in der Schmackhaftigkeit zwischen Futterarten sollten bei der Begründung unterschiedlicher Wachstumskonstanten ebenfalls berücksichtigt werden; siehe Nummer 138). Es ist wichtig, dass die Prüf- und die Kontrollgruppe während der Aufnahme- und Ausscheidungsphase gleichwertiges Futter erhalten.

Nach den Erfahrungen der Prüfmethodenentwickler reicht eine Aufnahmephase von 7-14 Tagen im Allgemeinen aus (38) (39). Auf diese Weise lassen sich die Kosten für die Durchführung der Prüfung begrenzen und für die meisten Stoffe gleichzeitig eine ausreichende Exposition sicherstellen. In bestimmten Fällen kann die Aufnahmephase jedoch verlängert werden (siehe Nummer 127). Während dieser Phase erreicht die Prüfstoffkonzentration in den Fischen möglicherweise keinen stationären Zustand, weshalb die Datenauswertung und Ergebnisse dieser Methode in der Regel auf einer kinetischen Analyse von Geweberückständen beruhen. (Hinweis: Wie schon bei der Prüfung mit aquatischer Exposition kann die bis zum Erreichen des stationären Zustands erforderliche Zeit anhand von Gleichungen geschätzt werden — siehe Anlage 5). Die Ausscheidungsphase beginnt, wenn die Fische erstmals nicht dotiertes Futter erhalten, und dauert bis zu 28 Tage oder bis der Prüfstoff nicht mehr im ganzen Fisch quantifizierbar ist, je nachdem, welcher Zeitpunkt zuerst eintritt. Die Ausscheidungsphase kann je nach gemessenen Prüfstoffkonzentrationen und Fischgröße verkürzt oder über 28 Tage hinaus verlängert werden.

Diese Methode ermöglicht es, für den Prüfstoff im Fisch die stoffspezifische Halbwertzeit t1/2, anhand der Ausscheidungskonstanten k2), die Assimilationseffizienz (Absorption im Darm, a), den kinetischen futterbezogenen Biomagnifikationsfaktor (BMFK), den wachstumskorrigierten kinetischen futterbezogenen Biomagnifikationsfaktor (BMFKg) und den lipidkorrigierten  kinetischen futterbezogenen Biomagnifikationsfaktor (BMFKL (und/oder den wachstums- und lipidkorrigierten kinetischen futterbezogenen Biomagnifikationsfaktor, BMFKgL zu bestimmen. Wie bei der Methode mit aquatischer Exposition führt die Zunahme der Fischmasse während der Prüfung zu einer Verdünnung der Prüfstoffkonzentration in wachsenden Fischen, was dazu führt, dass der (kinetische) BMF zu niedrig geschätzt wird, wenn er nicht um das Wachstum korrigiert wird (siehe Nummern 162 und 163). Wird ferner davon ausgegangen, dass in der Aufnahmephase ein stationärer Zustand erreicht wurde, kann ein indikativer BMF bei stationärem Zustand berechnet werden. Es gibt Ansätze, die die Schätzung eines kinetischen Biokonzentrationsfaktors (BCFK auf Basis der in der futterbasierten Studie gewonnenen Daten ermöglichen (z. B. (44) (45) (46) (47) (48)). Pros und Kontras solcher Ansätze werden in Anlage 8 erörtert.

Der Test wurde primär für unpolare organische Stoffe mit geringer Löslichkeit entwickelt, die in Fischen ungefähr der Aufnahme- und Ausscheidungskinetik erster Ordnung folgen. Wird ein Stoff geprüft, der nicht der Aufnahme- und Ausscheidungskinetik erster Ordnung folgt, sollten komplexere Modelle verwendet (siehe Referenzdokumente in Anlage 5) und Biostatistiker und/oder Pharmakokinetiker konsultiert werden.

Der BMF wird normalerweise bestimmt, indem ganze Fische einer Prüfstoffanalyse unterzogen werden (basierend auf dem Nassgewicht). Sofern für die Ziele der Studie relevant, können Proben bestimmter Gewebe (z. B. Muskel, Leber) entnommen werden, wenn der Fisch in genießbare und ungenießbare Teile zerlegt wird (siehe Nummer 21). Zudem kann der Magen-Darm-Trakt entfernt und separat analysiert werden, um dessen Anteil an den Prüfstoffkonzentrationen für Probenahmepunkte am Ende der Aufnahmephase und kurz vor Beginn der Ausscheidungsphase oder im Rahmen eines Massenbilanzansatzes zu bestimmen.

Der Lipidgehalt der Ganzfischproben sollte gemessen werden, damit Konzentrationen zur Berücksichtigung des Lipidgehalts sowohl des Futters als auch und der Fische korrigiert werden können (siehe Nummern 56 und 57 und Anlage 7).

Zur Berechnung des während der Prüfung eventuell eingetretenen Wachstums sollte das Gewicht der beprobten Fische gemessen und protokolliert und der für die einzelnen Fische bestimmten Stoffkonzentration zugeordnet werden (z. B. über einen individuellen Kenncode für jeden beprobten Fisch). Die Gesamtlänge der einzelnen Fische sollte, soweit möglich, ebenfalls gemessen werden . Gewichtsdaten sind auch für die Schätzung des BCF anhand der Ausscheidungsdaten aus dem futterbasierten Test unerlässlich.

ANGABEN ZUM PRÜFSTOFF

Es sollten die unter den Nummern 3 und 22 genannten Prüfstoffangaben vorliegen. Eine Methode zur Analyse der Prüfstoffkonzentrationen in Wasser ist in der Regel nicht notwendig; ausreichend empfindliche Methoden für die Messung der Konzentrationen in Fischfutter und Fischgewebe sind hingegen erforderlich.

Mit der Methode lassen sich im Rahmen eines einzigen Tests mehrere Stoffe untersuchen. Allerdings sollten die Prüfstoffe so kompatibel sein, dass sie nicht interagieren oder ihre chemische Identität bei der Dotierung ins Fischfutter verändern. Bezweckt wird, dass die Messergebnisse für jeden der zusammen getesteten Prüfstoffe nicht allzu stark von den Werten abweichen, die sich ergeben hätten, wenn jeder Prüfstoff einzeln getestet worden wäre. Mit Voranalysen sollten belegen, dass jeder Stoff in einer mehrfach dotierten Futter- und Fischgewebeprobe i) mit hoher Rate (z. B. > 85 % des Nennwerts) und ii) der für die Prüfung erforderlichen Empfindlichkeit wiedergefunden werden kann. Die Gesamtdosis zusammen geprüfter Stoffe sollte unter der kombinierten Konzentration liegen, die toxische Wirkungen hervorrufen könnte (siehe Nummer 51). Zudem sollten bei der Versuchsplanung mögliche Schadwirkungen in den Fischen und potenzielle interaktive Wirkungen (z. B. metabolische Wirkungen), die mit der gleichzeitigen Prüfung mehrerer Stoffe assoziiert werden, berücksichtigt werden. Die simultane Prüfung ionisierbarer Stoffe sollte vermieden werden. Unter Expositionsgesichtspunkten ist die Methode auch für komplexe Gemische (siehe Nummer 13, obwohl die gleichen analytischen Grenzen gelten wie für jede andere Methode) geeignet.

VALIDITÄT DER PRÜFUNG

Ein Test wird als gültig betrachtet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind (siehe Nummer 24):

Die Wassertemperatur schwankt bei den Behandlungs- oder Kontrollgruppen um weniger als ± 2 °C.
Die Konzentration an gelöstem Sauerstoff fällt nicht unter einen Luftsättigungswert von 60 %.
Die Prüfstoffkonzentration im Fischfutter vor und am Ende der Aufnahmephase liegt im Bereich von ± 20 % (basierend auf mindestens drei Probenahmen zu jedem der beiden Zeitpunkte).
Bei Voranalysen des dotierten Futters sollte ein hohes Maß an Homogenität des Stoffs im Futter nachgewiesen werden; mindestens drei Stoffkonzentrationen, die in den zu Prüfungsbeginn entnommenen Proben gemessen wurden, sollten um nicht mehr als ± 15 % vom Mittelwert abweichen.
Prüfstoffkonzentrationen werden nicht nachgewiesen oder sind im Vergleich zu behandelten Proben nur in typischen Spurenwerten in nicht dotiertem Futter oder in Kontrollfischgewebe vorhanden.
Mortalität oder andere Schadwirkungen/Krankheiten bei Fischen der Kontroll- und der Prüfgruppe liegen am Ende der Prüfung unter 10 %; wird der Test aus einem bestimmten Grund verlängert, sollten Schadwirkungen bei beiden Fischgruppen weniger als 5 % pro Monat betragen und insgesamt 30 % nicht überschreiten. Signifikante Unterschiede im durchschnittlichen Wachstum bei beprobten Fischen der Prüf- und Kontrollgruppen könnten auf eine toxische Wirkung des Prüfstoffs hindeuten.

REFERENZSTOFFE

Führt ein Labor die Prüfung zum ersten Mal durch oder wurden wesentliche Änderungen vorgenommen (beispielsweise Änderungen des Fischstammes oder der Bezugsquelle, wesentliche Änderung der Fischgröße, des Fischfutters oder des Dotierungsverfahrens usw.), sollte unter Verwendung eines Referenzstoffs eine technische Eignungsprüfung durchgeführt werden. Der Referenzstoff wird hauptsächlich verwendet, um nachzuweisen, ob das Verfahren der Futterdotierung maximale Homogenität und die Bioverfügbarkeit des Prüfstoffs gewährleistet. Ein Referenzstoff, der beispielsweise bereits bei unpolaren hydrophoben Stoffen verwendet wurde, ist Hexachlorbenzol (HCB), doch sollten aufgrund der Gefahrstoffeigenschaft von HCB auch andere Stoffe, für die zuverlässige Daten zu Aufnahme und Biomagnifikation vorliegen, erwogen werden . Falls HCB verwendet wird, sollte der Prüfbericht, wie auch für Prüfstoffe, alle wesentliche Referenzstoffangaben wie Name, Reinheit, CAS-Nummer, Struktur, Toxizitätsdaten (falls verfügbar) enthalten (siehe Nummern 3 und 22).

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Apparatur

Materialien und Apparatur sollten, wie bereits für die Methode mit aquatischer Exposition beschrieben, verwendet werden (siehe Nummer 26). Es sollte ein Durchflussverfahren oder ein statisches Erneuerungsverfahren angewandt werden, das Verdünnungswasser in ausreichender Menge zu den Prüfbehälter führt. Die Durchflussraten sollten protokolliert werden.

Wasser

Das Prüfwasser sollte, wie bereits für die Methode mit aquatischer Exposition beschrieben, verwendet werden (siehe Nummern 27-29). Das Prüfmedium sollte wie beschrieben charakterisiert werden und während der Prüfung von gleichbleibender Quaklität sein. Der natürliche Partikelgehalt und der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) sollten vor Testbeginn möglichst gering sein (≤ 5 mg/l Partikel; ≤ 2 mg/l TOC). Der TOC muss lediglich vor der Prüfung als Teil der Charakterisierung des Prüfwassers gemessen werden (siehe Nummer 53).

Futter

Empfohlen wird handelsübliches Fischfutter (schwimmfähiges und/oder langsam absinkendes pelletiertes Futter), das zumindest in Bezug auf den Protein- und Fettgehalt charakterisiert ist. Das Futter sollte eine einheitliche Pelletgröße aufweisen, um die Exposition über das Futter zu optimieren, d. h. die Fische nehmen auf diese Weise mehr Futter auf und fressen nicht nur die größeren Stücke. Die Pellets sollten zu Prüfungsbeginn eine der Größe der Fische angepasste Größe aufweisen (z. B. sind Pelletdurchmesser von ungefähr 0,6-0,85 mm für Fische einer Gesamtlänge von 3 bis 7 cm und Pelletdurchmesser von ungefähr 0,85-1,2 mm für Fische einer Gesamtlänge von 6 bis 12 cm geeignet). Die Pelletgröße kann zu Beginn der Ausscheidungsphase dem Fischwachstum angepasst werden. Ein Beispiel einer geeigneten Zusammensetzung (handelsüblichen) Fischfutters findet sich in Anlage 7. Bei der Entwicklung dieser Methode wurde routinemäßig Prüffutter mit einem Gesamtlipidgehalt von 15 bis 20 % (w/w) verwendet. Fischfutter mit einer derart hohen Lipidkonzentration ist in bestimmten Regionen möglicherweise nicht erhältlich. In diesem Fall könnten die Versuche mit einer niedrigeren Lipidkonzentration im Futter durchgeführt werden und die Fütterungsrate könnte (auf Basis von Vorversuchen) angepasst werden, um die Fische gesund zu halten. Der Gesamtlipidgehalt des Futters der Prüf- und Kontrollgruppe muss vor Beginn der Prüfung und am Ende der Aufnahmephase gemessen und protokolliert werden. Der Prüfbericht sollte Herstellerangaben zu Nährstoffgehalt, Feuchtigkeit, Faser- und Aschegehalt und, falls möglich, Mineralien und Pestizidrückstände (z. B. „standardmäßige“ prioritäre Schadstoffe) des handelsüblichen Futters enthalten.

Bei der Dotierung des Futters mit dem Prüfstoff sollte sichergestellt werden, dass das Prüffutter homogen ist. Die Prüfstoffkonzentration im Futter der Prüfgruppe sollte unter Berücksichtigung der Empfindlichkeit des Analyseverfahrens, der Toxizität des Prüfstoffs (NOEC, soweit bekannt) und der relevanten physikalisch-chemischen Daten gewählt werden. Der Referenzstoff, falls verwendet, sollte vorbehaltlich der Analyseempfindlichkeit möglichst in einer Konzentration von ungefähr 10 % der Prüfstoffkonzentration (in jedem Fall so niedrig wie möglich sein) einbezogen werden (Beispiel: bei Hexachlorbenzol wurde eine Konzentration im Futter von 1-100 μg/g als akzeptabel erachtet; siehe (47) für weitere Informationen über Assimilationseffizienzen von HCB).

Das Fischfutter kann je nach physikalischen Eigenschaften und Löslichkeit auf verschiedene Weise mit dem Prüfstoff dotiert werden (für nähere Informationen über Dotierungsmethoden siehe Anlage 7):

Ist der Stoff in Triglyceriden löslich und stabil, sollte er vor seiner Beimischung zum Fischfutter in einer geringen Menge Fischöl oder pflanzlichem Speiseöl gelöst werden. In diesem Fall sollte unter Berücksichtigung des natürlichen Lipidgehalts des dotierten Futters die Herstellung von Rationen mit zu hohem Lipidgehalt unbedingt vermieden werden, indem die bekannte Mindestmenge Öl beigemischt wird, die erforderlich ist, um eine gute Verteilung und Homogenität des Prüfstoffs im Futter zu erreichen, oder
das Futter sollte mithilfe eines geeigneten organischen Lösungsmittels dotiert werden, soweit dies die Homogenität und Bioverfügbarkeit nicht beeinträchtigt (im Futter können sich infolge der Verdunstung des Lösungsmittels (Mikro-)Kristalle des Prüfstoffs bilden, und es lässt sich nicht einfach nachweisen, dass dies nicht der Fall ist; siehe (49)), oder
nicht zähflüssige Flüssigkeiten sollten dem Fischfutter direkt beigegeben, jedoch gut vermischt werden, um Homogenität und gute Assimilation zu gewährleisten. Gutes Mischen dürfte die Homogenität des dotierten Futters gewährleisten.

In bestimmten Fällen, z. B. bei weniger hydrophoben Prüfstoffen, die mit größerer Wahrscheinlichkeit aus dem Futter desorbieren, müssen vorbereitete Fischpellets möglicherweise mit einer geringen Menge Maiskeim- oder Fischöl beschichtet werden (siehe Nummer 142). In diesen Fällen sollten das Kontrollfutter gleich behandelt und das fertig zubereitete Futter für die Lipidmessung verwendet werden.

Die Ergebnisse für den Referenzstoff, falls verwendet, sollten mit den Daten einer in der Fachliteratur beschriebenen, unter ähnlichen Bedingungen und mit einer vergleichbarer Fütterungsrate durchgeführten Studie komparabel sein (siehe Nummer 45), und die spezifischen Parameter des Referenzstoffs sollten die relevanten Kriterien unter Nummer 113 (Unterpunkte 3, 4 und 5) erfüllen.

Wenn als Vehikel für den Prüfstoff Öl oder ein Trägerlösungsmittel verwendet wird, sollte eine entsprechende Menge desselben Vehikels (Prüfstoff ausgenommen) mit dem Kontrolfutter vermischt werden, um ein dem dotierten Futter gleichwertiges Futter zu erhalten. Dabei ist wichtig, dass die Prüf- und Kontrollgruppen während der Aufnahme- und der Ausscheidungsphase gleichwertiges Futter erhalten.

Das dotierte Futter sollte unter Bedingungen gelagert werden, die die Stabilität des Prüfstoffs innerhalb der Futtermischung garantieren (z. B. durch Kühlung); diese Bedingungen sind anzugeben.

Auswahl der Fischspezies

Es können die gleichen Fischspezies verwendet werden, die auch für die aquatische Exposition in Frage kommen (siehe Nummer 32 und Anlage 3). Vor Veröffentlichung dieser Prüfmethode wurden für futterbasierte Bioakkumulationsstudien mit organischen Stoffen Regenbogenforellen Oncorhynchus mykiss), Karpfen Cyprinus carpio) und Dickkopfelritzen Pimephales promelas) verwendet. Die Prüfspezies sollten ein Fressverhalten aufweisen, das den raschen Verzehr der verabreichten Futterration gewährleistet, um Faktoren, die die Konzentration des Prüfstoffs im Futter beeinflussen könnten (wie Auslaugen ins Wasser und Möglichkeit aquatischer Exposition), auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Es sollten Fische innerhalb des empfohlenen Größen-/Gewichtsbereichs (siehe Anlage 3) verwendet werden. Sie sollten nicht so klein sein, dass einzelne Fische nur mit Schwierigkeiten analysiert werden können. Bei Spezies, die in einer Lebensphase schnellen Wachstums untersucht werden, kann die Datenauswertung schwierig sein, und hohe Wachstumsraten können die Berechnung der Assimilationseffizienz beeinflussen .

Haltung der Fische

Die Kriterien bezüglich Akklimatisierung, Mortalität und Erkrankung vor Prüfungsbeginn sind dieselben wie für die Methode mit aquatischer Exposition (siehe Nummern 33-35).

DURCHFÜHRUNG DES TESTS

Vorversuch und Dosisfindungstest

Ein analytischer Vorversuch ist notwendig, um Wiederfindung des Prüfstoffs im dotierten Fischfutter/Fischgewebe nachzuweisen. Ein Dosisfindungstest zur Entscheidung über die geeignete Prüfstoffkonzentration im Futter ist nicht immer erforderlich. Um nachzuweisen, dass keine Schadwirkungen auftreten, und die Schmackhaftigkeit des dotierten Futters, die Empfindlichkeit der Methode für die Analyse des Fischgewebes und des Futters und die Wahl der geeigneten Fütterungsrate sowie die Zeitabstände für die Probenahmen während der Ausscheidungsphase usw. zu bewerten, können Fütterungsvorversuche durchgeführt werden, sind aber nicht erforderlich. Eine Vorstudie kann hilfreich sein, um abzuschätzen, wie viele Fische während der Ausscheidungsphase beprobt werden müssen. Dies kann zu einer erheblichen Verringerung der Zahl der Versuchsfische führen, insbesondere bei Prüfstoffen, die metabolisierungsanfällig sind.

Expositionsbedingungen

Dauer der Aufnahmephase

Eine Aufnahmephase von 7-14 Tagen, in der eine Gruppe Fische täglich das Kontrollfutter und eine zweite Gruppe Fische täglich eine auf die Prüfspezies und Versuchsbedingungen zugeschnittene Ration Prüffutter (z. B. 1-2 % des Körpergewichts (Nassgewicht) bei Regenbogenforellen) erhält, reicht in der Regel aus. Die Fütterungsrate sollte so gewählt werden, dass schnelles Wachstum und eine starke Zunahme des Lipidgehalts vermieden werden. Die Aufnahmephase kann erforderlichenfalls auf Basis praktischer Erfahrungen aus früheren Versuchen oder von Informationen über das Aufnahme-/Ausscheidungsverhalten des Prüfstoffs (oder eines analogen Stoffs) bei Fischen verlängert werden. Der Prüfungsbeginn ist definiert als der Zeitpunkt der ersten Fütterung mit dotiertem Futter. Ein Versuchstag reicht vom Zeitpunkt der Fütterung bis kurz vor den Zeitpunkt der nächsten Fütterung (z. B. eine Stunde). Somit beginnt der erste Versuchstag (Aufnahmephase) zum Zeitpunkt der ersten Fütterung mit dotiertem Futter und endet kurz vor der zweiten Fütterung mit dotiertem Futter. In der Praxis endet die Aufnahmephase kurz vor (z. B. eine Stunde vor) der ersten Fütterung mit undotiertem Prüfstoff, da die Fische das dotierte Futter in den dazwischenliegenden 24 Stunden weiterhin verdauen und den Prüfstoff absorbieren. Im Interesse der Analysemethode muss sichergestellt werden, dass eine ausreichend hohe (nicht toxische) Körperbelastung durch den Prüfstoff erreicht wird, damit in der Ausscheidungsphase zumindest ein Rückgang um eine Zehnerpotenz gemessen werden kann. In besonderen Fällen kann eine (auf bis zu 28 Tage) verlängerte Aufnahmephase mit weiteren Probenahmen beschlossen werden, um Informationen über die Aufnahmekinetik zu erhalten. Während der Aufnahme erreicht die Konzentration möglicherweise keinen stationären Zustand. Wie auch bei der Prüfung mit aquatischer Exposition können Gleichungen zur Schätzung der Zeit bis zum Erreichen des stationären Zustands (als Anhaltspunkt für die wahrscheinlich erforderliche Zeit bis zum Erreichen nennenswerter Konzentrationen in den Fischen) verwendet werden (siehe Anlage 5).

In bestimmten Fällen ist möglicherweise bekannt, dass die Aufnahme des Prüfstoffs durch die Fische über einen Zeitraum von 7-14 Tagen aufgrund der unzulänglichen Empfindlichkeit der Methode oder einer schlechten Assimilationseffizienz nicht ausreichen wird, um mit der verwendeten Futterkonzentration eine Prüfstoffkonzentration in den Fischen zu erreichen, die hoch genug ist, um während der Ausscheidung zumindest einen Rückgang um eine Zehnerpotenz messen zu können. In solchen Fällen kann es von Vorteil sein, die anfängliche Fütterungsphase über 14 Tage hinaus zu verlängern, oder es sollte eine höhere Prüfstoffkonzentration im Futter in Betracht gezogen werden, insbesondere bei stark metabolisierenden Stoffen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass die Körperbelastung während der Aufnahme unterhalb der (geschätzten) chronischen Konzentration bleibt, bei der keine statistisch signifikante Wirkung beobachtet wird (NOEC) (siehe Nummer 138).

Dauer der Ausscheidungsphase

Die Ausscheidung dauert in der Regel bis zu 28 Tage und beginnt, wenn die Fische der Prüfgruppe im Anschluss an die Aufnahmephase reines, unbehandeltes Futter Nahrung erhalten. Die Ausscheidung beginnt mit der ersten Fütterung mit „undotiertem“ Futter und nicht etwa direkt nach der letzten Fütterung mit „dotiertem“ Futter, da die Fische das Futter in den dazwischenliegenden 24 Stunden weiterhin verdauen und den Prüfstoff absorbieren, wie unter Nummer Punkt 126 beschrieben. Somit wird die erste Probe in der Ausscheidungsphase kurz vor der zweiten Fütterung mit undotiertem Futter entnommen. Mit dieser Ausscheidungsphase sollen Stoffe mit einer potenziellen Halbwertzeit von bis zu 14 Tagen erfasst werden, was mit der Halbwertzeit bioakkumulativer Stoffe übereinstimmt , sodass 28 Versuchstage zwei Halbwertzeiten solcher Stoffe umfassen. Bei sehr stark bioakkumulierenden Stoffen kann es von Vorteil sein, die Ausscheidungsphase zu verlängern (falls aufgrund von Vorversuchen indiziert).

Wird ein Stoff so langsam ausgeschieden, dass in der Ausscheidungsphase keine exakte Halbwertzeit bestimmt werden kann, reichen die erhaltenen Informationen möglicherweise dennoch aus, um ein hohes Bioakkumulationsniveau anzuzeigen und Bewertungen vorzunehmen. Wird ein Stoff hingegen so schnell ausgeschieden, dass eine zuverlässige Konzentration zum Zeitpunkt Null (Konzentration am Ende der Aufnahme/Anfang der Ausscheidung, C0,d) und k2 nicht abgeleitet werden können, kann eine konservative Schätzung von k2 vorgenommen werden (siehe Anlage 7).

Wenn frühere Analysen der (z. B. nach 7 oder 14 Tagen) beprobten Fische zeigen, dass der Stoff vor Ablauf der vollen 28 Tage unterhalb des Quantifizierungsniveaus ausgeschieden wurde, können nachfolgende Probenahmen eingestellt und die Prüfung beendet werden.

In bestimmten Fällen lässt sich am Ende der Aufnahmephase (oder bei der zweiten Ausscheidungsprobe) keine messbare Aufnahme des Prüfstoffs feststellen. Wenn nachgewiesen werden kann, dass i) die Validitätskriterien gemäß Nummer 113 erfüllt sind und ii) eine mangelnde Aufnahme nicht auf andere Prüfungsmängel (z. B. zu kurze Aufnahmephase, mangelhafte Futterdotierung mit entsprechend schlechter Bioverfügbarkeit, mangelnde Empfindlichkeit des Analyseverfahrens, kein Futterverzehr durch die Fische usw.) zurückzuführen ist, kann die Prüfung beendet werden, ohne dass sie mit einer längeren Aufnahmephase erneut durchgeführt werden muss. Hat sich im Vorversuch gezeigt, dass dies der Fall sein kann, kann im Rahmen eines Massenbilanzansatzes soweit möglich eine Analyse der Exkremente auf unverdauten Prüfstoff ratsam sein.

Anzahl Versuchsfische

Ähnlich wie bei der Prüfung mit aquatischer Exposition sollten Fische von vergleichbarem Gewicht und vergleichbarer Länge gewählt werden, wobei der kleinste Fisch nicht weniger als zwei Drittel des Gewichts des größten Fisches haben sollte (siehe Nummern 40-42).

Die Gesamtzahl der für die Studie verwendeten Fische sollte sich nach dem Probenahmezeitplan richten (mindestens eine Probenahme am Ende der Aufnahmephase und 4-6 Probenahmen während der Ausscheidungsphase, je nach Dauer der Phasen), wobei die Empfindlichkeit des Analyseverfahrens, die am Ende Aufnahmephase wahrscheinliche Konzentration (auf Basis früherer Erkenntnisse) und die Ausscheidungsphase (falls frühere Erkenntnisse eine Schätzung zulassen) berücksichtigt werden sollten. Bei jeder Probenahme sollten 5-10 Fische entnommen werden, wobei die Wachstumsparameter (Gewicht und Gesamtlänge) vor der chemischen Analyse oder der Lipidanalyse gemessen werden.

Aufgrund der unvermeidbaren Größen-, Wachstums- und physiologischen Unterschiede zwischen den Fischen und der wahrscheinlich unterschiedlichen Futtermenge, die jeder Fisch verzehrt, sollten zu jedem Probenahmezeitpunkt mindestens 5 Fische aus der Prüfgruppe und 5 Fische aus der Kontrollgruppe entnommen werden, um die Durchschnittskonzentration und ihre Variabilität bestimmen zu können. Die Variabilität der Fischparameter trägt wahrscheinlich stärker zur unkontrollierten Gesamtvariabilität der Prüfung bei als die inhärente Variabilität der angewandten Analysemethoden und rechtfertigt somit in bestimmten Fällen die Verwendung von bis zu 10 Fischen je Probenahme. Sind die Hintergrundkonzentrationen des Prüfstoffs in den Kontrollfischen zu Beginn der Ausscheidung jedoch nicht messbar, reicht eine chemische Analyse von 2-3 Kontrollfischen bei der letzten Probenahme nur dann aus, wenn die übrigen Kontrollfische bei jeder Probenahme weiterhin zur Erfassung von Gewicht und Gesamtlänge beprobt werden (um zwar so, dass zur Wachstumsbestimmung jedes Mal dieselbe Anzahl Fische aus der Prüf- und der Kontrollgruppe untersucht wird). Die Fische sollten gelagert und einzeln gewogen (selbst wenn es sich als notwendig erweisen sollte, die Probenergebnisse anschließend zu kombinieren) und ihre Gesamtlänge sollte gemessen werden.

So erfordert ein Standardtest mit einer beispielsweise 28 Tage dauernden Ausscheidungsphase und fünf Ausscheidungsproben insgesamt 59-120 Fische aus der Prüf- und 50-110 Fische aus der Kontrollgruppe, wobei davon ausgegangen wird, dass es das Analyseverfahren für den Stoff erlaubt, den Lipidgehalt am selben Fisch zu analysieren. Können die Lipidanalyse und die chemische Analyse nicht am selben Fisch durchgeführt werden und ist die Verwendung von Kontrollfischen ausschließlich zum Zwecke der Lipidanalyse nicht möglich (siehe Nummer 56), wären weitere 15 Fische erforderlich (drei aus der Stammpopulation zu Prüfungsbeginn, jeweils drei aus der Kontroll- und der Prüfgruppe zu Beginn der Ausscheidung und jeweils drei aus der Kontroll- und Prüfgruppe am Ende des Versuchs). Ein Beispiel eines Probenahmeplans mit den entsprechenden Fischzahlen findet sich in Anlage 4.

Besatz

Es empfiehlt sich ein ebenso großes Wasser/Fisch-Verhältnis wie bei der Methode mit aquatischer Exposition (siehe Nummern 43 und 44). Obwohl sich die Fisch/Wasser-Besatzraten nicht auf die Expositionskonzentrationen in diesem Versuch auswirken, wird eine Besatzrate von 0,1-1,0 g Fisch (Nassgewicht) pro Liter Wasser und Tag empfohlen, um angemessene Konzentrationen an gelöstem Sauerstoff aufrechtzuerhalten und die Stressbelastung der Prüforganismen möglichst gering zu halten.

Prüffutter und Fütterung

Während der Akklimatisierungsphase sollten die Fische, wie oben beschrieben, geeignetes Futter erhalten (Nummer 117). Wird der Test unter Durchflussbedingungen durchgeführt, sollte der Durchfluss während der Fütterung unterbrochen werden.

Während der Prüfung sollte die Prüfgruppe nur das vorstehend beschriebene Futter erhalten (Nummern 116-121). Neben stoffspezifischen Faktoren, der Empfindlichkeit der Analysemethode, der erwarteten Prüfstoffkonzentration im Futter unter bestimmten Umweltbedingungen und der chronischen Toxizitätswerte/Körperbelastung sollte zur Festlegung der Zielkonzentration des Prüfstoffs im Futter auch dessen Schmackhaftigkeit berücksichtigt werden (damit die Fische das Futter nicht ablehnen). Die nominelle Dotierungskonzentration sollte im Bericht festgehalten werden. Erfahrungsgemäß sind Dotierungskonzentrationen von 1-1 000  μg/g für Versuche mit Prüfstoffen geeignet, die keinen spezifischen toxischen Mechanismus aufweisen. Bei Stoffen, die über einen unspezifischen Mechanismus wirken, sollten die Geweberückstände 5 μmol/g Lipid nicht überschreiten, da Rückstände über diesem Niveau wahrscheinlich chronische Wirkungen hervorrufen (19) (48) (50) . Bei anderen Stoffen sollte darauf geachtet werden, dass aufgrund der akkumulierten Exposition keine Schadwirkungen auftreten (siehe Nummer 127). Dies gilt insbesondere, wenn mehrere Stoffe gleichzeitig geprüft werden (siehe Nummer 112).

Das Fischfutter kann auf drei verschiedene Arten mit der geeigneten Menge Prüfstoff dotiert werden (siehe Nummer 119 und Anlage 7). Die Methoden und Verfahren für die Futterdotierung sollten im Bericht festgehalten werden. Die Kontrollfische erhalten unbehandeltes Futter, das eine gleichwertige Menge an undotiertem Öl enthält, soweit Öl als Vehikel in der Aufnahmephase im dotierten Futter verwendet wird, oder das mit „reinem“ Lösungsmittel behandelt wurde, wenn ein Lösungsmittel bei der Zubereitung des Futters für die Prüfgruppe als Vehikel verwendet wurde. Die Prüfstoffkonzentration im behandelten und unbehandelten Futter sollte vor Beginn und am Ende der Aufnahmephase mindestens drei Mal analysiert werden. Nach der Exposition gegenüber dem behandelten Futter (Aufnahmephase) erhalten die Fische (beide Gruppen) unbehandeltes Futter (Ausscheidungsphase).

Die Fische erhalten eine bestimmte Ration (je nach Spezies; z. B. ca. 1-2 % des Nasskörpergewichts pro Tag im Falle der Regenbogenforelle). Die Fütterungsrate sollte gewährleisten, dass schnelles Wachstum und eine starke Zunahme des Lipidgehalts vermieden werden. Die exakte Fütterungsrate, die während des Versuchs festgelegt wurde, sollte protokolliert werden. Die anfängliche Fütterung sollte auf der Grundlage der Gewichtsmessungen der Stammpopulation unmittelbar vor Prüfungsbeginn erfolgen. Die Futtermenge sollte je nach Nassgewicht der bei jeder Probenahme entnommenen Fische angepasst werden, um das Wachstum während des Versuchs zu berücksichtigen. Die Gewichte und Längen der Fische in den Prüf- und Kontrollbehältern können auf Basis der Gewichte und Gesamtlängen der für die einzelnen Probenahmen verwendeten Fische geschätzt werden; die übrigen Fische in den Prüf- oder Kontrollbehältern sollten nicht gewogen oder gemessen werden. Es ist wichtig, dass die vorgegebene Fütterungsrate während des gesamten Versuchs aufrechterhalten wird.

Die Fütterung sollte beobachtet werden, um sicherzustellen, dass die Fische das gesamte verabreichte Futter verzehren und die für die Berechnungen verwendeten Ingestionsraten korrekt sind. Bei der Festlegung einer Fütterungsrate, die gewährleistet, dass bei einer einmal täglichen Fütterung das gesamte Futter aufgenommen wird, sollten Fütterungsvorversuche oder vorherige Erfahrungswerte berücksichtigt werden. Wird systematisch ein Teils des Futters nicht verzehrt, empfiehlt es sich, die Dosis mit einer zweiten Fütterung über den Versuchstag zu verteilen (d. h. eine Tagesration — zwei Fütterungen). Falls erforderlich, sollte die zweite Fütterung zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen und zeitlich so festgelegt werden, dass vor der Beprobung der Fische so viel Zeit wie möglich vergeht (diese zweite Fütterung erfolgt beispielsweise in der ersten Hälfte eines Versuchstags).

Obwohl die Fische das Futter in der Regel rasch aufnehmen, muss unbedingt sichergestellt werden, dass der Prüfstoff an das Futter adsorbiert bleibt. Es sollte vermieden werden, dass sich der Prüfstoff aus dem Futter ins Wasser verteilt und von den Fischen zusätzlich zum Futter auch in wässrigen Konzentrationen aufgenommen werden. Dies wird erreicht, indem nicht verzehrtes Futter (und Exkremente) innerhalb einer Stunde, jedoch vorzugsweise innerhalb von 30 Minuten, nach der Fütterung aus den Prüf- und Kontrollbehälten entfernt wird (werden). Zudem kann ein System angewendet werden, bei dem das Wasser kontinuierlich über einen Aktivkohlefilter gereinigt wird und „gelöste“ Verunreinigungen absorbiert werden. Durchflusssysteme können dazu beitragen, Partikel und gelöste Stoffe schnell wegzuspülen . In bestimmten Fällen lässt sich das Problem durch Modifikation des Verfahrens für die Zubereitung des dotierten Futters abschwächen (siehe Nummer 119).

Licht und Temperatur

Wie bei der Methode mit aquatischer Exposition (siehe Nummer 48) wird eine Photoperiode von 12-16 Stunden und eine für die verwendete Prüfspezies geeignete Temperatur (± 2 °C) empfohlen (siehe Anlage 3). Art und Merkmale der Beleuchtung sollten bekannt sein und dokumentiert werden.

Kontrollen

Es sollte eine Kontrollgruppe aus Fischen gebildet werden, die dieselbe Futterration wie die Prüfgruppe erhalten, jedoch ohne Prüfstoff. Wurde in der Prüfgruppe Öl oder ein Lösungsmittel als Vehikel für die Futterdotierung verwendet, sollte das Futter der Kontrollgruppe auf exakt dieselbe Weise, jedoch ohne Prüfstoff, verabreicht werden, d. h. Prüf- und Kontrollgruppe sollten dasselbe Futter erhalten (siehe Nummer 121 und 139).

Häufigkeit der Wasserqualitätsmessungen

Die Bedingungen, die für die Methode mit aquatischer Exposition beschrieben wurden, gelten analog, außer dass der TOC nur vor der Prüfung als Teil der Prüfwassercharakterisierung gemessen werden muss (siehe Nummer 53).

Beprobung und Analyse von Fischen und Futter

Analyse der Futterproben

Proben des Futters der Prüf- und Kontrollgruppe sollten zumindest vor Beginn und am Ende der Aufnahmephase und zumindest dreifach auf Prüfstoff und Lipidgehalt untersucht werden. Die Analysemethoden sowie die Verfahren, mit denen die Homogenität des Futters gewährleistet werden soll, sind im Bericht anzugeben.

Die Proben sollten nach der vorgegebenen und validierten Methode auf Prüfstoff analysiert werden. Es sollte ein Vorversuch durchgeführt werden, um für die vorgesehene Probenmatrix die Quantifizierungsgrenze, die Wiederfindungsrate (in Prozent), etwaige Interferenzen und die Variabilität der Analyse zu bestimmen. Wird radioaktiv markiertes Material geprüft, sollten dieselben Aspekte geprüft werden wie bei der Methode mit aquatischer Exposition, wobei die Futteranalyse die Wasseranalyse ersetzt (siehe Nummer 65).

Analyse der Fischproben

Für jede Beprobung werden 5-10 einzelne Fische aus den Prüf- und Kontrollgruppen entnommen (in bestimmten Fällen kann die Zahl der Kontrollfische verringert werden; siehe Nummer 134).

Die Proben sollten an jedem Versuchstag zum selben Zeitpunkt (je nach Fütterungstermin) entnommen werden, und zwar möglichst zu einem Zeitpunkt, der die Wahrscheinlichkeit, dass Futter während der Aufnahmephase und zu Beginn der Ausscheidungsphase im Darm verbleibt, auf ein Minimum begrenzt, um unerwünschte Verfälschungen der Gesamtprüfstoffkonzentrationen zu vermeiden (d. h. zu beprobende Fische sollten gegen Ende eines Versuchstags entnommen werden, wobei zu beachten ist, dass ein Versuchstag mit dem Zeitpunkt der Fütterung beginnt und mit dem Zeitpunkt der nächsten Fütterung, also ungefähr 24 Stunden später, endet. Die Ausscheidung beginnt mit der ersten Fütterung des undotierten Futters; siehe Nummer 128). Die erste Probenahme in der Ausscheidungsphase (kurz vor der zweiten Fütterung mit undotiertem Futter) ist wichtig, denn sie dient der Extrapolation der Konzentration zum Zeitpunkt Null, einen Tag vor dieser Messung (C0,d, die Konzentration in den Fischen am Ende der Aufnahme/Anfang der Ausscheidung). Es besteht auch die Möglichkeit, den Magen-Darm-Trakt der Fische zu entfernen und am Ende der Aufnahme sowie an den Tagen 1 und 3 der Ausscheidung separat zu analysieren.

Bei jeder Probenahme sollten aus beiden Prüfbehältern Fische entnommen und auf dieselbe Weise behandelt werden wie bei der Methode mit aquatischer Exposition beschrieben (siehe Nummer 61-63).

Die Prüfstoffkonzentrationen im Ganzfisch (Nassgewicht) werden mindestens am Ende der Aufnahmephase und während der Ausscheidungsphase und zwar sowohl für die Kontroll- als auch für die Prüfgruppe gemessen. Für die Ausscheidungsphase werden 4-6 Probenahmen empfohlen (z. B. an den Tagen 1, 3, 7, 14 und 28). Optional kann eine zusätzliche Probenahme nach 1-3 Tagen der Aufnahme hinzugezogen werden, um die Assimilationseffizienz ab der linearen Aufnahmephase zu schätzen, wenn die Fische sich noch am Anfang der Expositionsperiode befinden. Zwei Abweichungen vom Versuchsplan sind möglich: i) wenn die Aufnahmephase zur Untersuchung der Aufnahmekinetik verlängert wird, sind für diese Phase weitere Probenahmezeitpunkte vorzusehen, um mehr Fische untersuchen zu können (siehe Nummer 126); ii) wenn am Ende der Aufnahmephase keine Aufnahme messbar ist, muss der Versuch beendet werden (siehe Nummer 131). Jeder entnommene Fisch sollte gewogen (und seine Gesamtlänge gemessen) werden, um die Wachstumskonstanten bestimmen zu können. Die Stoffkonzentrationen in bestimmten Fischgeweben (genießbare und ungenießbare Teile) können auch am Ende der Aufnahmephase und zu ausgewählten Zeitpunkten während der Ausscheidung gemessen werden. Wird radioaktiv markiertes Material geprüft, sollten ähnliche Aspekte wie bei der Methode mit aquatischer Exposition geprüft werden, wobei die Futteranalyse die Wasseranalyse ersetzt (siehe Nummer 65).

Bei regelmäßiger Verwendung eines Referenzstoffs (siehe Nummer 25) sollten die Konzentrationen in der Prüfgruppe möglichst am Ende der Aufnahme und zu allen für den Prüfstoff festgelegten Ausscheidungszeitpunkten gemessen werden (Ganzfische); in der Kontrollgruppe müssen die Konzentrationen nur am Ende der Aufnahme analysiert werden (Ganzfische). Unter bestimmten Umständen (beispielsweise, wenn die Analyseverfahren für die Prüf- und die Referenzsubstanz inkompatibel sind, sodass mehr Fische notwendig werden, um den Probenahmeplan einzuhalten) kann ein anderer Ansatz gewählt werden, um die Zahl der zusätzlichen Fische auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Die Referenzstoffkonzentrationen werden während der Ausscheidung nur an den Tagen 1 und 3 sowie zwei weiteren Probenahmezeitpunkten gemessen, die so gewählt werden, dass die Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,d) und k2 für den Referenzstoff zuverlässig geschätzt werden kann.

Soweit möglich, sollte der Lipidgehalt der einzelnen Fische bei jeder Probename oder zumindest am Anfang und Ende der Aufnahmephase und am Ende der Ausscheidungsphase bestimmt werden. (siehe Nummern 56 und 67). Je nach Analysemethode (siehe Nummer 67 und Anlage 4) ist es u. U. möglich, zur Bestimmung des Lipidgehalts und der Prüfstoffkonzentration dieselben Fische zu verwenden, was sich im Interesse der Begrenzung der Versuchstierzahl empfiehlt. Sollte dies jedoch nicht möglich sein, kann derselbe Ansatz wie bei der Methode mit aquatischer Exposition gewählt werden (siehe Nummer 56 für alternative Möglichkeiten der Lipidgehaltmessung). Die für die Quantifizierung des Lipidgehalts angewandte Methode sollte im Bericht dokumentiert werden.

Qualität der Analysemethode

Es sollten Versuchskontrollen durchgeführt werden, um die Spezifität, Genauigkeit, Präzision und Reproduzierbarkeit des stoffspezifischen Analyseverfahrens sowie die Wiederfindung des Prüfstoffs im Futter und in den Fischen zu gewährleisten.

Messung des Fischwachstums

Zu Beginn der Prüfung muss eine Probe Fische aus der Stammpopulation gewogen (und ihre Gesamtlänge gemessen) werden. Diese Fische sollten kurz vor der ersten Fütterung mit dotiertem Futter (z. B. 1 Stunde davor) entnommen und dem Versuchstag 0 zugeordnet werden. Die Zahl der Fische in dieser Probe sollte der für die Probenahmen während der Prüfung vorgesehenen Zahl zumindest entsprechen. Dabei kann sich um dieselben Fische handeln, die vor Beginn der Aufnahmephase für die Lipidanalyse verwendet wurden (siehe Nummer 153). Zu jedem Probenahmezeitpunkt werden die Fische zunächst gewogen und längenvermessen. Für jeden Fisch sollten Messgewicht (und Messlänge) der analysierten Stoffkonzentration (und ggf. dem Lipidgehalt) zugeordnet werden, z. B. anhand eines individuellen Kenncodes für jeden untersuchten Fisch. Anhand der Messwerte für diese Fischproben können Gewicht (und Länge) der in den Prüf- und Kontrollbehältern verbleibenden Fische geschätzt werden.

Evaluierung des Versuchs

Die Mortalität der Fische sollte täglich protokolliert werden. Es sollte außerdem auf Schadwirkungen wie Verhaltensanomalien oder Pigmentierung geachtet werden; entsprechende Vorkommnisse sind aufzuzeichnen. Fische gelten als tot, wenn keine Atmung mehr stattfindet und es bei leichter mechanischer Stimulierung zu keiner Reaktion kommt. Tote oder eindeutig moribunde Fische sollten entfernt werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

Die Prüfungsergebnisse werden verwendet, um anhand des Gesamtnassgewichts der Fische die Ausscheidungskonstante (k2) abzuleiten. Die Wachstumskonstante, kg, wird anhand der mittleren Zunahme des Fischgewichts berechnet und ggf. zur Bestimmung der wachstumskorrigierten Ausscheidungskonstante, k2g, verwendet. Zudem sollten die Assimilationseffizienz (a; Absorption aus dem Darm), der kinetische Biomagnifikationsfaktor (BMFK) (ggf. der wachstumskorrigierte Biomagnifikationsfaktor, BMFKg), der lipidkorrigierte Wert (BMFKL oder BMFKgL, falls um die Verdünnung durch Wachstum korrigiert) und die Fütterungsrate dokumentiert werden. Soweit die Zeit bis zum Erreichen des stationären Zustands in der Aufnahmephase geschätzt werden kann (z. B. 95 % des stationären Zustands oder t95 = 3,0/k2), kann auch der BMF im stationären Zustand (BMFSS) einbezogen werden (siehe Nummern 105 und 106 und Anlage 5), falls der t95-Wert darauf hindeutet, dass ein stationären Zustand erreicht zu sein scheint. Auf diesen BMFSS sollte dieselbe Lipidgehaltkorrektur angewendet werden wie auf den kinetisch abgeleiteten BMF (BMFK), um einen lipidkorrigierten Wert, BMFSSL, zu erhalten (dabei ist zu beachten, dass ein anerkanntes Verfahren für die Korrektur eines BMF im stationären Zustand um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum existiert). Formeln und Berechnungsbeispiele finden sich in Anlage 7. Es existieren verschiedene Ansätze zur Schätzung eines kinetischen Biokonzentrationsfaktors (BCFK) anhand von Daten aus der futterbasierten Studie. Sie sind Gegenstand von Anlage 8.

Daten zu Fischgewicht und Fischlänge

Die Nassgewichte und Längen der einzelnen Fische werden, aufgeschlüsselt nach Prüf- und Kontrollgruppen, für alle Probenahmezeitpunkte in der Aufnahmephase (Stammpopulation zu Beginn der Aufnahme; Kontroll- und Prüfgruppe am Ende der Aufnahme) und ggf. in der Anfangsphase (z. B. Tag 1-3 der Aufnahme) und in der Ausscheidungsphase (z. B. Tage 1, 2, 4, 7, 14, 28 für die Kontroll- und die Prüfgruppe) tabellarisch dargestellt. Das Gewicht ist der bevorzugte Wachstumsparameter für die Korrektur um den Effekt der Verdünnung durch das Wachstum. Angaben zu der (den) angewandten Methode(n) für die Korrektur der Daten um den Effekt der Verdünnung durch das Wachstum siehe Nummer 162 und 163 sowie Anlage 5.

Daten zur Prüfstoffkonzentration in den Fischen

Die Messungen der Prüfstoffrückstände in einzelnen Fischen (oder gepoolten Fischproben, falls Messungen an einzelnen Fischen nicht möglich sind), werden, ausgedrückt als Nassgewichtskonzentration (w/w), für die Prüf- und die Kontrollfische, aufgeschlüsselt nach Probenahmezeitpunkten, tabellarisch dargestellt. Wurde die Lipidanalyse bei jedem entnommenen Fisch durchgeführt, können einzelne lipidkorrigierte Konzentrationen als Lipidkonzentration (w/w Lipid) abgeleitet und tabellarisch dargestellt werden.

Die Messungen der Prüfstoffrückstände in einzelnen Fischen (oder gepoolten Fischproben, falls Messungen an einzelnen Fischen nicht möglich sind, siehe Nummer 66) für die Ausscheidungsphase werden in ihre natürlichen Logarithmen umgewandelt und gegen die Zeit (Tag) aufgetragen. Werden bei einer visuellen Überprüfung der graphischen Darstellung „Ausreißer“ festgestellt, kann ein statistisch gültiger Ausreißertest angewendet werden, um falsche Datenpunkte zu entfernen; die Gründe dafür sind zu dokumentieren.
Für ln(Konzentration) gegen Ausscheidung (Tag) wird eine lineare Korrelation der kleinsten Quadrate berechnet. Steigung und Achsenabschnitt der Geraden werden als Gesamtausscheidungskonstante (k2) und natürlicher Logarithmus der abgeleiteten Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,d) angegeben (für nähere Informationen siehe Anlagen 5 und 7). Sollte dies nicht möglich sein, da die Konzentrationen unter die Quantifizierungsgrenze für die zweite Ausscheidungsprobe fallen, kann eine konservative Schätzung von k2 durchgeführt werden (siehe Anlage 7).
Die Abweichungen in der Steigung und im Achsenabschnitt der Geraden werden nach statistischen Standardverfahren berechnet, und die 90 %- (oder 95 %)-Konfidenzintervalle um diese Ergebnisse werden bewertet und dargestellt.
Ferner wird die gemessene mittlere Konzentration in den Fischen am letzten Tag der Aufnahme (gemessene Konzentration zum Zeitpunkt Null, C0,m) berechnet und mit dem abgeleiteten Wert C0,d verglichen. Ist der abgeleitete Wert geringer als der gemessene Wert, kann die Differenz auf das Vorhandensein von unverdautem dotiertem Futter im Darm hindeuten. Ist der abgeleitete Wert wesentlich höher als der gemessene Wert, kann dies ein Anzeichen dafür sein, dass der abgeleitete Wert aus der linearen Regression der Ausscheidungsdaten falsch ist und neu bewertet werden muss (siehe Anlage 7).

Ausscheidungsrate und Biomagnifikationsfaktor

Zur Errechnung des Biomagnifikationsfaktors aus den Daten sollte zunächst die Assimilationseffizienz (Absorption des Prüfstoffs im Darm, α) bestimmt werden. Hierzu sollte die Gleichung A7.1 in Anlage 7 verwendet werden, wobei die abgeleitete Konzentration in den Fischen zum Zeitpunkt Null der Ausscheidungsphase (C0,d), die (Gesamt-)Ausscheidungskonstante (k2), die Konzentration im Futter (CFutter), die Futteringestionskonstante (I) und die Dauer der Aufnahmephase (t) bekannt sein müssen. Die Steigung und der Achsenabschnitt der linearen Beziehung zwischen dem natürlichen Logarithmus der Konzentration und dem Ausscheidungszeitpunkt werden als Gesamtausscheidungskonstante (k2 = Steigung) und Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,d = eAchsenabschnitt) wie oben angegeben. Die abgeleiteten Werte sollten auf biologische Plausibilität geprüft werden (z. B. Assimilationseffizienz ist als Bruchteil nicht größer als 1). (I) wird durch Division der Masse des Futters durch die Masse des täglich gefütterten Fisches (wird dieser im Wert von 2 % seines Körpergewichts gefüttert, entspricht (I) 0,02) berechnet. Jedoch sollte die für die Berechnung verwendete Fütterungsrate um das Fischwachstum korrigiert werden (eventuell unter Verwendung der bekannten Wachstumskonstanten zur Schätzung des Fischgewichts zu jedem Zeitpunkt während der Aufnahmephase; siehe Anlage 7). In Fällen, in denen k2 und C0,d nicht berechnet werden können, weil bei der zweiten Ausscheidungsprobe die Konzentrationen beispielsweise unter die Nachweisgrenze gefallen sind, kann eine konservative Schätzung von k2 und eines „oberen“ BMFk vorgenommen werden (siehe Anlage 7).

Nachdem die Assimilationseffizienz (α) bestimmt wurde, kann der Biomagnifikationsfaktor durch Multiplikation von α mit der Ingestionskonstante (I) und Division durch die (Gesamt-)Ausscheidungskonstante (k2) berechnet werden. Der wachstumskorrigierte Biomagnifikationsfaktor wird auf dieselbe Weise berechnet, jedoch anhand der wachstumskorrigierten Ausscheidungskonstanten (k2g; siehe Nummern 162 und 163). Eine alternative Schätzung der Assimilationseffizienz kann abgeleitet werden, wenn die Gewebeanalyse an den in der frühen, linearen Phase der Aufnahmephase entnommenen Fischen durchgeführt wurde; siehe Nummer 151 und Anlage 7. Dieser Wert entspricht einer unabhängigen Schätzung der Assimilationseffizienz bei einem im Wesentlichen nicht exponierten Organismus (d. h. Fische ganz am Anfang der Aufnahmephase). Die anhand der Ausscheidungsdaten geschätzte Assimilationseffizienz wird in der Regel zur Berechnung des BMF herangezogen.

Lipidkorrektur und Korrektur um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum

Das Fischwachstum während der Ausscheidungsphase kann die gemessenen Stoffkonzentrationen in den Fischen verringern, wodurch die Gesamtausscheidungskonstante (k2) größer ist als sie es bei den Ausscheidungsprozessen (z. B. Atmung, Metabolismus, Egestion) alleine wäre (siehe Nummer 72). Der Lipidgehalt der Prüffische (der eng mit der Bioakkumulation hydrophober Stoffe in Zusammenhang steht) und der Lipidgehalt des Futters können in der Praxis derart variieren, sodass eine Korrektur notwendig ist, um sinnvolle Biomagnifikationsfaktoren zu erhalten. Der Biomagnifikationsfaktor sollte um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum (wie der kinetische BCF bei der Methode mit aquatischer Exposition) und den Lipidgehalt des Futters im Vergleich zu dem des Fisches (Lipidkorrekturfaktor) korrigiert werden. Gleichungen und Beispiele für diese Berechnungen finden sich in Anlage 5 bzw. Anlage 7.

Zwecks Korrektur um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum sollte die wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante (k2g) berechnet werden (siehe Anlage 5 für Gleichungen). Diese wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante (k2g) wird verwendet, um den wachstumskorrigierten Biomagnifikationsfaktor zu berechnen (siehe Nummer 73). In bestimmten Fällen ist dieser Ansatz nicht möglich. Ein alternativer Ansatz, der die Notwendigkeit einer Korrektur um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum umgeht, besteht in der Verwendung von Daten über die Prüfstoffmasse pro Fisch (Ganzfische) bei der Ausscheidung anstelle der üblichen Daten zur Prüfstoffmasse pro Fischmasseneinheit (Konzentration). Diese Berechnung ist einfach, da Prüfungen nach dieser Methode die protokollierten Gewebekonzentrationen mit dem Gewicht der einzelnen Tiere korreliert werden. Dieses einfache Verfahren wird in Anlage 5 beschrieben. Es ist zu beachten, dass k2 auch bei Anwendung dieses alternativen Ansatzes geschätzt und angegeben werden sollte.

Zwecks Korrektur um den Lipidgehalt des Futters und der Fische, wenn die Lipidanalyse nicht bei allen beprobten Fischen durchgeführt wurde, werden die mittleren Lipidfraktionen (w/w) in den Fischen und im Futter berechnet . Der Lipidkorrekturfaktor (Lc wird sodann durch Division der mittleren Lipidfraktion der Fische durch die mittlere Lipidfraktion des Futters berechnet. Der Biomagnifikationsfaktor (ggf. wachstumskorrigiert) wird durch den Lipidkorrekturfaktor dividiert, um den lipidkorrigierten Biomagnifikationsfaktor zu berechnen.

Wurde die Stoff- und Lipidanalyse an jedem Probenahmezeitpunkt an ein und denselben Fischen durchgeführt, können die lipidkorrigierten Gewebedaten für einzelne Fische zur direkten Berechnung eines lipidkorrigierten BMF verwendet werden (siehe (37)). Die Kurve der Daten über die lipidkorrigierte Konzentration ergibt C0,d (bezogen auf die Lipide) und k2. Anschließend kann die mathematische Analyse nach den Gleichungen in Anlage 7 erfolgen, die Assimilationseffizienz (a) wird jedoch anhand der lipidstandardisierten Futteringestionskonstante (ILipid) und der auf die Lipide bezogenen Konzentration im Futter (CFutter-Lipid) berechnet. Die lipidkorrigierten Parameter werden sodann in ähnlicher Weise verwendet, um den BMF zu berechnen (es ist zu beachten, dass die Korrektur um die Wachstumskonstante auch auf die Lipidfraktion und nicht auf das Nassgewicht der Fische angewendet werden sollte, um den lipid- und wachstumskorrigierten BMFKgL zu berechnen).

Interpretation der Ergebnisse

Das durchschnittliche Wachstum sollte bei Prüf- und Kontrollgruppen grundsätzlich nicht allzu stark variieren, um toxische Wirkungen auszuschließen. Die Wachstumskonstanten oder die Wachstumskurven der beiden Gruppen sollten nach einem geeigneten Verfahren miteinander verglichen werden ).

Prüfbericht

Nach Abschluss des Versuchs ist ein Schlussbericht mit Angaben zu Prüfstoff, Prüfspezies und Prüfbedingungen (siehe Nummer 81 und Methode mit aquatischer Exposition) zu erstellen. Daneben sind folgende Angaben erforderlich:

Prüfstoff:

Angaben zur Stabilität des Prüfstoffs im zubereiteten Futter;

Prüfbedingungen:

Nominale Stoffkonzentration im Futter, Dotierungsverfahren, Menge des für die Futterdotierung verwendeten (Lipid-)Vehikels, Messungen der Prüfstoffkonzentration im dotierten Futter bei jeder Analyse (mindestens dreifach vor Versuchsbeginn sowie am Ende der Aufnahme) und Mittelwerte;
Art und Qualität des Trägeröls oder -lösungsmittels (Güte, Lieferant usw.), das für die Futterdotierung verwendet wird;
verwendete Futterart (Sofortanalyse , Güte oder Qualität, Lieferant usw.), Fütterungsrate in der Aufnahmephase, verabreichte Futtermenge und Häufigkeit der Fütterung (einschließlich Anpassungen je nach Gewicht der beprobten Fische);
Zeitpunkt, an dem die Fische für die Stoffanalyse entnommen und getötet wurden (z. B. 1 Stunde vor der Fütterung am folgenden Tag), nach Probenahmezeitpunkten;

Ergebnisse:

Ergebnisse aus etwaigen Vorversuchen;
Beschreibung etwaiger festgestellter Schadwirkungen;
vollständige Beschreibung aller angewandten chemischen Analyseverfahren, einschließlich Nachweis- und Quantifizierungsgrenzen, Variabilität und Wiederfindung;
gemessene Lipidkonzentrationen im Futter (dotiertes Futter und Kontrollfutter), individuelle Werte, Mittelwerte und Standardabweichungen;
tabellarisch dargestellte Daten zu Fischgewicht (und Fischlänge), bezogen auf einzelne Fische, sowohl für die Kontroll- als auch die Prüfgruppe (z. B. mittels individuellen Kenncodes für die einzelnen Fische) und Berechnungen, abgeleitete Wachstumskonstante(n) und 95 %-Konfidenzintervalle;
tabellarisch dargestellte Daten zur Prüfstoffkonzentration in den Fischen, mittlere gemessene Konzentration am Ende der Aufnahme (C0,m) und abgeleitete (Gesamt-)Ausscheidungskonstante (k2) und Konzentration in den Fischen zu Beginn der Ausscheidungsphase (C0,d), zusammen mit den Varianzen in diesen Werten (Steigung und Achsenabschnitt);
tabellarisch dargestellte Daten zum Lipidgehalt der Fische (ggf. aufgelistet nach spezifischen Stoffkonzentrationen), Mittelwerte für Prüfgruppe und Kontrolle zu Prüfungsbeginn, am Ende der Aufnahmephase und am Ende der Ausscheidungsphase;
Kurven (einschließlich aller gemessenen Daten), aus denen Folgendes hervorgeht (falls zutreffend, können die Konzentrationen bezogen auf den Ganzkörper des Tiers oder bestimmte Gewebe ausgedrückt werden):

 

— Wachstum (d. h. Fischgewicht (und Fischlänge) im Verhältnis zur Zeit) oder durch natürliches Logarithmieren transformiertes Gewicht im Verhältnis zur Zeit;

— Ausscheidung des Prüfstoffs durch die Fische; und

— durch natürliches Logarithmieren transformierte Konzentration (ln(Konzentration)) im Verhältnis zur Dauer der Ausscheidungsphase (einschließlich der abgeleiteten Ausscheidungskonstanten k2, durch natürliches Logarithmieren abgeleitete Konzentration in den Fischen zu Beginn der Ausscheidungsphase, C0,d);

werden bei einer visuellen Überprüfung einer graphischen Darstellung „Ausreißer“ festgestellt, kann ein statistisch gültiger Ausreißertest durchgeführt werden, um falsche Datenpunkte zu entfernen; die Gründe hierfür sind zu dokumentieren;
berechnete wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante und wachstumskorrigierte Halbwertszeit;
berechnete Assimilationseffizienz (α);
Brutto-BMF (futterbezogen), lipid- und wachstumskorrigierter kinetischer BMF (brutto und lipidkorrigiert auf Basis des Ganzfischnassgewichts), ggf. gewebespezifischer BMF;
etwaige Angaben zu Metaboliten radioaktiv markierter Prüfstoffe und deren Akkumulation;
etwaige Besonderheiten im Zusammenhang mit der Prüfung, etwaige Abweichungen von den genannten Verfahren sowie etwaige anderen relevanten Informationen;
Übersichtstabelle relevanter Mess- und Berechnungsdaten (wie nachfolgend):

 



Stoffspezifische Ausscheidungskonstanten und Biomagnifikationsfaktoren (BMFK)
kg (Wachstumskonstante, Tag– 1):Wert eintragen (95 % CI) (1)
k2 (Gesamtausscheidungskonstante, Tag– 1):Wert eintragen (95 % CI)
k2g (wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante, Tag– 1):Wert eintragen (95 % CI) (1)
C0,m (gemessene Konzentration zum Zeitpunkt Null, Konzentration in den Fischen am Ende der Aufnahmephase) (μg/g):Wert eintragen ± SD (2)
C0,d (abgeleitete Konzentration zum Zeitpunkt Null der Ausscheidungsphase; μg/g):Wert eintragen ± SD (2)
I (festgelegte Futteringestionsrate; g Futter/g Fisch/Tag):Wert eintragen
Ig (effektive Fütterungsrate, wachstumskorrigiert; g Futter/g Fisch/Tag) (2):Wert eintragen ± SD (2)
CFutter (Stoffkonzentration im Futter; μg/g):Wert eintragen ± SD (2)
α (stoffspezifische Assimilationseffizienz):Wert eintragen ± SD (2)
BMFK (kinetischer nahrungsbezogener BMF):Wert eintragen (95 % CI) (1)
BMFK (wachstumskorrigierter kinetischer nahrungsbezogener BMF):Wert eintragen (95 % CI) (1)
t1/2g (wachstumskorrigierte Halbwertzeit, in Tagen):Wert eintragen ± SD (2)
Lc (Lipidkorrekturfaktor):Wert eintragen
BMFKgL (lipidkorrigierter wachstumskorrigierter kinetischer BMF):Wert eintragen
BMFSS-L (indikativer lipidkorrigierter BMF bei stationärem Zustand) (2):Wert eintragen ± SD (2)

(1)    CI: Konfidenzintervall (falls schätzbar)

(2)    SD: Standardabweichung (falls schätzbar)

LITERATURHINWEISE

(1) Kapitel C.13 dieses Anhangs, Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest.

(2) Kapitel A.6 dieses Anhangs, Löslichkeit in Wasser

(3) Li A, Doucette W.J. (1993), The effect of cosolutes on the aqueous solubilities and octanol/water partition coefficients of selected polychlorinated biphenyl congeners. Environ Toxicol Chem 12: 2031-2035

(4) Kapitel A.8 dieses Anhangs, Partition Coefficient (n-octanol/water): Shake Flask Method.

(5) Kapitel A.24 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient n-Oktanol/Wasser, HPLC-Methode.

(6) Kapitel A.23 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient (1-Oktanol/Wasser): Methode zur Prüfung unter langsamem Rühren.

(7) Kapitel C.7 dieses Anhangs, Hydrolyse als Funktion des pH.

(8) (OECD (1997), OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment Number 7: Guidance Document on Direct Phototransformation of Chemicals in Water OCDE/GD(97)21. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Paris, Frankreich.

(9) Kapitel A.5 dieses Anhangs, Oberflächenspannung wässriger Lösungen.

(10) Kapitel A.4 dieses Anhangs, Dampfdruck.

(11) Kapitel C.4 dieses Anhangs, „Leichte“ biologische Abbaubarkeit.

(12) Kapitel C.29 dieses Anhangs, „Leichte“ biologische AbbaubarkeitC.29, Leichte biologische Abbaubarkeit —

(13) Connell D.W. (1988), Bioaccumulation behaviour of persistent chemicals with aquatic organisms. Rev. Environ. Contam. Toxicol. 102: 117-156.

(14) Bintein S., Devillers J. and Karcher W. (1993), Nonlinear dependence of fish bioconcentration on n-octanol/water partition coefficient. SAR QSAR Environ. Res. 1: 29-39.

(15) OECD (2011), QSAR Toolbox 2.1. February 2011. Abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/54/0,3746,en_2649_34379_42923638_1_1_1_1,00.html.

(16) Brown R.S., Akhtar P., Åkerman J., Hampel L., Kozin I.S., Villerius L.A. and Klamer H.J.C. (2001), Partition controlled delivery of hydrophobic substances in toxicity tests using poly(dimethylsiloxane) (PDMS) films. Environ. Sci. Technol. 35: 4097-4102.

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(22) Kapitel C.47 dieses Anhangs, Toxozitätsprüfung an Fischen im frühen Entwicklungsstadium.

(23) Kapitel C.15 dieses Anhangs, Fish, Kurzfristige Toxizitätsprüfung an Embryonen und Jungfischen mit Dottersack.

(24) Kapitel C.14 dieses Anhangs, Fische, Wachstumstest an Jungfischen.

(25) OECD (2000), OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 23: Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures ENV/JM/MONO(2000)6. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Paris, France.

(26) US-EPA (1994), Great Lake water quality initiative technical support document for the procedure to determine bioaccumulation factors 822-R-94-002. US EPA, Office of Water, Office of Science and Technology, Washington, DC, USA.

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(28) US-EPA (1974), Section 5, A (1) Analysis of Human or Animal Adipose Tissue, in Analysis of Pesticide Residues in Human and Environmental Samples, Thompson, J.F., Editor. US-EPA, Research Triangle Park, NC, USA

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(44) Gobas F.A.P.C., de Wolf W., Burkhard L.P., Verbruggen E. and Plotzke K. (2009), Revisiting bioaccumulation criteria for POPs and PBT assessments. Integr. Environ. Assess. Manag. 5: 624-637.

(45) Sijm D.T.H.M. and van der Linde A. (1995), Size-dependent bioconcentration kinetics of hydrophobic organic chemicals in fish based on diffusive mass transfer and allometric relationships. Environ. Sci. Technol. 29: 2769-2777.

(46) Sijm D.T.H.M., Verberne M.E., de Jonge W.J., Pärt P. and Opperhuizen A. (1995), Allometry in the uptake of hydrophobic chemicals determined in vivo and in isolated perfused gills. Toxicol. Appl. Pharmacol. 131: 130-135.

(47) Fisk A.T., Norstrom R.J., Cymbalisty C.D. and Muir D.G.G. (1998), Dietary accumulation and depuration of hydrophobic organochlorines: Bioaccumulation parameters and their relationship with the octanol/water partition coefficient. Environ. Toxicol. Chem. 17: 951-961.

(48) McGrath J.A., Parkerton T.F. and Di Toro D.M. (2004), Application of the narcosis target lipid model to algal toxicity and deriving predicted-no-effect concentrations. Environ. Toxicol. Chem. 23: 2503-2517.

(49) Poppendieck D.G. (2002), Polycyclic Aromatic Hydrocarbon Desorption Mechanisms from Manufactured Gas Plant Site Samples. Dissertation. Department of Civil, Architectural and Environmental Engineering, University of Texas, Austin, Texas, USA.

(50) McCarty L.S. and Mackay D. (1993), Enhancing ecotoxicological modelling and assessment: body residues and modes of toxic action. Environ. Sci. Technol. 27: 1718-1728.

(51) OECD (2012), OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 175: Part I — Validation Report of a ring test for the OECD TG 305 dietary exposure bioaccumulation fish test. Part II — Additional Report including comparative analysis of trout and carp results ENV/JM/MONO(2012)20. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Paris, Frankreich.

Anlage 1

DEFINITIONEN UND EINHEITEN

Assimilationseffizienz (α) – ein Maß für die relative Stoffmenge, die aus dem Darm in den Organismus absorbiert wird (α ist einheitslos, wird jedoch häufig als Prozentsatz und nicht als Bruchteil ausgedrückt).

Aufnahmekonstante (k1) – der numerische Wert, der die Geschwindigkeit des Anstiegs der Konzentration des Prüfstoffs in oder auf den Versuchsfischen (oder bestimmten Geweben dieser Fische) definiert, wenn die Fische diesem Stoff ausgesetzt sind (wobei (k1) in l kg– 1 Tag– 1 angegeben wird).

Ausscheidungs- oder Post-Expositionsphase – die Zeit nach der Umsetzung der Versuchsfische aus dem prüfstoffhaltigen Medium in ein prüfstofffreies Medium, in der der Abbau (oder der Nettoverlust) des Prüfstoffs in den Versuchsfischen (oder bestimmten Geweben dieser Fische) untersucht wird.

Ausscheidungskonstante (k2) – der numerische Wert, der die Geschwindigkeit der Abnahme der Prüfstoffkonzentration in den Versuchsfischen (oder bestimmten Geweben dieser Fische) definiert, der auf die Umsetzung der Versuchsfische aus einem prüfstoffhaltigen Medium in ein prüfstofffreies Medium folgt (wobei k2 in Tag– 1 angegeben wird).

Bioakkumulation – die Anreicherung des Prüfstoffs in einem Organismus auf ein Niveau, das das Konzentrationsniveau im Atmungsmedium (z. B. Wasser für einen Fisch oder Luft für ein Säugetier), im Futter oder in beidem übersteigt (1).

Biokonzentration – die Anreicherung des Prüfstoffs in oder auf einem Organismus (oder bestimmten Geweben dieses Organismus) im Verhältnis zu seiner Konzentration im umgebenden Medium.

Biokonzentrationsfaktor (BCF oder KB) – das Verhältnis (gemessen zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Aufnahmephase dieses Akkumulationstests) der Konzentration des Prüfstoff in/auf den Fischen oder bestimmten Fischgeweben (Cf in mg/kg) zur Konzentration des Prüfstoff im umgebenden Medium (Cw in mg/l), ausgedrückt in l-kg 1. Es ist zu beachten, dass Korrekturen um das Wachstum und/oder einen Standardlipidgehalt nicht berücksichtigt werden.

Biokonzentrationsfaktor bei stationärem Zustand odersteady-state-Biokonzentrationsfaktor (BCFSS) – er ändert sich über einen längeren Zeitraum nicht wesentlich; die Konzentration des Prüfstoffs im umgebenden Medium ist während dieser Zeit konstant (siehe Definition des Begriffs „Stationärer Zustand“).

Biomagnifikation – die Anreicherung des Prüfstoffs in oder auf einem Organismus (oder bestimmten Geweben dieses Organismus) im Verhältnis zu seiner Konzentration im Futter.

Biomagnifikationsfaktor (BMF) – die Konzentration eines Stoffs in einem Prädator (Raubfisch) im Verhältnis zur Konzentration desselben Stoffs in dessen Beute (oder Nahrung) bei stationärem Zustand. Bei der hier beschriebenen Prüfmethode wird die aquatische Exposition sorgfältig vermieden, weshalb ein BMF-Wert aus dieser Prüfmethode nicht unmittelbar mit einem BMF-Wert aus einem Feldversuch (bei dem die aquatische Exposition und die Exposition über das Futter miteinander kombiniert werden können) vergleichbar ist.

Chemikalie – ein Stoff oder Gemisch.

Expositions- oder Aufnahmephase – die Zeit, in der die Fische dem Prüfstoff ausgesetzt sind.

Festphasen-Mikroextraktion (SPME) – ein lösungsmittelfreies Analyseverfahren, das für verdünnte Systeme entwickelt wurde. Bei dieser Methode wird eine polymerbeschichtete Faser der gasförmigen oder flüssigen Phase mit dem untersuchten Analyt ausgesetzt. Im Allgemeinen wird eine Mindestanalysezeit angesetzt, damit in Bezug auf die Prüfspezies Gleichgewichtsbedingungen zwischen der festen und flüssigen Phase hergestellt werden können. Anschließend kann das untersuchte Analyt je nach Nachweisverfahren direkt aus der Faser oder nach Extraktion aus der Faser in ein Lösungsmittel bestimmt werden.

Futterbezogener Biomagnifikationsfaktor (futterbezogener BMF) – innerhalb dieser Prüfmethode verwendeter Begriff zur Beschreibung der Prüfergebnisse bei Exposition über das Futter, während eine Exposition über das Wasser sorgfältig vermieden wird. Daher ist der futterbezogene BMF-Wert aus dieser Prüfmethode nicht unmittelbar mit einem BMF-Wert aus einer Feldstudie (bei der die aquatische Exposition und die Exposition über das Futter miteinander kombiniert werden können) vergleichbar.

Futteringestionsrate (I) – die pro Fisch und Tag aufgenommene durchschnittliche Futtermenge, bezogen auf das geschätzte durchschnittliche Körpergewicht des ganzen Fisches (ausgedrückt in g Futter/g Fisch/Tag).

Gelöster organischer Kohlenstoff (DOC) – ein Maß für die Konzentration des Kohlenstoffs, der aus gelösten organischen Quellen im Prüfmedium stammt.

Gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) – ein Maß für die Konzentration des Kohlenstoffs aus allen organischen Quellen im Prüfmedium, einschließlich partikulären und gelösten Quellen.

Kinetischer Biokonzentrationsfaktor (BCFK) – das Verhältnis der Aufnahmekonstanten, k1, zur Ausscheidungskonstanten, k2 (d. h. k1/k2 — siehe entsprechende Definitionen in dieser Anlage). Im Prinzip sollte der Wert mit dem BCFSS (siehe Definition) vergleichbar sein, es können jedoch Abweichungen auftreten, wenn der stationäre Zustand unsicher war oder der kinetische BCF wachstumskorrigiert wurde.

Lipidnormalisierter kinetischer Biokonzentrationsfaktor (BCFKL) – Standardisierung auf einen Fisch mit einem Lipidgehalt von 5 %.

Lipidnormalisierter wachstumskorrigierter kinetischer Biokonzentrationsfaktor (BCFKgL) – Standardisierung auf einen Fisch mit einem Lipidgehalt von 5 % und Korrektur um das Wachstum während der Versuchsdauer, siehe Anlage 5.

Lipidnormalisierter Biokonzentrationsfaktor im Gleichgewichtszustand (BCFSSL) – Standardisierung auf einen Fisch mit einem Lipidgehalt von 5 %.

Mehrkomponentiger Stoff – im Sinne der REACH-Verordnung definiert als Stoff, der mehrere Hauptkomponenten aufweist, die in einer Konzentration zwischen 10 % und 80 % (w/w) vorhanden sind.

Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (KOW) – das Verhältnis der Löslichkeit eines Stoffs in n-Octanol und Wasser in stabilem Zustand (Methoden A.8 (2), A.24 (3), A.23 (4)); auch als POW bezeichnet. Der Logarithmus von KOW dient als Indikator des Potenzials eines Stoffes zur Biokonzentration in Wasserorganismen.

Partikulärer organischer Kohlenstoff (POC) – ein Maß für die Konzentration von Kohlenstoff aus suspendierten organischen Quellen im Prüfmedium.

Prüfchemikalie – ein Stoff oder ein Gemisch, der bzw. das nach dieser Methode geprüft wird.

Stationärer Zustand oderSteady-state – gilt in der graphischen Darstellung des gegen die Zeit aufgetragenen Prüfstoffs im Fisch (Cf) als erreicht, wenn die Kurve parallel zur Zeitachse verläuft und drei aufeinanderfolgende Cf-Analysen, die an Proben durchgeführt werden, die im Abstand von mindestens zwei Tagen entnommen wurden, um nicht mehr als ± 20 % voneinander abweichen, bzw. wenn es in der Zeit zwischen der ersten und letzten aufeinanderfolgenden Analyse keinen bedeutenden Anstieg von Cf gibt. Werden gepoolte Proben analysiert, sind mindestens vier aufeinanderfolgende Analysen erforderlich. Für Prüfstoffe, die nur langsam aufgenommen werden, ist ein zeitlicher Abstand zwischen den Probenahmen von sieben Tagen geeigneter.

UVCB-Stoffe – Stoffe mit unbekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

LITERATURHINWEISE

(1) Gobas F.A.P.C., de Wolf W., Burkhard L.P., Verbruggen E. and Plotzke K. (2009), Revisiting bioaccumulation criteria for POPs and PBT assessments. Integr. Environ. Assess. Manag. 5: 624-637.

(2) Kapitel A.8 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient (n-Octanol/Wasser): Schüttelmethode.

(3) Kapitel A.24 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient (n-Octanol/Wasser): HPLC-Methode.

(4) Kapitel A.23 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient (1-Octanol/Wasser): Methode mit langsamem Rühren.

Anlage 2

CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN EINES GEEIGNETEN VERDÜNNUNGSWASSERS



KomponenteLimit-Konzentration
Partikel5 mg/l
Gesamter organischer Kohlenstoff2 mg/l
Nicht ionisierter Ammoniak1 μg/l
Restchlor10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor25 ng/l
Aluminium1 μg/l
Arsen1 μg/l
Chrom1 μg/l
Cobalt1 μg/l
Kupfer1 μg/l
Eisen1 μg/l
Blei1 μg/l
Nickel1 μg/l
Zink1 μg/l
Cadmium100 ng/l
Quecksilber100 ng/l
Silber100 ng/l

Anlage 3

FÜR DIE PRÜFUNG EMPFOHLENE FISCHARTEN



Empfohlene ArtenEmpfohlener Prüftemperaturbereich (°C)Empfohlene Gesamtlänge des Versuchstiers (cm) (2)

Danio rerio (1)

(Teleostei, Cyprinidae)

(Hamilton-Buchanan) Zebrafisch

20 - 253,0 ± 0,5

Pimephales promelas

(Teleostei, Cyprinidae)

(Rafinesque) Dickkopfelritze

20 - 255,0 ± 2,0

Cyprinus carpio

(Teleostei, Cyprinidae)

(Linnaeus) Karpfen

20 - 258,0 ± 4,0 (3)

Oryzias latipes

(Teleostei, Poecilliidae)

(Temminck & Schlegel) Reiskärpfling

20 - 254,0 ± 1,0

Poecilia reticulata

(Teleostei, Poeciliidae)

(Peters) Guppy

20 - 253,0 ± 1,0

Lepomis macrochirus

(Teleostei Centrarchidae)

(Rafinesque) Blauer Sonnenbarsch

20 - 255,0 ± 2,0

Oncorhynchus mykiss

(Teleostei Salmonidae)

(Walbaum) Regenbogenforelle

13 - 178,0 ± 4,0

Gasterosteus aculeatus

(Teleostei, Gasterosteidae)

(Linnaeus) Dreistacheliger Stichling

18 - 203,0 ± 1,0

(1)   Meyer et al. (1)

(2)   Es ist zu beachten, dass bei der Prüfung als solcher das Gewicht das bevorzugte Maß für die Berechnung der Größen- und Wachstumskonstanten ist. Es wird jedoch anerkannt, dass die Länge geeigneter ist, wenn die Fische vor Versuchsbeginn visuell (aus der Stammpopulation) ausgewählt werden müssen.

(3)   Dieser Längenbereich ist in den Prüfmethoden für neue chemische Stoffe angegeben und basiert auf dem Chemical Substances Control Law (CSCL) Japans.

Die folgenden Ästuar- und Meeresspezies wurde weniger häufig verwendet:



Augenfleck-Umber(Leiostomus xanthurus)
Edelsteinkärpfling(Cyprinodon variegatus)
Gezeiten-Ährenfisch(Menidia beryllina)
Juwelflussbarsch(Cymatogaster aggregata)
Englische Seezunge(Parophrys vetulus)
Geweihgroppe(Leptocottus armatus)
Dreistacheliger Stichling(Gasterosteus aculeatus)
Seebarsch(Dicentracus labrax)
Ukelei(Alburnus alburnus)

Die in vorstehender Tabelle genannten Süßwasserfische sind leicht zu züchten oder stehen größtenteils ganzjährig zur Verfügung, wohingegen die Verfügbarkeit der Ästuarinen- und Meeresspezies teilweise auf bestimmte Länder beschränkt ist. Diese Arten können in Teichwirtschaften oder im Labor unter krankheits- und parasitenkontrollierten Bedingungen gezüchtet und aufgezogen werden, damit gesunde Versuchstiere bereitstehen, deren Abstammung bekannt ist. Diese Fische sind in vielen Teilen der Welt verfügbar.

LITERATURHINWEISE

(1) Meyer A., Biermann C.H. and Orti G. (1993), The phylogenetic position of the zebrafish (Danio rerio), a model system in developmental biology: An invitation to the comparative method Proc. R. Soc. Lond. B. 252: 231-236.

Anlage 4

PROBENAHMEPLÄNE FÜR PRÜFUNGEN MIT AQUATISCHER EXPOSITION UND MIT EXPOSITION ÜBER DAS FUTTER

1.   Hypothetisches Beispiel eines Probenahmeplans für die vollständige Biokonzentrationsprüfung mit aquatischer Exposition eines Stoffs mit log KOW = 4



Beprobung von FischenProbenahmeplanAnzahl Wasserproben (1)Anzahl Fische je Probe (1)
Erforderliche Mindesthäufigkeit (Tage) (2)Zusätzliche Probenahmen (Tage) (2)
Aufnahmephase
1– 12 (3)4 (4)
0(2)(3 (4))
20,324
0,4(2)(4)
30,624
0,9(2)(4)
41,224
1,7(2)(4)
52,424
3,3(2)(4)
64,724 – 8 (5)
(3 (6))
AusscheidungsphaseUmsetzung der Fische in prüfstofffreies Wasser
75,024
5,3(4)
85,924
7,0(4)
99,324
11,2(4)
1014,024 – 8 (5)
17,5(4 + 3 (6))
INSGESAMT

40 – 72

(48 – 80) (5)

(1)   Die Werte in Klammern entsprechen der Zahl der zu entnehmenden Proben (Wasser, Fische), wenn eine zusätzliche Probenahme durchgeführt wird.

(2)   Die Vorversuchsschätzung von k2 bei einem log KOW von 4,0 ergibt 0,652 Tage– 1. Die Gesamtdauer des Versuchs ist auf 3 × tSS = 3 × 4,6 Tage, d. h. 14 Tage, festgelegt. Für die Schätzung von tSS siehe Anlage 5.

(3)   Die Wasserprobe entnehmen, nachdem mindestens 3 „Kammervolumen“ gezogen wurden.

(4)   Diese Fische werden der Stammpopulation entnommen.

(5)   Sind größere Genauigkeit oder Metabolismusuntersuchungen erforderlich, wozu mehr Fische benötigt werden, sollten diese insbesondere am Ende der Aufnahme- und der Ausscheidungsphase entnommen werden (siehe Nummer 40).

(6)   Zur Analyse des Lipidgehalts können mindestens 3 zusätzliche Fische erforderlich werden, wenn die Fische, die zur Bestimmung der Prüfstoffkonzentrationen zu Beginn des Tests, am Ende der Aufnahmephase und am Ende der Ausscheidungsphase beprobt wurden, nicht verwendet werden können. Es ist zu beachten, dass es in vielen Fällen möglich sein sollte, nur die 3 Kontrollfische zu verwenden (siehe Nummer 56).

2.   Hypothetisches Beispiel eines Probenahmeplans für die Bioakkumulationsprüfung eines Stoffs mit Exposition über das Futter nach 10 Tagen Aufnahme und 42 Tagen Ausscheidung



Probenahme-zeitpunktProbenahmeplanAnzahl FutterprobenAnzahl Fische je Probe
Tag der PhaseZusätzliche Fischproben?PrüfgruppeKontrollgruppe
Aufnahmephase
10Möglich (1) (2)3 — Prüfgruppe05 - 10
3 — Kontrollgruppe (1)(8 – 13) (2)
1A (3)1-35 – 105 – 10
210Ja (4)3 — Prüfgruppe10 – 15 (4)5 – 10
3 — Kontrollgruppe (1)(13 – 18) (5)(8 – 13) (5)
Ausscheidungs-phase
31Ja (4)10 – 15 (4)5 – 10
425 – 105 – 10
545 – 105 – 10
67Ja (4)10 – 15 (4)5 – 10
7145 – 105 – 10
8285 – 105 – 10
942Ja (4)

10 – 15 (4)

(13 – 18) (5)

5 – 10

(8 – 13) (5)

INSGESAMT

59 – 120

(63 – 126) (4) (5)

50 – 110

(56 – 116) (4) (5)

(1)   3 Futterproben aus der Kontroll- und der Prüfgruppe, die auf Prüfstoffkonzentrationen und Lipidgehalt analysiert wurden.

(2)   Die Fische werden möglichst zu Beginn des Versuchs aus der Stammpopulation entnommen; mindestens 3 Fische aus der Stammpopulation sollten zu Versuchsbeginn auf ihren Lipidgehalt untersucht werden.

(3)   Die (optionale) Probenahme zu Beginn der Aufnahmephase liefert Daten für die Berechnung der Assimilation des Prüfstoffs über das Futter, die mit Assimilationseffizienzdaten aus der Ausscheidungsphase verglichen werden können.

(4)   5 zusätzliche Fische können für Gewebeanalysen entnommen werden.

(5)   Zur Analyse des Lipidgehalts können mindestens 3 zusätzliche Fische erforderlich werden, wenn die Fische, die zur Bestimmung der Prüfstoffkonzentrationen bei Versuchsbeginn, am Ende der Aufnahmephase und am Ende der Ausscheidungsphase beprobt wurden, nicht verwendet werden können. Es ist zu beachten, dass es in vielen Fällen möglich sein sollte, nur die 3 Kontrollfische zu verwenden (siehe Nummern 56 und 153).

Anmerkung zu Phasen und Probenahmezeitpunkten: Die Aufnahmephase beginnt mit der ersten Veabreichung des dotierten Futters. Ein Versuchstag reicht von einer Fütterung bis kurz vor die nächste Fütterung 24 Stunden später. Die erste Probenahme (1 in der Tabelle) sollte kurz vor der ersten Fütterung (z. B. 1 Stunde früher) erfolgen. Im Rahmen eines Versuchs sollte die Probenahme idealerweise kurz vor der Fütterung am Folgetag (d. h. ca. 23 Stunden nach der Fütterung am Probenahmetag) durchgeführt werden. Die Aufnahmephase endet kurz vor der ersten Verabreichung des undotierten Futters, wenn die Ausscheidungsphase beginnt (es muss davon ausgegangen wrden, dass die Fische aus der Prüfgruppe das dotierte Futter in den dazwischenliegenden 24 Stunden seit der letzten Fütterung mit dotiertem Futter wahrscheinlich noch verdauen). Dies bedeutet, dass die Probe am Ende der Aufnahmephase kurz vor der ersten Verfütterung des undotierten Futters und die erste Probe der Ausscheidungsphase ungefähr 23 Stunden nach der ersten Verfütterung des undotierten Futters entnommen werden sollte.

Anlage 5

ALLGEMEINE BERECHNUNGEN

1.
Einleitung
2.
Vorabschätzung der Dauer der Aufnahmephase
3.
Vorabschätzung der Dauer der Ausscheidungsphase
4.
Sequentielle Methode: Bestimmung der Ausscheidungs-(Eliminations-)konstanten k2
5.
Sequenzielle Methode: Bestimmung der Aufnahmekonstanten k1 (nur bei aquatischer Exposition)
6.
Simultane Methode für die Berechnung der Aufnahme- und der Ausscheidungskonstanten (nur bei aquatischer Exposition)
7.
Korrektur um den Effekt der die Verdünnung durch Wachstum zur Bestimmung des kinetischen BCF und des BMF
8.
Standardisierung des Lipidgehalts auf 5 % (nur bei aquatischer Exposition)

1.   EINLEITUNG

Das allgemeine Modell für Bioakkumulation in Fischen im aquatischen Milieu beschreibt den Aufnahme- und den Ausscheidungsprozess; die Aufnahme des Prüfstoffs über das Futter wird dabei ignoriert. Die Differentialgleichung (dCf/dt) zur Beschreibung der Rate der Veränderung der Konzentration im Fisch (mg·kg– 1·Tag– 1) wird angegeben durch (1):



[Gleichung A5.1]

Dabei gilt:

k1=Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung der Aufnahme des Stoffes durch den Fisch (l·kg– 1·Tag-1).
k2=Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung der Ausscheidung durch den Fisch (Tag– 1).
kg=Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung des Fischwachstums (Effekt der Verdünnung durch Wachstum) (Tag– 1)
km=Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung der metabolischen Umwandlung (Tag– 1)
km=Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung der Egestion (Tag– 1)
Cw=Konzentration in Wasser (mg·l– 1).
Cf=Konzentration im Fisch (mg·kg– 1 Nassgewicht).

Bei bioakkumulierenden Substanzen kann davon ausgegangen werden, dass ein zeitgewichteter Durchschnitt (time-weighted average, TWA) innerhalb des zulässigen Schwankungsbereichs die relevanteste Expositionskonzentration in Wasser (Cw) ist (siehe Nummer 24). Es wird empfohlen, nach dem Verfahren in Anlage 6 der Prüfmethode TM C.20 (2) einen TWA für die Wasserkonzentration zu berechnen. Es wird darauf hingewiesen, dass die logarithmische Umwandlung der Konzentration im Wasser sinnvoll ist, wenn ein exponentieller Zerfall zwischen Erneuerungsphasen erwartet wird, z. B. bei semistatischem Versuchsaufbau. In einem Durchflusssystem ist die logarithmische Umwandlung der Expositionskonzentrationen u. U. nicht notwendig. Werden zeitgewichtete Durchschnittswerte der Wasserkonzentrationen berechnet, sollten diese angegeben und für die nachfolgenden Berechnungen verwendet werden.

Bei einem Standard-BCF-Fischtest lassen sich Aufnahme und Ausscheidung als zwei kinetische Prozesse erster Ordnung beschreiben.



Aufnahmerate = k1 × Cw[Gleichung A5.2]
Gesamtausscheidungsrate = (k1 + kg + km + ke) × Cf[Gleichung A5.3]

Bei stationärem Zustand und davon ausgehend, dass Wachstum und Metabolisierung unerheblich sind (d. h. die Werte für kg und km sind nicht von Null zu unterscheiden), entspricht die Aufnahmerate der Ausscheidungsrate, sodass die Gleichungen A5.2 und A5.3 kombiniert Folgendes ergeben:



[Gleichung A5.4]

Dabei gilt:

Cf-SS=Konzentration im Fisch bei stationärem Zustand (mg kg– 1 Nassgewicht).
Cw-SS=Konzentration im Wasser bei stationärem Zustand (mg l– 1).

Der Quotient k1/k2 wird als kinetischer BCF (BCFK) bezeichnet und sollte dem BCF bei stationärem Zustand (BCFSS) entsprechen, der aus dem Verhältnis der Konzentration im Fisch bei stationärem Zustand zur Konzentration im Wasser errechnet wurde. Jedoch können Abweichungen auftreten, wenn der stationäre Zustand unsicher ist oder wenn der kinetische BCF wachstumskorrigiert wurde. Da k1 und k2 jedoch Konstanten sind, braucht zur Ableitung eines BCFK kein stationärer Zustand erreicht zu werden.

Gestützt auf diese Gleichungen erster Ordnung enthält Anlage 5 die allgemeinen Berechnungen, die sowohl für die Bioakkumulationsmethode mit aquatischer Exposition als auch für die Bioakkumulationsmethode mit Exposition über das Futter erforderlich sind. Die Abschnitte 5, 6 und 8 sind zwar nur für die Methode mit aquatischer Exposition relevant, werden jedoch als „allgemeine“ Verfahren miteinbezogen. Die sequenziellen Methoden (Abschnitte 4 und 5) und die Simultanmethode (Abschnitt 6) ermöglichen die Berechnung von Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten, die zur Ableitung kinetischer BCF verwendet werden. Die sequenzielle Methode für die Bestimmung von k2 (Abschnitt 4) ist für die futterbezogene Methode wichtig, da sie sowohl zur Berechnung der Assimilationseffizienz als auch des BMF benötigt wird. Anlage 7 enthält konkrete Berechnungsvorschriften für die futterbezogene Methode.

2.   VORABSCHÄTZUNG DER DAUER DER AUFNAHMEPHASE

Vor der Durchführung des Versuchs kann auf Basis empirischer Beziehungen zwischen k2 und dem n-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten (KOW) bzw. zwischen k1 und BCF ein Schätzwert für k2 und somit eine Prozentziffer für die zum Erreichen des stationären Zustands benötigten Zeit abgeleitet werden. Es ist jedoch zu beachten, dass die Gleichungen in diesem Abschnitt nur für den Fall gelten, dass Aufnahme und Ausscheidung der Kinetik erster Ordnung folgen. Ist dies eindeutig nicht der Fall, empfiehlt es sich, den Rat eines Biostatistikers und/oder Pharmakokinetikers einzuholen, um die Aufnahmephase vorabzuschätzen.

k2 (Tag– 1) lässt sich nach verschiedenen Methoden schätzen. Beispielsweise könnten als erstes die folgenden empirischen Beziehungen herangezogen werden :



log k2 = 1,47 – 0,414logKOW(r2 = 0,95) [(3); Gleichung A5.5]

oder



[Gleichung A5.6]
Dabei gilt: k1 = 520 × W– 0,32 (für Stoffe mit log KOW > 3)(r2 = 0,85) [(4); Gleichung A5.7]
und (r2 = 0,90) [(5); Gleichung A5.8]

W = mittleres Gewicht des behandelten Fisches (Nassgewicht in g) am Ende der Aufnahme/zu Beginn der Ausscheidung 

Siehe (6) für andere verwandte Beziehungen. Es kann von Vorteil sein, für die Schätzung von k2 komplexere Modelle zu verwenden, beispielsweise wenn mit einer erheblichen Metabolisierung gerechnet werden muss (7) (8). Da dieses Modell jedoch komplexer ist, sollten Vorabschätzungen mit Vorsicht ausgewertet werden. Das Vorhandensein von Nitro-Gruppen könnte auf eine schnelle Metabolisierung hindeuten, was aber nicht immer der Fall ist. Daher sollte der Anwender die Ergebnisse prädiktiver Methoden bei der Planung einer Studie gegen Informationen zur chemischen Struktur und andere relevante Informationen (z. B. aus Vorversuchen) abwägen.

Die bis zum Erreichen eines bestimmten Prozentsatzes des stationären Zustands erforderliche Zeit lässt sich — durch Anwendung des Schätzwertes k2- — aus der allgemeinen kinetischen Gleichung zur Beschreibung von Aufnahme und Elimination (Kinetik erster Ordnung) ableiten, wobei davon ausgegangen wird, dass Wachstum und Metabolisierung unerheblich sind. Kommt es während des Versuchs zu erheblichem Wachstum, sind die nachfolgend beschriebenen Schätzungen nicht zuverlässig. In solchen Fällen ist die Anwendung des wachstumskorrigierten k2g vorzuziehen, wie weiter unten beschrieben (siehe Abschnitt 7 dieser Anlage):



[Gleichung A5.9]

oder, wenn Cw konstant ist:



[Gleichung A5.10]

Bei Annäherung an den stationären Zustand (t → ∞) kann Gleichung A5.10 gekürzt werden (vgl. (9)(10)) zu



[Gleichung A5.11]

oder



[Gleichung A5.12]

BCF × Cw ist somit eine Annäherung an die Konzentration im Fisch bei stationärem Zustand (Cf-SS). [Anm.: Der gleiche Ansatz kann auch bei der futterbezogenen Prüfung zur Schätzung eines BMF bei stationärem Zustand angewendet werden. In diesem Fall wird in den obigen Gleichungen der BCF durch den BMF und Cw durch CFutter, der Konzentration im Futter, ersetzt]

Gleichung A5.10 kann umformuliert zu



[Gleichung A5.13]

oder



[Gleichung A5.14]

Bei Anwendung von Gleichung A5.14 kann die Zeit bis zum Erreichen eines gewissen Prozentsatzes des stationären Zustands vorausgeschätzt werden, wenn k2 zuvor nach den Gleichungen A5.5 oder A5.6 geschätzt wurde.

Als Richtschnur gilt, dass die für die Ableitung statistisch brauchbarer Daten (BCFK) statistisch optimale Aufnahmedauer der Zeit entspricht, die benötigt wird, damit die gegen die lineare Zeit aufgetragene Logarithmuskurve der Prüfstoffkonzentration in den Fischen mindestens 50 % des stationären Zustands (d. h. 0,69/k2), jedoch nicht mehr als 95 % des stationären Zustands (d. h. 3,0/k2) erreicht (11). Geht die Akkumulation über 95 % des stationären Zustands hinaus, kann ein BCFSS berechnet werden.

Die Zeit bis zum Erreichen eines 80 %igen stationären Zustands entspricht (nach Gleichung A5.14)



[Gleichung A5.15]

oder



[Gleichung A5.16]

Gleichermaßen gilt für einen 95 %igen stationären Zustand:



[Gleichung A5.17]

Demnach entspräche beispielsweise die Dauer der Aufnahmephase (d. h. die Zeit bis zum Erreichen eines bestimmten Prozentsatzes des stationären Zustands, z. B. t80 oder t95) für einen Prüfstoff mit log KOW = 4 (unter Anwendung der Gleichungen A5.5, A5.16 und A5.17):

logk2 = 1,47 – 0,414 · 4

k2 = 0,652 Tage– 1

oder

Alternativ kann die Formel



teSS = 6,54 · 10 – 3 · KOW + 55,31 (Stunden)[Gleichung A5.18]

angewendet werden, um die Zeit bis zum Erreichen des tatsächlichen stationären Zustands (teSS) zu berechnen (12). Für einen Prüfstoff mit log KOW = 4 ergibt dies

teSS = 6,54 · 10 – 3 · 104 + 55,31 = 121 Stunden

3.   VORABSCHÄTZUNG DER DAUER DER AUSSCHEIDUNGSPHASE

Die Zeit, die zur Reduzierung der Körperbelastung auf einen gewissen Prozentsatz der Anfangskonzentration benötigt wird, lässt sich ebenfalls nach der allgemeinen kinetischen Gleichung über die Aufnahme und Ausscheidung (wobei eine Kinetik erster Ordnung vorausgesetzt wird, siehe Gleichung A5.9) vorabschätzen (1) (13).

Für die Ausscheidungsphase wird Cw (oder CFutter für die futterbezogene Prüfung) als Null angenommen. Die Gleichung kann reduziert werden auf



[Gleichung A5.19]

oder



[Gleichung A5.20]

wobei Cf,0 der Konzentration zu Beginn der Ausscheidungsphase entspricht.

Eine 50 %ige Ausscheidung wird erreicht zum Zeitpunkt (t50):

oder

Gleichermaßen wird eine 95 %ige Ausscheidung erreicht zum Zeitpunkt

Bei 80 %igen Aufnahme in der ersten Phase (1,6/k2) und 95 %igen Elimination in der Ausscheidungsphase (3,0/k2) wird die Ausscheidungsphase ungefähr doppelt solange dauern wie die Aufnahmephase.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Schätzungen auf der Annahme beruhen, dass die Aufnahme- und Ausscheidungsmuster einer Kinetik erster Ordnung folgen. Wenn es sich jedoch eindeutig nicht um eine Kinetik erster Ordnung handelt, sind diese Schätzungen ungültig.

4.   SEQUENTIELLE METHODE: BESTIMMUNG DER AUSSCHEIDUNGS-(ELIMINATIONS-)KONSTANTEN K2

Bisher wurde davon ausgegangen, dass sich die meisten Biokonzentrationsdaten mit einem einfachen 2-Kammer/2-Parameter-Modell hinreichend gut beschrieben lassen, wie die gradlinige Kurve, die die Punkte für die Konzentrationen in den Fischen (auf einer logarithmischen Skala) während der Ausscheidungsphase annähert, zeigt.

Es ist zu beachten, dass Abweichungen von einer Geraden auf ein komplexeres Ausscheidungsmuster als eine Kinetik erster Ordnung hindeuten können. Für eine Auswertung von Ausscheidungsvorgängen, die von der Kinetik erster Ordnung abweichen, kann eine graphische Methode angewandt werden.

Zur Berechnung von k2 für mehrere (Probenahme-)Zeitpunkte ist eine lineare Regression von ln(Konzentration) gegen die Zeit durchzuführen. Die Steigung der Regressionskurve entspricht einer Schätzung der Ausscheidungskonstanten k2 . Anhand des Achsenabschnitts lässt sich die mittlere Konzentration in den Fischen zu Beginn der Ausscheidungsphase (C0,d; entspricht der mittleren Konzentration am Ende der Aufnahmephase) leicht berechnen (einschließlich Fehlergrenzen) (88) :



C0,d = eAchsenabschnitt[Gleichung A5.21]

Gibt es nur zwei (Probenahme-)Zeitpunkte (wie beim minimierten Versuchsplan), werden zur Berechnung von k2 die zwei durchschnittlichen Konzentrationen in der folgenden Gleichung ersetzt:



[Gleichung A5.22]

Dabei sind lnCf1) und lnCf2) die natürlichen Logarithmen der Konzentrationen zu den Zeitpunkten t1 bzw. t2, und t2 und t1 entsprechen den Zeitpunkten im Verhältnis zum Beginn der Ausscheidung, an dem die beiden Probenahmen erfolgt sind .

5.   SEQUENZIELLE METHODE: BESTIMMUNG DER AUFNAHMEKONSTANTEN K1 (NUR BEI AQUATISCHER EXPOSITION)

Für die Bestimmung von k1 auf Basis eines vorhandenen Satzes von über die Zeit ermittelten Konzentrationsdaten für die Aufnahmephase ist ein für folgendes Modell geeignetes Computerprogramm anzuwenden:



[Gleichung A5.23]

wobei k2 aus der vorangegangenen Berechnung stammt und Cf(t) und Cw(t) den Konzentrationen in den Fischen bzw. im Wasser zum Zeitpunkt t entsprechen.

Gibt es nur zwei (Probenahme-)zeitpunkte (wie beim minimierten Versuchsplan), ist zur Berechnung von k1 folgende Formel anzuwenden:



[Gleichung A5.24]

wobei k2 aus der vorangegangenen Berechnung stammt und Cf der Konzentration in den Fischen zu Beginn der Ausscheidungsphase und Cw der mittleren Konzentration im Wasser während der Aufnahmephase entsprechen .

Durch visuelle Überprüfung der Steigungen von k1 und k2, die gegen die Daten der gemessenen Probenahmepunkte aufgetragen werden, kann die Anpassungsgüte (Goodness-of-Fit) bewertet werden. Sollte es sich herausstellen, dass die sequenzielle Methode zu einer unzulänglichen Schätzung von k1 führt, sollte die simultane Methode zur Berechnung von k1 und k2 angewendet werden (siehe Abschnitt 6). Auch hier sollten die resultierenden Steigungen visuell mit den graphisch dargestellten Messdaten verglichen werden, um die Anpassungsgüte zu gewährleisten. Ist letztere weiterhin unzulänglich, kann dies darauf hindeuten, dass eine Kinetik erster Ordnung nicht zutrifft und andere, komplexere Modelle angewendet werden sollten.

6.   SIMULTANE METHODE FÜR DIE BERECHNUNG DER AUFNAHME- UND DER AUSSCHEIDUNGSKONSTANTEN (NUR BEI AQUATISCHER EXPOSITION)

Computerprogramme können auf Basis eines Satzes von über die Zeit ermittelten Konzentrationsdaten und dem Modell für die Bestimmung von k1 und k2 verwendet werden:



0 < t < tc[Gleichung A5.25]
t > tc[Gleichung A5.26]

Dabei gilt:

tc=Zeitpunkt am Ende der Aufnahmephase.

Aus diesem Ansatz ergeben sich unmittelbar die Standardfehler für die Schätzungen von k1 und k2. Wenn k1/k2 in den Gleichungen A5.25 und A5.26 durch den BCF (siehe Gleichung A5.4) ersetzt wird, können der Standardfehler und das 95 %-Konfidenzintervall des BCF ebenfalls geschätzt werden. Dies ist insbesondere nützlich, wenn aufgrund einer Datenumwandlung verschiedene Schätzwerte verglichen werden. Die abhängige Variable (Fischkonzentration) kann mit oder ohne logarithmische Umwandlung angepasst und die resultierende BCF-Unsicherheit kann bewertet werden.

Da zwischen den beiden Parametern k1 und k2 bei gleichzeitiger Schätzung eine starke Korrelation besteht, empfiehlt es sich, k2 zunächst nur anhand der Ausscheidungsdaten (siehe oben) zu berechnen; k2 kann in den meisten Fällen mit relativ hoher Genauigkeit anhand der Ausscheidungskurve geschätzt werden. Anschließend kann k1 unter Anwendung einer nichtlinearen Regression anhand der Aufnahmedaten berechnet werden . Es empfiehlt sich, die Daten bei der sequenziellen Anpassung gleichermaßen umzuwandeln.

Durch visuelle Überprüfung der resultierenden Steigungen, die gegen die Daten der gemessenen Probenahmepunkte aufgetragen werden, kann die Anpassungsgüte (Goodness-of-Fit) bewertet werden. Sollte es sich herausstellen, dass diese Methode zu einer unzulänglichen k1-Schätzung führt, sollten k1 und k2 nach der simultanen Methode berechnet werden. Zur visuellen Überprüfung der Anpassungsgüte sollte das angepasste Modell wiederum mit den graphisch dargestellten Messdaten verglichen werden, und die resultierenden Parameterschätzungen für k1, k2 und den resultierenden BCF sowie die Standardfehler und/oder Konfidenzintervalle nach Anpassungsarten verglichen werden.

Eine unzulängliche Anpassungsgüte kann darauf hindeuten, dass eine Kinetik erster Ordnung nicht zutrifft und andere komplexere Modelle angewandt werden sollten. Eine der häufigsten Komplikationen besteht darin, dass die Fische während des Tests wachsen.

7.   KORREKTUR UM DEN EFFEKT DER VERDÜNNUNG DURCH WACHSTUM ZUR BESTIMMUNG DES KINETISCHEN BCF UND DES BMF

In diesem Abschnitt wird eine Standardmethode für die Korrektur um das Fischwachstum während der Prüfung (so genannter Effekt der Verdünnung durch Wachstum) beschrieben, die nur gültig ist, wenn eine Kinetik erster Ordnung zutrifft. Falls es Anzeichen dafür gibt, dass eine Kinetik erster Ordnung nicht zutrifft, empfiehlt es sich, den Rat eines Biostatistikers zur Korrektur um die Verdünnung durch Wachstum einzuholen oder den nachstehend beschriebenen massebasierten Ansatz anzuwenden.

In bestimmten Fällen mangelt diese Methode für die Korrektur um die Verdünnung durch Wachstum an Genauigkeit oder funktioniert nicht (z. B. kann bei sehr langsam ausgeschiedenen Stoffen, die an schnell wachsenden Fischen analysiert werden, die abgeleitete und um die Verdünnung durch Wachstum korrigierte Ausscheidungskonstante k2g sehr gering sein, sodass der Fehler bei den beiden Konstanten, die für die Ableitung herangezogen wurden, kritisch werden kann und in einigen Fällen kg höher geschätzt wird als k2). In solchen Fällen kann ein alternativer Ansatz (d. h. ein Massenansatz) angewendet werden, der auch dann funktioniert, wenn eine Kinetik erster Ordnung nicht zutrifft, weshalb der Korrekturbedarf entfällt. Dieser Ansatz wird am Ende dieses Abschnitts beschrieben.

Methode für die Korrektur um das Wachstum durch Subtraktion der Wachstumsrate

Bei der Standardmethode werden die individuellen Gewichts- und Längendaten in natürliche Logarithmen umgewandelt und ln(Gewicht) oder ln(1/Gewicht) wird gegen die Zeit (Tag) für Prüf- und Kontrollgruppen gesondert aufgetragen. Dasselbe Verfahren wird für die Daten aus der Aufnahme- und Ausscheidungsphase separat durchgeführt. Allgemein sollten bei der Korrektur um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum eher die Gewichtsdaten aus der gesamten Studie verwendet werden, um die Wachstumskonstante (kg) abzuleiten. Doch können statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Wachstumskonstanten, die für die Aufnahme- und Ausscheidungsphase abgeleitet werden, darauf hindeuten, dass die Ausscheidungskonstante verwendet werden sollte. Anhand der Gesamtwachstumsraten für die Prüf- und Kontrollgruppen aus den Versuchen mit aquatischer Exposition lassen sich behandlungsbedingte Wirkungen kontrollieren.

Für jede Gruppe (Prüf- und Kontrollgruppen, Einzeldaten, keine täglichen Mittelwerte) sowie für den gesamten Versuch, die Aufnahme- und die Ausscheidungsphase wird nach statistischen Verfahren eine lineare Korrelation der kleinsten Quadrate für ln(Fischgewicht) bezogen auf die zur Zeit (Tag) (und für ln(1/Gewicht) bezogen auf die Zeit) berechnet. Die Varianzen in den Steigungen der Kurven werden berechnet und herangezogen, um nach dem Student-t-Test (oder ANOVA, wenn mehr als eine Konzentration geprüft wird) die statistische Signifikanz (p = 0,05) der Differenz bei den Steigungen (Wachstumskonstanten) zu bewerten. Die Gewichtsdaten werden im Allgemeinen für die Korrektur um das Wachstum bevorzugt. Die auf dieselbe Weise behandelten Längendaten können für den Vergleich der Auswirkungen der Behandlung auf die Kontroll- und Prüfgruppen von Nutzen sein. Falls die Analyse der Gewichtsdaten keinen statistisch signifikanten Unterschied ergibt, können die Prüf- und Kontrolldaten gepoolt und eine Gesamtwachstumskonstante für den Versuch (kg), d. h. die Gesamtsteigung der linearen Korrelation, berechnet werden. Wenn statistisch signifikante Unterschiede beobachtet werden, sind die Wachstumskonstanten für jede Fischgruppe und/oder Versuchsphase separat anzugeben. Die kinetische Konstante jeder behandelten Gruppe sollte dann zur Korrektur um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum dieser Gruppe herangezogen werden. Wenn zwischen den Aufnahme- und Ausscheidungskonstanten Unterschiede festgestellt wurden, sollten die abgeleiteten Ausscheidungskonstanten verwendet werden.

Die berechnete Wachstumskonstante (kg, angegeben als Tag-1) kann von der Gesamtausscheidungskonstanten (k2) abgezogenwerden, um die Ausscheidungskonstante k2g zu erhalten.



k2g = k2 – kg[Gleichung A5.27]

Die Aufnahmekonstante wird durch die wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante dividiert, um den wachstumskorrigierten kinetischen BCF, bezeichnet als BCFKg, (oder BMFKg) zu ermitteln.



[Gleichung A5.28]

Die Wachstumskonstante, die für einen Versuch mit Exposition über das Futter abgeleitet wird, wird in der Gleichung A7.5 verwendet, um den wachstumskorrigierten BMFKg zu berechnen (siehe Anlage 7).

Massebasierte Methode für die Korrektur um das Wachstum

Es existiert Alternative zur obigen Methode der Subtraktion der Wachstumsrate, bei der die Korrektur um das Wachstum vermieden wird. Das Prinzip dieser alternativen Methode besteht darin, die Ausscheidungsdaten auf Basis der Masse je Ganzfisch und nicht auf Konzentrationsbasis zu verwenden:

Die Gewebekonzentrationen der Ausscheidungsphase (Masse des Prüfstoffs/Masseneinheit der Fische) in Prüfstoff-/Fischmasse umrechnen: Konzentrationen und Gewichte der einzelnen Fische in tabellarischer Form (z. B. unter Verwendung eines Kalkulationsprogramms) zuordnen und jede Konzentration mit dem Fischgesamtgewicht für diese Messung multiplizieren, um einen Satz Prüfstoff-/Fischmassedaten für alle Proben der Ausscheidungsphase zu erhalten.

Den resultierenden natürlichen Logarithmus der Prüfstoffmassedaten für den Versuch (Ausscheidungsphase) gegen die Zeit auftragen, wie dies normalerweise geschehen würde.

Bei der Methode mit aquatischer Exposition die Aufnahmekonstante wie üblich ableiten (siehe Abschnitte 4 und 6; es ist zu beachten, dass der „normale“k2-Wert in den Kurvenanpassungsgleichungen für k1 verwendet werden sollte) und die Ausscheidungskonstante aus den obigen Daten ableiten. Da der resultierende Wert für die Ausscheidungskonstante wachstumsunabhängig ist, da er auf Basis der Masse basis pro Ganzfisch abgeleitet wurde, sollte dieser als k2g und nicht als k2 bezeichnet werden.

8.   NORMALISIERUNG DES LIPIDGEHALTS AUF 5 % (NUR BEI AQUATISCHER EXPOSITION)

BCF-Ergebnisse (kinetisch und steady-state) aus Versuchen mit aquatischer Exposition sollten ebenfalls bezogen auf einen Standard-Lipidgehalt von 5 % Nassgewicht angegeben werden, es sei denn, es kann argumentiert werden, dass der Prüfstoff nicht in erster Linie in den Lipiden akkumuliert (z. B. können einige perfluorierte Stoffe an Proteine gebunden sein). Die Konzentrationen in den Fischen oder der BCF müssen in einen Lipidgehalt von 5 % Nassgewicht umgerechnet werden. Wenn zum Messen der Stoffkonzentrationen und der Lipidgehalte zu allen Probenahmezeitpunkten dieselben Fische verwendet wurden, muss jede einzelne gemessene Konzentration in den Fischen um den Lipidgehalt dieses Fischs korrigiert werden.



[Gleichung A5.29]

Dabei gilt:

Cf,L=lipidstandardsisierte Konzentration in den Fischen (mg kg– 1 Nassgewicht)
L=Lipidfraktion (basierend auf Nassgewicht)
Cf=Konzentration des Prüfstoffs in den Fischen (mg kg-1 Nassgewicht)

Wurde die Lipidanalyse nicht bei allen beprobten Fischen durchgeführt, wird der BCF auf Basis eines mittleren Lipidwerts normalisiert. Für den BCF bei stationärem Zustand sollte der Mittelwert, der am Ende der Aufnahmephase für die Prüfgruppe protokolliert wurde, verwendet werden. Bei der Standardisierung eines kinetischen BCF kann es Fälle geben, in denen ein anderer Ansatz gerechtfertigt ist, beispielsweise wenn sich der Lipidgehalt während der Aufnahme- oder Ausscheidungsphase erheblich geändert hat. Jedoch sollte in jedem Fall eine Fütterungsrate eingehalten werden, die drastische Veränderungen des Lipidgehalts auf ein Minimum begrenzt.



[Gleichung A5.30]

Dabei gilt:

BCFKL=lipidstandardisierter kinetischer BCF (L kg– 1)
Ln=mittlere Lipidfraktion (basierend auf Nassgewicht)
BCFK=kinetischer BCF (L kg– 1)

LITERATURHINWEISE

(1) Arnot J.A. and Gobas F.A.P.C. (2004), A food web bioaccumulation model for organic chemicals in aquatic ecosystems, Environ. Toxicol. Chem. 23: 2343-2355.

(2) Kapitel C.20 dieses Anhangs, Daphnia magna-Reproduktionstest.

(3) Spacie A. and Hamelink J.L. (1982), Alternative models for describing the bioconcentration of organics in fish. Environ. Toxicol. Chem. 1: 309-320.

(4) Sijm D.T.H.M., Verberne M.E., de Jonge W.J., Pärt P. and Opperhuizen A. (1995), Allometry in the uptake of hydrophobic chemicals determined in vivo and in isolated perfused gills. Toxicol. Appl. Pharmacol. 131: 130-135.

(5) Bintein S., Devillers J. and Karcher W. (1993), Nonlinear dependence of fish bioconcentration on n-octanol/water partition coefficient. SAR QSAR Environ. Res. 1: 29-39.

(6) Kristensen P. (1991), Bioconcentration in fish: comparison of BCF's derived from OECD and ASTM testing methods; influence of particulate matter to the bioavailability of chemicals. Danish Water Quality Institute, Hørsholm, Dänemark.

(7) Arnot J.A., Meylan W., Tunkel J., Howard P.H., Mackay D., Bonnell M. and Boethling R.S. (2009), A quantitative structure-activity relationship for predicting metabolic biotransformation rates for organic chemicals in fish. Environ. Toxicol. Chem. 28: 1168-1177.

(8) OECD (2011), QSAR Toolbox 2.1. Februar 2011. Abrufbar über: http://www.oecd.org/document/54/0,3746,en_2649_34379_42923638_1_1_1_1,00.html.

(9) Branson D.R., Blau G.E., Alexander H.C. and Neely W.B. (1975). Bioconcentration of 2,2',4,4' tetrachlorobiphenyl in rainbow trout as measured by an accelerated test. T. Am. Fish. Soc. 104: 785-792.

(10) Ernst W. (1985), Accumulation in aquatic organisms, in Appraisal of tests to predict the environmental behaviour of chemicals, Sheeman, P., et al., Editors. John Wiley & Sons Ltd, New York, NY, USA: 243-255.

(11) Reilly P.M., Bajramovic R., Blau G.E., Branson D.R. and Sauerhoff M.W. (1977), Guidelines for the optimal design of experiments to estimate parameters in first order kinetic models. Can. J. Chem. Eng. 55: 614-622.

(12) Hawker D.W. and Connell D.W. (1988), Influence of partition coefficient of lipophilic compounds on bioconcentration kinetics with fish. Wat. Res. 22: 701-707.

(13) Konemann H. and van Leeuwen K. (1980), Toxicokinetics in fish: Accumulation and elimination of six chlorobenzenes by guppies. Chemosphere. 9: 3-19.

Anlage 6

GLEICHUNGEN FÜR DEN VERSUCH MIT AQUATISCHER EXPOSITION: MINIMIERTER VERSUCHSPLAN

Dieser Ansatz rechtfertigt sich dadurch, dass der Biokonzentrationsfaktor bei einer vollständigen Prüfung entweder als Biokonzentrationsfaktor bei stationärem Zustand (BCFSS) bestimmt werden kann, indem das Verhältnis der Prüfstoffkonzentration im Fischgewebe zur Prüfstoffkonzentration im Wasser berechtnet wird, oder als kinetischer Biokonzentrationsfaktor (BCFK) durch Berechnung des Verhältnisses der Aufnahmekonstanten k1 zur Ausscheidungskonstanten k2. Der BCFK ist auch dann gültig, wenn während der Aufnahme keine Konzentration bei stationärem Zustand erreicht wird, vorausgesetzt, Aufnahme und Ausscheidung erfolgen ungefähr nach kinetischen Prozessen erster Ordnung.

Wird die Konzentration des Prüfstoffs im Gewebe (Cf1) am Ende der Exposition (t1) bestimmt und die Konzentration im Gewebe (Cf2) nach Ablauf einer bestimmten Zeit (t2) erneut gemessen, kann die Ausscheidungskonstante (k2) nach Gleichung A5.22 (siehe Anlage 5) geschätzt werden.

Die Aufnahmekonstante k1 kann dann algebraisch nach Gleichung A5.23 (Anlage 5) bestimmt werden (wobei Cf gleich Cf1 und t gleich t1) (1). Der kinetische Biokonzentrationsfaktor für den minimierten Versuchsplan (bezeichnet als BCFKm, um ihn von den kinetischen Biokonzentrationsfaktoren zu unterscheiden, die nach anderen Methoden ermittelt werden) entspricht somit



[Gleichung A6.1]

Die Konzentrationen oder Ergebnisse sollten um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum korrigiert und auf einen Lipidgehalt von 5 % standardsisiert werden, wie in Anlage 5 beschrieben.

Der minimierte BCFSS entspricht dem am Ende der Aufnahmephase berechneten BCF, wobei davon ausgegangen wird, dass ein stationärer Zustand erreicht wurde. Dies kann lediglich angenommen werden, da die Probenahmezeitpunkte für den entsprechenden Nachweis nicht ausreichen.



[Gleichung A6.2]

Dabei gilt:

Cf-minSS = Konzentration in den Fischen bei angenommenem stationärem Zustand am Ende der Aufnahmephase (mg kg– 1 Nassgewicht).

Cw-minSS = Konzentration im Wasser bei angenommenem stationärem Zustand am Ende der Aufnahmephase (mg l– 1).

LITERATURHINWEISE

(1) Springer T.A., Guiney P.D., Krueger H.O. and Jaber M.J. (2008), Assessment of an approach to estimating aquatic bioconcentration factors using reduced sampling. Environ. Toxicol. Chem. 27: 2271-2280.

Anlage 7

GLEICHUNGEN FÜR DIE PRÜFUNG MIT EXPOSITION ÜBER DAS FUTTER

1.
Beispiel die Zusammensetzung eines geeigneten handelsüblichen Fischfutters
2.
Beispiele für Futterdotierungstechniken
3.
Berechnung der Assimilationseffizienz und des Biomagnifikationsfaktorss
4.
Lipidkorrektur
5.
Bewertung der Unterschiede zwischen der gemessenen Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,m) und der abgeleiteten Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,d)
6.
Empfehlungen für sehr schnell ausgeschiedene Prüfstoffe

1.   BEISPIEL DER ZUSAMMENSETZUNG EINES GEEIGNETEN HANDELSÜBLICHEN FISCHFUTTERS



HauptbestandteilFischmehl
Rohprotein≤ 55,0 %
Rohfett≤ 15,0 % (1)
Rohfaser≥ 2,0 %
Feuchtigkeit≥ 12 %
Asche≥ 8 %
(1)   In bestimmten Regionen ist möglicherweise nur Fischfutter mit einer Lipidkonzentration erhältlich, die weit unter dieser Obergrenze liegt. In solchen Fällen sollten die Versuche mit der niedrigeren Lipidkonzentration im gelieferten Futter durchgeführt und die Fütterungsrate sollte entsprechend angepasst werden, damit die Fische gesund bleiben. Der Lipidgehalt des Futters sollte nicht durch Beimischung von zu viel Öl künstlich erhöht werden.

2.   BEISPIELE FÜR FUTTERDOTIERUNGSTECHNIKEN

Allgemeines

Kontrollfutter sollte exakt auf dieselbe Weise zubereitet werden wie das dotierte Futter, nur ohne Prüfstoff.

Zur Überprüfung der Konzentration des behandelten Futters sollten nach einer geeigneten Extraktionsmethode drei Proben des dosierten Futters entnommen werden, um die Prüfstoffkonzentration oder Radioaktivität in den Extrakten zu messen. Es sollten hohe Wiederfindungsraten (> 85 %) mit geringer Schwankung zwischen den Proben (3 Konzentrationsproben, zu Prüfungsbeginn entnommen, sollten nicht mehr als ± 15 % vom Mittelwert abweichen) nachgewiesen werden.

Während der futterbezogenen Prüfung sollten drei Futterproben für die Analyse an Tag 0 und am Ende der Aufnahmephase entnommen werden, um den Prüfstoffgehalt im Futter zu bestimmen.

Fischfutterzubereitung mit flüssigem Versuchsmaterial (rein)

Es wird die angestrebte nominale Prüfstoffkonzentration im behandelten Fischfutter festgelegt, beispielsweise auf 500 μg Prüfstoff/g Futter. Die ungefähre Menge (nach Molmasse oder spezifischer Radioaktivität) des reinen Prüfstoffs wird einer bekannten Masse Fischfutter in einem Glasgefäß oder Rotationsverdampfer beigemischt. Diese Masse sollte für die Dauer der Aufnahmephase ausreichen (dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mengen bei jeder Fütterung aufgrund des Fischwachstums erhöht werden müssen). Dieses Fischfutter sollte über Nacht durch sanftes Schütteln (z. B. in einem Roto-Mischer oder durch Rotation bei Verwendung eines Rotationsverdampfers) gemischt werden. Das dotierte Futter sollte unter Bedingungen gelagert werden, die die Stabilität des Prüfstoffs in der Futtermischung bis zur Verwendung garantieren (z. B. Kühlung).

Zubereitung von Fischfutter mit Maiskeim- oder Fischöl als Vehikel

Feste Prüfstoffe sollten in einem Mörser zu feinem Pulver zermahlen werden. Flüssige Prüfstoffe können dem Maiskeim- oder Fischöl direkt zugegeben werden. Der Prüfstoff wird in einer bekannten Menge Maiskeim- oder Fischöl (z. B. 5-15 ml) gelöst. Das dosierte Öl wird nach und nach in einen Rotationsverdampfer geeigneter Größe überführt. Das Gefäß zur Vorbereitung des dosierten Öls sollte mit zwei kleinen Aliquoten Öl gespült werden, die anschließend in den Verdampferkolben gegeben werden, um sicherzustellen, dass der gesamte gelöste Prüfstoff überführt wurde. Um eine vollständige Lösung/Dispersion im Öl zu gewährleisten (oder wenn im Versuch mehrere Prüfstoffe verwendet werden), werden ein Mikrorührer hinzugefügt, das Gefäß mit Stopfen verschlossen und die Mischung über Nacht schnell geschüttelt. Eine geeignete Menge Fischfutter (gewöhnlich in Pelletform) wird für die Prüfung in das den Verdampfer gegeben und der Gefäßinhalt gleichmäßig durch ständiges Rotatieren des Glasgefäßes während mindestens 30 Minuten, jedoch vorzugsweise über Nacht gemischt. Anschließend wird das dotierte Futter gelagert (z. B. gekühlt), um die Stabilität des Prüfstoffs im Futter bis seiner Verwendung zu gewährleisten.

Zubereitung von Fischfutter mit einem organischen Lösungsmittel

Eine geeignete Menge Prüfstoff (nach Molmasse oder spezifischer Radioaktivität), die für die Herstellung der Zieldosis ausreicht, wird in einem geeigneten organischen Lösungsmittel gelöst (z. B. Cyclohexan oder Aceton; 10-40 ml, ggf. auch mehr, je nach Menge des zu dotierenden Futters). Ein Aliquot oder die gesamte Menge (portionsweise hinzugefügt) dieser Lösung wird mit der für die Prüfung ausreichende Fischfuttermasse gemischt, um die erforderliche nominale Dosierung zu erhalten. Futter und Prüfstoff können in einem Mischbehälter aus Edelstahl gemischt werden. Das frisch dosierte Fischfutter kann in dem Behälter belassen und zwei Tage lang in einem Laborabzug (mit gelegentlichem Rühren) aufbewahrt werden, damit das überschüssige Lösungsmittel verdampfen kann, oder es kann in einem kontinuierlich drehenden Rotationsverdampfer gemischt werden. Das überschüssige Lösungsmittel kann ggf. durch Luft- oder Stickstoffstrom „weggeblasen“ werden. Es sollte unbedingt sichergestellt werden, dass der Prüfstoff nicht kristallisiert, wenn das Lösungsmittel entfernt wird. Das dotierte Futter sollte unter Bedingungen (z. B. Kühlung) gelagert werden, die die Stabilität des Prüfstoffs in der Futtermischung bis seiner Verwendung gewährleisten.

3.   BERECHNUNG DER ASSIMILATIONSEFFIZIENZ UND DES BIOMAGNIFIKATIONSFAKTORS

Zur Berechnung der Assimilationseffizienz sollte zunächst die Gesamtausscheidungskonstante gemäß Anlage 5 Abschnitt 4 (nach der „sequenziellen Methode“, d. h. mit standardmäßiger linearer Regression) geschätzt werden; dazu mittlere Konzentrationen vom Proben aus der Ausscheidungsphase verwenden. Die Fütterungskonstante, I, und die Aufnahmedauer, t, sind bekannte Versuchsparameter. CFutter, die mittlere gemessene Konzentration des Prüfstoffs im Futter, ist eine während der Prüfung gemessene Variable. C0,d, die Prüfstoffkonzentration in den Fischen am Ende der Aufnahmephase, wird gewöhnlich aus dem Achsenabschnitt einer graphischen Darstellung von ln(Konzentration) bezogen auf den Ausscheidungstag abgeleitet.

Die Assimilationseffizienz des Stoffes (a, Absorption des Prüfstoffs über den Darm) wird berechnet als



[Gleichung A7.1]

Dabei gilt:

C0,d = abgeleitete Konzentration in den Fischen zum Zeitpunkt Null der Ausscheidungsphase (mg kg– 1);

k2 = gesamte (nicht wachstumskorrigierte) Ausscheidungskonstante (Tag– 1), berechnet nach den Gleichungen in Anlage 5 Abschnitt 3;

I = Futteringestionskonstante (g Futter g– 1 Fisch Tag– 1);

CFutter = Konzentration im Futter (mg kg– 1 Futter);

t = Dauer der Fütterungsphase (Tag)

Die für die Berechnung verwendete Fütterungsrate I muss jedoch möglicherweise um das Fischwachstum korrigiert werden, um eine exakte Assimilationseffizienz a zu erhalten. Bei einer Prüfung, bei der die Fische während der Aufnahmephase (in der die Futtermengen nicht korrigiert werden, um die festgelegte Fütterungsrate einzuhalten) erheblich wachsen, ist die tatsächliche effektive Fütterungsrate mit fortschreitender Aufnahmephase geringer als die vorgegebene Fütterungsrate, was zu einer höheren „realen“ Assimilationseffizienz führt. (Dieser Aspekt ist für die Gesamtberechnung des BMF nicht wichtig, da die I-Terme zwischen den Gleichungen A7.1 und A7.4 aufgehoben werden). Die um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum korrigierte mittlere Fütterungsrate Ig kann auf verschiedene Weise abgeleitet werden; eine einfache und robuste Methode besteht jedoch darin, die Gewichte der Versuchsfische zu bestimmten Zeitpunkten während der Aufnahmephase anhand der bekannten Wachstumskonstanten (kg) zu schätzen, d. h.:



[Gleichung A7.2]

Dabei gilt:

Wf(t) = mittleres Fischgewicht am Aufnahmetag t

Wf,0 = mittleres Fischgewicht zu Beginn des Versuchs

Auf diese Weise kann (zumindest) das mittlere Fischgewicht am letzten Expositionstag (Wf,Aufnahmeende) geschätzt werden. Da die Fütterungsrate auf Basis von Wf,0 festgelegt wurde, kann die tatsächliche Fütterungsrate für jeden Tag der Aufnahme anhand dieser beiden Gewichtswerte berechnet werden. Die wachstumskorrigierte Fütterungsrate Ig (g Futter– 1 Fisch Tag– 1), die anstelle von I bei schnellem Wachstum während der Aufnahmephase zu verwenden ist, kann dann wie folgt berechnet werden:



[Gleichung A7.3]

Nach Bestimmung der Assimilationseffizienz kann der BMF durch Multiplikation mit der Fütterungskonstanten I (oder Ig, falls zur Berechnung von α herangezogen) und Division des Produkts durch die Gesamtausscheidungskonstante k2 berechnet werden:



[Gleichung A7.4]

Der wachstumskorrigierte Biomagnifikationsfaktor sollte auf dieselbe Weise berechnet werden, jedoch anhand der wachstumskorrigierten Ausscheidungskonstanten (wie gemäß Anlage 5 Abschnitt 7 abgeleitet). Wenn hingegen Ig zur Berechnung von α herangezogen wurde, sollte sie auch hier anstelle von I verwendet werden:



[Gleichung A7.5]

Dabei gilt:

α = Assimilationseffizienz (Absorption des Prüfstoff über den Darm);

k2 = gesamte (nicht wachstumskorrigierte) Ausscheidungskonstante (Tag– 1), berechnet anhand der Gleichungen in Abschnitt 3 von Anlage 5;

k2g = wachstumskorrigierte Ausscheidungskonstante (Tag– 1);

I = Futteringestionskonstante (g Futter g– 1 Fisch Tag– 1);

Die wachstumskorrigierte Halbwertzeit (t1/2) wird wie folgt berechnet:



[Gleichung A7.6]

Die Assimilationseffizienz des Stoffes in der Nahrung kann auch geschätzt werden, wenn während der linearen Phase der Aufnahmephase (zwischen Tag 1 und 3) die Geweberückstände bestimmt werden. In diesem Fall kann die stoffspezifische Assimilationseffizienz (α) wie folgt berechnet werden:



[Gleichung A7.7]

Dabei gilt:

CFisch(t) = Konzentration des Prüfstoffs in den Fischen zum Zeitpunkt t (mg kg– 1 Nassgewicht).

4.   KORREKTUR UM DEN LIPIDGEHALT

Wurde der Lipidgehalt zu jedem Probenahmezeitpunkt an derselben Fischen gemessen, die auch chemisch analysiert wurden, sollten die einzelnen Konzentrationen um den Lipidgehalt korrigiert und ln(Konzentration, lipidkorrigiert) sollte gegen die Ausscheidung (Tag) aufgetragen werden, um C0,d und k2 zu erhalten. Die Assimilationseffizienz (Gleichung A7.1) kann sodann auf Lipidbasis unter Verwendung von CFutter berechnet werden (d. h. CFutter wird mit der mittleren Lipidfraktion des Futters multipliziert). Durch anschließende Berechnung nach der Gleichungen A7.4 und A7.5 lässt sich der lipidkorrigierte (und um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum korrigierte) BMF direkt ermittelt.

Andernfalls wird die mittlere Lipidfraktion (w/w) in den Fischen und im Futter sowohl für die Prüf- als auch für die Kontrollgruppe abgeleitet (für das Futter und die Fische der Kontrollgruppe geschieht dies in der Regel anhand der zu Expositionsbeginn und -ende gemessenen Daten, für die Fische aus der Prüfgruppe nur anhand der am Expositionsende gemessenen Daten). Bei bestimmten Versuchen kann der Lipidgehalt der Fische stark ansteigen; in solchen Fällen sollte eine mittlere Konzentration der Prüffischlipide zugrunde gelegt werden, die aus den Messwerten am Ende der Exposition sowie am Ende der Ausscheidung errechnet wurde. Die Daten der Prüfgruppe dienen in der Regeln nur für die Ableitung beider Lipidfraktionen.

Der Lipidkorrekturfaktor (Lc) wird wie folgt berechnet:



[Gleichung A7.8]

Dabei sind: LFisch und LFutter die mittleren Lipidfraktionen in den Fischen bzw. im Futter.

Anhand des Lipidkorrekturfaktors wird der lipidkorrigierte Biomagnifikationsfaktor (BMFL) wie folgt berechnet:



[Gleichung A7.9]

5.   BEWERTUNG DER UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DER GEMESSENEN KONZENTRATION ZUM ZEITPUNKT NULL (C0,m) UND DER ABGELEITETEN KONZENTRATION ZUM ZEITPUNKT NULL (C0,d)

Die gemessene Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,m) und die abgeleitete Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,d) sollten miteinander verglichen werden. Sind diese Konzentrationen sehr ähnlich, empfiehlt es sich, das Modell erster Ordnung für die Ableitung der Ausscheidungsparameter zu verwenden.

Bei bestimmten Versuchen kann eine erhebliche Differenz zwischen der abgeleiteten Konzentration zum Zeitpunkt Null, C0,d, und der mittleren gemessenen Konzentration zum Zeitpunkt Null, C0,m (siehe letzter Spiegelstrich unter Nummer 159 dieser Prüfmethode), auftreten. Ist C0,d wesentlich geringer als C0,m (C0,d << C0,m), kann die Differenz auf das Vorhandensein von unverdautem dotiertem Futter im Darm hindeuten. Dies kann experimentell untersucht werden, indem der entfernte Darm separat analysiert wird, soweit am Ende der Aufnahmephase zusätzliche Proben (Ganzfische) entnommen und gelagert wurden. Sollte ein statistisch gültiger Ausreißertest, der auf die lineare Regression der Ausscheidungsphase angewandt wird, jedoch darauf hindeuten, dass die Konzentration am ersten Probenahmezeitpunkt in der Ausscheidungsphase unangemessen hoch ist, empfiehlt es sich eventuell, die lineare Regression zur Ableitung von k2 durchzuführen, die erste Konzentration der Ausscheidungsphase jedoch auszulassen. In solchen Fällen, wenn die Unsicherheit in der linearen Regression stark verringert und klar ist, dass die Ausscheidungskinetik erster Ordnung ungefähr befolgt wurde, empfiehlt es sich möglicherweise, die C0,d- und k2-Werte aus der Berechnung der Assimilationseffizienz heranzuziehen. Dies sollte im Bericht umfassend begründet werden. Es kann auch vorkommen, dass die Ausscheidungsphase nicht einer Kinetik erster Ordnung folgt. Ist davon auszugehen (d. h. scheinen die durch natürliches Logarithmieren transformierten Daten im Vergleich zur linearen Regressionsgeraden einer Kurve zu folgen), sind die Berechnungen von k2 und C0,d wahrscheinlich ungültig. In diesem Fall sollte der Rat eines Biostatistikers eingeholt werden.

Liegt C0,d erheblich über dem Messwert (C0,d >> C0,m), kann dies darauf hindeuten, dass der Stoff sehr schnell ausgeschieden wurde (d. h. die Probenahmezeitpunkte erreichen die Quantifizierungsgrenze der Analysemethode während der Ausscheidungsphase sehr schnell, vgl. Abschnitt 6), dass der Ausscheidungsprozess nicht der Kinetik erster Ordnung folgte, dass die lineare Regression für die Ableitung von k2 und C0,d mangelhaft ist oder dass zu bestimmten Probenahmezeitpunkten ein Problem mit den gemessenen Konzentrationen aufgetreten ist. In solchen Fällen sollte die lineare Regressionskurve auf Hinweise auf Proben an oder in der Nähe der Quantifizierungsgrenze, auf Ausreißer und auf eine eindeutige Kurvenform (die das Nichtvorliegen einer Kinetik erster Ordnung belegt) untersucht werden, was im Bericht anzugeben ist. Eine anschließende Neubewertung der linearen Regression zur Verbesserung der Schätzwerte sollte beschrieben und begründet werden. Wird eine markante Abweichung von der Kinetik erster Ordnung festgestellt, sind die Berechnungen von k2 und C0,d wahrscheinlich ungültig, und es sollte der Rat eines Biostatistikers eingeholt werden.

6.   EMPFEHLUNGEN FÜR SEHR SCHNELL AUSGESCHIEDENE PRÜFSTOFFE

Wie unter Nummer 129 der Prüfmethode beschrieben, werden bestimmte Prüfstoffe so schnell ausgeschieden, dass eine zuverlässige Konzentration zum Zeitpunkt Null C0,d und k2 nicht abgeleitet werden können, da der Prüfstoff in Proben, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Ausscheidungsphase (d. h. ab der zweiten Ausscheidungsprobe) entnommen werden, effektiv nicht mehr gemessen werden kann (Konzentrationen an der Quantifizierungsgrenze). Diese Situation wurde in dem Ringtest beobachtet, der zur Unterstützung dieser Prüfmethode mit Benzo[a]pyren durchgeführt wurde, und im Validierungsbericht für die Methode dokumentiert. In solchen Fällen kann eine lineare Regression nicht zuverlässig durchgeführt werden und führt wahrscheinlich zu einer unrealistisch hohen Schätzung von C0,d und letztlich zu augenscheinlichen Assimilationseffizienz, die wesentlich größer als 1 ist. In diesem Fall ist es möglich, k2 konservativ zu schätzen und den BMF „nach oben“ anzusetzen.

Bei Verwendung dieser Datenpunkte der Ausscheidungsphase, an denen eine Konzentration gemessen wurde, einschließlich der ersten nicht „nachweisbaren“ Konzentration (Konzentration an der Quantifizierungsgrenze), ergibt eine lineare Regression (auf Basis der durch natürliches Logarithmieren transformierten Konzentrationsdaten im Verhältnis zur Zeit) einen Schätzwert für k2. Dazu sind oft nur zwei Datenpunkte (z. B. Probenahmetage 1 und 2 der Ausscheidung) erforderlich, weshalb k2 alsdann nach der Gleichung A5.22 in Anlage 5 geschätzt werden. Auf Basis auf dieses Schätzwertes für k2 kann mit Gleichung A7.1 eine Assimilationseffizienz geschätzt werden, indem in dieser Gleichung der Wert C0,d durch die gemessene Konzentration zum Zeitpunkt Null (C0,m) ersetzt wird, wenn nach Schätzungen C0,d wesentlich über dem Wert liegt, der im Test hätte erreicht werden können. War C0,m nicht messbar, sollte die Nachweisgrenze im Fischgewebe verwendet werden. Wenn dies in bestimmten Fällen einen Wert α > 1 ergibt, gilt eine Assimilationseffizienz von 1 als Worst Case.

Der maximale BMFK kann dann nach der Gleichung A7.4 geschätzt werden und sollte als Wert „wesentlich kleiner als“ (<<) angegeben werden. Bei einem Versuch, der mit einer Fütterungsrate von 3 % und einer Ausscheidungshalbwertzeit von weniger als 3 Tagen und einem Worst Case-α von 1 durchgeführt wurde, ist von einem BMFK von unter ungefähr 0,13 auszugehen. Angesichts des Gegenstands dieser Schätzung und der Tatsache, dass die Werte konservativer Art sind, müssen sie nicht um den Effekt der Verdünnung durch Wachstum oder den Lipidgehalt der Fische bzw. des Futters korrigiert werden.

Anlage 8

ANSÄTZE ZUR SCHÄTZUNG VORLÄUFIGER BCF-WERTE ANHAND VON DATEN AUS DEM VERSUCH MIT EXPOSITION ÜBER DAS FUTTER

Die Methode mit Exposition über das Futter ist Teil der vorliegenden Prüfmethode für die Bioakkumulationsprüfung an Stoffen, die in der Praxis nicht nach der Methode mit aquatischer Exposition geprüft werden können. Die Methode mit aquatischer Exposition ergibt einen Biokonzentrationsfaktor, während die Methode mit Exposition über das Futter direkt Informationen über das Biomagnifikationspotenzial des Futters liefert. Viele Regelungen für Chemikaliensicherheit erfordern Informationen über die aquatischen Biokonzentration (so die Risikobewertung und das Globale Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien, GHS). Deshalb müssen die Daten aus einem Versuch mit Exposition über das Futter verwendet werden, um einen Biokonzentrationsfaktor zu schätzen, der sich mit Tests vergleichen lässt, die nach der Methode mit aquatischer Exposition durchgeführt wurden . In diesem Abschnitt werden Ansätze in dieser Richtung geprüft, ohne jedoch die mit diesen Schätzungen einhergehenden Mängel außer Acht zu lassen.

Beim Versuch mit Exposition über das Futter wird die Ausscheidung gemessen, um eine Ausscheidungskonstante k2 zu bestimmen. Kann anhand der verfügbaren Daten eine Aufnahmekonstante geschätzt werden, wenn der Fisch dem Prüfstoff über das Wasser ausgesetzt wurde, dann kann auch ein kinetischer BCF geschätzt werden.

Die Schätzung einer Aufnahmekonstanten für die Exposition gegenüber eines Prüfstoffs über das Wasser beruht auf zahlreichen Annahmen, die alle zur Unsicherheit der Schätzung beitragen. Zudem setzt dieser Ansatz für die Schätzung des BCF voraus, dass die Gesamtausscheidungsrate (einschließlich Einflussfaktoren wie die Verteilung im Körper und individuelle Ausscheidungsprozesse) von der Expositionsmethode, nach der die prüfstoffbedingte Körperbelastung bestimmt wird, unabhängig ist.

Die wichtigsten Hypothesen dieses Schätzungsansatzes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Ausscheidung während der Futteraufnahme ist bei einem gegebenen Prüfstoff mit der Ausscheidung nach einer Exposition über das Wasser identisch.

Die Aufnahme über das Wasser folgt einer Kinetik erster Ordnung.

Je nach Methode, nach der die Aufnahme geschätzt wird, gilt Folgendes:

Die Aufnahme kann nur mit dem Fischgewicht korreliert werden.
Die Aufnahme kann nur mit dem Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten des Prüfstoffs korreliert werden.
Die Aufnahme kann mit einer Kombination aus Fischgewicht und dem Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten des Prüfstoffs korreliert werden.
Faktoren, die sich im praktischen Versuch auf die Aufnahme mit aquatischer Exposition auswirken können, wie z. B. Bioverfügbarkeit, Adsorption an der Apparatur, Molekulargröße usw., haben eine geringe Wirkung.
und insbesondere:

die Datenbank für die Entwicklung der Methode für die Schätzung der Aufnahme ist für den untersuchten Prüfstoff repräsentativ.

Verschiedene Publikationen in der frei verfügbaren Fachliteratur enthalten abgeleitete Gleichungen, in denen die Aufnahme aus dem Wasser über die Kiemen zum Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten des Prüfstoffs, zum Fischgewicht (1) (2) (3) (4), zum Volumen und/oder Lipidgehalt, zur Membranpermeation/-diffusion (5) (6), zum Fischatmungsvolumen (7) und zu einem Fugazitäts-/Massenbilanzansatz (8) (9) (10) in Bezug gesetzt wird. Eine ausführliche Bewertung solcher Methoden in diesem Kontext ist Crookes & Brooke (11) zu entnehmen. Eine Veröffentlichung von Barber (12) die sich auf die Modellierung der Bioakkumulation durch Aufnahme über das Futter konzentriert, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls hilfreich, da sie Beiträge aus Modellen für die Kinetik der Aufnahme über die Kiemen beinhaltet. Ein Abschnitt des Hintergrunddokuments zum Dietary Protocol 2004 (13) ist ebenfalls diesem Aspekt gewidmet.

Die meisten dieser Modelle scheinen aus begrenzten Datenbanken abgeleitet worden zu sein. Bei Modellen, für die die Datenbanken, auf denen das Modell beruht, verfügbar sind, scheinen die verwendeten Stoffarten häufig von ähnlicher Struktur oder Klasse zu sein (bezogen auf die Funktionalität, z. B. Organchloride). Neben den prüfungsspezifischen Aspekten wie Spezies, Temperatur usw. erhöht dies die mit einem Modell zur Vorhersage einer Aufnahmekonstanten für eine Prüfstoffart einhergehende Unsicherheit noch zusätzlich.

Eine Überprüfung der verfügbaren Methoden (11) ergab, dass keine Methode „richtiger“ ist als die anderen. Daher sollte das verwendete Modell genau begründet werden. Existieren verschiedene Methoden, deren Anwendung gerechtfertigt werden kann, kann es ratsam sein, mehrere Schätzwerte für k1 (und den BCF) oder eine Wertebereich von k1 (und BCF) anzugeben, die nach den Methoden für die Schätzung der Aufnahme berechnet wurden. Angesichts der Unterschiede bei den Modelltypen und Datensätzen, die zur Entwicklung dieser Methoden verwendet wurden, wäre die Akzeptanz eines Mittelwerts aus auf verschiedene Weise abgeleiteten Schätzungen jedoch unangemessen.

Einige Wissenschaftler haben gefordert, diese BCF-Schätzungen um die Bioverfügbarkeit zu korrigieren, um die Adsorption des Prüfstoffs an gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) unter aquatischen Expositionsbedingungen zu berücksichtigen, damit die Schätzung mit den Ergebnissen aus Versuchen mit aquatischer Exposition im Einklang steht (z. B. (13) (14)). Jedoch ist diese Korrektur angesichts der niedrigen DOC-Niveaus, die in einer Studie mit aquatischer Exposition für eine Worst-Case-Schätzung erforderlich sind (d. h. Verhältnis des bioverfügbaren Prüfstoffs zum Prüfstoff, wie in der Lösung gemessen) eventuell nicht zweckmäßig. Bei stark hydrophoben Substanzen kann die Aufnahme über die Kiemen durch die Rate der passiven Diffusion nahe der Kiemenoberfläche eingeschränkt sein; in diesem Fall wird dieser Effekt bei der Korrektur möglicherweise stärker berücksichtigt als der ursprünglich vorgesehene Effekt.

Es empfiehlt sich, den Schwerpunkt auf Methoden zu legen, die Inputs erfordern, für die die Daten über Stoffe, die nach der hier beschriebenen Methode mit Exposition über das Futter geprüft wurden (d. h. log KOW, Fischgewicht), problemlos verfügbar sind. Andere Methoden, die komplexere Inputs erfordern, können angewandt werden, doch sind eventuell zusätzliche Messungen im Test oder detaillierte Kenntnisse des Prüfstoffs oder der Fischspezies erforderlich, die nicht allgemein verfügbar sind. Zudem kann die Wahl des Modells durch das Niveau der Validierung und den Anwendungsbereich beeinflusst werden (siehe (11) bezüglich Überprüfung und Vergleich verschiedener Methoden).

Es ist zu beachten, dass die resultierenden Schätzwerte für k1 und BCF unsicher sind und bei einem evidenzbasierten Bewertungsansatz zusammen mit dem abgeleiteten BMF und den Stoffparametern (z. B. Molekulargröße) ausgewertet werden müssen, um ein Gesamtbild des Bioakkumulationspotenzials eines Prüfstoffs zu erhalten. Die Interpretation und Verwendung dieser Parameter kann vom Rechtsrahmen abhängig sein.

LITERATURHINWEISE

(1) Sijm D.T.H.M., Pärt P. and Opperhuizen A. (1993), The influence of temperature on the uptake rate constants of hydrophobic compounds determined by the isolated perfused gills of rainbow trout (Oncorhynchus mykiss). Aquat. Toxicol. 25: 1-14.

(2) Sijm D.T.H.M., Verberne M.E., Part P. and Opperhuizen A. (1994), Experimentally determined blood and water flow limitations for uptake of hydrophobic compounds using perfused gills of rainbow trout (Oncorhynchus mykiss): Allometric applications. Aquat. Toxicol. 30: 325-341.

(3) Sijm D.T.H.M., Verberne M.E., de Jonge W.J., Pärt P. and Opperhuizen A. (1995), Allometry in the uptake of hydrophobic chemicals determined in vivo and in isolated perfused gills. Toxicol. Appl. Pharmacol. 131: 130-135.

(4) Barber M.C. (2003), A review and comparison of models for predicting dynamic chemical bioconcentration in fish. Environ. Toxicol. Chem. 22: 1963-1992.

(5) Opperhuizen A. (1986), Bioconcentration of hydrophobic chemicals in fish, in Aquatic Toxicology and Environmental Fate, STP 921, Poston, T.M. and Purdy, R., Editors. American Society for Testing and Materials, Philadelphia, PA, USA: 304-315.

(6) Arnot J.A. and Gobas F.A.P.C. (2004), A food web bioaccumulation model for organic chemicals in aquatic ecosystems. Environ. Toxicol. Chem. 23: 2343-2355.

(7) Thomann R.V. (1989), Bioaccumulation model of organic chemical distribution in aquatic food chains. Environ. Sci. Technol. 23: 699-707.

(8) Hendriks A.J., van der Linde A., Cornelissen G. and Sijm D.T.H.M. (2001). The power of size. 1. Rate constants and equilibrium ratios for accumulation of organic substances related to octanol-water partition ratio and species weight. Environ. Toxicol. Chem. 20: 1399-1420.

(9) Campfens J. and Mackay D. (1997), Fugacity-based model of PCB bioaccumulation in complex aquatic food webs. Environ. Sci. Technol. 31: 577-583.

(10) Arnot J.A. and Gobas F.A.P.C. (2003), A generic QSAR for assessing the bioaccumulation potential of organic chemicals in aquatic food webs. QSAR Comb. Sci. 22: 337-345.

(11) Crookes M. and Brooke D. (2010), Estimation of fish bioconcentration factor (BCF) from depuration data. Draft Report. Environmental Agency, Bristol, VK.

(12) Barber M.C. (2008), Dietary uptake models used for modelling the bioaccumulation of organic contaminants in fish. Environ. Toxicol. Chem. 27: 755-777

(13) Anonymous (2004), Background document to the fish dietary study protocol, document submitted to the TC-NES WG on PBT.

(14) Gobas F. and Morrison H. (2000), Bioconcentration and biomagnification in the aquatic environment, in Handbook of property estimation methods for chemicals, Boethling, R.S. and Mackay, D., Editors. Lewis Publishers, Boca Racton, FL, USA: 189-231.

C.14.   WACHSTUMSTEST AN JUNGFISCHEN

1.   METHODE

Diese Methode für einen Wachstumstest zur Toxizitätsbestimmung entspricht der OECD TG 215 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Anhand dieses Tests sollen die Auswirkungen einer lang anhaltenden Chemikalienexposition auf das Wachstum von Jungfischen bewertet werden. Er beruht auf einer Methode, bei der die Auswirkungen von Chemikalien auf das Wachstum junger Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss) unter Durchflussbedingungen bewertet werden. Sie wurde in der Europäischen Union entwickelt und einem Ringtest unterzogen (1) (2). Auch andere gut dokumentierte Spezies sind dafür geeignet. So liegen beispielsweise Erfahrungen mit Wachstumstests an Zebrabärblingen (Danio rerio) (2) (3) (4) und Reiskärpflingen (Medaka, Oryzias latipes) vor (5) (6) (7).

Siehe auch Allgemeine Einführung Teil C.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Lowest Observed Effect Concentration — LOEC (niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung): die geringste getestete Konzentration einer Prüfsubstanz, bei der verglichen mit den Kontrollen eine signifikante Wirkung der Substanz zu beobachten ist (bei p < 0,05 ). Jedoch müssen alle Testkonzentrationen, die die LOEC übersteigen, verglichen mit dieser eine ebenso große oder größere Schadwirkung haben.

No Observed Effect Concentration — NOEC (Konzentration ohne beobachtete Wirkung): die Testkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

ECX: Bei dieser Testmethode ist dies die Konzentration der Prüfsubstanz, die verglichen mit den Kontrollen eine Veränderung von x % in der Wachstumsrate der Fische hervorruft.

Besatzrate: Feuchtgewicht der Fische pro Volumen Wasser.

Besatzdichte: Zahl der Fische je Volumenteil Wasser.

Individuelle spezifische Wachstumsrate des Fisches: Wachstumsrate eines Individuums auf der Grundlage seines Ausgangsgewichts.

Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate je Behältnis: mittlere Wachstumsrate des Besatzes eines Prüfgefäßes bei einer bestimmten Konzentration.

Pseudo-spezifische Wachstumsrate: Wachstumsrate eines einzelnen Fisches im Vergleich zum mittleren Ausgangsgewicht des Besatzes eines Prüfgefäßes.

1.3.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Jungfische in der Phase exponentiellen Wachstums werden nach dem Wiegen in Testkammern eingebracht und einer Reihe subletaler Konzentrationen der in Wasser gelösten Prüfsubstanz ausgesetzt; dies geschieht vorzugsweise unter Durchflussbedingungen oder, sollte dies nicht möglich sein, unter geeigneten semistatischen Bedingungen (statisch mit Erneuerung). Die Testdauer beträgt 28 Tage. Die Fische werden täglich gefüttert. Die Futterration richtet sich nach dem Ausgangsgewicht der Fische und wird gegebenenfalls nach 14 Tagen neu berechnet. Am Ende der Prüfung werden die Fische erneut gewogen. Die Auswirkungen auf die Wachstumsraten werden anhand eines Regressionsmodells analysiert, um diejenige Konzentration zu ermitteln, die eine Veränderung der Wachstumsrate von x % hervorruft, d. h. ECX (z. B. EC10, EC20 oder EC30). Wahlweise können die Daten mit denen von Kontrollgruppen verglichen werden, um die LOEC (niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung) und damit die NOEC (Konzentration ohne beobachtete Wirkung) zu bestimmen.

1.4.   ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

Es müssen die Ergebnisse einer Untersuchung der akuten Toxizität (siehe Prüfmethode C.1) vorliegen, die vorzugsweise mit der für diesen Test ausgewählten Spezies durchgeführt wurde. Damit sind Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Prüfsubstanz bekannt, und es steht eine zuverlässige Analysemethode zur Quantifizierung der Substanz in den Testlösungen mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und bekannter Nachweisgrenze zur Verfügung.

Weitere nützliche Informationen sind die Strukturformel, der Reinheitsgrad der Substanz, die Wasser- und Lichtbeständigkeit, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit (siehe Prüfmethode C.4).

1.5.   VALID1TÄT DES TESTS

Damit der Test gültig ist, müssen folgende Bedingungen gegeben sein:

Am Ende der Prüfung darf die Mortalität bei der (den) Kontrollgruppe(n) 10 % nicht überschreiten.
Das mittlere Gewicht der Fische in der (den) Kontrollgruppe(n) muss in einem solchen Maß zugenommen haben, dass die für signifikant erachtete Mindestveränderung der Wachstumsrate nachgewiesen werden kann. Ein Ringtest (2) hat ergeben, dass bei Regenbogenforellen das mittlere Gewicht der Fische in den Kontrollgruppen im Laufe von 28 Tagen um mindestens die Hälfte (d. h. 50 %) des mittleren Ausgangsgewichts zugenommen haben muss. Beispiel: 1 g/Fisch (= 100 %), Abschlussgewicht nach 28 Tagen: > 1,5 g/Fisch (> 150 %).
Die Konzentration an gelöstem Sauerstoff muss für die gesamte Dauer des Tests mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts betragen.
Für die Dauer des Tests dürfen sich die Wassertemperaturen im Vergleich zwischen den Testkammern zu keiner Zeit um mehr als ± 1 oC unterscheiden und innerhalb des für die Testspezies festgelegten Temperaturbereichs um höchstens 2 oC schwanken (Anlage 1).

1.6.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.6.1.   Apparatur

Normale Laborgeräte, darunter insbesondere folgende:

a) Sauerstoff- und pH-Messgerät;
b) Geräte zur Bestimmung von Wasserhärte und -alkalität;
c) geeignete Geräte zur Temperaturregelung und vorzugsweise zur fortlaufenden Überwachung;
d) Behältnisse aus chemisch inertem Material und mit einem dem empfohlenen Besatz und der Besatzdichte entsprechenden Fassungsvermögen (siehe Abschnitt 1.8.5 und Anlage 1);
e) Waage mit ausreichender Genauigkeit (d. h. auf ± 0,5 % genau).

1.6.2.   Wasser

Als Testwasser eignet sich jedes Wasser, in dem ein ausreichend langes Überleben und ein ausreichendes Wachstum der Testspezies möglich sind. Es muss für die Dauer des Tests von gleichbleibend guter Qualität sein. Der pH-Wert des Wassers soll zwischen 6,0 und 8,5 liegen, jedoch während eines bestimmten Tests um nicht mehr als ± 0,5 pH-Einheiten schwanken. Es wird eine Härte von mehr als 140 mg/l (als CaCO3) empfohlen. Um sicherzugehen, dass das Verdünnungswasser das Testergebnis nicht übermäßig stark beeinflusst (beispielsweise durch Komplexierung der Prüfsubstanz), sind in gewissen Abständen Proben zur Analyse zu entnehmen. Wenn bekannt ist, dass das Verdünnungswasser eine relativ konstante Qualität aufweist, sind beispielsweise alle drei Monate der Gehalt an Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), an Hauptanionen und -kationen (z. B. Ca, Mg, Na, K, Cl und SO4), Pestiziden (z. B. Gesamtgehalt an phosphororganischen und chlororganischen Pestiziden), der gesamte organische Kohlenstoff und die Schwebstoffe zu bestimmen. Wenn sich die Wasserqualität über mindestens ein Jahr als konstant erwiesen hat, können die Untersuchungen weniger häufig und in größeren Zeitabständen (z. B. alle sechs Monate) erfolgen. Einige chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers sind in Anlage 2 genannt.

1.6.3.   Testlösungen

Die Testlösungen mit den ausgewählten Konzentrationen werden durch Verdünnung einer Stammlösung hergestellt.

Die Stammlösung sollte vorzugsweise durch einfaches Mischen oder Einrühren der Prüfsubstanz in das Verdünnungswasser mit mechanischen Mitteln (Rührwerk oder Ultraschall) hergestellt werden. Zur Herstellung einer geeigneten konzentrierten Stammlösung können Sättigungssäulen (Löslichkeitssäulen) verwendet werden.

Zur Herstellung einer Stammlösung mit geeigneter Konzentration kann in einigen Fällen die Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln (Lösungsvermittlern) erforderlich sein. Geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise Aceton, Ethanol, Methanol, Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid und Triethylenglykol. Geeignete Dispergiermittel sind beispielsweise Cremophor RH40, Tween 80, Methylcellulose 0,01 % und HCO-40. Bei der Verwendung von biologisch leicht abbaubaren Stoffen (z. B. Aceton) und/oder leichtflüchtigen Stoffen ist Vorsicht geboten, da diese im Durchflusstest Probleme im Hinblick auf das Bakterienwachstum verursachen können. Wird ein Lösungsvermittler verwendet, so darf er keine signifikanten Auswirkungen auf das Fischwachstum und keine erkennbaren nachteiligen Auswirkungen auf die Jungfische haben, was durch eine nur mit Lösungsmittel vorgenommene Kontrolle nachzuweisen ist.

Bei Durchflusstests ist ein System erforderlich, das kontinuierlich eine Stammlösung der Prüfsubstanz verdünnt (z. B. Dosierpumpe, Proportionalverdünner, Sättigungsvorrichtung), um die Testkonzentrationen den Testkammern zuzuführen. Die Durchflussgeschwindigkeiten der Stammlösungen und des Verdünnungswassers sind während des Testverlaufs in bestimmten Abständen, vorzugsweise täglich, zu prüfen und sollten während der gesamten Testdauer um nicht mehr als 10 % schwanken. Ein Ringtest (2) hat ergeben, dass es bei Regenbogenforellen vertretbar ist, wenn während des Testverlaufs 6 Liter Wasser/g Fisch/Tag ausgetauscht werden (siehe 1.8.2.2).

Bei semistatischen (Erneuerungs-)Tests hängt die Häufigkeit der Erneuerung des Mediums von der Stabilität der Prüfsubstanz ab, doch wird eine tägliche Erneuerung des Wassers empfohlen. Hat sich bei vorherigen Stabilitätstests (siehe 1.4) gezeigt, dass die Konzentration der Prüfsubstanz während des Erneuerungszeitraums nicht stabil ist (d. h. nicht in einem Bereich von 80-120 % des Nominalwerts liegt oder auf weniger als 80 % der gemessenen Ausgangskonzentration abfällt), so ist die Verwendung eines Durchflusstests in Erwägung zu ziehen.

1.6.4.   Auswahl der Spezies

Empfohlen wird für diesen Test die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), da beim Ringtest mit dieser Spezies die meisten Erfahrungen gesammelt wurden (1) (3). Es kommen auch andere gut dokumentierte Spezies in Frage, wobei jedoch das Testverfahren möglicherweise abgewandelt werden muss, um geeignete Testbedingungen zu schaffen. Beispielsweise liegen auch Erfahrungen mit dem Zebrabärbling (Danio rerio) (4)(5) und dem Reiskärpfling (Medaka, Oryzias latipes) (6) (7) (8) vor. Die Gründe für die Auswahl der Spezies und der Versuchsmethode sind in diesem Fall genau zu dokumentieren.

1.6.5.   Haltung der Fische

Die Versuchsfische sind aus einer Population eines einzelnen Stammes — vorzugsweise vom selben Laich — auszuwählen, die im Hinblick auf Wasserqualität und Beleuchtung vor dem Test mindestens zwei Wochen lang unter ähnlichen Bedingungen gehalten wurde, wie sie beim Test verwendet werden. Sie werden während der gesamten Dauer der Haltung und während des Tests mit einer Futtermenge von mindestens 2 %, vorzugsweise aber 4 %, ihres Körpergewichts gefüttert.

Nach einer 48-stündigen Eingewöhnungsphase wird die Mortalität festgehalten, wobei folgende Kriterien gelten:

Mortalität größer als 10 % der Population in sieben Tagen: Austausch aller Fische;
Mortalität zwischen 5 und 10 % der Population in sieben Tagen: weitere sieben Tage Akklimatisation; wenn die Mortalität innerhalb der folgenden sieben Tage bei mehr als 5 % liegt: Austausch des gesamten Besatzes;
Mortalität weniger als 5 % der Population in sieben Tagen: Verwendung aller Fische für den Test.

Die Fische sollen zwei Wochen vor dem Test und während des Tests nicht wegen irgendwelcher Erkrankungen behandelt werden.

1.7.   VERSUCHSAUFBAU

Unter „Versuchsaufbau“ sind die gewählte Anzahl und der Abstand der Testkonzentrationen, die Anzahl der Prüfgefäße je Konzentration und die Anzahl der Fische je Gefäß zu verstehen. Nach Möglichkeit sollte die Auswahl der Versuchsanordnung anhand folgender Kriterien erfolgen:

a) Ziel der Studie;
b) vorgesehene Methode der statistischen Analyse;
c) Verfügbarkeit und Kosten der experimentellen Ressourcen.

In der Erklärung zur Zielsetzung ist nach Möglichkeit die statistische Trennschärfe anzugeben, mit der ein Unterschied bestimmter Größenordnung (z. B. in der Wachstumsrate) nachgewiesen werden soll; wahlweise kann die Genauigkeit angegeben werden, mit der ECX (z. B. x = 10, 20 oder 30, vorzugsweise nicht unter 10) ermittelt werden soll. Ohne diese ist keine feste Angabe zum Umfang der Studie nicht möglich.

Es ist zu beachten, dass ein Versuchsaufbau, der für eine bestimmte Methode der statistischen Analyse optimal ist (d. h. die bestmögliche Nutzung der Ressourcen gestattet), dies nicht unbedingt auch für eine andere Methode sein muss. Daher wird für die Ermittlung der LOEC/NOEC nicht derselbe Aufbau empfohlen wie für die Regressionsanalyse.

Aus Gründen, die von Stephan und Rogers (9) erörtert werden, ist in den meisten Fällen die Regressionsanalyse der Varianzanalyse vorzuziehen. Falls jedoch kein geeignetes Regressionsmodell zur Verfügung steht (r2 < 0,9 ), ist die NOEC/LOEC zu verwenden.

1.7.1.   Versuchsaufbau für die Regressionsanalyse

Bei der Planung eines Tests, der mittels Regressionsanalyse ausgewertet werden soll, ist Folgendes zu beachten:

a) Die im Test verwendeten Konzentrationen müssen in jedem Falle die Wirkungskonzentration (z. B. EC10,20,30) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfsubstanz von Interesse ist, einschließen. Bei der Bestimmung von Wirkungskonzentrationen wird die größte Genauigkeit dann erzielt, wenn die Wirkungskonzentration in der Mitte des Bereichs der getesteten Konzentrationen liegt. Ein Vorversuch kann die Auswahl geeigneter Testkonzentrationen erleichtern.
b) Im Interesse einer zufrieden stellenden statistischen Modellierung sind bei dem Test mindestens ein Kontrollansatz und fünf weitere Gefäße mit unterschiedlichen Konzentrationen zu verwenden. Gegebenenfalls ist bei Verwendung eines Lösungsvermittlers zusätzlich zur Testreihe ein Kontrollansatz mitzuführen, der den Lösungsvermittler in der höchsten eingesetzten Konzentration enthält (siehe 1.8.3 und 1.8.4).
c) Es kann eine geeignete geometrische Reihe oder logarithmische Reihe (10) (siehe Anlage 3) verwendet werden. Ein logarithmischer Abstand zwischen den Testkonzentrationen ist zu bevorzugen.
d) Stehen mehr als sechs Prüfgefäße zur Verfügung, so sind die überzähligen Gefäße entweder für Paralleltests zu verwenden oder so über den Konzentrationsbereich zu verteilen, dass sich der Abstand zwischen den Konzentrationen verringert. Beide Maßnahmen sind gleichermaßen zu empfehlen.

1.7.2.   Versuchsaufbau für die Bestimmung der NOEC/LOEC mittels Varianzanalyse

Vorzugsweise sollten bei allen Konzentrationen Parallelansätze vorhanden sein, und die statistische Analyse sollte für die einzelnen Prüfgefäße vorgenommen werden (11). Ohne Parallelansätze ist es nicht möglich, die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen über das auf die einzelnen Fische zurückzuführende Maß hinaus zu berücksichtigen. Bei einer Untersuchung (12) wurde jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Variabilität zwischen den Gefäßen im Vergleich zur Variabilität innerhalb der Prüfgefäße (d. h. zwischen den Fischen) sehr gering war. Daher besteht eine durchaus vertretbare Alternative darin, eine statistische Analyse für die einzelnen Fische vorzunehmen.

In der Regel werden mindestens fünf Testkonzentrationen in einer geometrischen Reihe verwendet, wobei der Faktor vorzugsweise nicht größer als 3,2 ist.

Wird der Test mit Parallelansätzen durchgeführt, so gilt im Allgemeinen, dass die Zahl der zur Kontrolle verwendeten Parallelgefäße und damit die Zahl der Fische jeweils doppelt so groß sein soll wie bei den einzelnen Testkonzentrationen, bei denen die Zahl wiederum jeweils gleich sein soll (13) (14) (15). Werden dagegen keine Parallelgefäße verwendet, so soll die Zahl der Fische in der jeweiligen Kontrollgruppe mit der Zahl der Fische in der jeweiligen Testkonzentration übereinstimmen.

Wenn die Varianzanalyse für die Prüfgefäße und nicht auf die einzelnen Fische bezogen durchgeführt werden soll (wobei Letzteres entweder eine Markierung der einzelnen Fische oder die Verwendung „pseudo“-spezifischer Wachstumsraten voraussetzen würde (siehe 2.1.2)), müssen so viele Prüfgefäße für Paralleltests vorhanden sein, dass die Standardabweichung der „Gefäße innerhalb der einzelnen Konzentrationen“ bestimmt werden kann. Dies bedeutet, dass die Freiheitsgrade für Fehler in der Varianzanalyse mindestens 5 (11) betragen sollten. Bei alleiniger Replikation der Kontrollen besteht die Gefahr einer Beeinflussung der Fehlervariabilität, da sie zusammen mit dem mittleren Wert der fraglichen Wachstumsrate ansteigen kann. Da die Wachstumsrate aller Wahrscheinlichkeit nach mit steigender Konzentration abnimmt, hat dies zur Folge, dass die Variabilität zu hoch eingeschätzt wird.

1.8.   VERFAHREN

1.8.1.   Auswahl und Wiegen der Versuchsfische

Zu Beginn des Tests kommt es darauf an, die Unterschiede im Gewicht der Fische möglichst gering zu halten. In Anlage 1 werden geeignete Größenbereiche für die einzelnen Spezies angegeben, deren Verwendung in diesem Test empfohlen wird. Beim gesamten im Test verwendeten Fischbesatz sollen die Unterschiede im Gewicht der einzelnen Fische am Anfang des Tests möglichst nicht mehr als ± 10 % des arithmetischen Mittels betragen und in keinem Falle 25 % übersteigen. Es wird empfohlen, vor dem Test zwecks Bestimmung des mittleren Gewichts eine Teilstichprobe von Fischen zu wiegen.

Die Fütterung der Stammpopulation ist in den 24 Stunden vor dem Test auszusetzen Anschließend erfolgt eine Zufallsauswahl der Fische. Unter Verwendung eines allgemeinen Anästhetikums (z. B. einer wässrigen Lösung von 100 mg/l Tricainmethansulphonat (MS 222), die durch Zugabe von zwei Teilen Natriumhydrogencarbonat pro Teil MS 222 neutralisiert wird), werden die (trockengetupften) Fische einzeln gewogen, um das Feuchtgewicht mit der in Anlage 1 angegebenen Genauigkeit zu ermitteln. Diejenigen Fische, deren Gewicht innerhalb des ausgewählten Bereichs liegt, sind verwendbar und werden willkürlich auf die Testbehältnisse aufgeteilt. Das Gesamtfeuchtgewicht der Fische in jedem Testbehältnis ist festzuhalten. Die Verwendung eines Anästhetikums und die Handhabung der Fische (darunter das Trockentupfen und Wiegen) können bei den Jungfischen Stress und Verletzungen hervorrufen, was insbesondere für kleinwüchsige Spezies gilt. Daher sind die Jungfische mit äußerster Vorsicht zu behandeln, um eine Belastung und Verletzung der Versuchstiere zu vermeiden.

Am 28. Tag des Tests werden die Fische erneut gewogen (siehe 1.8.6). Wird jedoch eine neuerliche Berechnung der Futterration für notwendig erachtet, können die Fische am 14. Tag des Tests erneut gewogen werden (siehe 1.8.2.3). Es können auch andere Methoden wie beispielsweise die fotografische Längenmessung verwendet werden, um Größenänderungen bei den Fischen zu ermitteln, auf deren Grundlage die Futterrationen angepasst werden.

1.8.2.   Expositionsbedingungen

1.8.2.1.   Dauer

Die Testdauer beträgt 28 Tage.

1.8.2.2.   Besatzrate und Besatzdichte

Wichtig ist, dass die Besatzrate und Besatzdichte der jeweils verwendeten Testspezies angepasst sind (siehe Anlage 1). Die bei einer zu hohen Besatzdichte entstehende Enge ruft Stress hervor, der eine Verringerung der Wachstumsrate und unter Umständen Erkrankungen zur Folge haben kann. Eine zu niedrige Besatzdichte kann Auslöser für Revierverhalten sein, wodurch ebenfalls das Wachstum beeinträchtigt werden kann. In jedem Falle sollte die Besatzrate so niedrig sein, dass ohne Belüftung eine Konzentration an gelöstem Sauerstoff von mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts aufrechterhalten werden kann. Ein Ringtest (3) hat ergeben, dass bei Regenbogenforellen eine Besatzrate von 16 Forellen von 3-5 g auf jeweils 40 Liter vertretbar ist. Es wird empfohlen, für die Dauer des Tests 6 l Wasser/g Fisch/Tag auszutauschen.

1.8.2.3.   Fütterung

Die Fische sind mit geeignetem Futter (Anlage 1) in einer Menge zu füttern, die eine annehmbare Wachstumsrate ermöglicht. Das Wachstum von Mikroorganismen sowie Wassertrübungen sind sorgfältig zu vermeiden. Bei Regenbogenforellen dürfte dies mit einer täglichen Futterration von 4 % des Körpergewichts zu erreichen sein (3) (16) (17) (18). Die Tagesration kann in zwei gleiche Teile aufgeteilt und den Fischen in zwei Fütterungen pro Tag im Abstand von mindestens fünf Stunden verabreicht werden. Die Ration richtet sich nach dem jeweiligen Gesamt-Ausgangsgewicht der Fische in den einzelnen Testbehältnissen. Werden die Fische am 14. Tag erneut gewogen, so erfolgt die Neuberechnung der Ration zu diesem Zeitpunkt. Die Fütterung ist 24 Stunden vor dem Wiegen auszusetzen.

Nicht gefressenes Futter und Exkremente werden täglich vom Boden der Prüfgefäße sorgfältig abgesaugt.

1.8.2.4.   Licht und Temperatur

Fotoperiode und Wassertemperatur sind der Testspezies anzupassen (Anlage 1).

1.8.3.   Testkonzentrationen

Normalerweise werden unabhängig vom Testaufbau fünf Konzentrationen der Prüfsubstanz benötigt (siehe 1.7.2). Eine vorherige Bestimmung der Toxizität der Prüfsubstanz (z. B. durch Akuttests und/oder einen Vorversuch zur Ermittlung eines geeigneten Konzentrationsbereichs) erleichtert die Auswahl der Testkonzentrationen. Werden weniger als fünf Konzentrationen verwendet, so ist dies zu begründen. Die höchste getestete Konzentration darf die Löslichkeitsgrenze der Substanz in Wasser nicht überschreiten.

Wird ein Lösungsvermittler verwendet, so soll dessen Konzentration nicht mehr als 0,1 ml/l betragen und vorzugsweise in allen Testbehältnissen identisch sein (siehe 1.6.3). Die Verwendung solcher Stoffe sollte allerdings möglichst vermieden werden.

1.8.4.   Kontrollen

Die Zahl der mit Verdünnungswasser vorgenommenen Kontrollen ist vom Testaufbau abhängig (siehe 1.7-1.7.2). Bei Verwendung eines Lösungsvermittlers sind mit diesem ebenso viele Kontrollen durchzuführen wie mit dem Verdünnungswasser.

1.8.5.   Häufigkeit der analytischen Bestimmungen und Messungen

Für die Dauer des Tests werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in regelmäßigen Abständen bestimmt (siehe unten).

Beim Durchflusstest sind die Durchflussgeschwindigkeiten des Verdünnungswassers und der Stammlösungen des Giftstoffs in regelmäßigen Abständen — vorzugsweise täglich — zu überprüfen und dürfen während der gesamten Testdauer um höchstens 10 % schwanken. Ist damit zu rechnen, dass die Konzentrationen der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwerts schwanken (d. h. im Bereich von 80-120 % liegen; siehe 1.6.2 und 1.6.3), so wird empfohlen, mindestens die höchste und die niedrigste Testkonzentration zu Beginn des Tests und danach in wöchentlichen Abständen zu analysieren. Ist bei einem Test (aufgrund der Stabilitätsdaten der Prüfsubstanz) nicht damit zu rechnen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwertes schwankt, müssen sämtliche Testkonzentrationen analysiert werden, wobei dieselbe Vorgehensweise anzuwenden ist.

Ist bei einem semistatischen (Erneuerungs-)Test damit zu rechnen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwerts schwankt, so wird empfohlen, mindestens die höchste und die niedrigste Testkonzentration zu Beginn der Studie sofort nach der Zubereitung und unmittelbar vor der Erneuerung sowie anschließend wöchentlich zu analysieren. Ist bei einem Test nicht damit zu rechnen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz um höchstens ± 20 % des Nominalwerts schwankt, müssen sämtliche Testkonzentrationen analysiert werden, wobei dieselbe Vorgehensweise anzuwenden ist wie bei den stabileren Substanzen.

Es wird empfohlen, bei der Berechnung der Ergebnisse von den gemessenen Konzentrationen auszugehen. Liegen jedoch Nachweise dafür vor, dass die Konzentration der gelösten Prüfsubstanz für die Dauer des gesamten Tests in zufrieden stellender Weise in einem Bereich von + 20 % des Nominalwertes oder der gemessenen Ausgangskonzentration gehalten wurde, kann vom Nennwert oder vom gemessenen Wert ausgegangen werden.

Es kann erforderlich sein, die Proben zu filtrieren (z. B. unter Verwendung einer Porengröße von 0,45 μm) oder zu zentrifugieren. Das empfohlene Verfahren ist die Zentrifugation. Allerdings ist auch die Filtration zulässig, sofern es nicht zur Adsorption des Testmaterials am Filter kommt.

Während des Tests sind in allen Testbehältnissen der gelöste Sauerstoff, der pH-Wert und die Temperatur zu messen. In den Kontrollgefäßen und einem Prüfgefäß mit der höchsten Konzentration sind die Gesamthärte, -alkalität und -salinität (falls zutreffend) zu messen. Der gelöste Sauerstoff und die Salinität (falls zutreffend) sind mindestens dreimal zu messen (zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Tests). Bei semistatischen Tests wird empfohlen, den gelösten Sauerstoff häufiger zu messen, vorzugsweise vor und nach jedem Wasseraustausch, mindestens aber einmal wöchentlich. Der pH-Wert ist beim semistatischen Test zu Beginn und Ende jedes Wasseraustauschs und beim Durchflusstest mindestens wöchentlich zu messen. Härte und Alkalität sind bei jedem Test je einmal zu messen. Die Temperatur sollte vorzugsweise in mindestens einem Testgefäß fortlaufend überwacht werden.

1.8.6.   Anmerkungen

Gewicht: Am Ende des Tests sind alle überlebenden Fische zur Ermittlung des Feuchtgewichts (trockengetupft) entweder als Gruppe je Testgefäß oder einzeln zu wiegen. Das Wiegen der Tiere je Testgefäß ist zu bevorzugen, da das individuelle Wiegen eine vorherige individuelle Kennzeichnung der Fische erfordern würde. Werden die Fische einzeln gewogen, um ihre individuellen spezifischen Wachstumsraten zu ermitteln, so sollte die Kennzeichnungsmethode die Tiere möglichst wenig belasten (eventuell kommen Alternativen zum Gefrierbrand in Frage, z. B. die Verwendung von dünner farbiger Angelschnur).

Für die Dauer des Tests sind die Fische täglich zu untersuchen und jegliche äußerliche Abnormitäten (wie Blutungen, Verfärbungen) und abnorme Verhaltensweisen aufzuzeichnen. Die Mortalität ist festzuhalten, und tote Fische sind so schnell wie möglich zu entfernen. Tote Fische werden nicht ersetzt, da die Besatzrate und Besatzdichte so gewählt sind, dass Änderungen in der Zahl der Fische je Prüfgefäß keine Auswirkungen auf das Wachstum haben. Es ist jedoch eine Anpassung der Futtermenge erforderlich.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

Es wird die Mitwirkung eines Statistikers bei der Festlegung des Testaufbaus wie auch bei der Analyse der Testergebnisse empfohlen, da die Versuchsanordnungen bei dieser Testmethode stark variieren können, so beispielsweise was die Zahl der Testkammern, der Testkonzentrationen, der Fische usw. anbelangt. In Anbetracht der verschiedenen Möglichkeiten des Testaufbaus wird hier auf eine konkrete Anleitung zum statistischen Verfahren verzichtet.

Für Testgefäße, in denen die Mortalität 10 % übersteigt, werden keine Wachstumsraten berechnet. Dennoch sind die Mortalitätsraten für sämtliche Testkonzentrationen anzugeben.

Das Grundkonzept bei sämtlichen Analysemethoden ist die Ermittlung der spezifischen Wachstumsrate r zwischen Zeitpunkt t1 und Zeitpunkt t2. Diese kann in Abhängigkeit davon, ob die Fische einzeln gekennzeichnet sind oder ob ein Durchschnittswert je Prüfgefäß errechnet werden muss, unterschiedlich definiert werden.

wobei

r1=individuelle spezifische Wachstumsrate des Fisches
r2=durchschnittliche spezifische Wachstumsrate je Gefäß
r3=„pseudo“-spezifische Wachstumsrate
w1, w2=Gewicht eines bestimmten Fisches zum Zeitpunkt t1 bzw. t2
loge w1=Logarithmus des Gewichts eines einzelnen Fisches am Anfang des Untersuchungszeitraums
loge w2=Logarithmus des Gewichts eines einzelnen Fisches am Ende des Untersuchungszeitraums
loge W1=Durchschnitt der Logarithmen der Werte w1 für die Fische im Gefäß am Anfang des Untersuchungszeitraums
loge W2=Durchschnitt der Logarithmen der Werte w2 für die Fische im Gefäß am Ende des Untersuchungszeitraums
t1, t2=Zeitpunkt (Tage) am Anfang und Ende des Untersuchungszeitraumes

r1, r2, r3 kann für den Zeitraum von 0-28 Tagen und gegebenenfalls (d. h. wenn am 14. Tag eine Messung erfolgt) für die Zeiträume von 0-14 und 14-28 Tagen berechnet werden.

2.1.1.   Analyse der Ergebnisse mittels Regression (Konzentrations-Wirkungs-Modell)

Diese Analysemethode stellt eine geeignete mathematische Beziehung zwischen der spezifischen Wachstumsrate und der Konzentration her und ermöglicht damit die Bestimmung von „ECX“, d. h. eines beliebigen gewünschten EC-Wertes. Bei Verwendung dieser Methode ist die Berechnung von r für den einzelnen Fisch (r1) nicht notwendig, vielmehr kann bei der Analyse vom Durchschnitt je Gefäß (r2) ausgegangen werden. Letztere Methode wird bevorzugt. Im Falle sehr kleiner Spezies ist sie auch besser geeignet.

Zur Untersuchung der Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung werden die durchschnittlichen spezifischen Wachstumsraten je Gefäß (r2) grafisch als Funktion der Konzentration dargestellt.

Für die Darstellung der Beziehung zwischen r2 und Konzentration ist ein geeignetes Modell zu wählen, und die Auswahl ist angemessen zu begründen.

Ist die Zahl der überlebenden Fische in den einzelnen Prüfgefäß unterschiedlich, ist das Verfahren der Modellanpassung, ob einfach oder nichtlinear, zwecks Berücksichtigung der ungleichen Gruppengrößen zu gewichten.

Die Methode der Modellanpassung muss beispielsweise eine Schätzung der EC20 und ihrer Streuung (entweder Standardfehler oder Vertrauensintervall) ermöglichen. Die Abbildung des angepassten Modells ist im Verhältnis zu den Daten zu zeigen, um die Eignung der Anpassung zu verdeutlichen (9) (19) (20) (21).

2.1.2.   Analyse der Ergebnisse zur Bestimmung der LOEC

Waren bei dem Test auf allen Konzentrationsstufen Parallelgefäße vorhanden, so kann die LOEC mittels Varianzanalyse der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate je Gefäß bestimmt werden (siehe 2.1), wonach der Durchschnitt r bei jeder Konzentration anhand einer geeigneten Methode (z. B. Dunnett-Test oder Williams-Test (13) (14) (15) (22)) mit dem Durchschnitt r der Kontrollgruppen verglichen wird, um die geringste Konzentration zu ermitteln, bei der der Unterschied mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,05 signifikant ist. Sind die Voraussetzungen für eine parametrische Methode nicht gegeben (durch Nichtnormalverteilung (z. B. Shapiro-Wilk-Test) oder heterogene Varianzen (Bartlett-Test)), so sollte vor der Varianzanalyse zwecks Homogenisierung der Varianzen eine Transformation der Daten erfolgen oder aber eine gewichtete Varianzanalyse durchgeführt werden.

Waren nicht bei jeder Konzentration Parallelgefäße vorhanden, ist eine von den einzelnen Gefäßen ausgehende Varianzanalyse unempfindlich oder nicht möglich. In diesem Falle besteht eine annehmbare Kompromisslösung darin, bei der Varianzanalyse die „pseudo“-spezifische Wachstumsrate r3 für die einzelnen Fische zu verwenden.

Der Durchschnitt r3 für die einzelnen Testkonzentrationen kann dann mit dem Durchschnitt r3 für die Kontrollgruppen verglichen werden. Anschließend wird die LOEC wie oben ermittelt. Zu beachten ist, dass es bei dieser Methode nicht möglich ist, die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen über das auf die einzelnen Fische zurückzuführende Maß hinaus zu berücksichtigen oder sich in dieser Hinsicht abzusichern. Es wurde jedoch die Erfahrung gemacht (9), dass die Variabilität zwischen den Gefäßen im Vergleich zur Variabilität innerhalb der Gefäße (d. h. zwischen den Fischen) sehr gering war. Werden keine einzelnen Fische in die Analyse einbezogen, so ist die verwendete Methode zur Ermittlung von Ausreißern anzugeben und zu begründen.

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren, wenn die gemessenen Substanzkonzentrationen in den Testlösungen nahe an der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens liegen bzw. wenn bei semistatischen Tests die Konzentration der Prüfsubstanz in der Zeit zwischen der Zubereitung und der Erneuerung abnimmt.

2.3.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

2.3.1.   Prüfsubstanz:

physikalischer Zustand und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Kenndaten einschließlich Reinheitsgrad und gegebenenfalls Analyseverfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz.

2.3.2.   Testspezies:

wissenschaftliche Bezeichnung (nach Möglichkeit):
Stamm, Größe, Herkunft, eventuelle Vorbehandlungen usw.

2.3.3.   Prüfbedingungen:

verwendetes Prüfverfahren (z. B. semistatisch/Erneuerung. Durchflussverfahren, Besatz. Besatzdichte usw.);
Versuchsaufbau (z. B. Zahl der Testgefäße, der Testkonzentrationen und der Parallelansätze, Zahl der Fische pro Gefäß);
Methode der Zubereitung der Stammlösungen und Erneuerungshäufigkeit (falls verwendet, müssen Angaben zum Lösungsvermittler und seiner Konzentration gemacht werden);
die nominellen Testkonzentrationen, der Durchschnitt der gemessenen Werte und deren Standardabweichungen in den Testgefäßen sowie das Verfahren, durch das diese ermittelt wurden; Nachweise dafür, dass sich die Messungen auf die Konzentrationen der Prüfsubstanz in echter Lösung beziehen;
Eigenschaften des Verdünnungswassers: pH-Wert, Härte, Alkalität, Temperatur, Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Restchlor (falls gemessen), gesamter organischer Kohlenstoff, suspendierte Feststoffe, Salinität des Testmediums (falls gemessen) sowie alle sonstigen durchgeführten Messungen;
Wasserqualität innerhalb der Testgefäße: pH-Wert, Härte, Temperatur und Konzentration des gelösten Sauerstoffs;
ausführliche Angaben zur Fütterung (z. B. Art des Futters, Herkunft, Fütterungsmenge und -häufigkeit).

2.3.4.   Ergebnisse:

Nachweis dafür, dass die Kontrollgruppen die Validitätskriterien für das Überleben erfüllen, sowie Daten zur Mortalität bei allen Testkonzentrationen;
verwendete statistische Analysemethoden, statistische Angaben auf der Basis von Parallelgefäßen oder ein zelnen Fischen, Aufbereitung der Daten und Begründung der verwendeten Methoden;
tabellarische Angaben zum individuellen und durchschnittlichen Gewicht der Fische an den Tagen 0, 14 (falls gemessen) und 28, Werte für durchschnittliche spezifische Wachstumsraten je Gefäß oder (gegebenenfalls) pseudo-spezifische Wachstumsraten für den Zeitraum 0-28 Tage bzw. 0-14 und 14-28 Tage;
Ergebnisse der statistischen Analyse (d. h. Regressionsanalyse oder Varianzanalyse), vorzugsweise in tabellarischer und grafischer Form, sowie LOEC (p = 0,05 ) und NOEC oder nach Möglichkeit ECX, gegebenenfalls mit Standardfehlern;
festgestellte ungewöhnliche Reaktionen der Fische und erkennbare Auswirkungen der Prüfsubstanz.

3.   LITERATUR

(1) Solbe J. F. de LG (1987). Environmental Effects of Chemicals (CFM 9350 SLD). Report on a UK Ring Test of a Method for Studying the Effects of Chemicals on the Growth Rate of Fish. WRc Report No PRD 1388-M/2.

(2) Meyer, A., Bierman, C. H. and Orti, G. (1993). The phylogenetic position of the zebrafish (Danio rerio), a model System in developmental biology: an invitation to the comparative method. Proc. R. Soc. Lond. B. 252, 231-236.

(3) Ashley S., Mallett M. J. and Grandy N. J. (1990). EEC Ring Test of a Method for Determining the Effects of Chemicals on the Growth Rate of Fish. Final Report to the Commission of the European Communities. WRc Report No EEC 2600-M.

(4) Crossland N. O. (1985). A method to evaluate effects of toxic chemicals on fish growth. Chemosphere, 14, 1855-1870.

(5) Nagel R., Bresh H., Caspers N., Hansen P. D., Market M., Munk R., Scholz N. and Höfte B. B. (1991). Effect of 3,4 -dichloroaniline on the early life stages of the Zebrafish (Brachydanio rerio): results of a comparative laboratory study. Ecotox. Environ. Safety, 21, 157-164.

(6) Yamamoto, Tokio. (197 5). Series of stock cultures in biological field. Medaka (killifish) biology and strains. Keigaku Publish. Tokio, Japan.

(7) Holcombe. G. W., Benoit D. A., Hammermeister, D. E., Leonard, E. N. and Johnson. R. D. (1995). Acute and long-term effects of nine chemicals on the Japanese medaka (Oryzias latipes). Arch. Environ. Conta. Toxicol. 28, 287-297.

(8) Benoit. D. A., Holcombe, G. W. and Spehar, R. L. (1991). Guidelines for conducting early life toxicity tests with Japanese medaka (Oryzias latipes). Ecological Research Series EPA-600/3-91-063. US Environmental Protection Agency. Duluth, Minnesota.

(9) Stephan C. E. and Rogers J. W. (1985). Advantages of using regression analysis to calculate results of chronic toxicity tests. Aquatic Toxicology and Hazard Assessment: Eighth Symposium, ASTM STP 891, R. C. Bahner and D. J. Hansen, eds., American Society for Testing and Materials, Philadelphia, 328-338.

(10) Environment Canada (1992). Biological test method: toxicity tests using early life stages of salmonid fish (rainbow trout, coho salmon, or Atlantic salmon). Conservation and Protection, Ontario, Report EPS l/RM/28, 81 S.

(11) Cox D. R. (1958). Planning of experiments. Wiley Edt.

(12) Pack S. (1991). Statistical issues concerning the design of tests for determining the effects of chemicals on the growth rate of fish. Room Document 4, OECD Ad Hoc Meeting of Experts on Aquatic Toxicology, WRc Medmenham, UK, 10-12 December 1991.

(13) Dunnett C. W. (1955). A Multiple Comparisons Procedure for Comparing Several Treatments with a Control, J. Amer. Statist. Assoc, 50, 1096-1121.

(14) Dunnett C. W. (1964). New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics, 20, 482-491.

(15) Williams D. A. (1971). A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics 27, 103-117.

(16) Johnston, W. L., Atkinson, J. L., Glanville N. T. (1994). A technique using sequential feedings of different coloured food to determine food intake by individual rainbow trout, Oncorhynchus mykiss: effect of feeding level. Aquaculture 120, 123-133.

(17) Quinton J. C. and Blake R. W. (1990). The effect of feed cycling and ration level on the compensatory growth response in rainbow trout, Oncorhynchus mykiss. Journal of Fish Biology, 37, 33-41.

(18) Post, G. (1987). Nutrition and Nutritional Diseases of Fish. Chapter IX in Testbook of Fish Health. T.F.H. Publications, Inc. Neptune City, New Jersey, USA. 288 S.

(19) Bruce, R. D. and Versteeg D. J. (1992). A statistical procedure for modelling continuous toxicity data. Environ. Toxicol. Chem. 11, 1485-1494.

(20) DeGraeve G. M., Cooney J. M., Pollock T. L, Reichenbach J. H., Dean, Marcus M. D. and McIntyre D. O. (1989). Precision of EPA seven-day fathead minnow larval survival and growth test; intra and interlaboratory study. Report EA-6189 (American Petroleum Institute Publication, No 4468). Electric Power Research Institute, Palo Alto, CA.

(21) Norbert-King T. J. (1988). An interpolation estimate for chronic toxicity: the ICp approach. US Environmental Protection Agency. Environmental Research Lab., Duluth, Minnesota. Tech. Rep. No 05-88 of National Effluent Toxicity Assesment Center. Sept. 1988. 12 S.

(22) Williams D. A. (1972). The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics 28, 510-531.

Anlage 1

FÜR DIE PRÜFUNG EMPFOHLENE FISCHSPEZIES UND GEEIGNETE PRÜFBEDINGUNGEN



Spezies

Empfohlener Testtemperaturbereich

( oC)

Fotoperiode

(Stunden)

Empfohlener Bereich für das erforderliche Ausgangsgewicht der Fische

Messgenauigkeit

(g)

Besatzrate

(g/l)

Besatzdichte

(pro Liter)

Futter

Testdauer

(Tage)

Empfohlene Spezies

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle

12,5 -16,0 12-161-5Auf 100 mg genau1,2 -2,0 4Marken-Trockenfutter für Salmonidenbrut> 28
Sonstige gut dokumentierte Spezies

Danio rerio

Zebrabärbling

21-2512-160,050 -0,100 Auf 1 mg genau0,2 -1,0 5-10Lebendfutter (Brachionus Artemia)> 28

Oryzias latipes

Reiskärpfling (Medaka)

21-2512-160,050 -0,100 Auf 1 mg genau0,2 -1,0 5-20Lebendfutter (Brachionus Artemia)> 28

Anlage 2

EINIGE CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN VON GEEIGNETEM VERDÜNNUNGSWASSER



SubstanzKonzentrationen
Schwebstoffe< 20 mg/l
Gesamter organischer Kohlenstoff< 2 mg/l
Nichtionisiertes Ammoniak< 1 μg/l
Restchlorgehalt< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden und polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l

Anlage 3

Logarithmische Reihe geeigneter Konzentrationen für den Toxizitätstest (9)



Spalte (Anzahl der Konzentrationen zwischen 100 und 10 oder zwischen 10 und 1) (1)
1234567
100100100100100100100
32465663687275
10223240465256
3,2 101825323742
1,0 4,6 1016222732
2,2 5,6 10151924
1,0 3,2 6,3 101418
1,8 4,0 6,8 1013
1,0 2,5 4,6 7,2 10
1,6 3,2 5,2 7,5
1,0 2,2 3,7 5,6
1,5 2,7 4,2
1,0 1,9 3,2
1,4 2,4
1,0 1,8
1,3
1,0
(1)   Es können fünf (oder mehr) aufeinander folgende Konzentrationen aus einer Spalte gewählt werden. Die Mittelpunkte zwischen den Konzentrationen in Spalte (x) sind Spalte (2x + 1) zu entnehmen. Die aufgeführten Konzentrationen können Volumen- oder Gewichtsprozent (mg/l oder μg/l) darstellen. Die Werte können gegebenenfalls mit jeder beliebigen Zehnerpotenz multipliziert bzw. durch sie dividiert werden. Spalte 1 kann verwendet werden, wenn erhebliche Unsicherheit hinsichtlich des Toxititätsgrads besteht.

C.15.   FISCHE, KURZFRISTIGE TOXIZITÄTSPRÜFUNG AN EMBRYONEN UND JUNGFISCHEN MIT DOTTERSACK

1.   METHODE

Diese Methode zur kurzfristigen Toxizitätsprüfung entspricht der OECD TG 212 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Diese kurzfristige Toxizitätsprüfung an Fischembryonen und Jungfischen mit Dottersack stellt eine kurzfristige Prüfung dar, bei der die Entwicklungsstadien vom frisch befruchteten Ei bis zum Ende des Dottersackstadiums exponiert werden. Bei der Prüfung an Fischembryonen und Jungfischen mit Dottersack erfolgt keine Fütterung, daher sollte die Prüfung abgeschlossen sein, solange sich die Larven noch aus dem Dottersack ernähren.

Die Prüfung soll zur Ermittlung der letalen und — in gewissem Umfang — auch der subletalen Auswirkungen von Chemikalien auf die spezifischen Entwicklungsstadien und geprüften Fischarten dienen. Sie soll insofern nützliche Informationen liefern, als sie a) eine Brücke zwischen letalen und subletalen Prüfungen schlagen, b) als Screening-Test für eine Durchführung des vollständigen Early-Life-Stage-Tests oder für einen chronischen Toxizitätstest verwendet und c) für die Prüfung von Fischarten herangezogen werden könnte, bei denen die Zuchtverfahren noch nicht hinreichend weit entwickelt sind, um die Zeit der Umstellung von der endogenen auf die exogene Fütterung abzudecken.

Nicht vergessen werden sollte, dass nur Prüfungen, die alle Entwicklungsstadien von Fischen umfassen, im Allgemeinen eine korrekte Schätzung der chronischen Toxizität von Chemikalien für Fische ermöglichen und dass eine verkürzte Exposition in Bezug auf Entwicklungsstadien unter Umständen zu einer Herabsetzung der Empfindlichkeit und damit zu einer Unterschätzung der chronischen Toxizität führen kann. Es wird daher erwartet, dass die Empfindlichkeit bei der Prüfung an Fischembryonen und Jungfischen mit Dottersack geringer als in einer vollständigen Prüfung des frühen Entwicklungsstadiums ist, insbesondere bei Chemikalien mit einer hohen Lipophilizität (log Pow > 4) und Chemikalien mit einer spezifischen toxischen Wirkungsweise. Kleinere Unterschiede in der Empfindlichkeit zwischen zwei Tests dürften allerdings bei Chemikalien mit einer unspezifischen narkotischen Wirkungsweise (1) zu erwarten sein.

Vor der Veröffentlichung dieser Prüfung lagen die meisten Erfahrungen mit Fischembryonen und Dottersackjungfischen des Süßwasserfischs Danio rerio Hamilton-Buchanan (Teleostei, Cyprinidae — allgemeinsprachlicher Name: Zebrabärbling) vor. Detailliertere Angaben zur Versuchsdurchführung bei dieser Fischart finden sich daher in Anlage 1. Dadurch wird die Verwendung von anderen Fischarten, mit denen ebenfalls Erfahrungen vorliegen (Tabellen 1A und 1B), nicht ausgeschlossen.

1.2.   DEFINITIONEN

Lowest Observed Effect Concentration (LOEC): Dies ist die niedrigste geprüfte Konzentration einer Prüfsubstanz, bei der sich im Vergleich zu der Kontrolle eine signifikante Wirkung beobachten lässt (bei p < 0,05 ). Alle Prüfkonzentrationen oberhalb der LOEC müssen jedoch eine schädigende Wirkung haben, die gleich den bei der LOEC beobachteten Wirkungen oder größer als diese ist.

No Observed Effect Concentration (NOEC): Dies ist die Prüfkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Die Fischembryonen und Jungfische mit Dottersack werden einem Bereich von Konzentrationen der in Wasser gelösten Prüfsubstanz ausgesetzt. Im Rahmen des Protokolls kann zwischen einem semistatischen und einem Durchflussverfahren gewählt werden. Die Entscheidung über das Verfahren hängt dabei von der Art der Prüfsubstanz ab. Die Prüfung beginnt damit, dass befruchtete Eier in die Prüfkammern gesetzt werden, und sie endet, kurz bevor der Dottersack von Larven in einer der Prüfkammern vollständig aufgezehrt ist beziehungsweise bevor die Tiere in den Kontrollen zu verhungern anfangen. Letale und subletale Auswirkungen werden bewertet und mit Kontrollwerten zur Bestimmung der niedrigsten beobachteten Wirkkonzentration (LOEC) und damit auch der höchsten Konzentration ohne Wirkung (NOEC) verglichen. Alternativ können sie auch mit Hilfe eines Regressionsmodells analysiert werden, um die Konzentrationen zu schätzen, die zu einer Wirkung mit einem bestimmten prozentualen Anteil führen würden (d. h. LC/ECx, wobei x für den prozentualen Anteil, der von der Wirkung betroffen ist, steht).

1.4.   INFORMATIONEN ÜBER DIE PRÜFSUBSTANZ

Ergebnisse einer akuten Toxizitätsprüfung (siehe Methode C.1), die möglichst an der für diese Prüfung gewählten Fischart durchgeführt wurde, sollten zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse können bei der Auswahl eines geeigneten Bereichs an Prüfkonzentrationen bei der Prüfung in den frühen Entwicklungsstadien hilfreich sein. Die Wasserlöslichkeit (einschließlich Löslichkeit im Prüfwasser) und der Dampfdruck der Prüfsubstanz sollten bekannt sein. Ein zuverlässiges analytisches Verfahren für die Quantifizierung der Substanz in den Prüflösungen mit bekannter und protokollierter Genauigkeit und Nachweisgrenze sollte verfügbar sein.

Zu den Informationen über die Prüfsubstanz, die bei der Festlegung der Prüfbedingungen von Nutzen sein können, gehören die Strukturformel, die Reinheit der Substanz, die Lichtstabilität, die Stabilität unter den Versuchsbedingungen, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung zur leichten biologischen Abbaubarkeit (siehe Methode C.4).

1.5.   VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, gelten die folgenden Bedingungen:

Die gesamte Überlebensrate von befruchteten Eiern in den Kontrollen und, soweit zutreffend, in den Gefäßen, in denen sich ausschließlich Lösemittel befindet, muss größer oder gleich den in den Anlagen 2 und 3 definierten Grenzwerten sein.
Die Konzentration an gelöstem Sauerstoff muss während der gesamten Prüfung zwischen 60 und 100 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes liegen.
Die Wassertemperatur darf zwischen den Prüfkammern oder zwischen aufeinander folgenden Tagen zu keiner Zeit während der Prüfung um mehr als ± 1,5 oC schwanken und sollte innerhalb der für die geprüfte Fischart festgelegten Temperaturbereiche liegen (Anlagen 2 und 3).

1.6.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.6.1.   Prüfkammern

Verwendet werden können beliebige Gefäße aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Werkstoff. Die Abmessungen der Gefäße sollten der Besatzrate entsprechend groß genug sein (siehe 1.7.1.2). Es wird empfohlen, die Prüfkammern nach dem Zufallsprinzip in dem Prüfbereich anzuordnen. Einem randomisierten Blockkonzept, bei dem jede Behandlung in jedem Block vorhanden ist, ist der Vorzug vor einem vollständig randomisierten Konzept zu geben, wenn systemische Wirkungen in der Prüfeinrichtung vorhanden sind, die durch die Blockbildung kontrolliert werden können. Der Blockbildung sollte, sofern sie zum Tragen kommt, bei der anschließenden Datenauswertung Rechnung getragen werden. Die Prüfkammern sind vor ungewollten Störungen zu schützen.

1.6.2.   Auswahl der Fischarten

Empfohlene Fischarten werden in Tabelle 1A genannt. Dies schließt die Verwendung anderer Fischarten (Beispiele hierzu finden sich in Tabelle 1B) zwar nicht aus, doch ist das Prüfverfahren unter Umständen anzupassen, um geeignete Prüfbedingungen zu schaffen. In diesem Fall sollten die Beweggründe für die Auswahl der Fischart und das Versuchsverfahren protokolliert werden.

1.6.3.   Haltung der Zuchtfische

Nähere Angaben, wie man die Zuchtfische unter zufriedenstellenden Bedingungen hält, lassen sich in der OECD TG 210  und in den Literaturhinweisen (2) (3) (4) (5) (6) finden.

1.6.4.   Handhabung von Embryonen und Larven

Embryonen und Larven können innerhalb des Hauptgefäßes in kleineren Behältern exponiert werden, die mit Siebseiten oder -enden versehen sind, damit die Prüflösung durch das Gefäß hindurchfließen kann. Einen wirbelfreien Durchfluss durch diese kleinen Gefäße kann man dadurch herbeiführen, dass man diese an einen Arm aufhängt, der das Gefäß auf- und abbewegt, dabei jedoch die Organismen immer mit der Prüflösung bedeckt hält; ebenfalls verwendet werden kann ein Siphonspülsystem. Befruchtete Eier von Salmonidfischen können auf Einschüben oder Gittern gehältert werden, deren Öffnungen groß genug sind, so dass die Larven nach dem Schlüpfen hindurch fallen können. Pasteurpipetten eignen sich, um die Embryonen und Larven in den semistatischen Prüfungen mit vollständigem täglichem Wechsel des Prüfmediums zu entfernen (siehe 1.6.6).

Werden Eierbehälter, Gitter oder Siebe verwendet, um die Eier innerhalb des Hauptprüfgefäßes zu halten, sollten diese Rückhaltevorrichtungen nach dem Schlüpfen der Larven entfernt werden (93) ; Siebe sollten nur bleiben, um die Fische an der Flucht zu hindern. Sofern die Larven umgesetzt werden müssen, sollten sie nicht der Luft ausgesetzt werden, und es sollten keine Netze verwendet werden, um Fische aus Eierbehältern herauszuholen (derartige Vorsicht ist bei weniger anfälligen Arten wie beispielsweise Karpfen gegebenenfalls nicht erforderlich). Der Zeitpunkt für diese Umsetzung ist von Art zu Art unterschiedlich, und ein Umsetzen ist auch nicht immer erforderlich. Für das semistatische Verfahren können Bechergläser oder flache Behälter verwendet werden, die bei Bedarf mit einem leicht über dem Boden des Becherglases erhöhten Sieb versehen sind. Ist das Fassungsvermögen dieser Behälter für die Besatzanforderungen (siehe 1.7.1.2) ausreichend, brauchen die Embryonen oder Larven gegebenenfalls nicht umgesetzt zu werden.

1.6.5.   Wasser

Jedes Wasser, das die chemischen Eigenschaften eines annehmbaren Verdünnungswassers entsprechend der Auflistung in Anlage 4 erfüllt und bei dem die zu prüfende Fischart eine Kontrollüberlebensrate aufweist, die zumindest so gut wie in den Anlagen 2 und 3 beschrieben ist, kommt als Prüfwasser in Frage. Das Wasser sollte während des Prüfzeitraums von gleich bleibender Qualität sein. Der pH-Wert sollte in einem Bereich von ± 0,5 pH-Einheiten bleiben. Um sicherzustellen, dass das Verdünnungswasser das Prüfergebnis nicht übermäßig beeinflusst (beispielsweise durch Komplexbildung mit der Prüfsubstanz) oder sich nachteilig auf die Leistung des Zuchtbestands auswirkt, sollten in Abständen Proben zur Analyse entnommen werden. Messungen von Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), größeren Anionen und Kationen (z. B. Ca, Mg, Na, K, Cl und SO4), Pestiziden (z. B. gesamte phosphororganische und gesamte chlororganische Pestizide), des gesamten organischen Kohlenstoffs (TOC) und der Schwebstoffe sollten beispielsweise alle 3 Monate ermittelt werden, wenn bekanntermaßen ein Verdünnungswasser von relativ gleich bleibender Qualität vorliegt. Hat sich die Wasserqualität über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr als relativ konstant erwiesen, können Bestimmungen seltener durchgeführt und die Abstände verlängert werden (z. B. alle 6 Monate).

1.6.6.   Prüflösungen

Prüflösungen der gewählten Konzentrationen werden durch Verdünnung eines Stammansatzes hergestellt.

Der Stammansatz sollte möglichst durch einfaches Mischen oder Hin- und Herbewegen der Prüfsubstanz in dem Verdünnungswasser auf mechanischem Wege hergestellt werden (z. B. Rühren und Ultraschalldispersion). Sättigungskolonnen (Löslichkeitskolonnen) können verwendet werden, um einen Stammansatz von geeigneter Konzentration zu erzielen. Soweit möglich, sollte der Einsatz von Löse- oder Dispersionsmitteln (Lösungsmittel) vermieden werden; allerdings können derartige Verbindungen in einigen Fällen erforderlich sein, um einen Stammansatz von geeigneter Konzentration herzustellen. Beispiele für geeignete Lösemittel sind Aceton, Ethanol, Methanol, Dimethylformamid und Triethylenglycol. Beispiele für geeignete Dispersionsmittel sind Cremophor RH40, Tween 80, Methylcellulose 0,01 % und HCO-40. Vorsicht ist bei leicht biologisch abbaubaren (z. B. Aceton) und/oder hochflüchtigen Stoffen geboten, da diese Probleme mit einer Anreicherung von Bakterien in Durchflussprüfungen bereiten können. Wird ein Löslichkeitshilfsmittel verwendet, darf dieses weder eine signifikante Auswirkung auf das Überleben noch erkennbare negative Auswirkungen auf frühe Entwicklungsphasen haben, was durch eine Kontrolle, bei der nur das Lösemittel verwendet wird, nachgewiesen wird. Es sollten jedoch alle Anstrengungen unternommen werden, um den Einsatz derartiger Stoffe zu vermeiden.

Bei dem semistatischen Verfahren können zwei verschiedene Verfahren zur Erneuerung des Prüfmediums eingesetzt werden; entweder i) werden neue Prüflösungen in sauberen Gefäßen hergestellt und überlebende Eier und Larven vorsichtig zusammen mit einer kleinen Menge der alten Lösung in die neuen Behälter umgesetzt, wobei eine Exposition gegenüber Luft vermieden wird, oder ii) die Prüforganismen bleiben in den Gefäßen, während ein Teil (mindestens drei Viertel) des Prüfwassers ausgetauscht wird. Die Häufigkeit der Erneuerung des Prüfmediums hängt zwar von der Stabilität der Prüfsubstanz ab, jedoch wird ein täglicher Austausch des Wassers empfohlen. Wenn aus vorausgehenden Stabilitätsprüfungen (siehe 1.4) bekannt ist, dass die Konzentration der Prüfsubstanz während des Zeitraums, in dem das Prüfmedium gewechselt wird, nicht stabil ist (d. h., außerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % der nominalen Konzentration oder Unterschreitung von 80 % der gemessenen anfänglichen Konzentration), sollte der Einsatz einer Durchflussprüfung in Erwägung gezogen werden. In jedem Fall sollte darauf geachtet werden, dass während des Wasserwechsels Stress für die Larven vermieden wird.

Bei Durchflussprüfungen ist ein System erforderlich, das einen Stammansatz der Prüfsubstanz kontinuierlich abgibt und verdünnt (z. B. Dosierpumpe, Proportionalverdünnungsvorrichtung, Sättigersystem), um den Prüfkammern eine Reihe von Konzentrationen zuzuführen. Die Durchsatzraten der Stammansätze und des Verdünnungswassers sollten in Abständen, möglichst einmal pro Tag, überprüft werden und während der gesamten Prüfung um nicht mehr als 10 % schwanken. Eine Durchsatzrate, die zumindest dem fünffachen Kammervolumen in 24 Stunden entspricht, hat sich als geeignet erwiesen (2).

1.7.   VORGEHENSWEISE

Nützliche Informationen über die Durchführung von Toxizitätsprüfungen an Fischembryonen und Jungtieren mit Dottersack finden sich in der Fachliteratur, einige Beispiele hierfür sind im Abschnitt Literaturhinweise dieses Texts enthalten (7) (8) (9).

1.7.1.   Expositionsbedingungen

1.7.1.1.   Dauer

Die Prüfung sollte möglichst innerhalb von 30 Minuten nach der Befruchtung der Eier beginnen. Die Embryonen werden vor oder so bald wie möglich nach Beginn des Stadiums der Blastulascheiben-Spaltung und auf jeden Fall vor Einsetzen des Gastrula-Stadiums in die Prüflösung eingetaucht. Bei Eiern von kommerziellen Lieferanten ist es unter Umständen nicht möglich, die Prüfung unmittelbar nach der Befruchtung zu beginnen. Da die Empfindlichkeit der Prüfung durch einen verzögerten Prüfbeginn gravierend beeinflusst werden kann, sollte die Prüfung innerhalb von 8 Stunden nach der Befruchtung eingeleitet werden. Da die Larven während des Expositionszeitraums nicht gefüttert werden, sollte die Prüfung, kurz bevor der Dottersack von Larven in einer der Prüfkammern vollständig aufgezehrt ist beziehungsweise bevor in den Kontrollen Tiere zu verhungern anfangen, beendet sein. Die Dauer hängt dabei von der verwendeten Art ab. Einige Empfehlungen zur Dauer finden sich in den Anlagen 2 und 3.

1.7.1.2.   Besatz

Die Anzahl an befruchteten Eiern bei Beginn der Prüfung sollte zur Erfüllung von statistischen Anforderungen hinreichend groß sein. Die Eier sollten nach dem Zufallsprinzip auf die Behandlungen verteilt werden, und mindestens 30 befruchtete Eier sollten, zu gleichen Teilen (oder so gleich wie möglich, da es bei Einsatz von einigen Arten schwierig sein kann, gleiche Chargen zu bekommen) auf mindestens drei parallele Prüfkammern aufgeteilt, je Konzentration verwendet werden. Die Besatzrate (Biomasse je Volumen an Prüflösung) sollte gering genug sein, dass eine Konzentration an gelöstem Sauerstoff von mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts ohne Belüftung aufrechterhalten werden kann. Bei Durchflussprüfungen wurde eine Besatzrate von nicht mehr als 0,5 g/l je 24 Stunden und nicht mehr als 5 g/l Lösung zu jeder Zeit empfohlen (2).

1.7.1.3.   Licht und Temperatur

Die Belichtungsdauer und die Prüfwassertemperatur sollten für die geprüfte Fischart angemessen sein (Anlagen 2 und 3). Zur Überwachung der Temperatur kann die Verwendung eines weiteren Prüfgefäßes angebracht sein.

1.7.2.   Prüfkonzentrationen

Im Normalfall sind fünf Konzentrationen der Prüfsubstanz, die sich durch einen konstanten Faktor von nicht mehr als 3,2 voneinander unterscheiden, erforderlich. Die Kurve, in der die LC50 gegen den Expositionszeitraum in der akuten Prüfung aufgetragen ist, sollte bei der Auswahl des Bereichs an Prüfkonzentrationen berücksichtigt werden. Die Verwendung von weniger als fünf Konzentrationen, beispielsweise in Limit-Tests, und ein engerer Konzentrationsbereich können unter gewissen Umständen angebracht sein. Werden weniger als fünf Konzentrationen verwendet, sollte dies begründet werden. Konzentrationen der Substanz, die höher als die LC50 über 96 Stunden beziehungsweise 100 mg/l sind, je nachdem, welcher Wert der niedrigere ist, brauchen nicht geprüft zu werden. Substanzen sollten nicht oberhalb ihrer Löslichkeitsgrenze im Prüfwasser geprüft werden.

Wird ein Lösungsmittel bei der Herstellung der Prüflösungen verwendet (siehe 1.6.6), sollte dessen Endkonzentration in den Prüfgefäßen nicht mehr als 0,1 ml/l betragen und in allen Prüfgefäßen gleich sein.

1.7.3.   Kontrollen

Eine Kontrolle mit Verdünnungswasser (mit der entsprechenden Anzahl von Wiederholungen) und ebenfalls, soweit relevant, eine Kontrolle mit dem Lösungsmittel (mit der entsprechenden Anzahl von Wiederholungen) sollten zusätzlich zu der Testreihe durchgeführt werden.

1.7.4.   Häufigkeit von analytischen Bestimmungen und Messungen

Während der Prüfung werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in regelmäßigen Abständen bestimmt.

Bei semistatischen Prüfungen, bei denen erwartet wird, dass die Konzentration der Prüfsubstanz innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration konstant bleibt (d. h. innerhalb des Bereichs von 80 bis 120 %; siehe 1.4 und 1.6.6), wird empfohlen, dass zumindest die höchste und die niedrigste Prüfkonzentration analysiert werden, wenn diese frisch hergestellt ist und unmittelbar vor dem Austausch, und zwar zu mindestens drei gleichmäßig über die Prüfung verteilten Zeitpunkten (d. h., Analysen sollten anhand einer Probe derselben Lösung erfolgen — wenn diese frisch hergestellt ist und beim Austausch).

Bei Prüfungen, bei denen nicht damit zu rechnen ist, dass die Konzentration der Prüfsubstanz innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration (d. h., der Grundlage von Stabilitätsdaten der Substanz) konstant bleibt, ist es notwendig, alle Prüfkonzentrationen, frisch hergestellt und beim Austausch, zu analysieren, jedoch unter gleichen Verhältnissen (d. h. bei mindestens drei Gelegenheiten, die gleichmäßig über die Prüfung verteilt sind). Die Bestimmung von Konzentrationen der Prüfsubstanz vor dem Austausch braucht nur an einem Wiederholungsgefäß bei jeder Prüfkonzentration durchgeführt zu werden. Konzentrationen sollten im Abstand von nicht mehr als 7 Tagen bestimmt werden. Es wird empfohlen, dass Ergebnisse dabei auf gemessenen Konzentrationen basieren. Kann jedoch nachgewiesen werden, dass die Konzentration der Prüfsubstanz während der gesamten Prüfung zufriedenstellend innerhalb von ± 20 % der nominalen Konzentration oder gemessenen Anfangskonzentration gehalten wurde, dann können Ergebnisse auf nominalen oder gemessenen Anfangswerten basieren.

Bei Durchflussprüfungen ist ein ähnliches Probenahmeverfahren, wie für semistatische Prüfungen beschrieben, angebracht (die Messung der „alten“ Lösungen gilt in diesem Falle jedoch nicht). Dauert die Prüfung allerdings länger als 7 Tage, ist es unter Umständen ratsam, die Anzahl an Probenahmen in der ersten Woche zu erhöhen (d. h. drei Messreihen), um sicherzugehen, dass die Prüfkonzentrationen stabil bleiben.

Proben müssen gegebenenfalls zentrifugiert oder gefiltert werden (z. B. mit einer Porengröße von 0,45 μm). Da jedoch weder die Zentrifugation noch die Filtration stets den nicht bioverfügbaren Teil der Prüfsubstanz von dem bioverfügbaren Teil trennt, brauchen die Proben diesen Behandlungen nicht unterzogen zu werden.

Während der Prüfung sollten in allen Prüfgefäßen der gelöste Sauerstoff, der pH-Wert und die Temperatur gemessen werden. Die Gesamthärte und der Salzgehalt (soweit relevant) sollten in den Kontrollen und einem Gefäß mit der höchsten Konzentration gemessen werden. Der gelöste Sauerstoff und der Salzgehalt (soweit relevant) sollten mindestens dreimal (zu Beginn, in der Mitte und am Ende der Prüfung) gemessen werden. Bei semistatischen Prüfungen wird empfohlen, den gelösten Sauerstoff häufiger zu messen, möglichst vor und nach jedem Wasseraustausch, oder zumindest einmal pro Woche. Der pH-Wert sollte zu Beginn und am Ende eines jeden Wasserwechsels bei semistatischen Prüfungen und mindestens einmal pro Woche bei Durchflussprüfungen gemessen werden. Die Härte sollte jeweils einmal pro Prüfung gemessen werden. Die Temperatur sollte einmal pro Tag gemessen und zumindest in einem Prüfgefäß kontinuierlich überwacht werden.

1.7.5.   Beobachtungen

1.7.5.1.   Stadium der Embryonalenwicklung

Das Embryonalstadium (d. h. Gastrula-Stadium) zu Beginn der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz sollte so genau wie möglich überprüft werden. Dies kann mit Hilfe einer repräsentativen Probe von Eiern, die in geeigneter Form aufbewahrt und gereinigt wurden, erfolgen. Zur Beschreibung und Darstellung von Embryonalstadien kann auch die Fachliteratur herangezogen werden (2) (5) (10) (11).

1.7.5.2.   Schlüpfen und Überleben

Beobachtungen zum Schlüpfen und Überleben sollten zumindest einmal pro Tag erfolgen, und die jeweiligen Zahlen sollten protokolliert werden. Zu Beginn der Prüfung können häufigere Beobachtungen (z. B. alle 30 Minuten in den ersten 3 Stunden) wünschenswert sein, da in einigen Fällen Überlebenszeiten aussagefähiger sein können als nur die Anzahl von Todesfällen (z. B. bei akuten toxischen Wirkungen). Sobald tote Embryonen und Larven festgestellt werden, sollten diese unmittelbar entfernt werden, da sie sich rasch zersetzen können. Äußerste Sorgfalt sollte bei der Entfernung von einzelnen toten Individuen aufgewendet werden, um benachbarte Eier/Larven nicht zu stoßen oder körperlich zu beschädigen, da diese äußerst zart und empfindlich sind. Je nach Entwicklungsstadium gelten unterschiedliche Kriterien zur Bestimmung des Todes:

bei Eiern: insbesondere in den frühen Stadien ein deutlich erkennbarer Verlust an Lichtdurchlässigkeit und eine Veränderung der Färbung, hervorgerufen durch Gerinnung und/oder Ausfällung von Eiweiß, was zu einem weiß-opaken Aussehen führt;
bei Embryonen: fehlende Körperbewegung und/oder fehlender Herzschlag und/oder opake Verfärbung bei Arten, bei denen die Embryonen im Normalfall durchsichtig sind;
bei Larven: Bewegungslosigkeit und/oder fehlende Atmung und/oder fehlender Herzschlag und/oder weiß-opake Färbung des zentralen Nervensystems und/oder mangelnde Reaktion auf mechanische Reize.

1.7.5.3.   Abnormes Aussehen

Die Anzahl der Larven, die eine abnorme Körperform und/oder Pigmentierung aufweisen, und das Stadium der Dottersackaufzehrung sollten in angemessenen Abständen in Abhängigkeit der Dauer der Prüfung und der Art der beschriebenen Abnormität protokolliert werden. Zu beachten ist, dass abnorme Embryonen und Larven auch von Natur aus auftreten und bei einigen Arten in der Größenordnung von mehreren Prozent bei der/den Kontrolle(n) liegen können. Abnorme Tiere sollten aus den Prüfgefäßen nur dann entfernt werden, wenn sie tot sind.

1.7.5.4.   Abnormes Verhalten

Abnormitäten, z. B. Hyperventilation, unkoordiniertes Schwimmen und atypische Ruhe, sollten in angemessenen Abständen in Abhängigkeit der Dauer der Prüfung protokolliert werden. Auch wenn sich diese Auswirkungen nur schwer quantifizieren lassen, können sie, sofern sie beobachtet werden, bei der Interpretation von Mortalitätsdaten helfen, d. h., Informationen über die toxische Wirkungsweise der Substanz liefern,

1.7.5.5.   Länge

Am Ende der Prüfung wird eine Messung der Einzellängen empfohlen; dabei kann die Standard-, die Gabelungs- oder die Gesamtlänge verwendet werden. Kommt es jedoch zu Schwanzflossenfäule oder Flossenerosion, sollten Standardlängen herangezogen werden. Im Allgemeinen sollte in einer ordentlich durchgeführten Prüfung der Variationskoeffizient für die Länge unter den Wiederholungen in den Kontrollen 20 % sein.

1.7.5.6.   Gewicht

Am Ende der Prüfung können die einzelnen Gewichte bestimmt werden; dabei sollten möglichst Trockengewichte (24 Stunden bei 60 oC) vor Nassgewichten (trocken getupft) gemessen werden. Im Allgemeinen sollte in einer ordentlich durchgeführten Prüfung der Variationskoeffizient für das Gewicht unter den Wiederholungen in den Kontrollen < 20 % sein.

Diese Beobachtungen führen zu einigen oder allen der folgenden Daten, die zur statistischen Auswertung zur Verfügung stehen:

kumulative Mortalität;
Anzahl von gesunden Larven am Ende der Prüfung;
Zeit des Schlüpfbeginns und des Schlüpfendes (d. h. 90 % Schlüpfen in jeder Wiederholung);
Anzahl von Larven, die jeden Tag schlüpfen;
Länge (und Gewicht) der am Ende der Prüfung überlebenden Tiere;
Anzahl an Larven, die deformiert sind oder ein abnormes Aussehen aufweisen;
Anzahl von Larven, die abnormes Verhalten zeigen.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE

Es wird empfohlen, einen Statistiker sowohl an der Auslegung als auch an der Auswertung der Prüfung zu beteiligen, da die Methode eine beträchtliche Bandbreite im Versuchskonzept zulässt, beispielsweise bei der Anzahl an Prüfkammern, der Anzahl an Prüfkonzentrationen, der Ausgangszahl an befruchteten Eiern und der gemessenen Parameter. In Anbetracht der für die Auslegung der Prüfung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wird an dieser Stelle keine konkrete Orientierung zu den statistischen Verfahren gegeben.

Sind LOEC/NOEC-Werte zu bestimmen, wird die Notwendigkeit bestehen, Streuungen innerhalb jeder Wiederholungsreihe durch eine Varianzanalyse (ANOVA) oder Kontingenztabellenverfahren zu analysieren. Für einen Mehrfachvergleich zwischen den Ergebnissen bei den einzelnen Konzentrationen und den Ergebnissen der Kontrollen ist möglicherweise die Dunnet’sche Methode von Nutzen (12) (13). Weitere hilfreiche Beispiele sind ebenfalls verfügbar (14) (15). Der Umfang der Wirkung, der mit ANOVA oder anderen Verfahren nachweisbar ist, (d. h. die Aussagefähigkeit der Prüfung) sollte berechnet und protokolliert werden. Zu beachten ist, dass sich nicht alle in 1.7.5.6 aufgeführten Beobachtungen für eine statistische Auswertung mittels einer ANOVA eignen. Die kumulative Mortalität und die Anzahl an gesunden Larven am Ende der Prüfung könnten beispielsweise mit Hilfe von Probit-Methoden analysiert werden.

Sind LC/ECx-Werte zu bestimmen, sollte(n) (eine) geeignete Kurve(n) wie beispielsweise die logistische Kurve an die Daten von Interesse mittels eines statistischen Verfahrens wie der Methode der kleinsten Quadrate oder der nichtlinearen kleinsten Quadrate angepasst werden. Die Kurve(n) sollte(n) so parametriert werden, dass die LC/ECX von Interesse und deren Standardfehler direkt abgeschätzt werden können. Dies wird die Berechnung des Vertrauensbereichs rund um die LC/ECX deutlich erleichtern. Soweit keine guten Gründe dafür vorliegen, anderen Vertrauensbereichen den Vorzug zu geben, sollte der zweiseitige 95 % Vertrauensbereich angegeben werden. Das Anpassungsverfahren sollte möglichst einen Weg bieten, um die Signifikanz der mangelnden Anpassung zu bewerten. Für die Anpassung von Kurven können grafische Methoden eingesetzt werden. Für alle in 1.7.5.6 aufgeführten Beobachtungen kommt eine Regressionsanalyse in Frage.

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Die Ergebnisse sollten mit Vorsicht interpretiert werden, wenn gemessene toxische Konzentrationen in Prüflösungen in der Nähe der Nachweisgrenze des analytischen Verfahrens liegen. Die Interpretation von Ergebnissen für Konzentrationen oberhalb der Wasserlöslichkeit der Substanz sollte ebenfalls mit Vorsicht erfolgen.

2.3.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

2.3.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
Daten zur chemischen Identifizierung, einschließlich Reinheitsgrad und analytisches Verfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz, soweit zutreffend.

2.3.2.   Geprüfte Fischart

Wissenschaftlicher Name, Stamm. Anzahl an Elternfischen (d. h., wie viele Weibchen wurden für die erforderlichen Zahlen an Eiern in der Prüfung verwendet), Herkunft und Art der Sammlung der befruchteten Eier sowie anschließende Handhabung.

2.3.3.   Prüfbedingungen

Zum Einsatz kommendes Prüfverfahren (z. B. semistatisches oder Durchflussverfahren, Zeitraum von der Befruchtung bis zum Beginn der Prüfung, Besatz usw.);
Belichtungszeit(en);
Auslegung der Prüfung (z. B. Anzahl der Prüfkammern und Wiederholungen, Anzahl an Embryonen je Wiederholung);
Methode zur Herstellung von Stammansätzen und Häufigkeit der Erneuerung (sollte ein Lösungsmittel verwendet werden, sind dieses Mittel und dessen Konzentration anzugeben);
die nominalen Prüfkonzentrationen, die Messwerte, deren Mittelwerte und deren Standardabweichungen in den Prüfbehältern sowie das Verfahren, nach dem diese erzielt wurden, und, sofern die Prüfsubstanz in Wasser bei Konzentrationen unterhalb der Prüfkonzentrationen löslich ist; es sollte der Nachweis geführt werden, dass sich die Messungen auf die Konzentrationen der Prüfsubstanz in der Lösung beziehen;
Eigenschaften des Verdünnungswassers: pH-Wert, Härte, Temperatur, gelöste Sauerstoffkonzentration, Restchlorgehalt (soweit gemessen), gesamter organischer Kohlenstoff (TOC), Schwebstoffe, Salzgehalt des Prüfmediums (soweit gemessen) und eventuelle andere vorgenommene Messungen;
Wasserqualität innerhalb der Prüfgefäße: pH-Wert, Härte, Temperatur und gelöste Sauerstoffkonzentration.

2.3.4.   Ergebnisse

Ergebnisse von eventuellen vorhergehenden Untersuchungen zur Stabilität der Prüfsubstanz;
Nachweis, dass die Kontrollen den allgemeinen Standard bezüglich der Annehmbarkeit der Überlebensraten für die geprüfte Fischart erfüllen (Anlagen 2 und 3);
Daten zu Mortalität/Überleben im Embryo- und Larvenstadium sowie Gesamtmortalität/-überleben;
Tage bis zum Schlüpfen und Anzahl geschlüpfter Tiere;
Angaben zur Länge (und zum Gewicht);
Vorkommen und Beschreibung morphologischer Abnormitäten, soweit zutreffend;
Vorkommen und Beschreibung von Auswirkungen auf das Verhalten, soweit zutreffend;
statistische Auswertung und Datenaufbereitung;
bei Tests, in denen zur Auswertung die ANOVA zum Einsatz kommt, die geringste Dosiskonzentration, bei der eine Wirkung beobachtet wird (LOEC). bei p = 0,05 und die höchste Dosiskonzentration, bei der keine Wirkung beobachtet wird (NOEC), für jede bewertete Reaktion, einschließlich einer Beschreibung der herangezogenen statistischen Verfahren und eine Angabe zum Umfang der Wirkung, die ermittelt werden konnte;
bei Tests, die unter Zuhilfenahme von Regressionsverfahren ausgewertet werden, die LC/ECX und Vertrauensbereiche sowie ein Graf des angepassten Modells, das für deren Berechnung benutzt wurde;
Erklärung für eine eventuelle Abweichung von dieser Prüfmethode.

3.   LITERATURHINWEISE

(1) Kristensen P. (1990) Evaluation of the Sensitivity of Short Term Fish Early Life Stage Tests in Relation to other FELS Test Methods. Final report to the Commission of the European Communities, 60 June 1990.

(2) ASTM (1988). Standard Guide for Conducting Early Life-Stage Toxicity Tests with Fishes. American Society for Testing and Materials. E 1241-88. 26 S.

(3) Brauhn J. L. and Schoettger R. A. (1975). Acquisition and Culture of Research Fish: Rainbow trout, Fathead minnows, Channel Catfish and Bluegills. 54, Ecological Research Series, EPA-660/3-75-011, Duluth, Minnesota.

(4) Brungs W. A. and Jones B. R. (1977). Temperature Criteria for Freshwater Fish: Protocol and Procedures, 128, Ecological Research Series EPA-600/3-77-061, Duluth, Minnesota.

(5) Laale H. W. (1977). The Biology and Use of the Zebrafish (Brachydanio rerio) in Fisheries Research. A Literature Review. J. Biol. 10, 121-173.

(6) Legault R. (1958). A Technique for Controlling the Time of Daily Spawning and Collecting Eggs of the Zebrafish, Brachydanio rerio (Hamilton-Buchanan) Copeia, 4, 328-330.

(7) Dave G., Damgaard B., Grande M., Martelin J. E., Rosander B. and Viktor T. (1987). Ring Test of an Embryo-larval Toxicity Test with Zebrafish (Brachydanio rerio) Using Chromium and Zinc as Toxicants. Environmental Toxicology and Chemistry, 6, 61-71.

(8) Birge J. W., Black J. A. and Westerman A. G. (1985). Short-term Fish and Amphibian Embryo-larval Tests for Determining the Effects of Toxicant Stress on Early Life Stages and Estimating Chronic Values for Single Compounds and Complex Effluents. Environmental Toxicology and Chemistry 4, 807-821.

(9) Van Leeuwen C. J., Espeldoorn A. and Mol F. (1986). Aquatic Toxicological Aspects of Dithiocarbamates and Related Compounds. 111. Embryolarval Studies with Rainbow Trout (Salmo gairdneri). J. Aquatic Toxicology, 9, 129-145.

(10) Kirchen R. V. and W. R. West (1969). Teleostean Development. Carolina Tips 32(4): 1-4. Carolina Biological Supply Company.

(11) Kirchen R. V. and W. R. West (1976). The Japanese Medaka. Its care and Development. Carolina Biological Supply Company, North Carolina. 36 S.

(12) Dunnett C. W. (195 5). A Multiple Comparisons Procedure for Comparing Several Treatments with Control. J. Amer. Statist. Assoc, 50, 1096-1121.

(13) Dunnett C. W. (1964). New Tables for Multiple Comparisons with a Control. Biometrics, 20, 482-491.

(14) Mc Clave J. T., Sullivan J. H. and Pearson J.G. (1980). Statistical Analysis of Fish Chronic Toxicity Test Data. Proceedings of 4th Aquatic Toxicology Symposium, ASTM, Philadelphia.

(15) Van Leeuwen C. J., Adema D. M. M. and Hermes J. (1990). Quantitative Structure-Activity Relationships for Fish Early Life Stage Toxicity. Aquatic Toxicology, 16, 321-334.

(16) Environment Canada. (1992). Toxicity Tests Using Early Life Stages of Salmonid Fish (Rainbow Trout, Coho Salmon or Atlantic Salmon). Biological Test Method Series. Report EPS 1/RM/28, December 1992. 81 S.

(17) Dave G. and Xiu R. (1991). Toxicity of Mercury, Nickel, Lead and Cobalt to Embryos and Larvae of Zebrafish, Brachydanio rerio. Arch. of Environmental Contamination and Toxicology, 21, 126-134.

(18) Meyer A., Bierman C. H. and Orti G. (1993). The phylogenetic position of the Zebrafish (Danio rerio). a model System in developmental biology — an invitation to the comperative methods. Proc. Royal Society of London, Series B, 252: 231-236.

(19) Ghillebaert F., Chaillou C, Deschamps F. and Roubaud P. (1995). Toxic Effects, at Three pH Levels. of Two Reference Molecules on Common Carp Embryo. Ecotoxicology and Environmental Safety 32, 19-28.

(20) US EPA, (1991). Guidelines for Culturing the Japanese Medaka, Oryzias latipes. EPA report EPA/600/3-91/064, Dec. 1991, EPA, Duluth.

(21) US EPA, (1991). Guidelines for Conducting Early Life Stage Toxicity Tests with Japanese Medaka, (Oryzias latipes). EPA report EPA/600/3-91/063, Dec. 1991, EPA, Duluth.

(22) De Graeve G. M., Cooney J. D., McIntyre D. 0., Poccocic T. L, Reichenbach N. G., Dean J. H. and Marcus M. D. (1991). Validity in the Performance of the seven-day Fathead minnow (Pimephales promelas) larval survival and growth test: an intra- and interlaboratory study. Environ. Tox. Chem. 10, 1189-1203.

(23) Calow P. (1993). Handbook of Ecotoxicology, Blackwells, Oxford. Vol. 1, Chapter 10: Methods for spawning, culturing and conducting toxicity tests with Early Life stages of Estuarine and Marine fish.

(24) Balon E. K. (1985). Early life history of fishes: New developmental, ecological and evolutionary perspectives, Junk Publ., Dordrecht, 280 S.

(25) Blaxter J. H. S. (1988). Pattern and variety in development, in: W. S. Hoar and D. J. Randall eds., Fish Physiology, Vol. XIA, Academic press, 1-58.



Tabelle 1A

Für die Prüfung empfohlene Fischarten

Süßwasserfische

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle (9) (16)

Danio rerio

Zebrabärbling (7) (17) (18)

Cyprinus caprio

Gemeiner Karpfen (8) (19)

Oryzias latipes

Japankärpfling/Medaka (20) (21)

Pimephales

promelas Dickkopfelritze (8) (22)



Tabelle 1B

Beispiele für andere hinreichend dokumentierte Arten, die ebenfalls verwendet wurden

SüßwasserfischeSalzwasserfische

Carassius auratus

Goldfisch (8)

Menidia peninsulae

Gezeiten-Ährenfisch (23) (24) (25)

Lepomis macrochirus

Blauer Sonnenbarsch (8)

Clupea

harengus Hering (24) (25)

Gadus

morhua Kabeljau (24) (25)

Cyprinodon

variegatus Edelsteinkärpfling (23) (24) (25)

Anlage 1

ANLEITUNG ZUR DURCHFÜHRUNG EINER TOXIZITÄTSPRÜFUNG AN EMBRYONEN UND JUNGTIEREN MIT DOTTERSACK DES ZEBRABÄRBLINGS (BRACHYDANIO RERIO)

EINFÜHRUNG

Der Zebrabärbling stammt von der Koromandelküste in Indien, wo er in schnell fließenden Strömen lebt. Er ist ein verbreiteter Aquarienfisch und gehört zur Familie der Karpfen; Informationen über seine Pflege und Kultur sind in Standardnachschlagewerken über tropische Fische zu finden. Die Biologie und die Verwendung des Zebrabärblings in der Fischforschung wurden von Laale (1) besprochen.

Nur in seltenen Fällen erreicht der Fisch eine Länge von mehr als 45 mm. Sein Körper ist zylindrisch geformt mit 7 bis 9 dunkelblauen, waagerecht verlaufenden silbernen Streifen. Diese Streifen reichen bis in die Schwanz- und Afterflossen. Der Rücken ist olivgrün gefärbt. Männchen sind schlanker als Weibchen. Bei Weibchen ist die silberne Färbung stärker ausgeprägt, und ihr Bauch ist gebläht, vor allem vor dem Laichen.

Erwachsene Fische können große Schwankungen von Temperatur, pH-Wert und Härte vertragen. Um jedoch gesunde Fische zu erhalten, die Eier von guter Qualität produzieren, sollte für optimale Bedingungen gesorgt werden.

Beim Laichen verfolgt und begattet das Männchen das Weibchen, und im Ausstoßen werden die Eier befruchtet. Die Eier, die transparent sind und keinen klebrigen Stoff enthalten, fallen auf den Grund, wo sie von den Eltern aufgefressen werden können. Das Laichen wird durch Licht beeinflusst. Bei entsprechendem Morgenlicht laichen die Fische im Allgemeinen in den ersten Stunden nach Tagesanbruch.

Ein Weibchen kann im Abstand von einer Woche Chargen von mehreren Hundert Eiern produzieren.

BEDINGUNGEN FÜR ELTERNFISCHE, FORTPFLANZUNG UND FRÜHE ENTWICKLUNGSSTADIEN

Eine geeignete Anzahl von gesunden Fischen auswählen und mindestens 2 Wochen vor dem beabsichtigten Laichen in geeignetem Wasser (z. B. Anlage 4) halten. Man sollte die Fischgruppe zumindest einmal brüten lassen, bevor sie die für die Prüfung zu verwendende Charge an Eiern produzieren. Die Fischdichte sollte in diesem Zeitraum 1 Gramm Fische je Liter nicht übersteigen. Durch einen regelmäßigen Wechsel des Wassers oder den Einsatz von Reinigungssystemen lässt sich eine höhere Dichte erreichen. Die Temperatur in den Hälterungsbehältern sollte bei 25 ± 2 oC gehalten werden. Den Fischen sollte abwechslungsreiche Nahrung geboten werden, die beispielsweise aus entsprechendem handelsüblichem Trockenfutter, lebenden frischgeschlüpften Arthemien, Chironomiden, Daphnien oder weißen Würmern (Enchytraeiden) bestehen kann.

Im Folgenden werden zwei Verfahren in groben Zügen beschrieben, die in der Praxis eine ausreichende Charge von gesunden befruchteten Eiern für eine durchzuführende Prüfung ergeben haben:

i)
8 Weibchen und 16 Männchen werden in einen Behälter mit 50 Litern Verdünnungswasser gesetzt, der vor direktem Licht geschützt und nach Möglichkeit mindestens 48 Stunden lang ungestört gelassen wird. Auf den Boden des Aquariums wird am Nachmittag des Tages, bevor die Prüfung beginnt, eine Laichschale gesetzt. Die Laichschale besteht aus einem Rahmen (aus Plexiglas oder einem anderen geeigneten Material) und ist 5 bis 7 cm hoch; am oberen Ende ist ein grobes Netz mit einer Maschenweite von 2 bis 5 mm befestigt, unten auf dem Boden ein feines Netz mit einer Maschenweite von 10 bis 30 μm. An dem groben Netz des Rahmens wird eine Reihe von „Laichbäumen“, die aus ungedrehtem Nylonfaden bestehen, befestigt. Nachdem die Fische 12 Stunden lang im Dunkeln gelassen wurden, wird ein schwaches Licht eingeschaltet, welches das Laichen in Gang setzen wird. 2 bis 4 Stunden nach dem Laichen wird die Laichschale entfernt, und die Eier werden eingesammelt. Die Laichschale hindert die Fische daran, die Eier aufzufressen, und ermöglicht gleichzeitig ein einfaches Einsammeln der Eier. Die Fischgruppe sollte zumindest einmal vor dem Laich, von dem Eier für die Prüfung verwendet werden, gelaicht haben.
ii)
5 bis 10 Männchen und Weibchen werden mindestens 2 Wochen vor dem beabsichtigten Laichen einzeln gehalten. Nach 5 bis 10 Tagen sind die Bäuche der Weibchen gebläht und ihre Genitalpapillen sichtbar. Männliche Fische besitzen keine Papillen. Das Laichen erfolgt in Laichbehältern, die mit einem eingeschobenen Gitterboden ausgerüstet sind (wie oben). Der Behälter wird mit Verdünnungswasser gefüllt, so dass das Wasser 5 bis 10 cm über dem Gitter steht. Am Tag vor dem beabsichtigten Laichen werden 1 Weibchen und 2 Männchen in den Behälter gesetzt. Die Wassertemperatur wird schrittweise 1 Grad über die Eingewöhnungstemperatur erhöht. Das Licht wird ausgeschaltet, und der Behälter wird so ungestört wie möglich gelassen. Am Morgen wird ein schwaches Licht eingeschaltet, welches das Laichen in Gang setzen wird. Nach 2 bis 4 Stunden werden die Fische entfernt und die Eier eingesammelt. Werden größere Chargen von Eiern benötigt, als von einem Weibchen gewonnen werden können, kann eine hinreichende Anzahl von Laichbehältern parallel aufgestellt werden. Dadurch, dass man den Reproduktionserfolg der einzelnen Weibchen vor der Prüfung festhält (Größe der Charge und Qualität), können die Weibchen mit dem höchsten Reproduktionserfolg für die Zucht ausgewählt werden.

Die Eier sollten mit Hilfe von Glasröhrchen (mit einem Innendurchmesser von nicht weniger als 4 mm), die mit einem flexiblen Saugkolben ausgestattet sind, in die Prüfgefäße umgesetzt werden. Dabei sollte die Menge Wasser, die zusammen mit den Eiern umgelagert wird, so gering wie möglich sein. Die Eier sind schwerer als Wasser und sinken aus dem Röhrchen. Vorsicht ist geboten, damit die Eier (und Larven) nicht mit Luft in Berührung kommen. Es sollte eine mikroskopische Untersuchung von einer oder mehreren Proben von der/den Charge(n) durchgeführt werden, um sicherzugehen, dass in den ersten Entwicklungsstadien keine Unregelmäßigkeiten vorliegen. Eine Desinfektion der Eier ist nicht zulässig.

Die Mortalitätsrate der Eier ist in den ersten 24 Stunden nach der Befruchtung am höchsten. In dieser Zeit ist häufig eine Mortalität von 5 bis 40 % zu beobachten. Infolge einer erfolglosen Befruchtung oder aufgrund von Entwicklungsfehlern kommt es zur Degeneration von Eiern. Die Qualität der Eiercharge scheint dabei vom Fischweibchen abzuhängen: Einige Weibchen produzieren gleich bleibend Eier von guter Qualität, andere tun das niemals. Auch die Entwicklungs- und Schlüpfrate ist von Charge zu Charge unterschiedlich. Erfolgreich befruchtete Eier und Dottersacklarven überleben gut, normalerweise in einer Größenordnung von mehr als 90 %. Bei einer Temperatur von 25 oC schlüpfen die Eier 3 bis 5 Tage nach der Befruchtung, und der Dottersack ist etwa 13 Tage nach der Befruchtung aufgezehrt.

Die Embryonalentwicklung wurde von Hisaoka und Battle (2) gut bestimmt. Aufgrund der Transparenz der Eier und der Larven nach dem Schlüpfen kann die Entwicklung der Fische verfolgt werden, und vorhandene Missbildungen lassen sich beobachten. Etwa 4 Stunden nach dem Laichen können unbefruchtete Eier von befruchteten unterschieden werden (3). Zu dieser Untersuchung werden Eier und Larven in Prüfgefäße mit geringem Fassungsvermögen gesetzt und unter dem Mikroskop untersucht.

Die für die frühen Entwicklungsstufen geltenden Prüfbedingungen sind in Anlage 2 aufgeführt. Optimal als pH-Wert und Härte für das Verdünnungswasser sind 7,8 beziehungsweise 250 mg CaCO3/l.

BERECHNUNGEN UND STATISTIK

Vorgeschlagen wird eine zweistufige Vorgehensweise. In einem ersten Schritt werden Daten zu Mortalität, abnormer Entwicklung und Schlüpfzeit statistisch ausgewertet. Dann wird bei denjenigen Konzentrationen, bei denen keine negativen Auswirkungen auf einen dieser Parameter festgestellt wurden, die Körperlänge statistisch bewertet. Diese Vorgehensweise ist ratsam, da der toxische Stoff kleinere Fisch selektiv töten, die Schlüpfzeit verlängern und grobe Missbildungen hervorrufen und somit zu einseitigen Längenmessungen führen kann. Außerdem soll in etwa die gleiche Anzahl von Fischen für jede Behandlung vermessen werden, um die Validität der Prüfstatistik sicherzustellen.

BESTIMMUNG DER LC50 UND EC50

Der prozentuale Anteil an überlebenden Eiern und Larven wird berechnet und um die Mortalität in den Kontrollen nach der Abbottschen Formel korrigiert (4):

Dabei gilt:

P=korrigierter prozentualer Anteil an überlebenden Eiern und Larven
P'=beobachteter prozentualer Anteil an überlebenden Eiern und Larven in der Prüfkonzentration
C=prozentualer Anteil an überlebenden Eiern und Larven in der Kontrolle

Soweit möglich, wird die LC50 am Ende der Prüfung mittels einer geeigneten Methode bestimmt.

Wird die Berücksichtigung von morphologischen Abnormitäten in der EC50-Statistik gewünscht, finden sich dazu bei Stephan (5) entsprechende Hinweise.

SCHÄTZUNG DER LOEC UND NOEC

Eine Zielsetzung, die mit der Prüfung an Eiern und Jungfischen im Dottersack verfolgt wird, besteht darin, die Konzentrationen, die nicht wirkungslos sind, mit der Kontrolle zu vergleichen, das heißt, die LOEC zu bestimmen. Aus diesem Grunde sollten Mehrfachvergleichsverfahren zum Einsatz kommen (6) (7) (8) (9) (10).

LITERATURHINWEISE

(1) Laale H. \V. (1977). The Biology and Use of the Zebrafish (Brachydanio rerio) in Fisheries Research. A Literature Review). Fish Biol. 10, 121-173.

(2) Hisaoka K. K. and Battle H. I. (1958). The Normal Development Stages of the Zebrafish Brachydanio rerio (Hamilton-Buchanan) J. Morph., 102, 311 S.

(3) Nagel R. (1986). Untersuchungen zur Eiproduktion beim Zebrabärbling (Brachyidanio rerio Hamilton-Buchanan). Journal of Applied Ichthyology, 2, 173-181.

(4) Finney D. J. (1971). Probit Analysis, 3rd ed., Cambridge University Press, Great Britain, 1-333.

(5) Stephan C. E. (1982). Increasing the Usefulness of Acute Toxicity Tests. Aquatic Toxicology and Hazard Assessment: Fifth Conference, ASTM STP 766, J. G. Pearson, R. B. Foster and W. E. Bishop, Eds., American Society for Testing and Materials, 69-81,

(6) Dunnett C. W. (1955). A Multiple Comparisons Procedure for Comparing Several Treatments with a Control. J. Amer. Statist. Assoc., 50, 1096-1121.

(7) Dunnett C. W. (1964). New Tables for Multiple Comparisons with a Control. Biometrics, 20, 482-491.

(8) Williams D. A. (1971). A Test for Differences between Treatment Means when Several Dose Levels are Compared with a Zero Dose Control. Biometrics, 27, 103-117.

(9) Williams D. A. (1972). The Comparison of Several Dose Levels with a Zero Dose Control. Biometrics 28, 519-531.

(10) Sokal R. R. and Rohlf F. J. (1981). Biometry, the Principles and Practice of Statistics in Biological Research, W. H. Freeman and Co., San Francisco.

Anlage 2

PRÜFBEDINGUNGEN, DAUER UND ÜBERLEBENSKRITERIEN FÜR EMPFOHLENE FISCHARTEN



Fischart

Temperatur

( oC)

Salzgehalt

(0/00)

Belichtungsdauer

(Std.)

Dauer der Stadien

(Tage)

Typische Dauer der Prüfung

Überlebensrate in der Kontrolle

(min.- %)

EmbryonenJungfische mit DottersackSchlüpferfolgNach dem Schlüpfen
SÜSSWASSERFISCHE

Brachydanio rerio

Zebrabärbling

25 ± 112-163-58-10So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 5 Tage nach dem Schlüpfen (8-10 Tage)8090

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle

10 ± 1 (1)

12 ± 1 (2)

0 ()30-3525-30So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 20 Tage nach dem Schlüpfen (50-55 Tage)6670

C.yprinus carpio

Gemeiner Karpfen

21-2512-165> 4So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (8-9 Tage)8075

Oryzias latipes

Japankärpfling/Medaka

24 ± 1 (1)

23 ± 1 (2)

12-168-114-8So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 5 Tage nach dem Schlüpfen (13-16 Tage)8080

Pimephales promelas

Fettköpfige Elritze

25 ± 2164-55So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (8-9 Tage)6070

(1)   Für Embryonen.

(2)   Für Larven.

(3)   Dunkelheit für Embryonen und Larven bis eine Woche nach dem Schlüpfen, außer diese werden kontrolliert. Dann gedämpfte Beleuchtung während der gesamten Prüfung.

Anlage 3

Prüfbedingungen, Dauer und Überlebenskriterien für andere hinreichend dokumentierte Fischarten



FischartTemperatur ( oC)Salzgehalt (0/00)Belichtungsdauer (Std.)Dauer der Stadien (Tage)Typische Dauer der Prüfung an Embryonen und Jungfischen mit DottersackÜberlebensrate in der Kontrolle (min.- %)
EmbryonenJungfische mit DottersackSchlüpferfolgNach dem Schlüpfen
SÜSSWASSERFISCHE

Carassius auratus

Goldfisch

24 ± 13-4> 4So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (7 Tage)80

Leopomis macrochirus

Blauer Sonnenbarsch

21 ± 1163> 4So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4 Tage nach dem Schlüpfen (7 Tage)75
SALZWASSERFISCHE

Menidia peninsulae

Gezeiten-Ährenfisch

22-2515-22121,5 10So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 5 Tage nach dem Schlüpfen (6-7 Tage)8060

Clupea harengus

Hering

10 ± 18-151220-253-5So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 3 Tage nach dem Schlüpfen (23-27 Tage)6080

Gadus morhua

Kabeljau

5 ± 15-301214-163-5So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 3 Tage nach dem Schlüpfen (18 Tage)6080

Cyprinodon variegatus

Edelsteinkärpfling

25 ± 115-3012So bald wie möglich nach der Befruchtung (frühes Gastrula-Stadium) bis 4-7 Tage nach dem Schlüpfen (28 Tage)> 7580

Anlage 4

VERSCHIEDENE CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN EINES ANNEHMBAREN VERDÜNNUNGSWASSERS



SubstanzKonzentrationen
Partikelgehalt< 20 mg/l
Gesamter organischer Kohlenstoff (TOC)< 2 mg/l
Nichtionisierter Ammoniak< 1μg/l
Restchlor< 10 μg/l
Gesamte phosphororganische Pestizide< 50 ng/l
Gesamte chlororganische Pestizide plus polychlorierte Biphenyle< 50 ng/l
Gesamtes organisches Chlor< 25 ng/l

C.16.   HONIGBIENEN — AKUTE ORALE TOXIZITÄTSPRÜFUNG

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung der akuten Toxizität entspricht der OECD TG 213 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Toxizitätsprüfung ist ein Laborverfahren, mit dem die akute orale Toxizität von Pflanzenschutzmitteln und anderen Chemikalien für erwachsene Arbeitshonigbienen bewertet werden soll.

Bei der Bewertung und Beurteilung der toxischen Merkmale von Substanzen ist unter Umständen die Bestimmung der akuten oralen Toxizität bei Bienen erforderlich, beispielsweise wenn die Wahrscheinlichkeit einer Exposition von Bienen gegenüber einer bestimmten Chemikalie besteht. Die akute orale Toxizitätsprüfung wird durchgeführt, um die spezifische Toxizität von Pestiziden und anderen Chemikalien für Bienen zu bestimmen. Die Ergebnisse dieser Prüfung sollten herangezogen werden, um festzulegen, ob weiterer Beurteilungsbedarf besteht. Diese Methode kann insbesondere in schrittweise aufgebauten Programmen zur Bewertung der Gefahren von Pflanzenschutzmitteln für Bienen verwendet werden, die auf einem sequenziellen Übergang von Labortoxizitätsprüfungen auf Halbfreiland- und Freilandversuche beruhen (1). Pestizide können dabei als Wirkstoffe oder als formulierte Produkte geprüft werden.

Zur Überprüfung der Empfindlichkeit der Bienen und der Genauigkeit des Prüfverfahrens sollte ein toxischer Standard verwendet werden.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Akute orale Toxizität: Dies sind die negativen Wirkungen, die innerhalb eines Zeitraums von maximal 96 Stunden bei einer oralen Verabreichung einer einfachen Dosis der Prüfsubstanz auftreten.

Dosis: Dies ist die aufgenommene Menge an Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Masse (μg) Prüfsubstanz je Prüftier ausgedrückt (μg/Biene). Die tatsächliche Dosis für jede einzelne Biene kann zwar nicht berechnet werden, da die Bienen gemeinsam gefüttert werden, es lässt sich jedoch eine durchschnittliche Dosis abschätzen (insgesamt aufgenommene Prüfsubstanz/Anzahl der Testbienen in einem Käfig).

Orale LD50(mittlere letale Dosis): Dies ist die statistisch abgeleitete einfache Dosis einer Substanz, die bei oraler Verabreichung bei 50 % der Tiere zum Tod führen kann. Der LD50-Wert wird in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben. Bei Pflanzenschutzmitteln kann die Prüfsubstanz entweder als Wirkstoff oder als formuliertes Produkt mit einem oder mehreren Wirkstoffen vorliegen.

Mortalität: Ein Tier wird als tot protokolliert, wenn es absolut unbeweglich ist.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Erwachsene Arbeitshonigbienen (Apis mellifera) werden einem Bereich von Dosen der in einer Zuckerlösung dispergierten Prüfsubstanz ausgesetzt. Die Bienen werden dann mit derselben Lösung, jedoch ohne die Prüfsubstanz, gefüttert. Die Mortalität wird täglich im Verlauf von zumindest 48 Stunden protokolliert und mit Kontrollwerten verglichen. Wenn die Mortalitätsrate in der Zeit zwischen 24 Stunden und 48 Stunden zunimmt, während die Kontrollmortalität auf einem akzeptierten Stand bleibt, d. h. < 10 %, ist es angebracht, die Dauer der Prüfung auf maximal 96 Stunden zu verlängern. Die Ergebnisse werden ausgewertet, um die LD50 für 24 Stunden und 48 Stunden und, sofern die Untersuchung verlängert wurde, für 72 Stunden und 96 Stunden zu berechnen.

1.4.   VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, gelten die folgenden Bedingungen:

Die durchschnittliche Mortalität darf bei der gesamten Anzahl an Kontrollen 10 % am Ende der Prüfung nicht übersteigen;
die LD50 der toxischen Bezugsnormale entspricht dem festgelegten Bereich.

1.5.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.5.1.   Sammlung der Bienen

Es sollten junge erwachsene Arbeiterinnen derselben Rasse verwendet werden, d. h. Bienen gleichen Alters, gleichen Ernährungszustands usw. Die Bienen sollten aus angemessen gefütterten, gesunden, möglichst krankheitsfreien Völkern mit Königin stammen, deren Vorgeschichte und physiologischer Zustand bekannt ist. Sie könnten am Morgen der Verwendung oder am Abend vor der Prüfung gesammelt und bis zum nächsten Tag unter Prüfbedingungen gehalten werden. Bienen, die von Rähmchen ohne Brut gesammelt werden, sind geeignet. Eine Sammlung im frühen Frühjahr oder Spätherbst sollte vermieden werden, da die Bienen in dieser Zeit eine veränderte Physiologie aufweisen. Müssen Prüfungen im frühen Frühjahr oder Spätherbst durchgeführt werden, können Bienen in einem Brutschrank zum Schlüpfen gebracht und eine Woche lang mit „Bienenbrot“ (aus der Wabe gesammelte Pollen) und Zuckerlösung aufgezogen werden. Bienen, die mit chemischen Substanzen behandelt wurden, wie z. B. Antibiotika, Anti-Varroa-Produkten usw., sollten nach dem Ende der letzten Behandlung 4 Wochen nicht für Toxizitätsprüfungen eingesetzt werden.

1.5.2.   Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen

Verwendet werden einfach zu säubernde und gut belüftete Käfige. Dabei kann jedes geeignete Material verwendet werden, beispielsweise Edelstahl-, Drahtgitter-, Kunststoff- oder Einwegholzkäfige usw. Es sollten möglichst Gruppen von jeweils 10 Bienen pro Käfig zum Einsatz kommen. Die Größe der Prüfkäfige sollte der Anzahl der Bienen entsprechen, d. h. angemessenen Platz bieten.

Die Bienen sollten im Dunkeln in einem Versuchsraum mit einer Temperatur von 25 oC ± 2 oC gehalten werden. Die relative Feuchte, die im Normalfall zwischen 50 und 70 % liegt, sollte während der gesamten Prüfung gemessen und protokolliert werden. Alle Tätigkeiten, einschließlich Behandlung und Beobachtungen, können bei (Tages-)Licht durchgeführt werden. Als Futter wird eine Zuckerlösung in Wasser mit einer endgültigen Konzentration von 500 g/l (50 % Gew./Vol.) verwendet. Nach Verabreichung der Prüfdosen sollte das Futter nach Belieben dargeboten werden. Das Fütterungssystem sollte die Möglichkeit bieten, die Futteraufnahme für jeden Käfig zu protokollieren (siehe 1.6.3.1). Es kann ein Glasröhrchen (circa 50 mm lang und 10 mm breit und am offenen Ende auf einen Durchmesser von etwa 2 mm verjüngt) verwendet werden.

1.5.3.   Vorbereitung der Bienen

Die gesammelten Bienen werden nach dem Zufallsprinzip auf die Prüfkäfige verteilt, die ebenfalls zufällig in dem Versuchsraum angeordnet sind.

Vor Beginn der Prüfung kann man die Bienen bis zu 2 Stunden hungern lassen. Es wird empfohlen, den Bienen vor der Behandlung die Nahrung zu entziehen, damit der Darminhalt zu Beginn der Prüfung bei allen Bienen gleich ist. Im Sterben liegende Bienen sollten ausgesondert und vor Beginn der Prüfung durch gesunde Bienen ersetzt werden.

1.5.4.   Herstellung der Dosen

Sofern es sich bei der Prüfsubstanz um eine mit Wasser mischbare Verbindung handelt, kann diese direkt in einer 50 %igen Zuckerlösung dispergiert werden. Bei technischen Produkten und Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit können Trägersubstanzen wie organische Lösemittel, Emulgatoren oder Dispersionsmittel mit geringer Bienentoxizität verwendet werden (z. B. Aceton, Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid). Die Konzentration des Trägers hängt dabei von der Löslichkeit der Prüfsubstanz ab und sollte für alle geprüften Konzentrationen gleich sein. Im Allgemeinen ist eine Konzentration der Trägersubstanz von 1 % angemessen und sollte nicht überschritten werden.

Es sollten entsprechende Kontrolllösungen hergestellt werden, d. h., wird ein Löse- oder Dispersionsmittel zur Lösung der Prüfsubstanz benutzt, sollten zwei getrennte Kontrollgruppen verwendet werden, und zwar eine Lösung in Wasser und eine Zuckerlösung mit dem Lösemittel/Träger in der Konzentration, die auch in den Dosierlösungen vorliegt.

1.6.   VORGEHENSWEISE

1.6.1.   Prüf- und Kontrollgruppen

Die Anzahl an geprüften Dosen und Wiederholungen sollte die statistischen Anforderungen für eine Bestimmung der LD50 mit einem 95 %igen Vertrauensbereich erfüllen. Im Normalfall sind für die Prüfung fünf Dosen in einer geometrischen Reihe, die sich um einen Faktor von nicht mehr als 2,2 unterscheiden und den Bereich für die LD50, abdecken, erforderlich. Der Verdünnungsfaktor und die Anzahl an Konzentrationen für die Dosierung müssen jedoch im Verhältnis zur Steigung der Toxizitätskurve (Dosis im Verhältnis zu Mortalität) unter Berücksichtigung der für die Auswertung der Ergebnisse herangezogenen statistischen Methode bestimmt werden. Mit Hilfe einer Vorprüfung zur Bestimmung des Konzentrationsbereichs lassen sich die angemessenen Konzentrationen für die Dosierung auswählen.

Mindestens drei Wiederholungsprüfgruppen von jeweils 10 Bienen sollten jeder Prüfkonzentrationsdosis ausgesetzt werden. Zusätzlich zu den Prüfreihen sollten mindestens drei Kontrollgruppen von jeweils 10 Bienen zum Einsatz kommen. Kontrollgruppen sollten auch für die verwendeten Lösemittel/Trägersubstanzen einbezogen werden (siehe 1.5.4).

1.6.2.   Toxischer Standard

In die Prüfreihen ist ein toxischer Standard aufzunehmen. Zumindest drei Dosen sollten ausgewählt werden, die den erwarteten LD50-Wert abdecken. Für jede Prüfdosis sollten mindestens drei Wiederholungskäfige mit jeweils 10 Bienen verwendet werden Der bevorzugte toxische Standard ist Dimethoat; für diesen Stoff liegt die nachgewiesene orale LD50 für 24 Stunden im Bereich von 0,10 bis 0,35 μg Wirkstoff/Biene (2). Andere toxische Standards wären jedoch annehmbar, soweit hinreichende Daten zur Überprüfung der erwarteten Dosisreaktion vorgelegt werden können (z. B. Parathion).

1.6.3.   Exposition

1.6.3.1.   Verabreichung der Dosen

Jeder Prüfgruppe von Bienen müssen 100 bis 200 μl einer 50 %igen Zuckerlösung in Wasser mit der Prüfsubstanz in der entsprechenden Konzentration verabreicht werden. Bei Produkten mit geringer Löslichkeit, niedriger Toxizität oder geringer Konzentration in der Rezeptur ist ein größeres Volumen erforderlich, da dann größere Anteile an Zuckerlösung verwendet werden müssen. Die Menge an aufgenommener Nahrung je Gruppe ist festzuhalten. Nach dem Verzehr (im Allgemeinen innerhalb von 3-4 Stunden) muss die Fütterungsvorrichtung aus dem Käfig entfernt und durch eine Vorrichtung, die ausschließlich Zuckerlösung enthält, ersetzt werden. Die Zuckerlösung wird dann nach Belieben dargeboten. Bei einigen Verbindungen kann bei höheren Konzentrationen die Ablehnung der Prüfdosis dazu führen, dass nur wenig oder gar kein Futter aufgenommen wird. Nach maximal 6 Stunden sollte das bis dahin unverbrauchte behandelte Futter durch eine reine Zuckerlösung ersetzt werden. Die Menge an aufgenommenem behandeltem Futter muss gemessen werden (z. B. Messung von Volumen/Gewicht des noch verbleibenden behandelten Futters).

1.6.3.2.   Dauer

Die Dauer der Prüfung sollte vorzugsweise 48 Stunden ab dem Zeitpunkt, zu dem die Prüflösung durch die Zuckerlösung allein ersetzt wurde, betragen. Steigt die Mortalität nach den ersten 24 Stunden weiterhin um mehr als 10 % an, sollte die Prüfdauer auf maximal 96 Stunden verlängert werden, sofern die Kontrollmortalität nicht über 10 % hinausgeht.

1.6.4.   Beobachtungen

Die Mortalität wird 4 Stunden nach Beginn der Prüfung und dann nach 24 Stunden und 48 Stunden protokolliert (d. h. nach Verabreichung der Dosis). Ist ein verlängerter Beobachtungszeitraum erforderlich, sollten weitere Bewertungen im Abstand von 24 Stunden bis maximal 96 Stunden vorgenommen werden, sofern die Kontrollmortalität 10 % nicht übersteigt.

Die Menge an aufgenommenem Futter pro Gruppe muss gemessen werden. Ein Vergleich zwischen den Anteilen an verzehrtem behandeltem und unbehandeltem Futter innerhalb der vorgegebenen 6 Stunden kann Aufschluss über die Genießbarkeit des behandelten Futters geben.

Alle anormalen Verhaltensweisen während des Prüfzeitraums müssen protokolliert werden.

1.6.5.   Limit-Test

in einigen Fällen (z. B. wenn man erwartet, dass die Prüfsubstanz eine geringe Toxizität besitzt) kann ein Limit-Test mit 100 μg Wirkstoff/Biene durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LD50 höher als dieser Wert ist. Dabei sollte das gleiche Verfahren zum Einsatz kommen, einschließlich drei Wiederholungsprüfgruppen für die Prüfdosis, die betreffenden Kontrollen, die Messung der Menge an verzehrtem behandeltem Futter und die Verwendung des toxischen Standards. Sofern Mortalitäten auftreten, sollte eine vollständige Untersuchung durchgeführt werden. Eventuell beobachtete subletale Wirkungen (siehe 1.6.4) müssen dokumentiert werden.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Daten sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Behandlungsgruppe sowie für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit dem toxischen Standard die Anzahl an eingesetzten Bienen, die Mortalität für jede Beobachtungszeit und die Anzahl an Bienen mit beeinträchtigtem Verhalten auszuweisen sind. Die Mortalitätsdaten sind mit angemessenen statistischen Verfahren zu analysieren (z. B. Probit-Analyse, gleitender Durchschnitt, binomiale Wahrscheinlichkeit) (3) (4). Die Dosis-Reaktions-Kurven sind für jede empfohlene Beobachtungszeit darzustellen, und die Steigungen der Kurven und die mittleren letalen Dosen (LD50) sind mit einem 95 % Vertrauensbereich zu berechnen. Korrekturen an der Kontrollmortalität könnten mit Hilfe der Abbott’schen Korrektur vorgenommen werden (4) (5). Sofern das behandelte Futter nicht vollständig verzehrt wurde, sollte die Prüfsubstanzdosis, die von jeder Gruppe aufgenommen wurde, ermittelt werden. Die LD50 sollte in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Stabilität in Wasser, Dampfdruck);
Daten zur chemischen Identifikation, einschließlich Strukturformel, Reinheit (d. h., für Pflanzenschutzmittel die Identität und Konzentration des/der Wirkstoffs(e).

2.2.2.   Geprüfte Bienenart

Wissenschaftlicher Name, Rasse, ungefähres Alter (in Wochen), Sammlungsverfahren, Datum der Sammlung;
Angaben über die Völker, die für die Sammlung der Prüfbienen eingesetzt wurden, einschließlich Gesundheitszustand, eventuelle Krankheiten von erwachsenen Bienen, eventuelle Vorbehandlungen usw.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Temperatur und relative Feuchte des Versuchsraums;
Unterbringungsbedingungen einschließlich Art, Größe und Material der Käfige;
Verfahren für die Herstellung der Stamm- und Prüflösungen (sofern ein Lösemittel verwendet wird, müssen dieses Mittel und seine Konzentration angegeben werden);
Versuchsanlage, z. B. Anzahl und eingesetzte Prüfkonzentrationen, Anzahl an Kontrollen; für jede Prüfkonzentration und Kontrolle Anzahl an Wiederholungskäfigen und Anzahl an Bienen pro Käfig;
Datum der Prüfung.

2.2.4.   Ergebnisse

Ergebnisse von eventuellen Vorversuchen zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs;
Rohdaten: Mortalität bei jeder geprüften Dosis zu jeder Beobachtungszeit;
Darstellung der Dosisreaktionskurven am Ende der Prüfung;
LD50-Werte mit 95 %igem Vertrauensbereich für jede empfohlene Beobachtungszeit, jede Prüfsubstanz und den toxischen Standard;
zur Bestimmung der LD50 herangezogene statistische Verfahren;
Mortalität in Kontrollen;
sonstige beobachtete oder gemessene biologische Wirkungen, z. B. abnormes Verhalten der Bienen (einschließlich Ablehnung der Prüfdosis), Anteil an verzehrtem Futter in behandelten und unbehandelten Gruppen;
eventuelle Abweichungen von den hier beschriebenen Prüfverfahren und sonstige relevante Informationen.

3.   LITERATURHINWEISE

(1) EPPO/Council of Europe (1993). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Products — Honeybees. EPPO Bulletin, Vol. 23, N.1, 151-165. March 1993.

(2) Gough, H. J., McIndoe, E. C., Lewis, G. B. (1994). The use of dimethoate as a reference compound in laboratory acute toxicity tests on honeybees (Apis mellifera L.) 1981-1992. Journal of Apicultural Research, 22, 119-125.

(3) Litchfield, J.T. and Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper. Ther., 96, 99-113.

(4) Finney, D. J. (1971). Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(5) Abbott, W. S. (1925). A method for computing the effectiveness of an insecticide. jour. Econ. Entomol., 18, 265-267.

C.17.   HONIGBIENEN — AKUTE KONTAKTTOXIZITÄTSPRÜFUNG

1.   METHODE

Diese Methode zur Prüfung der akuten Toxizität entspricht der OECD TG 214 (1998).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Toxizitätsprüfung ist ein Laborverfahren, mit dem die akute Kontakttoxizität von Pflanzenschutzmitteln und anderen Chemikalien für erwachsene Arbeitshonigbienen bewertet werden soll.

Bei der Bewertung und Beurteilung der toxischen Merkmale von Substanzen ist unter Umständen die Bestimmung der akuten Kontakttoxizität bei Bienen erforderlich, beispielsweise wenn die Wahrscheinlichkeit einer Exposition von Bienen gegenüber einer bestimmten Chemikalie besteht. Die akute Kontakttoxizitätsprüfung wird durchgeführt, um die spezifische Toxizität von Pestiziden und anderen Chemikalien für Bienen zu bestimmen. Die Ergebnisse dieser Prüfung sollten herangezogen werden, um festzulegen, ob weiterer Beurteilungsbedarf besteht. Diese Methode kann insbesondere in schrittweise aufgebauten Programmen zur Bewertung der Gefahren von Pflanzenschutzmittel für Bienen verwendet werden, die auf einem sequenziellen Übergang von Labortoxizitätsprüfungen auf Halbfreiland- und Freilandversuche beruhen (1). Pestizide können dabei als Wirkstoffe oder als formulierte Produkte geprüft werden.

Zur Überprüfung der Empfindlichkeit der Bienen und der Genauigkeit des Prüfverfahrens sollte ein toxischer Standard verwendet werden.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Akute Kontakttoxizität: Dies sind die negativen Wirkungen, die innerhalb eines Zeitraums von maximal 96 Stunden bei einer topikalen Verabreichung einer einzelnen Dosis der Prüfsubstanz auftreten.

Dosis: Dies ist die aufgebrachte Menge an Prüfsubstanz. Die Dosis wird als Menge (μg) Prüfsubstanz je Prüftier angegeben (μg/Biene).

Kontakt-LD50(mittlere letale Dosis): Dies ist die statistisch abgeleitete einzelne Dosis einer Substanz, die bei Verabreichung durch Kontakt bei 50 % der Tiere zum Tod führen kann. Der LD50-Wert wird in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben. Bei Pestiziden können die Pflanzenschutzmittel entweder als Wirkstoff oder als formuliertes Produkt mit einem oder mehreren Wirkstoffen vorliegen.

Mortalität: Ein Tier wird als tot protokolliert, wenn es absolut unbeweglich ist.

1.3.   PRINZIP DER METHODE

Erwachsene Arbeitshonigbienen (Apis mellifera) werden einem Bereich von Dosen der in einem entsprechenden Träger gelösten Prüfsubstanz durch direktes Aufbringen auf den Thorax (Tröpfchen) ausgesetzt. Die Dauer der Prüfung beträgt 48 Stunden. Wenn die Mortalitätsrate in der Zeit zwischen 24 Stunden und 48 Stunden zunimmt, während die Kontrollmortalität auf einem akzeptierten Stand bleibt, d. h. < 10 %, ist es angebracht, die Dauer der Prüfung auf maximal 96 Stunden zu verlängern. Die Mortalität wird täglich protokolliert und mit Kontrollwerten verglichen. Die Ergebnisse werden ausgewertet, um die LD50 für 24 Stunden und 48 Stunden und, sofern die Untersuchung verlängert wurde, für 72 Stunden und 96 Stunden zu berechnen.

1.4.   VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, gelten die folgenden Bedingungen:

Die durchschnittliche Mortalität darf bei der gesamten Anzahl an Kontrollen 10 % am Ende der Prüfung nicht übersteigen;
die LD50 des toxischen Standards entspricht dem festgelegten Bereich.

1.5.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.5.1.   Sammlung der Bienen

Es sollten junge erwachsene Arbeiterinnen verwendet werden, d. h. Bienen gleichen Alters, gleichen Ernährungszustands, gleicher Rasse usw. Die Bienen sollten aus angemessen gefütterten, gesunden, möglichst krankheitsfreien Völkern mit Königin stammen, deren Vorgeschichte und physiologischer Zustand bekannt ist. Sie könnten am Morgen der Verwendung oder am Abend vor der Prüfung gesammelt und bis zum nächsten Tag unter Prüfbedingungen gehalten werden. Bienen, die von Rähmchen ohne Brut gesammelt werden, sind geeignet. Eine Sammlung im frühen Frühjahr oder Spätherbst sollte vermieden werden, da die Bienen in dieser Zeit eine veränderte Physiologie aufweisen. Müssen Prüfungen im frühen Frühjahr oder Spätherbst durchgeführt werden, können Bienen in einem Brutschrank zum Schlüpfen gebracht und eine Woche lang mit „Bienenbrot“ (aus der Wabe gesammelte Pollen) und Zuckerlösung aufgezogen werden. Bienen, die mit chemischen Substanzen behandelt wurden wie z. B. Antibiotika, Anti-Varroa-Produkten usw., sollten nach dem Ende der letzten Behandlung 4 Wochen nicht für Toxizitätsprüfungen eingesetzt werden.

1.5.2.   Unterbringungs- und Fütterungsbedingungen

Verwendet werden einfach zu säubernde und gut belüftete Käfige. Dabei kann jedes geeignete Material benutzt werden, beispielsweise Edelstahl-, Drahtgitter-, Kunststoff- oder Einwegholzkäfige usw. Die Größe der Prüfkäfige sollte der Anzahl der Bienen entsprechen, d. h. angemessenen Platz bieten. Es sollten möglichst Gruppen von jeweils 10 Bienen pro Käfig zum Einsatz kommen.

Die Bienen sollten im Dunkeln in einem Versuchsraum mit einer Temperatur von 25 ± 2 oC gehalten werden. Die relative Feuchte, die im Normalfall zwischen 50 und 70 % liegt, sollte während der gesamten Prüfung gemessen und protokolliert werden. Alle Tätigkeiten, einschließlich Behandlung und Beobachtungen, können bei (Tages-)Licht durchgeführt werden. Als Futter sollte eine Zuckerlösung in Wasser mit einer endgültigen Konzentration von 500 g/l (50 % Gew./Vol.) verwendet und nach Belieben während der Prüfdauer mit Hilfe einer Bienenfütterungsvorrichtung dargeboten werden. Dies kann ein Glasröhrchen (circa 50 mm lang und 10 mm breit und am offenen Ende auf einen Durchmesser von etwa 2 mm verjüngt) sein.

1.5.3.   Vorbereitung der Bienen

Die gesammelten Bienen können mit Kohlendioxid oder Stickstoff zum Aufbringen der Prüfsubstanz betäubt werden. Dabei sollten die Menge an Betäubungsmittel und dessen Einwirkungszeit so gering wie möglich gehalten werden. Im Sterben liegende Bienen sollten ausgesondert und vor Beginn der Prüfung durch gesunde Bienen ersetzt werden.

1.5.4.   Herstellung der Dosen

Die Prüfsubstanz ist als Lösung in einer Trägersubstanz aufzubringen, d. h. einem organischen Lösemittel oder einer Wasserlösung mit einem Benetzungsmittel. Als organisches Lösemittel wird Aceton bevorzugt, aber auch andere organische Lösemittel mit geringer Bienentoxizität können verwendet werden (z. B. Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid). Bei in Wasser dispergierten formulierten Produkten und hochpolaren organischen Substanzen, die in organischen Trägerlösemitteln nicht löslich sind, lassen sich die Lösungen unter Umständen einfacher auftragen, wenn sie in einer schwachen Lösung eines handelsüblichen Benetzungsmittels hergestellt werden (z. B. Agral, Cittowett, Lubrol, Triton, Tween).

Es sollten entsprechende Kontrolllösungen hergestellt werden, d. h., wird ein Löse- oder Dispersionsmittel zur Lösung der Prüfsubstanz benutzt, sollten zwei getrennte Kontrollgruppen verwendet werden, und zwar eine, die mit Wasser, und eine, die mit dem Löse-/Dispersionsmittel behandelt ist.

1.6.   VORGEHENSWEISE

1.6.1.   Prüf- und Kontrollgruppen

Die Anzahl an geprüften Dosen und Wiederholungen sollte die statistischen Anforderungen für eine Bestimmung der LD50 mit einem 95 %igen Vertrauensbereich erfüllen. Im Normalfall sind für die Prüfung fünf Dosen in einer geometrischen Reihe, die sich um einen Faktor von nicht mehr als 2,2 unterscheiden und den Bereich für die LD50, abdecken, erforderlich. Die Anzahl an Dosen muss jedoch im Verhältnis zur Steigung der Toxizitätskurve (Dosis im Verhältnis zu Mortalität) unter Berücksichtigung der für die Auswertung der Ergebnisse herangezogenen statistischen Methode bestimmt werden. Mit Hilfe einer Vorprüfung zur Bestimmung des Konzentrationsbereichs lassen sich die angemessenen Dosen auswählen.

Mindestens drei Wiederholungsprüfgruppen von jeweils 10 Bienen sollten jeder Prüfkonzentrationsdosis ausgesetzt werden.

Zusätzlich zu den Prüfreihen sollten mindestens drei Kontrollgruppen von jeweils 10 Bienen zum Einsatz kommen. Wird ein organisches Lösemittel oder ein Benetzungsmittel verwendet, müssen drei zusätzliche Kontrollgruppen mit jeweils 10 Bienen für das Löse- oder Benetzungsmittel mit einbezogen werden.

1.6.2.   Toxischer Standard

In die Prüfreihen ist ein toxischer Standard aufzunehmen. Zumindest drei Dosen sollten ausgewählt werden, die den erwarteten LD50-Wert abdecken. Für jede Prüfdosis sollten mindestens drei Wiederholungskäfige mit jeweils 10 Bienen verwendet werden. Der bevorzugte toxische Standard ist Dimethoat: Für diesen Stoff liegt die nachgewiesene Kontakt-LD50 für 24 Stunden im Bereich von 0,10 bis 0,30 μg Wirkstoff/Biene (2). Andere toxische Standards wären jedoch annehmbar, soweit hinreichende Daten zur Überprüfung der erwarteten Dosisreaktion vorgelegt werden können (z. B. Parathion).

1.6.3.   Exposition

1.6.3.1.   Verabreichung der Dosen

Bei den betäubten Bienen erfolgt jeweils einzeln eine topikale Aufbringung. Die Bienen werden nach dem Zufallsprinzip den verschiedenen Prüfdosen und Kontrollen zugeordnet. Ein Volumen von 1 μl Lösung mit der Prüfsubstanz in der geeigneten Konzentration wird mit einem Mikroapplikator auf die Dorsalseite des Thorax einer jeden Biene aufgetragen. Sofern begründet, können andere Volumina verwendet werden. Nach dem Auftragen werden die Bienen auf die Prüfkäfige verteilt und mit den Zuckerlösungen versorgt.

1.6.3.2.   Dauer

Die Dauer der Prüfung sollte vorzugsweise 48 Stunden betragen. Steigt die Mortalität zwischen 24 und 48 Stunden um mehr als 10 % an, sollte die Prüfdauer auf maximal 96 Stunden verlängert werden, sofern die Kontrollmortalität nicht über 10 % hinausgeht.

1.6.4.   Beobachtungen

Die Mortalität wird 4 Stunden nach der Dosierung und dann nach 24 Stunden und 48 Stunden protokolliert. Ist ein verlängerter Beobachtungszeitraum erforderlich, sollten weitere Bewertungen im Abstand von 24 Stunden bis maximal 96 Stunden vorgenommen werden, sofern die Kontrollmortalität 10 % nicht übersteigt.

Alle anormalen Verhaltensweisen während des Prüfzeitraums müssen protokolliert werden.

1.6.5.   Limit-Test

In einigen Fällen (z. B. wenn man erwartet, dass die Prüfsubstanz eine geringe Toxizität besitzt) kann ein Limit-Test mit 100 μg Wirkstoff/Biene durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LD50 höher als dieser Wert ist. Dabei sollte das gleiche Verfahren zum Einsatz kommen, einschließlich drei Wiederholungsprüfgruppen für die Prüfdosis, die betreffenden Kontrollen und die Verwendung des toxischen Standards. Sofern Mortalitäten auftreten, sollte eine vollständige Untersuchung durchgeführt werden. Eventuell beobachtete subletale Wirkungen (siehe 1.6.4) sind zu dokumentieren.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

2.1.   DATEN

Daten sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden, wobei für jede Behandlungsgruppe sowie für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit dem toxischen Standard die Anzahl an eingesetzten Bienen, die Mortalität für jede Beobachtungszeit und die Anzahl an Bienen mit beeinträchtigtem Verhalten auszuweisen sind. Die Mortalitätsdaten sind mit angemessenen statistischen Verfahren zu analysieren (z. B. Probit-Analyse, gleitender Durchschnitt, binomiale Wahrscheinlichkeit) (3) (4). Die Dosisreaktionskurven sind für jede empfohlene Beobachtungszeit (d. h. 24 und 48 Stunden sowie, soweit zutreffend, 72 und 96 Stunden) darzustellen, und die Steigungen der Kurven und die mittleren letalen Dosen (LD50) sind mit einem 95 % Vertrauensbereich zu berechnen. Korrekturen um die Kontrollmortalität könnten mit Hilfe der Abbott’schen Korrektur vorgenommen werden (4) (5). Die LD50 sollte in μg Prüfsubstanz je Biene angegeben werden.

2.2.   PRÜFBERICHT

Der Prüfbericht muss die folgenden Angaben enthalten:

2.2.1.   Prüfsubstanz

Physikalische Beschaffenheit und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Stabilität in Wasser, Dampfdruck);
Daten zur chemischen Identifikation, einschließlich Strukturformel, Reinheit (d. h. für Pflanzenschutzmittel die Identität und Konzentration des bzw. der Wirkstoffe).

2.2.2.   Geprüfte Bienenart

Wissenschaftlicher Name, Rasse, ungefähres Alter (in Wochen), Sammlungsverfahren, Datum der Sammlung:
Angaben über die Völker, die für die Sammlung der Prüfbienen eingesetzt wurden, einschließlich Gesundheitszustand, eventuelle Krankheiten von erwachsenen Bienen, eventuelle Vorbehandlungen usw.

2.2.3.   Prüfbedingungen

Temperatur und relative Feuchte des Versuchsraums;
Unterbringungsbedingungen einschließlich Art, Größe und Material der Käfige;
Verfahren für die Verabreichung der Prüfsubstanz, z. B. verwendete Trägerlösung, aufgebrachtes Prüflösungsvolumen, verwendetes Betäubungsmittel;
Versuchsanlage, z. B. Anzahl und eingesetzte Prüfdosen, Anzahl an Kontrollen; für jede Prüfdosis und Kontrolle Anzahl an Wiederholungskäfigen und Anzahl an Bienen pro Käfig;
Datum der Prüfung.

2.2.4.   Ergebnisse

Ergebnisse von eventuellen Vorversuchen zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs;
Rohdaten: Mortalität bei jeder geprüften Konzentration zu jeder Beobachtungszeit;
Darstellung der Dosisreaktionskurven am Ende der Prüfung;
LD50-Werte mit 95 %igem Vertrauensbereich für jede empfohlene Beobachtungszeit, jede Prüfsubstanz und den toxischen Standard;
zur Bestimmung der LD50 herangezogene statistische Verfahren;
Mortalität in Kontrollen;
sonstige beobachtete oder gemessene biologische Wirkungen und eventuelle abnorme Reaktionen der Bienen;
eventuelle Abweichungen von den hier beschriebenen Prüfverfahren und sonstige relevante Informationen.

3.   LITERATURHINWEISE

(1) EPPO/Council of Europe (1993). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Products — Honeybees. EPPO bulletin, Vol. 23, N.1, 151-165. March 1993.

(2) Gough, H. J., McIndoe, E. C., Lewis, G. B. (1994). The use of dimethoate as a reference compound in laboratory acute toxicity tests on honeybees (Apis mellifera L.), 1981-1992. Journal of Apicultural Research 22, 119-125.

(3) Litchfield, J. T. and Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper. Ther., 96, 99-113.

(4) Finney, D. J. (1971). Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(5) Abbott, W. S. (1925). A method for Computing the effectiveness of an insecticide. Jour. Econ. Entomol. 18, 265-267.

C.18.   ADSORPTION/DESORPTION NACH EINER SCHÜTTELMETHODE

1.   METHODE

Diese Methode ist ein Verfahren im Format der Prüfrichtlinie OECD TG 106 zur Bestimmung von Bodenadsorption bzw. -desorption nach einer Schüttelmethode (Batch Equilibrium Method) (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Die Methode stützt sich auf einen Ringtest und einen Workshop zur Bodenauswahl für die Entwicklung eines Adsorptionstests (1) (2) (3) (4) sowie auf einzelstaatliche Leitlinien (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11).

Anhand von Adsorptions-/Desorptionsuntersuchungen lassen sich wesentliche Informationen über die Mobilität von Chemikalien und deren Verteilung in den Boden-, Wasser- und Luftkompartimenten der Biosphäre gewinnen (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21). Diese Informationen können bei der Vorhersage bzw. Abschätzung beispielsweise der Verfügbarkeit einer Chemikalie für den Abbau (22) (23), die Umwandlung und die Aufnahme durch Organismen (24), Auswaschung durch das Bodenprofil (16) (18) (19) (21) (25) (26) (27) (28), Volatilität aus dem Boden (21) (29) (30), oberflächliches Abfließen in natürliche Gewässer (18) (31) (32) herangezogen werden. Adsorptionsdaten eignen sich für Vergleichs- und Modellierungszwecke (19) (33) (34) (35).

Die Verteilung einer Chemikalie zwischen der Boden- und Wasserphase ist ein komplexer Prozess und von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren abhängig: der chemischen Beschaffenheit der Substanz (12) (36) (37) (38) (39) (40), den Merkmalen des Bodens (4) (12) (13) (14) (41) (42) (43) (44) (45) (46) (47) (48) (49) sowie klimatischen Faktoren wie Niederschlag, Temperatur, Sonnenlicht und Wind. Folglich ist es nicht möglich, die zahlreichen Phänomene und Mechanismen, die am Prozess der Adsorption einer Chemikalie durch den Boden beteiligt sind, vollständig durch ein vereinfachtes Labormodell wie die vorliegende Methode zu definieren. Doch auch wenn dieser Versuch nicht alle in der Umwelt möglichen Fälle berücksichtigen kann, liefert er doch ausreichende Informationen zur Umweltrelevanz der Adsorption einer Chemikalie.

Siehe auch Allgemeine Einleitung.

1.2.   ANWENDUNGSBEREICH

Das Verfahren dient der Abschätzung des Adsorptions-/Desorptionsverhaltens einer Substanz an Böden. Das Ziel besteht darin, einen Sorptionswert zu erhalten, der zur Prognose der Verteilung unter den verschiedensten Umweltbedingungen benutzt werden kann; zu diesem Zweck werden für eine Chemikalie an verschiedenen Böden Gleichgewichtsadsorptionskoeffizienten als Funktion von Bodenmerkmalen (z. B. organischer Kohlenstoffgehalt, Tongehalt sowie Bodentextur und pH-Wert) bestimmt. Um die Interaktionen einer bestimmten Substanz mit natürlich vorkommenden Böden weitestmöglich zu erfassen, sind unterschiedliche Bodentypen zu verwenden.

Bei dieser Methode steht Adsorption für den Prozess des Anlagerns einer Chemikalie an Bodenoberflächen; es erfolgt keine Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Adsorptionsprozessen (physikalische und chemische Adsorption) und solchen Prozessen wie oberflächenkatalysierter Abbau, Volumenadsorption oder chemische Reaktion. Nicht berücksichtigt ist die Adsorption an von den Böden erzeugte kolloide Partikel (Durchmesser < 0,2 μm).

Folgenden Bodenparametern wird in Bezug auf die Adsorption der größte Stellenwert beigemessen: dem organischen Kohlenstoffgehalt (3) (4) (12) (13) (14) (41) (43) (44) (45) (46) (47) (48), dem Tongehalt und der Bodentextur (3) (4) (41) (42) (43) (44) (45) (46) (47) (48) sowie für ionisierbare Verbindungen dem pH-Wert (3) (4) (42). Weitere Bodenparameter, die einen Einfluss auf die Adsorption-Desorption einer Substanz haben, sind die effektiven Kationenaustauschkapazität (KAKeff), der Gehalt an amorphen Eisen- und Aluminiumoxiden, insbesondere für vulkanische und tropische Böden (4), wie auch die spezifische Oberfläche (49).

Der Test ist dafür ausgelegt, die Adsorption einer Chemikalie an unterschiedliche Bodentypen mit einer Reihe unterschiedlicher organischer Kohlenstoffgehalte, Tongehalte und Bodentexturen sowie pH-Werte zu bewerten. Er besteht aus drei Stufen:

Stufe 1: Voruntersuchung zur Bestimmung

des Boden-Lösungs-Verhältnisses;
der Gleichgewichtszeit für die Adsorption und der bei Gleichgewicht adsorbierten Menge an Testsubstanz;
der Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche der Testgefäße und der Stabilität der Testsubstanz während des Testzeitraums.

Stufe 2: Screening-Test: Bei fünf verschiedenen Bodentypen wird die Adsorption anhand der Adsorptionskinetik bei einer einzigen Konzentration und mittels Bestimmung des Verteilungskoeffizienten Kd. und Koc untersucht.

Stufe 3: Bestimmung von Freundlich-Adsorptionsisothermen zur Ermittlung des Einflusses der Konzentration auf die Adsorption an Böden.

Untersuchung der Desorption mit Hilfe von Desorptionskinetik/Freundlich-Desorptionsisothermen (Anlage 1).

1.3.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND EINHEITEN



SymbolBegriffsbestimmungEinheit
Adsorptionsanteil zur Zeit ti%
AeqAdsorptionsanteil bei Adsorptionsgleichgewicht%
Masse der zur Zeit ti am Boden adsorbierten Testsubstanzμg
Masse der während des Zeitintervalls Δti am Boden adsorbierten Testsubstanzμg
Masse der bei Adsorptionsgleichgewicht am Boden adsorbierten Testsubstanzμg
m0Masse der Testsubstanz im Reagenzglas am Beginn des Adsorptionstestsμg
Masse der Testsubstanz, gemessen in einer Aliquote (
) zum Zeitpunkt tj
μg
Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewichtμg
mBoden= msoil = Menge der Bodenphase, ausgedrückt als Boden-Trockenmasseg
CstMassenkonzentration der Vorratslösung der Substanzμg cm-3
C0Ausgangsmassenkonzentration der Testlösung in Kontakt mit dem Bodenμg cm-3
Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase zur Zeit ti wenn die Analyse durchgeführt istμg cm-3
Gehalt der bei Adsorptionsgleichgewicht am Boden adsorbierten Substanzμg g-1
Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase bei Adsorptionsgleichgewichtμg cm-3
V0Anfangsvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des Adsorptionstestscm3
Volumen der Aliquote, in der die Testsubstanz gemessen wirdcm3
KdVerteilungskoeffizient für die Adsorptioncm3 g-1
KocAuf organischen Kohlenstoff normierter Adsorptionskoeffizientcm3 g-1
KomAuf organisches Material normierter Verteilungskoeffizientcm3 g-1
Freundlich-Adsorptionskoeffizientμg 1-1/n (cm3) 1/n g-1
l/nFreundlich-Exponent
Desorptionsanteil zum Zeitpunkt ti%
Desorptionsanteil im Zeitintervall Δtj%
KdesScheindesorptionskoeffizientcm3 g-1
Freundlich-Desorptionskoeffizientμg 1-1/n (cm3) 1/n g-1
Masse der aus Boden während der Zeit ti desorbierten Testsubstanzμg
Masse der aus Boden während des Zeitintervalls Δtj desorbierten Testsubstanzμg
Analytisch bestimmte Masse Substanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewichtμg
Gesamtmasse der bei Desorptionsgleichgewicht desorbierten Testsubstanzμg
Masse der nach dem Zeitintervall Δti am Boden adsorbiert bleibenden Substanzμg
Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Substanzμg
Gehalt der bei Desorptionsgleichgewicht am Boden adsorbiert bleibenden Testsubstanzμg g-1
Massenkonzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewichtμg cm-3
VTGesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchscm3
VRVolumen des nach Einstellung des Adsorptionsgleichgewichts aus dem Glas abgenommenen und durch das gleiche Volumen einer 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzten Überstandscm3
Volumen der während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchs ab der Zeit (i) als Probe zu Analysezwecken abgenommenen Aliquotecm3
Volumen der im Desorptionskinetikversuch (Gesamtbeprobungsmethode) aus dem Glas (i) zur Messung der Testsubstanz abgenommenen Lösungcm3
Volumen der bei Desorptionsgleichgewicht aus dem Glas zur Messung der Testsubstanz abgenommenen Lösungcm3
MBMassenbilanz%
mEGesamtmasse der aus Boden und von Wänden des Testgefäßes in zwei Schritten extrahierten Testsubstanzμg
VrecVolumen des nach Adsorptionsgleichgewicht erhaltenen Überstandscm3
PowOktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient
pKaDissoziationskonstante
SwWasserlöslichkeitg l-1

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Bodenproben mit bekanntem Trockengewicht, die vorab in 0,01 M CaCl2 in ein Gleichgewicht gebracht worden sind, werden bei bekannten Konzentrationen von 0,01 M CaCl2 mit bekannten Volumina von Lösungen der Testsubstanz, die nicht markiert oder radioaktiv markiert ist, versetzt. Das Gemisch wird für eine angemessene Zeit geschüttelt. Anschließend werden die Bodensuspensionen mittels Zentrifugieren und, falls gewünscht, Filtrieren getrennt, und die wässrige Phase wird analysiert. Die Menge der an der Bodenprobe adsorbierten Testsubstanz wird berechnet als die Differenz zwischen der Anfangsmenge der Testsubstanz in Lösung und der bei Beendigung des Versuchs verbleibenden Menge (indirekte Methode).

Wahlweise kann die Menge der adsorbierten Testsubstanz auch unmittelbar durch eine Bodenanalyse bestimmt werden (direkte Methode). Diese Vorgehensweise, die eine schrittweise Bodenextraktion mit einem geeigneten Lösungsmittel umfasst, empfiehlt sich in Fällen, bei denen eine präzise Bestimmung der Differenz in der Lösungskonzentration der Substanz nicht möglich ist. Als Beispiele seien folgende Sachverhalte genannt: Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche der Testgefäße, Instabilität der Testsubstanz im Zeitrahmen des Versuchs, nur geringe Konzentrationsveränderung in der Lösung infolge einer schwachen Adsorption sowie starke Adsorption mit dem Ergebnis einer niedrigen Konzentration, die nicht genau bestimmt werden kann. Kommt eine radioaktiv markierte Substanz zum Einsatz, könnte die Bodenextraktion durch Analyse der Bodenphase mittels Verbrennung und Flüssigszintillationszählung umgangen werden. Die Flüssigszintillationszählung ist jedoch eine unspezifische Technik, die keine Unterscheidung zwischen Ausgangs- und Umwandlungsprodukten erlaubt. Daher sollte sie nur dann Anwendung finden, wenn die Testchemikalie für die Dauer der Untersuchung stabil ist.

1.5.   ANGABEN ZUR TESTSUBSTANZ

Die chemischen Reagenzien sollten Analysenreinheit aufweisen. Empfohlen wird die Verwendung nicht markierter Testsubstanzen mit bekannter Zusammensetzung und von vorzugsweise mindestens 95 %iger Reinheit bzw. radioaktiv markierter Testsubstanzen mit bekannter Zusammensetzung und von radioaktiver Reinheit. Bei Markierungssubstanzen mit kurzer Halbwertzeit sollten Zerfallskorrekturen angewendet werden.

Vor der Durchführung einer Adsorptions-/Desorptionsprüfung sollten in Bezug auf die Testsubstanz folgende Angaben vorliegen:

a)
Wasserlöslichkeit (A.6);
b)
Dampfdruck (A.4) und/oder Henry-Konstante;
c)
abiotischer Abbau: Hydrolyse als Funktion des pH (C.7);
d)
Verteilungskoeffizient (A.8);
e)
leichte biologische Abbaubarkeit (C.4) bzw. aerobe und anaerobe Umwandlung im Boden;
f)
pKa von ionisierbaren Substanzen;
g)
Direktfotolyse in Wasser (d. h. UV-Vis-Absorptionsspektrum in Wasser, Quantenausbeute) und fotochemischer Abbau an Boden.

1.6.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Der Test ist anwendbar auf chemische Substanzen, für die eine analytische Methode mit hinreichender Genauigkeit zur Verfügung steht. Ein wichtiger Kennwert, der die Verlässlichkeit der Ergebnisse beeinflussen kann, und zwar besonders bei der indirekten Methode, ist die Stabilität der Testsubstanz innerhalb des Zeitrahmens des Tests. Daher ist die Stabilität in jedem Falle in einer Voruntersuchung zu überprüfen. Wird im Zeitrahmen des Tests eine Umwandlung beobachtet, so empfiehlt es sich, dass die Hauptuntersuchung durch Analysen sowohl der Bodenphase als auch der wässrigen Phase durchgeführt wird.

Schwierigkeiten könnten sich bei der Ausführung dieses Tests bei Testsubstanzen mit geringer Wasserlöslichkeit ergeben (Sw < 10-4 g l-1), desgleichen bei hoch dosierten Substanzen, da die Konzentration in der wässrigen Phase analytisch nicht mit ausreichender Genauigkeit messbar ist. In diesen Fällen sind zusätzliche Schritte notwendig. In den entsprechenden Abschnitten der vorliegenden Dokumentation sind Hinweise dafür zu finden, wie sich diese Probleme lösen lassen.

Bei der Prüfung flüchtiger Substanzen ist dafür Sorge zu tragen, dass Verluste während der Behandlung vermieden werden.

1.7.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.7.1.   Geräte und chemische Reagenzien

Standardlaborausstattung, insbesondere Folgendes:

a)
Reagenzgläser oder Gefäße zur Versuchsdurchführung. Vor allem müssen diese Reagenzgläser oder Gefäße
genau in die Zentrifuge passen, um Handhabungs- und Umsetzfehler weitestgehend auszuschließen;
aus inertem Material bestehen, damit es möglichst nicht zur Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche kommt;
b)
Schüttelwerk: Überkopfschüttler oder gleichwertige Vorrichtung; der Schüttler sollte den Boden während des Schüttelns in Suspension halten;
c)
Zentrifuge: vorzugsweise Hochleistungsgerät, z. B. mit Zentrifugalkräften > 3 000 g, temperaturgeregelt, fähig zur Abtrennung von Partikeln mit einem Durchmesser über 0,2 μm aus wässriger Lösung. Die Behälter sollten während des Rührens und Zentrifugierens abgedeckt sein, um Volatilitäts- und Wasserverluste zu vermeiden; um einer Adsorption daran möglichst vorzubeugen, sollte auf inaktivierte Abdeckungen, beispielsweise teflonbeschichtete Schraubkappen, zurückgegriffen werden;
d)
fakultativ: Filtriervorrichtung; sterile Einweg-Filter mit einer Porosität von 0,2 μm. Mit besonderer Umsicht ist bei der Auswahl des Filtermaterials vorzugehen, um jegliche Verluste der Testsubstanz daran zu vermeiden; bei schwerlöslichen Testsubstanzen wird empfohlen, kein organisches Filtermaterial zu verwenden;
e)
analytische Instrumente, mit denen die Konzentration der Testchemikalie gemessen werden kann;
f)
Laborofen, mit dem sich eine Temperatur von 103 oC bis 110 oC halten lässt.

1.7.2.   Charakterisierung und Auswahl von Böden

Die Charakterisierung der Böden sollte anhand von drei Parametern erfolgen, die als weitgehend verantwortlich für das Adsorptionsvermögen betrachtet werden: der organische Kohlenstoffgehalt, der Tongehalt und die Bodentextur sowie der pH-Wert. Wie bereits erwähnt (siehe unter „Anwendungsbereich“), können sich auch andere physikalisch-chemische Eigenschaften des Bodens auf die Adsorption/Desorption einer bestimmten Substanz auswirken und sollten daher in solchen Fällen berücksichtigt werden.

Die für eine Bodencharakterisierung verwendeten Methoden sind von großer Bedeutung und können einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse ausüben. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, den Boden-pH-Wert in einer Lösung von 0,01 M CaCl2 (der im Adsorptions-/Desorptionstest verwendeten Lösung) gemäß der entsprechenden ISO-Methode (ISO-10390-1) zu messen. Weiterhin wird empfohlen, die übrigen relevanten Bodenmerkmale nach Standardverfahren zu bestimmen (z. B. ISO Handbook of soil analysis). Diese Vorgehensweise gestattet es, die Analyse von Sorptionsdaten anhand international einheitlicher Bodenparameter vorzunehmen. Einige Anleitungen zu vorhandenen Standardverfahren der Bodenanalyse und -Charakterisierung sind den Literaturangaben zu entnehmen (50) (51) (52). Zur Kalibrierung von Bodentestmethoden wird die Verwendung von Referenzböden empfohlen.

Eine Anleitung zur Auswahl von Böden für Adsorptions-/Desorptionsversuche ist in Tabelle 1 zu finden. Mit den sieben ausgewählten Böden werden Bodentypen erfasst, die in gemäßigten geografischen Zonen anzutreffen sind. Bei ionisierbaren Testsubstanzen sollten die gewählten Böden einen großen pH-Bereich abdecken, damit die Adsorption der Substanz in deren ionisierter und nichtionisierter Form bewertet werden kann. Im Abschnitt 1.9 „Durchführung des Tests“ ist angegeben, wie viele unterschiedliche Böden in den einzelnen Phasen des Tests zu verwenden sind.

Werden andere Bodentypen bevorzugt, so sollten diese nach denselben Parametern charakterisiert werden und eine ähnliche Spannbreite an Merkmalen wie die in Tabelle 1 beschriebenen aufweisen, auch wenn sie den Kriterien nicht exakt entsprechen.



Tabelle 1

Anleitung zur Auswahl von Bodenproben zur Adsorption/Desorption

BodentyppH-Bereich (in 0,01 M CaCl2)Organischer Kohlenstoffgehalt ( %)Tongehalt ( %)Bodentextur (1)
14,5 -5,5 1,0 -2,0 65-80Ton
2> 7,5 3,5 -5,0 20-40Toniger Lehm
35,5 -7,0 1,5 -3,0 15-25Schluffiger Lehm
44,0 -5,5 3,0 -4,0 15-30Lehm
5< 4,0 -6,0  (2)< 0,5 -1,5  (2) (3)< 10-15 (2)Lehmiger Sand
6>7,0 < 0,5 -1,0  (2) (3)40-65Toniger Lehm/Ton
7< 4,5 > 10< 10Sand/lehmiger Sand

(1)   Gemäß FAO und dem US-amerikanischen System (85).

(2)   Die Werte der jeweiligen Variablen sollten vorzugsweise in dem angegebenen Bereich liegen. Sollten jedoch Schwierigkeiten bei der Suche nach geeignetem Bodenmaterial auftreten, sind auch Werte unterhalb des angezeigten Minimums zulässig.

(3)   Böden mit einem organischen Kohlenstoffgehalt unter 0,3 % können die Korrelation zwischen organischem Gehalt und Adsorption stören. Daher ist es ratsam, Böden mit einem organischer. Kohlenstoffgehalt von mindestens 0,3 % einzusetzen.

1.7.3.   Sammlung und Lagerung von Bodenproben

1.7.3.1.   Sammlung

Es werden keine speziellen Probenahmetechniken oder -hilfsmittel empfohlen. Das Probenahmeverfahren richtet sich nach dem Zweck der Untersuchung (53) (54) (55) (56) (57) (58).

Folgendes ist zu beachten:

a)
Es sind ausführliche Informationen über die Geschichte des Feldstandorts erforderlich, so zum Ort, zum Bewuchs, zu Behandlungen mit Pestiziden und/oder Düngemitteln, zu biologischen Anlagerungen oder zu unfallbedingten Verschmutzungen. Im Hinblick auf die Beschreibung des Probenahmestandorts sind die Empfehlungen der ISO-Norm zur Entnahme von Bodenproben (ISO 10381-6) einzuhalten.
b)
Der Probenahmestandort ist mittels UTM (Universale Transversale Mercator-Projektion/European Horizontal Datum) oder geografischen Koordinaten zu definieren. Daraus könnte für die Zukunft die Möglichkeit erwachsen, einen bestimmten Boden erneut zu sammeln oder Boden nach verschiedenen Klassifizierungssystemen zu definieren, die in unterschiedlichen Ländern benutzt werden. Außerdem sollte A-Horizont nur bis zu einer Maximaltiefe von 20 cm gesammelt werden. Vor allem der Boden Nr. 7 sollte in die Probenahme einbezogen werden, wenn ein Teil des Bodens Oh-Horizont ist.

Die Bodenproben sollten mit Hilfe von Behältern und unter Temperaturbedingungen transportiert werden, die gewährleisten, dass die ursprünglichen Bodeneigenschaften nicht wesentlich verändert werden.

1.7.3.2.   Lagerung

Bevorzugt wird die Verwendung feldfrischer Böden. Nur wenn dies nicht möglich ist, sollte Boden bei Umgebungstemperatur gelagert und lufttrocken aufbewahrt werden. Eine Begrenzung der Lagerzeit wird nicht empfohlen, doch sollten Böden, die länger als drei Jahre gelagert wurden, vor ihrer Verwendung erneut auf ihren organischen Kohlenstoffgehalt, pH-Wert und KAK analysiert werden.

1.7.3.3.   Handhabung und Vorbereitung von Bodenproben auf den Test

Die Böden werden bei Umgebungstemperatur (vorzugsweise zwischen 20 und 25 oC) luftgetrocknet. Die Auflockerung sollte mit minimalem Kraftaufwand erfolgen, so dass die ursprüngliche Textur des Bodens möglichst wenig verändert wird. Die Böden werden auf eine Partikelgröße < 2 mm gesiebt. Im Hinblick auf den Siebvorgang sollten die Empfehlungen der ISO-Norm zur Probenahme eingehalten werden (ISO 10381-6). Empfohlen wird eine sorgfältige Homogenisierung, da dies die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse erhöht. Der Feuchtegehalt jedes Bodens wird an drei Aliquoten mit Erwärmung auf 105 oC bestimmt, bis keine signifikante Gewichtsveränderung mehr zu verzeichnen ist (ca. 12 Stunden). Bei allen Berechnungen bezieht sich die Bodenmasse auf die Ofentrockenmasse, d. h. das um den Feuchtegehalt korrigierte Bodengewicht.

1.7.4.   Vorbereitung der Testsubstanz zur Anwendung auf Boden

Die Testsubstanz wird in einer Lösung von 0,01 M CaCl2 in destilliertem oder entionisiertem Wasser gelöst. Die CaCl2-Lösung dient als wässrige Lösungsmittelphase zur Verbesserung der Zentrifugation und Minimierung des Kationenaustauschs. Die Konzentration der Vorratslösung sollte die Nachweisgrenze der verwendeten analytischen Methode vorzugsweise um den Faktor 3 übersteigen. Diese Schwelle gewährleistet genaue Messungen in Bezug auf die diesem Verfahren zugrunde liegende Methodik. Darüber hinaus sollte die Konzentration der Vorratslösung die Wasserlöslichkeit der Testsubstanz unterschreiten.

Die Vorratslösung sollte am besten unmittelbar vor Anwendung auf die Bodenproben zubereitet sowie verschlossen und vor Licht geschützt bei 4 oC aufbewahrt werden. Die Lagerzeit richtet sich nach der Stabilität der Testsubstanz und ihrer Konzentration in der Lösung.

Lediglich bei schwerlöslichen Substanzen (Sw < 10-4 g l-1) könnte unter Umständen ein geeignetes Solubilisierungsmittel notwendig sein, wenn sich die Testsubstanz nur schwer auflösen lässt. Ein solches Solubilisierungsmittel sollte a) mit Wasser mischbar sein, beispielsweise Methanol oder Acetonitril, b) in einer Konzentration von höchstens 1 % des Gesamtvolumens der Vorratslösung und darunter in der Lösung der Testsubstanz, die in Kontakt mit dem Boden kommt (vorzugsweise unter 0,1 %), enthalten sein und c) kein oberflächenaktiver Stoff sein oder solvolytische Reaktionen mit der Testchemikalie durchlaufen. Die Verwendung eines Solubilisierungsmittels sollte im Datenbericht festgehalten und begründet werden.

Eine andere Alternative bei schwerlöslichen Substanzen besteht darin, die Testsubstanz durch Untermischen in ein Testsystem zu geben: Die Testsubstanz wird in einem organischen Lösungsmittel gelöst, von dem eine Aliquote zu dem System von Boden und 0,01 M CaCl2-Lösung in destilliertem oder entionisiertem Wasser gegeben wird. Der Gehalt an organischem Lösungsmittel in der wässrigen Phase sollte so niedrig wie möglich gehalten werden und im Regelfall 0,1 % nicht übersteigen. Beim Untermischen aus einer organischen Lösung kann das Problem der Volumen-Nichtreproduzierbarkeit auftreten. Dadurch kann sich ein zusätzlicher Fehler ergeben, da die Konzentrationen von Testsubstanz und Hilfslösungsmittel nicht in allen Tests gleich hoch ausfallen dürften.

1.8.   VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG DES ADSORPTIONS-/DESORPTIONSTESTS

1.8.1.   Analysenmethode

Zu den wichtigsten Parametern, die die Genauigkeit von Sorptionsmessungen beeinflussen können, zählen die Genauigkeit der Analysenmethode bei der Untersuchung der Lösungs- und adsorbierten Phasen, die Stabilität und Reinheit der Testsubstanz, das Einstellen des Sorptionsgleichgewichts, das Ausmaß der Lösungskonzentrationsveränderung, das Boden-Lösungs-Verhältnis sowie Veränderungen in der Bodenstruktur während des Gleichgewichtseinstellungsprozesses (35) (59-62). Einige Beispiele betreffend die Genauigkeitsproblematik sind in Anlage 2 dargestellt.

Die Zuverlässigkeit der verwendeten Analysenmethode muss bei dem Konzentrationsbereich überprüft werden, der vermutlich während des Tests auftreten wird. Es sollte im Ermessen des Experimentators liegen, eine geeignete Methode mit angemessener Genauigkeit, Präzision, Reproduzierbarkeit, Gewinnungsraten und hinreichenden Nachweisgrenzen zu entwickeln. Eine Anleitung für die Durchführung eines solchen Tests vermittelt der nachstehende Versuch.

Ein angemessenes Volumen 0,01 M CaCl2, z. B. 100 cm3, wird mit einer Masse Boden, z. B. 20 g, hoher Adsorptionsfähigkeit, d. h. mit hohem organischen Kohlenstoff- und Tongehalt 4 Stunden geschüttelt. Diese Massen und Volumen können je nach Analysenanforderung variieren, doch ist ein Boden-Lösungs-Verhältnis von 1:5 ein geeigneter Ausgangswert. Das Gemisch wird zentrifugiert, und die wässrige Phase kann filtriert werden. Diese wird dann mit einem bestimmten Volumen der Testsubstanz-Vorratslösung versetzt, so dass eine Nennkonzentration innerhalb des für den Testverlauf wahrscheinlichen Konzentrationsbereichs erreicht wird. Dieses Volumen sollte 10 % des Endvolumens der wässrigen Phase nicht überschreiten, um den Charakter der Lösung vor Einstellung des Gleichgewichts so wenig wie möglich zu verändern. Die Lösung wird analysiert.

Es ist ein Leerdurchlauf, bestehend aus dem System Boden + CaCl2-Lösung (ohne Testsubstanz), anzusetzen, um unerwünschte Pseudoergebnisse in der Analysenmethode und durch den Boden hervorgerufene Matrixeffekte zu entdecken.

Zu den für Sorptionsmessungen geeigneten analytischen Methoden gehören die Gas-Flüssigkeits-Chromatografie (GLC), Hochleistungs-Flüssigchromatografie (HPLC), Spektrometrie (z. B. GC/Massenspektrometrie, HPLC/Massenspektrometrie) und Flüssigszintillationszählung (für radioaktiv markierte Substanzen). Unabhängig von der verwendeten Analysenmethode gelten Gewinnungsraten zwischen 90 und 110 % des Nennwerts als angemessen. Um eine Detektion und Evaluierung nach erfolgter Verteilung zu ermöglichen, sollten die Nachweisgrenzen der Analysenmethode die Nennkonzentration mindestens um den Faktor 2 unterschreiten.

Die Merkmale und Nachweisgrenzen der zur Ausführung von Adsorptionsuntersuchungen verfügbaren Analysenmethode spielen eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Testbedingungen und der Durchführung des Tests insgesamt. Die vorliegende Methode stützt sich auf eine allgemeinere experimentelle Vorgehensweise und gibt Empfehlungen und Anleitung für alternative Lösungswege, die gewählt werden können, wenn sich Einschränkungen aufgrund der analytischen Methode und der Laborausstattung ergeben.

1.8.2.   Auswahl optimaler Boden-Lösungs-Verhältnisse

Die Auswahl geeigneter Boden-Lösungs-Verhältnisse für Sorptionsuntersuchungen richtet sich nach dem Verteilungskoeffizienten Kd und dem gewünschten relativen Adsorptionsgrad. Die Veränderung der Konzentration der Substanz in der Lösung bestimmt die statistische Genauigkeit der Messung auf der Grundlage der Form der Adsorptionsgleichung und der Grenze der analytischen Methodik bei der Bestimmung der Konzentration der Chemikalie in Lösung. Daher ist es in der Praxis generell von Nutzen, einige wenige feste Verhältnisse anzusetzen, bei denen der adsorbierte Anteil oberhalb 20 % und vorzugsweise >50 % liegt (62). Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Konzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase so hoch ist, dass sie eine genaue Messung erlaubt. Dies ist insbesondere im Fall hoher Adsorptionsanteile von Bedeutung.

Ein passender Ansatz für die Wahl geeigneter Boden-Wasser-Verhältnisse basiert auf einer Schätzung des Kd-Werts entweder mittels Voruntersuchungen oder durch etablierte Abschätzungsverfahren (Anlage 3). Die Wahl eines geeigneten Verhältnisses kann auf der Basis einer grafischen Darstellung des Boden-Lösungs-Verhältnisses in Abhängigkeit von Kd für festgelegte Adsorptionsanteile erfolgen (Abbildung 1). Bei dieser Darstellung wird angenommen, dass die Adsorptionsgleichung linear ist . Die anwendbare Beziehung wird durch Umstellung der Gleichung (4) des Kd in Form der Gleichung (1) erhalten:



(1)

oder in ihrer logarithmischen Form unter der Annahme, dass R = msoil/V0 und Aeq %/100 = :



(2)

Abbildung 1: Beziehung zwischen Boden-Lösungs-Verhältnissen und Kd bei verschiedenen Anteilen adsorbierter Testsubstanz

Abbildung 1 zeigt für unterschiedliche Adsorptionsebenen erforderliche Boden-Lösungs-Verhältnisse als Funktion von Kd. Beispielsweise würde es bei einem Verhältnis Boden:Lösung von 1:5 und einem Kd von 20 zu einer annähernd 80 %igen Adsorption kommen. Um bei identischem Kd eine 50 %ige Adsorption zu erzielen, ist ein Verhältnis von 1:25 anzusetzen. Mit diesem flexiblen Ansatz kann der Untersucher das für die Versuchsanforderungen jeweils geeignete Boden-Lösungs-Verhältnis wählen.

Größere Schwierigkeiten bestehen in Bereichen, in denen die Chemikalie stark oder sehr geringfügig adsorbiert wird. Bei geringer Adsorption empfiehlt sich ein Boden-Lösungs-Verhältnis von 1:1, wenngleich bei einigen ausgeprägt organischen Bodentypen unter Umständen niedrigere Verhältnisse erforderlich sind, um einen Schlamm zu erhalten. Mit Sorgfalt ist bei der analytischen Methodik zur Messung geringfügiger Veränderungen der Lösungskonzentration vorzugehen, da andernfalls die Adsorptionsmessung ungenau ausfällt. Demgegenüber ist bei sehr hohen Verteilungskoeffizienten Kd ein Boden-Lösungs-Verhältnis von bis zu 1:100 möglich, damit eine signifikante Menge der Chemikalie in Lösung bleibt. In jedem Fall ist auf ein gründliches Durchmischen zu achten. Ferner ist für die Gleichgewichtseinstellung im System eine ausreichende Zeitspanne einzuplanen. Ein alternativer Ansatz besteht darin, den Kd-Wert anhand von Abschätzungstechniken vorherzubestimmen, die zum Beispiel auf Pow-Werten fußen (Anlage 3). Diese Vorgehensweise könnte sich insbesondere bei geringfügig adsorbierten/polaren Chemikalien mit Pow < 20 und für lipophile/stark sorbierende Chemikalien mit Pow > 104 als sinnvoll erweisen.

1.9.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.9.1.   Testbedingungen

Sämtliche Versuche werden bei Umgebungstemperatur und, falls möglich, bei einer konstanten Temperatur zwischen 20 und 25 oC durchgeführt.

Beim Zentrifugieren sollten Partikel aus der Lösung abgetrennt werden, die größer als 0,2 μm sind. Dieser Wert steht für die kleinsten Partikel, die als Feststoffpartikel eingestuft werden, und stellt den Grenzwert zwischen Feststoff- und Kolloidpartikeln dar. In Anlage 4 ist eine Anleitung zur Bestimmung der Zentrifugierbedingungen zu finden.

Ist mit den Zentrifugiervorrichtungen die Entfernung von Partikeln > 0,2 μm nicht zu gewährleisten, könnte auf eine Kombination von Zentrifugation und Filtration mit 0,2 -μm-Filtern zurückgegriffen werden. Diese Filter sollten aus einem entsprechenden inerten Material bestehen, um jegliche Verluste der Testsubstanz daran zu vermeiden. In jedem Fall sollte nachgewiesen sein, dass es während des Abfiltrierens nicht zu Verlusten der Testsubstanz kommt.

1.9.2.   Stufe 1 — Voruntersuchung

Der Zweck der Durchführung einer Voruntersuchung ist bereits im Abschnitt „Anwendungsbereich“ erläutert worden. Eine Anleitung zur Ansetzung eines solchen Tests wird anhand des nachfolgend vorgeschlagenen Versuchs gegeben.

1.9.2.1.   Auswahl optimaler Boden-Lösungs-Verhältnisse

Zum Einsatz kommen zwei Bodentypen und drei Boden-Lösungs-Verhältnisse (sechs Versuche). Ein Bodentyp besitzt einen hohen organischen Kohlenstoffgehalt und einen niedrigen Tongehalt, der andere einen niedrigen organischen Kohlenstoffgehalt und einen hohen Tongehalt. Folgende Verhältnisse werden vorgeschlagen:

50 g Boden und 50 cm3 wässrige Lösung der Testsubstanz (Verhältnis 1:1);
10 g Boden und 50 cm3 wässrige Lösung der Testsubstanz (Verhältnis 1:5);
2 g Boden und 50 cm3 wässrige Lösung der Testsubstanz (Verhältnis 1:25).

Die Mindestmenge Boden zur Ausführung des Versuchs richtet sich nach den Laboreinrichtungen und der Leistungsfähigkeit der verwendeten analytischen Methoden. Es empfiehlt sich jedoch, mindestens 1 g, vorzugsweise 2 g, einzusetzen, um verlässliche Testergebnisse zu erzielen.

Eine Kontrollprobe mit lediglich der Testsubstanz in 0,01 M CaCl2-Lösung (kein Boden) wird exakt den gleichen Schritten wie die Testsysteme unterzogen, um die Stabilität der Testsubstanz in CaCl2-Lösung und ihre mögliche Adsorption an den Oberflächen der Testgefäße zu prüfen.

Ein Leerdurchlauf je Boden mit der gleichen Menge Boden und einem Gesamtvolumen von 50 cm30,01 M CaCl2-Lösung (ohne Testsubstanz) wird dem gleichen Testverfahren unterzogen. Dies dient während der Analyse als Leerkontrolle zum Nachweis störender Substanzen oder kontaminierter Böden.

Sämtliche Versuche, eingeschlossen Kontroll- und Leerversuche, sollten mindestens doppelt durchgeführt werden. Die Gesamtzahl der Proben, die für den Test vorbereitet werden sollten, kann mit Bezug auf die zugrunde liegende Methodik berechnet werden.

Für Vor- und Hauptuntersuchung werden in der Regel die gleichen Methoden angewendet. Ausnahmen werden, falls relevant, angegeben.

Die lufttrockenen Proben werden durch Schütteln mit einem Mindestvolumen von 45 cm30,01 M CaCl2 über Nacht (12 Stunden) vor dem Versuchstag ins Gleichgewicht gebracht. Anschließend wird mit einem bestimmten Volumen der Vorratslösung der Testsubstanz auf das Endvolumen von 50 cm3 aufgefüllt. Das zugesetzte Volumen der Vorratslösung sollte a) 10 % des Endvolumens von 50 cm3 der wässrigen Phase nicht überschreiten, um den Charakter der Lösung vor Einstellung des Gleichgewichts möglichst wenig zu verändern; und b) vorzugsweise in einer Anfangskonzentration der in Kontakt mit dem Boden befindlichen Testsubstanz (C0) resultieren, die die Nachweisgrenze der analytischen Methode mindestens um den Faktor 2 überschreitet — diese Schwelle gewährleistet auch bei einer starken Adsorption genaue Messungen (> 90 %) sowie später die Bestimmung der Adsorptionsisothermen. Die Anfangskonzentration der Substanz (C0) sollte möglichst nicht höher sein als die Hälfte ihrer Löslichkeitsgrenze.

Nachstehend wird ein Beispiel für die Art und Weise der Berechnung der Konzentration der Vorratslösung (Cst) beschrieben. Angenommen wird eine Nachweisgrenze von 0,01 μg cm-3 und 90 %ige Adsorption. Daher sollte die Anfangskonzentration der Testsubstanz in Kontakt mit dem Boden vorzugsweise 1 μg cm-3 betragen (zwei Größenordnungen über der Nachweisgrenze). Unter der Voraussetzung, dass das empfohlene Höchstvolumen der Vorratslösung zugesetzt wird, d. h. 5 bis 45 cm30,01 M CaCl2-Gleichgewichtseinstellungslösung (= 10 % der Vorratslösung zum Gesamtvolumen der wässrigen Phase von 50 cm3), sollte die Konzentration der Vorratslösung 10 μg cm-3 betragen, d. h., die Nachweisgrenze der analytischen Methode um den Faktor 3 überschreiten.

Der pH-Wert der wässrigen Phase sollte vor und nach Kontakt mit dem Boden gemessen werden, da er im gesamten Adsorptionsprozess eine wichtige Rolle spielt, insbesondere für ionisierbare Substanzen.

Das Gemisch wird bis zum Erreichen des Adsorptionsgleichgewichts geschüttelt. Die Gleichgewichtszeit in Böden ist, da abhängig von der Chemikalie und vom Boden, stark schwankend. In der Regel ist ein Zeitraum von 24 Stunden ausreichend (77). In der Voruntersuchung mit sequenzieller Beprobung ist ein Vermischen über einen Zeitraum von 48 Stunden empfehlenswert (zum Beispiel 4, 8, 24, 48 Stunden). Die Analysenzeiten sollten jedoch unter Berücksichtigung des Arbeitsplans im Labor flexibel angesetzt werden.

Für die Analyse der Testsubstanz in der wässrigen Lösung bestehen zwei Möglichkeiten: a) die Gesamtbeprobungsmethode und b) die Aliquotenbeprobungsmethode. Es sei besonders darauf hingewiesen, dass die Gesamtbeprobung zwar in der Versuchsdurchführung zeitaufwendiger, die mathematische Aufbereitung der Ergebnisse jedoch einfacher ist (Anlage 5). Allerdings liegt die Entscheidung für die jeweilige Methodik beim Experimentator, der auch die verfügbaren Laboreinrichtungen und -mittel in Rechnung zu stellen hat.

a)
Gesamtbeprobungsmethode: Proben mit dem gleichen Boden-Lösungs-Verhältnis werden vorbereitet, und war so viele, wie Zeitintervalle zur Untersuchung der Adsorptionskinetik vorgesehen sind. Nach Zentrifugation und, falls gewünscht, Filtration wird die wässrige Phase möglichst vollständig erhalten und nach beispielsweise 4 Stunden gemessen. Bei der zweiten Probe erfolgt die Messung nach 8 Stunden, bei der dritten nach 24 Stunden usw.
b)
Aliquotenbeprobungsmethode: Für jedes Boden-Lösungs-Verhältnis wird lediglich eine Duplikatprobe vorbereitet. Bei festgelegten Zeitintervallen wird das Gemisch zur Trennung der Phasen zentrifugiert. Eine kleine Aliquote der wässrigen Phase wird sofort auf die Testsubstanz analysiert. Anschließend wird der Versuch mit dem ursprünglichen Gemisch fortgesetzt. Folgt auf die Zentrifugation Filtration, so sollte das Labor für die Zentrifugation kleiner wässriger Aliquoten ausgestattet sein. Es empfiehlt sich, dass das Gesamtvolumen der abgenommenen Aliquoten nicht höher ist als 1 % des Gesamtvolumens der Lösung, damit sich das Boden-Lösungs-Verhältnis nicht signifikant ändert und die Masse des zur Adsorption verfügbaren gelösten Stoffs während des Tests nicht abnimmt.

Der Adsorptionsanteil wird zu jedem Zeitpunkt
) auf der Basis der nominellen Anfangskonzentration und der gemessenen Konzentration zur Probenahmezeit (ti), korrigiert um den Leerwert, berechnet. Grafische Darstellungen von
in Abhängigkeit von der Zeit (Abbildung 1 Anlage 5) werden erzeugt, um das Erreichen des Gleichgewichtsplateaus abzuschätzen . Der Kd-Wert bei Gleichgewicht wird ebenfalls berechnet. Ausgehend von diesem Kd-Wert werden aus Abbildung 1 geeignete Boden-Lösungs-Verhältnisse so ausgewählt, dass der Adsorptionsanteil über 20 % und vorzugsweise >50 % liegt (61). Alle anwendbaren Gleichungen und Grundsätze sind im Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“ sowie in Anlage 5 aufgeführt.

1.9.2.2.   Bestimmung der Zeit zur Einstellung des Adsorptionsgleichgewichts und der bei Gleichgewicht adsorbierten Menge Testsubstanz

Wie bereits erwähnt, gestatten grafische Darstellungen von

bzw.

in Abhängigkeit von der Zeit eine Abschätzung des Erreichens des Adsorptionsgleichgewichts und der bei Gleichgewicht adsorbierten Menge Testsubstanz. Beispiele für solche grafischen Darstellungen werden in den Abbildungen 1 und 2 gezeigt. Die Gleichgewichtseinstellungszeit ist die Zeit, die das System benötigt, um ein Plateau zu erreichen.

Wird bei einem speziellen Boden kein Plateau, sondern ein kontinuierlicher Anstieg festgestellt, so können dafür Faktoren wie Bioabbau oder langsame Diffusion verantwortlich sein. Ein Bioabbau lässt sich nachweisen, indem das Experiment mit einer sterilisierten Probe des Bodens wiederholt wird. Wird kein Plateau erreicht, sollte der Experimentator nach anderen Phänomenen suchen, die bei seinen spezifischen Untersuchungen beteiligt sein könnten. Zu diesem Zweck könnten entsprechende Modifizierungen an den Versuchsbedingungen (Temperatur, Schüttelzeiten, Boden-Lösungs-Verhältnisse) vorgenommen werden. Die Entscheidung darüber, ob das Testverfahren fortgesetzt werden soll, auch wenn es möglicherweise nicht gelingt, ein Gleichgewicht zu erreichen, liegt im Ermessen des Experimentators.

1.9.2.3.   Adsorption an der Oberfläche des Testgefäßes und Stabilität der Testsubstanz

Einige Informationen zur Adsorption der Testsubstanz an der Oberfläche von Testgefäßen und zu ihrer Stabilität lassen sich aus der Analyse der Kontrollproben ableiten. Wird ein Verfall außerhalb der Standardabweichung der analytischen Methode beobachtet, könnten ein abiotischer Abbau und/oder eine Adsorption an der Oberfläche des Testgefäßes beteiligt sein. Eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Phänomenen kann getroffen werden, indem die Wände des Gefäßes mit einem bekannten Volumen eines geeigneten Lösungsmittels gründlich gewaschen werden und die Waschlösung auf die Testsubstanz analysiert wird. Ist keine Adsorption an der Oberfläche des Testgefäßes zu beobachten, demonstriert der Verfall eine abiotische Instabilität der Testsubstanz. Wird Adsorption festgestellt, macht sich ein Wechsel des Materials des Testgefäßes erforderlich. Die aus diesem Experiment gewonnenen Daten zur Adsorption an der Oberfläche der Testgefäße können jedoch nicht direkt auf ein Boden-Lösungs-Experiment extrapoliert werden. Die Anwesenheit von Boden wird sich auf diese Adsorption auswirken.

Zusätzliche Angaben zur Stabilität der Testsubstanz lassen sich durch Bestimmung der Stamm-Massenbilanz im Zeitablauf ableiten. Dabei werden die wässrige Phase, Extrakte von Boden und Testgefäßwänden auf die Testsubstanz analysiert. Die Differenz zwischen der Masse der zugesetzten Testchemikalie und der Summe der Massen der Testchemikalie in der wässrigen Phase, Extrakte von Boden und Testgefäßwänden ist gleich der abgebauten und/oder verdunsteten und/oder nicht extrahierten Masse. Zur Durchführung einer Massenbilanzbestimmung sollte das Adsorptionsgleichgewicht innerhalb der Versuchszeit erreicht worden sein.

Die Bestimmung der Massenbilanz erfolgt an beiden Böden sowie für ein Boden-Lösungs-Verhältnis je Boden, das einen Verfall oberhalb 20 % und vorzugsweise > 50 % bei Gleichgewicht ergibt. Wenn das Experiment zur Verhältnisfindung mit der Analyse der letzten Probe der wässrigen Phase nach 48 Stunden abgeschlossen ist, werden die Phasen mittels Zentrifugation und, falls gewünscht, Filtration getrennt. Die wässrige Phase wird so weitgehend wie möglich aufgefangen, und der Boden wird mit einem Extraktionslösungsmittel (Extraktionskoeffizient mindestens 95 %) versetzt, um die Testsubstanz zu extrahieren. Empfehlenswert sind wenigstens zwei aufeinander folgende Extraktionen. Die Menge Testsubstanz in den Boden- und Testgefäßextrakten wird bestimmt und die Massenbilanz berechnet (Gleichung 10, „Daten und Abschlussbericht“). Fällt sie niedriger aus als 90 %, gilt die Testsubstanz als im Zeitrahmen des Tests instabil. Dennoch könnten die Untersuchungen weiter fortgesetzt werden, wobei dann die Instabilität der Testsubstanz zu berücksichtigen wäre. Für diesen Fall empfiehlt es sich, beide Phasen in der Hauptuntersuchung zu analysieren.

1.9.3.   Stufe 2 — Adsorptionskinetik bei einer Konzentration der Testsubstanz

Zum Einsatz kommen fünf aus Tabelle 1 ausgewählte Böden. Hierbei wäre es von Vorteil, gegebenenfalls einige oder sämtliche Böden, die bei der Voruntersuchung verwendet wurden, einzubeziehen. In einem solchen Fall muss Stufe 2 für die in der Voruntersuchung benutzten Böden nicht wiederholt werden.

Die Zeit zur Einstellung des Gleichgewichts, das Boden-Lösungs-Verhältnis, das Gewicht der Bodenprobe, das Volumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden und die Konzentration der Testsubstanz in der Lösung werden auf der Basis der Ergebnisse aus den Voruntersuchungen ausgewählt. Analysen sollten vorzugsweise nach etwa 2, 4, 6, 8 (eventuell auch 10) und 24 Stunden Kontaktzeit erfolgen. Die Rührzeit könnte auf maximal 48 Stunden ausgedehnt werden, sollte eine Chemikalie im Zusammenhang mit den Resultaten der Verhältnisfindung eine längere Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts benötigen. Die Analysenzeiten könnten jedoch flexibel angesetzt werden.

Jedes Experiment (ein Boden und eine Lösung) wird mindestens doppelt ausgeführt, um die Varianz der Resultate abschätzen zu können. Bei jedem Versuch wird eine Leerprobe untersucht. Sie besteht aus dem Boden und 0,01 M CaCl2-Lösung ohne Testsubstanz und ist hinsichtlich Gewicht und Volumen mit den Versuchsproben identisch. Zu Absicherung gegen unerwartete Ergebnisse wird eine Kontrollprobe mit lediglich der Testsubstanz in 0,01 M CaCl2-Lösung (ohne Boden) dem gleichen Testverfahren unterzogen.

Der Adsorptionsanteil wird zu jedem Zeitpunkt
und/oder Zeitintervall
(gemäß den Erfordernissen) berechnet und in Abhängigkeit von der Zeit grafisch aufgetragen. Ebenfalls berechnet werden der Verteilungskoeffizient Kd bei Gleichgewicht sowie der auf organischen Kohlenstoff normierte Adsorptionskoeffizient Koc (für nichtpolare organische Chemikalien).

Ergebnisse des Adsorptionskinetiktests:

Der lineare Kd-Wert ist im Allgemeinen zur Beschreibung des Sorptionsverhaltens in Boden hinreichend genau (35) (78) und ist ein Ausdruck für die inhärente Mobilität von Chemikalien in Boden. Beispielsweise gelten Chemikalien mit Kd ≤ 1 cm3 g-1 in der Regel als qualitativ mobil. In ähnlicher Weise haben MacCall et al. (16) eine Mobilitätssystematik auf der Basis von Koc-Werten aufgestellt. Ferner gibt es Auswaschsystematiken auf der Grundlage einer Beziehung zwischen Koc und DT-50  (32) (79).

Fehleranalysenuntersuchungen (61) zufolge können Kd-Werte unterhalb 0,3 cm3 g-1 zudem nicht genau anhand eines Rückgangs der Konzentration in der wässrigen Phase abgeschätzt werden, und zwar auch dann nicht, wenn das (aus Sicht der Genauigkeit) günstigste Boden-Lösungs-Verhältnis, nämlich 1:1, angewendet wird. In diesem Fall ist eine Analyse beider Phasen, d. h. von Boden und Lösung, angeraten.

Angesichts der vorstehenden Feststellungen empfiehlt es sich, die Untersuchung des Adsorptionsverhaltens einer Chemikalie in Boden und ihres Mobilitätspotenzials fortzusetzen, indem für diese Systeme die Adsorptionsisothermen nach Freundlich bestimmt werden, bei denen eine exakte Bestimmung von Kd nach dem dieser Testmethode zugrunde liegenden Versuchsprotokoll möglich ist. Eine genaue Bestimmung ist möglich, sofern der aus der Multiplikation von Kd mit dem Boden-Lösungs-Verhältnis resultierende Wert größer ist als 0,3 , wenn die Messungen auf einem Konzentrationsrückgang in der wässrigen Phase beruhen (indirekte Methode), bzw. größer ist als 0,1 , wenn beide Phasen analysiert werden (direkte Methode) (61).

1.9.4.   Stufe 3 — Adsorptionsisothermen und Desorptionskinetik/Desorptionsisothermen

1.9.4.1.   Adsorptionsisothermen

Zum Einsatz kommen fünf Substanzen, mit denen vorzugsweise zwei Größenordnungen abgedeckt werden. Bei der Auswahl dieser Konzentrationen sollten die Wasserlöslichkeit und die resultierenden wässrigen Gleichgewichtskonzentrationen Berücksichtigung finden. Das Boden-Lösungs-Verhältnis je Boden sollte während des Verlaufs der Untersuchung nicht verändert werden. Der Adsorptionstest wird wie vorstehend beschrieben durchgeführt, mit dem einzigen Unterschied, dass die wässrige Phase nur einmal zu der Zeit analysiert wird, die notwendig ist, um ein Gleichgewicht — wie zuvor in Stufe 2 — bestimmt zu erreichen. Die Gleichgewichtskonzentrationen in der Lösung werden bestimmt, und die adsorbierte Menge wird anhand des Verfalls der Testsubstanz in der Lösung oder nach der direkten Methode berechnet. Die je Einheit Bodenmasse adsorbierte Menge wird grafisch als Funktion der Gleichgewichtskonzentration der Testsubstanz aufgetragen (siehe Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“).

Ergebnisse aus dem Adsorptionsisothermenexperiment:

Von den bisher vorgeschlagenen mathematischen Adsorptionsmodellen ist die Freundlich-Isotherme das zur Beschreibung von Adsorptionsprozessen am häufigsten verwendete Modell. Nähere Einzelheiten zur Interpretation und Bedeutung von Adsorptionsmodellen sind in den Literaturangaben zu finden (41) (45) (80) (81) (82).

Anmerkung: Es sei darauf hingewiesen, dass ein Vergleich von KF (Freundlich-Adsorptionskoeffizient)-Werten für unterschiedliche Substanzen nur möglich ist, wenn diese KF-Werte in den gleichen Einheiten ausgedrückt werden (83).

1.9.4.2.   Desorptionskinetik

Der Zweck dieses Experiments besteht darin, zu untersuchen, ob die Adsorption einer Chemikalie an einem Boden reversibel oder irreversibel ist. Diese Information ist insofern von Bedeutung, als auch der Desorptionsprozess eine wichtige Rolle im Verhalten einer Chemikalie in Feldboden spielt. Darüber hinaus sind Desorptionsdaten nützliche Eingangsdaten für die Computermodellierung von Auswaschungen und aufgelöster Abflusssimulation. Wird eine Desorptionsuntersuchung gewünscht, so empfiehlt es sich, die nachfolgend beschriebene Studie an jedem System auszuführen, bei dem im vorhergehenden Experiment zur Adsorptionskinetik eine genaue Bestimmung von Kd möglich war.

Ähnlich wie bei der Adsorptionskinetikuntersuchung bestehen auch hier zwei Möglichkeiten zur Fortführung des Desorptionskinetikexperiments: a) die Gesamtbeprobungsmethode und b) die Aliquotenbeprobungsmethode. Die Wahl der zugrunde liegenden Methodik liegt im Ermessen des Experimentators, der dabei auch die verfügbaren Laboreinrichtungen und -mittel in Rechnung stellen muss.

a)
Gesamtbeprobungsmethode: Für jeden Boden, der zur Fortführung der Desorptionsstudie ausgewählt wurde, werden so viele Proben mit dem gleichen Boden-Lösungs-Verhältnis vorbereitet, wie Zeitintervalle zur Untersuchung der Desorptionskinetik vorgesehen sind. Vorzugsweise sollten die gleichen Zeitintervalle wie beim Adsorptionskinetikversuch Anwendung finden, doch kann die Gesamtzeit auch ausgedehnt werden, falls dies zum Erreichen des Desorptionsgleichgewichts im System erforderlich ist. Bei jedem Versuch (ein Boden, eine Lösung) wird eine Leerprobe untersucht. Diese besteht aus dem Boden und 0,01 M CaCl2-Lösung, ohne Testsubstanz, und ist hinsichtlich Gewicht und Volumen mit denen des Experiments identisch. Als Kontrollprobe wird die Testsubstanz in 0,01 M CaCl2-Lösung (ohne Boden) dem gleichen Testverfahren unterzogen. Alle Gemische des Bodens mit der Lösung werden bis zum Erreichen des Adsorptionsgleichgewichts geschüttelt (wie zuvor in Stufe 2 bestimmt). Anschließend werden die Phasen mittels Zentrifugieren getrennt und die wässrigen Phasen so weit wie möglich abgenommen. Für das abgenommene Volumen Lösung wird mit einem gleichen Volumen 0,01 M CaCl2 ohne Testsubstanz aufgefüllt, und die neuen Gemische werden wieder geschüttelt. Die wässrige Phase des ersten Glases wird möglichst vollständig aufgefangen und nach beispielsweise 2 Stunden gemessen, die des zweiten Glases nach 4 Stunden, die des dritten nach 6 Stunden usw., bis das Desorptionsgleichgewicht eingestellt ist.
b)
Aliquotenbeprobungsmethode: Nach dem Adsorptionskinetikversuch wird das Gemisch zentrifugiert und die wässrige Phase so weit wie möglich abgenommen. Für das abgenommene Lösungsvolumen wird mit einem gleichen Volumen 0,01 M CaCl2 ohne Testsubstanz aufgefüllt. Das neue Gemisch wird bis zur Einstellung des Desorptionsgleichgewichts geschüttelt. Während dieses Zeitraums wird das Gemisch in festgelegten Zeitintervallen zur Trennung der Phasen zentrifugiert. Eine kleine Aliquote der wässrigen Phase wird sofort auf die Testsubstanz analysiert. Anschließend läuft der Versuch mit dem ursprünglichen Gemisch weiter. Das Volumen jeder einzelnen Aliquote sollte geringer sein als 1 % des Gesamtvolumens. Zur Aufrechterhaltung des Verhältnisses Boden/Lösung wird in das Gemisch die gleiche Menge frischer 0,01 -M-CaCl2-Lösung gegeben. Das Schütteln wird bis zum darauf folgenden Zeitintervall fortgesetzt.

Der Desorptionsanteil wird zu jedem Zeitpunkt (
) und/oder Zeitintervall (
) (je nach den Untersuchungserfordernissen) berechnet und grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen. Der Desorptionskoeffizient von Kdes bei Gleichgewicht wird ebenfalls berechnet. Alle anwendbaren Gleichungen sind im Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“ sowie in Anlage 5 aufgeführt.

Ergebnisse aus dem Desorptionskinetikversuch:

Gemeinsame grafische Darstellung des Anteils an Desorption

und Adsorption

in Abhängigkeit von der Zeit erlauben eine Abschätzung der Reversibilität des Adsorptionsvorgangs. Wird das Desorptionsgleichgewicht erreicht, auch wenn dies erst nach dem Zweifachen der Zeit für das Adsorptionsgleichgewicht der Fall ist, und liegt die Gesamtdesorption bei über 75 % der adsorbierten Menge, so gilt die Adsorption als reversibel.

1.9.4.3.   Desorptionsisothermen

Desorptionsisothermen nach Freundlich werden an den Böden bestimmt, die im Experiment zu den Adsorptionsisothermen verwendet wurde. Der Desorptionstest wird wie im Abschnitt „Desorptionskinetik“ beschrieben durchgeführt, mit dem einzigen Unterschied, dass die wässrige Phase nur einmal, und zwar bei Desorptionsgleichgewicht, analysiert wird. Es wird die Menge der desorbierten Testsubstanz berechnet. Der Gehalt von am Boden adsorbiert bleibender Testsubstanz wird als Funktion der Gleichgewichtskonzentration der Testsubstanz in Lösung aufgetragen (siehe Abschnitt „Daten und Abschlussbericht“ sowie Anlage 5).

2.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

Die Zusammenstellung der Analysendaten erfolgt in Tabellenform (siehe Anlage 6). Es werden einzelne Messungen und errechnete Mittelwerte angegeben. Von Adsorptionsisothermen werden grafische Darstellungen vorgelegt. Die Berechnungen werden wie nachfolgend beschrieben durchgeführt.

Für die Zwecke des Tests wird davon ausgegangen, dass das Gewicht von 1 cm3 wässriger Lösung 1 g beträgt. Das Boden-Lösungs-Verhältnis kann in den Darstellungen mit den Einheiten w/w bzw. w/vol ausgedrückt werden.

2.1.   ADSORPTION

Die Adsorption (
) wird als der Anteil von unter den Testbedingungen am Boden adsorbierter Substanz bezogen auf die zu Beginn des Tests vorhandene Menge definiert. Ist die Testsubstanz stabil und adsorbiert nicht signifikant an der Behälterwand, so wird
zu jedem Zeitpunkt ti nach folgender Gleichung berechnet:



(3)

Hierin bedeuten:

=Adsorptionsanteil zum Zeitpunkt ti ( %)
=Masse der am Boden zur Zeit ti adsorbierten Testsubstanz (μg)
m0=Masse der Testsubstanz im Reagenzglas zu Beginn des Tests (μg)

Detaillierte Angaben zur Vorgehensweise bei der Berechnung des Adsorptionsanteils

für die Gesamtbeprobungs- und die Aliquotenbeprobungsmethode enthält Anlage 5.

Der Verteilungskoeffizient Kd ist der Quotient aus dem Gehalt der Substanz in der Bodenphase und der Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Lösung unter den Testbedingungen, wenn das Adsorptionsgleichgewicht erreicht wird.



(cm3 g-1)(4)

Hierin bedeuten:

=Gehalt der am Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierten Substanz (μg g-1)
=Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase bei Adsorptionsgleichgewicht (μg cm-3). (Diese Konzentration wird analytisch unter Berücksichtigung der durch die Leerversuche erhaltenen Werte bestimmt.)
=Masse der am Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierten Substanz (μg)
=Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg)
mBoden = msoil=Menge der Bodenphase, ausgedrückt in Trockenmasse Boden (g)
V0=Ausgangsvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden (cm3)

Die Beziehung zwischen Aeq und Kd wird wie folgt dargestellt:



(cm3 g-1)(5)

Hierin bedeutet:

Aeq=Adsorptionsanteil bei Adsorptionsgleichgewicht ( %).

Der auf organischen Kohlenstoff normierte Adsorptionskoeffizient Koc setzt den Verteilungskoeffizienten Kd in Beziehung zum Gehalt an organischem Kohlenstoff in der Bodenprobe:



(cm3 g-1)(6)

Hierin bedeutet:

% oc=Anteil an organischem Kohlenstoff in der Bodenprobe (g g-1).

Der Koc-Koeffizient steht für einen einzigen Wert, der die Verteilung hauptsächlich von nichtpolaren organischen Chemikalien zwischen organischem Kohlenstoff im Boden oder Sediment und Wasser charakterisiert. Die Adsorption dieser Chemikalien wird in Korrelation zum organischen Gehalt des sorbierenden Feststoffs gesetzt (7). Folglich sind Koc-Werte abhängig von den spezifischen Eigenschaften der Huminfraktionen, die hinsichtlich der Sorptionskapazität aufgrund von Unterschieden in Herkunft, Entstehung usw. erheblich voneinander abweichen.

2.1.1.   Adsorptionsisothermen

Die Freundlich-Adsorptionsisothermen-Gleichung setzt die Menge der adsorbierten Testsubstanz in Beziehung zur Konzentration der Testsubstanz in Lösung bei Gleichgewicht (Gleichung 8).

Die Daten werden wie unter dem Punkt „Adsorption“ beschrieben behandelt, und für jedes Reagenzglas wird der Gehalt der nach dem Adsorptionstest am Boden adsorbierten Testsubstanz (

, an anderer Stelle als x/m bezeichnet) berechnet. Es wird angenommen, dass ein Gleichgewicht eingestellt worden ist und dass

für den Gleichgewichtswert steht:



(μg g-1)(7)

Die Freundlich’sche Adsorptionsgleichung lautet wie folgt (8):



(μg g-1)(8)

bzw. in der linearen Form:



(9)

Hierin bedeuten:

=Freundlich-Adsorptionskoeffizient; seine Dimension ist cm3 g-1, jedoch nur wenn l/n = 1; in allen anderen Fällen wird die Neigung l/n in die Dimension von
(μg1-1/n (cm3)1/n g-1) eingeführt:
n=Regressionskonstante; l/n liegt im Allgemeinen im Bereich von 0,7 bis 1,0 und zeigt an, dass Sorptionsdaten oft leicht nichtlinear sind.

Die Gleichungen 8 und 9 werden grafisch aufgetragen, und die Werte von
und l/n werden mittels Regressionsanalyse nach der Gleichung 9 berechnet. Der Korrelationskoeffizient r2 der log-Gleichung wird ebenfalls berechnet. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für solche grafischen Darstellungen.

Abbildung 2: Freundlich-Adsorptionskurve, normal und linearisiert

2.1.2.   Massenbilanz

Die Massenbilanz (MB) wird definiert als der Anteil der Substanz, der nach einem Adsorptionstest gegenüber der nominalen Substanzmenge am Beginn des Tests analytisch erhalten werden kann.

Die Behandlung von Daten hängt davon ab, inwieweit das Lösungsmittel vollständig mit Wasser mischbar ist. Im Fall eines wassermischbaren Lösungsmittels kann die unter Punkt „Desorption“ beschriebene Behandlung von Daten angewendet werden, um die durch Lösungsmittelextraktion rückgewonnene Substanzmenge zu bestimmen. Ist das Lösungsmittel nicht so gut mit Wasser mischbar, muss die Bestimmung der erhaltenen Menge erfolgen.

Die Massenbilanz MB wird für die Adsorption wie folgt berechnet: Es wird angenommen, dass der Term (mE) der Summe der Massen der Testchemikalien entspricht, die mit einem organischen Lösungsmittel aus dem Boden und von den Oberflächen des Testgefäßes extrahiert wurden:



(10)

Hierin bedeuten:

MB=Massenbilanz ( %)
mE=Gesamtmasse von aus dem Boden und von Wänden des Testgefäßes in zwei Schritten extrahierter Testsubstanz (μg)
C0=Anfangsmassenkonzentration der Testlösung in Kontakt mit dem Boden (μg cm-3)
Vrec=Volumen des nach dem Adsorptionsgleichgewicht erhaltenen Überstandes (cm-3).

2.2.   DESORPTION

Die Desorption (D) wird als Anteil der unter Testbedingungen desorbierten Testsubstanz bezogen auf die Menge der zuvor adsorbierten Substanz definiert:



(11)

Hierin bedeuten:

=Desorptionsanteil zum Zeitpunkt ti ( %)
=Masse der aus Boden zum Zeitpunkt ti desorbierten Testsubstanz (μg)
=Masse der bei Adsorptionsgleichgewicht an Boden adsorbierten Testsubstanz (μg)

Detaillierte Angaben zur Vorgehensweise bei der Berechnung des Desorptionsanteils

für die Gesamtbeprobungs- und die Aliquotenbeprobungsmethode enthält Anlage 5.

Der Scheindesorptionskoeffizient (Kdes) ist unter den Testbedingungen der Quotient aus dem Gehalt der in der Bodenphase verbleibenden Substanz und der Massenkonzentration der in der wässrigen Lösung desorbierten Substanz bei Erreichen des Desorptionsgleichgewichts:



(cm3 g-1)(12)

Hierin bedeuten:

Kdes=Desorptionskoeffizient (cm3 g-1)
=Gesamtmasse der bei Desorptionsgleichgewicht aus Boden desorbierten Testsubstanz (μg)
VT=Gesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des Desorptionskinetiktests (cm3).

Eine Anleitung zur Berechnung von

wird in Anlage 5 im Abschnitt „Desorption“ gegeben.

Hinweis:

Wurde der vorausgehende Adsorptionstest nach der Gesamtbeprobungsmethode durchgeführt, so gilt: Das Volumen VT in der Gleichung 12 ist gleich V0.

2.2.1.   Desorptionsisothermen

Die Freundlich-Desorptionsisothermen-Gleichung setzt den Gehalt der am Boden adsorbiert bleibenden Testsubstanz in Beziehung zur Konzentration der Testsubstanz in Lösung bei Desorptionsgleichgewicht (Gleichung 16).

Für jedes Reagenzglas wird der Gehalt der an Boden bei Desorptionsgleichgewicht adsorbiert bleibenden Substanz wie folgt berechnet:



(μg g-1)(13)

wird definiert als:



(μg)(14)

Hierin bedeuten:

=Gehalt der bei Desorptionsgleichgewicht am Boden adsorbiert bleibenden Testsubstanz (μg g-1)
=analytisch bestimmte Masse Substanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewicht (μg)
=Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Testsubstanz (μg)
=Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg)



(15)
=Volumen der aus dem Glas zur Messung der Testsubstanz bei Desorptionsgleichgewicht abgenommenen Lösung (cm3)
VR=Volumen des nach Einstellung des Adsorptionsgleichgewichts aus dem Glas abgenommenen und durch das gleiche Volumen einer 0,01 -M-CaCl2-Lösung ersetzten Überstandes (cm3)

Die Desorptionsgleichung nach Freundlich lautet wie folgt (16):



(μg g-1)(16)

bzw. in der linearen Form:



(17)

Hierin bedeuten:

=Freundlich-Desorptionskoeffizient
n=Regressionskonstante
=Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase bei Desorptionsgleichgewicht (μg cm-3)

Die Gleichungen 16 und 17 können grafisch aufgetragen werden, und die Werte von

und l/n werden mittels Regressionsanalyse nach der Gleichung 17 berechnet.

Hinweis:

Ist der Freundlich-Adsorptions- bzw. Desorptionsexponent l/n gleich 1, so wird die Freundlich-Adsorptions- bzw. Desorptionsbindungskonstante (
und
) gleich der Adsorptions- bzw. der Desorptionsgleichgewichtskonstante (Kd bzw. Kdes) sein, und die Kurven von Cs in Abhängigkeit von Caq werden linear verlaufen. Sind die Exponenten nicht gleich 1, so verlaufen die Kurven Cs in Abhängigkeit von Caq nicht linear, und die Adsorptions- und die Desorptionskonstante werden entlang der Isothermen variieren.

2.2.2.   Testbericht

Der Testbericht sollte folgende Angaben enthalten:

vollständige Angaben zu den verwendeten Bodenproben, darunter:
geografische Angaben zum Standort (Breite, Länge),
Datum der Probenahme,
Einsatzstruktur (z. B. landwirtschaftlich genutzter Boden, Forst usw.),
Probenahmetiefe,
Sand-/Schluff-/Tongehalt,
pH-Werte (in 0,01 M CaCl2),
organischer Kohlenstoffgehalt,
organischer Substanzgehalt,
Stickstoffgehalt,
C/N-Verhältnis,
Kationenaustauschkapazität (mmol/kg),
sämtliche Informationen zur Sammlung und Lagerung von Bodenproben,
gegebenenfalls alle für die Interpretation der Adsorption/Desorption der Testsubstanz relevanten Informationen,
Angaben zu den für die Bestimmung der einzelnen Parameter verwendeten Methoden;
Informationen zur Testsubstanz, wenn erforderlich;
Temperatur der Experimente;
Zentrifugierbedingungen;
zur Analyse der Testsubstanz herangezogenes analytisches Verfahren;
Begründung der eventuellen Verwendung eines Solubilisierungsmittels bei der Herstellung der Vorratslösung der Testsubstanz;
Erläuterung zu Korrekturen an den Berechnungen, falls relevant;
Daten gemäß Formular (Anlage 6) und grafische Darstellungen;
sämtliche Informationen und Beobachtungen, die für die Auslegung der Testergebnisse hilfreich sind.

3.   LITERATURANGABEN

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Anlage 1

Testplan

Anlage 2

EINFLUSS DER GENAUIGKEIT DER ANALYSENMETHODE UND DER KONZENTRATIONSVERÄNDERUNG AUF DIE GENAUIGKEIT VON ADSORPTIONSERGEBNISSEN

Wie die nachstehende Tabelle (84) verdeutlicht, führt dann, wenn die Differenz zwischen der Anfangsmasse (m0 = 110 μg) und der Gleichgewichtsmasse (
) der Testsubstanz sehr gering ist, eine Abweichung von 5 % bei der Messung der Gleichgewichtskonzentration zu einer Abweichung von 50 % bei der Berechnung des Gehalts der an Boden adsorbierten Substanz (
) und von 52,4 % bei der Berechnung von Kd.



Menge des BodensmBoden= 10 g
Volumen der LösungV0=100 cm3



(μg)

(μg cm-3)

R

(μg)

(μg g1)

R‡Kd*R‡
FÜR A = 9 %
m0 = 110 μg oder C0 = 1 100 μg/cm31001,000 wahrer Wert101,00 wahrer Wert1
1011,010 1 %90,90 10 %0,891 10,9 %
1051,050 5 %50,50 50 %0,476 52,4 %
1091,090 9 %10,10 90 %0,092 90,8 %
FÜR A = 55 %
m0 = 110 μg oder C0 = 1 100 μg/cm350,0 0,500 wahrer Wert6,00 6,00 wahrer Wert12,00
50,5 0,505 1 %59,5 5,95 0,8 %1,78 1,8 %
52,5 0,525 5 %57,5 5,75 4,0 %10,95 8,8 %
55,0 0,550 10 %55,0 5,50 8,3 %10,00 16,7 %
FÜR A = 99 %
m0 = 110 μg oder C0 = 1 100 μg/cm31,100 0,011 wahrer Wert108,9 10,89 wahrer Wert990
1,111 0,01111 1 %108,889 10,8889 0,01 %9801,0 %
1,155 0,01155 9 %108,845 10,8845 0,05 %9424,8 %
1,21 0,0121 10 %108,790 10,8790 0,10 %8999,2 %

Hierin bedeuten:

=
=Masse der Testsubstanz in der Bodenphase bei Gleichgewicht, μg;
=Masse der Testsubstanz in der wässrigen Phase bei Gleichgewicht, μg;
=Gehalt der Testsubstanz in der Bodenphase bei Gleichgewicht, μg g-1;
=Massenkonzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase bei Gleichgewicht, μg cm-3;
R=Analysenfehler bei der Bestimmung der ;
R‡=rechnerische Abweichung als Folge des Analysenfehlers R.

Anlage 3

ABSCHÄTZUNGSVERFAHREN FÜR Kd

1.
Abschätzungsverfahren gestatten eine Vorhersage von Kd ausgehend von Korrelationen mit beispielsweise Pow-Werten (12) (39) (63-68), Wasserlöslichkeitsdaten (12) (19) (21) (39) (68-73) oder Polaritätsdaten, die mittels Anwendung von HPLC auf die entgegengesetzte Phase erhalten wurden (74-76). Wie aus den Tabellen 1 und 2 hervorgeht, ist der Koc bzw. Kom der nach diesen Gleichungen berechnete und dann — indirekt — der Kd aus den Gleichungen:



2.
Das Konzept dieser Korrelationen stützt sich auf zwei Annahmen: (1) Der größte Einfluss auf die Adsorption einer Substanz geht von den organischen Substanzen des Bodens aus, und (2) die beteiligten Wechselbeziehungen verlaufen überwiegend nichtpolar. Daraus folgt, dass diese Korrelationen (1) nicht oder nur in gewissem Umfang auf polare Substanzen anwendbar sind und (2) nicht anwendbar sind, wenn der organische Substanzgehalt des Bodens sehr klein ist (12). Darüber hinaus sind zwar zufrieden stellende Korrelationen zwischen Pow und Adsorption (19) festgestellt worden, doch für die Beziehung zwischen der Wasserlöslichkeit und dem Umfang der Adsorption ist dies nicht der Fall (19) (21): in diesem Punkt kommen die Studien zu äußerst widersprüchlichen Aussagen.
3.
Beispielhafte Korrelationen zwischen dem Adsorptionskoeffizienten und dem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten sowie die Wasserlöslichkeit sind in Tabelle 1 bzw. 2 aufgeführt.



Tabelle 1.

Beispielhafte Korrelationen zwischen dem Adsorptionsverteilungskoeffizienten und dem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten; weitere Beispiele siehe (12) (68).

SubstanzenKorrelationenVerfasser
Substituierte Harnstoffelog Kom = 0,69 + 0,52 log PowBriggs (1981) (39)
Aromatische chlorierte Substanzenlog Koc = - 0,779 + 0,904 log PowChiou et al. (198 3) (6 5)
Verschiedene Pestizidelog Kom = 4,4 + 0,72 log PowGerstl und Mingelgrin (1984) (66)
Aromatische Kohlenwasserstoffelog Koc = - 2,53 + 1,15 log PowVowles und Mantoura (1987) (67)



Tabelle 2.

Beispielhafte Korrelationen zwischen dem Adsorptionsverteilungskoeffizienten und der Wasserlöslichkeit: weitere Beispiele siehe (68) (69).

VerbindungenKorrelationenVerfasser
Verschiedene Pestizidelog Kom = 3,8 - 0,561 log SwGerstl und Mingelgrin (1984) (66)
Aliphatische, aromatische chlorierte Substanzenlog Kom = (4,040 +/- 0,038 ) - (0,557 +/- 0,012 ) log SwChiou et al. (1979) (70)
a-Naphtollog Koc = 4,273 - 0,686 log SwHasset et al. (1981) (71)
Cyclische, aliphatische aromatische Substanzenlog Koc = - 1,405 - 0,921 log Sw - 0,00953 (mp–25)Karickhoff (1981) (72)
Verschiedene Verbindungenlog Kom = 2,75 - 0,45 log SwMoreale van Blade (1982) (73)

Anlage 4

BERECHNUNGEN ZUR FESTLEGUNG DER ZENTRIFUGATIONSBEDINGUNGEN

1.
Die Zentrifugationszeit ergibt sich nach der folgenden Formel, wobei kugelförmige Partikel angenommen werden:



(1)

Zur Vereinfachung sind alle Parameter in Nicht-SI-Einheiten beschrieben (g, cm).

Hierin bedeuten:

ω=die Drehzahl (= 2 π Upm/60), rad s–1;
rpm=Umdrehungen pro Minute;
η=Viskosität der Lösung, g s–1 cm–1;
rp=Partikelradius, cm;
ρs=Lösungsdichte, g cm-3;
ρaq=solution density, g cm-3;
Rt=Abstand vom Zentrum des Zentrifugenrotors zum oberen Ende der Lösung im Zentrifugenglas, cm;
Rb=Abstand vom Zentrum des Zentrifugenrotors zum unteren Ende des Zentrifugenglases, cm;
Rb-Rt=Länge des Boden-Lösungs-Gemischs im Zentrifugenrohr

In der Praxis wird zur Gewährleistung einer vollständigen Trennung üblicherweise das Doppelte der berechneten Zeiten angesetzt.

2.
Die Gleichung 1 kann noch weiter vereinfacht werden, wenn man die Viskosität (η) und die Dichte (ρaq) der Lösung gleich der Viskosität und der Dichte von Wasser bei 25 oC setzt. Daraus folgt η = 8,95 × 10–3 g s–1 cm–1 und ρaq = 1,0 g.cm–3.

Daraus ergibt sich die Zentrifugationszeit nach folgender Gleichung (2):



(2)
3.
Aus Gleichung 2 wird ersichtlich, dass für die Festlegung der Zentrifugationsbedingungen, d. h. Zeit (t) und Geschwindigkeit (Upm), zwei Parameter von Bedeutung sind, um die Abtrennung von Partikeln mit einer bestimmten Größe zu erreichen (in unserem Fall 0,1 um Radius); (1) die Dichte des Bodens und (2) die Länge des Gemischs im Zentrifugenglas (Rb–Rt), d. h. der Abstand, den ein Bodenpartikel vom oberen Ende der Lösung zum unteren Ende des Glases abdeckt; offenkundig hängt bei einem feststehenden Volumen die Länge des Gemischs im Glas vom Quadrat des Radius des Glases ab.
4.
in Abb. 1 sind verschiedene Zentrifugationszeiten (t) in Abhängigkeit von der Zentrifugiergeschwindigkeit (Upm) für unterschiedliche Bodendichten (ρs) (Abb. 1a) und unterschiedliche Längen des Gemischs in den Zentrifugengläsern (Abb. 2a) dargestellt. Aus Abb. 1a geht der klare Einfluss der Bodendichte hervor. So beträgt die Zentrifugationszeit bei einer herkömmlichen Zentrifugation von 3 000 Upm für 1,2 g cm3 Bodendichte annähernd 240 min, bei 2,0 g cm3 hingegen nur 50 min. Ebenso lässt sich an Abb. 1b ablesen, dass die Zentrifugationszeit für eine Länge des Gemischs von 10 cm etwa 50 min beträgt, bei einer Länge von 1 cm dagegen nur 7 min. In jedem Fall kommt es darauf an, ein optimales Verhältnis zwischen Zentrifugation, die die kleinstmögliche Länge erfordert, und einer einfachen Handhabung für den Experimentator bei der Abtrennung der Phase nach der Zentrifugation zu finden.
5.
Darüber hinaus muss bei der Festlegung der Versuchsbedingungen für die Trennung von Boden/Lösung-Phasen vor allem das mögliche Vorhandensein einer dritten „Pseudophase“, der Kolloide, in Betracht gezogen werden. Diese Partikel, deren Größe unter 0,2 μm liegt, können einen erheblichen Einfluss auf den gesamten Adsorptionsmechanismus einer Substanz in einer Bodensuspension ausüben. Wird die Zentrifugation wie vorstehend beschrieben durchgeführt, verbleiben Kolloide in der wässrigen Phase und werden gemeinsam mit der wässrigen Phase analysiert. Dadurch gehen die Informationen über ihren Einfluss verloren.

Verfügt das ausführende Labor über Ultrazentrifugier- oder Ultrafiltriereinrichtungen, könnte die Adsorption/Desorption einer Substanz in Boden eingehender untersucht werden, z. B. die Adsorption der Substanz an den Kolloiden. In diesem Fall sollte eine Ultrazentrifugation von 60 000 Upm/min bzw. eine Ultrafiltration mit einer Filterporosität von 100 000 Dalton zur Anwendung kommen, um die drei Phasen Boden, Kolloide und Lösung zu trennen. Das Testprotokoll sollte ebenfalls entsprechend modifiziert werden, damit alle drei Phasen einer Substanzanalyse unterzogen werden.

Abb. 1a.

Variationen der Zentrifugationszeit (t) in Abhängigkeit von der Zentrifugiergeschwindigkeit (Upm) für unterschiedliche Bodendichten (ρs). Rt = 10 cm, Rb–Rt = 10 cm, η = 8,95 × 10–3 g s–1 cm–1 und ρaq = 1,0 g cm–3 und 25 oC.

Abb. 1b.

Variationen der Zentrifugationszeit (t) in Abhängigkeit von der Zentrifugiergeschwindigkeit (Upm) für unterschiedliche Längen des Gemischs im Zentrifugenglas (Rb–Rt) = L; Rt = 10 cm, η = 8,95 × 10–3 g s–1 cm–1, ρaq = 1,0 g cm–3 at 25 oC und ρs = 2,0 g cm–3.

Anlage 5

BERECHNUNG VON ADSORPTION A ( %) UND DESORPTION D ( %)

Die Zeitplanung des Ablaufs sieht wie folgt aus:

Für alle Berechnungen wird angenommen, dass die Testsubstanz stabil ist und nicht signifikant an den Behälterwänden adsorbiert.

ADSORPTION A (A %)

a)   Gesamtbeprobungsmethode

Der Adsorptionsanteil wird für jedes Reagenzglas (i) zu jedem Zeitpunkt (ti) nach folgender Gleichung berechnet:



(%)(1)

Die Tenne dieser Gleichung lassen sich wie folgt berechnen:



m0 = C0 · V0 (μg)(2)
(μg)(3)

Hierin bedeuten:

=Adsorptionsanteil ( %) zum Zeitpunkt ti;
=Masse der Testsubstanz an Boden zum Zeitpunkt ti, an dem die Analyse durchgeführt wird (μg);
m0=Masse Testsubstanz im Reagenzglas zu Beginn des Tests (μg):
C0=Anfangsmassenkonzentration der Testlösung in Kontakt mit dem Boden (μg cm–3):
=Massenkonzentration der Substanz in der wässrigen Phase zur Zeit ti, zu der die Analyse durchgeführt wird (μg cm–3); diese Konzentration wird analytisch unter Berücksichtigung der anhand der Leerproben gewonnenen Werte bestimmt.
V0=Anfangsvolumen der Testlösung in Kontakt mit dem Boden (cm3).

Die Werte des Adsorptionsanteils

bzw.

werden grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen, und die Zeit, nach der das Sorptionsgleichgewicht erreicht ist, wird bestimmt. Beispiele für solche grafischen Darstellungen sind die Abb. 1 und 2.

Abb. 1.

Grafische Darstellung eines Adsorptionsgleichgewichts

Abb. 2.

Massenkonzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase (Caq) in Abhängigkeit von der Zeit

(1) Gleichungen sowohl auf die direkte als auch auf die indirekte Methode anwendbar. Alle anderen Gleichungen gelten nur für die indirekte Methode.

b)   Aliquotenbeprobungsmethode

Bei den folgenden Gleichungen wird in Rechnung gestellt, dass die Adsorptionsprozedur durch Messungen der Testsubstanz in kleinen Aliquoten der wässrigen Phase in bestimmten Zeitintervallen ausgeführt wird.

Während jedes Zeitintervalls wird die Menge der am Boden adsorbierten Substanz wie folgt berechnet:

 

— für das erste Zeitintervall Δti = ti - t0

 



(4)

— für das zweite Zeitintervall Δt2 = t2 - t1

 



(5)

— für das dritte Zeitintervall Δt3 = t3 - t2

 



(6)

— für das nte Zeitintervall Δtn = tn - tn-1

 



(7)
Der Adsorptionsanteil in jedem Zeitintervall,
wird nach folgender Gleichung berechnet:

 



(8)

— wohingegen der Adsorptionsanteil (
) zu einem Zeitpunkt ti nach folgender Gleichung erhalten wird:

 



(9)

— Die Werte der Adsorption
bzw.
(in Bezug auf die Anforderungen der Untersuchung) werden grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen, und die Zeit, nach der das Sorptionsgleichgewicht eingestellt ist, wird bestimmt.

Nach der Gleichgewichtszeit teq:

 

— ist die Masse der am Boden adsorbierten Testsubstanz:

 



(10)

— ist die Masse der Testsubstanz in der Lösung:

 



(11)

— und ist der Adsorptionsanteil bei Gleichgewicht:

 



(12)

Die vorstehend verwendeten Parameter werden wie folgt definiert:

=Masse der am Boden während der Zeitintervalle Δt1, Δt2, ..., Δtn adsorbierten Substanz (μg);
=Masse der in einer Aliquote
zu den Zeitpunkten t1, t2, ..., tn gemessenen Substanz (μg);
=Masse der am Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierten Substanz (μg);
=Masse der Substanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg):
=Volumen der Aliquote, in der die Testsubstanz gemessen wird (cm3);
=Adsorptionsanteil bei Adsorptionsgleichgewicht ( %).
=entsprechender Adsorptionsanteil in einem Zeitintervall Δti ( %);

(1) Gleichungen sowohl auf die direkte als auch auf die indirekte Methode anwendbar. Alle anderen Gleichungen gelten nur für die indirekte Methode.

DESORPTION D ( %)

Als die Zeit t0, bei der das Desorptionskinetikexperiment beginnt, gilt der Augenblick, in dem das höchste erhaltene Volumen der Testsubstanzlösung (nach Einstellen des Adsorptionsgleichgewichts) durch ein identisches Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzt wird.

a)   Gesamtbeprobungsmethode

Zu einem Zeitpunkt ti wird die Masse der Testsubstanz in der wässrigen Phase gemessen, die aus dem Glas i (
) abgenommen wurde, und die desorbierte Masse wird nach folgender Gleichung berechnet:



(13)

ei Desorptionsgleichgewicht ist ti = teq und folglich ist
=

Die Masse der während eines Zeitintervalls (Δti) desorbierten Testsubstanz wird durch folgende Gleichung erhalten:



(14)

Die Berechnung des Desorptionsanteils erfolgt:

zu einem Zeitpunkt ti aus der Gleichung:



(15)

und während eines Zeitintervalls (Δti) aus der Gleichung:



(16)

Hierin bedeuten:

=Desorptionsanteil zu einem Zeitpunkt ti ( %);
=Desorptionsanteil entsprechend einem Zeitintervall Δti ( %);
=Masse der zu einem Zeitpunkt ti desorbierten Testsubstanz (μg);
=Masse der während eines Zeitintervalls Δti desorbierten Testsubstanz (μg):
=Masse der zu einem Zeitpunkt ti in einem Lösungsvolumen
analytisch gemessenen Testsubstanz, die zur Analyse abgenommen wird (μg);
=Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbleibenden Testsubstanz (μg);



(17)
=Masse der Testsubstanz in der Lösung bei Adsorptionsgleichgewicht (μg);
VR=Volumen des nach Erreichen des Adsorptionsgleichgewichts aus dem Glas abgenommenen und durch ein identisches Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzten Überstandes (cm3);
=Volumen der im Desorptionskinetikversuch aus dem Glas (i) zur Messung der Testsubstanz abgenommenen Lösung (cm3).

Die Desorptionswerte

bzw.

(gemäß den Anforderungen der Untersuchung) werden grafisch in Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen, und die Zeit, nach der das Desorptionsgleichgewicht erreicht wird, wird bestimmt.

b)   Aliquotenbeprobungsmethode

Bei den nachstehenden Gleichungen wird in Rechnung gestellt, dass die zuvor ausgeführte Adsorptionsprozedur mittels Messung der Testsubstanz in kleinen Aliquoten
der wässrigen Phase (Aliquotenbeprobungsmethode siehe 1.9 „Durchführung des Tests“) ausgeführt wurde. Es wird angenommen, dass a) das Volumen des aus dem Glas nach dem Adsorptionskinetikversuch abgenommenen Überstands durch ein identisches Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung (VR) ersetzt wurde, und dass b) das Gesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden (VT) während des Desorptionskinetikversuchs konstant bleibt und nach folgender Gleichung erhalten wird:



(18)

Zu einem Zeitpunkt ti:

Die Masse der Testsubstanz wird in einer kleinen Aliquote
gemessen, und die desorbierte Masse wird nach folgender Gleichung berechnet:

 



(19)
Bei Desorptionsgleichgewicht ist ti = teq und folglich ist
=
.
Der Desorptionsanteil
wird nach folgender Gleichung berechnet:

 



(20)

In einem Zeitintervall (Δti):

Während jedes Zeitintervalls wird die Menge der desorbierten Substanz wie folgt berechnet:

für das erste Zeitintervall Δt1 = t1-t0

 



and

(21)
für das zweite Zeitintervall Δt2 = t2-t1

 



und

(22)
für das nth Zeitintervall Δtn = tn-tn-1

 



und

(23)

Abschließend wird der Desorptionsanteil für jedes Zeitintervall,

, nach folgender Gleichung berechnet:



(24)

wobei der Desorptionsanteil
zu einem Zeitpunkt ti durch folgende Gleichung erhalten wird:



(25)

abei werden die vorstehend eingesetzten Parameter wie folgt definiert:

,

,... ,

=Masse der nach den Zeitintervallen Δti, Δt2, …, Δtn am Boden adsorbiert bleibenden Substanz (μg);

,

,... ,

=Masse der während der Zeitintervalle Δt1 Δt2, ... bzw. Δtn desorbierten Substanz (μg);

,

,... ,

=Masse der in einer Aliquote (
zu den Zeitpunkten t1, t2, ... bzw. tn, gemessenen Substanz (μg);
VT=Gesamtvolumen der wässrigen Phase in Kontakt mit dem Boden während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchs (cm3);
=

Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Testsubstanz (μg);



(26)
VR=Volumen des aus dem Glas nach Einstellen des Adsorptionsgleichgewichts abgenommenen und durch das identische Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung ersetzten Überstands (cm3);
=

Volumen der während des nach der Aliquotenbeprobungsmethode durchgeführten Desorptionskinetikversuchs als Probe zu Analysenzwecken aus dem Glas abgenommenen Aliquote (i) (cm3);



(27)

Anlage 6

ADSORPTION-DESORPTION IN BÖDEN: DATENBERICHTSFORMULARE

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Eignung der Analysenmethode



Bodeneinwaageg
Boden: Trockenmasseg
Volumen CaCl2-Lösungcm3
Nennkonzentration fertige Lösungμg cm–3
Analysenkonzentration fertige Lösungμg cm–3

Prinzip der zugrunde liegenden Analysenmethode:

Kalibrierung der Analysenmethode:

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12h): … %

Temperatur: … oC



Zugrundeliegende Analysenmethodik:IndirektGesamtAliquoten
Direkt

Adsorptionstest: Testproben



SymbolEinheitenGleichgewichtseinstellungszeitGleichgewichtseinstellungszeitGleichgewichtseinstellungszeitGleichgewichtseinstellungszeit
Glas Nr.
Bodeneinwaageg
Boden: TrockenmassemBodeng
Wasservolumen in Bodeneinwaage (rechnerisch)Vwscm3
Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung zur Gleichgewichtseinstellung des Bodenscm3
Volumen Vorratslösungcm3
Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit BodenV0cm3
Anfangskonzentration TestlösungC0μg cm-3
Masse Testsubstanz bei Beginn des Testsm0μg
Nach Schütteln und Zentrifugieren
INDIREKTE METHODE
Gesamtbeprobungsmethode
Konzentration Testsubstanz wässrige Phase, Leerkorrektur berücksichtigtμg cm-3
Aliquotenbeprobungsmethode
Gemessene Masse Testsubstanz in der Aliquote VaAμg
DIREKTMETHODE
Masse der an Boden adsorbierten Testsubstanzμg
Adsorptionsberechnung
Adsorption%
%
Mittel
AdsorptionskoeffizientKdcm3 g–1
Mittel
AdsorptionskoeffizientKoccm3 g–1
Mittel

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Adsorptionstest: Leer- und Kontrollwerte



SymbolEinheitenLeerwertLeerwertKontrollwert
Glas Nr.
Bodeneinwaageg00
Wassermenge in Bodeneinwaage (rechnerisch)cm3
Volumen zugesetzter 0,01 M CaCl2-Lösungcm3
Volumen der zugesetzten Vorratslösung der Testsubstanzcm300
Gesamtvolumen wässriger Phase (rechnerisch)cm3
Anfangskonzentration der Testsubstanz in wässriger Phaseμg cm–3
Nach Schütteln und Zentrifugieren
Konzentration in wässriger Phaseμg cm–3

Hinweis: Falls erforderlich, können weitere Spalten angefügt werden.

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Massenbilanz



SymbolEinheiten
Glas Nr.
Bodeneinwaageg
Boden: TrockenmassemBodeng
Wasservolumen in Bodeneinwaage (rechnerisch)Vwsml
Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung zur Gleichgewichtseinstellung des Bodensml
Volumen der Vorratslösungcm3
Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit Bodenv0cm3
Anfangskonzentration der TestlösungC0μg cm–3
Gleichgewichtseinstellungszeith
Nach Schütteln und Zentrifugieren
Testsubstanz wässrige Phase bei Adsorptionsgleichgewicht, Leerkorrektur berücksichtigtμg cm–3
Gleichgewichtseinstellungszeitteqh
Erste Verdünnung mit Lösungsmittel
Abgenommenes Volumen wässrige PhaseVreccm3
Zugesetztes Volumen LösungsmittelΔVcm3
Erste Extraktion mit Lösungsmittel
Signalanalysiert in LösungsmittelSE1var.
Konzentration Testsubstanz in LösungsmittelCE1μg cm–3
Masse der aus Boden und von Gefäßwänden extrahierten SubstanzmE1μg
Zweite Verdünnung mit Lösungsmittel
Abgenommenes Volumen LösungsmittelΔVScm3
Zugesetztes Volumen LösungsmittelΔV'cm3
Zweite Extraktion mit Lösungsmittel
Signal analysiert in LösungsmittelphaseSE2var.
Konzentration Testsubstanz in LösungsmittelCE2μg cm–3
Masse der aus Boden und von Gefäßwänden extrahierten SubstanzmE2μg
Gesamtmasse Testsubstanz extrahiert in zwei SchrittenmEμg
MassenbilanzMB%

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Temperatur: … oC

Adsorptionsisothermen



SymbolEinheiten
Glas Nr.
Bodeneinwaageg
Boden: TrockenmasseEg
Wasservolumen in Bodeneinwaage (rechnerisch)VWScm3
Volumen 0,01 M CaCl2-Lösung zur Gleichgewichtseinstellung des Bodenscm3
Volumen zugesetzter Vorratslösungcm3
Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit Boden (rechnerisch)V0cm3
Konzentration LösungC0μg cm-3
Gleichgewichtseinstellungszeith
Nach Schütteln und Zentrifugieren
Konzentration Substanz wässrige Phase, Leerkorrektur berücksichtigtμg cm-3
TemperaturoC
Adsorbierte Masse je Einheit Bodenμg g-1

Regressionsanalyse:

Wert von: KFads:

Wert von l/n:

Regressionskoeffizient r2:

Getestete Substanz:

Getesteter Boden:

Trockenmassegehalt des Bodens (105 oC, 12 h): … %

Teperatur: … oC



Zugrunde liegende Analysenmethodik:IndirektGesamtAliquoten

Desorptionstest



SymbolEinheitenZeitintervallZeitintervallZeitintervallZeitintervall
Glas Nr. aus dem Adsorptionsschritt
Masse von an Boden bei Adsorptionsgleichgewicht adsorbierter Substanzμg
Abgenommenes Volumen wässrige Phase, ersetzt durch 0,01 M CaCl2VRcm3
Gesamtvolumen wässrige Phase in Kontakt mit BodenGMV0cm3
AMVTcm3
Masse der nach Adsorptionsgleichgewichtseinstellung infolge unvollständigen Volumenaustauschs verbliebenen Testsubstanzμg
Desorptionskinetik
Gemessene Masse von aus Boden zur Zeit ti desorbierter Substanzμg
Volumen der abgenommenen Lösung aus dem Glas (i) zur Messung der TestsubstanzGMVficm3
AMvaDcm3
Masse der aus Boden zur Zeit ti desorbierten Substanz (rechnerisch)μg
Masse der aus Boden im Zeitintervall Δti desorbierten Substanz (rechnerisch)μg
Desorptionsanteil
Desorption zur Zeit tiDti%
Desortion im Zeitintervall Δti%
ScheindesorptionskoeffizientKdes

GM: Gesamtbeprobungsmethode

AM: Aliquotenbeprobungsmethode

C.19.   SCHÄTZUNG DES ADSORPTIONSKOEFFIZIENTEN (Koc) IM BODEN UND IN KLÄRSCHLAMM MITTELS DER HOCHDRUCK-FLÜSSIGCHROMATOGRAFIE (HPLC)

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der OECD TG121 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Das Sorptionsverhalten von Stoffen in Böden oder Klärschlämmen kann anhand von Parametern beschrieben werden, die experimentell mittels der Testmethode C.18 bestimmt werden. Ein wichtiger Parameter ist der Adsorptionskoeffizient, der als das Verhältnis zwischen der Konzentration des Stoffs im Boden/Klärschlamm und der Konzentration des Stoffs in der wässrigen Phase im Adsorptionsgleichgewicht definiert wird. Der aufgrund des Gehalts des Bodens an organischem Kohlenstoff genormte Adsorptionskoeffizient, Koc, ist ein nützlicher Indikator für die Fähigkeit eines chemischen Stoffs zur Bindung an organischen Stoff im Boden oder Klärschlamm und gestattet Vergleiche zwischen unterschiedlichen Chemikalien. Dieser Parameter kann durch Korrelation mit der Wasserlöslichkeit und dem Verteilungskoeffizienten n-Oktanol/Wasser geschätzt werden (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7).

Die in diesem Test beschriebene Versuchsmethode wendet für die Schätzung des Adsorptionskoeffizienten Koc im Boden und in Klärschlamm die HPLC an (8). Die Schätzwerte sind verlässlicher als die der QSAR-Berechnungen (9). Als Schätzmethode kann sie die in der Testmethode C.18 verwendeten Batch equilibrium-Experimente nicht vollständig ersetzen. Jedoch kann der geschätzte Koc für die Auswahl geeigneter Testparameter für Adsorptions-/Desorptionsstudien gemäß der Testmethode C.18 durch Berechnung von Kd (Verteilungskoeffizient) oder Kf (Adsorptionskoeffizient nach Freundlich) nach der Gleichung 3 (siehe 1.2) nützlich sein.

1.2.   DEFINITIONEN

Kd: Der Verteilungskoeffizient Feststoff/Wasser wird als das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen C einer gelösten Testsubstanz in einem zweiphasigen System, das aus einem Sorptionsmittel (Boden oder Klärschlamm) und einer wässrigen Phase besteht, definiert; er ist eine reine Zahl, wenn Konzentrationen in beiden Phasen in Gewicht/Gewicht ausgedrückt sind. Wird die Konzentration in der wässrigen Phase in Gewicht/Volumen ausgedrückt, sind die Einheiten ml· g–1. Kd kann je nach den Eigenschaften des Sorptionsmittels unterschiedlich und auch konzentrationsabhängig sein.



(1)

dabei ist:

CBoden=Konzentration der Testsubstanz im Boden im Gleichgewichtszustand (μg· g–1)
CKlärschlamm=Konzentration der Testsubstanz im Klärschlamm im Gleichgewichtszustand (μg· g–1)
Caq=Konzentration der Testsubstanz in der wässrigen Phase im Gleichgewichtszustand (μg· g–1, μg· ml–1).

Kf: Der Adsorptionskoeffizient nach Freundlich wird definiert als die Konzentration der Testsubstanz im Boden oder im Klärschlamm (x/m), wenn die Gleichgewichtskonzentration Caq in der wässrigen Phase gleich eins ist; er wird in μg· g–1 Sorptionsmittel ausgedrückt. Sein Wert kann je nach den Eigenschaften des Sorptionsmittels unterschiedlich sein.



(2)

dabei ist:

x/m=die im Gleichgewichtszustand an eine Menge Sorptionsmittel m (g) adsorbierte Menge der Testsubstanz x (μg)
l/n=Neigung der Adsorptionsisotherme nach Freundlich
Caq=Konzentration der Testsubstanz in wässriger Phase im Gleichgewichtszustand (μg ml–1)

At

Koc: ist der aufgrund des organischen Kohlenstoffgehalts (foc) eines Sorptionsmittels genormte Verteilungskoeffizient (Kd) oder Adsorptionskoffizient nach Freundlich (Kf); dieser Koeffizient ist insbesondere für nicht ionisierte Chemikalien ein ziemlich genauer Indikator für den Grad der Adsorption eines Stoffes an das Sorptionsmittel und ermöglicht Vergleiche zwischen verschiedenen Chemikalien. Je nach den Messgrößen von Kd und Kf kann Koc eine reine Zahl sein oder in ml g–1 oder μg g–1 organische Stoffe ausgedrückt werden.



(3)

Das Verhältnis zwischen Koc und Kd ist nicht immer linear, daher können Koc-Werte auch je nach Bodentyp variieren, doch ist ihre Variabilität im Vergleich zu den Kd- oder Kf-Werten viel geringer.

Der Adsorptionskoeffizient (Koc) wird von dem Kapazitätsfaktor (k') mittels einer Eichkurve log k'/log Koc der ausgewählten Referenzverbindungen hergeleitet.



(4)

dabei ist:

tR=HPLC-Retentionszeit der Test- und Referenzsubstanz (Minuten)
t0=HPLC-Totzeit (Minuten) (siehe Abschnitt 1.8.2).

POW: Der Verteilungskoeffizient Oktanol/Wasser wird definiert als das Verhältnis der Konzentrationen gelöster Stoffe in n-Oktanol und Wasser; er ist eine reine Zahl.



(5)

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Die Strukturformel, die Reinheit und die Dissoziationskonstante (sofern zutreffend) sollten vor Anwendung der Methode bekannt sein. Informationen über die Löslichkeit in Wasser und organischen Lösemitteln, über den Trennungskoeffizienten Oktanol/Wasser und über Hydrolyse-Merkmale sind nützlich.

Um die gemessenen HPLC-Retentionsdaten einer Testsubstanz mit ihrem Adsorptionskoeffizienten Koc zu korrelieren, muss eine Eichkurve log Koc/log k' erstellt werden. Mindestens sechs Referenzpunkte sollten verwendet werden, davon zumindest einer über und einer unter dem erwarteten Wert der Testsubstanz. Die Genauigkeit der Methode wird erheblich verbessert, wenn Referenzsubstanzen verwendet werden, die von der Struktur her mit der Testsubstanz verwandt sind. Liegen derartige Daten nicht vor, muss der Anwender die geeigneten Eichsubstanzen selbst auswählen. In diesem Fall sollte eine allgemeinere Reihe von strukturell heterogenen Stoffen gewählt werden. Empfohlene Referenzsubstanzen und ihre Koc-Werte sind in den Tabellen 1 und 3 der Anlage aufgelistet. Die Wahl anderer Eichsubstanzen ist zu begründen.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Die HPLC wird auf Analysesäulen durchgeführt, die mit im Handel erhältlicher Cyanopropyl-Festphase mit lipophilen und polaren Anteilen gefüllt sind. Ferner wird eine gemäßigt polare stationäre Phase auf der Grundlage einer Silica-Matrix verwendet:



— O — Si— CH2 — CH2 — CH2— CN
Silicanicht-polarer Spacerpolarer Anteil

Das Prinzip der Testmethode ist ähnlich wie bei der Testmethode A.8 (Verteilungskoeffizient, HPLC-Methode). Während die Testsubstanz die Säule mit der mobilen Phase passiert, steht die Testsubstanz zu der stationären Phase in einer Wechselwirkung. Durch die Trennung zwischen der mobilen und der stationären Phase wird die Testsubstanz verzögert. Die Ambivalenz der stationären Phase mit polaren und nicht polaren Verbindungsstellen ermöglicht eine ähnliche Wechselwirkung zwischen polaren und nicht polaren Gruppen eines Moleküls wie bei organischen Stoffen in Boden- oder Klärschlamm-Matrizen. Dies ermöglicht die Feststellung des Verhältnisses zwischen der Retentionszeit auf der Säule und dem Koeffizienten der Adsorption durch organischen Stoff.

Der pH-Wert hat insbesondere bei polaren Substanzen einen signifikanten Einfluss auf das Sorptionsverhalten. Bei landwirtschaftlichen Böden oder Behältern von Klärschlammbehandlungsanlagen schwankt der pH-Wert normalerweise zwischen 5,5 und 7,5 . Für ionisierbare Stoffe sind zwei Tests mit sowohl ionisierten als auch nicht ionisierten Formen in geeigneten Pufferlösungen durchzuführen, jedoch nur in Fällen, in denen zumindest 10 % der Testverbindung bei pH-Werten zwischen 5,5 und 7,5 dissoziiert vorliegen.

Da die Bewertung ausschließlich aufgrund der Relation zwischen der Retention in der HPLC-Säule und dem Adsorptionskoeffizienten erfolgt, ist keine quantitative Analysemethode, sondern nur eine Bestimmung der Retentionszeit erforderlich. Sofern eine Reihe geeigneter Referenzsubstanzen zur Verfügung stehen und die Versuche unter Standardbedingungen durchgeführt werden können, bietet die Methode einen schnellen und wirksamen Weg zur Schätzung des Adsorptionskoeffizienten Koc.

1.5.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Die HPLC-Methode ist auf (markierte oder nicht markierte) Chemikalien anwendbar, für die ein geeignetes Detektionssystem (z. B. Spektrofotometer, Radioaktivitätsanzeiger) zur Verfügung steht und die für die Dauer des Tests stabil genug sind. Die Methode kann insbesondere für Chemikalien brauchbar sein, deren Untersuchung in anderen Versuchssystemen schwierig ist (d. h. flüchtige Stoffe; Stoffe, die in Wasser in einer analytisch messbaren Konzentration nicht löslich sind; Stoffe mit einer starken Affinität gegenüber der Oberfläche von Inkubationssystemen). Die Methode kann auf Mischungen angewendet werden, die nicht aufgelöste Elutionsbänder ergeben. In einem solchen Fall sind die Ober- und Untergrenzen der log Koc-Werte der Verbindungen der Testmischung anzugeben.

Zwar können Unreinheiten zuweilen zu Problemen bei der Interpretation der HPLC-Ergebnisse führen, doch sind sie von geringerer Bedeutung, solange die Testsubstanz auf analytischem Wege identifiziert und von den Unreinheiten getrennt werden kann.

Die Methode ist mit den in Tabelle 1 der Anlage aufgelisteten Stoffen validiert worden und wurde auch auf verschiedene andere Chemikalien angewandt, die zu den folgenden Chemikalienklassen gehören:

aromatische Amine (z. B. Trifluralin, 4-Chloroanilin, 3,5-Dinitroanilin, 4-Methylanilin, N-Methylanilin, 1-Naphthylamin;
aromatische Carbonsäureester (z. B. Benzoesäuremethylester, 3,5-Dinitrobenzoesäureethylester);
aromatische Kohlenwasserstoffe (z. B. Toluol, Xylol, Ethylbenzol, Nitrobenzol);
Aryloxyphenoxypropionsäureester (z. B. Diclofop-methyl, Fenoxaprop-ethyl, Fenoxaprop-P-ethyl);
Benzimidazol- und Imidazol-Fungizide (z. B. Carbendazim, Fuberidazol, Triazoxid);
Carbonsäureamide (z. B. 2-Chlorbenzamid, N,N-Dimethylbenzamid, 3,5-Dinitrobenzamid, N-Methylbenzamid, 2-Nitrobenzamid, 3-Nitrobenzamid);
Chlorkohlenwasserstoffe (z. B. Endosulfan, DDT, Hexachlorbenzol, Quintozen, 1,2,3-Trichlorbenzol);
phosphororganische Insektizide (z. B. Azinphos-methyl, Disulfoton, Fenamiphos. Isofenphos, Pyrazophos, Sulprofos, Triazophos);
Phenole (z. B. Phenol, 2-Nitrophenol, 4-Nitrophenol, Pentachlorphenol, 2,4,6-Trichlorphenol, 1-Naphthol):
Phenylharnstoffderivative (z. B. Isoproturon, Monolinuron, Pencycuron);
Pigmentfarbstoffe (z. B. Acid Yellow 219, Basic Blue 41, Direct Red 81);
polyaromatische Kohlenwasserstoffe (z. B. Acenaphthen, Naphthalin);
1,3,5-Triazin-Herbizide (z. B. Prometryn, Propazin, Simazin, Terbutryn);
Triazolderivate (z. B. Tebuconazol, Triadimefon, Tradimenol, Triapenthenol).

Die Methode ist nicht auf Stoffe anwendbar, die entweder mit dem Eluenten oder der stationären Phase reagieren. Ferner ist sie nicht auf Stoffe anwendbar, die in einer spezifischen Wechselwirkung mit anorganischen Verbindungen stehen (z. B. Bildung von Clusterkomplexen mit Tonmineralien). Es ist möglich, dass sich die Methode nicht für oberflächenaktive Stoffe, anorganische Verbindungen und gemäßigt oder stark organische Säuren und Basen eignet. Log Koc-Werte im Bereich 1,5 bis 5,0 können bestimmt werden. Ionisierbare Stoffe müssen mittels einer gepufferten mobilen Phase gemessen werden, doch ist darauf zu achten, dass eine Präzipitation von Pufferkomponenten oder der Testsubstanz vermieden wird.

1.6.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.6.1.   Genauigkeit

Normalerweise kann der Adsorptionskoeffizient einer Testsubstanz auf +/– 0,5 log. Einheiten des Werts geschätzt werden, der nach der Batch equilibrium-Methode (siehe Tabelle 1 der Anlage) bestimmt wird. Größere Genauigkeit kann erzielt werden, wenn die verwendeten Referenzsubstanzen von der Struktur her mit der Testsubstanz verwandt sind.

1.6.2.   Wiederholbarkeit

Die Bestimmungen müssen mindestens doppelt durchgeführt werden. Die von Einzelmessungen hergeleiteten log Koc-Werte müssen innerhalb von 0,25 log. Einheiten liegen.

1.6.3.   Reproduzierbarkeit

Die bisher mit der Methode gewonnenen Erfahrungen sprechen für ihre Validität. Eine Prüfung der HPLC-Methode, bei der 48 Stoffe (zumeist Pestizide) verwendet wurden, für die verlässliche Daten über Koc in Böden vorlagen, ergab einen Korrelationskoeffizienten von = 0,95 (10) (11).

Ein Ringversuch mit 11 teilnehmenden Laboratorien wurde durchgeführt, um die Methode zu verbessern und zu validieren (12). Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 der Anlage enthalten.

1.7.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.7.1.   Vorbereitende Schätzung des Adsorptionskoeffizienten

Der Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient Pow (= Kow) und in bestimmtem Maße die Wasserlöslichkeit können als Indikatoren für den Adsorptionsgrad, insbesondere für nicht ionisierte Stoffe, dienen und können somit zur Bereichsfindung verwendet werden. Für verschiedene Gruppen von Chemikalien wurden eine Reihe nützlicher Korrelationen veröffentlicht (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7).

1.7.2.   Geräte

Erforderlich ist ein Flüssigchromatograf, der mit einer impulsfreien Pumpe und einem geeigneten Detektor ausgerüstet ist. Es wird empfohlen, ein Injektionsventil mit einer Injektionsschleife zu verwenden. Ferner ist ein im Handel erhältliches chemisch gebundenes Cyanpropylharz auf Silica-Basis (z. B. Hypersil und Zorbax CN) zu verwenden. Eine Vorsäule mit demselben Material kann zwischen dem Injektionssystem und der Analysesäule platziert werden. Säulen unterschiedlicher Lieferanten können hinsichtlich der Trennwirkung sehr unterschiedlich sein. Als Richtschnur müssen folgende Kapazitätsfaktoren k' erzielt werden: log k' > 0,0 für log Koc = 3,0 und log k' > 0,4 für log Koc = 2,0 bei Verwendung von Methanol/Wasser 55/45 % als mobile Phase.

1.7.3.   Mobile Phasen

Von den verschiedenen mobilen Phasen, die getestet wurden, werden folgende zwei empfohlen:

Methanol/Wasser (55/45 % v/v)
Methanol/0,01 M Citratpuffer pH 6,0 (55/45 % v/v)

Zur Herstellung der Eluierflüssigkeit sind Methanol von HPLC-Qualität und destilliertes Wasser oder Citratpuffer zu verwenden. Das Gemisch wird vor der Verwendung entgast. Es empfiehlt sich, eine isokratische Elution anzuwenden. Wenn das Methanol-Wasser-Gemisch nicht geeignet ist, können andere Gemische aus organischen Lösemitteln und Wasser, z. B. Ethanol-Wasser- oder Acetonitril-Wasser-Gemische versucht werden. Für ionisierende Verbindungen wird die Verwendung einer Pufferlösung zur pH-Stabilisierung empfohlen. Es ist darauf zu achten, dass Salzniederschlag/Salzpräzipitation und eine Säulenverschlechterung vermieden werden, die bei einigen organische Phase-Puffer-Gemischen auftreten können.

Es dürfen keine Zusätze wie Ionenpaar-Reagenzien verwendet werden, weil sie die Sorptionseigenschaften der stationären Phase beeinträchtigen können. Derartige Veränderungen der stationären Phase können irreversibel sein. Aus diesem Grunde ist es unbedingt erforderlich, dass Versuche, bei denen Zusätze verwendet werden, an getrennten Säulen durchgeführt werden.

1.7.4.   Gelöste Stoffe

Test- und Referenzsubstanzen sollten in der mobilen Phase gelöst werden.

1.8.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.8.1.   Testbedingungen

Die Temperatur während der Messungen ist aufzuzeichnen. Für das Säulenkompartiment wird eine Temperaturregelung sehr empfohlen, um konstante Bedingungen während der Eichung und Schätzung sowie der Messung der Testsubstanz zu gewährleisten.

1.8.2.   Bestimmung der Totzeit to

Für die Bestimmung der Totzeit to können zwei unterschiedliche Methoden angewendet werden (siehe auch 1.2).

1.8.2.1.   Bestimmung der Totzeit to durch eine homologe Reihe

Es hat sich herausgestellt, dass dieses Verfahren verlässliche und standardisierte to-Werte ergibt. Für weitere Einzelheiten siehe Testmethode A.8: Verteilungskoeffizient (n-Oktanol/Wasser), HPLC-Methode.

1.8.2.2.   Bestimmung der Totzeit to durch inerte Stoffe, bei denen keine Retention durch die Säule auftritt

Diese Technik basiert auf der Injektion von Formamid-, Harnstoff- oder Natriumnitratlösungen. Die Messungen sollten zumindest doppelt ausgeführt werden.

1.8.3.   Bestimmung der Retentionszeiten tR

Referenzsubstanzen sind gemäß der Beschreibung in 1.3 auszuwählen. Sie können zur Bestimmung ihrer Retentionszeiten als gemischter Standard injiziert werden, sofern bestätigt worden ist, dass die Retentionszeiten der einzelnen Referenzstandards nicht durch das Vorhandensein der anderen Referenzstandards beeinflusst werden. Die Eichung muss in regelmäßigen Abständen mindestens zweimal täglich erfolgen, um unerwarteten Veränderungen in der Leistung der Säule Rechnung zu tragen. Die Injektionen sind vorzugsweise vor und nach den Injektionen der Testsubstanz durchzuführen, um sicher zu sein, dass die Retentionszeiten unverändert sind. Die Testsubstanzen werden getrennt in möglichst kleinen Dosen injiziert (um ein Überladen der Säule zu vermeiden), dann werden ihre Retentionszeiten bestimmt.

Um die Verlässlichkeit der Messung zu erhöhen, sind sie zumindest doppelt durchzuführen. Die von Einzelmessungen hergeleiteten log Koc-Werte müssen im Bereich von 0,25 log. Einheiten liegen.

1.8.4.   Bewertung

Die Kapazitätsfaktoren k' werden aus der Totzeit to und den Retentionszeiten tR der gewählten Testsubstanzen nach der Formel 4 (siehe 1.2) berechnet. Die log k'-Daten der Referenzsubstanzen werden daraufhin gegen ihre in den Tabellen 1 und 3 der Anlage genannten log Koc-Werte aus den Batch equilibrium-Experimenten aufgetragen. Mit Hilfe dieser Kurve wird der log k'-Wert einer Testsubstanz zur Bestimmung ihres log Koc-Wertes verwendet. Wenn die tatsächlichen Werte zeigen, dass der log Koc der Testsubstanz außerhalb des Eichbereichs liegt, ist der Test unter Verwendung anderer geeigneterer Referenzsubstanzen zu wiederholen.

2.   DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Der Bericht muss folgende Informationen enthalten:

Identität, Reinheit und gegebenenfalls pKa-Werte von Test- und Referenzsubstanzen;
Beschreibung der Apparatur und der Betriebsbedingungen, z. B. Typ und Abmessung der Analysesäule (sowie Vorsäule), Detektionsvorrichtung, mobile Phase (Verhältnis zwischen Bestandteilen und pH-Wert), Temperaturbereich während der Messungen;
Totzeit und die für ihre Bestimmung angewandte Methode;
Mengen der in die Säule eingebrachten Test- und Referenzsubstanzen;
Retentionszeiten der für die Eichung verwendeten Referenzverbindungen;
Einzelheiten der angepassten Regressionslinie (log k'/log Koc) und grafische Darstellung der Regressionslinie;
durchschnittliche Retentionsdaten und geschätzter log Koc-Wert der Testverbindung;
Chromatogramme.

3.   LITERATURHINWEISE

(1) W. J. Lyman, W. F. Reehl, D. H. Rosenblatt (ed). (1990). Handbook of chemical property estimation methods, Chap. 4, McGraw-Hill, New York.

(2) J. Hodson, N. A. Williams (1988). The estimation of the adsorption coefficient (Koc) for soils by HPLC. Chemosphere, 17, 1 67.

(3) G. G. Briggs (1981), Theoretical and experimental relationships between soil adsorption, octanol-water partition coefficients, water solubilities, bioconcentration factors, and the parachor. J. Agric. Food Chem., 29, pp. 1050-1059.

(4) C. T. Chiou, P. E. Porter, D.W. Schmedding (1983). Partition equilibria of nonionic organic compounds between soil organic matter and water. Environ. Sci. Technol., 17, pp. 227-231.

(5) Z. Gerstl, U. Mingelgrin (1984). Sorption of organic substances by soils and Sediment. J. Environm. Sci. Health, B19, pp. 297-312.

(6) C. T. Chiou, L. J. Peters, V. H. Freed (1979). A physical concept of soil water equilibria for nonionic organic compounds, Science, 106, pp. 831-832.

(7) S. W. Karickhoff (1981). Semi-empirical estimation of Sorption of hydrophobic pollutants on natural Sediments and soils. Chemosphere, 10, pp. 833-846.

(8) W. Kordel, D. Hennecke, M. Herrmann (1997). Application of the HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on sewage sludges. Chemosphere, 35(1/2), pp. 121-128.

(9) M. Mueller, W. Kordel (1996). Comparison of screening methods for the estimation of adsorption coefficients on soil. Chemosphere, 32(12), pp. 2493-2504.

(10) W. Kordel, J. Stutte, G. Kotthoff (1993). HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient in soil-comparison of different stationry phases, Chemosphere, 27(12), pp. 2341-2352.

(11) B. von Oepen, W. Kördel, W. Klein (1991). Sorption of nonpolar and polar compounds to soils: Processes, measurements and experience with the applicability of the modified OECD Guideline 106, Chemosphere, 22, pp. 285-304.

(12) W. Kördel, G. Kotthoff, J. Müller (1995), HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on soil-results of a ring test. Chemosphere, 30(7), pp. 1373-1384.

Anlage



Tabelle 1

Vergleich von Koc-Werten für Böden und Klärschlämme, und mittels der HPLC-Screeningmethode (1) (2) berechneten Werten

StoffeCAS-Nr.Log Koc KlärschlammLog Koc HPLCΔLog Koc BödenLog Koc HPLCΔ
Atrazin1912-24-91,66 2,14 0,48 1,81 2,20 0,39
Linuron330-55-22,43 2,96 0,53 2,59 2,89 0,30
Fenthion55-38-93,75 3,58 0,17 3,31 3,40 0,09
Monuron150-68-51,46 2,21 0,75 1,99 2,26 0,27
Phenanthren85-01-84,35 3,72 0,63 4,09 3,52 0,57
Benzoesäurephenylester93-99-23,26 3,03 0,23 2,87 2,94 0,07
Benzamid55-21-01,60 1,00 0,60 1,26 1,25 0,01
4-Nitrobenzamid619-80-71,52 1,49 0,03 1,93 1,66 0,27
Acetanilid103-84-41,52 1,53 0,01 1,26 1,69 0,08
Anilin62-53-31,74 1,47 0,27 2,07 1,64 0,43
2,5-Dichloranilin95-82-92,45 2,59 0,14 2,55 2,58 0,03

(1)   W. Kordel, D. Hennecke, M. Herrmann (1997). Application of the HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on sewage sludges. Chemosphere, 35(1/2), 121-128.

(2)   W. Kordel, D. Hennecke, C. Franke (1997). Determination of the adsorption-coefficients of organic substances on sewage sludges. Chemosphere, 35 (1/2), 107-119



Tabelle 2

Ergebnisse eines Ringversuchs (11 teilnehmende Laboratorien) zur Verbesserung und Validierung der HPLC-Methode (1)

StoffCAS-Nr.Log KocKocLog Koc
(OECD 106)(HPLC Methode)
Atrazin1912-24-91,81 78 ± 161,89
Monuron150-68-51,99 100 ± 82,00
Triapenthenol77608-88-32,37 292 ± 582,47
Linuron330-55-22,59 465 ± 622,67
Fenthion55-38-93,31 2062 ± 6483,31
(1)   W. Kördel, G. Kotthoff. J. Müller (1995). HPLC-screening method for the determination of the adsorption coefficient on soil-results of a ring test. Chemosphere. 30(7), 1373-1384.



Tabelle 3

Empfohlene Referenzsubstanzen für die HPLC-Screeningmethode auf der Grundlage von Bodenadsorptionsdaten

ReferenzsubstanzCAS-Nr.Durchschn. log Koc-Werte vom Chargen-GleichgewichtAnzahl KocDatenLog S.D.Quelle
Acetanilid103-84-41,25 40,48  ()
Phenol108-95-21,32 40,70  ()
2-Nitrobenzamid610-15-11,45 30,90  ()
N, N-Dimethylbenzamid611-74-51,52 20,45  ()
4-Methylbenzamid619-55-61,78 31,76  ()
Methylbenzoat93-58-31,80 41,08  ()
Atrazin1912-24-91,81 31,08  ()
Isoproturon34123-59-61,86 51,53  ()
3-Nitrobenzamid645-09-01,95 31,31  ()
Anilin62-53-32,07 41,73  ()
3,5-Dinitrobenzamid121-81-32,31 31,27  ()
Carbendazim10605-21-72,35 31,37  ()
Triadimenol55219-65-32,40 31,85  ()
Triazoxid72459-58-62,44 31,66  ()
Triazophos24017-47-82,55 31,78  ()
Linuron330-55-22,59 31,97  ()
Naphthalin91-20-32,75 42,20  ()
Endosulfan-diol2157-19-93,02 52,29  ()
Methiocarb2032-65-73,10 42,39  ()
Acid Yellow 21963405-85-63,16 42,83  ()
1,2,3-Trichlorobenzen87-61-63,16 41,40  ()
γ-HCH58-89-93,23 52,94  ()
Fenthion55-38-93,31 32,49  ()
Direct Red 812610-11-93,43 42,68  ()
Pyrazophos13457-18-63,65 32,70  ()
α-Endosulfan959-98-84,09 53,74  ()
Diclofop-methyl51338-27-34,20 33,77  ()
Phenanthren85-01-84,09 43,83  ()
Basic Blue 41 (mix)

26850-47-5

12270-13-2

4,89 44,46  ()
DDT50-29-35,63 1 ()

(1)   W. Kördel. J. Müller (1994). Bestimmung des Adsorptionskoeffizienten organischer Chemikalien mit der HPLC. UBA R & D Report No 106 01044 (1994).

(2)   B.V. Oepen. W. Kördel, W. Klein (1991). Chemosphere, 22, 285-304.

(3)   Von der Industrie vorgelegte Daten.

C.20   DAPHNIA MAGNA-REPRODUKTIONSTEST

EINLEITUNG

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 211 (2012). Die OECD-Prüfrichtlinien werden regelmäßig unter Berücksichtigung des wissenschaftlichen Fortschritts überarbeitet. Die Prüfrichtlinie 211 für Reproduktionstests basiert auf der Prüfrichtlinie 202, Teil II, Daphnia sp.-Reproduktionstest (1984). Es wurde allgemein anerkannt, dass die Daten aus Prüfungen gemäß der Prüfrichtlinie 202 variieren könnten. Daher wurde mit Nachdruck an der Aufdeckung der Gründe für diese Variabilität gearbeitet mit dem Ziel, eine bessere Prüfmethode zu entwickeln. Die Prüfrichtlinie 211 basiert auf den Ergebnissen dieser Forschungsaktivitäten, Ringversuche und Validierungsstudien, die 1992 (1), 1994 (2) und 2008 (3) durchgeführt wurden.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen der anfänglichen Fassung (TG 202, 1984) und der zweiten Fassung (TG 211, 1998) der Prüfrichtlinie sind:

Die empfohlene Tierart ist Daphnia magna.
Die Prüfung dauert 21 Tage.
Bei semistatischen Prüfungen wurde die Anzahl der bei jeder Prüfkonzentration zu verwendenden Tiere von mindestens 40, die in vier Gruppen von jeweils zehn Tieren aufzuteilen waren, auf mindestens zehn einzeln gehaltene Tiere verringert (obwohl bei Durchflussprüfungen andere Versuchspläne verwendet werden können).
Die Empfehlungen zum Prüfmedium und zu den Fütterungsbedingungen wurden präzisiert.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen der zweiten Fassung der Prüfrichtlinie (TG 211, 1998) und der vorliegenden Fassung sind:
Anlage 7 mit Verfahren zur Geschlechtsbestimmung bei frisch geschlüpften Daphnien, sofern erforderlich, wurde hinzugefügt. Wie bei den vorherigen Fassungen dieser Prüfmethode ist das Geschlechterverhältnis ein fakultativer Endpunkt.
Die Reaktionsvariable „Anzahl an lebenden Nachkommen, die pro lebendem Elterntier produziert werden“wurde durch eine zusätzliche Reaktionsvariable für die Reproduktion von Daphnien ergänzt, d. h. die Gesamtanzahl der am Ende der Prüfung produzierten lebenden Nachkommen von zu Beginn der Prüfung vorhandenen Elterntieren, wobei versehentlich und/oder aus ungeklärter Ursache gestorbene Elterntiere aus der Analyse ausgeschlossen wird. Diese zusätzliche Reaktionsvariable wurde aufgenommen, um diesen Parameter mit anderen Methoden zur Prüfung der Reproduktion bei Wirbellosen in Einklang zu bringen. Außerdem erlaubt diese Prüfmethode die Eliminierung einer Fehlerquelle bei dieser Reaktionsvariablen, nämlich den Effekt der versehentlich gestorbenen Elterntiere und/oder ihrer Mortalität aus ungeklärter Ursache, falls diese während des Expositionszeitraums auftreten sollte.
Zusätzliche statistische Leitlinien für den Versuchsplan sowie für die Auswertung der Ergebnisse wurden sowohl für den ECx- (z. B. EC10 oder EC50) als auch für den NOEC/LOEC-Ansatz aufgenommen.
Ein Limit-Test wird eingeführt.

Die Definitionen der verwendeten Begriffe sind Anlage 1 zu entnehmen.

TESTPRINZIP

Hauptziel der Prüfung ist es, die Wirkung von Chemikalien auf die Reproduktionsleistung der Daphnia magna zu bestimmen. Zu diesem Zweck werden junge weibliche Daphnien (die Elterntiere), die zu Beginn der Prüfung weniger als 24 Stunden alt sind, der dem Wasser in verschiedenen Konzentrationen zugesetzten Prüfchemikalie ausgesetzt. Die Prüfung dauert 21 Tage. Am Ende der Prüfung wird die Gesamtzahl an lebenden Nachkommen bewertet. Die Reproduktionsleistung von Elterntieren kann auch auf andere Art und Weise angegeben werden (z. B. Anzahl an lebenden Nachkommen, die je Tier und Tag ab dem ersten Tag, an dem Nachkommen festgestellt wurden, produziert wurden), diese Angaben sollten jedoch zusätzlich zur Gesamtanzahl an Jungtieren protokolliert werden. Aufgrund des besonderen Versuchsaufbaus der semistatischen Prüfung im Vergleich zu anderen Methoden zur Prüfung der Reproduktion bei Wirbellosen kann auch die Anzahl der von jedem einzelnen Elterntier produzierten lebenden Nachkommen gezählt werden. Im Gegensatz zu anderen Methoden zur Prüfung der Reproduktion bei Wirbellosen kann daher die Produktion von Nachkommen aus der Datenbewertung ausgeschlossen werden, falls das Elterntier während des Prüfzeitraums versehentlich und/oder aus ungeklärter Ursache stirbt. Tritt die elterliche Mortalität bei exponierten Replikaten auf, sollte daher geprüft werden, ob die Mortalität einem Konzentrations-/Wirkungs-Muster folgt, z. B. ob eine signifikante Regression der Reaktion im Verhältnis zur Konzentration der Prüfchemikalie mit positiver Steigung vorliegt (hierzu kann ein statistischer Test wie der Cochran-Armitage-Trendtest angewandt werden). Folgt die Mortalität keinem Konzentrations-/Wirkungs-Muster, dann sollten diejenigen Replikate mit elterlicher Mortalität aus der Analyse des Testergebnisses ausgeschlossen werden. Folgt die Mortalität hingegen einem Konzentrations-/Wirkungs-Muster, sollte die elterliche Mortalität als Wirkung der Prüfchemikalie eingeordnet und die Replikate sollten nicht aus der Analyse ausgeschlossen werden. Wenn das Elterntier während der Prüfung stirbt, d. h. versehentlich wegen falscher Behandlung oder eines Unfalls oder aber zufällig aufgrund eines ungeklärten Vorfalls, der nicht mit der Wirkung der Prüfchemikalie in Verbindung steht, oder wenn das Elterntier sich als männlich erweist, wird das Replikat aus der Analyse ausgeschlossen (nähere Angaben unter Nummer 51). Die toxische Wirkung der Prüfchemikalie auf die Reproduktionsleistung wird als ECx angegeben, wobei die Daten durch nichtlineare Regression an ein geeignetes Modell angepasst werden, um die Konzentration zu schätzen, die zu einer x %igen Verringerung der Reproduktionsleistung führen würde, oder als NOEC/LOEC-Wert angegeben (4). Die Prüfkonzentrationen sollten vorzugsweise die niedrigste der verwendeten Wirkungskonzentrationen (z. B. EC10) einschließen, was bedeutet, dass dieser Wert durch Interpolation und nicht durch Extrapolation berechnet wird.

Das Überleben der Elterntiere und die Zeit bis zur Produktion der ersten Brut sollten ebenfalls angegeben werden. Andere Wirkungen der Chemikalie auf Parameter wie das Wachstum (z. B. die Länge) und eine mögliche immanente Wachstumsrate können ebenfalls untersucht werden (siehe Nummer 44).

ANGABEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

Die Ergebnisse einer akuten Toxizitätsprüfung (siehe Kapitel C.2: Daphnia sp.-Test auf akute Schwimmunfähigkeit), die an Daphnia magna durchgeführt wurden, können bei der Auswahl eines geeigneten Bereichs der Prüfkonzentrationen in den Reproduktionstests von Nutzen sein. Die Wasserlöslichkeit und der Dampfdruck der Prüfchemikalie sollten bekannt sein, und ein zuverlässiges Analyseverfahren für die Quantifizierung der Prüfchemikalie in den Prüflösungen mit dokumentierter Wiederfindungsrate und Nachweisgrenze sollte vorhanden sein.

Zu den Informationen über die Prüfchemikalie, die bei der Festlegung der Prüfbedingungen von Nutzen sein können, gehören die Strukturformel, die Reinheit der Chemikalie, die Lichtstabilität, die Stabilität unter den Versuchsbedingungen, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung zur leichten biologischen Abbaubarkeit (siehe Kapitel C.4 (Biologische Abbaubarkeit — Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit) und C.29 (Leichte biologische Abbaubarkeit — Bestimmung von CO2 in geschlossenen Flaschen (Head-Space-Test)).

VALIDITÄTSKRITERIEN

Damit die Validität einer Prüfung gegeben ist, sollten die folgenden Leistungskriterien in der/den Kontrolle(n) erfüllt werden:

Die Mortalität der Elterntiere (weibliche Daphnien) darf am Ende der Prüfung 20 % nicht übersteigen;
die mittlere Anzahl an lebenden Nachkommen, die pro am Ende der Prüfung noch lebendem Elterntier produziert wurden, ist ≥ 60.

Hinweis: Dasselbe Validitätskriterium (20 %) kann auf die auf ein Versehen oder auf ungeklärte Ursachen zurückzuführende Mortalität der Elterntiere bei den Kontrollen sowie den einzelnen Prüfkonzentrationen angewandt werden.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Geräte

Prüfgefäße und sonstige Geräte, die mit den Prüflösungen in Berührung kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material bestehen. Normalerweise handelt es sich bei den Prüfgefäßen um Glaskolben.

Zusätzlich sind einige oder alle der folgenden Geräte erforderlich:

Sauerstoffmessgerät (mit einer Mikroelektrode oder einem anderen geeigneten Gerät zur Messung von gelöstem Sauerstoff in Proben von geringem Volumen);
geeignetes Gerät zur Regelung der Temperatur;
pH-Messgerät;
Gerät zur Bestimmung der Wasserhärte;
Gerät zur Bestimmung der gesamten organischen Kohlenstoffkonzentration (TOC) von Wasser oder Gerät zur Bestimmung des chemischen Sauerstoffbedarfs (COD);
geeignetes Gerät zur Regelung der Beleuchtungsverhältnisse und zur Messung der Lichtstärke.

Prüforganismen

In der Prüfung sollte die Art Daphnia magna Straus verwendet werden .

Der Klon sollte möglichst durch eine Genotypbestimmung identifiziert worden sein. Untersuchungen (1) haben gezeigt, dass die Reproduktionsleistung von Klon A (der aus dem IRCHA in Frankreich stammt) (5) das Validitätskriterium eines Mittelwerts von ≥ 60 Nachkommen je überlebendem Elterntier gleichbleibend erfüllt, wenn die Kultur unter den in dieser Methode beschriebenen Bedingungen erfolgt. Andere Klone sind jedoch annehmbar, sofern nachgewiesen ist, dass die Daphnien-Kultur die Validitätskriterien für eine Prüfung erfüllt.

Zu Beginn der Prüfung sollten die Tiere weniger als 24 Stunden alt sein, und sie dürfen nicht zur ersten Nachkommensgeneration gehören. Sie sollten aus einem gesunden Bestand stammen (d. h. keine Anzeichen von Stress, wie z. B. eine hohe Mortalität, das Vorhandensein von männlichen Tieren oder Ephippien, eine verzögerte Produktion der ersten Brut, verfärbte Tiere usw. aufweisen). Die Zuchttiere müssen unter ähnlichen Kulturbedingungen (Licht, Temperatur, Medium, Fütterung und Tiere je Volumeneinheit) gehalten werden wie die Tiere, die in der Prüfung verwendet werden. Wird bei der Prüfung ein anderes Kulturmedium für die Daphnien verwendet als bei der routinemäßigen Daphnien-Kultur, empfiehlt sich eine Eingewöhnungszeit vor der Prüfung, die im Normalfall etwa drei Wochen dauert (d. h. eine Generation), um Stress für die Elterntiere zu vermeiden.

Prüfmedium

In dieser Prüfung wird der Einsatz eines vollständig definierten Mediums empfohlen. Dadurch kann die Verwendung von Additiven (z. B. Seetang, Bodenextrakt, usw.), die sich nur schwer charakterisieren lassen, vermieden werden, und es bestehen größere Chancen auf eine Standardisierung unter den Prüfeinrichtungen. Die Medien Elendt M4 (6) und M7 (siehe Anlage 2) haben sich für diesen Zweck als geeignet erwiesen. Allerdings sind andere Medien (z. B. (7) (8)) annehmbar, sofern nachgewiesen ist, dass die Leistung der Daphnien-Kultur die Validitätskriterien für die Prüfung erfüllt.

Werden Medien verwendet, die undefinierte Additive enthalten, sollten diese Additive klar und deutlich spezifiziert werden, und der Prüfbericht sollte Angaben zur Zusammensetzung enthalten, insbesondere im Hinblick auf den Kohlenstoffgehalt, da dieser zu der gebotenen Nahrung beitragen kann. Empfohlen wird, dass der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) und/oder der chemische Sauerstoffbedarf (COD) des Stammansatzes des organischen Additivs bestimmt und eine Schätzung des sich daraus ergebenden Beitrags zu dem TOC/COD im Prüfmedium vorgenommen werden. Laut der Empfehlung sollten die TOC-Anteile in dem Medium (d. h. vor dem Zusatz von Algen) unter 2 mg/l liegen (9).

Enthalten die Prüfchemikalien Metalle, ist zu berücksichtigen, dass die Eigenschaften des Prüfmediums (z. B. Härte, Chelatbildungsvermögen) Einfluss auf die Toxizität der Prüfchemikalie haben können. Aus diesem Grund sollte möglichst ein umfassend definiertes Prüfmedium verwendet werden. Gegenwärtig sind jedoch die einzigen umfassend definierten Medien, die bekanntermaßen für die Langzeitkultur von Daphnia magna geeignet sind, Elendt M4 und M7. Beide Medien enthalten den Chelatbildner EDTA. Untersuchungen haben gezeigt (2), dass die „scheinbare Toxizität“ von Cadmium im Allgemeinen niedriger ist, wenn der Reproduktionstest in den Medien M4 und M7 durchgeführt wird, als in Medien, die kein EDTA enthalten. M4 und M7 werden aus diesem Grunde nicht für Prüfchemikalien empfohlen, die Metalle enthalten; andere Medien, die bekannte Chelatbildner enthalten, sollten ebenfalls vermieden werden. Bei Chemikalien, die Metall enthalten, kann die Verwendung eines alternativen Mediums ratsam sein, beispielsweise rekonstituiertes hartes Süßwasser (9) nach ASTM, das kein EDTA enthält. Die Kombination von rekonstituiertem hartem Süßwasser nach ASTM und Seetangextrakt (10) ist für die Langzeitkultur von Daphnia magna (2) geeignet.

Zu Beginn und im Verlauf der Prüfung sollte die Konzentration des gelösten Sauerstoffs über 3 mg/l liegen. Der pH-Wert sollte im Bereich von 6 bis 9 liegen und in jedem einzelnen Test um nicht mehr als 1,5 Einheiten schwanken. Eine Härte von mehr als 140 mg/l (als CaCO3) wird empfohlen. Bei Prüfungen mit diesem und höheren Werten wurde eine Reproduktionsleistung im Einklang mit den Validitätskriterien nachgewiesen (11) (12).

Prüflösungen

Prüflösungen der gewählten Konzentrationen werden im Allgemeinen durch Verdünnung einer Stammlösung hergestellt. Stammlösungen sollten möglichst ohne Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln durch mechanisches Vermischen oder Schütteln (z. B. durch Schütteln, durch Rühren oder mit Ultraschall oder anderen geeigneten Methoden) der Prüfchemikalie im Prüfmedium hergestellt werden. Die Versuchssysteme sollten den in der Studie zu verwendenden Konzentrationen der Prüfchemikalie vorzugsweise so lange ausgesetzt werden, dass die Aufrechterhaltung stabiler Expositionskonzentrationen nachgewiesen werden kann, bevor Prüforganismen eingesetzt werden. Ist die Prüfchemikalie nur schwer in Wasser löslich, sollten die im OECD Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures beschriebenen Verfahren befolgt werden (13). Die Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln sollte vermieden werden, kann jedoch in einigen Fällen notwendig sein, um eine Stammlösung mit geeigneter Konzentration für die Dosierung herzustellen.

Zusätzlich zu den Prüfkonzentrationen sollten eine Verdünnungswasserkontrolle mit entsprechenden Replikaten und, falls unvermeidbar, eine Lösungsmittelkontrolle mit entsprechenden Replikaten durchgeführt werden. Bei der Prüfung sollten nur Lösungs- oder Dispergiermittel verwendet werden, die untersucht wurden und nachweislich keine signifikanten oder nur minimale Wirkungen auf die Reaktionsvariable haben. Beispiele für geeignete Lösungsmittel (z. B. Aceton, Ethanol, Methanol, Dimethylformamid und Triethylenglycol) sowie für Dispergiermittel (z. B. Cremophor RH40, Methylcellulose 0,01 % und HCO-40) sind (13) zu entnehmen. Bei Verwendung eines Lösungs- oder Dispergiermittels sollte seine Endkonzentration nicht größer als 0,1 ml/l (13) sein, und die Konzentration sollte in allen Gefäßen, ausgenommen die Verdünnungswasserkontrolle, gleich sein. Jedoch sollte die Lösungsmittelkonzentration minimal gehalten werden.

VERFAHREN

Expositionsbedingungen

Dauer

Die Prüfung dauert 21 Tage.

Besatz

Die Elterntiere werden jeweils einzeln in einem Prüfgefäß in der Regel mit 50 bis 100 ml Prüfmedium in jedem Gefäß gehalten, außer wenn ein Durchflusstest durchgeführt werden muss (bei Daphnia magna können kleinere Volumina verwendet werden, insbesondere bei kleineren Daphnien, z. B. Ceriodaphnia dubia).

Mitunter können größere Volumina erforderlich sein, um die Anforderungen des Analyseverfahrens, mit dem die Prüfchemikalienkonzentration bestimmt wird, zu erfüllen, wenngleich ein Poolen von Replikaten für die chemische Analyse ebenfalls zulässig ist. Werden größere Volumina als 100 ml verwendet, muss unter Umständen die Futterration der Daphnien erhöht werden, um ein entsprechendes Nahrungsangebot und die Einhaltung der Validitätskriterien sicherzustellen.

Versuchstiere

Bei semistatischen Prüfungen werden mindestens zehn Tiere einzeln bei jeder Prüfkonzentration und mindestens zehn Tiere einzeln in den Kontrollreihen gehalten.

Bei Durchflussprüfungen haben sich 40 Tiere, die in vier Gruppen von jeweils zehn Tieren bei jeder Prüfkonzentration aufgeteilt werden, als geeignet erwiesen (1). Es kann eine geringere Anzahl an Prüforganismen verwendet werden, und mindestens 20 Tiere je Konzentration, die in zwei oder mehr Replikate mit einer gleichen Anzahl von Tieren aufgeteilt werden (z. B. vier Replikate mit jeweils fünf Daphnien), werden empfohlen. Zu beachten ist, dass es bei Prüfungen, bei denen die Tiere in Gruppen gehalten werden, nicht möglich sein wird, Nachkommen aus der statistischen Analyse auszuschließen, wenn Elterntiere nach Beginn der Reproduktion aufgrund von Versehen oder aus ungeklärter Ursache sterben. In diesen Fällen sollte die Reproduktionsleistung als „Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro zu Beginn der Prüfung vorhandenem Elterntier“ angegeben werden.

Die Behandlungen sollten den Prüfgefäßen zugeordnet werden, und die gesamte anschließende Handhabung der Prüfgefäße sollte nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Ist dies nicht der Fall, kann eine Verzerrung auftreten, die als Wirkung der Konzentration ausgelegt werden könnte. Insbesondere wenn Versuchseinheiten in der Reihenfolge der Behandlung oder der Konzentration bearbeitet werden, könnten verschiedene zeitbezogene Faktoren wie beispielsweise die Müdigkeit des Prüfers oder andere Fehler zu größeren Wirkungen bei den höheren Konzentrationen führen. Außerdem sollte eine Blockbildung für die Prüfung in Erwägung gezogen werden, wenn die Prüfergebnisse wahrscheinlich durch eine anfängliche oder umweltbezogene Bedingung der Prüfung, wie z. B. der Position im Labor, beeinflusst werden.

Fütterung

Bei semistatischen Prüfungen sollte die Fütterung möglichst täglich, zumindest jedoch dreimal pro Woche erfolgen (d. h. entsprechend dem Wechsel des Prüfmediums). Die mögliche Verdünnung der Expositionskonzent rationen durch Futterbeimischung sollte berücksichtigt und mit korrekt konzentrierten Algensuspensionen möglichst vermieden werden. Abweichungen hiervon (z. B. bei Durchflussprüfungen) sollten protokolliert werden.

Während der Prüfung sollte die Nahrung der Elterntiere möglichst aus lebenden Algenzellen von einer oder mehreren der folgenden Arten bestehen: Chlorella sp., Pseudokirchneriella subcapitata (früher Selenastrum capricornutum) und Desmodesmus subspicatus (früher Scenedesmus subspicatus). Die angebotene Nahrung sollte auf der Menge an organischem Kohlenstoff (C) beruhen, die jedem Elterntier zur Verfügung gestellt wird. Untersuchungen (14) haben gezeigt, dass bei Daphnia magna Rationen zwischen 0,1 und 0,2 mg C/Daphnie/Tag ausreichend sind, um die zur Erfüllung der Validitätskriterien der Prüfung erforderliche Anzahl an Nachkommen zu erzielen. Die Ration kann entweder aus einer gleichbleibenden Gabe während des gesamten Prüfzeitraums bestehen, oder es kann, sofern gewünscht, am Anfang eine geringere Menge dargeboten werden, die dann im Verlauf der Prüfung erhöht wird, um dem Wachstum der Elterntiere Rechnung zu tragen. In diesem Fall sollte die Ration jederzeit innerhalb des empfohlenen Bereichs von 0,1 bis 0,2 mg C/Daphnie/Tag bleiben.

Kommen zur Bestimmung der erforderlichen Futterration Ersatzgrößen zum Einsatz, beispielsweise die Anzahl an Algenzellen oder die Lichtextinktion (aus Gründen der Zweckmäßigkeit, weil die Messung des Kohlenstoffgehalts zeitaufwendig ist), muss jede Prüfeinrichtung ihr eigenes Nomogramm erstellen, in dem die Ersatzgröße in Bezug zum Kohlenstoffgehalt der Algenkultur gesetzt wird (Anleitung zur Erstellung von Nomogrammen siehe Anlage 3). Nomogramme sollten zumindest einmal pro Jahr oder häufiger überprüft werden, wenn sich die Bedingungen für die Algenkultur geändert haben. Dabei hat sich die Lichtextinktion als eine bessere Ersatzgröße für den Kohlenstoffgehalt als die Zellenanzahl erwiesen (15).

Den Daphnien sollte eine konzentrierte Algensuspension gefüttert werden, um das Volumen des Algenkulturmediums, das in die Prüfgefäße gelangt, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Konzentration der Algen lässt sich durch Zentrifugieren mit anschließender Resuspension in Daphnia-Kulturmedium erreichen.

Licht

16 Stunden Licht mit einer Stärke von nicht mehr als 15-20 μE · m– 2 · s– 1, gemessen an der Wasseroberfläche des Gefäßes. Bei in Lux kalibrierten Lichtmessgeräten entspricht der Bereich 1 000 -1 500  lx für die Lichtfarbe „cool-white“ etwa der empfohlenen Lichtintensität von 15-20 μE · m– 2 · s– 1.

Temperatur

Die Temperatur der Prüfmedien sollte zwischen 18 und 22 °C liegen. Allerdings sollte die Temperatur bei jeder einzelnen Prüfung nach Möglichkeit um nicht mehr als 21 °C innerhalb dieser Grenzwerte als tägliche Spanne schwanken (z. B. 18 bis 20, 19 bis 21 oder 20 bis 221 °C). Zur Überwachung der Temperatur kann die Verwendung eines zusätzlichen Prüfgefäßes angebracht sein.

Belüftung

Die Prüfgefäße dürfen während der Prüfung nicht belüftet werden.

Versuchsplanung

Dosisfindungstest

Wenn erforderlich, wird ein Dosisfindungstest beispielsweise mit fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie und zwei Replikaten für jede Behandlung und Kontrolle durchgeführt. Zusätzliche Informationen aus Prüfungen mit ähnlichen Chemikalien oder aus der Literatur zur akuten Toxizität bei Daphnien und/oder anderen Wasserorganismen können ebenfalls hilfreich sein, um die im Dosisfindungstest zu verwendenden Konzentrationen festzulegen.

Der Dosisfindungstest dauert 21 Tage oder ausreichend lange, um das Ausmaß der Wirkungen zuverlässig vorherzusagen. Am Ende des Tests wird die Reproduktion der Daphnien bewertet. Die Anzahl der Elterntiere und das Auftreten von Nachkommen sollten protokolliert werden.

Hauptversuch

Im Normalfall sollten mindestens fünf Prüfkonzentrationen, die die wirksame Konzentration (z. B. ECx) einschließen, in einer geometrischen Reihe angeordnet sind und sich um einen Faktor von möglichst nicht mehr als 3,2 voneinander unterscheiden, verwendet werden. Für jede Prüfkonzentration sollte eine angemessene Anzahl an Replikaten eingesetzt werden (siehe Nummern 24 und 25). Die Verwendung von weniger als fünf Konzentrationen muss begründet werden. Die Chemikalien sollten nicht oberhalb ihrer Löslichkeitsgrenze im Prüfmedium geprüft werden. Vor Durchführung der Prüfung sollten die statistische Trennschärfe des Versuchsplans und die Anwendung geeigneter statistischer Methoden überdacht werden (4). Bei der Festlegung des Bereichs von Konzentrationen ist Folgendes zu berücksichtigen:

i)
Wenn die ECx für Wirkungen auf die Reproduktion geschätzt wird, ist es ratsam, hinreichende Konzentrationen zur Bestimmung der ECx mit einem angemessenen Konfidenzbereich zu verwenden. Die verwendeten Prüfkonzentrationen sollten vorzugsweise die geschätzte ECx einschließen, sodass die ECx durch Interpolation anstatt durch Extrapolation bestimmt werden kann. Für die anschließende statistische Analyse ist es von Vorteil, mehr Prüfkonzentrationen (z. B. zehn) und weniger Replikate je Konzentration (z. B. fünf, um die Gesamtanzahl an Gefäßen konstant zu halten) und zehn Kontrollen zu verwenden.
ii)
Bei der Bestimmung der LOEC und/oder NOEC sollte die niedrigste Prüfkonzentration so gering sein, dass die Reproduktionsleistung bei dieser Konzentration nicht signifikant niedriger ist als in der Kontrolle. Ist dies nicht der Fall, muss die Prüfung mit einer geringeren niedrigsten Konzentration wiederholt werden.
iii)
Bei der Bestimmung der LOEC und/oder NOEC sollte die höchste Prüfkonzentration so hoch sein, dass die Reproduktionsleistung bei dieser Konzentration signifikant niedriger ist als in der Kontrolle. Ist dies nicht der Fall, muss die Prüfung mit einer höheren höchsten Konzentration wiederholt werden, außer wenn die maximal erforderliche Prüfkonzentration für die Prüfung auf chronische Wirkungen (d. h. 10 mg/l) als höchste Prüfkonzentration in der anfänglichen Prüfung verwendet wurde.

Wenn im Dosisfindungstest bei der höchsten Konzentration (z. B. 10 mg/l) keine Wirkungen beobachtet werden oder wenn die Prüfchemikalie angesichts der Tatsache, dass sie bei anderen Organismen nicht toxisch wirkt und/oder nur in geringem Maße/nicht aufgenommen wird, höchstwahrscheinlich eine geringe/keine Toxizität besitzt, kann der Reproduktionstest als Limit-Test mit einer Prüfkonzentration von z. B. 10 mg/l und der Kontrolle durchgeführt werden. Für die Behandlungs- und Kontrollgruppen sollten jeweils zehn Replikate verwendet werden. Sollte ein Limit-Test in einem Durchflusssystem durchgeführt werden müssen, sind u. U. auch weniger Replikate möglich. Im Rahmen eines Limit-Tests kann nachgewiesen werden, dass bei der Limit-Konzentration keine statistisch signifikante Wirkung eintritt. Sollten aber Wirkungen festgestellt werden, ist im Normalfall eine vollständige Prüfung erforderlich.

Kontrollen

Zusätzlich zu den Testreihen sollten eine Kontrollreihe mit dem Prüfmedium und, sofern zutreffend, auch eine Kontrollreihe mit dem Lösungs- oder Dispergiermittel durchgeführt werden. Werden Lösungs- oder Dispergiermittel verwendet, sollte deren Konzentration gleich den Konzentrationen in den Gefäßen mit der Prüfchemikalie sein. Die entsprechende Anzahl an Replikaten sollte zum Einsatz kommen (siehe Nummern 23 und 24).

Im Allgemeinen sollte in einer ordentlich durchgeführten Prüfung der Variationskoeffizient rund um die mittlere Anzahl an lebenden Nachkommen, die pro Elterntier in der/den Kontrolle(n) produziert werden, ≤ 25 % betragen, und dies sollte bei Versuchsplänen mit einzeln gehaltenen Tieren protokolliert werden.

Erneuerung des Prüfmediums

Die Häufigkeit, mit der das Prüfmedium erneuert wird, hängt von der Stabilität der Prüfchemikalie ab. Jedoch sollte es zumindest dreimal pro Woche ausgetauscht werden. Wenn aus vorhergehenden Stabilitätsprüfungen (siehe Nummer 7) bekannt ist, dass die Konzentration der Prüfchemikalie während des maximalen Erneuerungszeitraums (d. h. drei Tage) nicht stabil ist (d. h. außerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % der nominalen Konzentration oder unterhalb von 80 % der gemessenen anfänglichen Konzentration liegt), sollte ein häufigerer Wechsel des Prüfmediums oder der Einsatz einer Durchflussprüfung in Erwägung gezogen werden.

Zur Erneuerung des Mediums in semistatischen Prüfungen wird eine zweite Reihe von Prüfgefäßen vorbereitet, in die die Elterntiere beispielsweise mit einer Glaspipette von geeignetem Durchmesser umgesetzt werden. Dabei sollte die Menge an Prüfmedium, die zusammen mit den Daphnien umgesetzt wird, so gering wie möglich sein.

Beobachtungen

Die Ergebnisse der Beobachtungen während der Prüfung sollten auf Datenblättern (siehe Beispiele in den Anlagen 4 und 5) protokolliert werden. Sind andere Messungen erforderlich (siehe Nummer 44), sind gegebenenfalls weitere Beobachtungen erforderlich.

Nachkommen

Die Nachkommen, die von jedem Elterntier produziert werden, sollten vom Auftreten der ersten Brut an möglichst täglich entfernt und gezählt werden, um zu verhindern, dass sie die für die erwachsenen Tiere bestimmte Nahrung verbrauchen. Für diese Methode braucht zwar nur die Anzahl an lebenden Nachkommen gezählt zu werden, vorhandene unreife Eier oder tote Nachkommen sollten jedoch ebenfalls festgehalten werden.

Mortalität

Sterbefälle unter den Elterntieren sollten möglichst täglich protokolliert werden; sie sollten zumindest zu den gleichen Zeitpunkten gezählt werden wie die Nachkommen.

Sonstige Parameter

Dieses Verfahren dient zwar hauptsächlich der Bewertung der Wirkungen auf die Reproduktionsleistung, aber auch andere Auswirkungen können in hinreichendem Maße für eine statistische Auswertung quantifiziert werden. Die Reproduktionsleistung pro überlebendem Elterntier, d. h. die Anzahl der während der Prüfung produzierten lebenden Nachkommen pro überlebendem Elterntier, kann protokolliert werden. Dieser Wert kann mit der wichtigsten Reaktionsvariablen (Reproduktionsleistung pro am Anfang der Prüfung vorhandenem Elterntier, das während der Prüfung nicht aus ungeklärter Ursache oder versehentlich gestorben ist), verglichen werden. Tritt die elterliche Mortalität bei exponierten Replikaten auf, sollte geprüft werden, ob die Mortalität einem Konzentrations-/Wirkungs-Muster folgt, z. B. ob eine signifikante Regression der Reaktion im Verhältnis zur Konzentration der Prüfchemikalie mit positiver Steigung vorliegt (hierzu kann ein statistischer Test wie der Cochran-Armitage-Trendtest verwendet werden). Folgt die Mortalität keinem Konzentrations-/Wirkungs-Muster, dann sollten diejenigen Replikate mit elterlicher Mortalität aus der Analyse des Testergebnisses ausgeschlossen werden. Folgt die Mortalität hingegen einem Konzentrations-/Wirkungs-Muster, sollte die elterliche Mortalität als Wirkung der Prüfchemikalie eingeordnet und die Replikate sollten nicht aus der Analyse des Testergebnisses ausgeschlossen werden. Besonders wünschenswert sind Wachstumsmessungen, denn sie liefern Informationen über mögliche subletale Wirkungen, die unter Umständen nützlicher sind als die Reproduktionsmessung alleine. Empfohlen wird die Vermessung der Länge der Elterntiere (d. h. die Körperlänge ohne Afterstachel) am Ende der Prüfung. Weitere Parameter, die sich messen oder berechnen lassen, sind unter anderem die Zeit bis zur Produktion der ersten Brut (und folgender Bruten), Anzahl und Umfang der Bruten je Tier, Anzahl an unreifen Eiern, Vorhandensein von männlichen Schlüpflingen (OECD, 2008) oder Ephippien und die immanente Populationswachstumsrate (siehe Anlage 1 bezüglich Definition und Anlage 7 bezüglich der Geschlechtsbestimmung bei frisch geschlüpften Daphnien).

Häufigkeit von analytischen Bestimmungen und Messungen

Sauerstoffkonzentration, Temperatur, Härte und pH-Wert sollten zumindest einmal pro Woche gemessen werden, und zwar in frischen und alten Medien, in der/den Kontrolle(n) und in der höchsten Konzentration der Prüfchemikalie.

Die Konzentrationen der Prüfchemikalie werden während der Prüfung in regelmäßigen Abständen bestimmt.

Bei semistatischen Prüfungen, bei denen erwartet wird, dass die Konzentration der Prüfchemikalie innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration konstant bleibt (d. h. innerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % — siehe Nummern 6, 7 und 39), wird empfohlen, dass zumindest die höchste und die niedrigste Prüfkonzentration sofort nach der Zubereitung und bei der Erneuerung einmal während der ersten Woche der Prüfung analysiert werden (d. h. Analysen sollten anhand einer Probe derselben Lösung erfolgen — sofort nach der Zubereitung und bei der Erneuerung). Diese Bestimmungen sollten anschließend zumindest in wöchentlichen Abständen wiederholt werden.

Bei Prüfungen, bei denen nicht damit zu rechnen ist, dass die Konzentration der Prüfchemikalie innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration konstant bleibt, ist es notwendig, alle Prüfkonzentrationen sofort nach der Zubereitung und bei der Erneuerung zu analysieren. Bei denjenigen Prüfungen jedoch, bei denen die gemessene Anfangskonzentration der Prüfchemikalie zwar nicht innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration stabil bleibt, bei der jedoch hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die Anfangskonzentrationen reproduzierbar und stabil sind (d. h. innerhalb des Bereichs von 80 bis 120 % der Anfangskonzentrationen), könnten die chemischen Bestimmungen in Woche 2 und 3 der Prüfung auf die höchste und die niedrigste Konzentration reduziert werden. In allen Fällen braucht die Prüfchemikalienkonzentrationen vor der Erneuerung des Prüfmediums nur an einem Wiederholungsgefäß bei jeder Prüfkonzentration bestimmt zu werden.

Bei einer Durchflussprüfung ist ein ähnliches Probenahmeverfahren wie für semistatische Prüfungen beschrieben angebracht (die Messung der „alten“ Lösungen gilt in diesem Fall jedoch nicht). Es kann allerdings ratsam sein, die Anzahl an Probenahmen in der ersten Woche zu erhöhen (z. B. drei Messreihen), um sicherzugehen, dass die Prüfkonzentrationen stabil bleiben. Bei diesen Prüfarten sollte die Durchsatzrate des Verdünnungsmittels und der Prüfchemikalie täglich überprüft werden.

Ist nachgewiesen, dass die Konzentration der Prüfchemikalie während der gesamten Prüfung zufriedenstellend innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration oder der gemessenen Anfangskonzentration bleibt, können die Ergebnisse auf nominalen oder gemessenen Anfangswerten beruhen. Wenn die Abweichung von der nominalen oder gemessenen Anfangskonzentration größer als ± 20 % ist, sollten die Ergebnisse als zeitgewichtetes Mittel dargestellt werden (siehe Leitfaden für die Berechnung in Anlage 6).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

Mit dieser Prüfung soll die Wirkung der Prüfchemikalie auf die Reproduktionsleistung bestimmt werden. Für jedes Prüfgefäß (d. h. Replikat) sollte die Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro Elterntier berechnet werden. Darüber hinaus kann die Reproduktion basierend auf der Produktion lebender Nachkommen durch das überlebende Elterntier ermittelt werden. Jedoch ist die aus ökologischer Sicht relevanteste Reaktionsvariable die Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen, die pro Elterntier produziert werden, das während der Prüfung nicht versehentlich  oder aus ungeklärter Ursache  stirbt. Wenn das Elterntier während der Prüfung versehentlich oder aus ungeklärter Ursache stirbt oder sich als Männchen herausstellt, dann wird das betreffende Replikat von der Analyse ausgeschlossen. Die Analyse beruht dann auf einer verringerten Anzahl von Replikaten. Tritt die elterliche Mortalität bei exponierten Replikaten auf, sollte geprüft werden, ob die Mortalität einem Konzentrations-/Wirkungs-Muster folgt, z. B. ob eine signifikante Regression der Reaktion im Verhältnis zur Konzentration der Prüfchemikalie mit positiver Steigung vorliegt (hierzu kann ein statistischer Test wie der Cochran-Armitage-Trendtest verwendet werden). Folgt die Mortalität keinem Konzentrations-/Wirkungs-Muster, dann sollten diejenigen Replikate mit elterlicher Mortalität aus der Analyse des Testergebnisses ausgeschlossen werden. Folgt die Mortalität hingegen einem Konzentrations-/Wirkungs-Muster, sollte die elterliche Mortalität als Wirkung der Prüfchemikalie eingeordnet und die Replikate sollten nicht aus der Analyse des Testergebnisses ausgeschlossen werden.

Wenn die LOEC und NOEC oder die ECx zur Angabe der Wirkungen verwendet werden, empfiehlt es sich, die Wirkung auf die Reproduktion durch Verwendung der beiden oben genannten Reaktionsvariablen zu berechnen, d. h.

als Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen, die pro Elterntier produziert wurden, das während der Prüfung nicht versehentlich oder aus ungeklärter Ursache stirbt, und
als Anzahl an lebenden Nachkommen jedes überlebenden Elterntiers,

und dann als Endergebnis den niedrigsten NOEC- und LOEC- oder ECx-Wert zu verwenden, der mithilfe einer dieser beiden Reaktionsvariablen berechnet wurde.

Vor der statistischen Analyse, z. B. durch ANOVA-Verfahren oder den Vergleich der Behandlungsgruppen mit den Kontrollen durch die Tests von Student (t-Test), Dunnett, Williams oder Jonckheere-Terpstra (Step-Down), empfiehlt es sich zu prüfen, ob die Daten transformiert werden müssen, um die Anforderungen des jeweiligen statistischen Tests zu erfüllen. Als parameterfreie Alternativen können der Dunn- und Mann-Whitney-Test in Betracht gezogen werden. Für einzelne Behandlungsmittelwerte werden 95 %-Konfidenzintervalle berechnet.

Die Anzahl der überlebenden Elterntiere in den unbehandelten Kontrollen ist ein Validitätskriterium und sollte dokumentiert und angegeben werden. Ferner sollten alle sonstigen schädlichen Wirkungen, z. B. Abweichungen im Verhalten und signifikante toxikologische Erkenntnisse, im Prüfbericht angegeben werden.

ECx

ECx-Werte, einschließlich der entsprechenden oberen und unteren Konfidenzgrenzen, werden mit geeigneten statistischen Methoden berechnet (z. B. Logit- oder Weibull-Modell, Trimmed Spearman-Karber-Methode oder einfache Interpolation). Um den EC10-, EC50- oder einen beliebigen anderen ECx-Wert zu ermitteln, sollte der komplette Datensatz einer Regressionsanalyse unterzogen werden.

NOEC/LOEC

Zur Bestimmung der NOEC-/LOEC-Werte durch statistische Analyse sollten geeignete statistische Methoden angewandt werden (gemäß OECD-Dokument 54 Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application) (4). Im Allgemeinen werden schädliche Wirkungen der Prüfchemikalie im Vergleich mit der Kontrolle einer einseitigen Hypothesenprüfung mit p ≤ 0,05 unterzogen.

Normalverteilung und Varianzhomogenität können mit einem geeigneten statistischen Test, z. B. Shapiro-Wilk-Test bzw. Levene-Test (p ≤ 0,05), geprüft werden. Eine einfaktorielle ANOVA und anschließende multiple Vergleichstests können durchgeführt werden. Mit multiplen Vergleichstests (z. B. Dunnett-Test) oder Step-Down-Trendtests (z. B. Williams-Test oder Jonckheere-Terpstra-Test (Step-Down)) kann berechnet werden, ob zwischen den Kontrollen und den verschiedenen Prüfkonzentrationen signifikante Unterschiede (p ≤ 0,05) bestehen (Auswahl des empfohlenen Tests gemäß OECD-Dokument 54 (4)). Andernfalls könnten parameterfreie Methoden (z. B. U-Test mit Bonferroni-/Holm-Korrektur oder Jonckheere-Terpstra-Trendtest) verwendet werden, um den NOEC- und LOEC-Wert zu bestimmen.

Limit-Test

Wurde ein Limit-Test (Vergleich der Kontrolle mit einer einzigen Behandlungsgruppe) durchgeführt und sind die Bedingungen für parametrische Prüfverfahren (Normalität, Homogenität) erfüllt, können metrische Reaktionen mit dem Student-t-Test ausgewertet werden. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen (wie z. B. Welch-Test) oder ein parameterfreier Test wie der U-Test nach Mann und Whitney angewandt werden.

Um signifikante Unterschiede zwischen den Kontrollen (Kontrollen und Lösungs- oder Dispergiermittelkontrollen) zu ermitteln, können die Replikate der einzelnen Kontrollen wie für den Limit-Test beschrieben geprüft werden. Werden bei diesen Tests keine signifikanten Unterschiede festgestellt, können alle Replikate der Kontrolle und Lösungsmittelkontrolle gepoolt werden. Anderenfalls sind alle Behandlungsgruppen mit der Lösungsmittelkontrolle zu vergleichen.

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfchemikalie:

physikalischer Zustand und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
Daten zur chemischen Identität, einschließlich Reinheit.

Geprüfte Daphnienart:

der Klon (mit der Angabe, ob er einer Gentypisierung unterzogen wurde), der Lieferant oder die Bezugsquelle (sofern bekannt) und die zum Einsatz kommenden Kulturbedingungen. Wird eine andere Art als Daphnia magna eingesetzt, sollte dies protokolliert und begründet werden.

Prüfbedingungen:

zum Einsatz kommendes Testverfahren (z. B. semistatisches oder Durchflussverfahren, Volumen, Besatz mit Anzahl Daphnien pro Liter);
Fotoperiode und Lichtstärke;
Auslegung der Prüfung (z. B. Anzahl an Replikaten, Anzahl Elterntiere je Replikat);
nähere Angaben zum verwendeten Kulturmedium;
sofern verwendet, zugesetztes organisches Material, einschließlich Zusammensetzung, Herkunft, Herstellungsverfahren, TOC/COD der Stammansätze, Schätzung des sich daraus ergebenden TOC/COD im Prüfmedium;
detaillierte Informationen über die Fütterung, einschließlich Menge (in mg C/Daphnie/Tag) und Plan (z. B. Art von Futtermittel(n), einschließlich spezifischer Name (Art) bei Algen und, sofern bekannt, der Stamm, die Kulturbedingungen);
Art der Herstellung von Stammansätzen und Häufigkeit der Erneuerung (sofern verwendet, müssen das Lösungs- oder Dispergiermittel und dessen Konzentration angegeben werden).

Ergebnisse:

Ergebnisse von eventuellen vorhergehenden Untersuchungen zur Stabilität der Prüfchemikalie;
die nominalen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse aller Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen (siehe Beispieldatenblätter in Anlage 5); die Wiederfindungsrate der Methode und die Bestimmungsgrenze sollten ebenfalls protokolliert werden;
Wasserqualität in den Prüfgefäßen (d. h. pH-Wert, Temperatur und Konzentration des gelösten Sauerstoffs sowie TOC und/oder COD und Härte, soweit zutreffend) (siehe Beispieldatenblatt in Anlage 4);
die gesamte Aufzeichnung der Produktion lebender Nachkommen je Elterntier während der Prüfung (siehe Beispieldatenblatt in Anlage 4);
die Anzahl an Todesfällen unter den Elterntieren und der Tag, an dem diese eingetreten sind (siehe Beispieldatenblatt in Anlage 4);
der Variationskoeffizient für die Reproduktionsleistung der Kontrolle (anhand der Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro Elterntier, das am Ende der Prüfung noch lebt);
Darstellung der Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro Elterntier (für jedes Replikat), ausschließlich der Elterntiere, die während der Prüfung versehentlich oder aus ungeklärter Ursache gestorben sind, im Verhältnis zur Konzentration der Prüfchemikalie;
soweit zutreffend, Darstellung der Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen, die pro überlebenden Elterntier in jedem Replikat produziert wurden, im Verhältnis zur Konzentration der Prüfchemikalie;
soweit zutreffend, die Lowest Observed Effect Concentration (LOEC) für die Reproduktion, einschließlich einer Beschreibung der angewandten statistischen Verfahren und einer Angabe zum Umfang der zu erwartenden Wirkung, (hierzu kann vor Beginn des Versuchs eine Teststärkenanalyse durchgeführt werden) und die No Observed Effect Concentration (NOEC) für die Reproduktion; Angaben dazu, welche Reaktionsvariable bei der Berechnung der LOEC- und NOEC-Werte (entweder als Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro Mutterorganismus, der während der Prüfung nicht versehentlich oder aus ungeklärter Ursache gestorben ist, oder als Gesamtanzahl an lebenden Nachkommen pro überlebendem Mutterorganismus) verwendet wurde; soweit zutreffend, sollten die LOEC/NOEC für die Mortalität der Elterntiere ebenfalls protokolliert werden;
soweit zutreffend, die ECx für die Reproduktion und die Konfidenzintervalle (z. B. 90 % oder 95 %) und ein Diagramm des angepassten Modells, das für die Berechnungen verwendet wurde, die Steigung der Dosis-/Wirkungs-Kurve und deren Standardfehler;
andere beobachtete biologische Wirkungen oder Messungen: alle anderen biologischen Wirkungen, die beobachtet oder gemessen wurden (z. B. Wachstum von Elterntieren), sollten dokumentiert und angemessen begründet werden;
eine Erklärung für eine eventuelle Abweichung von der Prüfmethode.

LITERATURHINWEISE

(1) OECD Test Guidelines Programme. Report of the Workshop on the Daphnia magna Pilot Ring Test, Sheffield University, U.K., 20.-21. März 1993.

(2) OECD (1997). Report of the Final Ring Test of the Daphnia magna Reproduction Test. Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No.6. OECD, Paris.

(3) OECD (2008). Validation report for an enhancement of OECD TG 211 Daphnia magna reproduction test. Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment, No.88. OECD, Paris.

(4) OECD (2006). Current approaches in the statistical analysis of ecotoxicity data: a guidance to application. Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment Number 54. OECD, Paris.

(5) Baird, D.J., et al. (1991). A comparative study of genotype sensitivity to acute toxic stress using clones of Daphnia magna Straus. Ecotox. and Environ. Safety, 21, 257-265.

(6) Elendt, B.-P. (1990). Selenium deficiency in Crustacea; An ultrastructural approach to antennal damage in Daphnia magna Straus. Protoplasma, 154, 25-33.

(7) EPA (2002). Methods for Measuring the Acute Toxicity of Effluents and Receiving Waters to Freshwater and Marine Organisms. Fifth Edition. EPA/821/R-02/012. U.S. Environmental Protection Agency, Office of Water, Washington, DC. www.epa.gov/waterscience/methods.

(8) Vigano, L. (1991). Suitability of commercially available spring waters as standard medium for culturing Daphnia magna. Bull. Environ. Contam. Toxicol., 47, 775-782.

(9) ASTM. (2008) Standard Guide for Conducting Acute Toxicity Tests with Fishes, Macroinvertebrates, and Amphibians. In: Annual Book of ASTM Standards; Water and Environmental Technology, vol. 11.04; ASTM E729 — 96 (2007) American Society for Testing and Materials, Philadelphia, PA.

(10) Baird, D.J., et al. (1989). The long term maintenance of Daphnia magna Straus for use in ecotoxicological tests; problems and prospects. In: Proceedings of the 1st European Conference on Ecotoxicology. Copenhagen 1988. (H. Løkke, H. Tyle and F. Bro-Rasmussen. Eds.) 144-148.

(11) Parkhurst, B.R., J.L Forte. And G.P. and Wright (1981) Reproducibility of a life-cycle toxicity test with Daphnia magna. Bull. Environ. Contam. and Toxicol., 26: 1-8.

(12) Cowgill, U.M. and Milazzo, D.P. (1990). The sensitivity of two cladocerans to water quality variables: salinity and hardness. Arch. Hydrobiol., 120(2): 185-196.

(13) OECD (2000), Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures, Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 23. OECD, Paris.

(14) Sims, I.R., S. Watson. and D. Holmes (1993) Toward a standard Daphnia juvenile production test. Environ. Toxicol. and Chem., 12, 2053-2058.

(15) Sims, I. (1993). Measuring the growth of phytoplankton: the relationship between total organic carbon with three commonly used parameters of algal growth. Arch. Hydrobiol., 128, 459-466.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

Bestimmungsgrenze : die niedrigste Konzentration, die quantitativ gemessen werden kann.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

ECx : die Konzentration der in Wasser gelösten Prüfchemikalie, die innerhalb eines angegebenen Expositionszeitraums zu einer Verringerung der Reproduktion der Daphnien um x Prozent führt.

Elterntiere : diejenigen weiblichen Daphnien, die zu Beginn der Prüfung vorhanden sind und deren Reproduktionsleistung in der Prüfung untersucht werden soll.

Immanente Wachstumsrate : ein Maß für das Wachstum der Population, das die Reproduktionsleistung und die altersspezifische Mortalität mit einbezieht (1) (2) (3). In stabilen Populationen ist die immanente Wachstumsrate gleich null. Bei wachsenden Populationen ist sie positiv, und bei schrumpfenden Populationen ist sie negativ. Letztere ist offensichtlich nicht nachhaltig und führt schließlich zum Aussterben.

Lowest Observed Effect Concentration (LOEC) : die niedrigste geprüfte Konzentration, bei der innerhalb eines angegebenen Expositionszeitraums eine statistisch signifikante Wirkung der Chemikalie auf die Reproduktion und die Mortalität der Elterntiere (bei p < 0,05) im Vergleich zu der Kontrolle beobachtet wird. Alle Prüfkonzentrationen oberhalb der LOEC sollten jedoch eine mindestens ebenso große schädigende Wirkung haben wie die LOEC. Können diese beiden Bedingungen nicht erfüllt werden, sollte die Auswahl der LOEC (und damit auch der NOEC) ausführlich erklärt werden.

Mortalität : Ein Tier wird als tot protokolliert, wenn es unbeweglich ist, d. h., wenn es nicht schwimmen kann oder sich innerhalb von 15 Sekunden nach vorsichtigem Hin- und Herbewegen des Prüfbehälters keine Bewegungen von Extremitäten oder Postabdomen beobachten lassen. (Wird eine andere Definition herangezogen, muss diese zusammen mit dem dazugehörigen Literaturhinweis angegeben werden.)

Mortalität ungeklärter Ursache : Mortalität unbekannter Ursache ohne Zusammenhang mit der Chemikalie.

Mortalität, auf Versehen zurückzuführend : Mortalität ohne Zusammenhang mit der Chemikalie, die durch ein Versehen verursacht wurde (d. h. bekannte Ursache).

Nachkommen : die jungen Daphnien, die von den Elterntieren im Verlauf der Prüfung produziert werden.

Nachweisgrenze : die niedrigste Konzentration, die nachgewiesen, aber nicht quantifiziert werden kann.

No Observed Effect Concentration (NOEC) : die Prüfkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC, bei der im Vergleich zu der Kontrolle innerhalb eines angegebenen Expositionszeitraums keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05) vorliegt.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Reproduktionsleistung : die Anzahl lebender Nachkommen, die von Elterntieren während der Prüfung produziert wurden.

LITERATURHINWEISE

(1) Wilson, E.O. and Bossert, W.H. (1971). A Primer of Population Biology. Sinauer Associates Inc. Publishers.

(2) Poole, R.W. (1974). An Introduction to quantitative Ecology. Mc Graw Hill Series in Population Biology, New York, 532.

(3) Meyer, J. S., Ingersoll, C. G., McDonald, L.L. and Boyce, M.S. (1986). Estimating uncertainty in population growth rates: Jackknife vs bootstrap techniques. Ecology, 67, 1156-1166.

Anlage 2

HERSTELLUNG DER VOLLSTÄNDIG DEFINIERTEN MEDIEN ELENDT M7 UND M4

Gewöhnung an die Medien Elendt M7 und M4

Einige Prüfeinrichtungen haben Schwierigkeiten, Daphnien direkt in die Medien M4 (1) und M7 umzusetzen. Erfolgreich war jedoch eine schrittweise Eingewöhnung, d. h. Wechsel vom eigenen Medium in 30 %iges Elendt, dann in 60 %iges Elendt und dann in 100 %iges Elendt. Die Eingewöhnungszeiten können dabei durchaus einen Monat betragen.

Herstellung

Spurenelemente

Zunächst werden gesonderte Stammansätze (I) einzelner Spurenelemente in Wasser mit geeignetem Reinheitsgrad, z. B. entionisiertes oder destilliertes Wasser oder Wasser aus umgekehrter Osmose, hergestellt. Aus diesen unterschiedlichen Stammansätzen (I) wird ein zweiter einziger Stammansatz (II) hergestellt, der alle Spurenelemente enthält (kombinierte Lösung), d. h.:



Stammansätze I

(einzelner Stoff)

Dem Wasser zugesetzte MengeKonzentration (in Verhältnis zum Medium M4)Zur Herstellung des kombinierten Stammansatzes II die folgende Menge an Stammansatz I in Wasser geben
mg/lml/l
M4M7
H3BO357 190 20 000 1,00,25
MnCl2·4 H2O7 210 20 000 1,00,25
LiCl6 120 20 000 1,00,25
RbCl1 420 20 000 1,00,25
SrCl2·6 H2O3 040 20 000 1,00,25
NaBr32020 000 1,00,25
Mo Na2O4 ·2 H2O1 260 20 000 1,00,25
CuCl2·2 H2O33520 000 1,00,25
ZnCl226020 000 1,01,0
CoCl2·6 H2O20020 000 1,01,0
KI6520 000 1,01,0
Na2SeO343,820 000 1,01,0
NH4VO311,520 000 1,01,0
Na2EDTA·2 H2O5 000 2 000
FeSO4·7 H2O1 991 2 000
Sowohl die Na2EDTA- als auch die FeSO4-Lösung werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort autoklaviert. Dies ergibt:
Fe-EDTA-Lösung1 000 20,05,0

Medien M4 und M7

Die Medien M4 und M7 werden wie folgt aus dem Stammansatz II, Makronährstoffen und Vitaminen hergestellt:



Dem Wasser zugesetzte MengeKonzentration (in Verhältnis zum Medium M4)Zur Herstellung des Mediums zugesetzte Menge an Stammansatz
mg/lml/l
M4M7

Stammansatz II

(kombinierte Spurenelemente)

205050
Makronährstoff-Stammansätze (einzelner Stoff)
CaCl2·2 H2O293 800 1 000 1,01,0
MgSO4·7 H2O246 600 2 000 0,50,5
KCl58 000 10 000 0,10,1
NaHCO364 800 1 000 1,01,0
Na2SiO3·9 H2O50 000 5 000 0,20,2
NaNO32 740 10 000 0,10,1
KH2PO41 430 10 000 0,10,1
K2HPO41 840 10 000 0,10,1
Kombinierter Vitamin-Stammansatz10 000 0,10,1
Der kombinierte Vitamin-Stammansatz wird hergestellt, indem die drei Vitamine wie folgt in 1 Liter Wasser gegeben werden:
mg/l
Thiaminhydrochlorid75010 000
Cyanocobalamin (B12)1010 000
Biotin7,510 000

Der kombinierte Vitamin-Stammansatz wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt. Die Vitamine werden den Medien kurz vor der Verwendung zugesetzt.

Hinweis: Um die Ausfällung von Salzen bei der Herstellung der vollständigen Medien zu vermeiden, die Portionen von Stammansätzen in etwa 500-800 ml Wasser entionisiertes Wasser geben und dann auf 1 Liter auffüllen.

Hinweis: Erstmals in einer Publikation erwähnt wird das Medium M4 bei Elendt, B.P. (1990). Selenium deficiency in crustacea; an ultrastructural approach to antennal damage in Daphnia magna Straus. 11(154), 25-33;

Anlage 3

ANALYSE DES GESAMTEN ORGANISCHEN KOHLENSTOFFS (TOC) UND ERSTELLUNG VON NOMOGRAMMEN FÜR DEN TOC-GEHALT VON ALGENFUTTER

Bekanntermaßen wird der Kohlenstoffgehalt des Algenfutters normalerweise nicht direkt gemessen, sondern aus Korrelationen (d. h. Nomogrammen) mit Ersatzgrößen wie der Algenzellenzahl oder der Lichtextinktion abgeleitet.

Der TOC sollte eher durch Oxidation bei hoher Temperatur als durch UV- oder Persulfatmethoden gemessen werden. (Siehe hierzu auch: The Instrumental Determination of Total Organic Carbon, Total Oxygen Demand and Related Determinands 1979, HMSO 1980; 49 High Holborn, London WC1V 6HB).

Für die Erstellung von Nomogrammen sollten die Algen durch Zentrifugierung vom Wachstumsmedium getrennt und dann in destilliertem Wasser resuspendiert werden. Der Ersatzparameter und die TOC-Konzentration werden in jeder Probe im Dreifachreplikat gemessen. Es sollten Blindproben des destillierten Wassers analysiert und die TOC-Konzentration von der TOC-Konzentration in der Algenprobe abgeleitet werden.

Die Nomogramme sollten über den geforderten Bereich von Kohlenstoffkonzentrationen linear verlaufen. Es folgen einige Beispiele.

Hinweis: Diese Beispiele sollten nicht für Umrechnungen herangezogen werden. Die Prüfeinrichtungen müssen ihre eigenen Nomogramme erstellen.

Chlorella vulgaris var. viridis (CCAP 211/12).

Regression von mg/l Trockengewicht zu mg C/1. Daten von konzentrierten Suspensionen von Zellen, die in semi-kontinuierlichen Chargen kultiviert und in destilliertem Wasser resuspendiert wurden.

X-Achse: mg C/1 konzentriertes Algenfutter

Y-Achse: mg/1 Trockengewicht konzentriertes Algenfutter

Korrekturkoeffizient -0,980

Chlorella vulgaris var. viridis (CCAP 211/12).

Regression der Zellenzahl zu mg C/1. Daten von konzentrierten Suspensionen von Zellen, die in semi-kontinuierlichen Chargen kultiviert und in destilliertem Wasser resuspendiert wurden.

X-Achse: mg C/1 konzentriertes Algenfutter

Y-Achse: Anzahl Zellen/1 konzentriertes Algenfutter

Korrekturkoeffizient -0,926

Chlorella vulgaris var. viridis (CCAP 211/12).

Regression der Extinktion zu mg C/1 (1 cm Pfadlänge). Daten von konzentrierten Suspensionen von Zellen, die in semi-kontinuierlichen Chargen kultiviert und in destilliertem Wasser resuspendiert wurden.

X-Achse: mg C/1 konzentriertes Algenfutter

Y-Achse: Extinktion von im Verhältnis 1:10 verdünntem konzentrierten Algenfutter bei 440 nm

Korrekturkoeffizient -0,998

Anlage 4

BEISPIELDATENBLATT ZUR PROTOKOLLIERUNG DER ERNEUERUNG DES PRÜFMEDIUMS, VON PHYSIKALISCH-CHEMISCHEN ÜBERWACHUNGSDATEN, DER FÜTTERUNG, DAPHNIEN-REPRODUKTION UND MORTALITÄT VON ELTERNTIEREN



Versuch Nr.:Startdatum:Klon:Medium:Futterart:Prüfchemikalie:Nominale Konz.:
Tag0123456789101112131415161718192021
Mediumerneuerung (ankreuzen)
pH (*1)neu
alt
O2 (mg/l) (*1)neu
alt
Temp. (°C) (*1)neu
alt
Geb. Futter (ankreuzen)
Anz. leb. Nachkommen (*2)Gesamt
Gefäß 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Gesamt
Kumulative Mortalität bei Elterntieren (*3)

(*1)   Angeben, welches Gefäß für den Versuch verwendet wurde

(*2)   Unreife Bruten als „AB“ in dem betreffenden Kästchen protokollieren

(*3)   Die Mortalität von Elterntieren als „M“ in dem betreffenden Kästchen protokollieren

Anlage 5

BEISPIELDATENBLATT FÜR DIE PROTOKOLLIERUNG DER ERGEBNISSE DER CHEMISCHEN ANALYSE

a)   Gemessene Konzentrationen



Nominale KonzentrationProbe aus Woche 1Probe aus Woche 2Probe aus Woche 3
FrischAltFrischAltFrischAlt

b)   Gemessene Konzentrationen in Prozent der Nominalkonzentrationen



Nominale KonzentrationProbe aus Woche 1Probe aus Woche 2Probe aus Woche 3
FrischAltFrischAltFrischAlt

Anlage 6

BERECHNUNG EINES ZEITGEWICHTETEN MITTELS

Zeitgewichtetes Mittel

Da die Konzentration der Prüfchemikalie sich zwischen den Erneuerungen des Prüfmediums verringern kann, muss überlegt werden, welche Konzentration als repräsentativ für den Konzentrationsbereich, dem die Elterndaphnien ausgesetzt werden, ausgewählt werden sollte. Die Auswahl sollte dabei sowohl auf biologischen als auch auf statistischen Erwägungen beruhen. Geht man beispielsweise davon aus, dass die Reproduktion am stärksten durch die zur Anwendung kommende Spitzenkonzentration beeinflusst wird, dann sollte die maximale Konzentration herangezogen werden. Wird jedoch die kumulierte oder längerfristige Wirkung der toxischen Chemikalie für wichtiger gehalten, dann hat eine Durchschnittskonzentration eine größere Relevanz. In diesem Fall ist die zeitgewichtete mittlere Konzentration zu verwenden, bei der die Schwankung der momentanen Konzentration im Zeitverlauf berücksichtigt wird.

Abbildung 1

Beispiel für ein zeitgewichtetes Mittel

Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für eine (vereinfachte) Prüfung über sieben Tage, bei der das Prüfmedium an den Tagen 0, 2 und 4 erneuert wird.

Die dünne Zickzacklinie stellt die Konzentration im Zeitverlauf dar. Es wird angenommen, dass der Rückgang der Konzentration einem exponentiellen Zerfallsprozess folgt.
Die sechs eingezeichneten Punkte stellen die beobachteten Konzentrationen dar, die am Anfang und am Ende jedes Erneuerungszeitraums gemessen wurden.
Die dicke durchgezogene Linie gibt die Lage des zeitgewichteten Mittels an.

Das zeitgewichtete Mittel wird so berechnet, dass die Fläche unterhalb des zeitgewichteten Mittels gleich der Fläche unterhalb der Konzentrationskurve ist. Die Berechnung für das oben genannte Beispiel ist in Tabelle 1 dargestellt.



Tabelle 1

Berechnung des zeitgewichteten Mittels

Erneuerung Nr.TageKonz0Konz1ln(Konz0)ln(Konz1)Fläche
1210,0004,4932,3031,50313,767
2211,0006,0372,3981,79816,544
3310,0004,0662,3031,40319,781
Gesamtanzahl Tage:7Gesamtfläche:50,092
Zeitgew. Mittel:7,156

Tage steht für die Anzahl von Tagen des Erneuerungszeitraums.

Konz0 ist die gemessene Konzentration zu Beginn jedes Erneuerungszeitraums.

Konz1 ist die gemessene Konzentration am Ende jedes Erneuerungszeitraums.

ln(Konz0) ist der natürliche Logarithmus von Konz0.

ln(Konz1) ist der natürliche Logarithmus von Konz1.

Fläche ist die Fläche unter der exponentiellen Kurve für jeden Erneuerungszeitraum. Sie wird wie folgt berechnet:

Das zeitgewichtete Mittel (zeitgew. Mittel) ist gleich der Gesamtfläche dividiert durch die Gesamtanzahl Tage.

Natürlich müsste die Tabelle für den Daphnien-Reproduktionstest auf einen Zeitraum von 21 Tagen erweitert werden.

Wenn Beobachtungen nur am Anfang und am Ende eines jeden Erneuerungszeitraums erfolgen, kann natürlich nicht bestätigt werden, ob der Zerfallsprozess tatsächlich exponentiell verläuft. Eine andere Kurve würde zu einer anderen Berechnung für die Fläche führen. Jedoch ist ein exponentieller Zerfallsprozess durchaus plausibel und wahrscheinlich die beste Kurve, die bei Fehlen anderer Informationen zu verwenden ist.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn in der chemischen Analyse am Ende des Erneuerungszeitraums keine Chemikalie gefunden wird. Wenn keine Möglichkeit besteht, abzuschätzen, wie schnell die Chemikalie aus der Lösung verschwunden ist, ist es unmöglich, eine realistische Fläche unter der Kurve zu erhalten, und damit auch unmöglich, ein plausibles zeitgewichtetes Mittel zu bestimmen.

Anlage 7

LEITFADEN FÜR DIE GESCHLECHTSBESTIMUNG BEI FRISCH GESCHLÜPFTEN DAPHNIEN

Unter wechselnden Umgebungsbedingungen, wie z. B. Verkürzung der Fotoperiode, Temperaturschwankungen, Verringerung der Futterkonzentration und Erhöhung der Populationsdichte (Hobaek und Larson, 1990; Kleiven et al., 1992), können männliche Nachkommen produziert werden. Die Produktion männlicher Tiere ist auch eine bekannte Reaktion auf Insektenwachstumsregulatoren (Oda et al., 2005). Unter bestimmten Bedingungen, unter denen chemische Stressoren eine Verringerung der reproduktiven Nachkommen von parthenogenetischen Weibchen induzieren, wäre eine erhöhte Anzahl Männchen zu erwarten (OECD, 2008). Auf der Grundlage der vorliegenden Informationen lässt sich nicht vorhersagen, ob der Endpunkt „Geschlechterverhältnis“ oder der Endpunkt „Reproduktion“ empfindlicher ist; es gibt jedoch Anhaltspunkte dafür (vgl. „Validierungsbericht“, Teil 1), dass dieser Anstieg der Anzahl männlicher Tiere weniger empfindlich sein könnte als der Rückgang der Nachkommenschaft. Da der wichtigste Zweck der Prüfmethode darin besteht, die Anzahl an produzierten Nachkommen zu bestimmen, stellt das Auftreten männlicher Tiere eine optionale Beobachtung dar. Wird dieser optionale Endpunkt in einer Studie bewertet, sollte ein zusätzliches Testvaliditätskriterium von höchstens 5 % männlichen Tieren in den Kontrollen angewandt werden.

Die praktischste und einfachste Methode zur Geschlechtsbestimmung bei Daphnien besteht in der Nutzung ihrer phänotypischen Merkmale, da männliche und weibliche Tiere genetisch identisch und ihr Geschlecht abhängig von der Umgebung ist. Männliche und weibliche Tiere unterscheiden sich in Länge und Morphologie der ersten Antennen, die bei den Männchen länger sind (Abbildung 1). Dieser Unterschied ist direkt nach dem Schlüpfen erkennbar, während sich andere sekundäre Geschlechtsmerkmale mit dem Heranwachsen ausbilden (z. B. siehe Abbildung 2 in Olmstead und LeBlanc, 2000).

Zur Bestimmung des morphologischen Geschlechts sollten die von jedem Versuchstier produzierten Schlüpflinge per Pipette umgesetzt und in eine Petrischale mit Prüfmedium gelegt werden. Das Medium wird minimal gehalten, um die Bewegung der Tiere einzuschränken. Die ersten Antennen können unter einem Stereomikroskop (× 10-60) beobachtet werden.

Abbildung 1

24 Stunden altes Männchen (links) und Weibchen (rechts) der Art D. magna. Männchen unterscheiden sich in Länge und Morphologie der ersten Antennen von den Weibchen wie in den Kreisen gezeigt (Tatarazako et al., 2004).

REFERENZDOKUMENTE

Hobaek A and Larson P. 1990. Sex determination in Daphnia magna. Ecology 71: 2255-2268.

Kleiven O.T., Larsson P., Hobaek A. 1992. Sexual reproduction in Daphnia magna requires three stimuli. Oikos 65, 197-206.

Oda S., Tatarazako N, Watanabe H., Morita M., and Iguchi T. 2005. Production of male neonates in Daphnia magna (Cladocera, Crustacea) exposed to juvenile hormones and their analogs. Chemosphere 61:1168-1174.

OECD, 2008. Validation report for an enhancement of OECD TG 211 Daphnia magna reproduction test. OECD Series on Testing and Assessment, Number 88. Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris.

Olmstead, A.W., LeBlanc, G.A., 2000. Effects of endocrine-active chemicals on the development characteristics of Daphnia magna. Environmental Toxicology and Chemistry 19:2107-2113.

Tatarazako, N., Oda, S., Abe, R., Morita M. and Iguchi T., 2004. Development of a screening method for endocrine disruptors in crustaceans using Daphnia magna (Cladocera, Crustacea). Environmental Science 17, 439-449.

C.21.   BODENMIKROORGANISMEN: STICKSTOFFTRANSFORMATIONSSTEST

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 216 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Testmethode beschreibt eine Labormethode zur Untersuchung der Langzeitauswirkungen von Chemikalien auf die Stickstofftransformationsaktivität von Bodenmikroorganismen nach einmaliger Exposition. Der Test beruht im Wesentlichen auf den Empfehlungen der Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum (1), doch auch andere Richtlinien wurden berücksichtigt, wie die der deutschen Biologischen Bundesanstalt (2), der US-amerikanischen Environmental Protection Agency (3), SETAC (4) und von der Internationalen Organisation für Normung (5). Auf einem OECD-Workshop zur Boden-/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (6), wurden die bei diesem Test zu verwendende Anzahl und Art von Böden vereinbart. Die Empfehlungen zur Entnahme, Behandlung und Lagerung von Bodenproben basieren auf einer ISO-Anleitung (7) und auf Empfehlungen des Belgirate-Workshops. Bei der Be- und Auswertung toxischer Eigenschaften von Testsubstanzen kann eine Bestimmung der Auswirkungen auf die mikrobielle Aktivität des Bodens erforderlich sein, z. B. wenn Daten zu möglichen Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Mikroflora des Bodens benötigt werden oder wenn eine Exposition von Bodenmikroorganismen gegenüber anderen Chemikalien als Pflanzenschutzmitteln erwartet wird. Der Stickstofftransformationstest wird durchgeführt, um den Einfluss derartiger Chemikalien auf die Bodenmikroflora zu ermitteln. Bei der Prüfung von Agrochemikalien (z. B. Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Forstchemikalien), werden sowohl Stickstoff- als auch Kohlenstofftransformationstests durchgeführt. Bei anderen Substanzen als Agrochemikalien genügt der Stickstofftransformationstest. Liegen jedoch die EC50-Werte des Stickstofftransformationstests bei diesen Chemikalien im Bereich, der für käufliche Nitrifikationshemmstoffe (z. B. Nitrapyrin) ermittelt wurde, kann ein Kohlenstofftransformationstest durchgeführt werden, um weitere Informationen zu gewinnen,

Boden besteht sowohl aus lebenden als auch aus nichtlebenden Komponenten, die in komplexen und heterogenen Gemischen vorkommen. Beim Abbau organischen Materials und seiner Transformation in fruchtbaren Böden spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle, wobei viele Arten für unterschiedliche Aspekte der Bodenfruchtbarkeit verantwortlich sind. Jede langfristige Störung dieser biochemischen Prozesse kann sich potenziell auf den Nährstoffkreislauf auswirken und dadurch wiederum die Bodenfruchtbarkeit beeinflussen. Die Transformation von Kohlenstoff und Stickstoff erfolgt in allen fruchtbaren Böden. Die Transformationspfade sind im Wesentlichen gleich, auch wenn je nach Boden unterschiedliche mikrobielle Populationen für diese Prozesse verantwortlich sind.

Mit der hier beschriebenen Testmethode können durch einen Stoff hervorgerufene langfristige nachteilige Auswirkungen auf den Prozess der Stickstofftransformation in aeroben Oberböden bestimmt werden. Darüber hinaus ermöglicht die Testmethode die Abschätzung der Auswirkungen von Substanzen auf die Kohlenstoffumwandlung durch die Bodenmikroflora. Die Nitratbildung findet nach dem Zerfall der Kohlenstoff-Stickstoff-Bindungen statt. Werden also bei behandelten und Kontrollböden gleiche Nitratbildungsraten festgestellt, sind höchstwahrscheinlich die wichtigsten Kohlenstoffabbauwege intakt und funktionstüchtig. Das für den Test gewählte Substrat (pulverisiertes Luzernemehl) besitzt ein günstiges Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (in der Regel zwischen 12:1 und 16:1). Deshalb wird der Kohlenstoffmangel während des Tests verringert, und sollten mikrobielle Populationen durch eine Chemikalie geschädigt werden, könnten sie sich innerhalb von 100 Tagen wieder erholen.

Die Tests, auf deren Grundlage diese Testmethode entwickelt wurde, waren in erster Linie für Substanzen ausgelegt, bei denen die in den Boden gelangende Menge vorherbestimmt werden kann. Dies ist z. B. bei Pflanzenschutzmitteln der Fall, bei denen die Applikationsrate auf dem Feld bekannt ist. Bei Agrochemikalien genügt es, zwei Konzentrationen zu testen, die für die erwartete oder vorhergesagte Applikationsmenge relevant sind. Agrochemikalien können als Wirkstoffe (a.i.) oder als formulierte Handelsprodukte getestet werden. Der Test ist jedoch nicht auf Agrochemikalien begrenzt. Durch Veränderung sowohl der Mengen der auf den Boden aufgebrachten Testsubstanz als auch der Art und Weise, wie die Daten ausgewertet werden, kann der Test auch für Chemikalien angewendet werden, bei denen nicht bekannt ist, in welcher Menge sie in den Boden gelangen. Somit werden bei anderen Substanzen als Agrochemikalien die Wirkungen einer Reihe von Konzentrationen auf die Stickstoffumwandlung bestimmt. Die Daten dieser Tests werden verwendet, um eine Dosis-Wirkungs-Kurve zu erstellen und ECx-Werte zu berechnen, wobei x als die Wirkung in % definiert ist.

1.2.   DEFINITIONEN

Stickstofftransformation: der Endabbau stickstoffhaltiger organischer Substanz durch Mikroorganismen über die Schritte Ammonifikation und Nitrifikation zum entsprechenden anorganischen Endprodukt Nitrat.

ECx (Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Umwandlung von Stickstoff in Nitrat zu x % hemmt.

EC50 (Medianwert der Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Stickstoff in Nitrat zu 50 Prozent (50 %) hemmt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Gesiebter Boden wird mit pulverisiertem Pflanzenmehl angereichert und entweder mit der Testsubstanz behandelt oder unbehandelt (Kontrollprobe) belassen. Werden Agrochemikalien geprüft, wird eine Mindestanzahl von zwei Testkonzentrationen empfohlen, die im Verhältnis zur höchsten auf dem Feld erwarteten Konzentration gewählt werden sollten. Nach 0, 7, 14 und 28 Tagen Inkubation werden Proben behandelter und unbehandelter Böden mit einem geeigneten Lösungsmittel extrahiert, und die Nitratmengen in den Extrakten bestimmt. Die Nitratbildungsrate in behandelten Proben wird mit der in den Kontrollproben verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung der behandelten Proben von den Kontrollproben berechnet. Alle Versuche laufen über mindestens 28 Tage. Sind die Differenzen zwischen behandelten und unbehandelten Böden am 28. Tag gleich oder größer als 25 %, werden die Messungen bis zur Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Testsubstanz in einer Reihe von Konzentrationen Proben des Bodens zugesetzt, und nach 28 Tagen Inkubation werden die Mengen des gebildeten Nitrats in behandelten Proben und in Kontrollproben gemessen. Die Ergebnisse aus Versuchen mit mehreren unterschiedlichen Konzentrationen werden mit Hilfe eines Regressionsmodells analysiert, und die ECx-Werte berechnet (d. h. EC50, EC25 und/oder EC10). Siehe Definitionen.

1.5.   VALIDITÄT DES TESTS

Auswertungen von Testergebnissen mit Agrochemikalien beruhen auf vergleichsweise kleinen Differenzen (d. h. Mittelwert ± 25 %) zwischen Nitratkonzentrationen in Kontrollproben und behandelten Bodenproben, so dass große Schwankungen bei den Kontrollproben zu falschen Ergebnissen führen können. Daher sollte die Schwankungsbreite zwischen Replikatkontrollproben weniger als ± 15 % betragen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.6.1.   Geräte

Es werden Testgefäße aus chemisch inertem Material verwendet. Ihr Fassungsvermögen sollte sich nach dem gewählten Inkubationsverfahren der Böden richten, d. h. für die Inkubation von Sammelproben oder einer Reihe einzelner Bodenproben (siehe 1.7.1.2). Während des Tests ist darauf zu achten, dass sowohl der Wasserverlust möglichst gering gehalten wird als auch ein Gasaustausch stattfinden kann (so könnten die Testbehälter z. B. mit perforierter Polyethylenfolie abgedeckt werden). Beim Testen flüchtiger Substanzen sind abdichtbare und gasdichte Behälter zu verwenden. Diese sollten in ihrer Größe so bemessen sein, dass sie etwa zu einem Viertel ihres Volumens mit der Bodenprobe gefüllt sind.

Verwendet werden Standardlaborgeräte, darunter folgende:

Schüttelvorrichtung: mechanischer Schüttler oder gleichwertiges Gerät;
Zentrifuge (3 000 g) oder Filtriervorrichtung (mit nitratfreiem Filterpapier);
Messgerät mit geeigneter Empfindlichkeit und Reproduzierbarkeit für die Nitratanalyse.

1.6.2.   Auswahl und Anzahl der Röden

Es wird ein einziger Boden verwendet. Empfohlen wird Boden mit folgenden Eigenschaften:

Sandgehalt: mindestens 50 % und höchstens 75 %;
pH: 5,5 -7,5 ;
organischer Kohlenstoffgehalt: 0,5 -1,5 %;
es ist die mikrobielle Biomasse zu bestimmen (8) (9), und ihr Kohlenstoffgehalt sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens betragen.

Meist stellt ein Boden mit diesen Eigenschaften den „worst case“ dar, da seine Adsorption minimal und die Verfügbarkeit der Testchemikalie für die Mikroflora maximal ist. Demnach sind in aller Regel keine Tests mit anderen Böden notwendig. Unter bestimmten Umständen jedoch, wenn z. B. der erwartete hauptsächliche Einsatz der Testsubstanz auf bestimmten Böden wie sauren Waldböden stattfindet, oder bei elektrostatisch aufgeladenen Chemikalien kann es erforderlich sein, einen zusätzlichen Boden zu verwenden.

1.6.3.   Entnahme und Lagerung von Bodenproben

1.6.3.1.   Entnahme

Es sind ausführliche Informationen über die Vorgeschichte des Feldstandorts erforderlich, von dem der Testboden entnommen wird. Diese Angaben beinhalten unter anderem die genaue Lage, den Bewuchs, die Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln sowie mit organischen und anorganischen Düngemitteln, Zugaben biologischen Materials oder unbeabsichtigte Kontaminationen. Der für die Bodenentnahme gewählte Standort muss über einen längeren Zeitraum hinweg nutzbar sein. Geeignet sind Dauerweiden, Felder mit einjährigen Getreidekulturen (ausgenommen Mais) oder dicht gesäten Gründüngungspflanzen. Der gewählte Probenahmestandort sollte mindestens ein Jahr vor der Probenahme nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sein. Ferner sollten mindestens sechs Monate vorher keine organischen Düngemittel ausgebracht worden sein. Die Verwendung von Mineraldünger ist nur zulässig, wenn dies für die Kultur erforderlich ist, und die Entnahme der Bodenproben sollte frühestens drei Monate nach Ausbringung des Düngemittels erfolgen. Zu vermeiden ist die Verwendung von Boden, der mit Düngemitteln mit bekannter biozider Wirkung (z. B. Kalkstickstoff) behandelt wurde.

Die Probenahme während oder unmittelbar nach längeren (mehr als 30 Tage) Dürre- oder Überschwemmungsperioden sollte vermieden werden. Bei gepflügten Böden sind die Proben aus einer Tiefe von 0 bis 20 cm zu entnehmen. Bei Grünland (Weiden) oder anderen Böden, die über längere Zeiträume (mindestens eine Vegetationsperiode) nicht gepflügt werden, kann die maximale Tiefe der Probenahme geringfügig über 20 cm liegen (z. B. bei bis zu 25 cm).

Die Bodenproben sollten in Behältern und unter Temperaturbedingungen transportiert werden, die sicherstellen, dass die ursprünglichen Bodeneigenschaften nicht wesentlich verändert werden.

1.6.3.2.   Lagerung

Bevorzugt wird die Verwendung feldfrischer Böden. Lässt sich die Lagerung im Labor nicht vermeiden, sollten die Böden im Dunkeln bei 4 ± 2 oC höchstens drei Monate gelagert werden. Während der Lagerung der Böden müssen aerobe Bedingungen sichergestellt sein. Werden Böden von Flächen entnommen, die über mindestens drei Monate im Jahr gefroren sind, kann eine Lagerung für sechs Monate bei — 18 oC bis — 22 oC in Betracht gezogen werden. Vor jedem Versuch ist die mikrobielle Biomasse der gelagerten Böden zu bestimmen, und der Kohlenstoffgehalt in der Biomasse sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens befragen (siehe 1.6.2).

1.6.4.   Handhabung und Vorbereitung des Bodens für den Test

1.6.4.1.   Vorinkubation

Falls der Boden gelagert wurde (siehe 1.6.3.2), wird eine Vorinkubation über eine Zeitdauer von 2 bis 28 Tagen empfohlen. Die Temperatur und der Feuchtegehalt des Bodens während der Vorinkubation sollten den Testbedingungen möglichst entsprechen (siehe 1.6.4.2 und 1.7.1.3).

1.6.4.2.   Physikalisch-chemische Eigenschaften

Der Boden wird manuell von großen Gegenständen befreit (z. B. Steine, Pflanzenteile usw.) und im feuchten Zustand ohne übermäßiges Austrocknen auf eine Partikelgröße von kleiner als oder gleich 2 mm gesiebt. Der Feuchtegehalt der Bodenprobe sollte mit destilliertem oder entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 40 % und 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität eingestellt werden.

1.6.4.3.   Anreicherung mit organischem Substrat

Der Boden ist mit einem geeigneten organischen Substrat anzureichern, z. B. pulverisiertem Luzernegrüngrasmehl (Hauptbestandteil: Medicago sativa) mit einem C:N-Verhältnis zwischen 12:1 und 16:1. Empfohlen wird ein Luzerne-Boden-Verhältnis von 5 g Luzerne je kg Boden (Trockengewicht).

1.6.5.   Vorbereitung der Testsubstanz zur Applikation auf den Boden

Üblicherweise wird die Testsubstanz unter Verwendung eines Trägers zugegeben. Bei diesem Träger kann es sich um Wasser (bei wasserlöslichen Substanzen) oder einen inerten Feststoff wie feiner Quarzsand (Partikelgröße: 0,1 -0,5 mm) handeln. Andere flüssige Träger als Wasser (z. B. organische Lösungsmittel wie Aceton oder Chloroform) sind zu vermeiden, da sie die Mikroflora schädigen können. Wird Sand als Träger benutzt, kann er mit der in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelösten oder suspendierten Testsubstanz überzogen werden. In diesen Fallen sollte das Lösungsmittel vor dem Mischen mit dem Boden durch Verdampfen entfernt werden. Zur optimalen Verteilung der Testsubstanz im Boden wird ein Verhältnis von 10 g Sand je kg Boden (Trockengewicht) empfohlen. Die Kontrollproben werden nur mit einer äquivalenten Menge Wasser und/oder Quarzsand behandelt.

Beim Testen flüchtiger Chemikalien sind Verluste während der Behandlung so weit wie möglich zu vermeiden, und es ist nach Möglichkeit für eine homogene Verteilung im Boden zu sorgen (z. B. indem die Testsubstanz an verschiedenen Stellen in den Boden injiziert wird).

1.6.6.   Testkonzentrationen

Werden Agrochemikalien geprüft, sind mindestens zwei Konzentrationen zu verwenden. Die niedrigere Konzentration sollte mindestens der maximalen Menge entsprechen, die unter praxisüblichen Bedingungen voraussichtlich in den Boden gelangt, während die höhere Konzentration ein Mehrfaches der niedrigeren Konzentration sein sollte. Die Konzentrationen der dem Boden zugegebenen Testsubstanz werden unter der Annahme einer gleichmäßigen Einarbeitung bis zu einer Tiefe von 5 cm und einer Bodenrohdichte von 1,5 berechnet. Bei Agrochemikalien, die direkt auf den Boden ausgebracht werden, oder bei Chemikalien, bei denen die den Boden erreichende Menge vorhersagbar ist, werden als Testkonzentrationen die höchste vorhergesagte Umweltkonzentration (PEC) und das Fünffache dieser Konzentration empfohlen. Substanzen, die voraussichtlich mehrmals in einer Kulturperiode auf den Boden ausgebracht werden, sollten in Konzentrationen getestet werden, die sich durch die Multiplikation der PEC mit der höchsten erwarteten Anzahl der Anwendungen ergeben. Allerdings sollte die obere getestete Konzentration das Zehnfache der höchsten einfachen Applikationsrate nicht übersteigen. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird eine geometrische Reihe von mindestens fünf Konzentrationen verwendet. Die getesteten Konzentrationen sollten den zur Bestimmung der ECx-Werte notwendigen Bereich abdecken.

1.7.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.7.1.   Expositionsbedingungen

1.7.1.1.   Behandlung und Kontrolle

Werden Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in drei Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Zwei Teile werden mit dem produkthaltigen Träger vermischt, und der dritte wird mit dem Träger ohne das Produkt vermischt (Kontrollprobe). Sowohl für die behandelten als auch die unbehandelten Böden wird eine Mindestanzahl von drei Replikaten empfohlen. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in sechs Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Fünf dieser Proben werden mit dem die Testsubstanz enthaltenden Träger vermischt, und die sechste wird mit dem Träger ohne die Chemikalie vermischt. Sowohl für die behandelten Proben als auch für die Kontrollproben werden drei Replikate empfohlen. Es ist auf eine homogene Verteilung der Testsubstanz in den behandelten Bodenproben zu achten. Während des Mischens ist eine Verdichtung oder Verklumpung des Bodens zu vermeiden.

1.7.1.2.   Inkubation von Bodenproben

Die Inkubation der Bodenproben kann auf zwei Wegen durchgeführt werden: als Sammelproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden oder als Reihe von einzelnen, gleich großen Teilproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden. Bei flüchtigen Substanzen sollte der Test jedoch nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchgeführt werden. Bei der Inkubation von Böden als Sammelproben werden große Mengen von jedem behandelten und unbehandelten Boden vorbereitet und während des Tests je nach Notwendigkeit zu analysierende Teilproben entnommen. Die zu Beginn für jede Behandlung und Kontrolle vorbereitete Menge ist abhängig von der Größe der Teilproben, der Anzahl der zur Analyse verwendeten Replikate und der höchsten erwarteten Anzahl von Probenahmen. Vor der Entnahme von Teilproben sind die inkubierten Sammelproben gründlich zu mischen. Bei der Bodeninkubation als Reihe einzelne Bodenproben wird jeder behandelte und unbehandelte Sammelboden in die benötigte Anzahl von Teilproben aufgeteilt, und diese Teilproben werden je nach Notwendigkeit verwendet. Für Untersuchungen mit mehr als zwei Probenahmezeitpunkten sind genügend Teilproben herzustellen, um alle Replikate und Probenahmezeiten zu berücksichtigen. Mindestens drei Replikatproben des Testbodens sollten unter aeroben Bedingungen inkubiert werden (siehe 1.7.1.1). Bei allen Tests sind geeignete Behälter mit ausreichendem Headspace zu verwenden, um das Entstehen anaerober Bedingungen zu vermeiden. Werden flüchtige Substanzen geprüft, ist der Test nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchzuführen,

1.7.1.3.   Testbedingungen und -dauer

Der Test wird im Dunkeln bei Raumtemperatur (20 ± 2 oC) durchgeführt. Der Feuchtegehalt der Bodenproben ist im Testverlauf bei 40-60 % (± 5 %) der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens zu halten (siehe 1.6.4.2). Destilliertes bzw. entionisiertes Wasser kann nach Bedarf zugegeben werden.

Die Mindestdauer der Tests beträgt 28 Tage. Bei Agrochemikalien werden die Nitratbildungsraten in den behandelten Proben mit denen in den Kontrollproben verglichen. Weichen diese am 28. Tag um mehr als 25 % voneinander ab, wird der Test bis zum Erreichen einer Differenz von gleich oder weniger als 25 % bzw. für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt, je nachdem, was kürzer ist. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Test nach 28 Tagen beendet. Am 28. Tag werden die Nitratmengen in den behandelten Proben und in den Kontrollproben bestimmt und die ECx-Werte berechnet.

1.7.2.   Probenahme und Analyse von Böden

1.7.2.1.   Probenahmeintervalle

Bei der Prüfung von Agrochemikalien werden Bodenproben am Tag 0, 7, 14 und 28 auf Nitrat analysiert. Ist eine Testverlängerung erforderlich, sind weitere Messungen vom 28. Tag an im Abstand von jeweils 14 Tagen vorzunehmen.

Bei der Prüfung von anderen Substanzen als Agrochemikalien werden mindestens fünf Testkonzentrationen verwendet und Bodenproben am Beginn (Tag 0) und am Ende der Expositionszeit (28 Tage) auf Nitrat analysiert. Gegebenenfalls kann eine Zwischenmessung, z. B. am 7. Tag, eingefügt werden. Die am 28. Tag erhaltenen Daten werden zur Bestimmung des ECx-Werts der Chemikalie benutzt. Falls gewünscht, können die Daten der Kontrollproben vom Tag 0 im Bericht zur Angabe der Ausgangsmenge von Nitrat im Boden verwendet werden,

1.7.2.2.   Analyse von Bodenproben

Die Menge des in jeder behandelten Probe und in jedem Kontrollreplikat gebildeten Nitrats wird zu jedem Probenahmezeitpunkt bestimmt. Nitrat wird aus dem Boden durch Schütteln der Proben mit einem geeigneten Extraktionsmittel, z. B. einer 0,1 M Kaliumchloridlösung, extrahiert. Empfohlen wird ein Verhältnis von 5 ml KCl-Lösung je Gramm Trockengewichtsäquivalent Boden. Um die Extraktion zu optimieren, sind die den Boden und die Extraktionslösung enthaltenden Behälter höchstens zur Hälfte zu füllen. Die Gemische werden bei 150 U/min 60 Minuten geschüttelt. Die Gemische werden zentrifugiert oder filtriert, und die Flüssigphasen werden auf Nitrat analysiert. Partikelfreie Flüssigextrakte können vor der Analyse bis zu sechs Monate bei — 20 ± 5 oC aufbewahrt werden.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Werden Agrochemikalien geprüft, ist die in jeder Replikatbodenprobe gebildete Nitratmenge aufzuzeichnen, und die Mittelwerte aller Replikate sind in tabellarischer Form darzustellen. Die Stickstofftransformationsraten sind mittels geeigneter und allgemein anerkannter statistischer Methoden (z. B. F-Test, 5 % Signifikanzniveau) zu berechnen. Die Mengen von gebildetem Nitrat werden in mg Nitrat/kg Trockengewicht Boden/Tag ausgedrückt. Die Nitratbildungsrate jeder Behandlung wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung von der Kontrollprobe berechnet.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die in jedem Replikat gebildete Nitratmenge bestimmt und zur Abschätzung der ECx-Werte eins Dosis-Wirkungs-Kurve erstellt. Die in den behandelten Proben nach 28 Tagen gefundenen Nitratmengen (d. h. mg Nitrat/kg Trockengewicht Boden) werden mit den in der Kontrollprobe gefundenen verglichen. Auf der Basis dieser Daten werden die Inhibitionswerte, ausgedrückt in %, für jede Testkonzentration berechnet. Diese Prozentangaben werden über der Konzentration aufgetragen, und mit Hilfe statistischer Verfahren werden die ECx-Werte berechnet. Mittels Standardverfahren werden ferner Vertrauensbereiche (p = 0,95 ) für die errechneten ECx-Werte ermittelt (10) (11) (12).

Unter Umständen tragen Testsubstanzen, die große Mengen Stickstoff enthalten, zur Bildung von Nitrat während des Tests bei. Werden diese Substanzen in einer hohen Konzentration getestet (z. B. Chemikalien, bei denen von einer wiederholten Anwendung auszugehen ist), sind in den Test entsprechende Kontrollproben aufzunehmen (d. h. Boden plus Testsubstanz, jedoch ohne Pflanzenmehl). Daten aus diesen Kontrollproben sind bei den ECx-Berechnungen zu berücksichtigen.

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Ist bei der Auswertung der Testergebnisse von Agrochemikalien die Differenz der Nitratbildungsraten zwischen der niedrigen Behandlung (d. h. der höchsten erwarteten Konzentration) und den Kontrollproben zu jedem Probenahmezeitpunkt nach dem 28. Tag gleich oder geringer als 25 %, dann ist das Mittel so zu bewerten, dass es keinen langfristigen Einfluss auf die Stickstofftransformation in Böden hat. Für die Auswertung der Testergebnisse von anderen Chemikalien als Agrochemikalien werden die EC50-, EC25- und/oder EC10-Werte herangezogen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

Vollständige Angaben zu den verwendeten Böden, darunter:

geografische Angaben zum Standort (Breitengrad, Längengrad);
Informationen über die Geschichte des Feldstandorts (d. h. Bewuchs, Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln, unbeabsichtigte Kontaminationen usw.);
Nutzungsstruktur (z. B. landwirtschaftlich genutzter Boden, Forst usw.);
Probenahmetiefe (cm);
Sand-/Schluff-/Tongehalt ( % Trockengewicht);
pH (in Wasser);
organischer Kohlenstoffgehalt ( % Trockengewicht);
Stickstoffgehalt ( % Trockengewicht);
Ausgangswert der Nitratkonzentration (mg Nitrat/kg Trockengewicht);
Kationenaustauschkapazität (mmol/kg);
mikrobielle Biomasse als Anteil (in %) am gesamten organischen Kohlenstoff;
Angaben zu den für die Bestimmung der einzelnen Parameter verwendeten Methoden;
alle Angaben zur Entnahme und Lagerung der Bodenproben;
ggf. Einzelheiten zur Vorinkubation des Bodens.

Testsubstanz:

physikalischer Zustand und falls relevant physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Kenndaten, falls relevant mit Strukturformel, Reinheit (d. h. bei Pflanzenschutzmitteln der Wirkstoffanteil in %), Stickstoffgehalt.

Substrat:

Herkunft des Substrats;
Zusammensetzung (d. h. Luzernemehl, Luzernegrüngrasmehl);
Kohlenstoff-, Stickstoffgehalt ( % Trockengewicht);
Siebmaschenweite (mm).

Testbedingungen:

genaue Angaben zur Anreicherung des Bodens mit organischem Substrat;
Anzahl der verwendeten Konzentrationen der Testchemikalie und ggf. Begründung für die gewählten Konzentrationen;
genaue Angaben zur Applikation der Testsubstanz auf den Boden;
Inkubationstemperatur;
Feuchtegehalt des Bodens zu Beginn und während des Tests;
das zur Bodeninkubation verwendete Verfahren (d. h. als Sammelproben oder als Reihe einzelner Teilproben);
Anzahl der Replikate;
Anzahl der Probenahmezeitpunkte;
das zur Nitratextraktion aus dem Boden verwendete Verfahren;

Ergebnisse:

zur Nitratanalyse verwendete analytische Verfahren und Geräte;
Daten in tabellarischer Form, einschließlich Einzel- und Mittelwerte der Nitratbestimmungen;
Abweichung zwischen den Replikaten behandelter Proben und Kontrollproben;
Erläuterungen zu den Korrekturen an den Berechnungen, falls relevant;
die Abweichung (in %) der Nitratbildungsraten zu jedem Probenahmezeitpunkt bzw. ggf. der EC50-Wert mit 95 %-Vertrauensgrenze, weitere ECx (d. h. EC25 oder EC10) mit Vertrauensintervallen und eine Grafik der Dosis-Wirkungs-Kurve;
statistische Aufbereitung der Ergebnisse;
sämtliche Informationen und Beobachtungen, die für die Interpretation der Testergebnisse hilfreich sind.

4.   LITERATURANGABEN

(1) EPPO (1994). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Chemicals. Chapter 7: Soil Microflora. EPPO Bulletin 24: 1-16,1994.

(2) BBA (1990). Effects on the Activity of the Soil Microflora. BBA Guidelines for the Official Testing of Plant Protection Products, VI, 1-1 (2. Ausgabe, 1990).

(3) EPA (1987). Soil Microbial Community Toxicity Test. EPA 40 CFR Part 797.3700. Toxic Substances Control Act Test Guidelines; Proposed rule. 28. September 1987.

(4) SETAC-Europe (1995). Procedures for assessing the environmental fate and ecotoxicity of pesticides, Ed. M.R. Lynch, Pub. SETAC-Europe, Brüssel.

(5) ISO/DIS 14238 (1995). Soil Quality — Determination of Nitrogen Mineralisation and Nitrification in Soils and the Influence of Chemicals on these Processes. Technical Committee ISO/TC 190/SC 4: Soil Quality Biological Methods.

(6) OECD (1995). Final Report of the OECD Workshop on Selection of Soils/Sediments, Belgirate, Italien,18.-20. Januar 1995.

(7) ISO 10381-6 (1993). Bodenbeschaffenheit — Probenahme — Teil 6: Anleitung zur Probenahme, Behandlung und Lagerung von Boden für die Bestimmung aerober mikrobieller Prozesse unter Laborbedingungen.

(8) ISO 14240-1 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 1: Substratinduziertes Respirationsverfahren.

(9) ISO 14240-2 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 2: Fumigations-Extraktionsverfahren.

(10) Litchfield, J.T. und Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper, Ther., 96, 99-113.

(11) Finney, D.J. (1971). Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(12) Finney, D.J. (1978). Statistical Methods in biological Assay. Griffin, Weycombe, UK.

C.22.   BODENMIKROORGANISMEN: KOHLENSTOFFTRANSFORMATIONSTEST

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 217 (2000).

1.1.   EINLEITUNG

Diese Testmethode beschreibt eine Labormethode zur Untersuchung der potenziellen Langzeitauswirkungen einer einmaligen Exposition gegenüber Pflanzenschutzmitteln und etwaigen anderen Chemikalien auf die Kohlenstofftransformationsaktivität von Bodenmikroorganismen. Der Test beruht im Wesentlichen auf den Empfehlungen der Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum (1), doch auch andere Richtlinien wurden berücksichtigt, wie die der deutschen Biologischen Bundesanstalt (2), der US-amerikanischen Environmental Protection Agency (3) und SETAC (4). Auf einem OECD-Workshop zur Boden-/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (5), wurden die bei diesem Test zu verwendende Anzahl und Art von Böden vereinbart. Die Empfehlungen zur Entnahme, Behandlung und Lagerung von Bodenproben basieren auf einer ISO-Anleitung (6) und auf Empfehlungen des Belgirate-Workshops.

Bei der Be- und Auswertung toxischer Eigenschaften von Testsubstanzen kann eine Bestimmung der Auswirkungen auf die mikrobielle Aktivität des Bodens erforderlich sein, z. B., wenn Daten zu möglichen Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Mikroflora des Bodens benötigt werden oder wenn eine Exposition von Bodenmikroorganismen gegenüber anderen Chemikalien als Pflanzenschutzmitteln erwartet wird. Der Kohlenstofftransformationstest wird durchgeführt, um den Einfluss derartiger Chemikalien auf die Bodenmikroflora zu ermitteln. Bei der Prüfung von Agrochemikalien (z. B. Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Forstchemikalien) werden sowohl Kohlenstoff- als auch Stickstofftransformationstests durchgeführt. Bei anderen Substanzen als Agrochemikalien genügt der Stickstofftransformationstest. Liegen jedoch die EC50-Werte des Stickstofftransformationstests bei diesen Chemikalien im Bereich, der für käufliche Nitrifikationshemmstoffe (z. B. Nitrapyrin) ermittelt wurde, kann ein Kohlenstofftransformationstest durchgeführt werden, um weitere Informationen zu gewinnen,

Boden besteht sowohl aus lebenden als auch aus nichtlebenden Komponenten, die in komplexen und heterogenen Gemischen vorkommen. Beim Abbau organischen Materials und seiner Transformation in fruchtbaren Böden spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle, wobei viele Arten für unterschiedliche Aspekte der Bodenfruchtbarkeit verantwortlich sind. Jede langfristige Störung dieser biochemischen Prozesse kann sich potenziell auf den Nährstoffkreislauf auswirken und dadurch wiederum die Bodenfruchtbarkeit beeinflussen. Die Transformation von Kohlenstoff und Stickstoff erfolgt in allen fruchtbaren Böden. Die Transformationspfade sind im Wesentlichen gleich, auch wenn je nach Boden unterschiedliche mikrobielle Populationen für diese Prozesse verantwortlich sind.

Mit der hier beschriebenen Testmethode können durch einen Stoff hervorgerufene langfristige nachteilige Auswirkungen auf den Prozess der Kohlenstofftransformation in aeroben Oberböden bestimmt werden. Der Test reagiert empfindlich auf Veränderungen in Größe und Aktivität der mikrobiellen Populationen, die für die Kohlenstofftransformation verantwortlich sind, da diese Populationen sowohl einem chemischen Stress als auch einem Kohlenstoffmangel ausgesetzt werden. Verwendet wird ein an organischem Material armer Sandboden. Dieser Boden wird mit der Testsubstanz behandelt und unter Bedingungen inkubiert, die einen schnellen mikrobiellen Stoffwechsel ermöglichen. Unter diesen Bedingungen werden Quellen von leicht verfügbarem Kohlenstoff im Boden rasch aufgebraucht. Dies verursacht einen Kohlenstoffmangel, der nicht nur mikrobielle Zellen tötet, sondern auch eine Keimruhe und/oder Sporenbildung induziert. Läuft der Test über mehr als 28 Tage, kann die Summe dieser Reaktionen in den Kontrollproben (unbehandelter Boden) als progressiver Verlust an stoffwechselaktiver mikrobieller Biomasse gemessen werden (7). Wird die Biomasse in kohlenstoffgestresstem Boden unter den Versuchsbedingungen von der Anwesenheit einer Chemikalie beeinflusst, kehrt sie möglicherweise nicht auf das Niveau in den Kontrollproben zurück. Folglich halten zu einem beliebigen Zeitpunkt während des Versuchs durch die Testsubstanz verursachte Störungen häufig bis zum Ende des Tests an.

Die Tests, auf deren Grundlage diese Testmethode entwickelt wurde, waren in erster Linie für Substanzen ausgelegt, bei denen die in den Boden gelangende Menge vorherbestimmt werden kann. Dies ist z. B. bei Pflanzenschutzmitteln der Fall, bei denen die Applikationsmenge auf dem Feld bekannt ist. Bei Agrochemikalien genügt es, zwei Konzentrationen zu testen, die für die erwartete oder vorhergesagte Applikationsmenge relevant sind. Agrochemikalien können als Wirkstoffe (a.i.) oder als formulierte Handelsprodukte getestet werden. Der Test ist jedoch nicht auf Chemikalien mit vorhersagbaren Umweltkonzentrationen begrenzt. Durch Veränderung sowohl der Mengen der auf den Boden ausgebrachten Testsubstanz als auch der Art und Weise, wie die Daten ausgewertet werden, kann der Test auch für Chemikalien angewendet werden, bei denen nicht bekannt ist, in welcher Menge sie in den Boden gelangen. Somit werden bei anderen Substanzen als Agrochemikalien die Wirkungen einer Reihe von Konzentrationen auf die Kohlenstofftransformation bestimmt. Die Daten von diesen Tests werden verwendet, um eine Dosis-Wirkungs-Kurve zu erstellen und ECx-Werte zu berechnen, wobei x als die Wirkung in % definiert ist.

1.2.   DEFINITIONEN

Kohlenstofftransformation: der Abbau organischen Materials durch Mikroorganismen zum anorganischen Endprodukt Kohlendioxid.

ECx(Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Kohlenstoff in Kohlendioxid zu x % hemmt.

EC50(Medianwert der Effektkonzentration): diejenige Konzentration der Testsubstanz im Boden, die die Transformation von Kohlenstoff in Kohlendioxid zu 50 % hemmt.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Keine.

1.4.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Gesiebter Boden wird entweder mit der Testsubstanz behandelt oder unbehandelt (Kontrollprobe) belassen. Werden Agrochemikalien geprüft, wird eine Mindestanzahl von zwei Testkonzentrationen empfohlen, die im Verhältnis zur höchsten auf dem Feld erwarteten Konzentration gewählt werden sollten. Nach 0, 7, 14 und 28 Tagen Inkubation werden Proben behandelter und unbehandelter Böden mit Glucose gemischt, und die Glucose-induzierten Respirationsraten werden 12 Stunden hintereinander gemessen. Respirationsraten werden als freigesetztes Kohlendioxid (mg Kohlendioxid/kg Trockenboden/h) oder verbrauchter Sauerstoff (mg Sauerstoff/kg Boden/h) ausgedrückt. Die mittlere Respirationsrate in behandelten Bodenproben wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung der behandelten Proben von den Kontrollproben berechnet. Alle Tests laufen mindestens 28 Tage. Sind die Differenzen zwischen behandelten und unbehandelten Böden am 28. Tag gleich oder größer als 25 %, werden die Messungen in Abständen von 14 Tagen für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Testsubstanz in einer Reihe von Konzentrationen Bodenproben zugesetzt, und nach 28 Tagen werden die Glucose-induzierten Respirationsraten (d. h. das Mittel der Mengen an gebildetem Kohlendioxid oder verbrauchtem Sauerstoff) gemessen. Die Ergebnisse aus Versuchen mit einer Reihe von Konzentrationen werden mit Hilfe eines Regressionsmodells analysiert, und die EC,-Werte werden berechnet (d. h. EC50, EC25 und/oder EC10). Siehe Definitionen.

1.5.   VALIDITÄT DES TESTS

Auswertungen von Testergebnissen mit Agrochemikalien beruhen auf vergleichsweise kleinen Differenzen (d. h. Mittelwert ± 25 %) zwischen dem freigesetzten Kohlendioxid oder dem verbrauchten Sauerstoff in (bzw. durch) Kontrollproben und behandelte(n) Bodenproben, so dass große Schwankungen bei den Kontrollproben zu falschen Ergebnissen führen können. Daher sollte die Abweichung zwischen Replikatkontrollproben weniger als ± 15 % betragen.

1.6.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.6.1.   Geräte

Es werden Testgefäße aus chemisch inertem Material verwendet. Ihr Fassungsvermögen sollte sich nach dem gewählten Inkubationsverfahren der Böden richten, d. h. für die Inkubation von Sammelproben oder einer Reihe einzelner Bodenproben (siehe 1.7.1.2). Während des Tests ist darauf zu achten, dass sowohl der Wasserverlust möglichst gering gehalten wird als auch ein Gasaustausch stattfinden kann (so könnten die Testbehälter z. B. mit perforierter Polyethylenfolie abgedeckt werden). Beim Testen flüchtiger Substanzen sind abdichtbare und gasdichte Behälter zu verwenden. Diese sollten in ihrer Größe so bemessen sein, dass sie zu etwa einem Viertel ihres Volumens mit der Bodenprobe gefüllt sind.

Zur Bestimmung der Glucose-induzierten Respiration werden Inkubationssysteme sowie Geräte für die Messung der Kohlendioxidbildung bzw. des Sauerstoffverbrauchs benötigt. Beispiele für derartige Systeme sind in der Literatur zu finden (8) (9) (10) (11).

1.6.2.   Auswahl und Anzahl der Böden

Es wird ein einziger Boden verwendet. Empfohlen wird Boden mit folgenden Eigenschaften:

Sandgehalt: mindestens 50 % und höchstens 75 %;
pH: 5,5 -7,5 ;
organischer Kohlenstoffgehalt: 0,5 -1,5 %;
es ist die mikrobielle Biomasse zu bestimmen (12) (13), und ihr Kohlenstoffgehalt sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens betragen.

Meist stellt ein Boden mit diesen Eigenschaften den „worst case“ dar, da seine Adsorption minimal und die Verfügbarkeit der Testchemikalie für die Mikroflora maximal ist. Demnach sind in aller Regel keine Tests mit anderen Böden notwendig, Unter bestimmten Umstanden jedoch, wenn z. B. der erwartete hauptsächliche Einsatz der Testsubstanz auf bestimmten Böden wie sauren Waldböden stattfindet, oder bei elektrostatisch aufgeladenen Chemikalien kann es erforderlich sein, einen zusätzlichen Boden zu verwenden.

1.6.3.   Entnahme und Lagerung von Bodenproben

1.6.3.1.   Entnahme

Es sind ausführliche Informationen über die Vorgeschichte des Feldstandorts erforderlich, von dem der Testboden entnommen wird. Diese Angaben beinhalten unter anderem die genaue Lage, den Bewuchs, die Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln sowie mit organischen und anorganischen Düngemitteln, Zusätze biologischer Materialien oder unbeabsichtigte Kontaminationen. Der für die Bodenentnahme gewählte Standort muss über einen längeren Zeitraum hinweg nutzbar sein. Geeignet sind Dauerweiden, Felder mit einjährigen Getreidekulturen (ausgenommen Mais) oder dicht gesäten Gründüngungspflanzen. Der gewählte Probenahmestandort sollte mindestens ein Jahr vor der Probenahme nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt worden sein. Ferner sollten mindestens sechs Monate vorher keine organischen Düngemittel ausgebracht worden sein. Die Verwendung von Mineraldünger ist nur zulässig, wenn dies für die Kultur erforderlich ist, und die Entnahme der Bodenproben sollte frühestens drei Monate nach Ausbringung des Düngemittels erfolgen. Zu vermeiden ist die Verwendung von Boden, der mit Düngemitteln mit bekannter biozider Wirkung (z. B. Kalkstickstoff) behandelt wurde.

Die Probenahme während oder nach längeren (mehr als 30 Tage) Dürre- oder Überschwemmungsperioden sollte vermieden werden. Bei gepflügten Böden sind die Proben aus einer Tiefe von 0 bis 20 cm zu entnehmen. Bei Grünland (Weiden) oder anderen Böden, die über längere Zeiträume (mindestens eine Vegetationsperiode) nicht gepflügt werden, kann die maximale Tiefe der Probenahme geringfügig über 20 cm liegen (z. B. bei bis zu 25 cm). Die Bodenproben sollten in Behältern und unter Temperaturbedingungen transportiert werden, die sicherstellen, dass die ursprünglichen Bodeneigenschaften nicht wesentlich verändert werden.

1.6.3.2.   Lagerung

Bevorzugt wird die Verwendung feldfrischer Böden. Lässt sich die Lagerung im Labor nicht vermeiden, sollten die Böden im Dunkeln bei 4 ± 2 oC höchstens drei Monate gelagert werden. Während der Lagerung der Böden müssen aerobe Bedingungen sichergestellt sein, Werden Böden von Flächen entnommen, die über mindestens drei Monate im Jahr gefroren sind, kann eine Lagerung für sechs Monate bei — 18 oC in Betracht gezogen werden. Vor jedem Versuch ist die mikrobielle Biomasse der gelagerten Böden zu bestimmen, und der Kohlenstoffgehalt in der Biomasse sollte mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs des Bodens betragen (siehe 1.6.2).

1.6.4.   Handhabung und Vorbereitung des Bodens für den Test

1.6.4.1.   Vorinkubation

Falls der Boden gelagert wurde (siehe 1.6.4.2 und 1.7.1.3), wird eine Vorinkubation über eine Zeitdauer von 2 bis 28 Tagen empfohlen. Die Temperatur und der Feuchtegehalt des Bodens während der Vorinkubation sollten den Testbedingungen möglichst entsprechen (siehe 1.6.4.2 und 1.7.1.3).

1.6.4.2.   Physikalisch-chemische Eigenschaften

Der Boden wird manuell von großen Gegenständen befreit (z. B. Steine, Pflanzenteile usw.) und im feuchten Zustand ohne übermäßiges Austrocknen auf eine Partikelgröße von ≤ 2 mm gesiebt. Der Feuchtegehalt der Bodenprobe sollte mit destilliertem oder entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 40 % und 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität eingestellt werden.

1.6.5.   Vorbereitung der Testsubstanz zur Applikation auf den Boden

Üblicherweise wird die Testsubstanz unter Verwendung eines Trägers zugegeben. Bei diesem Träger kann es sich um Wasser (bei wasserlöslichen Substanzen) oder einen inerten Feststoff wie feinen Quarzsand (Partikelgröße: 0,1 -0,5 mm) handeln. Andere flüssige Träger als Wasser (z. B. organische Lösungsmittel wie Aceton oder Chloroform) sind zu vermeiden, da sie die Mikroflora schädigen können. Wird Sand als Träger benutzt, kann er mit der in einem geeigneten Lösungsmittel aufgelösten oder suspendierten Testsubstanz überzogen werden, In diesen Fällen sollte das Lösungsmittel vor dem Mischen mit dem Boden durch Verdampfen entfernt werden. Zur optimalen Verteilung der Testsubstanz im Boden wird ein Verhältnis von 10 g Sand je kg Boden (Trockengewicht) empfohlen. Die Kontrollproben werden nur mit einer äquivalenten Menge Wasser und/oder Quarzsand behandelt.

Beim Testen flüchtiger Chemikalien sind Verluste während der Behandlung so weit wie möglich zu vermeiden, und es ist nach Möglichkeit für eine homogene Verteilung im Boden zu sorgen (z. B., indem die Testsubstanz an verschiedenen Stellen in den Boden injiziert wird).

1.6.6.   Testkonzentrationen

Werden Pflanzenschutzmittel oder andere Chemikalien mit vorhersagbaren Umweltkonzentrationen geprüft, sind mindestens zwei Konzentrationen zu verwenden. Die niedrigere Konzentration sollte mindestens der maximalen Menge entsprechen, die unter praxisüblichen Bedingungen voraussichtlich in den Boden gelangt, während die höhere Konzentration ein Mehrfaches der niedrigeren Konzentration sein sollte. Die Konzentrationen der dem Boden zugegebenen Testsubstanz werden unter der Annahme einer gleichmäßigen Einarbeitung bis zu einer Tiefe von 5 cm und einer Bodenrohdichte von 1,5 berechnet. Bei Agrochemikalien, die direkt auf den Boden ausgebracht werden, oder bei Chemikalien, bei denen die den Boden erreichende Menge vorhersagbar ist, werden als Testkonzentrationen die höchste vorhergesagte Umweltkonzentration (PEC) und das 5-fache dieser Konzentration empfohlen. Substanzen, die voraussichtlich mehrmals in einer Kulturperiode auf den Boden ausgebracht werden, sollten in Konzentrationen getestet werden, die sich durch die Multiplikation der PEC mit der höchsten erwarteten Anzahl der Anwendungen ergeben. Allerdings sollte die obere getestete Konzentration das 10-fache der höchsten einfachen Applikationsrate nicht übersteigen.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird eine geometrische Reihe von mindestens fünf Konzentrationen verwendet. Die getesteten Konzentrationen sollten den zur Bestimmung der ECx-Werte notwendigen Bereich abdecken.

1.7.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.7.1.   Expositionsbedingungen

1.7.1.1.   Behandlung und Kontrolle

Werden Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in drei Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Zwei Teile werden mit dem produkthaltigen Träger gemischt, und der dritte wird mit dem Träger ohne das Produkt vermischt (Kontrollprobe). Sowohl für die behandelten als auch die unbehandelten Böden wird eine Mindestanzahl von drei Replikaten empfohlen. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Boden in sechs Teile gleichen Gewichts aufgeteilt. Fünf dieser Proben werden mit dem die Testsubstanz enthaltenden Träger vermischt, und die sechste wird mit dem Träger ohne die Chemikalie vermischt. Sowohl für die behandelten Proben als auch für die Kontrollproben werden drei Replikate empfohlen. Es ist auf eine homogene Verteilung der Testsubstanz in den behandelten Bodenproben zu achten. Während des Mischens ist eine Verdichtung oder Verklumpung des Bodens zu vermeiden.

1.7.1.2.   Inkubation von Bodenproben

Die Inkubation der Bodenproben kann auf zwei Wegen durchgeführt werden: als Sammelproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden oder als Reihe von einzelnen, gleich großen Teilproben von jedem behandelten und unbehandelten Boden. Bei flüchtigen Substanzen sollte der Test jedoch nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchgeführt werden. Bei der Inkubation von Böden als Sammelproben werden große Mengen von jedem behandelten und unbehandelten Boden vorbereitet und während des Tests je nach Notwendigkeit zu analysierende Teilproben entnommen. Die zu Beginn für jede Behandlung und Kontrolle vorbereitete Menge ist abhängig von der Größe der Teilproben, der Anzahl der zur Analyse verwendeten Replikate und der höchsten erwarteten Anzahl von Probenahmen. Vor der Entnahme von Teilproben sind die inkubierten Sammelproben gründlich zu mischen. Bei der Bodeninkubation als Reihe einzelner Bodenproben wird jeder behandelte und unbehandelte Sammelboden in die benötigte Anzahl von Teilproben aufgeteilt, und diese Teilproben werden je nach Notwendigkeit verwendet. Für Untersuchungen mit mehr als zwei Probenahmezeitpunkten sind genügend Teilproben herzustellen, um alle Replikate und Probenahmezeiten zu berücksichtigen. Mindestens drei Replikatproben des Testbodens sollten unter aeroben Bedingungen inkubiert werden (siehe 1.7.1.1). Bei allen Tests sind geeignete Behälter mit ausreichendem Headspace zu verwenden, um das Entstehen anaerober Bedingungen zu vermeiden. Werden flüchtige Substanzen geprüft, ist der Test nur mit einer Reihe einzelner Teilproben durchzuführen.

1.7.1.3.   Testbedingungen und -dauer

Der Test wird im Dunkeln bei Raumtemperatur (20 ± 2 oC) durchgeführt. Der Feuchtegehalt der Bodenproben ist im Testverlauf bei 40-60 % (+ 5 %) der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens zu halten (siehe 1.6.4.2). Destilliertes bzw. entionisiertes Wasser kann nach Bedarf zugegeben werden.

Die Mindestdauer der Tests beträgt 28 Tage. Bei Agrochemikalien werden die Mengen an freigesetztem Kohlenstoff bzw. verbrauchtem Sauerstoff in den behandelten Proben mit denen in den Kontrollproben verglichen. Weichen diese am 28. Tag um mehr als 25 % voneinander ab, wird der Test bis zum Erreichen einer Differenz von gleich oder weniger als 25 % bzw. für die Höchstdauer von 100 Tagen fortgesetzt, je nachdem, was kürzer ist. Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird der Test nach 28 Tagen beendet. Am 28. Tag werden die Mengen an freigesetztem Kohlendioxid bzw. verbrauchtem Sauerstoff in den behandelten Proben und in den Kontrollproben bestimmt und die ECx-Werte berechnet.

1.7.2.   Probenahme und Analyse von Böden

1.7.2.1.   Probenahmeintervalle

Bei der Prüfung von Agrochemikalien werden Bodenproben am Tag 0, 7, 14 und 28 auf Glucose-induzierte Respirationsraten analysiert. Ist eine Testverlängerung erforderlich, sind weitere Messungen vom 28. Tag an im Abstand von jeweils 14 Tagen vorzunehmen.

Bei der Prüfung von anderen Substanzen als Agrochemikalien werden mindestens fünf Testkonzentrationen verwendet und Bodenproben am Beginn (Tag 0) und am Ende der Expositionszeit (28 Tage) auf die Glucose-induzierte Respiration analysiert. Gegebenenfalls kann eine Zwischenmessung, z. B. am 7. Tag, eingefügt werden. Die am 28. Tag erhaltenen Daten werden zur Bestimmung des ECx-Werts der Chemikalie benutzt. Falls gewünscht, können die Daten der Kontrollproben vom Tag 0 zur Abschätzung der Ausgangsmengen der stoffwechselaktiven mikrobiellen Biomasse im Boden herangezogen werden (12).

1.7.2.2.   Messung von Glucose-induzierten Respirationsraten

Die Glucose-induzierte Respirationsrate in jeder behandelten Probe und in jedem Kontrollreplikat wird zu jedem Probenahmezeilpunkt bestimmt. Die Bodenproben werden mit einer Menge Glucose vermischt, die groß genug ist, um unverzüglich einen maximalen Atmungswert zu erreichen. Die zum Erreichen eines maximalen Atmungswerts in einem bestimmten Boden notwendige Glucosemenge kann in einem Vorversuch mit einer Reihe von Glucosekonzentrationen bestimmt werden (14). Bei sandigen Böden mit einem organischen Kohlenstoffgehalt von 0,5 -1,5 % sind jedoch üblicherweise 2 000 mg bis 4 000 mg Glucose je kg Boden (Trockengewicht) ausreichend. Die Glucose kann mit sauberem Quarzsand pulverisiert werden (10 g Sand/kg Trockengewicht Boden) und mit dem Boden homogen vermischt werden.

Die mit Glucose angereicherten Bodenproben werden in einem geeigneten Gerät inkubiert, mit dem die Respirationsraten bei 20 ± 2 oC entweder laufend, stündlich oder in 2-Stunden-Intervallen gemessen werden können (siehe 1.6.1). Das freigesetzte Kohlendioxid bzw. der verbrauchte Sauerstoff werden 12 Stunden lang gemessen, und die Messungen sollten so früh wie möglich beginnen, d. h. innerhalb von 1 bis 2 Stunden nach der Glucosezugabe. Die Gesamtmengen des in den 12 Stunden freigesetzten Kohlendioxids bzw. verbrauchten Sauerstoffs werden gemessen und die minieren Respirationsraten bestimmt.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Werden Agrochemikalien geprüft, ist für jedes Replikat die Menge des jeweils freigesetzten Kohlendioxids bzw. verbrauchten Sauerstoffs aufzuzeichnen, und die Mittelwerte aller Replikate sind in tabellarischer Form darzustellen. Die Ergebnisse sind mittels geeigneter und allgemein anerkannter statistischer Methoden (z. B. F-Test, 5 % Signifikanzniveau) zu bewerten, Die Glucose-induzierten Respirationsraten werden in mg Kohlendioxid/kg Trockengewicht Boden/h bzw. mg Sauerstoff/Trockengewicht Boden/h ausgedrückt. Die mittlere Kohlendioxidbildungsrate bzw. die mittlere Sauerstoffverbrauchsrate jeder Behandlung wird mit der in der Kontrollprobe verglichen, und es wird die prozentuale Abweichung von der Kontrollprobe berechnet.

Werden andere Substanzen als Agrochemikalien geprüft, wird die Menge an freigesetztem Kohlendioxid bzw. an verbrauchtem Sauerstoff für jedes Replikat bestimmt, und zur Abschätzung der ECx-Werte eine Dosis-Wirkungs-Kurve erstellt. Die in den behandelten Proben nach 28 Tagen gefundenen Glucose-induzierten Respirationsraten (d. h. mg Kohlendioxid/kg Trockengewicht Boden/h bzw. mg Sauerstoff/Trockengewicht Boden/h) werden mit den in der Kontrollprobe gefundenen verglichen. Auf der Basis dieser Daten werden die Inhibitionswerte, ausgedrückt in %, für jede Testkonzentration berechnet. Diese Prozentangaben werden über der Konzentration aufgetragen, und dann werden mit Hilfe statistischer Verfahren die EC,-Werte berechnet. Mittels Standard verfahren werden femer Vertrauensbereiche (p = 0,95 ) für die errechneten EC,-Werte ermittelt (15) (16) (17).

2.2.   INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Ist bei der Auswertung der Testergebnisse von Agrochemikalien die Differenz der Respirationsraten zwischen der niedrigen Behandlung (d. h. der höchsten erwarteten Konzentration) und den Kontrollproben zu jedem Probenahmezeitpunkt nach dem 28. Tag ≤ 25 %, dann ist das Produkt so zu bewerten, dass es keinen langfristigen Einfluss auf die Kohlenstofftransformation in Böden hat. Für die Auswertung der Testergebnisse von anderen Chemikalien als Agrochemikalien werden die EC50-, EC25- und/oder EC10-Werte herangezogen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Informationen enthalten:

Vollständige Angaben zu den verwendetentBöden, darunter:

geografische Angaben zum Standort (Breitengrad, Längengrad);
Informationen über die Vorgeschichte des Feldstandorts (d. h. Bewuchs, Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln, unbeabsichtigte Kontaminationen usw.)
Nutzungsstruktur (z. B. landwirtschaftlich genutzter Boden, Forst usw.);
Probenahmetiefe (cm);
Sand-/Schluff-/Tongehalt ( % Trockengewicht);
pH (in Wasser);
organischer Kohlenstoffgehalt ( % Trockengewicht);
Stickstoffgehalt ( %Trockengewicht);
Kationenaustauschkapazilät (mmol/kg);
Ausgangswert der mikrobiellen Biomasse als Anteil (in %) am gesamten organischen Kohlenstoff;
Angaben zu den für die Bestimmung der einzelner Parameter verwendeten Methoden;
alle Angaben zur Entnahme und Lagerung der Bodenproben;
ggf. Einzelheiten zur Vorinkubation des Bodens.

Testsubstanz:

physikalischer Zustand und, falls relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Kenndaten, falls relevant mit Strukturformel, Reinheit (d. h. bei Pflanzenschutzmitteln der Wirkstoffanteil in %), Stickstoffgehalt.

Testbedingungen:

genaue Angaben zur Anreicherung des Bodens mit organischem Substrat;
Anzahl der verwendeten Konzentrationen der Testchemikalie und ggf. Begründung für die gewählten Konzentrationen;
genaue Angaben zur Applikation der Testsubstanz auf den Boden;
Inkubationstemperatur;
Feuchtegehalt des Bodens zu Beginn und während des Tests;
das zur Bodeninkubation verwendete Verfahren (d. h. als Sammelproben oder als Reihe einzelner Teilproben);
Anzahl der Replikate;
Anzahl der Probenahmezeitpunkte.

Ergebnisse:

zur Messung der Respirationsraten verwendete Verfahren und Geräte;
Daten in tabellarischer Form, einschließlich Einzel- und Mittelwerte der Kohlendioxid- bzw. Sauerstoffmengen;
Abweichung zwischen den Replikaten behandelter Proben und Kontrollproben;
Erläuterungen zu den Korrekturen an den Berechnungen, falls relevant;
die Abweichung (in %) der Glucose-induzierten Respirationsraten zu jedem Probenahmezeitpunkt bzw. ggf. der EC50-Wert mit 95 % Vertrauens bereich, weitere ECx (d. h. EC25 oder EC10) mit Vertrauensbereichen und eine grafische Darstellung der Dosis-Wirkungs-Kurve;
ggf. statistische Aufbereitung der Ergebnisse;
sämtliche Informationen und Beobachtungen, die für die Interpretation der Testergebnisse hilfreich sind.

4.   LITERATURANGABEN

(1) EPPO (1994). Decision-Making Scheme for the Environmental Risk Assessment of Plant Protection Chemicals. Chapter 7: Soll Microflora. EPPO Bulletin 24: 1-16, 1994.

(2) BBA (1990). Effects on the Activity of the Soil Microflora. BBA Guidelines for the Official Testing of Plant Protection Products, VI, 1-1 (2. Ausgabe, 1990).

(3) EPA (1987). Soil Microbial Community Toxicity Test. EPA 40 CFR Part 797.3700. Toxic Substances Control Act Test Guidelines; Proposed rule. 28. September 1987.

(4) SETAC-Europe (1995). Procedures for assessing the environmental fate and ecotoxicity of pesticides, Ed. M.R. Lynch, Pub. SETAC-Europe, Brüssel.

(5) OECD (1995). Final Report of the OECD Workshop on Selection of Soils/Sediments, Belgirate, Italien, 18-20. Januar 1995.

(6) ISO 10381-6 (1993). Bodenbeschaffenheit — Probenahme — Teil 6: Anleitung zur Probenahme, Behandlung und Lagerung von Boden für die Bestimmung aerober mikrobieller Prozesse unter Laborbedingungen.

(7) Anderson, J.P.E. (1987). Handling and Storage of Soils for Pesticide Experiments, in „Pesticide Effects on Soit Microflora“. Eds. L. Somerville and M.P. Greaves, Chap. 3, 45-60.

(8) Anderson, J.P.E. (1982). Soil Respiration, in „Methods of Soil Analysis — Part 2: Chemical and Microbiological Properties“. Agronomy Monograph No 9. Eds. A.L. Page, R.H. Miller and D.R. Keeney. 41, 831-871.

(9) ISO 11266-1. (1993). Soil Quality — Guidance on Laboratory Tests for Biodegradation in Soil: Part 1. Aerobic Conditions.

(10) ISO 14239 (1997E). Bodenbeschaffenheil — Laboratoriumsinkubationssysteme zur Messung der Mineralisierung von organischen Chemikalien im Boden bei aeroben Bedingungen.

(11) Heinemeyer, O., Insam, H., Kaiser, E.A. and Walenzik, G. (1989). Soil microbial biomass and respiration measurements; an automated technique based on infrared gas analyses. Plant and Soil, 116, 77-81.

(12) ISO 14240-1 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 1: Substratinduziertes Respirationsverfahren.

(13) ISO 14240-2 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 2: Fumigations-Extraktionsverfahren.

(14) Malkomes, H.-P. (1986). Einfluss von Glukosemenge auf die Reaktion der Kurzzeit-Atmung im Boden gegenüber Pflanzenschutzmitteln, dargestellt am Beispiel eines Herbizids. (Influence of the Amount of Glucose Added to the Soil on the Effect of Pesticides in Short-Term Respiration, using a Herbicide as an Example), Nachrichtenblatt Deutscher Pflanzenschutzdienst, Braunschweig, 38, 113-120.

(15) Litchfield, J.T. and Wilcoxon, F. (1949). A simplified method of evaluating dose-effect experiments. Jour. Pharmacol. and Exper. Ther., 96, 99-113.

(16) Finney, D.J. (1971), Probit Analysis. 3rd ed., Cambridge, London and New York.

(17) Finney D.J. (1978). Statistical Methods in biological Assay. Griffin, Weycombe, UK.

C.23.   AEROBE UND ANAEROBE TRANSFORMATION IM BODEN

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 307 (2002)

1.1.   EINLEITUNG

Die Testmethode basiert auf bestehenden Richtlinien (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9). Das in dieser Testmethode beschriebene Verfahren soll eine Evaluierung der aeroben und anaeroben Transformationsprozesse von Chemikalien im Boden ermöglichen. Die Tests sind so konzipiert, dass i) die Transformationsrate der Testsubstanz und ii) die Art der Transformationsprodukte sowie Bildungs- und Abbauraten bestimmt werden. So können die Konzentrationen von Chemikalien bzw. deren Transformationsprodukten, denen Pflanzen und Bodenorganismen ausgesetzt sein können, errechnet werden. Solche Untersuchungen sind für Chemikalien erforderlich, die direkt auf den Boden ausgebracht werden bzw. bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie in den terrestrischen Bereich gelangen. Die Ergebnisse solcher Laboruntersuchungen können auch dazu genutzt werden, Probenahme- und Analysevorschriften für gleich gelagerte Feldstudien zu entwickeln.

Im Allgemeinen sind aerobe und anaerobe Untersuchungen mit einer Bodenart für die Untersuchung der Transformationspfade im Boden ausreichend (8) (10) (11). Die Transformationsraten sollten mit mindestens drei zusätzlichen Böden bestimmt werden (8) (10).

Auf einem OECD-Workshop zur Boden-/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (10), wurden insbesondere die Anzahl und Arten der in diesem Test zu verwendenden Böden vereinbart. Die im Test verwendeten Böden sollten repräsentativ für die im Freiland bei Chemikalieneinsatz bzw. -eintrag exponierten Boden sein. So sollten etwa Chemikalien, die möglicherweise in subtropischem bis tropischem Klima freigesetzt werden, mit Ferrasolen oder Nitosolen (FAO-System) getestet werden. Des Weiteren gab der Workshop basierend auf der ISO-Anleitung (15) Empfehlungen zur Entnahme, Handhabung und Lagerung von Bodenproben. Die Verwendung von Reisböden ist in dieser Methode ebenfalls berücksichtigt.

1.2.   DEFINITIONEN

Testsubstanz: jede Substanz, ob Ausgangssubstanz oder relevante Transformationsprodukte.

Transformationsprodukte: alle Substanzen, die durch biotische oder abiotische Transformationsreaktionen der Testsubstanz entstehen, einschließlich CO2 und Reaktionsprodukte in gebundenen Rückständen.

Gebundene Rückstände: „Gebundene Rückstände“ sind Verbindungen in Boden, Pflanzen oder Tieren, die nach einer Extraktion in der Matrix in Form der Ausgangssubstanz oder deren Metaboliten/Transformationsprodukte(n) verbleiben. Die Extraktionsmethode darf die Verbindungen selbst oder die Matrixstruktur nicht wesentlich verändern. Durch matrixverändernde Extraktionsmethoden und hochentwickelte Analysenvertahren kann die Art der Bindung zum Teil geklärt werden. Bislang werden z. B. kovalente Ionen- und Sorptionsbindungen sowie Einschlüsse auf diese Weise nachgewiesen. In aller Regel bedeutet die Bildung von gebundenen Rückständen eine deutliche Verminderung der Bioverfügbarkeit (12) (modifiziert nach IUPAC 1984 (13)).

Aerobe Transformation: in Gegenwart von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (14).

Anaerobe Transformation: unter Ausschluss von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (14).

Boden: ein Gemisch mineralischer und organisch-chemischer Bestandteile, wobei Letztere Verbindungen mit hohem Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt sowie einem hohen Molekulargewicht enthalten und mit kleinen (zumeist Mikro-)Organismen belebt sind. Boden kann in zwei Zustandsformen bearbeitet werden:

a)
ungestört, wie er sich im Laufe der Zeitentwickelt hat, mit der charakteristischer Horizontabfolge der verschiedenen Bodentypen;
b)
gestört, wie er in der Regel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen vorzufinden ist oder wie er vorkommt, wenn Proben durch Graben entnommen und in der beschriebenen Testmethode verwendet werden (14).

Mineralisation: vollständiger Abbau einer organischen Verbindung zu CO2 und H2O unter aeroben Bedingungen und zu CH4, CO2 und H2O unter anaeroben Bedingungen. Im Zusammenhang mit dieser Testmethode, bei der eine 14C-markierte Verbindung verwendet wird, bedeutet Mineralisation einen extensiven Abbau, wobei ein markiertes Kohlenstoffatom unter Freisetzung der entsprechenden Menge 14CO2 oxidiert wird (14).

Halbwertszeit t0,5 : die für die 50 %ige Transformation einer Testsubstanz ermittelte Zeit, wenn die Transformation mittels Kinetik erster Ordnung beschrieben werden kann; sie ist konzentrationsunabhängig.

Abbauzeit DT50: Zeitspanne, in der sich die Konzentration der Testsubstanz um 50 % reduziert hat; sie unterscheidet sich von der Halbwertszeit t0,5 , wenn die Transformation nicht nach der Kinetik erster Ordnung erfolgt.

Abbauzeit DT75: Zeitspanne, in der sich die Testsubstanzkonzentration um 75 % reduziert hat.

Abbauzeit DT90: Zeitspanne, in der sich die Testsubstanzkonzentration um 90 % reduziert hat.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen sollten zur Charakterisierung und/oder zur Identifizierung von Transformationsprodukten mittels spektroskopischer und chromatografischer Verfahren verwendet werden.

1.4.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Die Methode ist auf sämtliche chemischen Substanzen (nicht markiert oder radioaktiv markiert) anwendbar, für die ein Analysenverfahren mit hinreichender Genauigkeit und Empfindlichkeit zur Verfügung steht. Sie ist anwendbar auf schwach flüchtige, nichtflüchtige, wasserlösliche oder wasserunlösliche Verbindungen, Bei Chemikalien, die aus Böden hochflüchtig sind (z. B. Begasungsmittel oder organische Lösungsmittel) und somit unter den Testbedingungen dieses Tests nicht im Boden gehalten werden können, sollte der Test nicht angewendet werden.

1.5.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Zur Messung der Transformationsrate kann nicht markierte oder markierte Testsubstanz verwendet werden. Markiertes Material ist zur Untersuchung des Umwandlungswegs und zur Aufstellung einer Massenbilanz notwendig. Empfohlen wird die 14C-Markierung, doch auch der Einsatz anderer Isotope wie 13C, 15N, 3H oder 32P kann sinnvoll sein. Die Markierung sollte möglichst im stabilsten Teil, bzw, in den stabilsten Teilen des Moleküls positioniert sein . Der Reinheitsgrad der Testsubstanz sollte mindestens 95 % betragen.

Vor der Durchführung eines Tests zur aeroben und anaeroben Transformation im Boden sollten folgende Informationen zur Testsubstanz vorliegen:

a)
Wasserlöslichkeit (Methode A.6);
b)
Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln;
c)
Dampfdruck (Methode A.4) und Henry-Konstante;
d)
n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Methode A.8);
e)
chemische Stabilität im Dunkeln (Hydrolyse) (Methode C.7);
f)
pKa, wenn ein Molekül zur Protonierung oder Deprotonierung neigt (OECD Guideline 112) (16).

Außerdem können Angaben zur Toxizität der Testsubstanz gegenüber Bodenmikroorganismen sinnvoll sein (Testmethoden C.21 und C.22) (16).

Es sollten Analysenmethoden (einschließlich Extraktions- und Reinigungsverfahren) zur Identifizierung und Quantifizierung der Testsubstanz sowie ihrer Transformationsprodukte verfügbar sein.

1.6.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Den Bodenproben wird die Testsubstanz zugefügt, und die Proben werden im Dunkeln in einem Biometergefäß oder einem Durchflusssystem unter kontrollierten Laborbedingungen (bei konstanter Temperatur und Bodenfeuchtigkeit) inkubiert. Nach entsprechenden Zeitintervallen werden die Bodenproben extrahiert und auf die Ausgangssubstanz und Transformationsprodukte analysiert. Außerdem werden flüchtige Produkte mit Hilfe geeigneter Absorptionsvorrichtungen für die Analyse gesammelt. Mittels 14C-markiertem Material können die verschiedenen Mineralisationsraten von Testsubstanzen durch Auffangen von entstandenem 14CO2 gemessen werden, und es kann eine Massenbilanz, einschließlich der Bildung von bodengebundenen Rückständen, aufgestellt werden.

1.7.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.   Wiederfindungsraten

Die Extraktion und Analyse von mindestens zwei parallel angesetzten Bodenproben unmittelbar nach Zugabe der Testsubstanz geben einen ersten Hinweis auf die Wiederholbarkeit der Analysenmethode und die gleichmäßige Verteilung der Testsubstanz bei der Applikation. Die Wiederfindungsraten für spätere Testphasen ergeben sich aus den jeweiligen Massenbilanzen. Die Wiederfindungsraten sollten im Bereich von 90-110 % für markierte Chemikalien (8) und von 70-110 % für nicht markierte Chemikalien (3) liegen.

1.7.2.   Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysenmethode

Die Wiederholbarkeit der Analysenmethode (ausgenommen die Effizienz der Extraktion im Anfangsstadium) zur Quantifizierung der Testsubstanz und der Transformationsprodukte kann durch eine parallele Analyse desselben Extrakts einer Bodenprobe, die hinreichend lange zur Bildung von Transformationsprodukten inkubiert wurde, überprüft werden.

Die Nachweisgrenze („limit of detection; LOD“) der Analysenmethode für die Testsubstanz und für die Transformationsprodukte sollte mindestens 0,01 mg· kg-1 Boden (als Testsubstanz) oder — falls dieser Wert niedriger ist — 1 % der Applikationskonzentration betragen. Die Quantifizierungsgrenze („limit of quantification; LOQ“) sollte ebenfalls spezifiziert werden.

1.7.3.   Genauigkeit der Transformationsdaten

Geeignete Informationen über die Zuverlässigkeit der Transformationskurve lassen sich mittels Regressionsanalyse aus denTestsubstanzkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit gewinnen, die auch die Berechnung des Vertrauensbereichs für Halbwertszeiten (im Falle einer Kinetik pseudo-erster Ordnung) bzw. DT50-Werte und ggf. für DT75- und DT90-Werte ermöglicht.

1.8.   BESCHREIBUNG DER TESTMETHODE

1.8.1.   Geräte und chemische Reagenzien

Inkubationssysteme bestehen aus statischen geschlossenen Systemen oder geeigneten Durchflusssystemen (7) (17). Beispiele für eine geeignete Durchfluss-Bodeninkubationsapparatur und ein Biometergefäß sind in den Abbildungen 1 bzw. 2 dargestellt. Beide Arten von Inkubationssystemen haben Vorteile und Einschränkungen (7) (17).

Erforderlich ist die Standardlaborausstattung, insbesondere Folgendes:

Analysengeräte, z. B. GLC-, HPLC-, TLC-Ausstattung, einschließlich geeigneter Detektionssysteme für die Analyse radioaktiv markierter oder nicht markierter Substanzen oder für die inverse Isotopenverdünnungsmethode;
Geräte für Identifizierungszwecke (z. B. MS, GC-MS, HPLC MS, NMR);
Flüssigkeitsszintillationszähler;
Oxidiser für die Verbrennung von radioaktivem Material;
Zentrifuge;
Extraktionsgerät (z. B. Zentrifugengläser für die Kaltextraktion und ein Soxhlet-Apparat für die kontinuierliche Extraktion unter Rückfluss);
Instrumente zum Einengen von Lösungen und Extrakten (z. B. Rotationsverdampfer);
Wasserbad;
mechanische Mischvorrichtung (z. B. Knetmaschine, Rotationsmischer).

Einzusetzende chemische Reagenzien sind z. B.:

NaOH, analysenrein, 2 mol· dm-3, oder eine andere geeignete Base (z. B. KOH, Ethanolamin);
H2SO4, analysenrein, 0,05 mol· dm-3;
Ethylenglykol, analysenrein;
feste Absorptionsmittel wie Natronkalk und Polyurethanstopfen;
organische Lösungsmittel, analysenrein, wie Aceton, Methanol usw.;
Szintillationsflüssigkeit.

1.8.2.   Applikation der Testsubstanz

Für die Zugabe zum Boden und die Verteilung darin kann die Testsubstanz in Wasser (entionisiert oder destilliert) oder — falls notwendig — in möglichst geringen Mengen Aceton oder anderen organischen Lösungsmitteln (6) gelöst werden, in denen die Testsubstanz hinreichend löslich und stabil ist. Die gewählte Lösungsmittelmenge sollte jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die Aktivität der Bodenmikroorganismen haben (siehe Abschnitte 1.5, 1.9.2 und 1.9.3). Die Verwendung von Lösungsmitteln, die die Aktivität der Bodenmikroorganismen hemmen, wie etwa Chloroform, Dichlormethan oder andere halogenierte Lösungsmittel, ist zu vermeiden.

Die Testsubstanz kann auch als Feststoff zugegeben werden, z. B. in Quarzsand (6) eingemischt oder in einer kleinen Teilprobe des Testbodens, die zuvor luftgetrocknet und sterilisiert wurde. Wird die Testsubstanz unter Verwendung eines Lösungsmittels zugegeben, muss das Lösungsmittel verdampfen können, bevor die Teilprobe der ursprünglichen nicht sterilen Bodenprobe zugesetzt wird.

Bei gebräuchlichen Chemikalien, deren Eintrag in den Boden hauptsächlich über Klärschlamm/Anwendung in der Landwirtschaft erfolgt, sollte die Testsubstanz zuerst dem Schlamm zugesetzt werden, der dann in die Bodenprobe eingebracht wird (siehe 1.9.2 und 1.9.3).

Die Verwendung von formulierten Handelsprodukten wird nicht routinemäßig empfohlen. Sie kann jedoch z. B. bei schlecht löslichen Testsubstanzen eine geeignete Alternative sein.

1.8.3.   Böden

1.8.3.1.   Bodenauswahl

Zur Bestimmung der Transformationswege kann ein repräsentativer Boden verwendet werden; empfohlen werden sandiger Lehm oder schluffiger Lehm oder Lehm oder lehmiger Sand (gemäß FAO und USDA-Klassifikation (18)) mit einem pH-Wert von 5,5 -8,0 , einem organischen Kohlenstoffgehalt von 0,5 -2,5 % und einer mikrobiellen Biomasse von mindestens 1 % des gesamten organischen Kohlenstoffs (10).

Zur Untersuchung der Transformationsraten sollten mindestens drei zusätzliche Böden verwendet werden, die einen Bereich aller relevanten Böden repräsentieren. Die Böden sollten sich hinsichtlich des organischen Kohlenstoffgehalts, des pH-Werts, des Tongehalts und der mikrobiellen Biomasse voneinander unterscheiden (10).

Alle Böden sollten mindestens hinsichtlich folgender Eigenschaften charakterisiert werden: Textur ( % Sand, % Schluff, % Ton) (gemäß FAO und der USDA-Klassifikation (18)), pH-Wert, Kationenaustauschkapazität, organischer Kohlenstoffgehalt, Bodendichte, Wasserrückhalteeigenschaft  und mikrobielle Biomasse (nur für aerobe Untersuchungen), Zusätzliche Informationen über Bodeneigenschaften können für die Interpretation der Ergebnisse von Nutzen sein. Zur Bestimmung der Bodeneigenschaften können die in den Literaturangaben (19) (20) (21) (22) (23) empfohlenen Methoden herangezogen werden. Die mikrobielle Biomasse sollte mit Hilfe der substratinduzierten Respirationsmethode (SIR) (25) (26) oder alternativer Verfahren (20) bestimmt werden.

1.8.3.2.   Probenahme, Handhabung und Lagerung von Böden

Es sind ausführliche Informationen über die Geschichte des Feldstandorts erforderlich, von dem der Testboden entnommen wird. Die Angaben betreffen unter anderem die genaue Lage, den Bewuchs, Behandlungen mit Chemikalien sowie mit organischen und anorganischen Düngemitteln, Zusätze biologischer Materialien oder anderer Verunreinigungen. Böden, die in den vorhergehenden 4 Jahren mit der Testsubstanz oder ihren Struktur-Analoga behandelt worden sind, sollten nicht für die Transformationsuntersuchungen verwendet werden (10) (15).

Der Boden sollte feldfrisch entnommen werden (aus dem A-Horizont oder bis zu einer Tiefe von maximal 20 cm) und einen Bodenwassergehalt aufweisen, der das Sieben ermöglicht. Bei Böden, die nicht von Reisfeldern stammen, sollte die Probenahme während oder unmittelbar nach längeren (> 30 Tage) Dürre-, Frost- oder Überschwemmungsperioden vermieden werden (14). Die Proben sollten so transportiert werden, dass der Bodenwassergehalt möglichst unverändert bleibt, und sie sollten unter freiem Luftzutritt dunkel aufbewahrt werden. Im Allgemeinen ist ein locker verschlossener Polyethylenbeutel geeignet.

Der Boden sollte so schnell wie möglich nach der Probenahme bearbeitet werden. Vegetationsreste, größere Bodentiere und Steine sollten entfernt werden, bevor der Boden durch ein Sieb mit 2 mm Maschenweite gegeben wird, um kleine Steine, Bodentiere und Pflanzenteile zu entfernen. Ein übermäßiges Austrocknen und Zerkleinern des Bodens vor dem Sieben ist zu vermeiden (15).

Wenn die Probenahme auf dem Feld im Winter schwierig ist (Boden gefroren oder schneebedeckt), kann auf Boden zurückgegriffen werden, der im Gewächshaus unter einer Pflanzenabdeckung (Gras oder Gras-Klee-Mischung) gelagert wurde. Untersuchungen mit feldfrischen Böden werden in jedem Fall bevorzugt, doch wenn der entnommene und bearbeitete Boden vor Beginn der Untersuchungen gelagert werden muss, dann unter angemessenen Bedingungen und nur für eine begrenzte Dauer (höchstens drei Monate bei 4 ± 2 oC), um die rnikrobielle Aktivität zu erhalten . Ausführliche Anweisungen zur Probenahme, Handhabung und Lagerung von Böden für Untersuchungen der Biotransformation sind zu finden in (8) (10) (15) (26) (27).

Bevor der bearbeitete Boden für diesen Test verwendet wird, sollte er vorinkubiert werden, um das Keimen und Entfernen von Samen zu ermöglichen und im Anschluss an den Wechsel von den Probenahme- oder Lagerungsbedingungen zu den Inkubationsbedingungen wieder ein Gleichgewicht des Mikrobenstoffwechsels herzustellen. Im Allgemeinen ist eine Vorinkubationsdauer von 2 bis 28 Tagen unter annähernder Einhaltung der Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen des eigentlichen Tests ausreichend (15). Lagerung und Vorinkubation sollten zusammengenommen nicht länger als drei Monate dauern.

1.9.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.9.1.   Testbedingungen

1.9.1.1.   Testtemperatur

Während der gesamten Testdauer sollten die Böden im Dunkeln bei einer konstanten Temperatur inkubiert werden, die für die klimatischen Bedingungen, unter denen der Einsatz bzw. die Freisetzung erfolgt. repräsentativ ist. Für alle Testsubstanzen, die in gemäßigten Klimazonen in den Boden gelangen können, wird eine Temperatur von 20 ± 2 oC empfohlen. Die Temperatur sollte überwacht werden.

Bei Chemikalien, die in kälteren Klimazonen angewandt bzw. eingetragen werden (z. B. in nördlichen Ländern oder während des Herbstes/Winters), sollten zusätzlich Bodenproben bei einer niedrigeren Temperatur inkubiert werden(z. B. 10 ± 2 oC).

1.9.1.2.   Feuchtegehalt

Bei Transformationstests unter aeroben Bedingungen sollte der Feuchtegehalt  des Bodens auf einen pF Wert von 2,0 bis 2,5 eingestellt und bei diesem Wert gehalten werden(3). Der Feuchtegehalt des Bodens wird als Masse Wasser pro Masse Boden (Trockengewicht) ausgedrückt und sollte regelmäßig kontrolliert werden (z. B. alle zwei Wochen), indem die Inkubationsgefäße gewogen und Wasserverluste ersetzt werden (vorzugsweise mit sterilfiltriertem Leitungswasser). Es ist darauf zu achten, dass während der Zugabe von Feuchtigkeit Verluste von Testsubstanz und/oder Transformationsprodukten durch Verflüchtigung und/oder ggf. fotochemischen Abbau möglichst verhindert oder minimiert werden.

Für Transformationstests unter anaeroben und Reisanbaubedingungen wird der Boden durch Überflutung mit Wasser gesättigt.

1.9.1.3.   Aerobe Inkubationsbedingungen

Bei Durchflusssystemen werden aerobe Bedingungen durch diskontinuierliches Spülen oder kontinuierliches Belüften mit befeuchteter Luft aufrechterhalten. In Biometergefäßen wird der ständige Austausch von Luft durch Diffusion ermöglicht.

1.9.1.4.   Sterile aerobe Bedingungen

Um Informationen über die Relevanz der abiotischen Transformation einer Testsubstanz zu gewinnen, können Bodenproben sterilisiert (zu Sterilisationsverfahren vgl. (16) und (29)), mit einer sterilen Testsubstanz behandelt (z. B. Zugabe der Lösung durch ein Sterilfilter) und mit steriler befeuchteter Luft, wie in 1.9.1.3 beschrieben, belüftet werden. Bei Reisböden sollten Boden und Wasser sterilisiert und die Inkubation wie in 1.9.1.6 beschrieben durchgeführt werden.

1.9.1.5.   Anaerobe Inkubationsbedingungen

Zum Erreichen und Aufrechterhalten anaerober Bedingungen wird der mit der Testsubstanz behandelte und unter aerober Bedingungen für 30 Tage bzw. eine Halbwertszeit oder DT50 (je nachdem, was kürzer ist) inkubierte Boden mit Wasser überflutet (Wassersäule 1-3 cm), und das Inkubationssystem wird mit einem inerten Gas (z. B. Stickstoff oder Argon) gespült . Das Testsystem muss Messungen z. B. des pH-Werts, der Sauerstoffkonzentration und des Redoxpotenzials ermöglichen und Absorptionsfallen für flüchtige Reaktionsprodukte beinhalten. Das Biometersystem muss geschlossen sein, um den Zutritt von Luft durch Diffusion zu vermeiden.

1.9.1.6.   Inkubation unter Reisfeldbedingungen

Zur Untersuchung der Transformation in Reisfeldböden wird der Boden mit einer Wassersäule von etwa 1-5 cm Höhe überflutet und die Testsubstanz in die Wasserphase appliziert (9). Es wird eine Bodentiefe von mindestens 5 cm empfohlen. Das System wird mit Luft wie unter aeroben Bedingungen belüftet. Der pH-Wert, die Sauerstoffkonzentration und das Redoxpotenzial der Wassersäule sollten überwacht und aufgezeichnet werden. Vor der Aufnahme der Transformationsuntersuchungen ist eine Vorinkubationsdauer von mindestens zwei Wochen erforderlich (siehe 1.8.3.2).

1.9.1.7.   Testdauer

Die Untersuchungen zu Geschwindigkeit und Transformationsverlauf sollten nicht länger als 120 Tage dauern  (3) (6) (8), da danach in einem künstlichen Laborsystem, isoliert von natürlichen Revitalisierungsprozessen, eine Abnahme der mikrobiellen Aktivität im Boden mit der Zeit zu erwarten wäre. Falls es für die Charakterisierung des Testsubstanzabbaus sowie der Bildung und des Abbaus der Transformationsprodukte erforderlich ist, können die Untersuchungen über längere Zeiträume fortgesetzt werden (z. B. 6 oder 12 Monate) (8). Längere Inkubationszeiten sollten im Testbericht begründet und durch Biomassemessungen im Verlauf und am Ende dieser Zeiträume begleitet werden.

1.9.2.   Durchführung des Tests

In jedes Inkubationsgefäß werden etwa 50 bis 200 g Boden (Bezugsbasis Trockengewicht) gegeben (siehe Abbildungen 1 und 2 in Anlage 3), und der Boden wird nach einem der in 1.8.2 beschriebenen Verfahren mit der Testsubstanz behandelt. Werden organische Lösungsmittel für die Applikation der Testsubstanz verwendet, sollten sie durch Verdampfen aus dem Boden entfernt werden. Anschließend wird der Boden mit einem Spatel und/oder durch Schütteln des Gefäßes gründlich durchmischt. Wird die Untersuchung unter Reisfeldbedingungen durchgeführt, sollten Boden und Wasser nach Applikation der Testsubstanz gründlich gemischt werden. Zur Überprüfung der gleichmäßigen Verteilung sollten kleine Aliquoten (z. B. 1 g) des behandelten Bodens auf die Testsubstanzgehalte analysiert werden. Angaben zu einem alternativen Verfahren siehe unten.

Die Testkonzentration sollte der höchsten Anwendungsrate eines Pflanzenschutzmittels laut den Empfehlungen in der Gebrauchsanleitung und einer gleichmäßigen Einarbeitung in eine geeignete Tiefe im Feld (z. B. bis zu einer Tiefe von 10 cm  in den Boden) entsprechen. So beträgt z. B. bei Chemikalien, die auf die Blätter oder den Boden ohne Einarbeitung ausgebracht werden, die geeignete Tiefe für die Berechnung der in jedes Gefäß zu gebenden Chemikalie 2,5 cm. Bei in den Boden eingearbeiteten Chemikalien ist die geeignete Tiefe die in der Gebrauchsanleitung genannte Einarbeitungstiefe. Für Chemikalien im Allgemeinen sollte die Applikationsrate basierend auf dem Haupteintragspfad gewählt werden. Wenn z. B. der Eintrag in den Boden hauptsächlich über Klärschlamm erfolgt, sollte die Chemikalie im Schlamm so dosiert werden, dass ihre Konzentration im Verhältnis zu der erwarteten Schlammkonzentration steht, und der dem Boden zugegebene Schlamm sollte im Verhältnis zum üblichen Schlammeintrag in landwirtschaftlich genutzte Böden stehen. Ist diese Konzentration nicht hoch genug, um die wichtigsten Transformationsprodukte nachzuweisen, kann eine Inkubation gesonderter Bodenproben mit höheren Mengen hilfreich sein, doch sollten zu hohe Mengen, die die Funktionen der Bodenmikroorganismen beeinflussen, vermieden werden (siehe 1.5 und 1.8.2).

Alternativ kann eine größere Charge (d. h. 1 bis 2 kg) Boden mit der Testsubstanz behandelt werden; dieser Ansatz wird in einem geeigneten Mischgerät sorgfältig gemischt und anschließend in kleinen Teilen von 50 bis 200 g in die Inkubationsgefäße gegeben (z. B. unter Verwendung von Probenteilern). Zur Überprüfung der gleichmäßigen Verteilung sollten kleine Aliquoten (z. B. 1 g) des behandelten Bodens auf die Testsubstanzgehalte analysiert werden. Ein solches Verfahren wird bevorzugt, da es eine gleichmäßigere Verteilung der Testsubstanz im Boden ermöglicht.

Zusätzlich zu den mit Testsubstanz behandelten Proben werden unbehandelte Bodenproben unter den gleichen Bedingungen (aerob) inkubiert. Diese Proben werden zur Messung der Biomasse im Verlauf und am Ende der Untersuchungen herangezogen.

Wird die Testsubstanz mit Hilfe eines organischen Lösungsmittels/mehrerer organischer Lösungsmittel gelöst auf den Boden aufgebracht, werden mit der gleichen Menge des Lösungsmittels/der Lösungsmittel behandelte Bodenproben unter den gleichen Bedingungen (aerob) inkubiert, wie die mit der Testsubstanz behandelten Proben. Diese Proben werden zur Biomassemessung zu Testbeginn, während des Tests und zu Testende herangezogen, um die Wirkungen des Lösungsmittels/der Lösungsmittel auf die mikrobielle Biomasse zu prüfen.

Die den behandelten Boden enthaltenden Gefäße werden entweder an das in Abbildung 1 dargestellte Durchflusssystem angeschlossen oder mit der in Abbildung 2 gezeigten Absorptionskolonne verschlossen (siehe Anlage 3).

1.9.3.   Probenahme und Messung

Parallel-Inkubationsgefäße werden in entsprechenden Zeitintervallen entnommen und die Bodenproben mit geeigneten Lösungsmitteln unterschiedlicher Polarität extrahiert und auf die Testsubstanz und/oder Transformationsprodukte analysiert. Bei einer gut konzipierten Untersuchung ist eine ausreichende Zahl von Gefäßen vorgesehen, so dass zu jedem Probenahmetermin zwei Gefäße entnommen werden. Zudem werden in verschiedenen Zeitintervallen (7-Tage-Intervalle während des ersten Monats und 17-Tage-Intervalle nach einem Monat) Absorptionslösungen bzw. feste Absorptionsmittel im Verlauf und am Ende der Inkubation jeder Bodenprobe entfernt und auf flüchtige Produkte analysiert. Abgesehen von einer unmittelbar nach der Applikation (0-Tage-Probe) genommenen Bodenprobe sollten mindestens 5 zusätzliche Probenahmetermine vorgesehen sein. Die Zeitintervalle sollten derart ausgewählt werden, dass ein Abbauschema für die Testsubstanz und ein Bitdungs- und Abbauschema für die Transformationsprodukte erstellt werden können (z. B. 0, 1, 3, 7 Tage; 2, 3 Wochen; 1, 2, 3 Monate usw.).

Wird eine 14C-markierte Testsubstanz verwendet, wird die nicht extrahierbare Radioaktivität durch Verbrennung quantifiziert, und für jedes Probenahmeintervall wird eine Massenbilanz berechnet.

Im Falle einer anaeroben Inkubation sowie einer Inkubation unter Reisfeldbedingungen werden die Boden- und Wasserphasen gemeinsam auf die Testsubstanz und Transformationsprodukte analysiert oder vor der Extraktion und Analyse durch Filtrieren oder Zentrifugieren abgetrennt.

1.9.4.   Fakultative Tests

Aerobe, nichtsterile Untersuchungen bei zusätzlichen Temperaturen und Bodenfeuchten können sinnvoll sein, wenn es darum geht, den Einfluss von Temperatur und Bodenfeuchte auf die Transformationsgeschwindigkeit einer Testsubstanz und/oder ihrer Transformationsprodukte im Boden abzuschätzen.

Eine weitere Charakterisierung von nicht extrahierbarer Radioaktivität kann z. B. mittels überkritischer Flüssigextraktion versucht werden.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Konzentrationen der Testsubstanz, Transformationsprodukte, flüchtigen Substanzen (nur in %) und nicht extrahierbaren Substanzen sollten in % der applizierten Ausgangskonzentration und ggf. in mg· kg-1 Boden (Bezugsbasis Trockengewicht) für jedes Probenahmeintervall angegeben werden. Eine Massenbilanz in Prozent, bezogen auf die Ausgangskonzentration, sollte für jedes Probenahmeintervall erstellt werden. Eine grafische Darstellung der Testsubstanzkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit wird eine Einschätzung der Transformationshalbwertszeit bzw. der DT50 ermöglichen. Die Haupttransformationsprodukte sollten identifiziert und ihre Konzentrationen ebenfalls über der Zeit aufgetragen werden, um die jeweilige Geschwindigkeit ihrer Bildung und ihres Abbaus aufzuzeigen. Ein Haupttransformationsprodukt ist jedes Reaktionsprodukt, das zu irgendeinem Zeitpunkt des Tests mit einer Konzentration ≥ 10 % der Applikationskonzentration vorliegt.

Die aufgefangenen flüchtigen Produkte geben Hinweise auf das Flüchtigkeitspotenzial einer Testsubstanz und ihrer Transformationsprodukte im Boden.

Eine genauere Bestimmung der Halbwertszeiten bzw. DT50-Werte und ggf. DT75- und DT90-Werte sollte durch die Anwendung geeigneter Kinetik-Modellberechnungen möglich sein. Die Halbwertszeiten und DT50-Werte sollten zusammen mit der Beschreibung des verwendeten Modells, der Kinetikordnung und des Determinationskoeffizienten (r2) angegeben werden. Bevorzugt wird die Kinetik erster Ordnung, sofern nicht r2<0,7 . Ggf. sollten die Berechnungen auch bei den Haupttransformationsprodukten angewendet werden. Beispiele für zweckmäßige Modelle sind in den Literaturangaben (31) bis (35) beschrieben.

Wurden Untersuchungen bei verschiedenen Temperaturen durchgeführt, sollten die Transformationsraten in Abhängigkeit von der Temperatur innerhalb des eingesetzten experimentellen Temperaturbereichs dargestellt werden, und zwar unter Verwendung der Arrhenius-Gleichung, in der Form:

oder

,

wobei ln A und B Regressionskonstanten aus dem Achsenabschnitt bzw. der Steigung einer Ausgleichsgeraden sind, die durch lineare Regression von ln k gegen 1/T erzeugt wird. k ist die Geschwindigkeitskonstante bei der Temperatur T und T ist die Temperatur in Kelvin ist. Es ist auf den begrenzten Temperaturbereich zu achten, in dem die Arrhenius-Gleichung gültig ist, wenn die Transformation auf mikrobieller Aktivität beruht.

2.2.   EVALUIERUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE

Obwohl die Untersuchungen in einem künstlichen Laborsystem stattfinden, lassen die Ergebnisse doch eine Einschätzung der Transformationsrate der Testsubstanz und auch der Bildungs- und Abbaurate der Transformationsprodukte unter Feldbedingungen zu (36) (37).

Eine Untersuchung der Transformationswege einer Testsubstanz vermittelt Erkenntnisse über die Art und Weise wie die Substanz im Boden in ihrer Struktur durch chemische und mikrobielle Reaktion verändert wird.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

Testsubstanz:

Common Name (Handelsname von Pflanzenschutzmitteln), systematischer chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (bei Verwendung radioaktiv markierter Chemikalien Angabe des Markierungsorts) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (siehe 1.5);
Reinheit (Verunreinigungen) der Testsubstanz;
für markierte Chemikalien: radiochemische Reinheit und spezifische Aktivität (falls zutreffend).

Referenzsubstanzen:

Systematischer chemischer Name und Struktur der Referenzsubstanzen, die zur Charakterisierung und/oder Identifizierung von Transformationsprodukten verwendet werden.

Testböden:

Angaben zum Probenahmeort;
Datum und Verfahren der Probenahme;
Bodeneigenschaften, z. B. pH-Wert, organischer Kohlenstoffgehalt, Textur ( % Sand, % Schluff, % Ton), Kationenaustauschkapazität, Bodendichte, Wasserrückhalteeigenschaft und mikrobielle Biomasse;
ggf. Lagerungsdauer und -bedingungen.

Testbedingungen:

Angabe aller Kalenderdaten in Zusammenhang mit der Testdurchführung;
Applikationsmenge der Testsubstanz;
verwendete Lösungsmittel und Art der Testsubstanzapplikation;
Bodengewicht zu Testbeginn und zu jedem Probenahmetermin, der Analytik einschließt;
Beschreibung des verwendeten Inkubationssystems;
Luftdurchflussrate (nur für Durchflusssysteme);
Versuchstemperatur;
Bodenfeuchtegehalt während der Inkubation;
mikrobielle Biomasse zu Beginn, im Verlauf und am Ende der aeroben Untersuchungen;
pH-Wert, Sauerstoffkonzentration und Redoxpotenzial zu Beginn, im Verlauf und am Ende der anaeroben Untersuchungen und der Untersuchungen unter Reisfeldbedingungen;
Extraktionsverfahren;
Quantifizierungs- und Identifizierungsverfahren für die Testsubstanz und die Haupttransformationsprodukte im Boden und in den Absorptionsmitteln;
Anzahl der Replikate und der Kontrollansätze.

Ergebnisse:

Ergebnis der Bestimmung der mikrobiellen Aktivität;
Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der herangezogenen Analysenmethoden;
Wiederfindungsraten (Werte in % für eine valide Untersuchung sind in 1.7.1 angegeben);
tabellarische Darstellung der Ergebnisse in % der applizierten Ausgangskonzentration und ggf. in mg· kg-1 Boden (bezogen auf Trockengewicht);
Massenbilanz während und am Ende der Untersuchungen;
Charakterisierung nicht extrahierbarer (gebundener) Radioaktivität bzw. Rückstände im Boden;
Quantifizierung von freigesetztem CO2 und anderer flüchtiger Verbindungen;
grafische Darstellungen von Bodenkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit für die Testsubstanz und ggf. für die Haupttransformationsprodukte;
Halbwertszeit oder DT50, DT75 und DT90 für die Testsubstanz und ggf. für die
Haupttransformationsprodukte einschließlich Vertrauensbereichen;
Einschätzung der abiotischen Abbaurate unter sterilen Bedingungen;
Beurteilung der Transformationskinetik für die Testsubstanz und ggf. für die Haupttransformationsprodukte;
Angabe von Transformationspfaden (falls möglich);
Diskussion und Interpretation der Ergebnisse;
Rohdaten (d. h. Chromatogramme der einzelnen Proben, Berechnungen der Transformationsraten sowie Methoden zur Identifizierung von Transformationsprodukten).

4.   LITERATURANGABEN

(1) US-Environmental Protection Agency (1982). Pesticide Assessment Guidelines, Subdivision N. Chemistry: Environmental Fate.

(2) Agriculture Canada (1987). Environmental Chemistry and Fate. Guidelines for registration of pesticides in Canada.

(3) Europäische Union (EU) (1995). Richtlinie 95/36/EG der Kommission vom 14. Juli 1995 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. Anhang II, Teil A, und Anhang III, Teil A: Verbleib und Verhalten in der Umwelt.

(4) Dutch Commission for Registration of Pesticides (1995). Application for registration of a pesticide. Section G: Behaviour of Ehe product and its metabolites in soil, water and air.

(5) BBA (1986). Richtlinie für die amtliche Prüfung von Pflanzenschutzmitteln, Teil IV, 4-1. Verbleib von Pflanzenschutzmitteln im Boden — Abbau, Umwandlung und Metabolismus.

(6) IS0/DIS 11266-1 (1994). Soil Quality -Gutdance on laboratory tests for biodegradation of organic chemicals in soil — Part 1: Aerobic conditions.

(7) ISO 14239 (1997). Bodenbeschaffenheit — Laboratoriumsinkubationssysteme zur Bestimmung der Mineralisierung von organischen Chemikalien im Boden unter aeroben Bedingungen.

(8) SETAC (1995). Procedures for Assessing the Environmental Fate and Ecotoxicity of Pesticides. Mark R. Lynch, Ed.

(9) MAFF — Japan 2000 — Draft Guidelines for transformation studies of pesticides in soil — Aerobic metabolism study in soil under paddy field conditions (flooded).

(10) OECD (1995). Final Report of the OECD Workshop on Selection of Soils/Sediments. Belgirate, Italien, 18-20 January 1995.

(11) Guth, J.A. (1980). The study of transformations. In Interactions between Herbicides and the Soil (R.J. Hance, Ed.), Academic Press, 123-157.

(12) DFG: Pesticide Bound Residues in Soil. Wiley — VCH (1998).

(13) T.R. Roberts: Non-extractable pesticide residue in soils and plants. Pure Appl. Chem. 56, 945-956 (IUPAC 1984).

(14) OECD Test Guideline 304A: Inherent Biodegradability in Soil (angenommen am 12. Mai 1981).

(15) ISO 10381-6 (1993). Bodenbeschaffenheit — Probenahme — Teil 6: Anleitung zur Probenahme, Behandlung und Lagerung von Boden für die Bestimmung aerober mikrobieller Prozesse unter Laborbedingungen.

(16) Anhang V zur Richtlinie 67/548/EWG

(17) Guth, J.A. (1981). Experimental approaches to studying the fate of pesticides in soil. In Progress in Pesticide Biochemistry. D.H. Hutson, T.R. Roberts, Eds. J. Wiley & Sons. Vol I, 85-114.

(18) Soil Texture Classification (US and FAO Systems): Weed Science, 33, Suppl. 1 (1985) und Soil Sci. Soc. Amer. Proc, 26:305 (1962).

(19) Methods of Soil Analysis (1986). Part 1, Physical and Mineralogical Methods. A. Klute, Ed.) Agronomy Series No 9, 2nd Edition.

(20) Methods of Soil Analysis (1982). Part 2, Chemical and Microbiological Properties. A.L. Page, R.H. Miller and D.R. Kelney, Eds. Agronomy Series No 9, 2nd Edition.

(21) ISO Standard Compendium Environment (1994). Soil Quality — General aspects; chemical and physical methods of analysis; biological methods of analysis. First Edition.

(22) Mückenhausen, E. (1975). Die Bodenkunde und ihre geologischen, geomorphologischen, mineralogischen und petrologischen Grundlagen. DLG-Verlag, Frankfurt, Main.

(23) Scheffer, F., Schachtschabel, P. (1975). Lehrbuch der Bodenkunde. F. Enke Verlag, Stuttgart.

(24) Anderson, J.P.E., Domsch, K.H. (1978) A physiological method for the quantitative measurement of microbial biomass in soils. Soil Biol, Biochem. 10, 215-221.

(25) ISO 14240-1 und 2 (1997). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der mikrobiellen Biomasse von Böden — Teil 1: Substratinduziertes Respirationsverfahren. Teil 2: Fumigations-Extraktionsverfahren.

(26) Anderson, J.P.E. (1987). Handling and storage of soils for pesticide experiments. In Pesticide Effects on Soil Microflora. L. Somerville, M.P. Greaves, Eds. Taylor & Francis, 45-60.

(27) Kalo, Yasuhiro. (1998). Mechanism of pesticide transformation in the environment: Aerobic and bio- transformation of pesticides in aqueous environment. Proceedings of the 16th Symposium on Environmental Science of Pesticide, 105-120.

(28) Keuken O., Anderson J.P.E. (1996). Influence of storage on biochemical processes in soil. In Pesticides, Soil Microbiology and Soil Quality, 59-63 (SETAC-Europe).

(29) Stenberg B., Johansson M., Pell M., Sjödahl Svensson K., Stenström J., Torstensson L. (1996). Effect of freeze and cold storage of soil on microbial activities and biomass. In Pesticides, Soil Microbiology and Soil Quality, 68-69 (SETAC-Europe).

(30) Gennari, M., Negre, M., Ambrosoli, R. (1987). Effects of ethylene oxide on soil microbial content and some chemical characteristics. Plant and Soil 102, 197-200.

(31) Anderson, J.P.E. (1975). Einfluss von Temperatur und Feuchte auf Verdampfung, Abbau und Festlegung von Diallat im Boden. Zeitschrift Pflanzenkrankheiten — Pflanzenschutz, Sonderheft VII, 141-146.

(32) Hamaker, J.W. (1976). The application of mathematical modelling to the soil persistence and accumulation of pesticides. Proc. BCPC Symposium: Persistence of Insecticides and Herbicides, 181-199.

(33) Goring, C.A.I., Laskowski, D.A., Hamaker, J.W., Meikle, R.W. (1975). Principles of pesticide degradation in soil. In „Environmental Dynamics of Pesticides“. R. Haque and V.H. Freed, Eds., 135-172.

(34) Timme, G. Frehse, H., Laska, V. (1986). Statistical Interpretation and graphic representation of the degradational behaviour of pesticide residues. II. Pflanzenschutz — Nachrichten Bayer 39, 188-204.

(35) Timme, G., Frehse, H. (1980). Statistical Interpretation and graphic representation of the degradational behaviour of pesticide residues. I. Pflanzenschutz — Nachrichten Bayer 33, 47-60.

(36) Gustafson D.I., Holden L.R. (1990). Non-linear pesticide dissipation in soil; a new model based on spatial variability. Environm. Sci. Technol. 24, 1032-1041.

(37) Hurle K., Walker A. (1980). Persistence and its prediction. In: Interactions between Herbicides and the Soil (R.J. Hance, Ed.), Academic Press, 83-122.

Anlage 1

WASSERSPANNUNG, FELDKAPAZITÄT (FK) UND WASSERHALTEKAPAZITÄT (WHK) 



Höhe der Wassersäule

(cm)

pF ()bar ()Bemerkungen
1077104Trockener Boden
1,6 · 1044,2 16Welkepunkt
104410
10331
6· 1022,8 0,6
3,3 · 1022,5 0,33  ()

Bereich der

Feldkapazität ()

10220,1
601,8 0,06
331,5 0,033
1010,01 WHK (Näherungswert)
100,001 wassergesättigter Boden

(1)   pF = dekadischer Logarithmus der Wasserspannung (in cm Wassersäule).

(2)   1 bar = 105 Pa.

(3)   Entspricht einem angenäherten Wassergehalt von 10 % in Sand, 35 % in Lehm und 45 % in Ton.

(4)   Die Feldkapazität (FK) ist nicht konstant, sondern schwankt je nach Bodentyp zwischen pF 1,5 und 2,5 .

Die Wasserspannung (Saugspannung) wird in cm Wassersäule oder in bar gemessen. Aufgrund des großen Saugspannungsbereichs wird sie einfach als pF-Wert angegeben, der dem Logarithmus der in cm Wassersäule angegebenen Wasserspannung entspricht.

Die Feldkapazität (Speicherfeuchte) wird definiert als die Wassermenge, die ein natürlicher Boden nach längeren Niederschlägen oder nach ausreichender Bewässerung zwei Tage gegen die Gravitation speichern kann. Sie wird in ungestörtem Boden in situ im Feld bestimmt. Daher ist die Messung nicht auf gestörte Laborbodenproben anwendbar. In gestörtem Boden bestimmte FK-Werte können erhebliche systematische Varianzen aufweisen.

Die Wasserhaltekapazität (WHK) wird im Labor für ungestörten und gestörten Boden durch Sättigung einer Bodensäule mit Wasser durch Kapillaraufstieg bestimmt Sie ist besonders für gestörte Böden nützlich und kann bis zu 30 % größer sein als die Feldkapazität (1). Sie ist im Test auch leichter zu bestimmen als verlässliche FK-Werte.

Anmerkungen

Anlage 2

BODENFEUCHTEGEHALT (in g Wasser je 100 g Boden TG ) VERSCHIEDENER BODENARTEN AUS UNTERSCHIEDLICHEN LÄNDERN



Bodenfeuchtegehalt bei
BodenartLand
WHK (1)pF = 1,8 pF = 2,5
SandDeutschland28,7 8,8 3,9
Lehmiger SandDeutschland50,4 17,9 12,1
Lehmiger SandSchweiz44,0 35,3 9,2
Schluffiger LehmSchweiz72,8 56,6 28,4
Toniger LehmBrasilien69,7 38,4 27,3
Toniger LehmJapan74,4 57,8 31,4
Sandiger LehmJapan82,4 59,2 36,0
Schluffiger LehmUSA47,2 33,2 18,8
Sandiger LehmUSA40,4 25,2 13,3
(1)   Wasserhaltekapazität.

Anlage 3

Abbildung 1

Beispiel eines Durchflussapparats für die Untersuchung der Transformation von Chemikalien im Boden  

Abbildung 2

Beispiel eines Biometergefäßes für die Untersuchung der Transformation von Chemikalien im Boden 

C.24.   AEROBE UND ANAEROBE TRANSFORMATION IN WASSER-SEDIMENT-SYSTEMEN

1.   METHODE

Diese Testmethode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 308 (2002).

1.1.   EINLEITUNG

Chemikalien gelangen in flache oder tiefe Oberflächengewässer auf folgenden Wegen: direkte Applikation, Sprühmittelabdrift, Ablauf, Entwässerung, Abfallentsorgung, Industrie-, Haushalts- oder Landwirtschaftsabwässer und über atmosphärische Ablagerung. Die Testmethode beschreibt eine Labormethode zur Beurteilung der aeroben und anaeroben Transformation von organischen Chemikalien in Wasser-Sediment-Systemen. Sie basiert auf bestehenden Richtlinien (1) (2) (3) (4) (5) (6). Auf einem OECD-Workshop zur Boden/Sedimentauswahl, der 1995 im italienischen Belgirate stattfand (7), wurden insbesondere die Anzahl und Arten der bei diesem Test zu verwendenden Sedimente vereinbart. Des Weiteren gab der Workshop Empfehlungen zur Entnahme, Handhabung und Lagerung von Sedimentproben basierend auf den ISO-Hinweisen (8). Derartige Untersuchungen sind bei Chemikalien erforderlich, bei denen davon auszugehen ist, dass sie unmittelbar in Wasser angewandt werden oder auf den oben aufgeführten Eintragspfaden in den aquatischen Bereich gelangen.

Die Bedingungen in natürlichen Wasser-Sediment-Systemen sind in der oberen Wasserphase häufig aerob. Die Oberflächenschicht des Sediments kann entweder aerob oder anaerob sein, während die tieferen Sedimentschichten in der Regel anaerob sind. Um sämtlichen Möglichkeiten Rechnung zu tragen, werden in diesem Dokument sowohl aerobe als auch anaerobe Tests beschrieben. Der aerobe Test simuliert eine aerobe Wassersäule über einer aeroben Sedimentschicht, die mit einem anaeroben Gradienten unterschichtet ist. Der anaerobe Test simuliert ein vollständig anaerobes Wasser-Sediment-System. Deuten die Umstände darauf hin, dass es notwendig ist, von diesen Empfehlungen deutlich abzuweichen, indem z. B. intakte Sedimentkerne oder Sedimente verwendet werden, die möglicherweise gegenüber der Testsubstanz exponiert waren, können andere, zu diesem Zweck verfügbare Methoden zur Anwendung kommen (9).

1.2.   DEFINITIONEN

In jedem Falle ist das Internationale Einheitensystem (SI-System) anzuwenden.

Testsubstanz: jede Substanz, ob Ausgangsverbindung oder relevante Transformationsprodukte.

Transformationsprodukte: alle Substanzen, die das Ergebnis von biotischen oder abiotischen Transformationsreaktionen der Testsubstanz sind, einschließlich CO2 und Reaktionsprodukte in gebundenen Rückständen.

Gebundene Rückstände: Verbindungen in Böden, Pflanzen oder Tieren, die nach einer Extraktion in der Matrix in Form der Ausgangssubstanz oder deren Metaboliten verbleiben. Die Extraktionsmethode darf die Verbindungen selbst oder die Matrix Struktur nicht wesentlich verändern. Die Art der Bindung kann zum Teil durch matrixverändernde Extraktionsmethoden und hochentwickelte Analysenverfahren geklärt werden. Bislang werden z. B. kovalente Ionen- und Sorptionsbindungen sowie Einschlüsse auf diese Weise nachgewiesen. In aller Regel bedeutet die Bildung von gebundenen Rückständen eine deutliche Verminderung der Bioverfügbarkeit (10) (modifiziert nach IUPAC 1984 (11)).

Aerobe Transformation (oxidierend): in Gegenwart von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (12).

Anaerobe Transformation (reduzierend): unter Ausschluss von molekularem Sauerstoff ablaufende Reaktionen (12).

Natürliche Gewässer: Oberflächengewässer, die aus Teichen, Flüssen, Strömen usw. stammen.

Sediment: ein Gemisch mineralischer und organisch-chemischer Bestandteile. Letztere enthalten Verbindungen mit hohem Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt und mit hoher Molekularmasse. Das Sediment lagert sich in natürlichen Gewässern ab und bildet eine Grenzfläche zu diesem Wasser.

Mineralisation: vollständiger Abbau einer organischen Verbindung zu CO2 und H2O unter aeroben Bedingungen, und zu CH4, CO2 und H2O unter anaeroben Bedingungen. Im Zusammenhang mit dieser Testmethode, bei der eine radioaktiv markierte Verbindung verwendet wird, bedeutet Mineralisation einen extensiven Abbau eines Moleküls, wobei ein markiertes Kohlenstoffatom unter Freisetzung der entsprechenden Menge 14CO2 bzw. 14CH4 quantitativ oxidiert oder reduziert wird.

Halbwertszeit t0,5 : die für die 50 %ige Transformation einer Testsubstanz ermittelte Zeit, wenn die Transformation mittels Kinetik erster Ordnung beschrieben werden kann; sie ist unabhängig von der Ausgangskonzentration.

Abbauzeit DT50: Zeitspanne, in der sich die Ausgangskonzentration der Testsubstanz um 50 % reduziert hat.

Abbauzeit DT75: Zeitspanne, in der sich die Ausgangskonzentration der Testsubstanz um 75 % reduziert hat.

Abbauzeit DT90: Zeitspanne, in der sich die Ausgangskonzentration der Testsubstanz um 90 % reduziert hat.

1.3.   REFERENZSUBSTANZEN

Referenzsubstanzen sollten zur Identifizierung und Quantifizierung von Transformationsprodukten mittels spektroskopischer und chromatografischer Verfahren verwendet werden.

1.4.   INFORMATIONEN ZUR TESTSUBSTANZ

Zur Messung der Transformationsrate kann eine nicht markierte oder markierte Testsubstanz verwendet werden, jedoch werden markierte Substanzen bevorzugt. Markierte Substanzen sind notwendig zur Untersuchung des Transformationsweges und zur Aufstellung einer Massenbilanz. Empfohlen wird die 14C-Markierung, doch auch der Einsatz anderer Isotope wie 13C, 15N, 3H oder 32P kann sinnvoll sein. Die Markierung sollte möglichst im stabilsten Teil/in den stabilsten Teilen des Moleküls positioniert sein . Die chemische und/oder radiochemische Reinheit der Testsubstanz sollte mindestens 95 % betragen.

Vor der Durchführung eines Tests sollten folgende Informationen zur Testsubstanz vorliegen:

a)
Wasserlöslichkeit (Methode A.6);
b)
Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln;
c)
Dampfdruck (Methode A.4) und Henry-Konstante;
d)
n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Methode A.8);
e)
Adsorptionskoeffizient (Kd, KF oder Koc) (Methode C.18);
f)
Hydrolyse (Methode C.7);
g)
Dissoziationskonstante (pKa) (OECD Guideline 112) (13);
h)
chemische Struktur der Testsubstanz und Ort der Isotopenmarkierung(en), falls zutreffend.

Hinweis: Die Temperatur, bei der diese Messungen vorgenommen werden, sollte angegeben werden.

Sinnvoll können u. a. auch folgende Angaben sein: Toxizität der Testsubstanz gegenüber Mikroorganismen, Daten zur leichten und/oder potenziellen biologischen Abbaubarkeil sowie Daten zur aeroben und anaeroben Transformation im Boden.

Analysenmethoden (einschließlich Extraktions- und Reinigungsverfahren) zur Identifizierung und Quantifizierung der Testsubstanz und ihrer Transformationsprodukte in Wasser und Sediment sollten verfügbar sein (siehe 1.7.2).

1.5.   PRINZIP DER TESTMETHODE

Bei der hier beschriebenen Methode werden ein aerobes und ein anaerobes Wassersediment verwendet (siehe Anlage 1), das folgende Untersuchungen erlaubt:

i)
Messung der Transformationsrate der Testsubstanz in einem Wasser-Sediment-System,
ii)
Messung der Transformationsrate der Testsubstanz im Sediment,
iii)
Messung der Mineralisationsrate der Testsubstanz und/oder ihrer Transformationsprodukte (bei Verwendung einer 14C-markierten Testsubstanz),
iv)
Identifizierung und Quantifizierung von Transformationsprodukten in Wasser- und Sedimentphasen einschließlich einer Massenbilanz (bei Verwendung einer markierten Testsubstanz),
v)
Messung der Verteilung der Testsubstanz und ihrer Transformationsprodukte auf die beiden Phasen während einer Inkubation im Dunkeln (um z. B. Algenblüten zu vermeiden) bei konstanter Temperatur. Halbwertszeiten, DT50-, DT75- und DT90-Werte werden bestimmt, wenn es die entsprechenden Daten hergeben, sollten jedoch nicht weit über den Versuchszeitraum hinaus extrapoliert werden (siehe 1.2).

Sowohl für die aerobe als auch für die anaerobe Untersuchung sind jeweils mindestens zwei Sedimente sowie die dazugehörigen Wasserphasen erforderlich (7). In bestimmten Fällen sollten jedoch mehr als zwei Sedimente verwendet werden, z. B. bei Chemikalien, die in Binnengewässern und/oder in Meeresgewässern vorkommen können.

1.6.   ANWENDBARKEIT DES TESTS

Die Methode ist allgemein anwendbar auf chemische Substanzen (nicht markiert oder markiert), für die ein Analysenverfahren mit hinreichender Genauigkeit und Empfindlichkeit zur Verfügung steht. Es ist anwendbar auf schwach flüchtige, nichtflüchtige, wasserlösliche oder schlecht wasserlösliche Verbindungen. Der Test sollte nicht angewendet werden bei Chemikalien, die aus Wasser stark flüchtig sind (z. B. Begasungsmittel oder organische Lösungsmittel) und somit unter den Versuchsbedingungen dieses Tests nicht im Wasser und/oder Sediment gehalten werden können.

Bisher wird diese Methode zur Untersuchung der Transformation von Chemikalien in Binnengewässern und Sedimenten genutzt, aber im Prinzip ist sie auch für Ästuar-/Meeressysteme anwendbar. Sie ist nicht geeignet zur Simulation von Bedingungen in strömendem Wasser (z. B. Flüssen) oder auf hoher See.

1.7.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.   Wiederfindungsraten

Die Extraktion und Analyse von mindestens jeweils zwei parallel angesetzten Wasser- und Sedimentproben unmittelbar nach Zugabe der Testsubstanz geben einen ersten Hinweis auf die Wiederholbarkeit der Analysenmethode und die gleichmäßige Verteilung der Testsubstanz bei der Applikation. Die Wiederfindungsraten für spätere Versuchsphasen ergeben sich aus den jeweiligen Massenbilanzen (bei Verwendung markierter Substanzen). Die Wiederfindungsraten sollten im Bereich von 90-110 % für markierte Chemikalien (6) und von 70-110 % für nicht markierte Chemikalien liegen.

1.7.2.   Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysenmethode

Die Wiederholbarkeit der Analysenmethode (ausgenommen die Effizienz der Extraktion im Anfangsstadium) zur Quantifizierung der Testsubstanz und der Transformationsprodukte kann durch eine parallele Analyse desselben Extrakts der Wasser- bzw. der Sedimentproben, die hinreichend lange zur Bildung von Transformationsprodukten inkubiert wurden, überprüft werden.

Die Nachweisgrenze („limit of detection — LOD“) der Analysenmethode für die Testsubstanz und für die Transformationsprodukte sollte mindestens 0,01 mg· kg-1 in Wasser oder Sediment (als Testsubstanz) oder — falls dieser Wert niedriger ist — 1 % der in ein Testsystem applizierten. Ausgangsmenge betragen. Die Quantifizierungsgrenze („limit of quantification — LOQ“) sollte ebenfalls spezifiziert werden.

1.7.3.   Genauigkeit der Transformationsdaten

Geeignete Informationen über die Zuverlässigkeit der Transformationskurve lassen sich mittels einer Regressionsanalyse aus den Testsubstanzkonzentrationen in Abhängigkeit von der Zeit gewinnen, die auch die Berechnung des Vertrauensbereiche für Halbwertszeiten (im Falle einer Kinetik pseudo-erster Ordnung) bzw. DT50-Werte und ggf. für DT75 und DT90-Werte ermöglicht.

1.8.   BESCHREIBUNG DER METHODE

1.8.1.   Testsystem und Geräte

Die Untersuchung sollte in Glasgefäßen (z. B. Flaschen oder Zentrifugengläsern) durchgeführt werden, sofern nicht bereits vorliegende Informationen (wie der n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient, Sorptionsdaten usw.) darauf hindeuten, dass die Testsubstanz möglicherweise an Glas anhaftet. In diesem Fall kann es erforderlich sein, andere Materialien (wie Teflon) in Betracht zu ziehen. Wenn bekannt ist, dass die Testsubstanz an Glas anhaftet, könnte eine Lösung darin bestehen, eine oder mehrere der folgenden Methoden anzuwenden:

Bestimmung der Masse der am Glas sorbierten Testsubstanz und Transformationsprodukte,
obligatorische Spülung aller Glasgegenstände mit einem Lösungsmittel zu Testende,
Verwendung formulierter Handelsprodukte (siehe auch 1.9.2),
Verwendung einer größeren Menge eines Hilfslösungsmittels für die Zugabe der Testsubstanz in das System; das eingesetzte Hilfslösungsmittel sollte die Testsubstanz nicht durch Solvolyse aufspalten,

Beispiele für typische Testgeräte, d. h. Durchfluss- und Biometersysteme, sind in Anlage 2 bzw. 3 dargestellt (14). Weitere geeignete Inkubationssysteme sind in der Literaturangabe (15) beschrieben. Die Anordnung der Versuchsgeräte sollte den Austausch von Luft oder Stickstoff und das Auffangen flüchtiger Produkte ermöglichen. Die Geräte müssen so bemessen sein, dass sie den Anforderungen des Tests entsprechen (siehe 1.9.1), Die Belüftung kann entweder durch schonendes Durchperlen oder durch das Leiten von Luft oder Stickstoff über die Wasseroberfläche erfolgen. In letzterem Fall kann ein vorsichtiges Umrühren des Wassers von oben angeraten sein, um eine bessere Verteilung des Sauerstoffs bzw. Stickstoffs im Wasser zu erreichen. CO2-freie Luft sollte nicht verwendet werden, da dies zu einem Anstieg des pH-Werts des Wassers führen kann. In jedem Falle ist eine Störung des Sediments nicht wünschenswert und sollte weitestgehend vermieden werden. Schwach flüchtige Chemikalien sollten in einem Biometersystem unter vorsichtigem Rühren der Wasseroberfläche getestet werden. Ebenfalls können geschlossene Gefäße mit einer Gasphase aus atmosphärischer Luft oder Stickstoff sowie mit innen befindlichen Röhrchen zum Auffangen flüchtiger Produkte verwendet werden (16). Beim aeroben Test ist ein regelmäßiger Austausch der Gasphase im oberen Teil des Gefäßes erforderlich, um den Sauerstoffverbrauch durch die Biomasse auszugleichen.

Geeignete Abscheider für das Sammeln flüchtiger Transformationsprodukte sind u. a. Kaliumhydroxid- oder Natriumhydroxidlösungen (1 mol· dm-3) für Kohlendioxid  und Ethylenglykol, Ethanolamin oder 2 %iges Paraffin in Xylol für organische Verbindungen. Flüchtige Verbindungen wie Methan, die unter anaeroben Bedingungen entstehen, können z. B. mittels Molekularsieben aufgefangen werden. Solche flüchtigen Verbindungen können z. B. zu CO2 verbrannt werden, indem das Gas bei einer Temperatur von 900 oC durch eine CuO enthaltende Quarzröhre geführt und das gebildete CO2 in einem Abscheider mit Alkali aufgefangen wird (17).

Erforderlich ist eine Laborausstattung für die chemische Analyse der Testsubstanz und von Transformationsprodukten (z. B. Gas-Flüssigchromatografie (GLC), Hochleistungsflüssigchromatografie (HPLC), Dünnschichtchromatografie (TLC), Massenspektroskopie (MS), Gaschromatografie-Massenspektroskopie (GC-MS), Flüssigchromatografie-Massenspektrometrie (LC-MS), kernmagnetische Resonanz (NMR) u. a.), sowie ggf. Detektionssysteme für radioaktiv markierte oder nicht markierte Chemikalien. Bei Verwendung radioaktiv markierter Substanzen werden darüber hinaus ein Flüssigkeitsszintillationszähler und ein Oxidationsmittel (für die Verbrennung von Sedimentproben vor der Analyse auf Radioaktivität) benötigt.

Weitere Standardlaborgeräte für physikalisch-chemische und biologische Bestimmungen (siehe Tabelle 1 in Abschnitt 1.8.2.2), Glasgegenstände, Chemikalien und Reagenzien sind je nach Bedarf erforderlich;

1.8.2.   Auswahl und Anzahl von Wassersedimenten

Die Probenahmestellen sollten entsprechend dem Zweck des Tests je nach gegebener Situation gewählt werden. Bei der Auswahl der Probenahmestellen ist die Vorgeschichte möglicher landwirtschaftlicher, industrieller oder häuslicher Einträge in das Einzugsgebiet und die Oberläufe zu berücksichtigen. Es sollten nur Sedimente verwendet werden, die in den 4 vorhergehenden Jahren nicht mit der Testsubstanz oder ihren Struktur-Analoga verunreinigt worden sind.

1.8.2.1.   Sedimentauswahl

Für die aeroben Tests werden üblicherweise zwei Sedimente verwendet (7). Die beiden ausgewählten Sedimente sollten sich hinsichtlich ihres organischen Kohlenstoffgehalts und ihrer Textur voneinander unterscheiden. Ein Sediment sollte einen hohen organischen Kohlenstoffgehalt (2,5 -7,5 %) aufweisen und feinkörnig sein, das andere Sediment sollte einen niedrigen organischen Kohlenstoffgehalt (0,5 -2,5 %) haben und grobkörnig sein. Der Unterschied zwischen den organischen Kohlenstoffgehalten sollte im Regelfall mindestens 2 % betragen. „Feinkörnigkeit“ wird definiert als ein [Ton und Schluff]  -Gehalt von > 50 %, und „Grobkörnigkeit“ wird definiert als ein [Ton und Schluff]-Gehalt von < 50 %, Die Differenz zwischen den [Ton und Schluff]-Gehalten beider Sedimente sollte in aller Regel mindestens 20 % betragen. In Fällen, in denen eine Chemikalie auch in Meerwasser gelangen kann, sollte mindestens eines der Wasser-Sediment-Systeme marinen Ursprungs sein.

Für die strikt anaerobe Untersuchung sollten Proben von zwei Sedimenten (einschließlich des jeweils dazugehörigen Wassers) aus den anaeroben Bereichen der Oberflächenwasserkörper genommen werden (7). Handhabung und Transport von Sediment- und Wasserphasen sollten vorsichtig unter Ausschluss von Sauerstoff erfolgen.

Für die Auswahl von Sedimenten können noch andere Parameter von Bedeutung sein und sollten je nach Ausgangslage berücksichtigt werden. So wäre z. B. der pH-Bereich von Sedimenten wichtig für die Untersuchung von Chemikalien, bei denen die Transformation und/oder Sorption pH-abhängig sein könnte. Die pH-Abhängigkeit der Sorption kann im pKa-Wert der Testsubstanz zum Ausdruck kommen.

1.8.2.2.   Charakterisierung von Wasser-Sediment-Proben

In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Parameter, die für Wasser und Sediment zu messen und zu protokollieren sind (unter Verweis auf die verwendete Methode), sowie die Testphase, in der diese Parameter zu bestimmen sind, aufgeführt. Informationen über die Methoden zur Bestimmung dieser Parameter sind in der Literatur (18) (19) (20) (21) zu finden.

Unter Umständen sind je nach Ausgangslage noch weitere Parameter zu messen und zu protokollieren (z. B. für Süßwasser: Partikel, Alkalinität, Harte, Leitfähigkeit, NO3/PO4 (Verhältnis und Einzelwerte); für Sedimente: Kationenaustauschkapazität, Wasserhaltekapazität, Carbonat, Gesamtstickstoff und -phosphor; und für Meeressysteme: Salzgehalt). Zur Messung der Redoxbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die anaerobe Transformation, kann auch eine Analyse von Sedimenten und Wasser auf Nitrat, Sulfat, bioverfügbares Eisen und evtl. andere Elektronenakzeptoren sinnvoll sein.



Messung von Parametern zur Charakterisierung von Wasser-Sediment-Proben (7) (22) (23)

ParameterPhase des Testverfahrens
Feld probenahmeHandhabungBeginn der AkklimatisierungTestbeginnLaufender TestTestende
Wasser
Herkunft/Quelle×
Temperatur×
pH-Wert×××××
TOC×××
O2-Konzentration (*)×××××
Redoxpotenzial (*)××××
Sediment
Herkunft/Quelle×
Tiefe der Schicht×
pH-Wert×××××
Korngrößenverteilung×
TOC××××
Mikrobielle Biomasse (1)×××
Redoxpotenzial (2)Beobachtung (Farbe/Geruch)××××

(*1)   Aktuelle Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Messungen der Sauerstoffkonzentrationen im Wasser und der Redoxpotenziale für das Wachstum und die Entwicklung von mikrobiellen Populationen in Oberflächengewässern weder einen mechanistischen noch einen prognostischen Wert besitzen (24) (25). Zur Interpretation und Beurteilung der aeroben biologischen Transformationsraten und -pfade besser geeignete Hilfsmittel sind möglicherweise die Bestimmung des biochemischen Sauerstoffbedarfs (BSB) (bei der Feldprobenahme sowie zu Testbeginn und –ende) und die Konzentrationsbestimmung der Mikro-/Makronährstoffe Ca2+, Mg2+ und Mn2+ (zu Testbeginn und -ende) in Wasser sowie die Messung des Gesamt-N und Gesamt-P in Sedimenten (bei der Feldprobenahme und zu Testende).

(*2)   Die Methode der mikrobiellen Respirationsrate (26), die Fumigationsmethode (27) oder die Bestimmung der Lebendkeimzahl (z. B. Bakterien, Aktinomyceten, Pilze und Gesamtzahl der Kolonien) für aerobe Untersuchungen; Methanogeneserate bei anaeroben Untersuchungen.

1.8.3.   Probenahme, Handhabung und Lagerung

1.8.3.1.   Probenahme

Für die Entnahme von Sedimentproben sollte der Entwurf der ISO-Hinweise zur Probenahme von Sedimenten (8) herangezogen werden. Sedimentproben sollten von der gesamten oberen, 5 bis 10 cm starken Sedimentschicht genommen werden. Am selben Standort und zum selben Zeitpunkt sollte das dazugehörige Wasser entnommen werden. Für die anaerobe Studie sollte die Probenahme und der Transport des Sediments und des dazugehörigen Wassers unter Ausschluss von Sauerstoff erfolgen (28) (siehe 1.8.2.1). Einige Probenahmegeräte sind in der Literatur beschrieben (8) (23).

1.8.3.2.   Handhabung

Das Sediment wird durch Filtration vom Wasser getrennt und dann mit überschüssigem Standortwasser, das anschließend verworfen wird, durch ein Sieb mit einer Maschenweite von 2 mm feucht gesiebt. Dann werden bekannte Mengen Sediment und Wasser im gewünschten Verhältnis (siehe 1.9.1) in Inkubationsgefäßen vermischt und für die Akklimatisierung vorbereitet (siehe 1.8.4). Bei der anaeroben Studie sind alle Schritte unter Ausschluss von Sauerstoff durchzuführen (29) (30) (31) (32) (33).

1.8.3.3.   Lagerung

In jedem Falle wird die Verwendung frischer Sediment- und Wasserproben empfohlen; ist jedoch eine Lagerung erforderlich, sollten Sediment und Wasser wie zuvor beschrieben gesiebt und zusammen gelagert werden, und zwar mit einem Wasserüberstand (6 10 cm Wassersäule), im Dunkeln, bei 4 ± 2 oC4 und für einen Zeitraum von höchstens vier Wochen (7) (8) (23). Für aerobe Untersuchungen vorgesehene Proben sollten bei freiem Luftzutritt gelagert werden (z. B. in offenen Behältern), die für anaerobe Untersuchungen vorgesehenen Proben hingegen unter Ausschluss von Sauerstoff. Während des Transports and der Lagerung dürfen Sediment und Wasser nicht gefrieren und das Sediment darf nicht austrocknen.

1.8.4.   Vorbereitung der Sediment-/Wasserproben für den Test

Der Testsubstanzzugabe sollte eine Akklimatisierungsperiode vorangehen, während der sich jede Sediment-/Wasserprobe in dem im Haupttest zu verwendenden Inkubationsgefäß befindet. Die Bedingungen der Akklimatisierungsperiode müssen exakt denen der Inkubation beim Haupttest entsprechen (siehe 1.9.1). Die Akklimatisierungsperiode ist die Zeit, die benötigt wird, um eine hinreichende Stabilität des Systems zu erreichen, die sich am pH-Wert, an der Sauerstoffkonzentration im Wasser, am Redoxpotenzial des Sediments und Wassers sowie an der makroskopischen Phasentrennung ablesen lässt. Die Akklimatisierungsperiode beträgt in aller Regel ein bis zwei Wochen und sollte vier Wochen nicht überschreiten. Die Ergebnisse der während dieser Zeit durchgeführten Bestimmungen sind zu protokollieren.

1.9.   DURCHFÜHRUNG DES TESTS

1.9.1.   Testbedingungen

Der Test sollte im Inkubationsgefäß (siehe 1.8.1) mit einem Wasser-Sediment-Volumenverhältnis zwischen 3:1 und 4:1 und einer Sedimentschicht von 2,5 cm (± 0,5 cm) durchgeführt werden . Eine Mindestmenge von 50 g Sediment (Trockengewicht) pro Inkubationsgefäß wird empfohlen.

Der Test sollte im Dunkeln bei einer konstanten Temperatur im Bereich von 10 bis 30 oC durchgeführt werden. Angemessen ist eine Temperatur von (20 ± 2) oC. Falls notwendig, kann zusätzlich eine niedrigere Temperatur (im Allgemeinen 10 oC) gewählt werden, als Einzelfallentscheidung in Abhängigkeit von den zu ermittelnden Testergebnissen. Die Inkubationstemperatur sollte überwacht und protokolliert werden.

1.9.2.   Behandlung und Applikation der Testsubstanz

Es wird eine Testkonzentration der Chemikalie verwendet . Für Pflanzenschutzmittel, die direkt auf den Wasserkörper appliziert werden, sollte die auf dem Etikett angegebene Höchstdosierung als maximale Applikationsrate, die bezogen auf die Wasseroberfläche des Testgefäßes errechnet wird, eingesetzt werden. In allen anderen Fällen sollte die einzusetzende Konzentration auf Berechnungen aus Umweltemissionen basieren. Es ist darauf zu achten, dass eine ausreichende Testsubstanzkonzentration appliziert wird, um den Transformationspfad und die Bildung und den Rückgang der Transformationsprodukte erfassen zu können. Es kann erforderlich sein, höhere Dosen zu applizieren (z. B. das 10-fache), wenn z. B. die Testsubstanzkonzentration zu Testbeginn dicht an der Nachweisgrenze liegt und/oder wenn die Haupttransformationsprodukte nicht ohne weiteres nachgewiesen werden können, obwohl ihr Anteil 10 % der Applikationsrate der Testsubstanz ausmacht. Werden höhere Testkonzentrationen verwendet, sollten diese allerdings keine erhebliche Beeinträchtigung der mikrobiellen Aktivität des Wasser-Sediment-Systems bewirken. Um eine konstante Testsubstanzkonzentration in verschieden großen Gefäßen zu erreichen, kann eine Anpassung der applizierten Substanzmenge als sinnvoll angesehen werden, basierend auf der Höhe der Wassersäule im Gefäß im Verhältnis zur Höhe der Wassersäule am Probenahmestandort (die mit 100 cm angenommen wird, doch auch andere Höhen sind möglich). Siehe die Beispielrechnung in Anlage 4.

Idealerweise sollte die Testsubstanz als wässrige Lösung in die Wasserphase des Testsystems gegeben werden. Falls es sich nicht vermeiden lässt, ist der Einsatz geringer Mengen von mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln (wie Aceton oder Ethanol) für die Applikation und Verteilung der Testsubstanz zulässig, sollte jedoch l % v/v nicht überschreiten und die mikrobielle Aktivität des Testsystems nicht beeinträchtigen. Die Herstellung der wässrigen Lösung der Testsubstanz ist mit Sorgfalt vorzunehmen — zur Sicherstellung einer vollständigen Homogenität können die Verwendung von Generatorsäulen und das Mischen vor Testbeginn sinnvoll sein. Nach Zugabe der wässrigen Lösung in das Testsystem wird ein vorsichtiges Mischen der Wasserphase empfohlen, wobei das Sediment so wenig wie möglich gestört werden sollte.

Die Verwendung von formulierten Handelsprodukten wird routinemäßig nicht empfohlen, da die Formulierungsbestandteile die Verteilung der Testsubstanz und/oder der Transformationsprodukte zwischen der Wasser- und der Sedimentphase beeinflussen können. Bei schlecht wasserlöslichen Testsubstanzen kann der Einsatz von formulierten Handelsprodukten jedoch eine geeignete Alternative darstellen.

Die Anzahl der Inkubationsgefäße richtet sich nach der Anzahl der Probenahmezeitpunkte (siehe 1.9.3). Es sollte eine ausreichende Anzahl von Testansätzen vorgesehen werden, so dass zwei Ansätze zu jedem Probenahmezeitpunkt ausgewertet werden können. Werden Kontrollansätze für die verschiedenen Wasser-Sediment-Systeme eingesetzt, sollten sie nicht mit der Testsubstanz behandelt werden. Die Kontrollansätze können zur Bestimmung der mikrobiellen Biomasse des Sediments und der Gesamtmenge an organisch gebundenem Kohlenstoff des Wassers und Sedimentes zu Testende herangezogen werden. Zwei der Kontrollansätze (d. h. ein Kontrollansatz pro Wassersedimentansatz) können zur Überwachung der erforderlichen Parameter im Sediment und im Wasser während der Akklimatisierungsphase genutzt werden (siehe Tabelle in Abschnitt 1.8.2.2). Es sind zwei zusätzliche Kontrollansätze für den Fall vorzusehen, dass die Testsubstanz mittels eines Lösungsmittels appliziert wird, um Beeinträchtigungen der mikrobiellen Aktivität des Testsystems zu erfassen.

1.9.3.   Testdauer und Probenahme

Der Versuch sollte im Normalfall nicht länger als 100 Tage dauern (6), sollte jedoch so lange fortgesetzt werden, bis der Abbauweg und das Wasser-/Sedimentverteilungsmuster ermittelt sind bzw. der Verlust der Testsubstanz durch Transformation und/oder Verflüchtigung 90 % erreicht hat. Die Anzahl der Probenahmezeitpunkte sollte mindestens sechs (einschließlich des Nullzeitpunkts) betragen, wobei fakultativ eine Voruntersuchung (siehe 1.9.4) durchgeführt werden kann, um ein geeignetes Probenahmeschema und die optimale Testdauer zu ermitteln, sofern nicht genügend Daten zur Testsubstanz aus früheren Untersuchungen vorliegen. Bei hydrophoben Testsubstanzen können zusätzliche Probenahmen während der Anfangsphase der Untersuchung erforderlich sein, um die Verteilungsrate zwischen der Wasser-/Sedimentphase zu bestimmen.

Zu entsprechenden Probenahmezeitpunkten werden komplette Inkubationsgefäße (im Replikat) zur Analyse entnommen. Das Sediment und das darüber liegende Wasser werden getrennt analysiert . Das Oberflächenwasser sollte vorsichtig entnommen werden, um das Sediment so wenig wie möglich zu stören. Die Extraktion und Charakterisierung der Testsubstanz und der Transformationsprodukte sollte nach geeigneten Analysenverfahren erfolgen. Substanzen, die sich unter Umständen am Inkubationsgefäß oder an den Verbindungsleitungen, die zum Auffangen flüchtiger Verbindungen dienen, angelagert haben, sollten vorsichtig abgelöst und gesammelt werden.

1.9.4.   Fakultative Voruntersuchung

Können Dauer und Probenahmeschema nicht auf der Grundlage anderer relevanter Untersuchungen zur Testsubstanz abgeschätzt werden, kann fakultativ eine Voruntersuchung als sinnvoll angesehen werden, die unter den gleichen Testbedingungen durchzuführen ist, wie sie für den endgültigen Hauptversuch geplant sind. Die relevanten Versuchsbedingungen und Ergebnisse aus der Voruntersuchung, falls sie durchgeführt wurde, sollten in Kurzform protokolliert werden.

1.9.5.   Messungen und Analyse

Die Konzentration der Testsubstanz und der Transformationsprodukte ist zu jedem Probenahmezeitpunkt im Wasser und im Sediment zu messen und zu protokollieren (als Konzentrationsangabe und als prozentualer Anteil der Applikationsmenge). Allgemein sollten Transformationsprodukte, die ≥ 10 % der applizierten Radioaktivität im gesamten Wasser-Sediment-System zu irgendeinem Probenahmezeitpunkt aufweisen, identifiziert werden, sofern nicht hinreichende Gründe dagegen sprechen. Ebenfalls für eine Identifizierung in Betracht gezogen werden sollten Transformationsprodukte, deren Konzentrationen während des Tests kontinuierlich steigen, da dies ein Hinweis auf Persistenz ist, auch wenn ihre Konzentrationen die oben genannten Grenzen nicht überschreiten. Dieses Vorgehen sollte im Einzelfall erwogen und im Abschlussbericht begründet werden.

Zu jedem Probenahmezeitpunkt sollten die Ergebnisse aus den Abscheidesystemen für Gase/flüchtige Verbindungen (CO2 und andere, d. h. flüchtige organische Verbindungen) protokolliert werden. Die Mineralisationsraten sind zu protokollieren. Nicht extrahierbare (gebundene) Rückstände im Sediment sind zu jedem Probenahmezeitpunkt zu protokollieren.

2.   DATEN

2.1.   AUFBEREITUNG DER ERGEBNISSE

Die Gesamtmassenbilanz bzw. die Wiederfindungsrate (siehe 1.7.1) der zugegebenen Radioaktivität ist zu jedem Probenahmezeitpunkt zu berechnen. Die Ergebnisse sind als Anteile (in %) der applizierten Radioaktivität zu protokollieren. Die Verteilung der Radioaktivität im Wasser und Sediment sollte als Konzentration und prozentualer Anteil zu jedem Probenahmezeitpunkt protokolliert werden.

Die Halbwertszeit, DT50- und ggf. DT75- und DT90-Werte der Testsubstanz sollten zusammen mit ihren Vertrauensbereichen berechnet werden (siehe 1.7.3). Informationen zur Verlustrate der Testsubstanzkonzentration im Wasser und im Sediment lassen sich mittels geeigneter Berechnungsprogramme gewinnen. Dazu können gehören: die Anwendung einer Kinetik nach pseudo-erster Ordnung, empirische Kurvenanpassungsverfahren unter Anwendung grafischer oder numerischer Lösungen sowie komplexere Berechnungen z. B. unter Anwendung von Einzel- oder Mehrkompartimentmodellen. Weitere Einzelheiten sind in der relevanten Literatur zu finden (35) (36) (37).

Alle Ansätze haben Stärken und Schwächen und weisen hinsichtlich ihrer Komplexität erhebliche Unterschiede auf. Die Annahme einer Kinetik erster Ordnung kann eine zu starke Vereinfachung der Abbau- und Verteilungsprozesse bedeuten, ergibt jedoch — falls möglich — einen Wert (die Geschwindigkeitskonstante oder Halbwertszeit), der leicht zu verstehen und für Simulationsmodellierungen und Berechnungen von Umweltkonzentrationen relevant ist. Empirische Ansätze oder lineare Transformationen können bessere Anpassungen von Kurven an Daten und damit eine optimalere Abschätzung von Halbwertszeiten, DT50- und ggf. DT75- und DT90-Werten ermöglichen. Allerdings ist der Nutzen dieser abgeleiteten Konstanten begrenzt. Mit Kompartimentmodellen lassen sich eine Reihe nützlicher Konstanten berechnen, die wichtig für die Risikoabschätzung sind und die die Abbaugeschwindigkeit in den verschiedenen Kompartimenten sowie die Verteilung der Chemikalie beschreiben. Sie sollten ferner zur Ermittlung der Geschwindigkeitskonstanten für die Bildung und den Abbau von Haupttransformationsprodukten herangezogen werden. In allen Fällen muss die Auswahl der Methode begründet werden, und der Versuchsleiter sollte die Güte der Anpassung grafisch und/oder statistisch nachweisen.

3.   ABSCHLUSSBERICHT

3.1.   TESTBERICHT

Der Testbericht muss folgende Angaben enthalten:

Testsubstanz:

Common Name (Handelsname von Pflanzenschutzmitteln), systematischer chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (bei Verwendung radioaktiv markierter Chemikalien mit Angabe des Markierungsorts) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
Reinheit (Verunreinigungen) der Testsubstanz;
radiochemische Reinheit der markierten Chemikalie und molare Aktivität (falls zutreffend).

Referenzsubstanzen:

Systematischer chemischer Name und Struktur von Referenzsubstanzen, die zur Charakterisierung und/oder zur Identifizierung von Transformationsprodukten verwendet werden.

Testsedimente und -wasser:

Ort und Beschreibung der Probenahmestelle(n) für das Wassersediment, einschließlich etwaiger früherer Kontaminationen;
alle Informationen zur Probenahme, (ggf.) Lagerung und Akklimatisierung von Wasser-Sediment-Systemen;
Eigenschaften der Wasser-Sediment-Proben gemäß der Tabelle in Abschnitt 1.8.2.2.

Testbedingungen:

Verwendetes Testsystem (z. B. Durchflusssystem, Biometersystem, Art der Belüftung, Rührmethode, Wasservolumen, Sedimentmasse, Höhe der Wasser- und der Sedimentschicht, Abmessungen der Testgefäße usw.);
Applikation der Testsubstanz in das Testsystem: verwendete Testkonzentration, Anzahl der Replikat- und Kontrollproben, Art der Applikation der Testsubstanz (z. B. Verwendung eines Lösungsmittels, falls zutreffend) usw.;
Inkubationstemperatur;
Probenahmezeitpunkte;
Extraktionsmethoden und -effizienz sowie Analysenmethoden und Nachweisgrenzen;
Verfahren für die Charakterisierung/Identifizierung von Transformationsprodukten;
Abweichungen vor der Testvorschrift oder den Testbedingungen während der Untersuchung.

Ergebnisse:

Rohdaten-Zahlenwerte repräsentativer Analysen (sämtliche Rohdaten sind im GLP-Archiv zu speichern);
Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der herangezogenen Analysenverfahren;
Wiederfindungsraten (prozentuale Werte für eine valide Studie sind in 1.7.1 angegeben);
tabellarische Darstellung der Ergebnisse, ausgedrückt in % der applizierten Menge und in mg· kg-1 im Wasser, im Sediment und im Gesamtsystem (nur in %) für die Testsubstanz und ggf. für Transformationsprodukte und nicht extrahierbare Radioaktivität;
Massenbilanz während und am Ende der Untersuchungen;
grafische Darstellung der Transformation in den Wasser- und Sedimentfraktionen sowie im Gesamtsystem (einschließlich Mineralisation);
Mineralisationsraten;
Halbwertszeit, DT50- sowie ggf. DT75- und DT90-Werte für die Testsubstanz und ggf. Haupttransformationsprodukte einschließlich der Vertrauensbereiche im Wasser, Sediment und im Gesamtsystem;
Beurteilung der Transformationskinetik der Testsubstanz und ggf. der Haupttransformationsprodukte;
Vorschlag für einen Transformationspfad, falls möglich;
Diskussion der Ergebnisse.

4.   LITERATURANGABEN

(1) BBA-Guidelines for the examination of plant protectors in the registration process. (1990). Part IV, Section 5-1: Degradability and fate of plant protectors in the water/sediment system. Germany.

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Anlage 1

ANLEITUNG ZU DEN AEROBEN UND DEN ANAEROBEN TESTSYSTEMEN

Aerobes Testsystem

Das in dieser Testmethode beschriebene aerobe Testsystem besteht aus einer aeroben Wassersäule (typische Sauerstoffkonzentrationen im Bereich von 7 bis 10 mg· l-1) und einer Sedimentschicht, die an der Oberfläche aerob und unter der Oberfläche anaerob ist. (Typische mittlere Redoxpotenziale (Eh) der anaeroben Sedimentzone liegen im Bereich von - 80 bis - 190 mV.) In jedem Inkubationsgefäß wird angefeuchtete Luft über die Wasseroberfläche geführt, um im oberen Teil des Gefäßes eine ausreichende Menge Sauerstoff zu gewährleisten.

Anaerobes Testsystem

Das Testverfahren des anaeroben Testsystems gleicht im Wesentlichen dem für das aerobe System beschriebenen, mit dem Unterschied, dass in jedem Inkubationsgefäß angefeuchteter Stickstoff über die Wasseroberfläche geführt wird, um eine ausreichende Stickstoffmenge im oberen Gefäßteil zu gewährleisten. Sediment und Wasser werden als anaerob betrachtet, wenn das Redoxpotenzial (Eh) niedriger ist als - 100 mV.

Im anaeroben Test beruht die Beurteilung der Mineralisation auf der Messung des gebildeten Kohlendioxids und Methans.

Anlage 2

BEISPIEL EINES DURCHFLUSSSYSTEMS

Anlage 3

BEISPIEL EINES BIOMETERSYSTEMS

Anlage 4

BEISPIELRECHNUNG FÜR DIE APPLIKATIONSDOSIS IN TESTGEFÄSSEN



Zylinderinnendurchmesser:= 8 cm
Höhe der Wassersäule ohne Sediment:= 12 cm
Oberfläche: 3,142 × 42= 50,3 cm2
Applikationsrate: 500 g Testsubstanz/ha entspricht 5
μg/cm2Gesamtmenge (μg): 5 × 50,3 = 251,5 μg

Bezug der Gesamtmenge auf eine Wassersäulenhöhe von 100 cm:

12 × 251,5 ÷ 100

= 30,18 μg
Volumen der Wassersäule: 50,3 × 12= 603 ml
Konzentration in Wasser: 30,18 ÷ 603= 0,050 μg/ml oder 50 μg/l

C.25.   AEROBE MINERALISATION IN OBERFLÄCHENWASSER — SIMULATIONSTEST ZUR BIOLOGISCHEN ABBAUBARKEIT

1.   METHODE

Diese Methode entspricht der Prüfrichtlinie OECD TG 309 (2004) (1).

1.1.   EINLEITUNG

Mit diesem Test sollen der zeitliche Verlauf des biologischen Abbaus einer niedrig konzentrierten Prüfsubstanz in aerobem natürlichem Wasser gemessen und die Beobachtungen als kinetische Geschwindigkeit quantifiziert werden. Dieser Simulationstest besteht aus einem im Labor durchgeführten Schüttelkolben-Batch-Test, in dem die Rate des aeroben biologischen Abbaus organischer Substanzen in Proben natürlichen Oberflächenwassers (Süßwasser, Brackwasser oder Meerwasser) ermittelt wird. Der Test beruht auf ISO/DIS 14592-1 (2) und beinhaltet außerdem Elemente der Prüfmethoden C.23 und C.24 (3)(4). Bei langer Testdauer wird anstelle der Batch-Untersuchung ein semikontinuierlicher Test durchgeführt, um den Abbau der Testorganismen zu verhindern. Das Hauptziel des Simulationstests besteht in der Mineralisation der Prüfsubstanz in Oberflächenwasser; aufgrund der Mineralisation wird dann die Abbaukinetik beschrieben. Ein fakultatives untergeordnetes Ziel des Tests besteht in der Ermittlung von Informationen zum primären Abbau und zur Bildung wesentlicher Transformationsprodukte. Die Bestimmung der Transformationsprodukte sowie nach Möglichkeit die Quantifizierung der jeweiligen Konzentrationen sind besonders wichtig bei Substanzen, die sehr langsam mineralisiert werden (z. B. wenn die Halbwertszeiten für den Abbau sämtlicher 14C-Rückstände mehr als 60 Tage betragen). Zur Bestimmung und Quantifizierung wichtiger Transformationsprodukte sollten aus analytischen Gründen die Prüfsubstanzen im Allgemeinen in höheren Konzentrationen (z. B. > 100 μg/l) verwendet werden.

Niedrige Konzentrationen sind in diesem Test Konzentrationen (z. B. von weniger als 1 μg/l auf 100 μg/l), die so gering sind, dass sichergestellt ist, dass die Kinetik des biologischen Abbaus im Test die in der natürlichen Umgebung zu erwartende Kinetik widerspiegelt. Gegenüber der Gesamtmasse an biologisch abbaubaren Kohlenstoffsubstraten, die in im Test verwendetem natürlichem Wasser vorkommen, fungiert die niedrig konzentrierte Prüfsubstanz als untergeordnetes Substrat. Dies bedeutet, dass die zu erwartende Kinetik des biologischen Abbaus als Kinetik erster Ordnung einzustufen ist (Kinetik „ohne Wachstum“) und dass die Prüfsubstanz durch „Cometabolismus“ abgebaut werden kann. Eine Kinetik erster Ordnung impliziert, dass die Abbaurate (mg/l/Tag) proportional zur im Laufe der Zeit abnehmenden Substratkonzentration ist. Bei echter Kinetik erster Ordnung ist die Konstante der spezifischen Abbaurate (k) unabhängig von der Dauer und von der Konzentration. Die Konstante k ändert sich also während eines Versuchs nicht nennenswert, und wesentliche Änderungen treten auch nach Konzentrationssteigerungen von einem Versuch zum nächsten nicht auf. Per Definition entspricht die Konstante der spezifischen Abbaurate der relativen Konzentrationsänderung pro Zeiteinheit: k = (1/C) · (dC/dt). Unter den vorgegebenen Bedingungen ist im Allgemeinen eine Kinetik erster Ordnung zu erwarten; unter gewissen Bedingungen kann jedoch auch eine sonstige Kinetik gegeben sein. Abweichungen von der Kinetik erster Ordnung können z. B. festzustellen sein, wenn die Geschwindigkeit der biologischen Transformation stärker durch ein Massentransfer-Phänomen wie z. B. die Diffusionsrate als durch die Geschwindigkeit der biologischen Reaktion begrenzt wird. Die Daten können jedoch nahezu immer durch eine Pseudo-Kinetik erster Ordnung beschrieben werden, wobei eine konzentrationsabhängige Konstante für die Abbaurate angenommen wird.

Informationen zur biologischen Abbaubarkeit der Prüfsubstanz bei höheren Konzentrationen (z. B. aufgrund von Standard-Screening-Tests) sowie Informationen zur abiotischen Abbaubarkeit, zu Transformationsprodukten und zu maßgeblichen physikalisch-chemischen Merkmalen sollten vor dem Test verfügbar sein, um den Versuch planen und die Ergebnisse auswerten zu können. Die Verwendung von mit 14C-markierten Prüfsubstanzen und die Bestimmung der Phasenverteilung von 14C am Ende des Tests ermöglichen die Bestimmung der biologischen Endabbaubarkeit. Bei nicht markierten Prüfsubstanzen kann der biologische Endabbau nur geschätzt werden, wenn eine höhere Konzentration getestet wird und alle wesentlichen Transformationsprodukte bekannt sind.

1.2.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Primärer biologischer Abbau: Strukturänderung (Transformation) einer chemischen Substanz durch Mikroorganismen infolge des Verlusts der chemischen Identität.

Funktionaler biologischer Abbau: Strukturänderung (Transformation) einer chemischen Substanz durch Mikroorganismen infolge des Verlusts eines spezifischen Merkmals.

Aerober biologischer Endabbau: Zersetzung einer chemischen Substanz durch Mikroorganismen unter Sauerstoffeinwirkung in Kohlendioxid und Wasser sowie in Mineralsalze sonstiger vorhandener Elemente (Mineralisation) und Erzeugung neuer Biomasse und organischer mikrobiologischer Biosyntheseprodukte.

Mineralisation: Zersetzung einer chemischen Substanz oder eines organischen Materials durch Mikroorganismen unter Sauerstoffeinwirkung in Kohlendioxid und Wasser sowie in Mineralsalze sonstiger vorhandener Elemente.

„Lag“-Phase: Zeitraum vom Beginn eines Tests bis zur Anpassung der abbauenden Mikroorganismen und bis der biologische Abbau einer chemischen Substanz oder eines organischen Materials einen nachweisbaren Umfang angenommen hat (z. B. 10 % des maximalen theoretischen biologischen Abbaus bzw. je nach Genauigkeit des Messverfahrens auch weniger).

Maximaler Umfang des biologischen Abbaus: In Prozent erfasster Umfang des biologischen Abbaus einer chemischen Substanz oder eines organischen Materials in einem Test, über den hinaus während des Tests kein weiterer biologischer Abbau mehr erfolgt.

Primärsubstrat: Zusammenstellung natürlichen Kohlenstoffs und natürlicher Energiequellen, in der eine mikrobiologische Biomasse wachsen und kultiviert werden kann.

Sekundärsubstrat: Niedrig konzentrierte Substratkomponente, durch deren Abbau den maßgeblichen Mikroorganismen im Vergleich zur Kohlenstoff- und Energieversorgung infolge des Abbaus der wesentlichen Substratkomponenten (Primärsubstrate) nur unerhebliche Mengen an Kohlenstoff und Energie zugeführt werden.

Konstante der Abbaurate: Konstante der Abbaukinetik erster Ordnung k (d–1); diese Konstante gibt Aufschluss über die Geschwindigkeit von Abbauprozessen; bei Batch-Versuchen wird k aufgrund des anfänglichen Abschnitts der Abbaukurve geschätzt, die am Ende der „Lag“-Phase ermittelt wird.

Halbwertszeit, t1/2 (d): Parameter zur Beschreibung der Geschwindigkeit einer Reaktion erster Ordnung; Zeitabstand, der einem Konzentrationsrückgang um den Faktor 2 entspricht. Der Zusammenhang zwischen der Halbwertszeit und der Konstante der Abbaurate lässt sich mit der Formel t1/2 = ln2/k beschreiben.

Abbauzeit, DT50 (d): Parameter zur Quantifizierung des Ergebnisses von Tests zur Ermittlung der biologischen Abbaubarkeit; Zeitintervall einschließlich der „Lag“-Phase, in dem ein biologischer Abbau von 50 % erreicht wird.

Nachweisgrenze (LOD = Limit of Detection) und Quantifizierungsgrenze (LOQ = Limit of Quantification): Als Nachweisgrenze (LOD) wird die Konzentration einer Substanz bezeichnet, unter der die Substanz nicht mehr von analytischen Artefakten unterschieden werden kann. Als Quantifizierungsgrenze (LOQ) gilt die Konzentration einer Substanz, unter der die Konzentrationen nicht mehr mit annehmbarer Genauigkeit bestimmt werden kann.

Gelöster organischer Kohlenstoff (DOC = Dissolved organic Carbon): Der Anteil des in einer Wasserprobe enthaltenen organischen Kohlenstoffs, der nicht durch die spezifizierte Phasentrennung entfernt werden kann (etwa durch 15-minütiges Zentrifugieren mit 40 000 ms–2 oder durch Membranfiltration mit einer Porengröße von 0,2 μm-0,45 μm).

TOA (Total organic 14C Activity): 14C-Gesamtaktivität von organischem Kohlenstoff

DOA (Dissolved organic 14C Activity): 14C-Aktivität von gelöstem organischem Kohlenstoff

POA (Particulate organic 14C Activity): 14C-Aktivität von als Feststoff vorliegendem organischem Kohlenstoff

1.3.   ANWENDBARKEIT DER PRÜFMETHODE

Dieser Simulationstest ist bei nicht flüchtigen oder leicht flüchtigen organischen Substanzen durchzuführen, die bei niedrigen Konzentrationen getestet werden. Bei Verwendung von zur Atmosphäre offenen Kolben (z. B. nur mit einem Wattepropf verschlossen) können Substanzen mit Henry-Konstanten von unter etwa 1 Pa · m3/mol (ca. 10–5 atm · m3/mol) in der Praxis als nicht flüchtig betrachtet werden. Mit geschlossenen Kolben mit einem gewissen Luftraum können leicht flüchtige Substanzen (mit Henry-Konstanten < 100 Pa · m3/mol bzw. < 10–3 atm · m3/mol) verlustfrei getestet werden. Bei mit 14C markierten Substanzen können Verluste auftreten, wenn beim Abtrennen des CO2 nicht die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. In diesen Fällen muss unter Umständen CO2 in einem internen Absorber mit Alkali gebunden oder ein externes CO2-Absorbersystem verwendet werden (direkte 14CO2-Bestimmung, wie in Anhang 3 beschrieben). Damit die Kinetik des biologischen Abbaus bestimmt werden kann, muss die Konzentration der Prüfsubstanz unter der Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz liegen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die in der Fachliteratur genannten Werte für die Wasserlöslichkeit erheblich höher sein können als die Löslichkeit der Prüfsubstanz in natürlichen Gewässern. Fakultativ kann die Löslichkeit von Prüfsubstanzen mit besonders schlechter Wasserlöslichkeit auch unter Verwendung von Material aus den zu prüfenden natürlichen Gewässern bestimmt werden.

Die Methode kann zur Simulierung des biologischen Abbaus in von groben Partikeln freiem Oberflächenwasser („pelagischer Test“) oder in trübem Oberflächenwasser z. B. an einem Wasser-/Sediment-Übergang („Test mit suspendierten Sedimenten“) eingesetzt werden.

1.4.   PRINZIP DER PRÜFMETHODE

Der Test wird als Batch-Test durchgeführt, indem die Prüfsubstanz entweder ausschließlich mit Oberflächenwasser („pelagischer Test“) oder in mit suspendierten Feststoffen/Sedimenten mit 0,01 bis 1 g/l Trockengewicht aufbereitetem Oberflächenwasser („Test mit suspendierten Sedimenten“) inkubiert wird, um ein Wasservolumen mit suspendierten Feststoffen oder neu suspendierten Sedimenten zu simulieren. Die Konzentration der suspendierten Feststoffe/Sedimente im unteren Bereich dieses Intervalls ist typisch für die meisten Oberflächengewässer. Die Testkolben werden im Dunkeln bei Umgebungstemperatur unter Schütteln bei aeroben Bedingungen inkubiert. Die Prüfsubstanz sollte in mindestens zwei Konzentrationen verwendet werden, um die Abbaukinetik zu bestimmen. Die Konzentrationen sollten sich um den Faktor 5 bis 10 voneinander unterscheiden und den in der Umwelt zu erwartenden Konzentrationsbereich abdecken. Die maximale Konzentration der Prüfsubstanz sollte höchstens 100 μg/l betragen; maximale Testkonzentrationen unter 10 μg/l sind jedoch zu bevorzugen, um sicherzustellen, dass beim biologischen Abbau eine Kinetik erster Ordnung gegeben ist. Die niedrigste Konzentration sollte höchstens 10 μg/l betragen; niedrigste Konzentrationen von 1-2 μg/l oder von weniger als 1 μg/l sind zu bevorzugen. Im Allgemeinen kann eine angemessene Analyse derart niedriger Konzentrationen mit handelsüblichen mit 14C markierten Substanzen durchgeführt werden. Aus analysetechnischen Gründen kann die Konzentration der Prüfsubstanz häufig nicht mit der erforderlichen Genauigkeit gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz in einer Konzentration von ≤ 100 μg/l vorliegt (siehe Abschnitt 1.7.2 Absatz 2). Höhere Konzentrationen der Prüfsubstanz (> 100 μg/l und gelegentlich > 1 mg/l) können zur Bestimmung und zur Quantifizierung wichtigerer Transformationsprodukte sowie dann verwendet werden, wenn ein spezifisches Analyseverfahren mit niedriger Nachweisgrenze nicht verfügbar ist. Wenn hohe Konzentrationen einer Prüfsubstanz getestet werden sollen, können die Ergebnisse unter Umständen nicht zur Schätzung der Konstante des Abbaus erster Ordnung und zur Schätzung der Halbwertszeit verwendet werden, weil der Abbau wahrscheinlich nicht der Kinetik erster Ordnung folgt.

Nach dem Abbau werden in geeigneten Zeitabständen entweder die 14C-Restwerte oder die Restkonzentration der Prüfsubstanz gemessen, wenn eine spezifische chemische Analyse erfolgt. Die 14C-Markierung der stabilsten Molekülbereiche gewährleistet, dass die Gesamtmineralisation bestimmt wird; erfolgt die Markierung mit 14C bei weniger stabilen Molekülbereichen oder werden spezifische Analyseverfahren eingesetzt, kann nur der primäre biologische Abbau ermittelt werden. Der stabilste Bereich beinhaltet jedoch nicht zwangsläufig den funktionsrelevanten Teil des Moleküls (der einem spezifischen Merkmal wie z. B. der Toxizität oder der Bioakkumulation zugeordnet werden kann). In diesem Fall ist unter Umständen die Verwendung einer im funktionsrelevanten Teil mit 14C markierten Prüfsubstanz angemessen, wenn die Aufhebung eines spezifischen Merkmals überwacht werden soll.

1.5.   INFORMATIONEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

Für diesen Test können sowohl radioaktiv markierte als auch nicht markierte Prüfsubstanzen verwendet werden. Die Markierung mit 14C wird empfohlen; markiert werden sollten im Allgemeinen die stabilsten Bereiche der jeweiligen Moleküle (siehe auch Abschnitt 1.4). Bei Substanzen mit mehreren aromatischen Ringen sollte vorzugsweise mindestens ein Kohlenstoffmolekül pro Ring mit 14C markiert werden. Außerdem sollte vorzugsweise mindestens ein Kohlenstoffmolekül auf beiden Seiten leicht abbaubarer Brücken mit 14C markiert werden. Die chemische und/oder radiochemische Reinheit der Prüfsubstanz sollte > 95 % sein. Bei radioaktiv markierten Substanzen ist eine spezifische Aktivität von mindestens ca. 50 μCi/mg (1,85 MBq) zu bevorzugen, um die 14C-Messungen in Tests mit niedrigen Ausgangskonzentrationen zu erleichtern. Zu den Prüfsubstanzen sollten folgende Informationen verfügbar sein:

Löslichkeit in Wasser (Methode A.6);
Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln (mit Lösungsmitteln behandelte Substanzen oder Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit),
Dissoziationskonstante (pKa), wenn die betreffende Substanz zur Protonierung oder Deprotonierung neigt (OECD TG 112) (5);
Dampfdruck (Methode A.4] und Henry-Konstante;
chemische Stabilität in Wasser und im Dunkeln (Hydrolyse) (Methode C.7).

Wenn Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit in Meerwasser getestet werden, kann die Kenntnis der Aussalzungskonstante (oder „Setschenow-Konstante“) Ks von Vorteil sein; diese Konstante wird mit folgender Formel definiert: log (S/S’) = Ks Cm; dabei stehen S und S’ für die Löslichkeit der Substanz in Süßwasser bzw. in Meerwasser und Cm für die molare Salzkonzentration.

Wenn der Test als „Test mit suspendierten Sedimenten“ durchgeführt wird, sollten auch die folgenden Informationen vorliegen:

n-Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Methode A.8);
Adsorptionskoeffizient (Methode C.18);

Außerdem können die folgenden Informationen hilfreich sein:

Umweltkonzentration (wenn bekannt oder geschätzt);
Toxizität der Prüfsubstanz für Mikroorganismen (Methode C.11);
leichte und/oder inhärente biologische Abbaubarkeit (Methoden C.4 A-F, C.12, C.9, OECD TG 302 (5));
aerobe bzw. anaerobe biologische Abbaubarkeit im Boden sowie Studien zur Sediment-/Wasser-Transformation (Methoden C.23, C.24).

1.6.   REFERENZSUBSTANZ

Als Referenzsubstanz sollte eine unter aeroben Bedingungen im Allgemeinen leicht abzubauende Substanz (z. B. Anilin oder Natriumbenzoat) verwendet werden. Gewöhnlich werden Anilin und Natriumbenzoat in weniger als zwei Wochen.abgebaut. Mit den Referenzsubstanzen soll sichergestellt werden, dass die mikrobiologische Aktivität des Testwassers in einem bestimmten Rahmen liegt, d. h. dass das Wasser eine aktive mikrobiologische Population enthält.

1.7.   QUALITÄTSKRITERIEN

1.7.1.   Wiederfindungsraten

Unmittelbar nach der Zugabe der Prüfsubstanz sollte durch Messungen der 14C-Aktivität bzw. — bei nicht markierten Substanzen — durch chemische Analysen in jeweils mindestens zwei Proben jeweils die Ausgangs-Testkonzentration geprüft werden. Die entsprechenden Messungen geben Aufschluss über die Anwendbarkeit und über die Wiederholbarkeit der Analysemethode sowie über die Homogenität der Verteilung der Prüfsubstanz. Im Allgemeinen wird in den anschließenden Datenanalysen eher die gemessene 14C-Ausgangsaktivität oder die Prüfsubstanzkonzentration gemessen als die Nennkonzentration, da bei den Messungen der 14C-Ausgangsaktivität oder der Prüfsubstanzkonzentration die auftretenden Sorptions- und Dosierungsfehler kompensiert werden. Bei mit 14C markierten Prüfsubstanzen wird der Umfang der Wiederfindung am Ende des Versuchs als Massenbilanz angegeben (siehe Abschnitt 1.8.9.4 letzter Absatz). Im Idealfall sollte die Massenbilanz bei radioaktiver Markierung im Bereich 90 % bis 110 % liegen; die erforderliche Analysegenauigkeit sollte bei nicht markierten Prüfsubstanzen durch eine anfängliche Wiederfindung von 70 % bis 110 % gegeben sein. Diese Bereiche sollten jedoch als Idealbereiche betrachtet und nicht als Kriterien für die Annehmbarkeit eines Tests angenommen werden. Die Analysegenauigkeit kann für die Prüfsubstanz auch bei einer niedrigeren Konzentration als der Ausgangskonzentration sowie für wichtigere Transformationsprodukte bestimmt werden.

1.7.2.   Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysemethode

Die Wiederholbarkeit der zur Quantifizierung der Prüfsubstanz sowie ggf. der Transformationsprodukte eingesetzten Analysemethode (einschließlich der Methoden zur Überprüfung der Wirksamkeit der Erstextraktion) sollte durch fünf Wiederholungsanalysen der einzelnen Extrakte des Oberflächenwassers geprüft werden.

Die Nachweisgrenze (LOD) der zur Analyse der Prüfsubstanz und der Transformationsprodukte verwendeten Methode sollte nach Möglichkeit bei mindestens 1 % der in das Testsystem eingebrachten Ausgangsmenge liegen. Die Quantifizierungsgrenze (LOQ) sollte kleiner oder gleich 10 % der verwendeten Konzentration sein. Die chemischen Analysen vieler organischer Substanzen und der jeweiligen Transformationsprodukte setzen häufig voraus, dass die Prüfsubstanz in verhältnismäßig hohen Konzentrationen (d. h. > 100 μg/l) eingebracht wird.

1.8.   BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

1.8.1.   Apparatur

Der Test kann in konischen oder zylindrischen Kolben mit geeignetem Fassungsvermögen (z. B. 0,5 oder 1,0 l) durchgeführt werden, die mit Silikon- oder Gummistopfen verschlossen sind; alternativ können auch Serumflaschen mit CO2-dichten Deckeln (z. B. mit Butylkautschuk-Septum) verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Durchführung der Tests mit mehreren Kolben und in der Entnahme des gesamten Inhalts von jeweils mindestens zwei Kolben je Probenintervall (siehe Abschnitt 1.8.9.1 letzter Absatz). Für nicht flüchtige Prüfsubstanzen, die nicht radioaktiv markiert wurden, sind gasdichte Stopfen oder Deckel nicht erforderlich. Lose Wattepfropfen, die eine Verunreinigung aus der Luft verhindern, können verwendet werden (siehe Abschnitt 1.8.9.1 Absatz 2). Leicht flüchtige Substanzen sollten in einem Biometersystem unter leichten Rühren der Wasseroberfläche getestet werden. Um sicherzustellen, dass keine Verunreinigung durch Bakterien erfolgt, können die Gefäße auch durch Erwärmen oder durch Autoklavieren vor der Verwendung sterilisiert werden. Außerdem wird die folgende Standard-Laborausrüstung verwendet:

ein Schütteltisch oder Magnetrührer zum kontinuierlichen Rühren der Testkolben;
eine Zentrifuge;
ein pH-Messgerät;
ein Trübungsmesser für nephelometrische Trübungsmessungen;
ein Ofen oder eine Mikrowelle zur Bestimmung der Trockengewichte;
Geräte zur Membranfiltration;
ein Autoklav oder ein Ofen zur Sterilisierung der Glasgeräte durch Erwärmen;
Instrumente zur Handhabung von mit 14C markierten Substanzen;
Geräte zur Quantifizierung der 14C-Aktivität der Proben aus CO2-Abscheidelösungen sowie ggf. aus Sedimentproben;
Analysegeräte zur Bestimmung der Prüfsubstanz (und der Referenzsubstanz), wenn spezifische chemische Analysen (z. B. mit einem Gaschromatographien oder durch HPLC) vorgenommen werden.

1.8.2.   Stammlösungen der Prüfsubstanz

Zur Herstellung von Stammlösungen der Prüfsubstanzen und der Referenzsubstanzen wird entionisiertes Wasser verwendet (siehe Abschnitt 1.8.7 Absatz 1). Das entionisierte Wasser sollte frei von Substanzen sein, die auf Mikroorganismen toxisch wirken könnten; außerdem sollte der Anteil an gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) höchstens 1 mg/l betragen (6).

1.8.3.   Entnahme und Transport von Oberflächenwasser

Die Stellen, an denen das Oberflächenwasser entnommen wird, sollten grundsätzlich abhängig vom Zweck des jeweiligen Tests ausgewählt werden. Bei der Auswahl von Entnahmestellen sind mögliche Einträge aus Landwirtschaft, Industrie und Haushalten zu berücksichtigen. Wenn bekannt ist, dass eine aquatische Umgebung in den letzten vier Jahren mit der Prüfsubstanz oder mit analog aufgebauten Substanzen verunreinigt wurde, sollte dort nur dann Wasser für die Tests entnommen werden, wenn ausdrücklich die Abbauraten an bereits belasteten Stellen untersucht werden sollen. An der Entnahmestelle sollten der pH-Wert und die Temperatur des Wassers gemessen werden. Die Tiefe, in der das Wasser entnommen wurde, sowie das Aussehen der Wasserproben (z. B. Farbe und Trübung) sollten ebenfalls protokolliert werden (siehe Abschnitt 3). Die Sauerstoffkonzentration und/oder das Redoxpotenzial in Wasser und in der Sedimentoberfläche sollten gemessen werden, um die aerobe Qualität der Proben nachzuweisen, wenn diese nicht aufgrund des Aussehens oder bereits vorliegender Erfahrungen mit der Entnahmestelle offensichtlich bzw. bekannt sind. Das Oberflächenwasser sollte in einem gründlich gespülten Behälter transportiert werden. Während des Transports sollte die Probentemperatur die Testtemperatur nicht erheblich überschreiten. Bei einer Transportdauer von mehr als 2-3 Stunden wird eine Kühlung auf 4 °C empfohlen. Die Wasserprobe darf nicht gefroren sein.

1.8.4.   Lagerung und Vorbereitung des Oberflächenwassers

Der Test sollte vorzugsweise binnen eines Tages nach der Probenahme begonnen werden. Die ggf. erforderliche Lagerung des Wassers sollte auf ein Minimum beschränkt werden; Lagerzeiten von mehr als vier Wochen sind unter keinen Umständen annehmbar. Die Wasserprobe sollte bis zur Verwendung bei einer Temperatur von 4 °C aufbewahrt werden. Vor der Verwendung sollten grobe Teilchen entfernt werden (z. B. durch Filtration durch einen Nylonfilter mit einer Maschenweite von 100 μm oder mit einem groben Papierfilter oder durch Ausfällung).

1.8.5.   Vorbereitung von mit Sedimenten aufbereitetem Wasser (fakultativ)

Für den Test mit dem suspendierten Sediment wird ein Oberflächensediment zu den Kolben mit dem wie in Abschnitt 1.8.4 beschrieben zur Abtrennung grober Teilchen gefilterten natürlichen Wasser hinzugegeben, um eine Suspension herzustellen; die Konzentration der suspendierten Feststoffe sollte zwischen 0,01 und 1 g/l betragen. Das Oberflächensediment sollte aus der Stelle stammen, aus der auch die Wasserprobe genommen wurde. Abhängig von der jeweiligen aquatischen Umgebung kann das Oberflächensediment entweder durch einen hohen Anteil an organischem Kohlenstoff (2,5-7,5 %) und durch eine feine Textur oder durch einen geringen Anteil an organischem Kohlenstoff (0,5-2,5 %) und eine grobe Textur gekennzeichnet sein (3). Das Oberflächensediment kann wie folgt hergestellt werden: Mit einem durchsichtigen Kunststoffröhrchen werden mehrere Sedimentkerne gezogen; unmittelbar nach der Probenahme werden anschließend die oberen aeroben Schichten abgeschnitten (von der Oberfläche bis zu einer Tiefe von maximal 5 mm) und zusammengegeben. Die so hergestellte Sedimentprobe sollte in einem Behälter mit großem Luftraum transportiert werden, um die aerobe Umgebung des Sediments aufrechtzuerhalten. (Bei einer Transportdauer von mehr als 2-3 Stunden ist das Sediment auf 4 °C zu kühlen.) Die Sedimentprobe sollte dann im für den Test zu verwendenden Wasser im Verhältnis 1:10 suspendiert und bis zur Verwendung belüftet bei einer Temperatur von 4 °C gelagert werden. Die ggf. erforderliche Lagerung des Sediments sollte auf ein Minimum beschränkt werden; Lagerzeiten von mehr als vier Wochen sind unter keinen Umständen annehmbar.

1.8.6.   Semikontinuierliches Verfahren (fakultativ)

Eine längere Inkubation (über mehrere Monate) kann erforderlich sein, wenn ein erheblicher Abbau der Prüfsubstanz erst nach einer langen Verzögerung messbar ist. Wenn die Notwendigkeit einer längeren Inkubation aus früheren Tests einer Substanz bekannt ist, kann der Test mit einem semikontinuierlichen Verfahren begonnen werden, bei dem regelmäßig ein Teil des im Test verwendeten Wassers bzw. der Suspension erneuert wird (siehe Anhang 2). Alternativ kann auch der normale Batch-Test zu einem semikontinuierlichen Test abgewandelt werden, wenn binnen einer Testdauer von etwa 60 Tagen im Batch-Test (siehe Abschnitt 1.8.8.3 Absatz 2) kein Abbau der Prüfsubstanz festgestellt wurde.

1.8.7.   Zugabe der Prüfsubstanz (bzw. der Referenzsubstanz)

Bei Substanzen mit hoher Wasserlöslichkeit (> 1 mg/l) und geringer Flüchtigkeit (Henry-Konstanten < 1 Pa · m3/mol oder < 10–5 atm · m3/mol) kann eine Stammlösung in entionisiertem Wasser hergestellt werden (siehe Abschnitt 1.8.2); die jeweils erforderliche Menge der Stammlösung wird zu den Prüfgefäßen hinzugegeben, bis die gewünschte Konzentration erreicht ist. Das Volumen einer hinzugefügten Stammlösung sollte auf das geringstmögliche Maß begrenzt werden (möglichst < 10 % des endgültigen Flüssigkeitsvolumens). Ein weiteres Verfahren besteht in der Auflösung der Prüfsubstanz in einem größeren Volumen des im Test verwendeten Wassers; diese Möglichkeit kommt als Alternative zur Verwendung organischer Lösungsmittel in Betracht.

Wenn zwingend erforderlich, sollten Stammlösungen nicht flüchtiger Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit unter Einsatz eines flüchtigen organischen Lösungsmittels hergestellt werden; die Menge des zum Testsystem hinzugegebenen Lösungsmittels sollte jedoch maximal 1 % (v/v) betragen und die mikrobiologische Aktivität nicht beeinträchtigen. Außerdem sollte das Lösungsmittel keine Auswirkungen auf die Stabilität der Prüfsubstanz im Wasser haben. Das Lösungsmittel sollte bis zu einem äußerst geringen Volumen so weit abgetrennt werden, dass die DOC-Konzentration des im Test verwendeten Wassers bzw. der verwendeten Suspension nicht erheblich erhöht wird. Dies sollte durch eine substanzspezifische Analyse bzw. nach Möglichkeit durch eine DOC-Analyse sichergestellt werden (6). Dabei ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Menge des übertragenen Lösungsmittels auf das absolut erforderliche Minimum begrenzt wird; außerdem muss gewährleistet sein, dass sich die vorhandene Prüfsubstanz im Endvolumen des im Test verwendeten Wassers auflösen kann. Für die Einbringung der Prüfsubstanz in die Prüfgefäße können auch andere Verfahren verwendet werden (siehe Quellen (7) und (8)). Wenn zur Einbringung der Prüfsubstanz ein organisches Lösungsmittel verwendet wird, sollten Lösungsmittelkontrollen mit dem im Test verwendeten Wasser (ohne weitere Zusätze) sowie das im Test verwendete Wasser unter Zugabe einer Referenzsubstanz in ähnlicher Weise wie die aktiven Prüfgefäße behandelt werden, zu denen die Prüfsubstanz in einem Trägerlösungsmittel hinzugegeben wurde. Mit den Lösungsmittelkontroollen sollen anhand des Abbaus der Referenzsubstanz mögliche Beeinträchtigungen der mikrobiologischen Population durch das Lösungsmittel untersucht werden.

1.8.8.   Prüfbedingungen

1.8.8.1.   Testtemperatur

Die Inkubation sollte (vorzugsweise) im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung und kontrollierter Temperatur (± 2 °C) erfolgen; dies kann die in der betreffenden Außenumgebung gegebene Temperatur oder eine Standardtemperatur von 20-25 °C sein. Die in der Außenumgebung gegebene Temperatur kann entweder die tatsächliche Probentemperatur zum Zeitpunkt der Probenahme oder eine durchschnittliche Temperatur in der Außenumgebung der Entnahmestelle sein.

1.8.8.2.   Vermischung

Durch Vermischung unter kontinuierlichem Schütteln oder Rühren muss sichergestellt werden, dass die Teilchen und Mikroorganismen suspendiert bleiben. Außerdem begünstigt die ständige Mischung den Sauerstoffeintrag aus dem Luftraum über der Flüssigkeit und somit die Aufrechterhaltung angemessener aerober Bedingungen. Dazu können die Kolben auf einen Schütteltisch (mit einer Frequenz von etwa 100 Umdrehungen pro Minute) gebracht oder mit einem Magnetrührer gerührt werden: Die Proben sind in einem kontinuierlichen Prozess zu schütteln. Das Schütteln oder Rühren muss möglichst vorsichtig erfolgen; trotzdem muss eine homogene Suspension aufrechterhalten werden.

1.8.8.3.   Testdauer

Die Testdauer sollte im Allgemeinen höchstens 60 Tage betragen, wenn nicht das semikontinuierliche Verfahren unter regelmäßiger Erneuerung der Testsuspension eingesetzt wird (siehe Abschnitt 1.8.6 und Anhang 2). Die Testdauer des Batch-Tests kann jedoch auf maximal 90 Tage ausgedehnt werden, wenn binnen der ersten 60 Tage der Abbau der Prüfsubstanz begonnen hat. Der Abbau wird in geeigneten Zeitabständen aufgrund der 14C-Restaktivität oder der gebildeten 14CO2-Menge (siehe Abschnitt 1.8.9.4) und/oder durch chemische Analyse (Abschnitt 1.8.9.5) überwacht. Die Inkubationsdauer muss so lange sein, dass der Abbauprozess bewertet werden kann. Der Abbau sollte vorzugsweise in einem Umfang von über 50 % erfolgt sein; bei langsam abbauenden Substanzen muss der Umfang des Abbaus hinreichend sein (im Allgemeinen mehr als 20 %), um die Schätzung einer Konstante der kinetischen Abbaurate zu ermöglichen.

Der pH-Wert und die Sauerstoffkonzentration des Testsystems sind regelmäßig zu messen, wenn nicht aus ähnlichen Tests mit Wasser- und Sedimentproben, die aus derselben Stelle entnommen wurden, Erfahrungen vorliegen und diese Messungen daher nicht mehr erforderlich sind. Unter gewissen Bedingungen kann der Metabolismus von Primärsubstraten in stark erhöhten Konzentrationen im Wasser bzw. im Sediment dazu führen, dass so viel CO2 entwickelt und so viel Sauerstoff abgebaut wird, dass sich die Versuchsbedingungen während der Testdauer erheblich ändern.

1.8.9.   Verfahren

1.8.9.1.   Vorbereitung der Kolben für den pelagischen Test

Ein geeignetes Volumen des im Test zu verwendenden Wassers wird in die Testkolben gebracht; die Kolben sind bis zu etwa einem Drittel zu füllen. Eine Füllmenge von etwa 100 ml darf nicht unterschritten werden. Auch wenn mehrere Kolben verwendet werden (um ggf. auch den gesamten Inhalt eines Kolbens prüfen zu können), beträgt das Volumen des zu verwendenden Wassers etwa 100 ml, da sich zu geringe Probenvolumina auf die Dauer der „Lag“-Phase auswirken könnten. Die Prüfsubstanz wird aus einer Stammlösung hinzugegeben, wie in den Abschnitten 1.8.2 und 1.8.7 beschrieben. Die Prüfsubstanz sollte in mindestens zwei Konzentrationen verwendet werden, die sich mindestens um den Faktor 5 bis 10 unterscheiden; anhand dieser Konzentrationen sollte die Abbaukinetik bestimmt und die Konstante der kinetischen Abbaurate ermittelt werden. Die beiden ausgewählten Konzentrationen sollten unter 100 μg/l liegen und sich vorzugsweise im Bereich < 1-10 μg/l bewegen.

Die Kolben sind mit für Luft und für CO2 undurchlässigen Stopfen oder Deckeln zu verschließen. Bei nicht flüchtigen und nicht mit 14C markierten Prüfchemikalien können lose Wattepropfen zum Schutz vor Verunreinigungen aus der Luft verwendet werden (siehe Abschnitt 1.8.1), wenn alle wichtigeren Abbauprodukte bekanntermaßen nicht flüchtig sind und wenn die CO2-Konzentration indirekt bestimmt wird (siehe Anhang 3).

Die Kolben werden bei der jeweils ausgewählten Temperatur inkubiert (siehe Abschnitt 1.8.8.1). Proben zur chemischen Analyse oder für 14C-Messungen sind am Anfang des Tests zu entnehmen (d. h. noch vor Beginn des biologischen Abbaus; siehe Abschnitt 1.7.1); anschließend folgen während der Testdauer weitere Probenahmen in geeigneten Zeitabständen. Die Probenahme kann entweder durch Entnahme von Teilproben (z. B. 5-ml-Aliquoten) aus den einzelnen Wiederholungen oder durch Entnahme jeweils des gesamten Inhalts eines Kolbens bei der Probenahme erfolgen. Die Mineralisation der Prüfsubstanz kann wahlweise direkt oder indirekt bestimmt werden (siehe Anhang 3). In der Regel werden während der Abbauphase (d. h. nach Ende der „Lag“-Phase) mindestens fünf Probenahmestellen benötigt, um die Konstante der Abbaurate zuverlässig bestimmen zu können, wenn nicht bei rasch abbaubaren Substanzen begründet werden kann, dass drei Probenahmestellen hinreichend sind. Bei Substanzen, die nicht schnell abgebaut werden, können leicht weitere Messungen während der Abbauphase vorgenommen werden; daher sollten mehr Datenpunkte zur Bestimmung von k verwendet werden. Ein bestimmter zeitlicher Rahmen für die Probenahme kann nicht vorgegeben werden, da sich der biologische Abbau von Fall zu Fall unterschiedlich vollzieht; bei langsamem Abbau wird allerdings empfohlen, wöchentlich eine Probe zu entnehmen. Wenn die Prüfsubstanz rasch abbaubar ist, sollten Proben während der ersten drei Tage einmal täglich und anschließend jeden zweiten oder dritten Tag entnommen werden. Unter gewissen Umständen (z. B. bei sehr rasch hydrolysierenden Substanzen) müssen Proben unter Umständen stündlich genommen werden. Eine Vorstudie vor Durchführung des eigentlichen Tests wird empfohlen, um die geeigneten Intervalle für die Probenahme zu bestimmen. Wenn Proben für weitere spezifische Analysen verfügbar sein müssen, sollten mehr Proben entnommen und dann am Ende des Versuchs in rückläufiger Reihenfolge (d. h. die letzten Proben zuerst) die zu analysierenden Proben ausgewählt werden. (Hinweise zur Stabilität der Proben während der Lagerung sind Abschnitt 1.8.9.5 Absatz 2 zu entnehmen.).

1.8.9.2.   Anzahl der Kolben und Proben

Testkolben werden in folgendem Umfang benötigt:

Testkolben; mindestens jeweils zwei Kolben für jede Konzentration der Prüfsubstanz (vorzugsweise mindestens 3) bzw. mehrere Testkolben pro Konzentration, wenn jeweils der gesamte Kolbeninhalt als Probe genommen werden soll (Kurzbezeichnung FT);
Testkolben für die Berechnung der Massenbilanz; jeweils mindestens zwei Kolben pro Testkonzentration (Kurzbezeichnung FM);
Testkolben für die unbehandelte Blindprobe (ohne Prüfsubstanz); mindestens ein Blindproben-Testkolben ausschließlich mit dem im Test verwendeten Wasser (Kurzbezeichnung FB);
Testkolben für die Referenzkontrolle; zwei Kolben mit der Referenzsubstanz (z. B. Anilin oder Natriumbenzoat in einer Konzentration von 10 μg/l) (Kurzbezeichnung FC); mit der Referenzkontrolle soll sichergestellt werden, dass eine gewisse mikrobiologische Mindestaktivität gegeben ist. Wenn ohne Weiteres praktikabel, kann eine radioaktiv markierte Referenzsubstanz verwendet werden. Diese Möglichkeit kommt auch in Betracht, wenn der Abbau der Prüfsubstanz durch chemische Analysen überwacht werden soll);
Testkolben für die sterile Kontrolllösung; ein oder zwei Kolben mit im Test verwendetem sterilisiertem Wasser zur Untersuchung eines möglichen abiotischen Abbaus oder sonstiger nicht biologischer Abtrennungen der Prüfsubstanz (Kurzbezeichnung FS); die biologische Aktivität kann durch Autoklavieren (121 °C; 20 min) des im Test verwendeten Wassers oder durch Zugabe eines Giftstoffs (z. B. Natriumazid (NaN3) in einer Konzentration von 10-20 g/l, Quecksilberchlorid (HgCl2) in einer Konzentration von 100 mg/l oder Formalin in einer Konzentration von 100 mg/l) oder durch Gammabestrahlung beendet werden. HgCl2 sollte als Sonderabfall entsorgt werden. Bei Wasser mit starker Segmentzugabe sind sterile Bedingungen schwer herzustellen; in diesem Fall wird mehrfaches Autoklavieren (z. B. dreimal) empfohlen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich das Sorptionsverhalten durch Autoklavieren ändern kann.
Testkolben für die Lösungsmittelkontrolllösungen mit dem im Test zu verwendenden Wasser und mit dem zu verwendenden Wasser in Verbindung mit der Referenzsubstanz; jeweils zwei Kolben, die mit der gleichen Lösungsmittelmenge behandelt und demselben Verfahren unterzogen wurden, wie die Kolben mit der Prüfsubstanz; mit diesen Lösungen sollen aufgrund des Abbaus der Referenzsubstanz mögliche Beeinträchtigungen durch das Lösungsmittel bestimmt werden.

Bei der Gestaltung des Prüfprotokolls sollte die relative Bedeutung häufigerer Wiederholungen bei einer höheren Anzahl an Probenahmen berücksichtigt werden. Die genaue Anzahl der erforderlichen Kolben hängt von der jeweiligen Methode zur Messung des Abbaus ab (siehe Abschnitt 1.8.9.1 Absatz 3 und Abschnitt 1.8.9.4 sowie Anhang 3).

Aus allen Testkolben sollten bei der Probenahme jeweils zwei Teilproben (z. B. 5-ml-Aliquoten) genommen werden. Wenn mehrere Kolben eingesetzt werden, um den gesamten Inhalt eines Kolbens als Probe verwenden zu können, sollten mindestens zwei Kolben pro Probenahme entnommen werden (siehe Abschnitt 1.8.9.1 Absatz 1).

1.8.9.3.   Vorbereitung der Kolben für Tests mit suspendierten Sedimenten (fakultativ)

Die erforderliche Menge des im Test zu verwendenden Wassers und das ggf. erforderliche Sediment werden zum Prüfgefäß hinzugegeben (siehe Abschnitt 1.8.5). Die Vorbereitung der Kolben für Tests mit suspendierten Sedimenten unterscheidet sich nicht von der Vorbereitung für den pelagischen Test (siehe Abschnitte 1.8.9.1 und 1.8.9.2). Vorzugsweise sind Serumflaschen oder ähnlich geformte Kolben zu verwenden. Die geschlossenen Kolben werden horizontal auf eine Schüttelvorrichtung gesetzt. Offene Kolben zur Untersuchung von nicht mit 14C markierten und nicht flüchtigen Substanzen müssen selbstverständlich aufrecht eingesetzt werden. In diesem Fall werden ein Magnetrührer sowie der Einsatz von glasbeschichteten Magnetrührstäben empfohlen. Wenn erforderlich, sind die Flaschen zu belüften, um die erforderlichen aeroben Bedingungen herzustellen.

1.8.9.4.   Radiochemische Bestimmungen

Die entstandene 14CO2-Menge wird indirekt und direkt gemessen (siehe Anhang 3). Indirekt wird der 14CO2-Anteil aufgrund der Differenz zwischen der anfänglichen 14C-Aktivität des im Test verwendeten Wassers bzw. der verwendeten Suspension und der gesamten Restaktivität zum Zeitpunkt der Probenahme bestimmt, nachdem die Probe auf einen pH-Wert von 2-3 angesäuert und das enthaltene CO2 abgetrennt wurde. Auf diese Weise wird anorganischer Kohlenstoff entfernt, und die Restaktivität ergibt sich aus dem gemessenen organischen Material. Die indirekte 14CO2-Bestimmung kommt nicht in Betracht, wenn während der Transformation der Prüfsubstanz wichtigere flüchtige Transformationsprodukte entstehen (siehe Anhang 3). Nach Möglichkeit sollte die 14CO2-Bildung direkt gemessen werden; die Messung sollte bei der Probenahme für mindestens einen Testkolben erfolgen. So können die Massenbilanz und der biologische Abbau überprüft werden; diese Vorgehensweise beschränkt sich allerdings auf Tests mit verschlossenen Kolben.

Wenn das entstandene 14CO2 während des Tests direkt gemessen wird, sollten bei Beginn des Tests mehrere Kolben für diesen Zweck vorgesehen werden. Die direkte 14CO2-Bestimmung wird empfohlen, wenn während der Transformation der Prüfsubstanz wichtigere flüchtige Transformationsprodukte entstehen. Bei jeder Messung werden die zusätzlichen Testkolben auf einen pH-Wert von 2-3 angesäuert, und das 14CO2 wird in einem internen oder externen Absorber gebunden (siehe Anhang 3).

Fakultativ können auch die Konzentrationen von mit 14C markierten Prüfsubstanzen sowie von wichtigeren Transformationsprodukten durch Radiochromatographie (z. B. Dünnschichtchromatographie, RAD-TLC) oder HPLC unter radiochemischem Nachweis bestimmt werden.

Die Phasenverteilung der verbliebenen Radioaktivität (siehe Anhang 1) und die verbliebene Prüfsubstanz sowie die noch vorhandenen Transformationsprodukte können ebenfalls bestimmt werden.

Am Ende des Tests sollte die Massenbilanz durch direkte 14CO2-Messung mit eigenen Testkolben bestimmt werden, aus denen während des Tests die benötigten Proben entnommen werden.

1.8.9.5.   Spezifische chemische Analyse

Wenn eine empfindliche spezifische Analysemethode verfügbar ist, kann der primäre biologische Abbau statt durch radioaktive Markierung auch aufgrund einer Messung der gesamten Restkonzentration der Prüfsubstanz ermittelt werden. Wird eine radioaktiv markierte Prüfsubstanz eingesetzt (um die Gesamtmineralisation zu messen), können spezifische chemische Analysen parallel durchgeführt werden, um weitere hilfreiche Informationen zu erhalten und das Verfahren bewerten zu können. Ferner können spezifische chemische Analysen zur Messung der beim Abbau der Prüfsubstanz gebildeten Transformationsprodukte eingesetzt werden; dies wird für Substanzen empfohlen, bei denen die Mineralisation mit Halbwertszeiten von über 60 Tagen erfolgt ist. Die Konzentration der Prüfsubstanz und die Transformationsprodukte sollten jeweils bei der Probenahme gemessen und protokolliert werden (als Konzentration und als Prozentanteil). Im Allgemeinen sollten die Transformationsprodukte bestimmt werden, die bei ≥ 10 % der verwendeten Konzentration jeweils bei der Probenahme nachgewiesen werden; ansonsten ist in angemessener Weise zu begründen, warum die Transformationsprodukte nicht bestimmt wurden. Transformationsprodukte, deren Konzentration während der Studie kontinuierlich ansteigt, sollten ebenfalls bestimmt werden, selbst wenn die jeweiligen Konzentrationen den genannten Höchstwert nicht überschreiten, da aus diesen Transformationsprodukten auf eine Persistenz geschlossen werden könnte. Analysen der Transformationsprodukte in sterilen Kontrolllösungen sollten in Erwägung gezogen werden, wenn eine rasche abiotische Transformation der Prüfsubstanz (z. B. durch Hydrolyse) für möglich gehalten wird. Die Notwendigkeit einer Quantifizierung und Bestimmung von Transformationsprodukten sollte im Einzelfall geprüft werden; die entsprechenden Begründungen sind zu protokollieren. Extraktionen unter Verwendung organischer Lösungsmittel sollten gemäß den Anweisungen zum betreffenden Analyseverfahren durchgeführt werden.

Alle Proben sollten bei 2 bis 4 °C luftdicht gelagert werden, wenn die Analyse binnen 24 Stunden (vorzugsweise) durchgeführt wird. Für eine längere Lagerung sollten die Proben auf Temperaturen unter – 18 °C gefroren oder chemisch konserviert werden. Eine Ansäuerung zur Konservierung der Proben wird nicht empfohlen, da angesäuerte Proben unter Umständen instabil sind. Wenn die Proben nicht binnen 24 Stunden analysiert und länger gelagert werden, sollte eine Untersuchung zur Stabilität unter Lagerungsbedingungen durchgeführt werden, um die Stabilität der maßgeblichen Chemikalien bei einer Temperatur von – 18 °C oder bei sonstiger Konservierung der Chemikalien nachzuweisen. Erfolgt die Analyse unter Extraktion mit einem Lösungsmittel oder durch Festphasenextraktion (SPE), sollte die Extraktion unmittelbar nach der Probenahme oder nach maximal 24-stündiger Lagerung der gekühlten Probe vorgenommen werden:

Je nach Empfindlichkeit der Analysemethode können größere Probenvolumina erforderlich sein als in Abschnitt 1.8.1 genannt. Der Test kann auf bequeme Weise mit Testvolumina von einem Liter in Kolben mit einem Volumen von 2-3 Litern durchgeführt werden, aus denen dann Proben mit einem Volumen von etwa 100 ml entnommen werden.

2.   DATEN UND ABSCHLUSSBERICHT

2.1.   BEHANDLUNG DER ERGEBNISSE

2.1.1.   Grafische Darstellung der Daten

Die Zeitpunkte der Probenahme sind jeweils auf volle Stunden zu runden (sofern die betreffenden Substanzen nicht binnen Minuten oder weniger Stunden abgebaut werden); eine Rundung auf Tage ist nicht zulässig. Die geschätzte Restaktivität der Prüfsubstanzen (mit 14C markierte Substanzen) bzw. die Restkonzentration (nicht markierte Substanzen) ist bezogen auf den zeitlichen Verlauf sowohl linear als auch semilogarithmisch darzustellen (siehe Abbildungen 1a und 1b). Wenn ein Abbau erfolgt ist, sind die Ergebnisse der Kolben FT mit den Ergebnissen der Kolben FS zu vergleichen. Wenn die Mittelwerte der Ergebnisse der Kolben mit der Prüfsubstanz (FT) und der sterilen Kolben (FS) um weniger als 10 % voneinander abweichen, kann davon ausgegangen werden, dass der festgestellte Abbau vorwiegend abiotisch erfolgt. Wird in den Kolben FS ein geringerer Abbau beobachtet, können die Zahlen verwendet werden, um die bei den Kolben FT ermittelten Werte zu korrigieren (durch Subtraktion) und entsprechend den Umfang des biologischen Abbaus zu schätzen. Wenn fakultative Analysen der wichtigeren Transformationsprodukte vorgenommen werden, sollten ergänzend zur grafischen Darstellung des Abbaus der Prüfsubstanz auch die Entstehung und der Abbau dieser Transformationsprodukte grafisch dargestellt werden.

Die Dauer der „Lag“-Phase tL wird aufgrund der Abbaukurve (semilogarithmische Darstellung) durch Extrapolierung des linearen Abschnitts bis zum Abbau null oder alternativ durch Bestimmung der Zeit bis zu einem Abbau von etwa 10 % geschätzt (siehe Abbildungen 1a und 1b). Aus der semilogarithmischen Darstellung sind die Konstante der Rate erster Ordnung (k) sowie die betreffende Standardabweichung durch lineare Regression der ln (14C-Restaktivität oder Prüfsubstanzkonzentration) bezogen auf den zeitlichen Verlauf zu schätzen. Insbesondere bei 14C-Messungen sind ausschließlich Daten aus dem anfänglichen linearen Bereich der Kurve im Anschluss an die beendete „Lag“-Phase zu verwenden; dabei sollten vorzugsweise eher einige wenige repräsentative Daten als umfangreichere, aber unsicherere Daten ausgewählt werden. Unsicherheitsfaktoren sind unter anderem auch die der empfohlenen direkten Messung der 14C-Restaktivität inhärenten Fehler (siehe folgende Erläuterungen). Unter Umständen kann die Berechnung von zwei unterschiedlichen Konstanten für die Abbaurate erforderlich sein, wenn der Abbau in zwei Phasen erfolgt. In diesem Fall werden zwei getrennte Phasen der Abbaukurve definiert. Für die Kolben mit den einzelnen Wiederholungen sollten die Konstante der Abbaurate (k) und die Halbwertszeit (t½ = ln2/k) berechnet werden, wenn aus einem Kolben mehrere Teilproben entnommen werden; alternativ können die Durchschnittswerte verwendet werden, wenn jeweils der vollständige Inhalt eines Kolbens als Probe entnommen wird (siehe Abschnitt 1.8.9.2 letzter Absatz). Beim erstgenannten Verfahren sollten die Konstante der Abbaurate und die Halbwertszeit für alle Kolben mit den einzelnen Wiederholungen sowie ein Durchschnittswert mit einer Standardabweichung protokolliert werden. Bei hohen Prüfsubstanzkonzentrationen kann die Abbaukurve beträchtlich von einer Gerade abweichen (semilogarithmische Darstellung), und die Kinetik erster Ordnung ist unter Umständen nicht gültig. Die Definition einer Halbwertszeit wäre daher nicht sinnvoll. Für einen begrenzten Datenbereich kann jedoch die Pseudo-Kinetik erster Ordnung angenommen und die Halbwertszeit des Abbaus DT50 (Dauer bis zu einem Abbau von 50 %) geschätzt werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der zeitliche Verlauf des Abbaus über den ausgewählten Datenbereich hinaus nicht mit DT50 prognostiziert werden kann, da dieser Parameter ausschließlich einen vorgegebenen Datensatz beschreibt. Analyse-Tools zur einfacheren statistischen Berechnung und zur Kurvenanpassung sind allgemein zugänglich; der Einsatz dieser Software wird empfohlen.

Wenn spezifische chemische Analysen durchgeführt werden, sind die Konstanten der Abbaurate und die Halbwertszeiten des primären Abbaus wie oben beschrieben für die Gesamtmineralisation zu schätzen. Gelegentlich können Datenpunkte aus der gesamten Abbauphase verwendet werden, wenn der Prozess durch den primären Abbau eingeschränkt wird. (Im Gegensatz zu Messungen der 14C-Aktivität werden diese Messungen direkt durchgeführt.)

Wenn mit 14C markierte Substanzen verwendet werden, sollte eine Massenbilanz ausgedrückt als Prozentanteil der eingesetzten Ausgangskonzentration zumindest am Ende des Tests protokolliert werden.

2.1.2.   Restaktivität

Beim biologischen Abbau des mit 14C markierten Anteils einer organischen Substanz wird das 14C größtenteils in 14CO2 umgewandelt; ein weiterer Anteil des 14C wird beim Wachstum der Biomasse und/oder bei der Synthese extrazellulärer Metaboliten verbraucht. Entsprechend wird der Kohlenstoff auch bei biologischem „Endabbau“ einer Substanz nicht zu 100 % in 14CO2 umgewandelt. Das in den durch Biosynthese gebildeten Produkten enthaltene 14C wird anschließend infolge „sekundärer Mineralisation“ langsam als 14CO2 freigesetzt. Aus diesen Gründen weisen grafische Darstellungen der organischen 14C-Restaktivität (gemessen nach der Abtrennung des CO2) oder des erzeugten 14CO2 bezogen auf den zeitlichen Verlauf auch nach Abschluss des Abbaus noch „Tailings“ auf. Dies erschwert die Auswertung der Daten unter kinetischen Gesichtspunkten; daher sollte im Allgemeinen nur der erste Abschnitt der Kurve (nach dem Ende der „Lag“-Phase und vor Erreichen eines Abbaus von etwa 50 %) für die Schätzung der Abbaurate-Konstante berücksichtigt werden. Beim Abbau der Prüfsubstanz ist die gesamte 14C-Restaktivität immer höher als die 14C-Aktivität in Verbindung mit der verbliebenen noch unveränderten Prüfsubstanz. Wird die Prüfsubstanz durch eine Reaktion erster Ordnung abgebaut und erfolgt eine Mineralisation einer konstanten Fraktion α in CO2, beträgt die anfängliche Steigung der 14C-Abbaukurve (Gesamtanteil an organischem 14C bezogen auf den zeitlichen Verlauf) das αfache der Steigung der entsprechenden Kurve der Prüfsubstanzkonzentration (bzw. genauer gesagt des mit 14C markierten Anteils der Prüfsubstanz). Die Konstante der Abbaurate wird ausgehend von unkorrigierten Messungen der 14C-Gesamtaktivität daher eher mit einem Sicherheitszuschlag berechnet. Verfahren zum Schätzen der Prüfsubstanzkonzentrationen aus der gemessenen radiochemischen Aktivität aufgrund verschiedener vereinfachender Annahmen wurden in der Literatur beschrieben (2)(9)(10)(11). Diese Verfahren sind bei rasch abbaubaren Substanzen am leichtesten anzuwenden.

2.2.   AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE

Wenn festgestellt wird, dass k unabhängig von der hinzugegebenen Konzentration ist (d. h. wenn die berechnete Konstante k bei unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfsubstanz etwa gleich ist), kann angenommen werden, dass die Konstante des Abbaus erster Ordnung repräsentativ für die betreffenden Testbedingungen sowie für die Wasserprobe und die Testtemperatur ist. In welchem Umfang die Ergebnisse verallgemeinert oder auf andere Systeme extrapoliert werden können, ist von Fachleuten zu beurteilen. Wenn eine hohe Prüfsubstanzkonzentration eingesetzt wird und der Abbau daher nicht nach der Kinetik erster Ordnung verläuft, können die Daten nicht zur direkten Schätzung einer Rate für den Abbau erster Ordnung oder einer entsprechenden Halbwertszeit verwendet werden. Aus einem Test mit einer hohen Prüfsubstanzkonzentration abgeleitete Daten können jedoch trotzdem für eine Schätzung des Umfangs der Gesamtmineralisation und/oder für den Nachweis und die Quantifizierung von Transformationsprodukten geeignet sein.

Wenn statt des biologischen Abbaus die Raten sonstiger Verlustprozesse bekannt sind (z. B. Hydrolyse- oder Verflüchtigungsdaten), können diese Daten von der im Test festgestellten Nettoverlustrate abgezogen werden, um die Rate des biologischen Abbaus zu schätzen. Hydrolysedaten können z. B. aus sterilen Kontrollen oder aus Paralleltests mit höheren Prüfsubstanzkonzentrationen ermittelt werden.

Die indirekte und die direkte Bestimmung von 14CO2 (Abschnitt 1.8.9.4 und Anhang 3) kommt ausschließlich für die Messung des Umfangs der Mineralisation der Prüfsubstanz in CO2 in Betracht. Die Analyse der Konzentrationen von mit 14C markierten Prüfsubstanzen und der Bildung wichtigerer Transformationsprodukte kann durch Radiochromatographie (RAD-TLC) oder HPLC erfolgen (Abschnitt 1.8.9.4 Absatz 3). Voraussetzung für eine direkte Schätzung der Halbwertszeit ist, dass keine wichtigeren Transformationsprodukte (definiert als ≥ 10 % der eingesetzten Menge der Prüfsubstanz) enthalten sind. Wenn wichtigere Transformationsprodukte in einem größeren Umfang als im vorstehenden Satz genannt vorkommen, ist eine detaillierte Auswertung der Daten vorzunehmen. Die detaillierte Auswertung kann Testwiederholungen und/oder Bestimmungen der Transformationsprodukte beinhalten (siehe Abschnitt 1.8.9.5 Absatz 1), wenn das Verhalten der Transformationsprodukte nicht aufgrund von Erfahrungswerten (z. B. Informationen zu den Abbauwegen) mit angemessener Zuverlässigkeit beurteilt werden kann. Da das Verhältnis des in der Prüfsubstanz enthaltenen und in CO2 umgewandelten Kohlenstoffs nicht immer gleich ist (weitgehend von der Konzentration der Prüfsubstanz und sonstiger vorhandener Substrate sowie von den Testbedingungen und den jeweiligen Mikroorganismen abhängig), lässt dieser Test (im Gegensatz zu einem DOC-Die-Away-Test) eine direkte Schätzung des biologischen Endabbaus nicht zu; das Ergebnis ist jedoch ähnlich dem Ergebnis einer Respirometer-Untersuchung. Der Umfang der Mineralisation wird entsprechend kleiner oder gleich dem Mindestumfang des biologischen Endabbaus sein. Um ein umfassenderes Bild vom biologischen Endabbau (Mineralisation und Aufnahme in die vorhandene Biomasse) zu erhalten, sollte am Ende des Tests die Phasenverteilung des 14C analysiert werden (siehe Anhang 1). Das in den vorhandenen Feststoffen enthaltene 14C beinhaltet das in die Bakterienmasse aufgenommene 14C sowie das in organische Partikel sorbierte 14C.

2.3.   VALIDITÄT DES TESTS

Wenn die Referenzsubstanz binnen des erwarteten Zeitraums nicht abgebaut wird (bei Anilin und Natriumbenzoat gewöhnlich unter zwei Wochen), ist die Validität des Tests zu bezweifeln und weiter zu überprüfen; alternativ kann der Test auch mit einer frischen Wasserprobe wiederholt werden. Bei einem ISO-Ringtest der Methode, an dem sieben europäische Labors beteiligt waren, lagen die angepassten Abbaurate-Konstanten zwischen 0,3 und 1,7 d–1 bei durchschnittlich 0,8 d–1, einer Temperatur von 20 °C und einer Standardabweichung von ± 0,4 d–1 (t½ = 0,9 Tage). Typisch waren „Lag“-Phasen von 1 bis 7 Tagen. Für das untersuchte Wasser wurde eine bakterielle Biomasse von 103 — 104 KBE (koloniebildenden Einheiten) pro ml protokolliert. Die Abbauraten in nährstoffreichen mitteleuropäischen Gewässern waren höher als in nordischen oligotrophen Gewässern; dies könnte auf die unterschiedlichen Trophiezustände oder auf eine vorherige Belastung mit chemischen Stoffen zurückzuführen sein.

Die Gesamtwiederfindung (Massenbilanz) am Ende des Versuchs sollte zwischen 90 % und 110 % bei radioaktiv markierten Substanzen liegen; bei nicht radioaktiv markierten Substanzen sollte die anfängliche Rückgewinnung am Anfang des Versuchs zwischen 70 % und 110 % betragen. Die angegebenen Bereiche sind als Idealbereiche zu verstehen und sollten nicht als Kriterien für die Annehmbarkeit eines Tests betrachtet werden.

3.   PRÜFBERICHT

Der Typ der Studie (z. B. pelagischer Test oder Test mit suspendiertem Sediment) ist im Prüfbericht klar anzugeben; außerdem enthält der Bericht mindestens folgende Informationen:

Prüfsubstanz und Referenzsubstanz(en):

Common Names (allgemeine Bezeichnungen und Handelsnamen), systematische chemische Namen (möglichst IUPAC- und/oder CAS-Bezeichnungen), CAS-Nummern, Strukturformeln (bei Einsatz radioaktiv markierter Substanzen zur Beschreibung der Position des 14C) sowie maßgebliche physikalisch-chemische Merkmale der Prüfsubstanz und der Referenzsubstanz (siehe Abschnitte 1.5 und 1.6),
systematische chemische Namen, CAS-Nummern, Strukturformeln (bei Verwendung radioaktiv markierter Substanzen zur Beschreibung der Position des 14C) sowie maßgebliche physikalisch-chemische Merkmale der Prüfsubstanz und der Referenzsubstanz, die als Standards für den Nachweis und die Quantifizierung von Transformationsprodukten angenommen werden,
Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfsubstanzen und der Referenzsubstanzen,
radiochemische Reinheit markierter Chemikalien und (ggf.) spezifische Aktivität.

Oberflächenwasser:

Für Wasserproben sind mindestens die folgenden Informationen anzugeben:

Standort und Beschreibung der Entnahmestelle möglichst einschließlich Informationen über frühere Verunreinigungen,
Datum und Zeitpunkt der Probenahme,
Nährstoffe (N gesamt; Ammonium, Nitrit, Nitrat, P gesamt; gelöstes Orthophosphat),
Tiefe der Probenahme,
Aussehen der Probe (z. B. Farbe und Trübung),
DOC und TOC,
BOD,
Temperatur und pH-Wert an der Entnahmestelle zum Zeitpunkt der Probenahme,
Sauerstoff- oder Redoxpotenzial (erforderlich nur dann, wenn die aerobe Qualität nicht offensichtlich ist),
Salzgehalt oder Leitfähigkeit (bei Meer- und Brackwasser),
suspendierte Feststoffe (bei trüben Proben),
nach Möglichkeit sonstige maßgebliche Informationen über die Entnahmestelle zum Zeitpunkt der Probenahme (z. B. aktuelle oder frühere Daten zur Fließgeschwindigkeit von Flüssen oder Meeresströmungen, in der Nähe befindliche Abwassereinleitungen und Typ der Abwässer, Witterungsbedingungen vor dem Zeitpunkt der Probenahme),

fakultativ:

mikrobiologische Biomasse (z. B. AODC (Acridine Orange Direct Count oder KBE (koloniebildende Einheiten)),
anorganischer Kohlenstoff,
Chlorophyll-a-Konzentration als spezifisches Maß für die Algenbiomasse.

Bei Tests mit suspendierten Sedimenten sollten außerdem die folgenden Informationen zu den Sedimenten angegeben werden:

Tiefe der Sedimententnahm,
Aussehen des Sediments (farbig, schlammig, schluffig oder sandig),
Textur (z. B. % grober Sand, feiner Sand, Schluff und Ton),
Trockengewicht in g/l der suspendierten Feststoffe, TOC-Konzentration oder Gewichtsverlust nach Entzündung als Maß für den Anteil an organischem Material,
pH-Wert,
Sauerstoff- oder Redoxpotenial (erforderlich nur dann, wenn die aerobe Qualität nicht offensichtlich ist).

Testbedingungen:

Zeitabstand zwischen Probenahme und Verwendung im Labortest; Dauer der Probenlagerung und Vorbereitung der Proben; Zeitpunkte der Durchführung der Tests,
Menge der verwendeten Prüfsubstanz, Testkonzentration und Referenzsubstanz,
Methode zur Einbringung der Prüfsubstanz einschließlich ggf. verwendeter Lösungsmittel,
Volumen des verwendeten Oberflächenwassers und (wenn verwendet) der Sedimente sowie jeweils zur Analyse entnommenes Probenvolumen,
Beschreibung des eingesetzten Testsystems,

wenn der Test nicht im Dunkeln durchgeführt werden muss, Informationen zur Qualität des „diffusen Lichts“;

Informationen zu den Methoden zur Herstellung steriler Kontrollen (z. B. Temperatur, Dauer und Anzahl der Autoklavierungen),
Inkubationstemperatur,
Informationen zu Analyseverfahren und Methoden für radiochemische Messungen sowie zur Prüfung der Massenbilanz und für Messungen der Phasenverteilung (wenn durchgeführt),
Anzahl der Wiederholungen.

Ergebnisse:

Wiederfindung in Prozent (siehe Abschnitt 1.7.1),
Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysemethoden einschließlich der Nachweisgrenze (LOD) und der Quantifizierungsgrenze (LOQ) (siehe Abschnitt 1.7.2),
Darstellung aller gemessenen Daten (einschließlich der Zeitpunkte der Probenahmen) sowie der berechneten Werte in Tabellen und entsprechenden Abbaukurven; für jede Testkonzentration und für jeden Kolben mit einer Wiederholungslösung sind für die logarithmische Darstellung der lineare Korrelationskoeffizient der Steigung sowie die geschätzte „Lag“-Phase und eine Konstante für die Pseudo-Rate erster Ordnung (wenn möglich) und die entsprechende Abbauzeit (bzw. die Halbwertszeit t50) anzugeben,
die entsprechenden Werte sind als Durchschnittswerte der in den einzelnen Wiederholungen festgestellten Ergebnisse zu protokollieren (z. B. Dauer der „Lag“-Phase, Konstante der Abbaurate und Abbauzeit (bzw. t50),
das System ist aufgrund der Beschaffenheit der Abbaukurve sowie unter Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen der Testkonzentration als angepasst oder als nicht angepasst zu bewerten,
Ergebnisse der Endmassenbilanz und Ergebnisse der Messungen zur Bestimmung der Phasenverteilungen (wenn vorhanden);
Anteil des mineralisierten 14C sowie — bei spezifischen Analysen — Endumfang des primären Abbaus,
(ggf.) Nachweis, Molkonzentration und Prozentanteil zugegebener wichtigerer Transformationsprodukte (siehe Abschnitt 1.8.9.5 Absatz 1),
(ggf.) angenommener Transformationsweg,
Diskussion der Ergebnisse.

4.   LITERATUR

1.
OECD TG 309 (2004) Aerobic Mineralisation in surface water — Simulation Biodegradation Test.
2.
ISO/DIS 14592-1 (1999) Water quality — Evaluation of the aerobic biodegradability of organic compounds at low concentrations — Part 1: Shake flask batch test with surface water or surface water/sediment suspensions.
3.
Prüfmethode C.23. Aerobic and anaerobic transformation in soil.
4.
Prüfmethode C.24. Aerobic and anaerobic transformation in aquatic sediments.
5.
OECD (1993). Leitlinien für die Prüfung von Chemikalien OECD, Paris.
6.
ISO 8245 (1999). Water quality — Guidelines on the determination of total organic carbon (TOC) and dissolved organic carbon (DOC).
7.
ISO 10634 (1995). Water quality — Guidance for the preparation and treatment of poorly water-soluble organic compounds for the subsequent evaluation of their biodegradability in an aqueous medium.
8.
OECD-Entwurf (2000). Guidance Document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No 22.
9.
Simkins, S. und Alexander, M. (1984). Models for mineralization kinetics with the variables of substrate concentration and population density. Appl. Environ. Microbiol. 47, S. 394-401.
10.
Ingerslev, F. und N. Nyholm. (2000). Shake-flask test for determination of biodegradation rates of 14C-labeled chemicals at low concentrations in surface water systems. Ecotoxicol. Environ. Saf. 45, S. 274-283.
11.
ISO/CD 14592-1 (1999). Ring test report: Water Quality — Evaluation of the aerobic biodegradability of organic compounds at low concentrations part 1 — report of 1998/1999 ring-test. Shake flask batch test with surface water or surface water/sediment suspensions.

Anhang 1

Phasenverteilung 14C

Um das Verfahren zu überprüfen, sollten die Routinemessungen der 14C-Gesamtaktivität von organischem Kohlenstoff (TOA) um Massenbilanzmessungen unter direkter Bestimmung des entwickelten 14CO2 nach Bindung in einem Absorber ergänzt werden (siehe Anhang 3). Eine positive 14CO2-Bildung ist an sich schon als direkter Nachweis für einen biologischen Abbau zu betrachten (im Gegensatz zum abiotischen Abbau oder zu sonstigen Verlustprozessen wie z. B. Verflüchtigung oder Sorption). Weitere hilfreiche Informationen zur Beschreibung des biologischen Abbauverhaltens sind aus Messungen der TOA-Verteilung zwischen dem gelösten Stadium (14C-Aktivität von gelöstem organischem Kohlenstoff, DOA) und dem Partikelstadium (14C-Aktivität von als Feststoff vorliegendem organischem Kohlenstoff, POA) nach Abtrennung der Feststoffe durch Membranfiltration oder Zentrifugierung zu entnehmen. Die POA besteht aus der in der mikrobiologischen Biomasse und auf sonstigen Feststoffen sorbierten Prüfsubstanz sowie dem in der Prüfsubstanz enthaltenen Kohlenstoff, der zur Synthese neuen Zellmaterials verwendet und dadurch in die Feststoff-Biomasse aufgenommen wurde. Die Bildung gelösten organischen 14C-Materials kann als DOA am Ende des biologischen Abbaus (Plateau der Abbau-/Zeit-Kurve) geschätzt werden.

Die Phasenverteilung des 14C-Restanteils, der auf den ausgewählten Proben nach Filtration auf einem Membranfilter (etwa aus Polycarbonat) mit einer Porengröße von 0,22 μm oder 0,45 μm verblieben ist, wird geschätzt. Wenn die Sorption der Prüfsubstanz auf dem Filter nicht vernachlässigbar gering ist (vor der Durchführung des Versuchs festzustellen), kann anstelle der Filtration eine Zentrifugierung mit hoher Geschwindigkeit (2 000 g; 10 min) erfolgen.

Anschließend ist das Filtrat bzw. das Zentrifugat wie in Anhang 3 für ungefilterte Proben beschrieben zu behandeln. Membranfilter sind in einer geeigneten Szintillationsflüssigkeit zu lösen; die Zählung erfolgt dann in der üblichen Weise; im Allgemeinen werden Korrekturen der jeweiligen Querempfindlichkeit unter Anwendung eines externen Standardverhältnisverfahrens vorgenommen; alternativ kann auch ein Oxydationsmittel verwendet werden. Wenn eine Zentrifugierung erforderlich ist, muss das aus der Partikelfraktion gebildete Pellet in 1-2 ml destilliertem Wasser aufgelöst und in ein Szintillationsfläschchen gegeben werden. Anschließend werden zwei Spülungen mit 1 ml destilliertem Wasser vorgenommen und das Spülwasser in das Fläschchen gebracht. Wenn erforderlich, kann die Suspension zur Flüssigkeitsszintillationszählung in ein Gel eingebettet werden.

Anhang 2

Semikontinuierliches Verfahren

Eine Inkubation über maximal mehrere Monate kann erforderlich sein, um einen hinreichenden Abbau von persistenten Substanzen zu erzielen. Die Testdauer sollte im Allgemeinen höchstens 60 Tage betragen, wenn die Merkmale der ursprünglichen Wasserprobe nicht auch nach einer Erneuerung der Testsuspension unverändert erhalten bleiben. Hat allerdings binnen der ersten 60 Tage der Abbau der Prüfsubstanz noch immer nicht begonnen, kann die Testdauer auf maximal 90 Tage ohne Erneuerung der Testsuspension ausgedehnt werden.

Während der Inkubation über längere Zeiträume kann die Diversität des mikrobiologischen Materials durch verschiedene Verlustprozesse sowie durch den möglichen Verbrauch wesentlicher Nährstoffe und primärer Kohlenstoffsubstrate aus der Wasserprobe reduziert werden. Daher wird empfohlen, mit einem semikontinuierlichen Test in angemessener Weise die Abbaurate langsam abbauender Substanzen zu bestimmen. Der Test sollte mit dem semikontinuierlichen Verfahren begonnen werden, wenn erfahrungsgemäß eine Inkubationsdauer von drei Monaten erforderlich ist, um die Substanz zu 20 % abzubauen. Alternativ kann der normale Batch-Test in einen seminkontinuierlichen Test abgewandelt werden, wenn während der Prüfung im Batch-Test binnen etwa 60 Tagen kein Abbau der Prüfsubstanz erfolgt ist. Das semikontinuierliche Verfahren kann ausgesetzt und der Test als Batch-Test fortgesetzt werden, wenn ein erheblicher Abbau verzeichnet wurde (z. B. > 20 %).

Beim semikontinuierlichen Test wird alle zwei Wochen etwa ein Drittel des Volumens der Testsuspension durch frisch entnommenes Wasser ersetzt, zu dem die Prüfsubstanz in der Ausgangskonzentration hinzugegeben wurde: Sedimentmaterial wird ebenso in der Ausgangskonzentration (zwischen 0,01 und 1 g/l) zum zur Erneuerung zu verwendenden Wasser hinzugegeben, wenn der fakultative Test mit dem suspendierten Sediment durchgeführt wird. Bei der Durchführung des Tests mit den suspendierten Sedimentpartikeln muss gewährleistet sein, dass auch während der Erneuerung des Wassers ein System mit vollständiger Suspension besteht und dass die Verweildauer für Feststoffe und Wasser gleich ist; ansonsten kann die erwünschte Ähnlichkeit mit einem homogenen wässerigen System ohne feste Phasen beeinträchtigt werden kann. Aus diesen Gründen wird für das semikontinuierliche Verfahren eine Ausgangskonzentration der suspendierten Sedimente im unteren Segment des vorgegebenen Konzentrationsbereichs bevorzugt.

Die vorgesehene Zugabe der Prüfsubstanz setzt voraus, dass die Ausgangskonzentration der Prüfsubstanz nicht durch eine teilweise Erneuerung der Testsuspension überschritten und entsprechend — wie häufig bei hohen Prüfsubstanzkonzentrationen festzustellen — eine Anpassung vermieden wird. Da das Verfahren sowohl eine Neubeimpfung als auch einen Ausgleich für abgebaute Nährstoffe und Primärsubstrate beinhaltet, wird die ursprüngliche mikrobiologische Diversität wiederhergestellt, und die Testdauer kann theoretisch unendlich ausgedehnt werden. Beim semikontinuierlichen Verfahren ist darauf zu achten, dass die Restkonzentration der Prüfsubstanz unter Berücksichtigung der jeweiligen Mengen der hinzugegebenen und der entnommenen Prüfsubstanz korrigiert wird. Die Gesamtkonzentration und die Konzentration der gelösten Prüfsubstanz sind für Verbindungen mit schwachem Sorptionsverhalten beliebig austauschbar. Die Sorption ist unter den vorgegebenen Bedingungen (0,1-1 g Feststoffe/l) bei Substanzen mit log Kow < 3 (für neutrale, lipophile Verbindungen) unerheblich (< 5 %). Dies wird aus dem folgenden Berechnungsbeispiel deutlich: 0,1 g/l Feststoffe entsprechen etwa 10 mg Kohlenstoff pro Liter (Kohlenstofffraktion, fC = 0,01). Wenn angenommen wird, dass

Log Kow (der Prüfsubstanz) = 3,

Koc = 0,42 × Kow und

der Verteilungskoeffizient Kd = fC × Koc ist,

beträgt die gelöste Fraktion der Gesamtkonzentration (C-Wasser (Cw)/C-Gesamt (Ct):

Cw/Ct = 1/(1 + Kd × SS) = 1(1 + Koc × fC × SS) = 1/(1 + 0,42 × 103 × 0,01 × 0,1 × 10–3) = 0,999

Anhang 3

Bestimmung des 14CO2-Anteils

Indirekte 14CO2 -Bestimmung

Bei Routinemessungen ist die indirekte Methode im Allgemeinen am wenigsten zeitaufwändig und am präzisesten, wenn die Prüfsubstanz nicht flüchtig ist und wenn aus der Prüfsubstanz keine flüchtigen Transformationsprodukte gebildet werden. Dazu sind einfach ungefilterte Proben (z. B. 5 ml in Szintillationsfläschchen) zu geben. Für die Tests geeignet ist eine anfängliche Probenaktivität von 5 000 dpm-10 000 dpm (80-170 Bq); die änfängliche Aktivität sollte mindestens etwa 1 000 dpm betragen. Das CO2 sollte nach dem Ansäuern auf einen pH-Wert von 2-3 mit 1-2 Tropfen konzentriertem H3PO4 oder HCl erfolgen. Die CO2-Abtrennung kann durch Sprudeln mit Luft über etwa ½-1 Stunde erfolgen. Alternativ können die Fläschchen auch 1-2 Stunden heftig geschüttelt werden (z. B. auf einem Mikroplatten-Schüttler) oder vorsichtiger über Nacht geschüttelt werden. Die Wirksamkeit der CO2-Abtrennung ist zu überprüfen (durch Verlängerung der Belüftung oder der Dauer des Schüttelns). Anschließend sollte eine zur Zählung wässeriger Proben geeignete geeignete Szintillationsflüssigkeit hinzugegeben, die Probe in einem Wirbelmischer homogenisiert und die Radioaktivität mit einem Flüssigkeitsszintillationszähler bestimmt werden; dabei ist die in den Blindproben festgestellte Hintergrundaktivität (FB) abzuziehen. Wenn das im Test verwendete Wasser stark gefärbt ist oder hohe Feststoffkonzentrationen enthält, weisen die Proben im Allgemeinen eine einheitliche Querempfindlichkeit auf; in diesem Fall sind Querempfindlichkeitskorrekturen mit einem externen Standard hinreichend. Ist das im Test verwendete Wasser stark gefärbt, müssen die Querempfindlichkeitskorrekturen unter Umständen durch Zugabe eines internen Standards vorgenommen werden. Bei hoher Feststoffkonzentration kann unter Umständen keine homogene Lösung bzw. kein homogenes Gel hergestellt werden, oder die Proben. weisen sehr unterschiedliche Querempfindlichkeiten auf. In diesem Fall kann die im Folgenden beschriebene Methode zum Zählen von Testschlämmen verwendet werden. Wenn der Test mit einem suspendierten Sediment durchgeführt wird, sollte die 14CO2-Messung indirekt durch Entnahme einer homogenen 10-ml-Probe des im Test verwendeten Wassers bzw. der im Test verwendeten Suspension und anschließende Trennung der Phasen durch Zentrifugieren bei geeigneter Geschwindigkeit (z. B. 40 000 m/s2, 15 min) erfolgen. Danach sollte die wässerige Phase wie oben beschrieben behandelt werden. Die 14C-Aktivität von als Feststoff vorliegendem organischem Kohlenstoff (POA) sollte durch erneute Suspendierung des Sediments in einer kleinen Menge destillierten Wassers, Einbringung in Szintillationsfläschchen und Zugabe einer Szintillationsflüssigkeit zur Bildung eines Gels ermittelt werden. (Für diesen Zweck geeignete Szintillationsflüssigkeiten sind verfügbar.) Je nach Beschaffenheit der Feststoffe (z. B. Anteil an organischem Material) kann die Probe unter Umständen über Nacht mit einem Gewebelöser verarbeitet und dann in einem Wirbelmischer homogenisiert werden, bevor die Szintillationsflüssigkeit hinzugegeben wird. Alternativ kann die POA durch Verbrennung des überschüssigen Sauerstoffs mit einem Oxydationsmittel bestimmt werden. Beim Zählen sollten grundsätzlich interne Standards einbezogen werden; unter Umständen müssen Querempfindlichkeitskorrekturen unter Zugabe eines internen Standards zu den einzelnen Proben vorgenommen werden.

Direkte 14CO2-Bestimmung

Wenn das entstandene 14CO2 direkt gemessen werden soll, sind bei Beginn des Tests zusätzliche Kolben vorzubereiten. Bei der Probenahme wird jeweils der gesamte Inhalt der Kolben entnommen. Die Kolben werden auf einen pH-Wert von 2-3 angesäuert und das 14CO2 in einem internen (bereits bei Beginn des Tests in die Testkolben gebrachten) Absorber oder einem externen Absorber gebunden. Als Absorptionsmedium kann wahlweise Alkali (z. B. 1 N NaOH-Lösung oder ein NaOH-Pellet), Ethanolamin oder ein im Handel erhältlicher Absorber auf Ethanolaminbasis verwendet werden. Für direkte Messungen des 14CO2-Gehalts sollten die Kolben z. B. mit Butylkautschuk-Septen verschlossen werden.

Abbildung 1a

Beispiel einer arithmetischen Darstellung der Daten (Restaktivität/Zeit)

Abbildung 1b

Beispiel einer semilogarithmischen Darstellung der Daten (ln Restaktivität/Zeit)

C.26.   LEMNA SP. — WACHSTUMSINHIBITIONSTEST

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 221 (2006). Sie dient zur Beurteilung der Toxizität von Chemikalien bei Süßwasserpflanzen der Gattung Lemna (Wasserlinse). Die Methode beruht auf bestehenden Methoden (1)(2)(3)(4)(5)(6), sieht aber Änderungen der entsprechenden Methoden vor, die neueren Forschungsergebnissen und Anhörungen bezüglich einer Reihe wesentlicher Aspekte Rechnung tragen. Die Prüfmethode wurde in einem internationalen Ringversuch validiert (7).
2.
Die Prüfmethode beschreibt Toxizitätstests mit Lemna gibba und Lemna minor, die beide umfassend untersucht wurden und Gegenstand der genannten Standards waren. Die Taxonomie von Lemna spp. ist schwierig; problematisch sind die zahlreichen Phänotypen. Lemna können zwar genetisch bedingt unterschiedlich auf Giftstoffe reagieren, doch es liegen noch keine ausreichenden Daten zu den Ursachen für diese Variabilität vor, um einen speziellen Klon zur Verwendung bei dieser Prüfmethode empfehlen zu können. Es wird darauf hingewiesen, dass der Test nicht axenisch durchgeführt wird; in verschiedenen Stadien während der Durchführung des Tests wird jedoch mit geeigneten Maßnahmen versucht, Verunreinigungen durch andere Organismen auf ein Minimum zu begrenzen.
3.
Die Durchführung von Tests sowohl mit Erneuerung der Testlösung (semistatische Tests und Durchflusstests) als auch ohne Erneuerung der Testlösung (statische Tests) wird detailliert beschrieben. Abhängig von den Zielsetzungen der Tests sowie von rechtlichen Anforderungen wird empfohlen, den Einsatz von semistatischen Methoden sowie von Durchflussmethoden zu prüfen (z. B. für Stoffe, die durch Verflüchtigung, Photoabbau, Ausfällung oder biologischen Abbau rasch verloren gehen). Weitere Informationen sind Quelle (8) zu entnehmen.
4.
Definitionen der verwendeten Begriffe sind Anlage 1 zu entnehmen.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

5.
Exponentiell wachsende Pflanzenkulturen der Gattung Lemna werden über einen Zeitraum von sieben Tagen als Monokulturen in unterschiedlichen Konzentrationen der Prüfchemikalie kultiviert. Ziel des Tests ist es, die durch den Stoff bedingten Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum während dieses Zeitraums zu quantifizieren, basierend auf der Auswertung ausgewählter Messvariablen. Die Frondzahl ist die primäre Messvariable. Außerdem wird mindestens eine weitere Messvariable (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse) gemessen, da sich einige Stoffe erheblich stärker auf diese Messvariablen auswirken als auf die Frondzahlen. Um die stoffabhängigen Auswirkungen zu quantifizieren, wird das Wachstum der Testlösungen mit dem Wachstum der Kontrolllösungen verglichen, und die Konzentration, die eine spezifizierte Wachstumshemmung von x % (z. B. 50 %) verursacht, wird bestimmt und als ECx (z. B. EC50) angegeben.
6.
Der Endpunkt des Tests ist die Wachstumshemmung, ausgedrückt als logarithmische Zunahme der Messvariablen (durchschnittliche spezifische Wachstumsrate) während der Expositionsdauer. Aus den in einer Reihe von Testlösungen erfassten durchschnittlichen spezifischen Wachstumsraten wird die Konzentration bestimmt, bei der sich eine spezifizierte Hemmung der Wachstumsrate von x % (z. B. 50 %) ergibt; diese Konzentration wird als ErCx bezeichnet (z. B. ErC50).
7.
Eine weitere Reaktionsvariable bei dieser Prüfmethode ist der Zellertrag (Yield); diese Variable kann erforderlich sein, damit in manchen Ländern bestimmte Rechtsvorschriften erfüllt werden. Die Variable ergibt sich aus den Messvariablen am Ende der Expositionsdauer abzüglich der Messvariablen bei Beginn der Expositionsdauer. Aus dem in einer Reihe von Testlösungen ermittelten Zellertrag wird die Konzentration berechnet, bei der sich eine festgelegte Zellertrag-Hemmung von x % (z. B. 50 %) ergibt; diese Konzentration wird als EyCx bezeichnet (z. B. EyC50).
8.
Außerdem können die niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung (LOEC) und die höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete schädliche Wirkung (NOEC) statistisch bestimmt werden.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

9.
Eine Analysemethode mit geeigneter Empfindlichkeit für die Quantifizierung des im Prüfmedium enthaltenen Stoffs sollte verfügbar sein.
10.
Zur Festlegung der Testbedingungen hilfreiche Informationen zur Prüfchemikalie sind die Strukturformel, die Reinheit, die Wasserlöslichkeit, die Stabilität in Wasser, die Lichtbeständigkeit, pKa, Kow, der Dampfdruck und die biologische Abbaubarkeit. Aus der Wasserlöslichkeit und dem Dampfdruck kann die Henry-Konstante berechnet werden, aus der zu entnehmen ist, ob während der Testdauer erhebliche Verluste der Prüfchemikalie zu erwarten sind. Die Konstante gibt Aufschluss darüber, ob bestimmte Maßnahmen zur Überwachung dieser Verluste durchgeführt werden sollten. Wenn Informationen zur Löslichkeit und zur Stabilität der Prüfchemikalie nicht zuverlässig sind, sollten diese unter den Testbedingungen (Nährmedium, Temperatur und Beleuchtung) untersucht werden.
11.
Wenn der Einhaltung des pH-Wertes des Prüfmediums besondere Bedeutung zukommt (z. B. beim Testen von Metallen oder sonstigen hydrolytisch instabilen Chemikalien), wird die Zugabe einer Pufferlösung zum Nährmedium empfohlen (siehe Nummer 21). Weitere Hinweise zur Prüfung von Chemikalien mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind Quelle (8) zu entnehmen.

VALIDITÄT DES TESTS

12.
Die Tests sind nur valide, wenn die Zeit bis zur Verdopplung der Frondzahl der Kontrolle weniger als 2,5 Tage (60 h) beträgt, was in etwa einer Erhöhung um das Siebenfache in sieben Tagen und einer durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate von 0,275 d– 1 entspricht. Für die Medien und Testbedingungen gemäß dieser Methode kann dieses Kriterium mit dem Prüfprotokoll des statischen Tests (5) erfüllt werden. Außerdem wird angenommen, dass dieses Kriterium auch bei den Bedingungen des semistatischen Tests und des Durchflusstests erfüllt wird. Wie die Verdopplungszeit zu berechnen ist, wird unter Nummer 49 beschrieben.

REFERENZCHEMIKALIE

13.
Um das Prüfverfahren zu testen, können Referenzstoffe wie z. B. das im internationalen Ringtest (7) verwendete 3,5-Dichlorphenol geprüft werden. Die Referenzchemikalien sollten mindestens zweimal jährlich bzw. — wenn die Tests seltener durchgeführt werden — gleichzeitig mit der Bestimmung der Toxizität einer Prüfchemikalie getestet werden.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

14.
Sämtliche Geräte, die mit dem Prüfmedium in Berührung kommen, müssen aus Glas oder einem sonstigen chemisch inerten Material bestehen. Die zur Kultivierung und für die Tests verwendeten Glasgeräte müssen steril sein und von chemischen Verunreinigungen befreit werden, die in das Prüfmedium gelangen könnten. Die Prüfgefäße müssen so groß sein, dass die Fronds der verschiedenen Kolonien in den Kontrollgefäßen wachsen können, ohne sich am Ende der Testdauer zu überlagern. Es ist unerheblich, ob die Wurzeln den Boden der Prüfgefäße berühren, in jedem Fall sind jedoch eine Mindesttiefe von 20 mm und ein Mindestvolumen von 100 ml pro Prüfgefäß zu empfehlen. Die Art der Prüfgefäße ist nicht entscheidend, sofern diese Anforderungen erfüllt sind. Bewährt haben sich Bechergläser, Kristallisierungsschalen und Petrischalen mit geeigneten Abmessungen. Die Prüfgefäße werden abgedeckt, um die Verdunstung und zufällige Verunreinigungen zu minimieren und trotzdem den erforderlichen Luftaustausch zu ermöglichen. Die Prüfgefäße und insbesondere die verwendeten Abdeckungen dürfen keine Schatten erzeugen und keine Änderungen des Lichtspektrums bewirken.
15.
Kulturen und Prüfgefäße dürfen nicht zusammen gelagert werden. Daher werden am besten getrennte Wachstumskammern bzw. getrennte Inkubatoren verwendet oder getrennte Räume genutzt. Beleuchtung und Temperatur müssen kontrolliert werden können, und für Beleuchtung und Temperatur müssen gleichbleibende Werte aufrechterhalten werden können (siehe Nummern 35 und 36).

Testorganismus

16.
Für diesen Test wird entweder Lemna gibba oder Lemna minor verwendet. In Anlage 2 sind Kurzbeschreibungen von in Toxizitätstests verwendeten Wasserlinsenarten zusammengestellt. Das Pflanzenmaterial kann aus einer Kultursammlung oder aus einem anderen Labor bezogen oder aus der Natur entnommen werden. Bei Entnahme aus der Natur sollten die Pflanzen mindestens acht Wochen vor der Verwendung in dem Medium kultiviert werden, das auch für die Tests verwendet wird. Orte in der freien Natur, aus denen die Ausgangskulturen entnommen werden, dürfen keinen offensichtlichen Quellen von Verunreinigungen ausgesetzt sein. Wenn die Kulturen aus einem anderen Labor oder aus einer Kultursammlung bezogen werden, sollten sie ebenfalls mindestens drei Wochen unter ähnlichen Bedingungen kultiviert werden. Angegeben werden sollten auch die Herkunft des Pflanzenmaterials, der Arten und des Klons (wenn bekannt), die für die Tests verwendet werden.
17.
Für die Tests werden Monokulturen verwendet, die keine sichtbaren Verunreinigungen durch andere Organismen als Algen und Protozoen aufweisen. Gesunde Pflanzen der Art L. minor bestehen aus Kolonien mit zwei bis fünf Fronds; gesunde L.-gibba-Kolonien können bis zu sieben Fronds umfassen.
18.
Qualität und Einheitlichkeit der für die Tests verwendeten Pflanzen haben erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis der Tests; entsprechend sorgfältig müssen die Pflanzen ausgewählt werden. Nach Möglichkeit sollten junge, rasch wachsende Pflanzen ohne sichtbare Läsionen oder Verfärbungen (Chlorose) verwendet werden. Hochwertige Kulturen weisen einen hohen Anteil an Kolonien mit mindestens zwei Fronds auf. Zahlreiche einzelne Fronds deuten auf Umweltstress hin (z. B. auf Nährstoffmangel); Pflanzenmaterial aus diesen Kulturen sollte für die Tests nicht verwendet werden.

Kultivierung

19.
Um den Kultivierungsaufwand zu reduzieren (z. B. wenn über einen bestimmten Zeitraum keine Tests mit Lemna vorgesehen sind), können die Kulturen bei verringerter Beleuchtung und niedrigerer Temperatur (4-10 °C) gelagert werden. Nähere Informationen zur Kultivierung sind Anlage 3 zu entnehmen. Bei offensichtlichen Anzeichen für Verunreinigungen durch Algen oder sonstige Organismen muss eine Oberflächensterilisation einer Teilprobe der Lemna-Fronds vorgenommen werden und anschließend eine Übertragung in ein frisches Medium erfolgen (siehe Anlage 3). In diesem Fall sollte die verbleibende verunreinigte Kultur verworfen werden.
20.
Mindestens sieben Tage vor Durchführung der Tests wird eine hinreichende Anzahl an Kolonien keimfrei in ein frisches steriles Medium gebracht und 7-10 Tage bei Testbedingungen kultiviert.

Prüfmedium

21.
Für Lemna minor und Lemna gibba werden jeweils die im Folgenden genannten Medien empfohlen. Wenn vermutet wird, dass das Medium mit der Prüfchemikalie reagieren und die Toxizitätswirkung beeinflussen könnte, ist sorgfältig zu prüfen, ob eine pH-Pufferlösung zum Prüfmedium gegeben werden muss (beim L.-minor-Medium MOPS (4-Morpholinpropan-Sulfonsäure, CAS-Nr: 1132-61-2) und beim L.-gibba-Medium NaHCO3). Das Steinberg-Medium (9) ist ebenfalls akzeptabel, wenn die Validitätskriterien erfüllt werden.
22.
Zur Kultivierung von L. minor und für Tests mit L. minor wird eine Modifizierung des SIS-Lemna-Nährmediums (SIS = schwedisches Standardmedium) empfohlen. Die Zusammensetzung dieses Mediums ist Anlage 4 zu entnehmen.
23.
Zur Kultivierung von L. gibba und für Tests mit L. gibba wird das Nährmedium 20X — AAP (siehe Anlage 4) empfohlen.
24.
Das in Anlage 4 beschriebene Steinberg-Medium ist für L. minor ebenfalls geeignet, kann aber auch für L. gibba verwendet werden, wenn die Validitätskriterien erfüllt sind.

Testlösungen

25.
Die Testlösungen werden gewöhnlich durch Verdünnung einer Stammlösung hergestellt. Zum Herstellen von Stammlösungen der Prüfchemikalie wird die Chemikalie im Allgemeinen im Nährmedium gelöst.
26.
Die höchste getestete Konzentration der Prüfchemikalie sollte in der Regel die Wasserlöslichkeit der Chemikalie bei den jeweiligen Testbedingungen nicht überschreiten. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass Lemna spp. auf der Oberfläche treiben und Chemikalien ausgesetzt werden könnten, die sich am Übergang zwischen Wasser und Umgebungsluft sammeln (z. B. schlecht wasserlösliche oder hydrophobe Chemikalien oder oberflächenaktive Chemikalien). Unter diesen Umständen besteht eine Belastung durch nicht in der Lösung enthaltene Materialien, und die Testkonzentrationen können je nach den Merkmalen der Prüfchemikalie die Wasserlöslichkeit überschreiten. Bei Prüfchemikalien mit geringerer Wasserlöslichkeit muss unter Umständen mit einem organischen Lösungsmittel oder einem Dispergiermittel eine konzentrierte Stammlösung oder eine Dispersion der Chemikalie hergestellt werden, damit leichter die exakten Mengen der Prüfchemikalie zum Prüfmedium hinzugegeben werden können und damit die Dispergierung und die Auflösung der Chemikalie begünstigt wird. Die Verwendung dieser Materialien sollte unbedingt vermieden werden. Durch die Verwendung der Lösungsmittel oder Dispergiermittel sollte keine Phytotoxizität entstehen. Häufig verwendete Lösungsmittel, die bei Konzentrationen bis zu 100 μl/l keine phototoxische Wirkung haben, sind z. B. Aceton und Dimethylformamid. Wenn ein Lösungsmittel oder ein Dispergiermittel verwendet wird, muss die Endkonzentration protokolliert und auf ein Minimum (≤ 100 μl/l) beschränkt werden; alle behandelten Proben und die Kontrollproben müssen das Lösungsmittel bzw. das Dispergiermittel in derselben Konzentration enthalten. Weitere Informationen zur Verwendung von Dispergiermitteln sind Quelle (8) zu entnehmen.

Test- und Kontrollgruppen

27.
Die vorherige Kenntnis der Toxizität der Prüfchemikalie für Lemna (z. B. aufgrund eines Vorversuchs) erleichtert die Auswahl geeigneter Testkonzentrationen. Beim definitiven Toxizitätstest werden in der Regel mindestens fünf Testkonzentrationen in einer geometrischen Reihe angeordnet. Der Abstandsfaktor zwischen den Testkonzentrationen beträgt höchstens 3,2; bei flachen Konzentrations-Reaktionskurven kommen jedoch auch höhere Werte in Betracht. Die Verwendung von weniger als fünf Konzentrationen muss begründet werden. Für jede Testkonzentration sind mindestens drei Replikate zu verwenden.
28.
Beim Festlegen des Testkonzentrationsbereichs (zur Bereichsermittlung und/oder für den definitiven Toxizitätstest) sind folgende Punkte zu berücksichtigen:
Um ein angemessenes Konfidenzintervall sicherzustellen, müssen bei der Bestimmung eines ECx-Wertes die Testkonzentrationen so gewählt werden, dass der ECx-Wert eingeschlossen ist. Bei der Ermittlung von EC50 beispielsweise muss die höchste Testkonzentration größer als EC50 sein. Wenn der EC50-Wert außerhalb des Testkonzentrationsbereichs liegt, sind die entsprechenden Konfidenzintervalle groß, und das verwendete statistische Modell ist eventuell nicht geeignet.
Wenn die LOEC oder die NOEC bestimmt werden sollen, muss die niedrigste Testkonzentration so gering sein, dass das Wachstum nicht signifikant kleiner als das Wachstum der Kontrollgruppe ist. Außerdem muss die höchste Testkonzentration so hoch sein, dass das Wachstum signifikant geringer ist als das Wachstum der Kontrollgruppe. Ansonsten muss der Test mit einem anderen Konzentrationsbereich wiederholt werden (wenn die höchste Konzentration nicht an der Löslichkeitsgrenze bzw. bei der höchstens erforderlichen Grenzkonzentration [z. B. 100 mg/l– 1] liegt).
29.
Die Tests beinhalten jeweils Kontrollen, bei denen das gleiche Nährmedium, die gleiche Anzahl an Fronds und Kolonien und die gleichen Umgebungsbedingungen wie in den Prüfgefäßen gegeben sind und nur die Prüfchemikalie fehlt. Wenn ein zusätzliches Lösungsmittel oder Dispergiermittel verwendet wird, muss eine zusätzliche Kontrolle mit der gleichen Konzentration des Lösungsmittel/Dispergiermittel wie in den Prüfansätzen getestet werden. Die Anzahl der Kontrollgefäße zur Durchführung von Replikaten (sowie ggf. der Lösungsmittelgefäße) muss mindestens identisch mit der Anzahl der für die verschiedenen Testkonzentrationen verwendeten Gefäße sein; im Idealfall sollten sogar doppelt so viele Gefäße verwendet werden.
30.
Wenn die NOEC nicht bestimmt werden muss, kann das Prüfprotokoll geändert werden, indem die Anzahl der Konzentrationen erhöht und die Anzahl der Replikate verringert wird. Allerdings müssen mindestens drei Kontrollreplikate verwendet werden.

Exposition

31.
Kolonien mit zwei bis vier sichtbaren Fronds werden unter keimfreien Bedingungen aus der Impfkultur übertragen und zufällig den Prüfgefäßen zugewiesen. Die Prüfgefäße enthalten insgesamt jeweils neun bis zwölf Fronds. Die Anzahl der Fronds und Kolonien muss in allen Prüfgefäßen identisch sein. Erfahrungen mit dieser Methode sowie Daten aus Ringtests haben gezeigt, dass drei Replikate pro Behandlung, wobei jedes Replikat anfänglich neun bis zwölf Fronds enthält, hinreichend sind, um Unterschiede hinsichtlich der Wachstumshemmungen in der Größenordnung von ca. 4 bis 7 % aufgrund der Wachstumsrate (pro Zellertrag 10 bis 15 % berechnet) zwischen den Behandlungen feststellen zu können (7).
32.
Die Prüfgefäße müssen randomisiert im Inkubator angeordnet werden, um die Auswirkungen räumlich unterschiedlicher Lichtintensitäten und Temperaturen zu minimieren. Außerdem sind die Gefäße blockweise anzuordnen oder zufällig umzustellen, wenn die Messungen vorgenommen werden (bzw. noch häufiger).
33.
Wenn aufgrund eines vorläufigen Stabilitätstests anzunehmen ist, dass die Prüfchemikalienkonzentration nicht über die gesamte Testdauer (7 Tage) aufrechterhalten werden kann (d. h. wenn die gemessene Konzentration unter 80 % der gemessenen Ausgangskonzentration fällt), wird ein semistatischer Test empfohlen. In diesem Fall werden die Kolonien während der Testdauer mindestens zweimal (z. B. an den Tagen 3 und 5) in frisch hergestellte Test- und Kontrolllösungen gegeben. Wie häufig die Lösungen dem frischen Medium ausgesetzt werden, hängt von der Stabilität der Prüfchemikalie ab. Bei sehr instabilen oder flüchtigen Chemikalien ist unter Umständen eine häufigere Exposition erforderlich, um die Konzentrationen annähernd konstant zu halten. Unter gewissen Umständen kann auch die Durchführung eines Durchflusstests erforderlich sein (8)(10).
34.
Das Expositionsszenario beim Besprühen wird in dieser Prüfmethode nicht berücksichtigt; diesbezüglich wird auf Quelle (11) verwiesen.

Inkubationsbedingungen

35.
Durch kontinuierliche fluoreszierende Beleuchtung mit warmem oder kaltweißem Licht wird eine Lichtintensität hergestellt, die bei Messung unter photosynthetisch aktiver Strahlung (400-700 nm) an Punkten jeweils in demselben Abstand von der Lichtquelle wie die Lemna-Fronds bei 85-135 μE·m– 2s– 1 liegt (entsprechend etwa 6 500 -10 000 lx). Abweichungen von der gewählten Lichtintensität dürfen im Testbereich höchstens ± 15 % betragen. Dabei ist zu beachten, dass die Messwerte von der Methode zur Feststellung und zur Messung der Lichtintensität (insbesondere vom Sensortyp) abhängen. Kugelförmige Sensoren (die auf Licht aus allen Winkeln über und unter der Messebene reagieren) sowie „Kosinus“-Sensoren (die auf Licht aus allen Winkeln über der Messebene ansprechen) sind gegenüber unidirektionalen Sensoren zu bevorzugen, da diese Sensoren bei Mehrpunkt-Lichtquellen des hier beschriebenen Typs höhere Messwerte ergeben.
36.
Die Temperatur der Prüfgefäße beträgt 24 ± 2 °C. Der pH-Wert des Kontrollmediums darf während des Tests höchstens um 1,5 Einheiten ansteigen. Auch bei Abweichungen von mehr als 1,5 Einheiten sind Testergebnisse dann nicht ungültig, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Validitätskriterien erfüllt sind. Erhöhte Sorgfalt ist bei der Beurteilung von Verschiebungen des pH-Wertes in Sonderfällen geboten (z. B. beim Testen instabiler Chemikalien oder beim Testen von Metallen). Weitere Informationen in diesem Zusammenhang sind Quelle (8) zu entnehmen.

Dauer

37.
Der Test wird sieben Tage nach Einsetzen der Pflanzen in die Prüfgefäße beendet.

Messungen und analytische Bestimmungen

38.
Bei Beginn des Tests wird die Anzahl der in den Prüfgefäßen enthaltenen Fronds ermittelt und protokolliert; zu zählen sind alle herausragenden, deutlich erkennbaren Fronds. Die Anzahl der normal oder anomal aussehenden Fronds ist bei Beginn des Tests, alle drei Tage während der Expositionsdauer (d. h. binnen des Zeitraums von sieben Tagen mindestens zweimal) und am Ende des Tests zu bestimmen. Änderungen in der Entwicklung der Pflanzen (z. B. Änderungen der Größe oder des Aussehens der Fronds, Anzeichen für eine Nekrose, Chlorose oder Aufwölbungen, das Aufbrechen von Kolonien oder der Verlust der Schwimmfähigkeit sowie Veränderungen der Wurzellänge oder der sonstigen Beschaffenheit der Wurzeln) sind zu protokollieren. Wesentliche Merkmale des Prüfmediums (z. B. Vorliegen nicht gelösten Materials oder Algenwachstum im Prüfgefäß) werden ebenfalls vermerkt.
39.
Ergänzend zur Ermittlung der Frondzahl während des Tests sind auch die Auswirkungen der Prüfchemikalie auf eine (oder mehrere) der folgenden Messvariablen zu bewerten:
i)
Gesamtfläche der Fronds,
ii)
Trockenmasse,
iii)
Frischmasse.
40.
Die Gesamtfläche der Fronds hat den Vorteil, dass sie für jedes einzelne Prüfgefäß und für jedes einzelne Kontrollgefäß jeweils bei Beginn des Tests, während der Durchführung des Tests und am Ende des Tests bestimmt werden kann. Die Trockenmasse und die Frischmasse werden bei Beginn des Tests an einer Probe der Impfkultur ermittelt, die typisch für das bei Beginn des Tests verwendete Material ist; eine weitere Feststellung erfolgt am Ende des Tests anhand des Pflanzenmaterials jeweils aus den Prüfgefäßen und aus den Kontrollgefäßen. Wenn die Frondfläche nicht gemessen wird, ist eher die Trockenmasse als die Frischmasse zu ermitteln.
41.
Die Gesamtfläche der Fronds, die Trockenmasse und die Frischmasse können wie folgt bestimmt werden:
i)
Gesamtfläche der Fronds: Die Gesamtfläche der Fronds aller Kolonien kann durch Bildanalyse ermittelt werden. Eine Silhouette des Prüfgefäßes und der Pflanzen kann mit einer Videokamera erfasst werden. Dazu wird das Gefäß auf einen Leuchtkasten gestellt; das dort aufgenommene Bild wird anschließend digitalisiert. Durch die Kalibrierung mit flachen Verläufen bekannter Flächen kann dann die Gesamtfläche der Fronds im Prüfgefäß bestimmt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass Störungen durch den Rand des Prüfgefäßes ausgeschlossen werden. Ein alternatives, aber aufwendigeres Verfahren besteht darin, Prüfgefäße und Pflanzen zu fotokopieren und die entsprechenden Silhouetten der Kolonien auszuschneiden; anschließend wird die jeweilige Fläche mit einem Blattflächen-Analysator oder mit Millimeterpapier bestimmt. Geeignet sind unter Umständen aber auch andere Verfahren (z. B. die Ermittlung des Papiergewicht-Verhältnisses zwischen der Fläche der Kolonie-Silhouette und der Fläche der jeweils zugrunde gelegten Einheit).
ii)
Trockenmasse: Alle Kolonien werden aus den Prüfgefäßen entnommen und mit destilliertem oder entionisiertem Wasser gespült. Durch anschließendes Ablöschen wird überschüssiges Wasser entfernt; danach werden die Proben bei 60 °C auf ein konstantes Gewicht getrocknet. Wurzelreste werden einbezogen. Die Trockenmasse wird mit einer Genauigkeit von mindestens 0,1 mg angegeben.
iii)
Frischmasse: Alle Kolonien werden in zuvor gewogene Röhrchen aus Polystyrol (oder einem sonstigen inerten Material) mit feinen Löchern (1 mm) im gerundeten Boden gesetzt. Anschließend werden die Röhrchen bei Raumtemperatur 10 Minuten mit 3 000 Umdrehungen/min. zentrifugiert. Die Röhrchen mit den nun getrockneten Kolonien werden noch einmal gewogen; danach wird die Frischmasse durch Subtraktion des Gewichts der leeren Röhrchen bestimmt.

Häufigkeit der Messungen und der analytischen Bestimmungen

42.
Bei statischen Tests wird jeweils bei Beginn und am Ende des Tests der pH-Wert der behandelten Lösungen gemessen. Bei semistatischen Tests wird für alle Batches der „frischen“ Testlösung jeweils vor den Erneuerungen der pH-Wert ermittelt; außerdem ist der pH-Wert der „verbrauchten“ Lösungen zu bestimmen.
43.
Die Lichtintensität wird in der Wachstumskammer, im Inkubator oder im jeweiligen Raum in dem Abstand von der Lichtquelle gemessen, der auch bei den Lemna-Fronds gegeben ist. Während des Tests wird mindestens eine Messung vorgenommen. Die Temperatur des Mediums in einem Surrogatgefäß unter den gleichen Bedingungen wie in der Wachstumskammer bzw. im Inkubator oder im jeweiligen Raum ist mindestens täglich zu protokollieren.
44.
Während des Tests wird die Konzentration der Prüfchemikalie in geeigneten Intervallen bestimmt. Bei statischen Tests ist die Konzentration mindestens bei Beginn des Tests und am Ende des Tests zu ermitteln.
45.
Bei semistatischen Tests, bei denen davon ausgegangen wird, dass die Konzentration der Prüfchemikalie nicht im Bereich von ± 20 % der Nominalkonzentration aufrechterhalten werden kann, müssen alle frisch hergestellten Testlösungen sowie alle Lösungen jeweils nach der Erneuerung analysiert werden (siehe Nummer 33). Bei Tests, bei denen die gemessene Ausgangskonzentration der Prüfchemikalie zwar nicht ± 20 % der Nominalkonzentration beträgt, für die aber hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die Ausgangskonzentrationen wiederholbar und stabil sind (d. h. dass die Konzentrationen im Bereich von 80-120 % der Ausgangskonzentration liegen), sind chemische Bestimmungen nur bei der höchsten und der niedrigsten Konzentration erforderlich. In jedem Fall brauchen die Prüfchemikalienkonzentrationen für alle Testkonzentrationen vor der Erneuerung jeweils nur bei einem einzigen Replikat (bzw. bei Gefäßen mit zusammengefassten Replikaten jeweils bei nur einem Gefäß) erneut bestimmt zu werden.
46.
Bei Durchflusstests ist ähnlich zu verfahren, wie bei den semistatischen Tests, d. h. Analysen sind jeweils bei Beginn des Tests, in der Mitte und am Ende des Tests durchzuführen; Messungen der „verbrauchten“ Lösungen sind jedoch nicht erforderlich. Bei diesem Testtyp wird der Durchfluss des Verdünnungsmittels und der Prüfchemikalie oder der Prüfchemikalien-Stammlösung täglich geprüft.
47.
Wenn nachgewiesen wird, dass die Konzentration der Prüfchemikalie während der gesamten Testdauer zufriedenstellend in Höhe von ± 20 % der Nominalkonzentration oder der gemessenen Ausgangskonzentration aufrechterhalten werden konnte, können die Ergebnisse auch ausgehend von den Nominalwerten bzw. von den gemessenen Ausgangswerten analysiert werden. Beträgt die Abweichung von der Nominalkonzentration oder von der gemessenen Ausgangskonzentration mehr als ± 20 %, sollte bei der Analyse der Ergebnisse vom geometrischen Mittel der Konzentration während der Expositionsdauer oder von Modellen ausgegangen werden, die den Rückgang der Prüfchemikalienkonzentration beschreiben (8).

Limit-Test

48.
Unter bestimmten Umständen, z. B. wenn ein vorläufiger Test darauf hindeutet, dass die Prüfchemikalie bei Konzentrationen bis zu 100 mg/l bzw. bis zur Löslichkeitsgrenze im Prüfmedium (maßgeblich ist die jeweils niedrigere Konzentration) keine toxische Wirkung hat, kann ein Limit-Test durchgeführt werden, in dem die Reaktionen einer Kontrollgruppe und einer Behandlungsgruppe (100 mg/l bzw. eine mit der Löslichkeitsgrenze identische Konzentration) verglichen werden. Es wird nachdrücklich empfohlen, diese Tests durch Analysen der Expositionskonzentration zu verifizieren. Alle oben beschriebenen Testbedingungen und Validitätskriterien beziehen sich auf einen Limit-Test; allerdings sollte die Anzahl der behandelten Replikate mindestens doppelt so hoch sein. Das Wachstum der Kontrollgruppe und der Behandlungsgruppe kann mit einem statistischen Test zum Vergleich der Mittelwerte analysiert werden (z. B. mit einem Student-t-Test).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Verdopplungszeit

49.
Um die Dauer bis zur Verdopplung der Frondzahl (Td) zu bestimmen und um sicherzustellen, dass dieses Validitätskriterium von der Studie erfüllt wird (siehe Nummer 12), sind die Daten der Kontrollgefäße in die folgende Gleichung einzusetzen:

Td = ln 2/μ

Dabei steht μ für die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate, die wie unter den Nummern 54 und 55 beschrieben bestimmt wurde.

Reaktionsvariablen

50.
Mit der Prüfung sollen die Auswirkungen der Prüfchemikalie auf das vegetative Wachstum von Lemna bestimmt werden. Diese Prüfmethode beschreibt zwei Reaktionsvariablen, da in unterschiedlichen Rechtsordnungen unterschiedliche Präferenzen und rechtliche Anforderungen bestehen. Damit die Testergebnisse in allen Rechtsordnungen anerkannt werden können, sind die Auswirkungen mithilfe der beiden im Folgenden beschriebenen Reaktionsvariablen a und b zu auszuwerten.
a)
Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate: Diese Reaktionsvariable wird aufgrund von Veränderungen der Frondzahlen-Logarithmen sowie ausgehend von den Veränderungen der Logarithmen sonstiger Messparameter der Kontrollen und der einzelnen Behandlungsgruppen (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse) während eines bestimmten Zeitraums (jeweils pro Tag ausgedrückt) berechnet. Gelegentlich wird diese Wachstumsrate auch als relative Wachstumsrate bezeichnet (12).
b)
Zellertrag: Diese Reaktionsvariable wird ausgehend von Änderungen der Frondzahl sowie aufgrund von Änderungen anderer Messparameter der Kontrollen und der einzelnen Behandlungsgruppen (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse) bis zum Ende der Testdauer berechnet.
51.
Es wird darauf hingewiesen, dass die mit diesen beiden Reaktionsvariablen berechneten Toxizitätswerte nicht vergleichbar sind; der entsprechende Unterschied muss bei der Verwendung der Testergebnisse berücksichtigt werden. Die mit der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate (ErCx) berechneten Werte für ECx werden im Allgemeinen höher sein als die anhand des Zellertrags (EyCx) ermittelten Werte, wenn die für diese Testmethode vorgesehenen Bedingungen eingehalten werden; dies ist auf die unterschiedliche mathematische Grundlage der beiden Berechnungsverfahren zurückzuführen. Die auftretenden Unterschiede sollten jedoch nicht als Anzeichen für eine unterschiedliche Empfindlichkeit der beiden Reaktionsvariablen betrachtet werden; beide Werte sind einfach mathematisch verschieden. Das Konzept der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate beruht auf dem im Allgemeinen exponentiellen Verlauf des Wasserlinsenwachstums bei nicht beschränkten Kulturen, bei denen die Toxizität aufgrund der Auswirkungen auf die Wachstumsrate ermittelt wird, ohne jedoch von der absoluten Höhe der jeweiligen Wachstumsrate der Kontrollprobe, von der Steigung der Konzentrations-Reaktionskurve oder von der Testdauer abhängig zu sein. Auf der Reaktionsvariable „Zellertrag“ beruhende Ergebnisse hingegen hängen von allen übrigen genannten Variablen ab. EyCx ist von der spezifischen Wachstumsrate der in den einzelnen Tests verwendeten Wasserlinsenarten sowie von der maximalen spezifischen Wachstumsrate abhängig, die je nach Art sowie sogar zwischen den einzelnen Klonen unterschiedlich sein kann. Diese Reaktionsvariable darf nicht verwendet werden, um die Empfindlichkeit von Algenarten oder auch nur verschiedener Klone gegenüber Giftstoffen zu vergleichen. Die Verwendung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate zur Schätzung der Toxizität wird in der Wissenschaft bevorzugt; bei dieser Prüfmethode werden jedoch auch Toxizitätsschätzungen aufgrund des Zellertrags berücksichtigt, um den derzeitigen rechtlichen Anforderungen einiger Rechtsordnungen Rechnung zu tragen.
52.
Toxizitätsschätzungen müssen auf der Frondzahl sowie auf einer weiteren Messvariablen (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse) beruhen, da sich manche Chemikalien erheblich stärker auf andere Messvariablen auswirken können als die Frondzahl. Diese Auswirkungen würden nicht festgestellt, wenn ausschließlich die Frondzahl berechnet würde.
53.
Die Anzahl der Fronds sowie alle sonstigen protokollierten Messvariablen (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse) werden zusammen mit den Konzentrationen der Prüfchemikalie für jede Messung tabellarisch zusammengestellt. Anschließende Datenanalysen z. B. zur Schätzung von LOEC-, NOEC- oder ECx-Werten sollten auf den Werten der einzelnen Replikate, nicht aber auf berechneten Mittelwerten der einzelnen Behandlungsgruppen beruhen.

Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate

54.
Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate in einem bestimmten Zeitraum wird als logarithmische Zunahme der Wachstumsvariablen (d. h. der Frondzahl und einer sonstigen Messvariablen (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse)) für die einzelnen Replikate der Kontrolllösungen und der behandelten Lösungen mit der nachstehenden Formel berechnet:

Dabei sind:

μi – j:durchschnittliche spezifische Wachstumsrate vom Zeitpunkt i bis zum Zeitpunkt j
Ni:Messvariable im Prüfgefäß bzw. im Kontrollgefäß zum Zeitpunkt i
Nj:Messvariable im Prüfgefäß bzw. im Kontrollgefäß zum Zeitpunkt j
t:Zeitraum vom Zeitpunkt i bis zum Zeitpunkt j

Für jede Behandlungsgruppe und für jede Kontrollgruppe sind die mittlere Wachstumsrate und die Varianzschätzungen zu berechnen.

55.
Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate wird für die gesamte Testdauer berechnet. (In der vorstehenden Formel bezeichnet „i“ den Beginn des Tests und der Zeitpunkt „j“ das Ende des Tests.) Für alle Konzentrationen der Testlösungen und der Kontrolllösungen sind ein Mittelwert für die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate zu berechnen und die entsprechenden Varianzschätzungen vorzunehmen. Außerdem muss die abschnittsbezogene Wachstumsrate bestimmt werden, um die Auswirkungen der Prüfchemikalie während der Expositionsdauer beurteilen zu können (z. B. durch Prüfung der logarithmisch transformierten Wachstumskurven). Erhebliche Unterschiede zwischen der abschnittsbezogenen Wachstumsrate und der durchschnittlichen Wachstumsrate deuten auf Abweichungen vom konstanten exponentiellen Wachstum hin und erfordern eine genaue Überprüfung der Wachstumskurve. In diesem Fall würde ein vorsichtigerer Ansatz in einem Vergleich der spezifischen Wachstumsraten der behandelten Kulturen während der Dauer der maximalen Hemmung mit den spezifischen Wachstumsraten der Kontrolllösungen im selben Zeitraum bestehen.
56.
Die Hemmung der Wachstumsrate in Prozent (Ir) kann anschließend für jede Testkonzentration (Behandlungsgruppe) nach der folgenden Formel berechnet werden:

Dabei sind:

% Ir:Hemmung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate in Prozent
μC:Mittelwert für μ in der Kontrollgruppe
μT:Mittelwert für μ in der Behandlungsgruppe

Zellertrag

57.
Die Auswirkungen auf den Zellertrag werden ausgehend von zwei Messvariablen, d. h. der Frondzahl und einer sonstigen Messvariablen (der gesamten Frondfläche, der Trockenmasse oder der Frischmasse) der jeweiligen Prüfgefäße am Anfang und am Ende des Tests bestimmt. Für die Trockenmasse und die Frischmasse wird die Ausgangsbiomasse bezogen auf eine Frond-Probe aus dem betreffenden Batch bestimmt, aus der die Prüfgefäße geimpft wurden (siehe Nummer 20). Für die Testkonzentrationen und für die Kontrolllösungen ist jeweils ein mittlerer Zellertrag zu berechnen; die Varianzen sind jeweils zu schätzen. Die prozentuale Hemmung des Zellertrags ( % Iy) kann für die Behandlungsgruppen wie folgt berechnet werden:

Dabei sind:

% Iy:Verringerung des Zellertrags in Prozent
bC:Biomasse am Ende des Tests abzüglich der Biomasse der Kontrollgruppe am Anfang des Tests
bT:Biomasse am Ende des Tests abzüglich der Biomasse der Behandlungsgruppe am Anfang des Tests

Darstellung der Konzentrations-Reaktionskurven

58.
Die Konzentrations-Reaktionskurven der mittleren Hemmung der Reaktionsvariablen in Prozent (Ir bzw. Iy berechnet gemäß der Anweisung unter Nummer 56 bzw. Nummer 57) bezogen auf die logarithmische Konzentration der Prüfchemikalie werden grafisch dargestellt.

Schätzung von ECx

59.
Schätzungen der ECx-Werte (z. B. EC50) sollten sowohl auf der mittleren spezifischen Wachstumsrate (ErCx) als auch auf dem Zellertrag (EyCx) beruhen, und beide Werte sollten ihrerseits von der Frondzahl und von einer weiteren Messvariablen (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse) ausgehen, weil sich manche Prüfchemikalien unterschiedlich auf die Frondzahl und sonstige Messvariablen auswirken. Die gewünschten Toxizitätsparameter bestehen entsprechend aus vier ECx-Werten für alle berechneten Hemmkonzentrationen x: ErCx (Frondzahl); ErCx (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse); EyCx (Frondzahl) und EyCx (gesamte Frondfläche, Trockenmasse oder Frischmasse).

Statistische Verfahren

60.
Ziel ist die Ermittlung einer quantitativen Konzentrations-Wirkungsbeziehung durch Regressionsanalyse. Im Anschluss an eine linearisierte Transformation der Reaktionsdaten (z. B. in Einheiten nach dem Probit-, Logit- oder Weibull-Modell) (13) kann eine gewichtete lineare Regression vorgenommen werden; nicht-lineare Regressionsverfahren, mit denen die unvermeidlichen Unregelmäßigkeiten der Daten und Abweichungen von gleichförmigen Verteilungen besser verarbeitet werden können, werden jedoch bevorzugt. Im Bereich von null bzw. der vollständigen Hemmung können diese Unregelmäßigkeiten durch die Transformation vergrößert werden und die Analyse beeinträchtigen (13). Es wird darauf hingewiesen, dass Standard-Analysemethoden mit Probit-, Logit- oder Weibull-Transformationen für quantale Daten (z. B. Mortalität oder Überlebensraten) vorgesehen sind und zur Verwendung in Verbindung mit Wachstums- oder Zellertragsdaten entsprechend modifiziert werden müssen. Spezifische Verfahren zur Bestimmung von ECx-Werten aus kontinuierlichen Daten sind den Quellen (14), (15) und (16) zu entnehmen.
61.
Für jede zu analysierende Reaktionsvariable sind aufgrund der Konzentrations-Wirkungsbeziehung ECx-Werte zu ermitteln. Nach Möglichkeit sollten für jeden ECx-Wert die 95- %-Konfidenzintervalle bestimmt werden. Die Qualität der Übereinstimmung der Reaktionsdaten mit dem Regressionsmodell sollte grafisch oder statistisch bewertet werden. Die Regressionsanalyse wird mit den Reaktionen der einzelnen Replikate (und nicht mit den Mittelwerten der Behandlungsgruppe) durchgeführt.
62.
Schätzwerte für EC50 und für die Konfidenzintervalle können auch durch lineare Interpolation mit einem Bootstrapping-Algorithmus (17) erzielt werden, wenn die verfügbaren Regressionsmodelle/-methoden für die betreffenden Daten nicht geeignet sind.
63.
Für eine Schätzung der LOEC und entsprechend auch der NOEC müssen die Mittelwerte der behandelten Lösungen durch Varianzanalyseverfahren (ANOVA) verglichen werden. Der Mittelwert der einzelnen Konzentrationen ist dann mit einer geeigneten Methode zur Durchführung von Mehrfachvergleichen bzw. zur Durchführung von Trendtests mit dem Mittelwert der Kontrollgruppe zu vergleichen. Dunnett- und Williams-Tests können hilfreich sein (18)(19)(20)(21). Die ANOVA-Annahme der Varianzhomogenität muss einer Überprüfung unterzogen werden. Die entsprechende Bewertung kann anhand einer grafischen Darstellung oder aufgrund eines formalen Tests vorgenommen werden (22). Geeignet sind Levene- und Bartlett-Tests. Wenn die Annahme der Varianzhomogenität nicht erfüllt ist, kann gelegentlich eine Korrektur durch logarithmische Datentransformation erfolgen. Bei außerordentlicher Varianzheterogenität, die durch Transformation nicht korrigiert werden kann, sollten Analysen durch Methoden wie z. B. Jonckheere-Trendtests (Stepdown) erwogen werden. Weitere Hinweise zur Bestimmung von NOEC-Werten sind Quelle (16) zu entnehmen.
64.
Aufgrund neuer Forschungsergebnisse wird empfohlen, das Konzept der NOEC aufzugeben und durch Punktschätzungen von ECx-Werten zu ersetzen, die durch Regression ermittelt wurden. Für diesen Lemna-Test wurde noch kein geeigneter Wert für x definiert. Ein Bereich von 10 bis 20 % scheint jedoch geeignet (abhängig von der auswählten Reaktionsvariablen); vorzugsweise sollten sowohl EC10 als auch EC20 protokolliert werden.

Abschlussbericht

65.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfchemikalie:

physikalische Beschaffenheit und physikalisch-chemische Eigenschaften einschließlich der Wasserlöslichkeitsgrenze;
chemische Kenndaten (z. B. CAS-Nummer) einschließlich der Reinheit (Verunreinigungen).

Im Test verwendete Art:

wissenschaftliche Bezeichnung, Klon (wenn bekannt) und Herkunft.

Prüfbedingungen:

verwendetes Testverfahren (statisch, semistatisch oder Durchfluss);
Datum des Testbeginns und Dauer des Tests;
Prüfmedium;
Beschreibung des Prüfprotokolls: Prüfgefäße und Abdeckungen, Lösungsvolumina, Anzahl der Kolonien und Fronds pro Prüfgefäß am Anfang des Tests;
Testkonzentrationen (Nominalkonzentrationen bzw. gemessene Konzentrationen) und Anzahl der Replikate pro Konzentration;
Methoden zur Herstellung von Stamm- und Testlösungen einschließlich der Verwendung von Lösungsmitteln und Dispergiermitteln;
Temperatur während des Tests;
Lichtquelle, Lichtintensität und Homogenität des Lichts;
pH-Werte der Prüfmedien und der Kontrollmedien;
Prüfchemikalienkonzentrationen und Analysemethode mit geeigneten Daten zur Qualitätsbewertung (Validierungsstudien, Standardabweichungen oder Konfidenzgrenzen der Analysen);
Methoden zur Bestimmung der Frondzahl und sonstiger Messvariablen (z. B. Trockenmasse, Frischmasse oder Frondfläche);
sämtliche Abweichungen von dieser Prüfmethode.

Ergebnisse:

Ausgangsdaten: Anzahl der Fronds und sonstige Messvariablen der einzelnen Prüfgefäße und der Kontrollgefäße jeweils bei einer Beobachtung und Analyse;
Mittelwerte und Standardabweichungen der einzelnen Messvariablen;
Wachstumskurven bei den verschiedenen Konzentrationen (möglichst mit logarithmisch transformierter Messvariable, siehe Nummer 55);
Verdopplungszeit/Wachstumsrate in der Kontrolllösung bezogen auf die Frondzahl;
berechnete Reaktionsvariablen für alle behandelten Replikate mit Mittelwerten und dem Variationskoeffizienten für Replikate;
grafische Darstellung der Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung;
Schätzungen der Endpunkte der Toxizität für die verschiedenen Reaktionsvariablen (z. B. EC50, EC10 und EC20) und entsprechende Konfidenzintervalle; wenn berechnet, sind die LOEC und/oder die NOEC sowie die zur jeweiligen Berechnung verwendeten statistischen Methoden anzugeben;
bei Durchführung von Varianzanalysen (ANOVA) der Umfang der nachzuweisenden Auswirkungen (z. B. geringster signifikanter Unterschied);
jegliche in behandelten Proben festgestellte Wachstumsstimulation;
alle offensichtlichen Anzeichen einer Phytotoxizität sowie Beobachtungen an den Testlösungen;
Diskussion der Ergebnisse einschließlich aller Auswirkungen auf das Testergebnis, die auf Abweichungen von dieser Prüfmethode zurückzuführen sind.

LITERATUR

(1) ASTM International.(2003). Standard Guide for Conducting Static Toxicity Test With Lemna gibba G3. E 1415-91 (neu genehmigt 1998). S. 733-742. In: Annual Book of ASTM Standards, Vol. 11.05 Biological Effects and Environmental Fate; Biotechnology; Pesticides, ASTM, West Conshohocken, PA.

(2) US EPA — United States Environmental Protection Agency. (1996). OPPTS 850.4400 Aquatic Plant Toxicity Test Using Lemna spp., „Public draft“. EPA 712-C-96-156.8 S.

(3) AFNOR — Association Française de Normalisation.(1996). XP T 90-337: Détermination de l'inhibition de la croissance de Lemna minor. 10 S.

(4) SSI — Swedish Standards Institute.(1995). Water quality — Determination of growth inhibition (7-d) Lemna minor, duckweed. SS 02 82 13.15 S. (Schwedisch).

(5) Environment Canada.(1999). Biological Test Method: Test for Measuring the Inhibition of Growth Using the Freshwater Macrophyte, Lemna minor. EPS 1/RM/37 — 120 S.

(6) Environment Canada.(1993) Proposed Guidelines for Registration of Chemical Pesticides: Non-Target Plant Testing and Evaluation.Canadian Wildlife Service, Technical Report Series No. 145.

(7) Sims, I., Whitehouse, P., und Lacey, R. (1999) The OECD Lemna Growth Inhibition Test. Development and Ring-testing of draft OECD Test Guideline.R&D Technical Report EMA 003.WRc plc — Environment Agency.

(8) OECD (2000). Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. OECD Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 23.Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris.

(9) Internationale Organisation für Normung. ISO DIS 20079. Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der toxischen Wirkung von Wasserinhaltsstoffen und Abwasser gegenüber Wasserlinsen (Lemna minor) — Wasserlinsen-Wachstumshemmtest.

(10) Walbridge C. T. (1977). A flow-through testing procedure with duckweed (Lemna minor L.). Environmental Research Laboratory — Duluth, Minnesota 55804.US EPA Report No. EPA-600/3-77 108. September 1977.

(11) Lockhart, W.L., Billeck, B. N., und Baron, C. L. (1989). Bioassays with a floating plant (Lemna minor) for effects of sprayed and dissolved glyphosate. Hydrobiologia, 118/119, 353 — 359.

(12) Huebert, D.B. and Shay J.M.(1993) Considerations in the assessment of toxicity using duckweeds.Environmental Toxicology and Chemistry, 12, 481-483.

(13) Christensen, E.R.,, Nyholm, N. (1984): Ecotoxicological Assays with Algae: Weibull Dose-Response Curves. Env. Sci. Technol. 19, 713-718.

(14) Nyholm, N. Sørensen, P.S., Kusk, K.O., und Christensen, E.R. (1992): Statistical treatment of data from microbial toxicity tests. Environ. Toxicol. Chem. 11, 157-167.

(15) Bruce, R.D., und Versteeg, D.J. (1992) A statistical procedure for modelling continuous toxicity data. Environmental Toxicology and Chemistry, 11, 1485-1494.

(16) OECD. (2006). Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application. Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris.

(17) Norberg-King T.J. (1988) An interpolation estimate for chronic toxicity:The ICp approach. National Effluent Toxicity Assessment Center Technical Report 05-88. US EPA, Duluth, MN.

(18) Dunnett, C.W. (1955) A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control. J. Amer. Statist. Assoc., 50, 1096-1121.

(19) Dunnett, C.W. (1964) New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics, 20, 482-491.

(20) Williams, D.A. (1971) A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics, 27: 103-117.

(21) Williams, D.A. (1972) The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics, 28: 519-531.

(22) Brain, P., und Cousens, R. (1989). An equation to describe dose-responses where there is stimulation of growth at low doses. Weed Research, 29, 93-96.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Bei dieser Prüfmethode werden die folgenden Begriffsbestimmungen zugrunde gelegt und folgende Abkürzungen verwendet:

Biomasse : Trockenmasse des in einer Population enthaltenen lebenden Materials; bei diesem Test werden typischerweise Surrogate für die betreffende Biomasse (z. B. Frondzahl oder Frondfläche) gemessen; entsprechend bezieht sich der Begriff „Biomasse“ auch auf diese Surrogatparameter.

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Chlorose : Gelbfärbung des Blattmaterials.

Klon : ein Organismus oder eine Zelle, der bzw. die durch geschlechtslose Reproduktion aus einem einzelnen Organismus gewonnen wurde; aus demselben Klon gewonnene Organismen sind entsprechend genetisch identisch.

Kolonie : Gesamtheit der miteinander verbundenen Mutter- und Tochter-Fronds (gewöhnlich 2 bis 4); gelegentlich auch als Pflanze bezeichnet.

ECx : Konzentration der im Prüfmedium aufgelösten Prüfchemikalie, bei der sich binnen einer festgelegten Expositionsdauer eine Reduzierung des Wachstums von Lemna um x % (z. B. 50 %) ergibt. (Die Expositionsdauer ist ausdrücklich zu nennen, wenn die Dauer von der vollständigen oder normalen Testdauer abweicht.) Um einen von der Wachstumsrate oder vom Zellertrag abweichenden EC-Wert eindeutig zu kennzeichnen, wird die Bezeichnung „ErC“ für die Wachstumsrate und „EyC“ für den Zellertrag jeweils gefolgt von der verwendeten Messvariablen (z. B. ErC [Frondzahl]) verwendet.

Durchflusstest : ein Test, bei dem die Testlösungen kontinuierlich ersetzt werden.

Frond : eine separate/einzelne „blattartige“ Struktur einer Wasserlinsen-Pflanze; kleinste reproduktionsfähige Einheit (d. h. einzelner Organismus).

Aufwölbungen : Fronds mit einer Wölbung oder Schwellung.

Wachstum : Zunahme der Messvariablen, z. B. Frondzahl, Trockenmasse, Feuchtmasse oder Frondfläche während der Testdauer.

Wachstumsrate (durchschnittliche spezifische Wachstumsrate) : logarithmische Zunahme der Biomasse während der Expositionsdauer.

Niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung (LOEC) : niedrigste geprüfte Konzentration, bei der beobachtet wurde, dass die Chemikalie binnen einer bestimmten Expositionsdauer gegenüber der Kontrollprobe eine statistisch signifikante Wachstumsreduzierung bewirkt (bei p < 0,05); allerdings müssen sämtliche Testkonzentrationen über der LOEC schädliche Folgen haben, die mindestens den bei der LOEC beobachteten schädlichen Folgen gleichwertig sind. Wenn diese beiden Bedingungen nicht erfüllt werden können, ist umfassend darzulegen, warum die LOEC (und entsprechend die NOEC) gewählt wurde.

Messvariablen : alle Variablentypen, die gemessen werden, um mit mindestens einer Reaktionsvariablen den Endpunkt des Tests zu beschreiben; Messvariablen bei dieser Methode sind Frondzahl, Frondfläche, Frischmasse und Trockenmasse.

Monokultur : Kultur mit einer Pflanzenart.

Nekrose : totes (d. h. weißes oder mit Wasser durchfeuchtetes) Blattmaterial.

Höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete schädliche Wirkung (NOEC) : Testkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

Phänotyp : zu beobachtende Merkmale eines Organismus, die durch Interaktion der Gene dieses Organismus mit seiner Umgebung bestimmt werden.

Reaktionsvariablen : Variablen für die geschätzte Toxizität, abgeleitet aus beliebigen gemessenen Variablen zur Beschreibung der Biomasse durch verschiedene Berechnungsmethoden; bei dieser Prüfmethode sind die Wachstumsraten und der Zellertrag Reaktionsvariablen, die aus Messvariablen wie z. B. Frondzahl, Frondfläche, Frischmasse oder Trockenmasse abgeleitet werden.

Semistatischer (Erneuerungs-)test : Test, bei dem die Testlösung während der Testdauer regelmäßig in bestimmten Intervallen erneuert wird.

Statischer Test : Testmethode, bei der die Testlösung während der Testdauer nicht erneuert wird.

Prüfchemikalie : ein beliebiger Stoff oder eine Mischung, der bzw. die nach dieser Methode geprüft wird.

Endpunkt des Tests : beschreibt den allgemeinen Faktor, der bezogen auf die Kontrolle als Testziel durch die Prüfchemikalie verändert wird; bei dieser Prüfmethode wird als Endpunkt des Tests die Wachstumshemmung angenommen; diese kann durch verschiedene Reaktionsvariablen ausgedrückt werden, die jeweils auf mindestens einer Messvariablen beruhen.

Prüfmedium : gesamtes synthetisches Nährmedium, in dem die zu prüfenden Pflanzen wachsen, wenn sie der Prüfchemikalie ausgesetzt werden; die Prüfchemikalie wird im Allgemeinen im Prüfmedium aufgelöst.

Zellertrag : Wert einer Messvariablen zur Beschreibung der Biomasse am Ende der Expositionsdauer abzüglich der Messvariablen am Anfang der Expositionsdauer.

Anlage 2

Beschreibung Lemna spp.

Die gemeinsprachlich als Wasserlinse (Lemna spp.) bezeichnete Wasserpflanze zählt zur Familie der Lemnaceae, die weltweit in vier Gattungen mit verschiedenen Arten vorkommt. Das jeweilige Aussehen und die Taxonomie wurden umfassend dokumentiert (1)(2). Lemna gibba und L. minor sind für gemäßigte Regionen typische Arten; diese Arten werden häufig in Toxizitätstests verwendet. Beide Arten besitzen einen treibenden oder auch untergetauchten Stängel (Frond); von der Mitte der Unterseite der Fronds geht jeweils eine sehr dünne Wurzel aus. Lemnaspp. bilden selten Blüten aus; die Pflanzen vermehren sich durch Austrieb neuer Fronds (3). Im Vergleich zu älteren Pflanzen sind jüngere Pflanzen eher blasser, besitzen kürzere Wurzeln und bestehen aus zwei bis drei Fronds unterschiedlicher Größe. Dank der geringen Größe, des einfachen Aufbaus, der geschlechtslosen Reproduktion und der kurzen Generationsdauer ist Lemna für Labortests in besonderer Weise geeignet (4)(5).

Da von unterschiedlichen Empfindlichkeiten der verschiedenen Arten auszugehen ist, sind ausschließlich Vergleiche der Empfindlichkeit jeweils einer einzigen Art annehmbar.

Beispiele für Lemna-Arten, die in Tests verwendet wurden: Artenreferenz

Lemna aequinoctialis: Eklund, B. (1996). The use of the red alga Ceramium strictum and the duckweed Lemna aequinoctialis in aquatic ecotoxicological bioassays. Licentiate in Philosophy Thesis 1996:2.Dep. of Systems Ecology, Stockholm University.

Lemna major: Clark, N. A. (1925). The rate of reproduction of Lemna major as a function of intensity and duration of light. J. phys.Chem., 29: 935-941.

Lemna minor: United States Environmental Protection Agency (US EPA). (1996). OPPTS 850.4400 Aquatic Plant Toxicity Test Using Lemna spp., „Public draft“. EPA 712-C-96-156.8 S.

Association Française de Normalisation (AFNOR).(1996). XP T 90-337: Détermination de l'inhibition de la croissance de Lemna minor. 10 S.

Swedish Standards Institute (SIS).(1995). Water quality — Determination of growth inhibition (7-d) Lemna minor, duckweed. SS 02 82 13.15 S. (Schwedisch).

Lemna gibba: ASTM International.(2003). Standard Guide for Conducting Static Toxicity Test With Lemna gibba G3. E 1415-91 (neu genehmigt 1998). S. 733-742.

United States Environmental Protection Agency (US EPA). (1996). OPPTS 850.4400 Aquatic Plant Toxicity Test Using Lemna spp., „Public draft“. EPA 712-C-96-156. 8 S.

Lemna paucicostata: Nasu, Y., Kugimoto, M. (1981). Lemna (duckweed) as an indicator of water pollution. I. The sensitivity of Lemna paucicostata to heavy metals. Arch.Environ. Contam.Toxicol., 10:1959-1969.

Lemna perpusilla: Clark, J. R. et al. (1981). Accumulation and depuration of metals by duckweed (Lemna perpusilla). Ecotoxicol.Environ. Saf., 5:87-96.

Lemna trisulca: Huebert, D. B., Shay, J. M. (1993). Considerations in the assessment of toxicity using duckweeds.Environ. Toxicol. and Chem., 12:481- 483.

Lemna valdiviana: Hutchinson, T.C., Czyrska, H. (1975). Heavy metal toxicity and synergism to floating aquatic weeds.Verh.-Int.Ver.Limnol., 19:2102-2111.

Bezugsquellen für Lemna-Arten

University of Toronto Culture Collection of Algae and Cyanobacteria

Department of Botany, University of Toronto

Toronto, Ontario, Kanada, M5S 3 B2

Telefon: +1-416-978-3641

Telefax:+1-416-978-5878

E-Mail: jacreman@botany.utoronto.ca

North Carolina State University

Forestry Dept

Duckweed Culture Collection

Campus Box 8002

Raleigh, NC 27695-8002

United States

Telefon +1 919 515-7572

astomp@unity.ncsu.edu

Institute of Applied Environmental Research (ITM) Stockholm University

SE-106 91

Stockholm

SCHWEDEN

Telefon: +46 8 674 7240

Fax +46 8 674 7636

Umweltbundesamt (UBA)

FG III 3.4

Schichauweg 58

12307 Berlin

DEUTSCHLAND

E-Mail: Lemna@uba.de

LITERATUR

(1) Hillman, W.S.(1961). The Lemnaceae or duckweeds: A review of the descriptive and experimental literature. The Botanical Review, 27:221-287.

(2) Landolt, E. (1986). Biosystematic investigations in the family of duckweed (Lemnaceae). Vol. 2. Geobotanisches Inst. ETH, Stiftung Rubel, Zürich, Schweiz.

(3) Björndahl, G. (1982). Growth performance, nutrient uptake and human utilization of duckweeds (Lemnaceae family). ISBN 82-991150-0-0. The Agricultural Research Council of Norway, University of Oslo.

(4) Wang, W.(1986). Toxicity tests of aquatic pollutants by using common duckweed. Environmental Pollution, Ser B, 11:1-14.

(5) Wang, W.(1990). Literature review on duckweed toxicity testing. Environmental Research, 52:7-22.

Anlage 3

Haltung der Stammkultur

Die Stammkulturen können über längere Zeiträume bei niedrigeren Temperaturen (4-10 °C) gebrauchsfähig gelagert werden. Das Lemna-Nährmedium kann identisch mit dem für die Tests verwendeten Nährmedium sein; für Stammkulturen können jedoch auch andere nährstoffreiche Medien verwendet werden.

Regelmäßig wird eine gewisse Anzahl junger, hellgrüner Pflanzen entnommen und mit einem keimfreien Verfahren in neue Kulturgefäße mit einem frischen Medium gebracht. Unter den hier empfohlenen kühleren Bedingungen können in Intervallen von bis zu drei Monaten Teilkulturen hergestellt werden.

In den Prüfungen werden chemische reine (mit Säure gereinigte) und sterile gläserne Kulturgefäße verwendet, die keimfrei zu handhaben sind. Bei einer Verunreinigung der Stammkultur (z. B. durch Algen oder Pilze) sind entsprechende Schritte zur Entfernung der verunreinigenden Organismen erforderlich. Algen und die meisten sonstigen verunreinigenden Organismen können durch eine Oberflächensterilisation entfernt werden. Von dem verunreinigten Pflanzenmaterial wird eine Probe genommen, und die Wurzeln werden abgeschnitten. Das Material wird kräftig in sauberem Wasser geschüttelt und dann 30 Sekunden bis 5 Minuten in eine 0,5 %ige Natriumhypochloridlösung (v/v) getaucht. Danach wird das Pflanzenmaterial mit sterilem Wasser gespült und in mehreren Schritten in Kulturgefäße jeweils mit frischem Nährmedium gebracht. Bei dieser Behandlung werden viele Fronds sterben, besonders bei längerer Expositionsdauer; einige der überlebenden Fronds sollten jedoch frei von Verunreinigungen sein. Diese Fronds können zur Impfung neuer Kulturen verwendet werden.

Anlage 4

Medien

Für L. minor und L. gibba werden unterschiedliche Nährmedien empfohlen. Für L. minor sollte ein modifiziertes schwedisches Standardmedium (SIS) verwendet werden; für L. gibba ist das Medium 20X AAP zu empfehlen. Die Zusammensetzungen beider Medien werden im Folgenden beschrieben. Bei der Herstellung dieser Medien sind chemische Stoffe in Reagenzien- oder Analysequalität und entionisiertes Wasser zu verwenden.

Schwedisches Standard-Lemna-Nährmedium (SIS)

Die Stammlösungen I-V werden durch Autoklavieren (120 °C, 15 Minuten) oder durch Membranfiltration (Porengröße ca. 0,2 μm) sterilisiert.
Die Stammlösung VI (sowie optional Stammlösung VII) ist ausschließlich durch Membranfiltration zu sterilisieren; diese Lösungen sollten nicht autoklaviert werden.
Sterile Stammlösungen werden kühl und dunkel gelagert. Die Stammlösungen I-V sind nach sechs Monaten zu entsorgen; die Stammlösung VI (sowie optional Stammlösung VII) kann einen Monat gelagert werden.



Stammlösung Nr.Stoff

Konzentration in der Stammlösung

(g/l)

Konzentration im hergestellten Medium

(mg/•l)

Hergestelltes Medium
Element

Konzentration

(mg/•l)

INaNO38,5085Na; N32; 14
KH2PO41,3413,4K; P6,0; 2,4
IIMgSO4·7H2O1575Mg; S7,4; 9,8
IIICaCl2·2H2O7,236Ca; Cl9,8; 17,5
IVNa2CO34,020C2,3
VH3BO31,01,00B0,17
MnCl2·4H2O0,200,20Mn0,056
Na2MoO4·2H2O0,0100,010Mo0,0040
ZnSO4·7H2O0,0500,050Zn0,011
CuSO4·5H2O0,00500,0050Cu0,0013
Co(NO3)2·6H2O0,0100,010Co0,0020
VIFeCl3·6H2O0,170,84Fe0,17
Na2-EDTA 2H2O0,281,4--
VIIMOPS (Puffer)490490--

Um einen Liter SIS-Medium herzustellen, werden die folgenden Inhaltsstoffe zu 900 ml entionisiertem Wasser hinzugegeben:

10 ml Stammlösung I
5 ml Stammlösung II
5 ml Stammlösung III
5 ml Stammlösung IV
1 ml Stammlösung V
5 ml Stammlösung VI
1 ml Stammlösung VII (optional)

Hinweis: Bei bestimmten Prüfchemikalien kann eine weitere Stammlösung VII (MOPS-Pufferlösung) erforderlich sein (siehe Nummer 11).

Der pH-Wert wird wahlweise mit 0,1 oder 1 mol HCl oder NaOH auf 6,5 ± 0,2 eingestellt; durch Zugabe von entionisiertem Wasser wird ein Volumen von einem Liter hergestellt.

Nährmedium 20X AAP

Die Stammlösungen werden in sterilem destilliertem oder entionisiertem Wasser hergestellt.

Sterile Stammlösungen werden kühl und dunkel gelagert. Unter diesen Bedingungen beträgt die Lagerfähigkeit der Stammlösungen mindestens 6-8 Wochen.

Für das Medium 20X AAP werden fünf Stamm-Nährlösungen (A1, A2, A3, B und C) hergestellt; dabei sind chemische Stoffe mit Reagenzienqualität zu verwenden. Jeweils 20 ml der Stamm-Nährlösungen werden zu etwa 850 ml entionisiertem Wasser hinzugegeben, um das Nährmedium herzustellen. Der pH-Wert wird wahlweise mit 0,1 oder 1 mol HCl oder NaOH auf 7,5 ± 0,1 eingestellt; durch Zugabe von entionisiertem Wasser wird ein Volumen von einem Liter hergestellt. Anschließend wird das Medium durch einen Membranfilter mit einer Porengröße von (etwa) 0,2 μm in ein steriles Behältnis gefiltert.

Das für die Prüfung vorgesehene Nährmedium ist 1-2 Tage vor der Verwendung herzustellen, damit sich der pH-Wert stabilisieren kann. Der pH-Wert des Nährmediums muss vor der Verwendung geprüft und ggf. durch Zugabe von 0,1 oder 1 mol NaOH oder HCl wie oben beschrieben korrigiert werden.



Stammlösung Nr.Stoff

Konzentration in der Stammlösung

(g/•l) (*1)

Konzentration im hergestellten Medium

(mg/•l) (*1)

Hergestelltes Medium
Element

Konzentration

(mg/•l) (*1)

A1NaNO326510Na; N190; 84
MgCl2·6H2O12240Mg58,08
CaCl2·2H2O4.490Ca24,04
A2MgSO4·7H2O15290S38,22
A3K2HPO4·3H2O1,430K; P9,4; 3,7
BH3BO30,193,7B0,65
MnCl2·4H2O0,428,3Mn2,3
FeCl3·6H2O0,163,2Fe0,66
Na2EDTA·2H2O0,306,0--
ZnCl23,3 mg/l66 μg/lZn31 μg/l
CoCl2·6H2O1,4 mg/l29 μg/lCo7,1 μg/l
Na2MoO4·2H2O7,3 mg/l145 μg/lMo58 μg/l
CuCl2·2H2O0,012 mg/l0,24 μg/lCu0,080 μg/l
CNaHCO315300Na; C220; 43

(*1)   Wenn nicht anders angegeben

Fußnote:  Die theoretisch geeignete Bicarbonat-Endkonzentration (bei der eine nennenswerte Anpassung des pH-Werts nicht erforderlich ist) liegt bei 15 mg/l (und nicht bei 300 mg/l). Trotzdem wird das Medium 20X-AAP — auch im Ringtest dieser Leitlinie — in einer Konzentration von 300 mg/l verwendet. (I. Sims, P. Whitehouse und R. Lacey. (1999) The OECD Lemna Growth Inhibition Test. Development and Ring-testing of draft OECD Test Guideline. R&D Technical Report EMA 003.WRc plc — Environment Agency.)

STEINBERG-Medium (nach ISO 20079)

Konzentrationen und Stammlösungen

Das modifizierte Steinberg-Medium ist in ISO 20079 nur für Lemna minor vorgesehen (da dort ausschließlich Lemna minor zugelassen wird); in Tests wurden gute Ergebnisse aber auch mit Lemna gibba erzielt.

Bei der Herstellung des Mediums werden chemische Stoffe in Reagenzien- oder Analysequalität und entionisiertes Wasser verwendet.

Das Nährmedium ist aus Stammlösungen oder aus dem 10fach konzentrierten Medium herzustellen, damit ohne Ausfällungen eine größtmögliche Konzentration des Mediums erzielt werden kann.



Tabelle 1

STEINBERG-Medium mit stabilisiertem pH-Wert (modifiziert nach Altenburger)

BestandteilNährmedium
MakroelementeMolmassemg/lmmol/l
KNO3101,12350,003,46
Ca(NO3)2 · 4H2O236,15295,001,25
KH2PO4136,0990,000,66
K2HPO4174,1812,600,072
MgSO4 · 7H2O246,37100,000,41
MikroelementeMolmasseμg/lμmol/l
H3BO361,83120,001,94
ZnSO4 · 7H2O287,43180,000,63
Na2MoO4 · 2H2O241,9244,000,18
MnCl2 · 4H2O197,84180,000,91
FeCl3 · 6H2O270,21760,002,81
EDTA-Dinatrium-Dihydrat372,241 500,00 4,03



Tabelle 2

Stammlösungen (Makroelemente)

1.  Makroelemente (50fach konzentriert)g/l
Stammlösung 1:
KNO317,50
KH2PO44,5
K2HPO40,63
Stammlösung 2:
MgSO4 · 7H2O5,00
Stammlösung 3:
Ca(NO3)2 · 4H2O14,75



Tabelle 3

Stammlösungen (Mikroelemente)

2.  Mikroelemente (1 000 fach konzentriert)mg/l
Stammlösung 4:
H3BO3120,0
Stammlösung 5:
ZnSO4 · 7H2O180,0
Stammlösung 6:
Na2MoO4 · 2H2O44,0
Stammlösung 7:
MnCl2 · 4H2O180,0
Stammlösung 8:
FeCl3 · 6H2O760,00
EDTA-Dinatrium-Dihydrat1 500,00
Die Stammlösungen 2 und 3 sowie getrennt auch die Stammlösungen 4 bis 7 können gepoolt werden. (Dabei sind die jeweils erforderlichen Konzentrationen zu berücksichtigen.)
Um die Lagerfähigkeit zu verlängern, sind die Stammlösungen 20 Minuten bei 121 °C zu autoklavieren oder einer Sterilfiltration (Porengröße 0,2 μm) zu unterziehen. Für die Stammlösung 8 wird eine Sterilfiltration (0,2 μm) nachdrücklich empfohlen.

Herstellung der Endkonzentration des STEINBERG-Mediums (modifiziert)

Zu 20 ml der Stammlösungen 1, 2 und 3 (siehe Tabelle 2) werden etwa 900 ml entionisiertes Wasser zugegeben, um eine Ausfällung zu vermeiden.
Von den Stammlösungen 4, 5, 6, 7 und 8 wird jeweils 1,0 ml hinzugegeben (siehe Tabelle 3).
Der pH-Wert wird durch Zugabe eines minimalen Volumens einer NaOH- oder HCl-Lösung auf 5,5 ± 0,2 eingestellt.
Anschließend werden die Lösungen mit Wasser auf ein Volumen von 1 000  ml aufgefüllt.
Wenn die Stammlösungen sterilisiert werden und geeignetes Wasser verwendet wird, ist eine weitere Sterilisierung nicht mehr erforderlich. Wird das endgültige Medium sterilisiert, wird nach dem Autoklavieren (20 Minuten bei 121 °C) die Stammlösung 8 hinzugegeben.

Herstellung des 10fach konzentrierten STEINBERG-Mediums (modifiziert) zur Zwischenlagerung

Zu 20 ml der Stammlösungen 1, 2 und 3 (siehe Tabelle 2) werden etwa 30 ml entionisiertes Wasser zugegeben, um eine Ausfällung zu vermeiden.
Von den Stammlösungen 4, 5, 6, 7 und 8 wird jeweils 1,0 ml hinzugegeben (siehe Tabelle 3). Anschließend werden die Lösungen mit Wasser auf ein Volumen von 100 ml aufgefüllt.
Wenn die Stammlösungen sterilisiert werden und geeignetes Wasser verwendet wird, ist eine weitere Sterilisierung nicht mehr erforderlich. Wird das endgültige Medium sterilisiert, wird nach dem Autoklavieren (20 Minuten bei 121 °C) die Stammlösung 8 hinzugegeben.
Der pH-Wert des Mediums in der Endkonzentration beträgt 5,5 ± 0,2.

C.27   CHIRONOMIDEN-TOXIZITÄTSTEST IN SEDIMENT-WASSER-SYSTEMEN MIT GESPIKTEM SEDIMENT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 218 (2004). Sie dient der Bewertung der Wirkung einer Langzeitexposition gegenüber Chemikalien auf die sedimentbewohnenden Larven von Chironomus sp., einem in Frischwasser lebenden Zweiflügler. Die Methode basiert auf bestehenden Protokollen für Toxizitätstests mit Chironomus riparius und Chironomus tentans, die in Europa (1)(2)(3) und Nordamerika (4)(5)(6)(7)(8) entwickelt und Ringtests (1)(6)(9) unterzogen wurden. Auch andere gut dokumentierte Chironomid-Arten wie Chironomus yoshimatsui (10)(11) sind geeignet.
2.
Bei dem für diese Prüfmethode verwendeten Expositionsszenario wird das Sediment mit der Prüfsubstanz gespikt. Die Wahl des Szenarios hängt vom jeweiligen Testziel ab. Durch Dotieren (Spiken) des Sediments soll die Akkumulation von persistenten Chemikalien im Sediment simuliert werden. Dieser Vorgang erfolgt in einem Sediment-Wasser-System.
3.
In der Regel haben die an sedimentbewohnenden Organismen zu testenden Substanzen eine lange Verweildauer in diesem Kompartiment. Sedimentbewohner können über verschiedene Wege exponiert werden. Die relative Bedeutung der einzelnen Expositionspfade und die Geschwindigkeit, mit der diese jeweils zu den gesamten toxischen Wirkungen beitragen, hängen von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der betreffenden Substanz ab. Für stark adsorbierende Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder für kovalent an das Sediment gebundene Substanzen kann die Aufnahme von Schadstoffen über die Nahrung einen wichtigen Expositionspfad darstellen. Die Toxizität hoch lipophiler Substanzen sollte nicht unterschätzt werden, weshalb gegebenenfalls vor Applikation der Prüfsubstanz dem Sediment Futter hinzugegeben werden sollte. Um alle potenziellen Expositionspfade zu berücksichtigen, liegt der Schwerpunkt bei dieser Prüfmethode auf der Langzeitexposition. Die Testdauer beträgt 20 bis 28 Tage für C. riparius und C. yoshimatsui und 28 bis 65 Tage für C. tentans. Falls aus einem besonderen Grund, z. B. zur Untersuchung der Wirkungen von instabilen Chemikalien, Kurzzeitdaten benötigt werden, können nach dem 10. Versuchstag zusätzliche Replikate entnommen werden.
4.
Als Endpunkte werden die Gesamtzahl der geschlüpften Imagines und die Emergenzzeit gemessen. Falls zusätzlich Kurzzeitdaten benötigt werden, sollten die Messungen der Überlebensrate und des Wachstums der Larven erst nach dem 10. Tag gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate vorgenommen werden.
5.
Es wird empfohlen, formuliertes Sediment zu verwenden, da es gegenüber natürlichen Sedimenten mehrere Vorteile hat:
Die Variabilität zwischen den Versuchen ist nicht so groß, da formuliertes Sediment eine reproduzierbare „standardisierte Matrix“ ergibt und es nicht erforderlich ist, Quellen für unkontaminiertes, sauberes Sediment ausfindig zu machen;
es kann jederzeit mit den Versuchen begonnen werden, ohne durch jahreszeitliche Schwankungen gestört zu werden und ohne dass eine Vorbehandlung zur Defaunierung des Sediments erforderlich wäre; die Verwendung von formuliertem Sediment reduziert auch die Kosten, die bei Feldprobenahmen ausreichender Sedimentmengen für Routineprüfungen anfallen;
die Verwendung formulierter Sedimente ermöglicht Toxizitätsvergleiche und die entsprechende Einstufung der Substanzen.
6.
Die verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

7.
Chironomidlarven des 1. Larvenstadiums (L1-Larven) werden gegenüber der Prüfsubstanz in verschiedenen Konzentrationen in Sediment-Wasser-Systemen exponiert. Das Sediment wird mit der Prüfsubstanz dotiert (gespikt); anschließend werden L1-Larven in Bechergläser mit stabilisierten Sediment- und Wasserkonzentrationen eingesetzt. Zum Versuchsende werden Emergenz und Entwicklungsrate der Chironomiden bestimmt. Sofern erforderlich, können (gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate) nach 10 Tagen Messungen der Überlebensrate und des Gewichts der Larven vorgenommen werden. Analysiert werden diese Daten entweder anhand eines Regressionsmodells, um die Konzentration zu ermitteln, die zu einer ×-%igen Verringerung der Emergenz-, Überlebens- oder Wachstumsrate der Larven führt (z. B. EC15, EC50 usw.), oder anhand statistischer Hypothesentests zur Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten. Hierzu sind die Wirkungswerte anhand statistischer Tests mit Kontrollwerten zu vergleichen.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

8.
Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Prüfsubstanz, ihre gemessene oder berechnete Verteilung im Sediment sowie ihre Stabilität im Wasser und im Sediment sollten bekannt sein. Ein zuverlässiges Analyseverfahren für die Quantifizierung der Prüfsubstanz im Überstandswasser, Porenwasser und Sediment mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und Nachweisgrenze sollte vorhanden sein. Weitere nützliche Informationen sind die Strukturformel und der Reinheitsgrad der Prüfsubstanz sowie das chemische Schicksal der Prüfsubstanz (z. B. Verlustrate, abiotischer und biotischer Abbau usw.). Weitere Hinweise zu Prüfsubstanzen mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind Quelle (12) zu entnehmen.

REFERENZSUBSTANZEN

9.
Referenzsubstanzen können regelmäßig getestet werden, um auf diese Weise die Zuverlässigkeit des Prüfprotokolls und der Prüfbedingungen zu gewährleisten. Beispiele von Referenzgiftstoffen, die erfolgreich in Ringtests und Validierungsstudien verwendet werden: Lindan, Trifluralin, Pentachlorphenol, Cadmiumchlorid und Kaliumchlorid (1)(2)(5)(6)(13).

GÜLTIGKEIT DER ERGEBNISSE

10.
Der Test ist gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die Emergenz in den Kontrollen muss am Ende des Tests mindestens 70 % betragen. (1)(6);
erste Imagines von C. riparius und C. yoshimatsui sollten zwischen dem 12. und dem 23. Tag nach dem Einsetzen der Tiere in die Prüfgefäße schlüpfen; für C. tentans sind 20 bis 65 Tage erforderlich;
zum Versuchsende sind der pH-Wert und die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu messen. Der Sauerstoffgehalt sollte mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes betragen und der pH-Wert des Überstandswassers sollte in allen Prüfgefäßen zwischen 6 und 9 liegen;
die Wassertemperatur sollte nicht mehr als ±1,0 °C schwanken; sie kann mit Hilfe einer Klimakammer kontrolliert werden, wobei in diesem Fall die Raumtemperatur in angemessenen Zeitabständen zu bestimmen ist.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfgefäße

11.
Der Versuch wird in 600-ml-Glasbechergläsern mit einem Durchmesser von 8 cm durchgeführt. Andere Gefäße sind ebenfalls geeignet, sofern sie eine entsprechende Höhe von Überstandswasser und Sediment fassen. Die Sedimentoberfläche sollte 2 bis 3 cm2 pro Larve bieten. Das Verhältnis zwischen Sedimentschicht und Überstandswasser sollte 1:4 betragen. Die Prüfgefäße und sonstigen Geräte, die mit dem Prüfsystem in Kontakt kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material (z. B. Teflon) bestehen.

Wahl der Testspezies

12.
Als Testspezies sollte bevorzugt Chironomus riparius eingesetzt werden. Chironomus tentans ist ebenfalls geeignet, lässt sich aber schwieriger handhaben und erfordert eine längere Prüfdauer. Auch Chironomus yohimatsui kann verwendet werden. Einzelheiten zu den Anzuchtverfahren für Chironomus riparius sind in Anlage 2 enthalten. Informationen zu den Anzuchtbedingungen sind auch für andere Arten (Chironomus tentans (4) und Chironomus yoshimatsui (11)) verfügbar. Die Identität der Spezies ist vor der Prüfung zu bestätigen, allerdings ist dies nicht vor jedem Test erforderlich, wenn die Organismen aus laboreigener Zucht stammen.

Sediment

13.
Vorzugsweise ist formuliertes Sediment (so genanntes rekonstituiertes, künstliches oder synthetisches Sediment) zu verwenden. Wenn jedoch natürliches Sediment verwendet wird, so ist es zu charakterisieren (zumindest pH-Wert und Gehalt an organischem Kohlenstoff; die Bestimmung sonstiger Parameter wie C/N-Verhältnis und Granulometrie wird ebenfalls empfohlen). Auch sollte es frei von Verunreinigungen sowie Konkurrenten und Fressfeinden der Chironomiden sein. Ferner wird empfohlen, natürliches Sediment vor seiner Verwendung in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren. Für diesen Test wird auf der Grundlage der in der Prüfmethode C.8 (14) verwendeten Kunsterde folgendes formuliertes Sediment empfohlen (1)(15)(16):
a)
4-5 % (bezogen auf die Trockenmasse) Torf: so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0; wichtig: Torf in Pulverform, feingemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und nur luftgetrocknet, verwenden;
b)
20 % (bezogen auf die Trockenmasse) Kaolin-Ton (Kaolingehalt vorzugsweise über 30 %);
c)
75-76 % (bezogen auf die Trockenmasse) Quarzsand (hauptsächlich Feinsand, der zu mehr als 50 % eine Korngröße von 50 bis 200 μm aufweist);
d)
der Feuchtegehalt der fertigen Mischung wird durch die Zugabe von entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 30 % und 50 % eingestellt;
e)
durch die Zugabe von chemisch reinem Calciumcarbonat (CaCO3) wird die fertige Mischung des Sediments auf einen pH-Wert von 7,0 ± 0,5 eingestellt. Der Gehalt der fertigen Mischung an organischem Kohlenstoff sollte 2 % (± 0,5 %) betragen und ist durch Zugabe geeigneter Mengen Torf und Sand (siehe Buchstaben a und c) zu gewährleisten.
14.
Die Herkunft von Torf, Kaolin-Ton und Sand sollte bekannt sein. Es sollte kontrolliert werden, dass die Bestandteile des Sediments nicht chemisch verunreinigt sind (z. B. durch Schwermetalle, chlororganische Verbindungen, phosphororganische Verbindungen usw.). Ein Beispiel für die Herstellung des formulierten Sediments ist in Anlage 3 beschrieben. Die Bestandteile können auch in trockenem Zustand gemischt werden, sofern nachgewiesen ist, dass es nach Zugabe des Überstandswassers nicht zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile kommt (z. B. schwimmende Torfpartikel) und dass der Torf oder das Sediment ausreichend konditioniert ist.

Wasser

15.
Alle Wassersorten, die den chemischen Eigenschaften von zugelassenem Verdünnungswasser gemäß den Anlagen 2 und 4 entsprechen, sind als Testwasser geeignet. Natürliches Wasser (Oberflächen- oder Grundwasser), rekonstituiertes Wasser (siehe Anlage 2) oder entchlortes Leitungswasser sind als Hälterungs- und Verdünnungswasser zulässig, wenn die Chironomiden hierin während der Zucht- und Testphase ohne Stressanzeichen überleben. Zu Testbeginn sollte der pH-Wert des Testwassers zwischen 6 und 9 liegen und die Gesamthärte des Wassers sollte nicht mehr als 400 mg/l (in CaCO3) betragen. Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden). Das Wasser muss über die gesamte Testdauer von gleichbleibender Qualität sein. Die Qualitätsparameter des Wassers gemäß Anlage 4 sind mindestens zweimal jährlich bzw. immer dann zu messen, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich erheblich verändert haben.

Stammlösungen — Gespikte Sedimente

16.
Die gespikten Sedimente der gewünschten Konzentration werden in der Regel zubereitet, indem eine Lösung der Prüfsubstanz direkt in das Sediment gegeben wird. Eine Stammlösung der in entionisiertem Wasser gelösten Prüfsubstanz wird mit Hilfe eines Walzwerks oder Futtermischers oder per Hand mit dem formulierten Sediment gemischt. Wenn die Prüfsubstanz im Wasser schwer löslich ist, kann sie in dem kleinstmöglichen Volumen eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Hexan, Aceton oder Chloroform) gelöst werden. Diese Lösung wird anschließend mit 10 g feinem Quarzsand je Prüfgefäß gemischt. Nach vollständigem Abdampfen des Lösungsmittels aus dem Sand wird dieser mit einer geeigneten Menge Sediment pro Prüfgefäß gemischt. Um die Prüfsubstanz zu lösen, zu dispergieren oder zu emulgieren, dürfen nur sich leicht verflüchtigende Lösungsmittel verwendet werden. Bei der Zubereitung des Sediments ist die in der Mischung von Prüfsubstanz und Sand enthaltene Sandmenge zu berücksichtigen (d. h. das Sediment sollte mit weniger Sand zubereitet werden). Es ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz mit dem Sediment gut durchmischt wird, damit sie in dem Sediment homogen verteilt ist. Gegebenenfalls können Teilproben analysiert werden, um den Homogenitätsgrad zu bestimmen.

VERSUCHSAUFBAU

17.
Unter „Versuchsaufbau“ sind die gewählte Anzahl und der Abstand der Testkonzentrationen, die Anzahl der Prüfgefäße je Konzentration und die Anzahl der Larven je Gefäß zu verstehen. Beschrieben werden die Verfahren für die Bestimmung der EC-Werte und der NOEC-Werte und für die Durchführung eines Limit-Tests.

Versuchsaufbau für die Regressionsanalyse

18.
Die im Test verwendeten Konzentrationen müssen in jedem Fall die Wirkungskonzentration (z. B. EC15, EC50) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfsubstanz von Interesse ist, einschließen. Bei der Bestimmung von Wirkungskonzentrationen (ECx) wird in der Regel eine größere Genauigkeit und insbesondere Validität erzielt, wenn die Wirkungskonzentration im Bereich der getesten Konzentrationen liegt. Extrapolierungen weit unter der niedrigsten positiven Konzentration oder über der höchsten Konzentration sind zu vermeiden. Ein Vorversuch kann die Auswahl der zu verwendenden Konzentrationsspanne erleichtern (siehe Nummer 27).
19.
Für die Bestimmung von ECx sollten mindestens fünf Konzentrationen und drei Replikate jeder Konzentration getestet werden. Im Interesse einer angemessenen Modellierung ist es in jedem Fall ratsam, eine hinreichende Anzahl an Konzentrationen zu testen. Die Konzentrationen sollten sich um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden (außer bei einer schwachen Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve). Die Anzahl der Replikate pro Behandlung kann reduziert werden, wenn die Anzahl der Prüfkonzentrationen mit unterschiedlicher Wirkung erhöht wird. Eine höhere Anzahl an Replikaten oder eine Verkürzung der Intervalle zwischen den Prüfkonzentrationen führt tendenziell zu engeren Konfidenzintervallen für den Test. Zur Bestimmung der Überlebensrate und des Wachstums der Larven nach 10 Tagen sind zusätzliche Replikate erforderlich.

Versuchsaufbau für die Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten

20.
Zur Bestimmung von LOEC- oder NOEC-Werten sollten fünf Prüfkonzentrationen mit mindestens vier Replikaten pro Konzentration verwendet werden, wobei sich die Konzentrationen um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden sollten. Es sollten so viele Replikate verwendet werden, dass sich im Hinblick auf eine angemessene statistische Aussagekraft bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration nachweisen lässt. Für die Entwicklungsrate eignen sich in der Regel Varianzanalysen (ANOVA) wie der Dunnett-Test und der Williams-Test (17)(18)(19)(20). Für die Schlupfrate kann der Cochran-Armitage-Test, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test herangezogen werden.

Limit-Test

21.
Falls der Vorversuch keine Wirkungen zeigt, kann ein Limit-Test (mit je einer Prüfkonzentration und einer Kontrolle) durchgeführt werden. Der Limit-Test wird mit einer Konzentration durchgeführt, die hoch genug ist, dass Entscheidungsträger jegliche möglichen toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz ausschließen können; dabei wird das Limit auf einen Konzentrationswert festgesetzt, der unter realen Bedingungen nicht erreicht werden dürfte. Empfohlen wird eine Konzentration von 1 000 mg/kg (Trockengewicht). In der Regel sind jeweils mindestens sechs Replikate pro Behandlung und pro Kontrolle erforderlich. Es ist nachzuweisen, dass die statistische Aussagekraft ausreicht, um bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration festzustellen. Für metrische Merkmale (Entwicklungsrate und Gewicht) ist der t-Test eine geeignete statistische Methode, sofern die Daten die Bedingungen für diesen Test (Normalverteilung, Varianzhomogenität) erfüllen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen oder ein nicht-parametrischer Test wie der Wilcoxon-Mann-Whithey-Test verwendet werden. Für die Schlupfrate eignet sich der Exakte Test nach Fisher.

PRÜFVERFAHREN

Expositionsbedingungen

Zubereitung des Sediment-Wasser-Systems mit gespiktem Sediment

22.
Für die Applikation der Prüfsubstanz wird das in der Prüfmethode C.8: Toxizität für Regenwürmer‘ beschriebene Spiking-Verfahren empfohlen (14). Gespiktes Sediment wird in die Prüfgefäße gefüllt und anschließend mit Wasser überschichtet, bis ein Verhältnis von Sediment zu Wasser von 1:4 erreicht ist (siehe Nummern 11 und 15). Die Sedimentschicht sollte 1,5 bis 3 cm dick sein. Um zu verhindern, dass es während der Zugabe von Prüfwasser in die Wassersäule zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile und einer Resuspension der feinen Partikel kommt, kann das Sediment beim Einfüllen des Wassers mit einer Plastikschale abgedeckt werden, die anschließend sofort entfernt wird. Andere Hilfsmittel sind ebenfalls geeignet.
23.
Die Prüfgefäße sollten abgedeckt werden (z. B. mit Glasplatten). Etwaige Verdunstungsverluste im Laufe des Versuchs sind auszugleichen, und zwar mit destilliertem oder entionisiertem Wasser, um Salzfreiheit zu gewährleisten.

Stabilisierung

24.
Nach Fertigstellung des gespikten Sediments mit dem überschichteten Wasser ist abzuwarten, bis sich die Prüfsubstanz zwischen Wasserphase und Sediment verteilt hat (3)(4)(6)(13). Dies sollte bevorzugt unter denselben Temperatur- und Belüftungsbedingungen wie im Versuch erfolgen. Die erforderliche Zeit für die Einstellung des Gleichgewichts hängt vom Sediment und der Chemikalie ab. In einigen Fällen reichen ein paar Stunden oder Tage, in selten Fällen können sogar mehrere Wochen (4 bis 5 Wochen) erforderlich sein. Es sollte nicht abgewartet werden, bis die Gleichgewichtseinstellung abgeschlossen ist, da es in dieser Zeit bei vielen Chemikalien zu Abbauprozessen kommen kann, aber eine Wartezeit von 48 Std. wird empfohlen. Am Ende dieser Gleichgewichtseinstellungszeit wird die Konzentration der Prüfsubstanz im Überstandswasser, Porenwasser und Sediment gemessen, zumindest die Höchstkonzentration und eine niedrigere Konzentration (siehe Nummer 38). Diese analytischen Bestimmungen der Prüfsubstanz ermöglichen es, die Massenbilanz zu berechnen und die Ergebnisse auf der Grundlage der gemessenen Konzentrationen darzustellen.

Einsetzen der Testorganismen

25.
Vier bis fünf Tage vor dem Einsetzen der Testorganismen in die Prüfgefäße werden Eigelege aus der Zucht entnommen und in kleinen Gefäßen in das Kulturmedium eingesetzt. Es kann „altes“ Medium aus den Stammkulturen oder frisch zubereitetes Medium verwendet werden. In letzterem Fall wird eine geringe Futtermenge, z. B. Grünalgen und/oder einige Tropfen des Filtrats einer Suspension aus fein zerkleinerten Fischfutterflocken, zum Kulturmedium hinzugegeben (siehe Anlage 2). Es sollten nur frische Eigelege verwendet werden. Normalerweise beginnen die Larven einige Tage nach dem Einsetzen der Eier zu schlüpfen (Chironomus riparius: 2 bis 3 Tage bei 20 °C, Chironomus tentans und Chironomus yoshimatsui: 1 bis 4 Tage bei 23 °C bzw. 25 °C) und durchlaufen während ihres Wachstums vier Stadien von jeweils 4 bis 8 Tagen. Für den Versuch sollten Larven des ersten Larvenstadiums (L1) (2 bis 3 Tage oder 1 bis 4 Tage nach dem Schlüpfen) verwendet werden. Das Larvenstadium kann anhand der Kopfkapselbreite bestimmt werden (6).
26.
Jeweils 20 L1-Larven werden nach dem Zufallsprinzip mit einer stumpfen Pipette in die einzelnen Prüfgefäße eingesetzt, die das gespikte Sediment und das Wasser enthalten. Während des Einsetzens der Larven in das Prüfgefäß und der folgenden 24 Std. (siehe Nummern 25 und 32) wird die Belüftung gestoppt. Je nach Versuchsaufbau (siehe Nummern 19 und 20) werden pro Konzentration mindestens 60 Larven zur Bestimmung der EC-Punktschätzung und mindestens 80 Larven zur Bestimmung der NOEC-Werte verwendet.

Prüfkonzentrationen

27.
Zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs für den endgültigen Test kann ein Vorversuch hilfreich sein. Hierzu wird eine Reihe von weit auseinander liegenden Konzentrationen der Prüfsubstanz verwendet. Um dieselbe Besiedlungsdichte der Oberfläche durch die Chironomiden wie im eigentlichen Versuch zu reproduzieren, werden die Chironomiden jeder Konzentration der Prüfsubstanz über einen Zeitraum ausgesetzt, mit dem sich die geeigneten Prüfkonzentrationen ermitteln lassen; Replikate sind nicht erforderlich.
28.
Die Prüfkonzentrationen für den endgültigen Test werden auf der Grundlage der Ergebnisse des Vorversuchs festgelegt. Es sollten mindestens fünf Konzentrationen (siehe Nummern 18 bis 20) ausgewählt und verwendet werden.

Kontrollgefäße

29.
In den Versuch sind Kontrollgefäße mit unbehandeltem Sediment und einer ausreichenden Anzahl von Replikaten einzubeziehen (siehe Nummern 19 und 20). Wurde die Prüfsubstanz mit Hilfe eines Lösungsmittel appliziert (siehe Nummer 16), so ist ein Kontrollgefäß hinzuzufügen, dessen Sediment das Lösungsmittel enthält.

Prüfsystem

30.
Es werden statische Prüfsysteme verwendet. Semi-statische oder Durchflusssysteme, bei denen das Überstandswasser in bestimmten Intervallen bzw. kontinuierlich ersetzt wird, können in Ausnahmefällen verwendet werden, z. B. wenn die Spezifikationen zur Wasserqualität für den Testorganismus nicht mehr geeignet sind oder sich auf das chemische Gleichgewicht auswirken (z. B. wenn die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu stark abnimmt, die Konzentration der Ausscheidungen zu stark zunimmt oder aus dem Sediment ausgewaschene Mineralien den pH-Wert und/oder die Wasserhärte beeinflussen). Allerdings reichen andere Methoden zur Verbesserung der Qualität des Überstandswassers wie die Belüftung aus und sollten bevorzugt angewendet werden.

Futter

31.
Die Larven sollten täglich, mindestens jedoch dreimal pro Woche gefüttert werden. Für jüngere Larven scheinen in den ersten 10 Tagen 0,25-0,5 mg (0,35-0,5 mg für C. yoshimatui) Fischfutter (in Wasser suspendiertes oder fein zerkleinertes Futter, z. B. TetraMin oder TetraPhyll; Einzelheiten siehe Anlage 2) pro Larve und Tag angemessen. Ältere Larven benötigen etwas mehr Nahrung: Für den Rest des Versuchs dürften 0,5-1 mg Futter pro Larve und Tag ausreichen. Bei Pilzbesatz oder Absterben von Kontrollorganismen wird die Futterration für alle behandelten Organismen und Kontrollorganismen reduziert. Lässt sich die Pilzentwicklung nicht stoppen, muss der Versuch wiederholt werden. Bei Versuchen mit stark adsorbierenden Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder kovalent an das Sediment gebundenen Substanzen kann dem formulierten Sediment die für das Überleben und natürliche Wachstum der Organismen erforderliche Futtermenge vor der Stabilisierungsphase hinzugefügt werden. In diesem Fall wird das Fischfutter durch pflanzliches Material ersetzt, z. B. durch Zugabe von 0,5 % (Trockengewicht) feingeriebene Blätter z. B. von Brennnessel (Urtica dioica), Maulbeere (Morus alba), Weiß-Klee (Trifolium repens) oder Spinat (Spinacia oleracea) oder von sonstigem pflanzlichen Material (Cerophyl oder Alphacellulose).

Inkubationsbedingungen

32.
Das Überstandswasser in den Prüfgefäßen wird vorzugsweise 24 Std. nach dem Einsetzen der Larven über den gesamten Versuchszeitraum moderat belüftet (Es ist darauf zu achten, dass die Konzentration an gelöstem Sauerstoff nicht unter 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes fällt). Für die Belüftung (eine oder mehrere Blasen/sek.) wird eine Glaspasteurpipette 2-3 cm über der Sedimentschicht angebracht. Bei flüchtigen Prüfsubstanzen ist gegebenenfalls von einer Belüftung des Sediment-Wasser-Systems abzusehen.
33.
Der Test wird bei einer konstanten Raumtemperatur von 20 °C (± 2 °C) durchgeführt. Für C. tentans und C. yoshimatui wird eine Temperatur von 23 °C bzw. 25 °C (± 2 °C) empfohlen. Die Photoperiode beträgt 16 Std. und die Beleuchtungsstärke 500 bis 1 000 lux.

Expositionsdauer

34.
Die Exposition beginnt mit dem Einsetzen der Larven in die Gefäße mit dem gespikten Sediment und in die Kontrollgefäße. Die maximale Expositionsdauer beträgt 28 Tage für C. riparius und C. yoshimatsui und 65 Tage für C. tentans. Falls die Mücken früher schlüpfen, kann der Versuch frühestens fünf Tage nach dem Schlüpfen der letzten Kontrollimago beendet werden.

Beobachtungen

Emergenz

35.
Es werden die Entwicklungsdauer und die Anzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bestimmt. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.
36.
Die Prüfgefäß sollten dreimal wöchentlich visuell auf Verhaltensänderungen (z. B. Verlassen des Sediments, ungewöhnliches Schwimmverhalten) gegenüber den Kontrollgefäßen überprüft werden. Während der Schlupfzeit müssen täglich die geschlüpften Tiere gezählt werden. Geschlecht und Anzahl der vollständig geschlüpften Mücken sind täglich festzuhalten. Danach werden die geschlüpften Mücken aus den Prüfgefäßen entfernt. Vor dem Versuchsende abgelegte Eigelege sind im Protokoll zu vermerken und anschließend zu entfernen, um zu verhindern, dass erneut Larven in das Sediment gelangen. Die Anzahl der sichtbaren Puppen, die nicht geschlüpft sind, wird ebenfalls protokolliert. Anweisungen zur Messung der Emergenz sind Anlage 5 zu entnehmen.

Wachstum und Überleben

37.
Müssen Daten zum Überleben und Wachstum der Larven nach 10 Tagen ermittelt werden, so sollten bereits ab Versuchsbeginn zusätzliche Prüfgefäße hinzugefügt werden, die dann später verwendet werden können. Das Sediment aus diesen zusätzlichen Gefäßen wird durch ein 250-μm-Sieb gesiebt, um die Larven auszusieben. Kriterien zur Bestimmung des Todes sind Bewegungslosigkeit oder mangelnde Reaktion auf mechanische Reize. Nicht wiedergefundene Larven sollten auch zu den Todesfällen gerechnet werden (Larven, die zu Versuchsbeginn gestorben sind, wurden möglicherweise durch Mikroben zersetzt). Nachdem das (aschefreie) Trockengewicht der überlebenden Larven pro Prüfgefäß bestimmt wurde, wird das mittlere Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß berechnet. Es ist nützlich festzustellen, zu welchem Larvenstadium die überlebenden Larven gehören, was anhand der Kopfkapselbreite der einzelnen Larven bestimmt werden kann.

Analysemessungen

Konzentration der Prüfsubstanz

38.
Vor Versuchsbeginn (d. h. vor dem Einsetzen der Larven) werden aus mindestens einem Gefäß pro Behandlung Sedimentproben für die analytische Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz im Sediment entnommen. Es wird empfohlen, zu Beginn (siehe Nummer 24) und am Ende des Versuchs Proben des Überstandswassers, des Porenwassers und des Sediments zumindest in der Höchstkonzentration und einer niedrigeren Konzentration zu analysieren. Diese Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz gibt Aufschluss über das Verhalten/die Verteilung der Prüfsubstanz im Wasser-Sediment-System.
39.
Falls Zwischenmessungen (z. B. am 7. Tag) vorgenommen werden und für die Analyse größere Proben erforderlich sind, die nicht aus den Prüfgefäßen entnommen werden können, ohne das Testsystem zu beeinflussen, sollten Analysemessungen an Proben aus zusätzlichen Prüfgefäßen vorgenommen werden, die derselben Behandlung (einschließlich Präsenz von Testorganismen) unterzogen, aber nicht für biologische Beobachtungen verwendet wurden.
40.
Eine 30-minütige Zentrifugation bei z. B. 10 000 g und 4 °C wird empfohlen, um das Interstitialwasser abzutrennen. Bei Prüfsubstanzen, die nachweislich nicht an Filtern anlagern, kann auch filtriert werden. Bei zu kleinen Proben kann es passieren, dass sich die Konzentrationen im Porenwasser nicht analysieren lassen.

Physikalisch-chemische Parameter

41.
pH-Wert und Temperatur der Prüfgefäße sind auf geeignete Weise zu messen (siehe Nummer 10). Zu Beginn und am Ende des Versuchs sind Härte und Ammonium-Gehalt in den Kontrollgefäßen und in einem Prüfgefäß zu bestimmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

42.
Ziel dieses Versuchs ist, die Wirkung der Prüfsubstanz auf die Entwicklungsrate und die Gesamtanzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bzw. im Falle des 10-Tage-Versuchs die Wirkungen auf Überleben und Gewicht der Larven zu bestimmen. Gibt es keinerlei Hinweise auf eine unterschiedliche Empfindlichkeit der Geschlechter, werden die Ergebnisse für Männchen und Weibchen für die statistischen Analysen gepoolt. Unterschiedliche Empfindlichkeiten der Geschlechter können statistisch z. B. anhand eines Tafeltests mit χ2-r × 2 bewertet werden. Erforderlichenfalls sind nach 10 Tagen Daten zur Überlebensrate der Larven und zum mittleren Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß zu ermitteln.
43.
Die nach Trockengewicht ausgedrückten Effektkonzentrationen sind möglichst auf der Grundlage der zu Testbeginn gemessenen Sedimentkonzentrationen (siehe Nummer 38) zu berechnen.
44.
Für eine Punktschätzung von EC50 oder einem anderen ECx können die pro Gefäß erstellten Statistiken als echte Replikate dienen. Bei der Berechnung eines Konfidenzintervalls für einen beliebigen ECx-Wert ist die Variabilität zwischen den Gefäßen zu berücksichtigen oder nachzuweisen, dass diese Variabilität so klein ist, dass sie übergangen werden kann. Wird das Modell nach der Methode der geringsten Abweichungsquadrate angepasst, so sollten die pro Gefäß erstellten Statistiken transformiert werden, um die Varianzhomogenität zu verbessern. Allerdings werden die ECx-Werte berechnet, nachdem die Ergebnisse auf den ursprünglichen Wert rücktransformiert wurden.
45.
Wenn die statistische Analyse darauf abzielt, NOEC/LOEC-Werte anhand von Hypothesentests zu bestimmen, so ist die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen zu berücksichtigen, z. B. mit Hilfe einer geschachtelten (nested) Varianzanalyse (ANOVA). Alternativ können in den Fällen, in denen von den herkömmlichen ANOVA-Annahmen abgewichen wird, robustere Tests (21) angewendet werden.

Schlupfrate

46.
Schlupfraten sind quantale Daten und können anhand des Cochran-Armitage-Tests im Step-Down-Verfahren analysiert werden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfdaten dieser Erwartung entsprechen. Andernfalls können ein Exakter Test nach Fisher oder ein Mantel-Haenszel-Test mit Bonferroni-Holm-angepassten p-Werten verwendet werden. Ist die Variabilität zwischen den Replikaten mit derselben Konzentration nachweislich größer als eine Binomialverteilung ergeben würde (häufig als „extra-binomiale“ Variation bezeichnet), so sollte ein robusterer Test (Cochran-Armitage-Test oder Exakter Test nach Fisher), wie in (21) vorgeschlagen, angewendet werden.

Die Summe geschlüpfter Mücken (ne) je Prüfgefäß wird bestimmt und durch die Anzahl der eingesetzten Larven (na) dividiert:

Dabei sind:

ER=Schlupfrate
ne=Anzahl der geschlüpften Mücken je Prüfgefäß
na=Anzahl der eingesetzten Larven je Prüfgefäß
47.
Eine alternative Methode, die sich bei größeren Proben im Falle einer extra-binomialen Varianz eher eignet, besteht darin, die Schlupfrate als kontinuierliche Antwort zu behandeln und Methoden wie den Williams-Test anzuwenden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfraten dies bestätigen. Der Dunnett’s-Test eignet sich für den Fall, dass die Monotonie nicht anhält. Als große Probe gilt hier eine Probe, bei der die Anzahl der geschlüpften Mücken und die Anzahl der nicht geschlüpften Mücken jeweils mehr als fünf pro Replikat(gefäß) beträgt.
48.
Für die Anwendung von ANOVA-Methoden sollten die ER-Werte zunächst einer arcsin-Wurzel-Transformation oder Freeman-Tukey-Transformation unterzogen werden, um annähernd normal verteilte Daten und Homogenität der Varianzen zu erreichen. Bei der Verwendung von absoluten Frequenzen können auch der Cochran-Armitage-, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test angewendet werden. Bei der arcsin-Wurzel-Transformation wird die Umkehrfunktion des Sinus (sin–1) der Wurzel von ER berechnet.
49.
Für Schlupfraten werden die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse (oder z. B. mit der Probit- (22), Logit-, Weibull-Methode, geeigneter kommerzieller Software usw.) berechnet. Versagt die Regressionsanalyse (z. B. bei weniger als zwei Teilantworten), so werden andere nicht-parametrische Methoden wie die Berechnung des gleitenden Durchschnitts oder eine einfache Interpolation angewendet.

Entwicklungsrate

50.
Die mittlere Entwicklungszeit repräsentiert die mittlere Zeitspanne zwischen dem Einsetzen der Larven (Tag 0 des Versuchs) und dem Schlupf der in die Prüfgefäße eingesetzten Mückenkohorten. (Für die Berechnung der reellen Entwicklungszeit ist das Alter der Larven beim Einsetzen in die Prüfgefäße zu berücksichtigen). Die Entwicklungsrate ist der Reziprokwert der Entwicklungszeit (Einheit: 1/Tag) und repräsentiert den Teil der Larven, die sich pro Tag entwickeln. Für die Bewertung der Sedimenttoxizität ist die Entwicklungsrate zu bevorzugen, da sie im Vergleich zur Entwicklungszeit eine geringere Varianz aufweist und ihre Werte homogener sind und näher an der Normalverteilung liegen. Aus diesem Grund eignen sich parametrische Verfahren mit großer Teststärke eher für die Entwicklungsrate als für die Entwicklungszeit. Wird die Entwicklungsrate als kontinuierliche Antwort behandelt, so können die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse geschätzt werden (z. B. (23), (24)).
51.
Für folgende statistische Tests gilt die Anzahl der am Kontrolltag × beobachteten Mücken als die Anzahl der Mücken, die in der Mitte des Zeitintervalls zwischen dem Tag x und dem Tag x-l geschlüpft sind (l = Länge des Kontrollintervalls, gewöhnlich 1 Tag). Die mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß berechnet sich folgendermaßen:

Dabei sind:

:mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß
i:Index des Kontrollintervalls
m:maximale Anzahl der Kontrollintervalle
:Anzahl der Mücken, die im Kontrollintervall i geschlüpft sind
ne:Gesamtzahl der geschlüpften Mücken bei Versuchsende (=)
xi:Entwicklungsrate der geschlüpften Mücken im Intervall i

Dabei sind:

Tagi:Kontrolltag (Tage seit der Applikation)
li:Länge des Kontrollintervalls i (Tage, in der Regel 1 Tag)

Prüfbericht

52.
Der Prüfbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalischer Zustand und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Verteilungskoeffizient im Boden (oder — falls verfügbar — im Sediment), Stabilität im Wasser usw.);
chemische Kenndaten (Common name, chemische Bezeichnung, Strukturformel, CAS-Nummer usw.) einschließlich Reinheitsgrad und Analyseverfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz.

Testspezies:

eingesetzte Testtiere: Art, wissenschaftlicher Name, Bezugsquelle der Testorganismen und Zuchtbedingungen;
Informationen über die Handhabung der Eigelege und Larven;
Alter der Tiere beim Einsetzen in die Prüfgefäße.

Prüfbedingungen:

verwendetes Sediment, d. h. natürliches oder formuliertes Sediment;
für natürliches Sediment: Ort und Beschreibung der Probenahmestelle(n) für das Sediment, möglichst einschließlich etwaiger früherer Kontaminationen; Merkmale: pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, C/N-Verhältnis und gegebenenfalls Granulometrie;
Zubereitung des formulierten Sediments: Zutaten und Merkmale (Gehalt an organischem Kohlenstoff, pH-Wert, Feuchte usw. zu Versuchsbeginn);
Zubereitung des Prüfwassers (falls rekonstituiertes Wasser verwendet wird) und Merkmale des Wassers (Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Leitfähigkeit, Härte usw. zu Testbeginn);
Tiefe des Sediments und des Überstandswassers;
Volumen des Überstandswassers und des Porenwassers; Gewicht des feuchten Sediments mit und ohne Porenwasser;
Prüfgefäße (Material und Größe);
Verfahren für das Spiken des Sediments: verwendete Prüfkonzentrationen, Anzahl der Replikate und gegebenenfalls Verwendung von Lösungsmitteln;
Phase der Gleichgewichtseinstellung des Sediment-Wasser-Systems: Dauer und Bedingungen;
Inkubationsbedingungen: Temperatur, Lichtzyklus und Beleuchtungsstärke, Belüftung (Häufigkeit und Intensität);
genaue Angaben zur Fütterung, einschließlich Art des Futters, Präparation des Futters, Futtermenge und Fütterungsregime.

Ergebnisse:

die nominellen Prüfkonzentrationen, die gemessenen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse sämtlicher Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz im Prüfgefäß;
Qualität des Wassers in den Prüfgefäßen, d. h. pH-Wert, Temperatur, Gehalt an gelöstem Kohlenstoff, Härte und Ammonium;
gegebenenfalls Ausgleich von Verdunstungsverlusten;
Anzahl der geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken pro Gefäß und Tag;
Anzahl der Larven pro Gefäß, die sich nicht zu Mücken entwickelt haben;
mittleres Trockengewicht der einzelnen Larven pro Gefäß und gegebenenfalls pro Larvenstadium;
prozentuale Emergenzrate pro Replikat und Prüfkonzentration (männliche und weibliche Mücken gepoolt);
mittlere Entwicklungsrate der vollentwickelten Mücken pro Replikat und Behandlungsrate (männliche und weibliche Mücken gepoolt);
Schätzung der toxischen Endpunkte, z. B. ECx (und dazugehörige Konfidenzintervalle), NOEC- und/oder LOEC-Werte und die zu ihrer Bestimmung verwendeten statistischen Methoden;
Diskussion der Ergebnisse, einschließlich der Auswirkungen etwaiger Abweichungen von dieser Prüfmethode auf die Prüfergebnisse.

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Rao J.N.K. and Scott A.J. (1992): A simple method for the analysis of clustered binary data. Biometrics 48: 577-585.
22.
Christensen E.R. (1984): Dose-response functions in aquatic toxicity testing and the Weibull model. Water Research 18: 213-221.
23.
Bruce and Versteeg (1992): A statistical procedure for modelling continuous toxicity data. Environmental Toxicology and Chemistry 11: 1485-1494.
24.
Slob W. (2002): Dose-response modelling of continuous endpoints. Toxicol. Sci. 66: 298-312.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

Formuliertes Sediment oder rekonstitutiertes, künstliches oder synthetisches Sediment: ein Gemisch aus Stoffen, mit denen die Bestandteile eines natürlichen Sediments nachgeahmt werden sollen.

Überstandswasser: das auf das Sediment im Prüfgefäß aufgebrachte Wasser.

Interstitialwasser oder Porenwasser: das Wasser in den Zwischenräumen zwischen Sediment- und Bodenpartikeln.

Gespiktes Sediment: Sediment, dem Prüfsubstanz hinzugefügt wurde.

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Empfehlungen für die Anzucht von Chironomus riparius

1.
Für die Anzucht von Chironomus-Larven können Kristallisierschalen oder größere Behälter verwendet werden. Auf dem Boden des Behälters wird eine 5 bis 10 mm dicke Schicht feiner Quarzsand aufgetragen. Kieselguhr (z. B. Merck, Art 8117) hat sich ebenfalls als Substrat bewährt (eine dünnere Schicht von nur ein paar Millimetern ist ausreichend). Anschließend wird mit geeignetem Wasser auf mehrere Zentimeter Höhe aufgefüllt. Soweit erforderlich ist bei Verdunstungsverlusten Wasser nachzufüllen, um ein Austrocknen zu verhindern. Nötigenfalls kann das Wasser ausgetauscht werden. Leicht belüften. Die Larvenzuchtgefäße sind in geeignete Käfige zu setzen, um zu verhindern, dass die schlüpfenden Imagines entweichen. Der Käfig muss groß genug sein (Mindestgröße ca. 30 × 30 × 30 cm), damit die geschlüpften Imagines schwärmen können, da es andernfalls nicht zur Paarung kommt.
2.
Die Käfige sind bei Raumtemperatur oder in einer Klimakammer bei 20 ± 2 °C und einer Licht-/Dunkelphase von 16:8 Std. (Lichtintensität ca. 1 000 lux) zu halten. Eine relative Luftfeuchte von weniger als 60 % soll offensichtlich die Vermehrung verhindern.

Verdünnungswasser

3.
Es kann jedes natürliche oder synthetische Wasser verwendet werden. Im Allgemeinen wird Brunnenwasser, entchlortes Leitungswasser und künstliches Medium (z. B. Elendt-Medium „M4“ oder „M7“, siehe unten) verwendet. Das Wasser muss vor Verwendung belüftet werden. Soweit erforderlich kann das Anzuchtwasser durch vorsichtiges Abgießen oder Absaugen des gebrauchten Wassers aus den Prüfgefäßen erneuert werden; dabei ist darauf zu achten, dass die Wohnröhren der Larven nicht zerstört werden.

Fütterung der Larven

4.
Chironomus-Larven sollten mit ca. 250 mg Fischfutterflocken (TetraMin®, TetraPhyll® oder einer anderen entsprechenden Fischfuttermarke) pro Gefäß und Tag gefüttert werden. Hierzu kann trockengemahlenes Pulver oder eine Suspension in Wasser (1,0 g Futterflocken, mit 20 ml Verdünnungswasser zu einer homogenen Masse gemischt) verwendet werden. Diese Zubereitung kann in Portionen von 5 ml pro Gefäß und pro Tag verfüttert werden (vor Gebrauch schütteln). Ältere Larven können etwas mehr Futter erhalten.
5.
Das Futter ist an die Wasserqualität anzupassen. Bei Trübung des Kulturmediums ist die Futterration zu reduzieren. Die Futterzugaben sind sorgfältig zu notieren. Zu wenig Futter kann dazu führen, dass die Larven in die Wassersäule abwandern, während zu viel Futter die mikrobielle Aktivität verstärkt und die Sauerstoffkonzentrationen verringert. In beiden Fällen kann es zu einer Verlangsamung des Wachstums der Organismen kommen.
6.
Wenn neue Kulturgefäße angesetzt werden, können auch einige Grünalgenzellen (z. B. Scenedesmus subspicatus, Chlorella vulgaris) hinzugefügt werden.

Fütterung der geschlüpften Imagines

7.
Einige Experimentatoren empfehlen, als Futter für die geschlüpften Imagines ein mit gesättigter Zuckerlösung getränktes Wattepad zu verwenden.

Emergenz

8.
Nach ca. 13 bis 15 Tagen bei einer Temperatur von 20 ± 2 °C beginnen die Imagines in den Larvenzuchtgefäßen zu schlüpfen. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.

Eigelege

9.
Sobald sich Imagines in den Zuchtkäfigen befinden, sind alle Larvenzuchtgefäße dreimal wöchentlich auf gallertartige Eigelege zu kontrollieren. Diese sind vorsichtig zu entfernen und in eine kleine Schale mit einer Probe Anzuchtwasser umzusetzen. Mit den Eigelegen werden neue Kulturen angesetzt (z. B. 2 bis 4 Eigelege pro Gefäß) oder Toxizitätstests durchgeführt.
10.
Nach 2 bis 3 Tagen sollten L1-Larven schlüpfen.

Ansetzen neuer Kulturen

11.
Sobald die Zucht etabliert ist, sollte es möglich sein, je nach Prüfungsanforderungen wöchentlich oder weniger häufig frische Kulturen anzusetzen und die älteren Prüfgefäße nach dem Schlüpfen der Imagines zu entfernen. Auf diese Weise ist es möglich, mit nur geringem Aufwand ständig über Imagines zu verfügen.

Zubereitung der Prüflösungen M4 und M7

12.
Das Medium M4 wurde von Elendt (1990) beschrieben. Das Medium M7 wird wie das Medium M4 zubereitet, mit Ausnahme der in Tabelle 1 angegebenen Substanzen, deren Konzentration bei M7 viermal niedriger ist als bei M4. Eine Veröffentlichung zum Medium M7 wird derzeit ausgearbeitet (Elendt, persönliche Mitteilung). Die Prüflösungen nicht nach den Anweisungen von Elendt und Bias (1990) zubereiten, da die für die Zubereitung der Stammlösungen angegebenen Konzentrationen von NaSiO3 5 H2O, NaNO3, KH2PO4 und K2HPO4 nicht geeignet sind.

Herstellung des M7-Mediums

13.
Zunächst wird jede Stammlösung (I) einzeln zubereitet; diese Stammlösungen werden anschließend zu einer kombinierten Stammlösung (II) zusammengegossen (I) (siehe Tabelle 1). 50 ml der kombinierten Stammlösung (II) und die in Tabelle 2 angegebenen jeweiligen Mengen der Makronährstoffe werden zur Herstellung des M7-Mediums mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt. Durch Zugabe von drei Vitaminen gemäß Tabelle 3 zu entionisiertem Wasser wird eine kombinierte Vitamin-Stammlösung hergestellt, von der 0,1 ml vor der Verwendung dem fertigen M7-Medium zugesetzt werden. (Die Vitaminstammlösung wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt). Das Medium wird belüftet und stabilisiert.

LITERATUR

BBA (1995): Long-term toxicity test with Chironomus riparius: Development and validation of a new test system. Herausgeber: M. Streloke und H. Köpp. Berlin 1995.



Tabelle 1

Stammlösungen der Spurenelemente für das M4- und das M7-Medium

Stammlösungen (I)Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wirdZur Herstellung der kombinierten Stammlösung (II): Folgende Mengen (ml) der Stammlösungen (I) mischen und mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter auffüllenEndkonzentrationen der Prüflösungen (mg/l)
M4M7M4M7
H3BO3 (1)57 190 1,0 0,25 2,86 0,715
MnCl2 · 4 H2O (1)7 210 1,0 0,25 0,361 0,090
LiCl (1)6 120 1,0 0,25 0,306 0,077
RbCl (1)1 420 1,0 0,25 0,071 0,018
SrCl2 · 6 H2O (1)3 040 1,0 0,25 0,152 0,038
NaBr (1)320 1,0 0,25 0,016 0,004
Na2MoO4 · 2 H2O (1)1 260 1,0 0,25 0,063 0,016
CuCl2 · 2 H2O (1)335 1,0 0,25 0,017 0,004
ZnCl2260 1,0 1,0 0,013 0,013
CaCl2 · 6 H2O200 1,0 1,0 0,010 0,010
KI65 1,0 1,0 0,0033 0,0033
Na2SeO343,8 1,0 1,0 0,0022 0,0022
NH4VO311,5 1,0 1,0 0,00058 0,00058
Na2EDTA · 2 H2O (1) (2)5 000 20,0 5,0 2,5 0,625
FeSO4 · 7 H2O (1) (2)1 991 20,0 5,0 1,0 0,249

(1)   Diese Stoffe sind in M4 und M7 unterschiedlich dosiert (siehe oben).

(2)   Diese Lösungen werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort autoklaviert.



Tabelle 2

Makronährstoff-Stammlösungen für das M4- und das M7-Medium

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Makronährstoff-Stammlösungen

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

CaCl2 · 2 H2O293 800 1,0 293,8
MgSO4 · 7 H2O246 600 0,5 123,3
KCl58 000 0,1 5,8
NaHCO364 800 1,0 64,8
NaSiO3 · 9 H2O50 000 0,2 10,0
NaNO32 740 0,1 0,274
KH2PO41 430 0,1 0,143
K2HPO41 840 0,1 0,184



Tabelle 3

Vitamin-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium. Aus den drei Vitaminlösungen wird eine einzige Vitamin-Stammlösung hergestellt.

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Vitamin-Stammlösung

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

Thiaminhydrochlorid750 0,1 0,075
Cyanocobalamin (B12)10 0,1 0,0010
Biotin7,5 0,1 0,00075

LITERATUR

Elendt B.P. (1990): Selenium Deficiency in Crustacean. Protoplasma 154: 25-33.

Elendt B.P. & W.-R. Bias (1990): Trace Nutrient Deficiency in Daphnia magna Cultured in Standard Medium for Toxicity Testing. Effects on the Optimization of Culture Conditions on Life History Parameters of D. magna. Water Research 24 (9): 1157-1167.

Anlage 3

ZUBEREITUNG DES FORMULIERTEN SEDIMENTS

Zusammensetzung des Sediments

Das formulierte Sediment sollte die folgende Zusammensetzung haben:



BestandteilCharakterisierung

% des Trockengewichts

des Sediments

TorfSphagnum-Torf, so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0, ohne sichtbare Pflanzenreste, fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und luftgetrocknet4 - 5
QuarzsandKorngröße: > 50 % der Partikel sollten Größen zwischen 50 und 200 μm aufweisen75 - 76
Kaolin-TonKaolinit-Gehalt ≥ 30 %20
Organischer KohlenstoffEingestellt durch Zugabe von Torf und Sand2 (± 0,5)
CalciumcarbonatCaCO3, pulverisiert, chemisch rein0,05 - 0,1
WasserLeitfähigkeit ≤ 10 μS/cm30 - 50

Zubereitung

Der Torf wird luftgetrocknet und zu feinem Pulver zermahlen. Die erforderliche Menge an Torfpulver wird mit Hilfe eines Hochleistungshomogenisators in entionisiertem Wasser suspendiert und durch Zugabe von CaCO3 auf einen pH-Wert von 5,5 ± 0,5 eingestellt. Diese Suspension wird bei 20 ± 2 °C für mindestens zwei Tage unter sanftem Rühren konditioniert, um den pH-Wert zu stabilisieren und eine Etablierung der mikrobiellen Fauna zu ermöglichen. Der pH-Wert wird erneut bestimmt und sollte bei 6,0 ± 0,5 liegen. Nun werden die übrigen Komponenten (Sand und Kaolin-Ton) sowie entionisiertes Wasser zur Torf-Wasser-Suspension hinzugegeben und zu einem homogenen Sediment vermischt, dessen Wassergehalt 30 bis 50 % des Trockengewichts des Sediments betragen sollte. Der pH-Wert der fertigen Mischung wird erneut gemessen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,5 bis 7,5 eingestellt. Sedimentproben nehmen, um das Trockengewicht und den Gehalt an organischem Kohlenstoff zu bestimmen. Es wird empfohlen, das formulierte Sediment vor dem Einsatz in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren.

Lagerung

Die trockenen Bestandteile für die Zubereitung des künstlichen Sediments können an einem trockenen und kühlen Ort bei Raumtemperatur gelagert werden. Das formulierte (feuchte) Sediment darf vor seiner Verwendung im Prüfversuch nicht gelagert werden. Es ist unmittelbar nach Ablauf der siebentägigen Konditionierung, mit der die Zubereitung abschließt, zu verwenden.

LITERATUR

Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer.

Meller M., Egeler P., Rombke J., Schallnass H., Nagel R., Streit B. (1998): Short-term Toxicity of Lindane, Hexachlorobenzene and Copper Sulfate on Tubificid Sludgeworms (Oligochaeta) in Artificial MEDIA. Ecotox. and Environ. Safety 39: 10-20.

Anlage 4



Chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers

SubstanzKonzentration
Partikel< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen< 2 mg/l
Nichtionisiertes Ammonium< 1 μg/l
Härte in CaCO3< 400 mg/l (1)
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l
(*1)   Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit ist in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden).

Anlage 5

Empfehlungen für die Beobachtung des Schlüpfens der Chironomidenlarven

Die Bechergläser werden ab dem 20. Tag bis zum Versuchsende mit Emergenzfallen abgedeckt. Nachstehend ist ein Beispiel für eine derartige Falle abgebildet:

A : Nylongaze

B : umgedrehte Plastikschalen

C : Becherglas ohne Ausguss

D : abgedeckte Öffnungen für den Wasseraustausch

E : Wasser

F : Sediment

C. 28   CHIRONOMIDEN-TOXIZITÄTSTEST IN SEDIMENT-WASSER-SYSTEMEN MIT GESPIKTEM WASSER

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 219 (2004). Sie dient der Bewertung der Wirkung einer Langzeitexposition gegenüber Chemikalien auf die sedimentbewohnenden Larven von Chironomus sp., einem in Frischwasser lebenden Zweiflügler. Die Methode basiert hauptsächlich auf der BBA-Richtlinie, bei der die Exposition anhand eines Sediment-Wasser-Testsystems mit Kunsterde und Wassersäule vorgenommen wird (1). Sie berücksichtigt auch die bestehenden Protokolle für Toxizitätstests mit Chironomus riparius und Chironomus tentans, die in Europa und Nordamerika (2)(3)(4)(5)(6)(7)(8) entwickelt und Ringtests (1)(6)(9) unterzogen wurden. Auch andere gut dokumentierte Chironomid-Arten wie Chironomus yoshimatsui (10)(11) sind geeignet.
2.
Bei dem für diese Prüfmethode verwendeten Expositionsszenario wird das Wasser mit der Prüfsubstanz gespikt. Die Wahl des Szenarios hängt vom jeweiligen Testziel ab. Durch Dotieren (Spiken) der Wassersäule sollen Sprühverluste beim Aufbringen von Pestiziden simuliert und die Anfangsspitzen der Konzentrationen im Porenwasser erfasst werden. Die Methode eignet sich auch für andere Expositionsarten (einschließlich Austritt von Chemikalien), ausgenommen für Akkumulationsvorgänge, die länger dauern als der Test.
3.
In der Regel haben die an sedimentbewohnenden Organismen zu testenden Substanzen eine lange Verweildauer in diesem Kompartiment. Sedimentbewohner können über verschiedene Wege exponiert werden. Die relative Bedeutung der einzelnen Expositionspfade und die Geschwindigkeit, mit der diese jeweils zu den gesamten toxischen Wirkungen beitragen, hängen von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der betreffenden Substanz ab. Für stark adsorbierende Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder für kovalent an das Sediment gebundene Substanzen kann die Aufnahme von Schadstoffen über die Nahrung einen wichtigen Expositionspfad darstellen. Die Toxizität hoch lipophiler Substanzen sollte nicht unterschätzt werden, weshalb gegebenenfalls vor Applikation der Prüfsubstanz dem Sediment Futter hinzugegeben werden sollte. Um alle potenziellen Expositionspfade zu berücksichtigen, liegt der Schwerpunkt bei dieser Prüfmethode auf der Langzeitexposition. Die Testdauer beträgt 20 bis 28 Tage für C. riparius und C. yoshimatsui und 28 bis 65 Tage für C. tentans. Falls aus einem besonderen Grund, z. B. zur Untersuchung der Wirkungen von instabilen Chemikalien, Kurzzeitdaten benötigt werden, können nach dem 10. Versuchstag zusätzliche Replikate entnommen werden.
4.
Als Endpunkte werden die Gesamtzahl der geschlüpften Imagines und die Emergenzzeit gemessen. Falls zusätzlich Kurzzeitdaten benötigt werden, sollten die Messungen der Überlebensrate und des Wachstums der Larven erst nach dem 10. Tag gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate vorgenommen werden.
5.
Es wird empfohlen, formuliertes Sediment zu verwenden, da es gegenüber natürlichen Sedimenten mehrere Vorteile hat:
Die Variabilität zwischen den Versuchen ist nicht so groß, da formuliertes Sediment eine reproduzierbare „standardisierte Matrix“ ergibt und es nicht erforderlich ist, Quellen für unkontaminiertes, sauberes Sediment ausfindig zu machen;
es kann jederzeit mit den Versuchen begonnen werden, ohne durch jahreszeitliche Schwankungen gestört zu werden und ohne dass eine Vorbehandlung zur Defaunierung des Sediments erforderlich wäre; die Verwendung von formuliertem Sediment reduziert auch die Kosten, die bei Feldprobenahmen ausreichender Sedimentmengen für Routineprüfungen anfallen;
die Verwendung formulierter Sedimente ermöglicht Toxizitätsvergleiche und die entsprechende Einstufung der Substanzen: Versuche mit natürlichen und künstlichen Sedimenten haben vergleichbare Toxizitätsdaten für mehrere Chemikalien ergeben (2).
6.
Die verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

7.
Chironomidlarven des 1. Larvenstadiums (L1-Larven) werden gegenüber der Prüfsubstanz in verschiedenen Konzentrationen in Sediment-Wasser-Systemen exponiert. Der Versuch beginnt mit dem Einsetzen von L1-Larven in die Bechergäser mit dem Sediment-Wasser-System und dem Dotieren (Spiken) des Wassers mit der Prüfsubstanz. Zum Versuchsende werden Emergenz und Entwicklungsrate der Chironomiden bestimmt. Sofern erforderlich, können (gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate) nach 10 Tagen Messungen der Überlebensrate und des Gewichts der Larven vorgenommen werden. Analysiert werden diese Daten entweder anhand eines Regressionsmodells, um die Konzentration zu ermitteln, die zu einer ×-%igen Verringerung der Emergenz-, Überlebens- oder Wachstumsrate der Larven führt (z. B. EC15, EC50 usw.), oder anhand statistischer Hypothesentests zur Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten. Hierzu sind die Wirkungswerte anhand statistischer Tests mit Kontrollwerten zu vergleichen.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

8.
Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Prüfsubstanz, ihre gemessene oder berechnete Verteilung im Sediment sowie ihre Stabilität im Wasser und im Sediment sollten bekannt sein. Ein zuverlässiges analytisches Verfahren für die Quantifizierung der Prüfsubstanz im Überstandswasser, Porenwasser und Sediment mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und Nachweisgrenze sollte vorhanden sein. Weitere nützliche Informationen sind die Strukturformel und der Reinheitsgrad der Prüfsubstanz sowie das chemische Schicksal der Prüfsubstanz (z. B. Verlustrate, abiotischer und biotischer Abbau usw.). Weitere Hinweise zu Prüfsubstanzen mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind Quelle (12) zu entnehmen.

REFERENZSUBSTANZEN

9.
Referenzsubstanzen können regelmäßig getestet werden, um auf diese Weise die Zuverlässigkeit des Prüfprotokolls und der Prüfbedingungen zu gewährleisten. Beispiele von Referenzgiftstoffen, die erfolgreich in Ringtests und Validierungsstudien verwendet werden: Lindan, Trifluralin, Pentachlorphenol, Cadmiumchlorid und Kaliumchlorid (1)(2)(5)(6)(13).

GÜLTIGKEIT DER ERGEBNISSE

10.
Der Test ist gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die Emergenz in den Kontrollen muss am Ende des Tests mindestens 70 % betragen. (1)(6);
erste Imagines von C. riparius und C. yoshimatsui sollten zwischen dem 12. und dem 23. Tag nach dem Einsetzen der Tiere in die Prüfgefäße schlüpfen; für C. tentans sind 20 bis 65 Tage erforderlich;
zum Versuchsende sind der pH-Wert und die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu messen. Der Sauerstoffgehalt sollte mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes betragen und der pH-Wert des Überstandswassers sollte in allen Prüfgefäßen zwischen 6 und 9 liegen;
die Wassertemperatur sollte nicht mehr als ± 1,0 °C schwanken; sie kann mit Hilfe einer Klimakammer kontrolliert werden, wobei in diesem Fall die Raumtemperatur in angemessenen Zeitabständen zu bestimmen ist.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfgefäße

11.
Der Versuch wird in 600-ml-Glasbechergläsern mit einem Durchmesser von 8 cm durchgeführt. Andere Gefäße sind ebenfalls geeignet, sofern sie eine entsprechende Höhe von Überstandswasser und Sediment fassen. Die Sedimentoberfläche sollte 2 bis 3 cm2 pro Larve bieten. Das Verhältnis zwischen Sedimentschicht und Überstandswasser sollte 1:4 betragen. Die Prüfgefäße und sonstigen Geräte, die mit dem Prüfsystem in Kontakt kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material (z. B. Teflon) bestehen.

Wahl der Testspezies

12.
Als Testspezies sollte bevorzugt Chironomus riparius eingesetzt werden. Chironomus tentans ist ebenfalls geeignet, lässt sich aber schwieriger handhaben und erfordert eine längere Prüfdauer. Auch Chironomus yohimatsui kann verwendet werden. Einzelheiten zu den Anzuchtverfahren für Chironomus riparius sind in Anlage 2 enthalten. Informationen zu den Anzuchtbedingungen sind auch für andere Arten (Chironomus tentans (4) und Chironomus yoshimatsui (11)) verfügbar. Die Identität der Spezies ist vor der Prüfung zu bestätigen, allerdings ist dies nicht vor jedem Test erforderlich, wenn die Organismen aus laboreigener Zucht stammen.

Sediment

13.
Vorzugsweise ist formuliertes Sediment (so genanntes rekonstituiertes, künstliches oder synthetisches Sediment) zu verwenden. Wenn jedoch natürliches Sediment verwendet wird, so ist es zu charakterisieren (zumindest pH-Wert und Gehalt an organischem Kohlenstoff; die Bestimmung sonstiger Parameter wie C/N-Verhältnis und Granulometrie wird ebenfalls empfohlen). Auch sollte es frei von Verunreinigungen sowie Konkurrenten und Fressfeinden der Chironomiden sein. Ferner wird empfohlen, natürliches Sediment vor seiner Verwendung in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren. Für diesen Test wird auf der Grundlage der in der Prüfmethode C.8 (14) verwendeten Kunsterde folgendes formuliertes Sediment empfohlen (1)(15)(16):
a)
4-5 % (bezogen auf die Trockenmasse) Torf: so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0; wichtig: Torf in Pulverform, feingemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und nur luftgetrocknet, verwenden;
b)
20 % (bezogen auf die Trockenmasse) Kaolin-Ton (Kaolingehalt vorzugsweise über 30 %);
c)
75-76 % (bezogen auf die Trockenmasse) Quarzsand (hauptsächlich Feinsand, der zu mehr als 50 % eine Korngröße von 50 bis 200 μm aufweist;
d)
der Feuchtegehalt der fertigen Mischung wird durch die Zugabe von entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 30 % und 50 % eingestellt;
e)
durch die Zugabe von chemisch reinem Calciumcarbonat (CaCO3) wird die fertige Mischung des Sediments auf einen pH-Wert von 7,0 ± 0,5 eingestellt.
f)
der Gehalt der fertigen Mischung an organischem Kohlenstoff sollte 2 % (± 0,5 %) betragen und ist durch Zugabe geeignete Mengen Torf und Sand (siehe Buchstaben a und c) zu gewährleisten.
14.
Die Herkunft von Torf, Kaolin-Ton und Sand sollte bekannt sein. Es sollte kontrolliert werden, dass die Bestandteile des Sediments nicht chemisch verunreinigt sind (z. B. durch Schwermetalle, chlororganische Verbindungen, phosphororganische Verbindungen usw.). Ein Beispiel für die Herstellung des formulierten Sediments ist in Anlage 3 beschrieben. Die Bestandteile können auch in trockenem Zustand gemischt werden, sofern nachgewiesen ist, dass es nach Zugabe des Überstandswassers nicht zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile kommt (z. B. schwimmende Torfpartikel) und dass der Torf oder das Sediment ausreichend konditioniert ist.

Wasser

15.
Alle Wassersorten, die den chemischen Eigenschaften von zugelassenem Verdünnungswasser gemäß den Anlagen 2 und 4 entsprechen, sind als Testwasser geeignet. Natürliches Wasser (Oberflächen- oder Grundwasser), rekonstituiertes Wasser (siehe Anlage 2) oder entchlortes Leitungswasser sind als Hälterungs- und Verdünnungswasser zulässig, wenn die Chironomiden hierin während der Zucht- und Testphase ohne Stressanzeichen überleben. Zu Testbeginn sollte der pH-Wert des Testwassers zwischen 6 und 9 liegen und die Gesamthärte des Wassers sollte nicht mehr als 400 mg/l (in CaCO3) betragen. Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden). Das Wasser muss über die gesamte Testdauer von gleichbleibender Qualität sein. Die Qualitätsparameter des Wassers gemäß Anlage 4 sind mindestens zweimal jährlich bzw. immer dann zu messen, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich erheblich verändert haben.

Stammlösungen — Gespiktes Wasser

16.
Die Testkonzentrationen werden auf der Grundlage der Konzentrationen in der Wassersäule, d. h. im Überstandswasser, berechnet. Die Prüflösungen werden in der Regel durch Verdünnung einer Stammlösung in den gewünschten Konzentrationen zubereitet. Stammlösungen sollten möglichst durch Auflösung der Substanz im Prüfmedium hergestellt werden. In einigen Fällen kann der Einsatz von Lösungs- oder Dispersionsmitteln erforderlich sein, um eine Stammlösung von geeigneter Konzentration zu erzielen. Geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise Aceton, Ethanol, Methanol, Ethylenglykol-Monomethylether, Ethylenglykol-Dimethylether, Dimethylformamid und Triethylenglykol. Geeignete Dispersionsmittel sind beispielsweise Cremophor RH40, Tween 80, Methylzellulose 0,01 % und HCO-40. Die Konzentration des Lösungsvermittlers in dem endgültigen Prüfmedium sollte auf ein Mindestmaß (d.h. ≤ 0,1 ml/l) beschränkt und bei allen Behandlungen gleich sein. Wird ein Lösungsvermittler verwendet, so darf er keine signifikanten Auswirkungen auf das Überleben und keine erkennbaren nachteiligen Auswirkungen auf die Chironomiden-Larven haben, was durch eine nur mit Lösungsmittel vorgenommene Kontrolle nachzuweisen ist. Es sollten jedoch alle Anstrengungen unternommen werden, um den Einsatz derartiger Stoffe zu vermeiden.

VERSUCHSAUFBAU

17.
Unter „Versuchsaufbau“ sind die gewählte Anzahl und der Abstand der Testkonzentrationen, die Anzahl der Prüfgefäße je Konzentration und die Anzahl der Larven je Gefäß zu verstehen. Beschrieben werden die Verfahren für die Bestimmung der EC-Werte und der NOEC-Werte und für die Durchführung eines Limit-Tests. Regressionsanalysen sind Hypothesentest vorzuziehen.

Versuchsaufbau für die Regressionsanalyse

18.
Die im Test verwendeten Konzentrationen müssen in jedem Fall die Wirkungskonzentration (z. B. EC15, EC50) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfsubstanz von Interesse ist, einschließen. Bei der Bestimmung von Wirkungskonzentrationen (ECx) wird in der Regel eine größere Genauigkeit und insbesondere Validität erzielt, wenn die Wirkungskonzentration im Bereich der getesten Konzentrationen liegt. Extrapolierungen weit unter der niedrigsten positiven Konzentration oder über der höchsten Konzentration sind zu vermeiden. Ein Vorversuch kann die Auswahl der zu verwendenden Konzentrationsspanne erleichtern (siehe Nummer 27).
19.
Für die Bestimmung von ECx sollten mindestens fünf Konzentrationen und drei Replikate jeder Konzentration getestet werden. Im Interesse einer angemessenen Modellierung ist es in jedem Fall ratsam, eine hinreichende Anzahl an Konzentrationen zu testen. Die Konzentrationen sollten sich um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden (außer bei einer schwachen Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve). Die Anzahl der Replikate pro Behandlung kann reduziert werden, wenn die Anzahl der Prüfkonzentrationen mit unterschiedlicher Wirkung erhöht wird. Eine höhere Anzahl an Replikaten oder eine Verkürzung der Intervalle zwischen den Prüfkonzentrationen führt tendenziell zu engeren Konfidenzintervallen für den Test. Zur Bestimmung der Überlebensrate und des Wachstums der Larven nach 10 Tagen sind zusätzliche Replikate erforderlich.

Versuchsaufbau für die Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten

20.
Zur Bestimmung von LOEC- oder NOEC-Werten sollten fünf Prüfkonzentrationen mit mindestens vier Replikaten pro Konzentration verwendet werden, wobei sich die Konzentrationen um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden sollten. Es sollten so viele Replikate verwendet werden, dass sich im Hinblick auf eine angemessene statistische Aussagekraft bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration nachweisen lässt. Für die Entwicklungsrate eignen sich in der Regel Varianzanalysen (ANOVA) wie der Dunnett-Test und der Williams-Test (17)(18)(19)(20). Für die Schlupfrate kann der Cochran-Armitage-Test, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test herangezogen werden.

Limit-Test

21.
Falls der Vorversuch keine Wirkungen zeigt, kann ein Limit-Test (mit einer Prüfkonzentration und einer Kontrolle) durchgeführt werden. Mit dem Limit-Test soll nachgewiesen werden, dass der toxische Wert der Prüfsubstanz über der getesteten Limitkonzentration liegt. Für diese Prüfmethode kann keine Konzentration empfohlen werden; dies bleibt den Regulierungsbehörden überlassen. In der Regel sind jeweils mindestens sechs Replikate pro Behandlung und Kontrolle erforderlich. Es ist nachzuweisen, dass die statistische Aussagekraft ausreicht, um bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration festzustellen. Für metrische Merkmale (Entwicklungsrate und Gewicht) ist der t-Test eine geeignete statistische Methode, sofern die Daten die Bedingungen für diesen Test (Normalverteilung, Varianzhomogenität) erfüllen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen oder ein nicht-parametrischer Test wie der Wilcoxon-Mann-Whithey-Test verwendet werden. Für die Schlupfrate eignet sich der Exakte Test nach Fisher.

PRÜFVERFAHREN

Expositionsbedingungen

Zubereitung des Wasser-Sediment-Systems mit gespiktem Wasser

22.
In die Prüfgefäße wird formuliertes Sediment (siehe Nummern 13 und 14 sowie Anlage 3) in ausreichender Menge gegebenen, um eine mindestens 1,5 cm dicke Schicht zu erhalten, die anschließend mit 6 cm Wasser (siehe Nummer 15) überschichtet wird. Das Verhältnis von Sediment zu Wasser sollte nicht mehr als 1:4 und die Sedimenthöhe nicht mehr als 3 cm betragen. Das Sediment-Wasser-System sollte vor dem Einsetzen der Testorganismen für 7 Tage moderat belüftet werden (siehe Nummer 14 und Anlage 3). Um zu verhindern, dass es während der Zugabe von Prüfwasser in die Wassersäule zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile und einer Resuspension der feinen Partikel kommt, kann das Sediment beim Einfüllen des Wassers mit einer Plastikschale abgedeckt werden, die anschließend sofort entfernt wird. Andere Hilfsmittel sind ebenfalls geeignet.
23.
Die Prüfgefäße sollten abgedeckt werden (z. B. mit Glasplatten). Etwaige Verdunstungsverluste im Laufe des Versuchs sind auszugleichen, und zwar mit destilliertem oder entionisiertem Wasser, um Salzfreiheit zu gewährleisten.

Einsetzen der Testorganismen

24.
Vier bis fünf Tage vor dem Einsetzen der Testorganismen in die Prüfgefäße werden Eigelege aus der Zucht entnommen und in kleinen Gefäßen in das Kulturmedium eingesetzt. Es kann „altes“ Medium aus den Stammkulturen oder frisch zubereitetes Medium verwendet werden. In letzterem Fall wird eine geringe Futtermenge, z. B. Grünalgen und/oder einige Tropfen des Filtrats einer Suspension aus fein zerkleinerten Fischfutterflocken, zum Kulturmedium hinzugegeben (siehe Anlage 2). Es sollten nur frische Eigelege verwendet werden. Normalerweise beginnen die Larven einige Tage nach dem Einsetzen der Eier zu schlüpfen (Chironomus riparius: 2 bis 3 Tage bei 20 °C, Chironomus tentans und Chironomus yoshimatsui: 1 bis 4 Tage bei 23 °C bzw. 25 °C) und durchlaufen während ihres Wachstums vier Stadien von jeweils 4 bis 8 Tagen. Für den Versuch sollten Larven des ersten Larvenstadiums (L1) (2 bis 3 Tage oder 1 bis 4 Tage nach dem Schlüpfen) verwendet werden. Das Larvenstadium kann anhand der Kopfkapselbreite bestimmt werden (6).
25.
Jeweils 20 L1-Larven werden nach dem Zufallsprinzip mit einer stumpfen Pipette in die einzelnen Prüfgefäße eingesetzt, die das gespikte Sediment und Wasser enthalten. Während des Einsetzens der Larven in das Prüfgefäß und der folgenden 24 Std. (siehe Nummern 24 und 32) wird die Belüftung gestoppt. Je nach Versuchsaufbau (siehe Nummern 19 und 20) werden pro Konzentration mindestens 60 Larven zur Bestimmung der EC-Punktschätzung und mindestens 80 Larven zur Bestimmung der NOEC-Werte verwendet.
26.
24 Std. nach dem Einsetzen der Larven wird die Prüfsubstanz in die Wassersäule gespikt, und es wird erneut leicht belüftet. Kleine Mengen der Prüfsubstanz werden mit Hilfe einer Pipette unterhalb der Oberfläche der Wassersäule injiziert. Anschließend sollte das Überstandswasser vorsichtig gemischt werden, um das Sediment nicht aufzuwirbeln.

Prüfkonzentrationen

27.
Zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs für den endgültigen Test kann ein Vorversuch hilfreich sein. Hierzu wird eine Reihe von weit auseinander liegenden Konzentrationen der Prüfsubstanz verwendet. Um dieselbe Besiedlungsdichte der Oberfläche durch die Chironomiden wie im eigentlichen Versuch zu reproduzieren, werden die Chironomiden jeder Konzentration der Prüfsubstanz über einen Zeitraum ausgesetzt, mit dem sich die geeigneten Prüfkonzentrationen ermitteln lassen; Replikate sind nicht erforderlich.
28.
Die Prüfkonzentrationen für den endgültigen Test werden auf der Grundlage der Ergebnisse des Vorversuchs festgelegt. Es sollten mindestens fünf Konzentrationen (siehe Nummern 18 bis 20) ausgewählt und verwendet werden.

Kontrollgefäße

29.
In den Versuch sind Kontrollgefäße mit unbehandeltem Sediment und einer ausreichenden Anzahl von Replikaten einzubeziehen (siehe Nummern 19 und 20). Wurde die Prüfsubstanz mit Hilfe eines Lösungsmittel appliziert (siehe Nummer 16), so ist ein Kontrollgefäß hinzuzufügen, dessen Sediment das Lösungsmittel enthält.

Prüfsystem

30.
Es werden statische Prüfsysteme verwendet. Semi-statische oder Durchflusssysteme, bei denen das Überstandswasser in bestimmten Intervallen bzw. kontinuierlich ersetzt wird, können in Ausnahmefällen verwendet werden, z. B. wenn die Spezifikationen zur Wasserqualität für den Testorganismus nicht mehr geeignet sind oder sich auf das chemische Gleichgewicht auswirken (z. B. wenn die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu stark abnimmt, die Konzentration der Ausscheidungen zu stark zunimmt oder aus dem Sediment ausgewaschene Mineralien den pH-Wert und/oder die Wasserhärte beeinflussen). Allerdings reichen andere Methoden zur Verbesserung der Qualität des Überstandswassers wie die Belüftung aus und sollten bevorzugt angewendet werden.

Futter

31.
Die Larven sollten täglich, mindestens jedoch dreimal pro Woche gefüttert werden. Für jüngere Larven scheinen in den ersten 10 Tagen 0,25-0,5 mg (0,35-0,5 mg für C. yoshimatui) Fischfutter (in Wasser suspendiertes oder fein zerkleinertes Futter, z. B. TetraMin oder TetraPhyll; Einzelheiten siehe Anlage 2) pro Larve und Tag angemessen. Ältere Larven benötigen etwas mehr Nahrung: Für den Rest des Versuchs dürften 0,5-1 mg Futter pro Larve und Tag ausreichen. Bei Pilzbesatz oder Absterben von Kontrollorganismen wird die Futterration für alle behandelten Organismen und Kontrollorganismen reduziert. Lässt sich die Pilzentwicklung nicht stoppen, muss der Versuch wiederholt werden. Bei Versuchen mit stark adsorbierenden Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder kovalent an das Sediment gebundenen Substanzen kann dem formulierten Sediment die für das Überleben und natürliche Wachstum der Organismen erforderliche Futtermenge vor der Stabilisierungsphase hinzugefügt werden. In diesem Fall wird das Fischfutter durch pflanzliches Material ersetzt, z. B. durch Zugabe von 0,5 % (Trockengewicht) feingeriebene Blätter z. B. von Brennnessel (Urtica dioica), Maulbeere (Morus alba), Weiß-Klee (Trifolium repens) oder Spinat (Spinacia oleracea) oder von sonstigem pflanzlichen Material (Cerophyl oder Alphacellulose).

Inkubationsbedingungen

32.
Das Überstandswasser in den Prüfgefäßen wird vorzugsweise 24 Std. nach dem Einsetzen der Larven über den gesamten Versuchszeitraum moderat belüftet (Es ist darauf zu achten, dass die Konzentration an gelöstem Sauerstoff nicht unter 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes fällt). Für die Belüftung (eine oder mehrere Blasen/sek.) wird eine Glaspasteurpipette 2 bis 3 cm über der Sedimentschicht angebracht. Bei flüchtigen Prüfsubstanzen ist gegebenenfalls von einer Belüftung des Sediment-Wasser-Systems abzusehen.
33.
Der Test wird bei einer konstanten Raumtemperatur von 20 °C (± 2 °C) durchgeführt. Für C. tentans und C. yoshimatsui wird eine Temperatur von 23 °C bzw. 25 °C (± 2 °C) empfohlen. Die Photoperiode beträgt 16 Std. und die Beleuchtungsstärke 500 bis 1 000 lux.

Expositionsdauer

34.
Die Exposition beginnt mit dem Einsetzen der Larven in die Gefäße mit dem gespikten Wasser und in die Kontrollgefäße. Die maximale Expositionsdauer beträgt 28 Tage für C. riparius und C yoshimatsui und 65 Tage für C. tentans. Falls die Mücken früher schlüpfen, kann der Versuch frühestens fünf Tage nach dem Schlüpfen der letzten Kontrollimago beendet werden.

BEOBACHTUNGEN

Emergenz

35.
Es werden die Entwicklungsdauer und die Anzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bestimmt. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.
36.
Die Prüfgefäß sollten dreimal wöchentlich visuell auf Verhaltensänderungen (z. B. Verlassen des Sediments, ungewöhnliches Schwimmverhalten) gegenüber den Kontrollgefäßen überprüft werden. Während der Schlupfzeit müssen täglich die geschlüpften Tiere gezählt werden. Geschlecht und Anzahl der vollständig geschlüpften Mücken sind täglich festzuhalten. Danach werden die geschlüpften Mücken aus den Prüfgefäßen entfernt. Vor dem Versuchsende abgelegte Eigelege sind im Protokoll zu vermerken und anschließend zu entfernen, um zu verhindern, dass erneut Larven in das Sediment gelangen. Die Anzahl der sichtbaren Puppen, die nicht geschlüpft sind, wird ebenfalls protokolliert. Anweisungen zur Messung der Emergenz sind Anlage 5 zu entnehmen.

Wachstum und Überleben

37.
Müssen Daten zum Überleben und Wachstum der Larven nach 10 Tagen ermittelt werden, so sollten bereits ab Versuchsbeginn zusätzliche Prüfgefäße hinzugefügt werden, die dann später verwendet werden können. Das Sediment aus diesen zusätzlichen Gefäßen wird durch ein 250-μm-Sieb gesiebt, um die Larven auszusieben. Kriterien zur Bestimmung des Todes sind Bewegungslosigkeit oder mangelnde Reaktion auf mechanische Reize. Nicht wiedergefundene Larven sollten auch zu den Todesfällen gerechnet werden (Larven, die zu Versuchsbeginn gestorben sind, wurden möglicherweise durch Mikroben zersetzt). Nachdem das (aschefreie) Trockengewicht der überlebenden Larven pro Prüfgefäß bestimmt wurde, wird das mittlere Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß berechnet. Es ist nützlich festzustellen, zu welchem Larvenstadium die überlebenden Larven gehören, was anhand der Kopfkapselbreite der einzelnen Larven bestimmt werden kann.

Analysemessungen

Konzentration der Prüfsubstanz

38.
Es wird unbedingt empfohlen, zu Beginn (vorzugsweise 1 Stunde nach Applikation der Prüfsubstanz) und am Ende des Versuchs Proben des Überstandswassers, des Porenwassers und des Sediments zumindest in der Höchstkonzentration und einer niedrigeren Konzentration zu analysieren. Diese Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz gibt Aufschluss über das Verhalten/die Verteilung der Prüfsubstanz im Wasser-Sediment-System. Die Entnahme von Sedimentproben zu Versuchsbeginn kann das Prüfsystem beeinflussen (Entfernen von Testlarven), so dass zusätzliche Prüfgefäße vorzusehen sind, um die Analysemessungen zu Beginn und gegebenenfalls während des Versuchs (siehe Nummer 39) vorzunehmen. Es ist nicht unbedingt notwendig, das Sediment zu analysieren, wenn die Verteilung der Prüfsubstanz zwischen Wasser und Sediment eindeutig in einer unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführten Wasser/Sediment-Studie bestimmt wurde (z. B. Sediment-Wasser-Verhältnis, Applikationsart, Gehalt an organischem Kohlenstoff im Sediment).
39.
Falls Zwischenmessungen (z. B. am 7. Tag) vorgenommen werden und für die Analyse größere Proben erforderlich sind, die nicht aus den Prüfgefäßen entnommen werden können, ohne das Testsystem zu beeinflussen, sollten die Analysemessungen an Proben aus zusätzlichen Prüfgefäßen vorgenommen werden, die derselben Behandlung (einschließlich Präsenz von Testorganismen) unterzogen, aber nicht für biologische Beobachtungen verwendet wurden.
40.
Eine 30-minütige Zentrifugation bei z. B. 10 000 g und 4 °C wird empfohlen, um das Interstitialwasser abzutrennen. Bei Prüfsubstanzen, die nachweislich nicht an Filtern anlagern, kann auch filtriert werden. Bei zu kleinen Proben kann es passieren, dass sich die Konzentrationen im Porenwasser nicht analysieren lassen.

Physikalisch-chemische Parameter

41.
pH-Wert, Gehalt an gelöstem Sauerstoff im Prüfwasser und Temperatur der Prüfgefäße sind auf geeignete Weise zu messen (siehe Nummer 10). Zu Beginn und am Ende des Versuchs sind Härte und Ammonium-Gehalt in den Kontrollgefäßen und in einem Prüfgefäß in der Höchstkonzentration zu bestimmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

42.
Ziel dieses Versuchs ist, die Wirkung der Prüfsubstanz auf die Entwicklungsrate und die Gesamtanzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bzw. im Falle des 10-Tage-Versuchs die Wirkungen auf Überleben und Gewicht der Larven zu bestimmen. Gibt es keinerlei Hinweise auf eine unterschiedliche Empfindlichkeit der Geschlechter, werden die Ergebnisse für Männchen und Weibchen für die statistischen Analysen gepoolt. Unterschiedliche Empfindlichkeiten der Geschlechter können statistisch z. B. anhand eines Tafeltests mit χ2-r × 2 bewertet werden. Erforderlichenfalls sind nach 10 Tagen Daten zur Überlebensrate der Larven und zum mittleren Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß zu ermitteln.
43.
Die als Konzentration im Überstandswasser ausgedrückten Effektkonzentrationen sind möglichst auf der Grundlage der zu Testbeginn gemessenen Konzentrationen (siehe Nummer 38) zu berechnen.
44.
Für eine Punktschätzung von EC50 oder einem anderen ECx können die pro Gefäß erstellten Statistiken als echte Replikate dienen. Bei der Berechnung eines Konfidenzintervalls für einen beliebigen ECx-Wert ist die Variabilität zwischen den Gefäßen zu berücksichtigen oder nachzuweisen, dass diese Variabilität so klein ist, dass sie übergangen werden kann. Wird das Modell nach der Methode der geringsten Abweichungsquadrate angepasst, so sollten die pro Gefäß erstellten Statistiken transformiert werden, um die Varianzhomogenität zu verbessern. Allerdings werden die ECx-Werte berechnet, nachdem die Ergebnisse auf den ursprünglichen Wert rücktransformiert wurden.
45.
Wenn die statistische Analyse darauf abzielt, NOEC/LOEC-Werte anhand von Hypothesentests zu bestimmen, so ist die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen zu berücksichtigen, z. B. mit Hilfe einer geschachtelten (nested) Varianzanalyse (ANOVA). Alternativ können in den Fällen, in denen von den herkömmlichen ANOVA-Annahmen abgewichen wird, robustere Tests (21) angewendet werden.

Schlupfrate

46.
Schlupfraten sind quantale Daten und können anhand des Cochran-Armitage-Tests im Step-Down-Verfahren analysiert werden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfdaten dieser Erwartung entsprechen. Andernfalls können ein Exakter Test nach Fisher oder ein Mantel-Haenszel-Test mit Bonferroni-Holm-angepassten p-Werten verwendet werden. Ist die Variabilität zwischen den Replikaten mit derselben Konzentration nachweislich größer als eine Binomialverteilung ergeben würde (häufig als „extra-binomiale“ Variation bezeichnet), so sollte ein robusterer Test (Cochran-Armitage-Test oder Exakter Test nach Fisher), wie in (21) vorgeschlagen, angewendet werden.
47.
Die Summe geschlüpfter Mücken (ne) je Prüfgefäß wird bestimmt und durch die Anzahl der eingesetzten Larven (na) dividiert:

Dabei sind:

ER=Schlupfrate
ne=Anzahl der geschlüpften Mücken je Prüfgefäß
na=Anzahl der eingesetzten Larven je Prüfgefäß
48.
Eine alternative Methode, die sich bei größeren Proben im Falle einer extra-binomialen Varianz eher eignet, besteht darin, die Schlupfrate als kontinuierliche Antwort zu behandeln und Methoden wie den Williams-Test anzuwenden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfraten dies bestätigen. Der Dunnett’s-Test eignet sich für den Fall, dass die Monotonie nicht anhält. Als große Probe gilt hier eine Probe, bei der die Anzahl der geschlüpften Mücken und die Anzahl der nicht geschlüpften Mücken jeweils mehr als fünf pro Replikat(gefäß) beträgt.
49.
Für die Anwendung von ANOVA-Methoden sollten die ER-Werte zunächst einer arcsin-Wurzel-Transformation oder Freeman-Tukey-Transformation unterzogen werden, um annähernd normal verteilte Daten und Homogenität der Varianzen zu erreichen. Bei der Verwendung von absoluten Frequenzen können auch der Cochran-Armitage-, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test angewendet werden. Bei der arcsin-Wurzel-Transformation wird die Umkehrfunktion des Sinus (sin–1) der Wurzel von ER berechnet.
50.
Für Schlupfraten werden die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse (oder z. B. mit der Probit- (22), Logit-, Weibull-Methode, geeigneter kommerzieller Software usw.) berechnet. Versagt die Regressionsanalyse (z. B. bei weniger als zwei Teilantworten), so werden andere nicht-parametrische Methoden wie die Berechnung des gleitenden Durchschnitts oder eine einfache Interpolation angewendet.

Entwicklungsrate

51.
Die mittlere Entwicklungszeit repräsentiert die mittlere Zeitspanne zwischen dem Einsetzen der Larven (Tag 0 des Versuchs) und dem Schlupf der in die Prüfgefäße eingesetzten Mückenkohorten. (Für die Berechnung der reellen Entwicklungszeit ist das Alter der Larven beim Einsetzen in die Prüfgefäße zu berücksichtigen). Die Entwicklungsrate ist der Reziprokwert der Entwicklungszeit (Einheit: 1/Tag) und repräsentiert den Teil der Larven, die sich pro Tag entwickeln. Für die Bewertung der Sedimenttoxizität ist die Entwicklungsrate zu bevorzugen, da sie im Vergleich zur Entwicklungszeit eine geringere Varianz aufweist und ihre Werte homogener sind und näher an der Normalverteilung liegen. Aus diesem Grund eignen sich parametrische Verfahren mit großer Teststärke eher für die Entwicklungsrate als für die Entwicklungszeit. Wird die Entwicklungsrate als kontinuierliche Antwort behandelt, so können die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse geschätzt werden (z. B. (23), (24)).
52.
Für folgende statistische Tests gilt die Anzahl der am Kontrolltag × beobachteten Mücken als die Anzahl der Mücken, die in der Mitte des Zeitintervalls zwischen dem Tag x und dem Tag x - l geschlüpft sind (l = Länge des Kontrollintervalls, gewöhnlich 1 Tag). Die mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß berechnet sich folgendermaßen:

Dabei sind:

():mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß
i:Index des Kontrollintervalls
m:maximale Anzahl der Kontrollintervalle
:Anzahl der Mücken, die im Kontrollintervall i geschlüpft sind
ne:Gesamtzahl der geschlüpften Mücken bei Versuchsende (=)
xi:Entwicklungsrate der geschlüpften Mücken im Intervall i

Dabei sind:

Tagi:Kontrolltag (Tage seit der Applikation)
li:Länge des Kontrollintervalls i (Tage, in der Regel 1 Tag)

Prüfbericht

53.
Der Prüfbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:

Prüfsubstanz:

physikalischer Zustand und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Verteilungskoeffizient im Boden (oder — falls verfügbar — im Sediment), Stabilität im Wasser usw.);
chemische Kenndaten (Common name, chemische Bezeichnung, Strukturformel, CAS-Nummer usw.) einschließlich Reinheitsgrad und Analyseverfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz.

Testspezies:

eingesetzte Testtiere: Art, wissenschaftlicher Name, Bezugsquelle der Testorganismen und Zuchtbedingungen;
Informationen über die Handhabung der Eigelege und Larven;
Alter der Tiere beim Einsetzen in die Prüfgefäße.

Prüfbedingungen:

verwendetes Sediment, d. h. natürliches oder formuliertes Sediment;
für natürliches Sediment: Ort und Beschreibung der Probenahmestelle(n) für das Sediment, möglichst einschließlich etwaiger früherer Kontaminationen; Merkmale: pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, C/N-Verhältnis und gegebenenfalls Granulometrie;
Zubereitung des formulierten Sediments: Zutaten und Merkmale (Gehalt an organischem Kohlenstoff, pH-Wert, Feuchte usw. zu Versuchsbeginn);
Zubereitung des Prüfwassers (falls rekonstituiertes Wasser verwendet wird) und Merkmale des Wassers (Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Leitfähigkeit, Härte usw. zum Testbeginn);
Höhe des Sediments und des Überstandswassers;
Volumen des Überstandswassers und des Porenwassers; Gewicht des feuchten Sediments mit und ohne Porenwassers;
Prüfgefäße (Material und Größe);
Methode für die Zubereitung der Stammlösungen und Prüfkonzentrationen;
Applikation der Prüfsubstanz: verwendete Prüfkonzentrationen, Anzahl der Replikate und gegebenenfalls Verwendung von Lösungsmitteln;
Inkubationsbedingungen: Temperatur, Lichtzyklus und Beleuchtungsstärke, Belüftung (Häufigkeit und Intensität);
genaue Angaben zur Fütterung, einschließlich Art des Futters, Präparation des Futters, Futtermenge und Fütterungsregime.

Ergebnisse:

die nominellen Prüfkonzentrationen, die gemessenen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse sämtlicher Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz im Prüfgefäß;
Qualität des Wassers in den Prüfgefäßen, d. h. pH-Wert, Temperatur, Gehalt an gelöstem Kohlenstoff, Härte und Ammonium;
gegebenenfalls Ausgleich von Verdunstungsverlusten;
Anzahl der geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken pro Gefäß und pro Tag;
Anzahl der Larven pro Gefäß, die sich nicht zu Mücken entwickelt haben;
mittleres Trockengewicht der einzelnen Larven pro Gefäß und gegebenenfalls pro Larvenstadium;
prozentuale Emergenzrate pro Replikat und Testkonzentration (männliche und weibliche Mücken gepoolt);
mittlere Entwicklungsrate von voll entwickelten Mücken pro Replikat und Behandlungsrate (männliche und weibliche Mücken gepoolt);
Schätzung der toxischen Endpunkte, z. B. ECx (und dazugehörige Konfidenzintervalle), NOEC- und/oder LOEC-Werte und die zu ihrer Bestimmung verwendeten statistischen Methoden;
Diskussion der Ergebnisse, einschließlich der Auswirkungen etwaiger Abweichungen von dieser Prüfmethode auf die Prüfergebnisse.

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14.
Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer,
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Anlage 1

DEFINITIONEN

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

Formuliertes Sediment oder rekonstitutiertes, künstliches oder synthetisches Sediment: ein Gemisch aus Stoffen, mit denen die physikalischen Bestandteile eines natürlichen Sediments nachgeahmt werden sollen.

Überstandswasser: das auf das Sediment im Prüfgefäß aufgebrachte Wasser.

Interstitialwasser oder Porenwasser: das Wasser in den Zwischenräumen zwischen Sediment- und Bodenpartikeln.

Gespiktes Wasser: Wasser, dem Prüfsubstanz hinzugefügt wurde.

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Empfehlungen für die Anzucht von Chironomus riparius

1.
Für die Anzucht von Chironomus-Larven können Kristallisierschalen oder größere Behälter verwendet werden. Auf dem Boden des Behälters wird eine 5 bis 10 mm dicke Schicht feiner Quarzsand aufgetragen. Kieselguhr (z. B. Merck, Art 8117) hat sich ebenfalls als Substrat bewährt (eine dünnere Schicht von nur ein paar Millimetern ist ausreichend). Anschließend wird mit geeignetem Wasser auf mehrere Zentimeter Höhe aufgefüllt. Soweit erforderlich ist bei Verdunstungsverlusten Wasser nachzufüllen, um ein Austrocknen zu verhindern. Nötigenfalls kann das Wasser ausgetauscht werden. Leicht belüften. Die Larvenzuchtgefäße sind in geeignete Käfige zu setzen, um zu verhindern, dass die schlüpfenden Imagines entweichen. Der Käfig muss groß genug sein (Mindestgröße ca. 30 x 30 x 30 cm), damit die geschlüpften Imagines schwärmen können, da es andernfalls nicht zur Paarung kommt.
2.
Die Käfige sind bei Raumtemperatur oder in einer Klimakammer bei 20 ± 2 °C und einer Licht-/Dunkelphase von 16:8 Std. (Lichtintensität ca. 1 000 lux) zu halten. Eine relative Luftfeuchte von weniger als 60 % soll offensichtlich die Vermehrung verhindern.

Verdünnungswasser

3.
Es kann jedes natürliche oder synthetische Wasser verwendet werden. Im Allgemeinen wird Brunnenwasser, entchlortes Leitungswasser und künstliches Medium (z. B. Elendt-Medium „M4“ oder „M7“, siehe unten) verwendet. Das Wasser muss vor Verwendung belüftet werden. Soweit erforderlich kann das Anzuchtwasser durch vorsichtiges Abgießen oder Absaugen des gebrauchten Wassers aus den Prüfgefäßen erneuert werden; dabei ist darauf zu achten, dass die Wohnröhren der Larven nicht zerstört werden.

Fütterung der Larven

4.
Chironomus-Larven sollten mit ca. 250 mg Fischfutterflocken (TetraMin®, TetraPhyll® oder einer anderen entsprechenden Fischfuttermarke) pro Gefäß und Tag gefüttert werden. Hierzu kann trockengemahlenes Pulver oder eine Suspension in Wasser (1,0 g Futterflocken mit 20 ml Verdünnungswasser zu einer homogenen Masse gemischt) verwendet werden. Diese Zubereitung kann in Portionen von 5 ml pro Gefäß und pro Tag verfüttert werden (vor Gebrauch schütteln). Ältere Larven können etwas mehr Futter erhalten.
5.
Das Futter ist an die Wasserqualität anzupassen. Bei Trübung des Kulturmediums ist die Futterration zu reduzieren. Die Futterzugaben sind sorgfältig zu notieren. Zu wenig Futter kann dazu führen, dass die Larven in die Wassersäule abwandern, während zu viel Futter die mikrobielle Aktivität verstärkt und die Sauerstoffkonzentrationen verringert. In beiden Fällen kann es zu einer Verlangsamung des Wachstums der Organismen kommen.
6.
Wenn neue Kulturgefäße angesetzt werden, können auch einige Grünalgenzellen (z. B. Scenedesmus subspicatus, Chlorella vulgaris) hinzugefügt werden.

Fütterung der geschlüpften Imagines

7.
Einige Experimentatoren empfehlen, als Futter für die geschlüpften Imagines ein mit gesättigter Zuckerlösung getränktes Wattepad zu verwenden.

Emergenz

8.
Nach ca. 13 bis 15 Tagen bei einer Temperatur von 20 ± 2 °C beginnen die Imagines in den Larvenzuchtgefäßen zu schlüpfen. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.

Eiergelege

9.
Sobald sich Imagines in den Zuchtkäfigen befinden, sind alle Larvenzuchtgefäße dreimal wöchentlich auf gallertartige Eigelege zu kontrollieren. Diese sind vorsichtig zu entfernen und in eine kleine Schale mit einer Probe Anzuchtwasser umzusetzen. Mit den Eigelegen werden neue Kulturen angesetzt (z. B. 2 bis 4 Eigelege pro Gefäß) oder Toxizitätstests durchgeführt.
10.
Nach 2 bis 3 Tagen sollten L1-Larven schlüpfen.

Ansetzen neuer Kulturen

11.
Sobald die Zucht etabliert ist, sollte es möglich sein, je nach Prüfungsanforderungen wöchentlich oder weniger häufig frische Kulturen anzusetzen und die älteren Prüfgefäße nach dem Schlüpfen der Imagines zu entfernen. Auf diese Weise ist es möglich, mit nur geringem Aufwand ständig über Imagines zu verfügen.

Zubereitung der Prüflösungen M4 und M7

12.
Das Medium M4 wurde von Elendt (1990) beschrieben. Das Medium M7 wird wie das Medium M4 zubereitet, mit Ausnahme der in Tabelle 1 angegebenen Substanzen, deren Konzentration bei M7 viermal niedriger ist als bei M4. Eine Veröffentlichung zum Medium M7 wird derzeit ausgearbeitet (Elendt, persönliche Mitteilung). Die Prüflösungen nicht nach den Anweisungen von Elendt und Bias (1990) zubereiten, da die für die Zubereitung der Stammlösungen angegebenen Konzentrationen von NaSiO3 5 H2O, NaNO3, KH2PO4 und K2HPO4 nicht geeignet sind.

Herstellung des M7-Mediums

13.
Zunächst wird jede Stammlösung (I) einzeln zubereitet; diese Stammlösungen werden anschließend zu einer kombinierten Stammlösung (II) zusammengegossen (I) (siehe Tabelle 1). 50 ml der kombinierten Stammlösung (II) und die in Tabelle 2 angegebenen jeweiligen Mengen der Makronährstoffe werden zur Herstellung des M7-Mediums mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt. Durch Zugabe von drei Vitaminen gemäß Tabelle 3 zu entionisiertem Wasser wird eine kombinierte Vitamin-Stammlösung hergestellt, von der 0,1 ml vor der Verwendung dem fertigen M7-Medium zugesetzt werden. (Die Vitaminstammlösung wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt). Das Medium wird belüftet und stabilisiert.



Tabelle 1

Stammlösungen der Spurenelemente für das M4- und das M7-Medium

Stammlösungen (I)Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wirdZur Herstellung der kombinierten Stammlösung (II): Folgende Mengen (ml) der Stammlösungen (I) mischen und mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter auffüllenEndkonzentrationen der Prüflösungen (mg/l)
M4M7M4M7
H3BO3 (1)57 190 1,0 0,25 2,86 0,715
MnCl2 • 4 H2O (1)7 210 1,0 0,25 0,361 0,090
LiCl (1)6 120 1,0 0,25 0,306 0,077
RbCl (1)1 420 1,0 0,25 0,071 0,018
SrCl2 • 6 H2O (1)3 040 1,0 0,25 0,152 0,038
NaBr (1)320 1,0 0,25 0,016 0,004
Na2MoO4 • 2 H2O (1)1 260 1,0 0,25 0,063 0,016
CuCl2 • 2 H2O (1)335 1,0 0,25 0,017 0,004
ZnCl2260 1,0 1,0 0,013 0,013
CaCl2 • 6 H2O200 1,0 1,0 0,010 0,010
KI65 1,0 1,0 0,0033 0,0033
Na2SeO343,8 1,0 1,0 0,0022 0,0022
NH4VO311,5 1,0 1,0 0,00058 0,00058
Na2EDTA • 2 H2O (1) (2)5 000 20,0 5,0 2,5 0,625
FeSO4 • 7 H2O (1) (2)1 991 20,0 5,0 1,0 0,249

(1)   Diese Stoffe sind in M4 und M7 unterschiedlich dosiert (siehe oben).

(2)   Diese Lösungen werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort autoklaviert.



Tabelle 2

Makronährstoff-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des m7-Mediums zugesetzte Menge an Makronährstoff-Stammlösungen

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

CaCl2 • 2 H2O293 800 1,0 293,8
MgSO4 • 7 H2O246 600 0,5 123,3
KCl58 000 0,1 5,8
NaHCO364 800 1,0 64,8
NaSiO3 • 9 H2O50 000 0,2 10,0
NaNO32 740 0,1 0,274
KH2PO41 430 0,1 0,143
K2HPO41 840 0,1 0,184



Tabelle 3

Vitamin-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Vitamin-Stammlösung

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

Thiaminhydrochlorid750 0,1 0,075
Cyanocobalamin (B12)10 0,1 0,0010
Biotin7,5 0,1 0,00075

LITERATUR

BBA (1995): Long-term toxicity test with Chironomus riparius: Development and validation of a new test system. Herausgegeben von M. Streloke und H.Köpp. Berlin 1995.

Elendt B.P. (1990): Selenium Deficiency in Crustacean. Protoplasma 154: 25-33.

Elendt B.P. and Bias W.-R. (1990): Trace Nutrient Deficiency in Daphnia magna Cultured in Standard Medium for Toxicity Testing. Effects on the Optimization of Culture Conditions on Life History Parameters of D. magna. Water Research 24 (9): 1157-1167.

Anlage 3

ZUBEREITUNG DES FORMULIERTEN SEDIMENTS

Zusammensetzung des Sediments

Das formulierte Sediment sollte die folgende Zusammensetzung haben:



BestandteilCharakterisierung

% des Trockengewichts

des Sediments

TorfSphagnum-Torf, so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0, ohne sichtbare Pflanzenreste, fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und luftgetrocknet4-5
QuarzsandKorngröße: > 50 % der Partikel sollten Größen zwischen 50 und 200 μm aufweisen75-76
Kaolin-TonKaolinit-Gehalt ≥ 30 %20
Organischer KohlenstoffEingestellt durch Zugabe von Torf und Sand2 (± 0,5)
CalciumcarbonatCaCO3, pulverisiert, chemisch rein0,05 - 0,1
WasserLeitfähigkeit ≤ 10 μS/cm30 - 50

Zubereitung

Der Torf wird luftgetrocknet und zu feinem Pulver zermahlen. Die erforderliche Menge an Torfpulver wird mit Hilfe eines Hochleistungshomogenisators in entionisiertem Wasser suspendiert und durch Zugabe von CaCO3 auf einen pH-Wert von 5,5 ± 0,5 eingestellt. Diese Suspension wird bei 20 ± 2 °C für mindestens zwei Tage unter sanftem Rühren konditioniert, um den pH-Wert zu stabilisieren und eine Etablierung der mikrobiellen Fauna zu ermöglichen. Der pH-Wert wird erneut bestimmt und sollte bei 6,0 ± 0,5 liegen. Nun werden die übrigen Komponenten (Sand und Kaolin-Ton) sowie entionisiertes Wasser zur Torf-Wasser-Suspension hinzugegeben und zu einem homogenen Sediment vermischt, dessen Wassergehalt 30 bis 50 % des Trockengewichts des Sediments betragen sollte. Der pH-Wert der fertigen Mischung wird erneut gemessen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,5 bis 7,5 eingestellt. Sedimentproben nehmen, um das Trockengewicht und den Gehalt an organischem Kohlenstoff zu bestimmen. Es wird empfohlen, das formulierte Sediment vor dem Einsatz in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren.

Lagerung

Die trockenen Bestandteile für die Zubereitung des künstlichen Sediments können an einem trockenen und kühlen Ort bei Raumtemperatur gelagert werden. Das formulierte (feuchte) Sediment darf vor seiner Verwendung im Prüfversuch nicht gelagert werden. Es ist unmittelbar nach Ablauf der siebentägigen Konditionierung, mit der die Zubereitung abschließt, zu verwenden.

LITERATUR:

Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer.

Meller M., Egeler P., Rombke J., Schallnass H., Nagel R., Streit B. (1998): Short-term Toxicity of Lindane, Hexachlorobenzene and Copper Sulfate on Tubificid Sludgeworms (Oligochaeta) in Artificial MEDIA. Ecotox. and Environ. Safety 39: 10-20.

Anlage 4



Chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers

SubstanzKonzentration
Partikel< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen< 2 mg/l
Nichtionisiertes Ammonium< 1 μg/l
Härte in CaCO3< 400 mg/l (1)
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l
(*1)   Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit ist in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden).

Anlage 5

Empfehlungen für die Beobachtung des Schlüpfens der Chironomidenlarven

Die Bechergläser werden ab dem 20. Tag bis zum Versuchsende mit Emergenzfallen abgedeckt. Nachstehend ist ein Beispiel für eine derartige Falle abgebildet:

A:Nylongaze
B:umgedrehte Plastikschalen
C:Becherglas ohne Ausguss
D:abgedeckte Öffnungen für den Wasseraustausch
E:Wasser
F:Sediment

C.29   LEICHTE BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — BESTIMMUNG VON CO2 IN GESCHLOSSENEN FLASCHEN (HEADSPACE-TEST)

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 310 (2006). Sie beschreibt ein Screening-Verfahren zur Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit von chemischen Substanzen und liefert ähnliche Informationen wie die sechs Prüfmethoden (A bis F), die in Kapitel C.4 dieses Anhangs beschrieben sind. Daher kann eine chemische Substanz, die im Rahmen dieser Prüfmethode positive Ergebnisse zeigt, als leicht biologisch abbaubar und somit auch als unter Umweltbedingungen rasch zersetzbar angesehen werden.
2.
Die anerkannte Methode zur Bestimmung der CO2-Entwicklung (1), die auf dem ursprünglichen Sturm-Test (2) zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von organischen Substanzen durch Erfassung des durch die mikrobielle Aktivität erzeugten Kohlendioxids basiert, ist in der Regel die erste Wahl für die Prüfung von im Wasser schwer löslichen Substanzen sowie von stark adsorbierenden Substanzen. Sie wird auch für lösliche (aber nicht flüchtige) Substanzen herangezogen, da die Kohlenstoffentwicklung von vielen als der einzige eindeutige Beweis für mikrobielle Aktivität angesehen wird. Eine Abnahme des gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC) kann durch physikalisch-chemische Prozesse (Adsorption, Verflüchtigung, Ausfällung, Hydrolyse) sowie durch mikrobielle Aktivität und zahlreiche nichtbiologische Reaktionen, die Sauerstoff verbrauchen, erreicht werden. Es ist selten, dass CO2 auf abiotische Weise aus organischen Substanzen entsteht. Beim ursprünglichen und modifizierten Sturm-Test (1)(2) wird CO2 aus der Flüssigphase entfernt und durch Sparging (d. h. Durchblasen von behandelter Luft durch das flüssige Medium zur Entfernung des CO2) in die Adsorptionsgefäße geleitet, während bei der Version von Larson (3)(4) das CO2 aus dem Reaktionsgefäß in die Adsorptionsgefäße übergeleitet wird, indem CO2-freie Luft durch den Luftraum (Headspace) geblasen und dabei das Prüfgefäß kontinuierlich geschüttelt wird. Nur in der geänderten Version von Larson wird das Reaktionsgefäß geschüttelt; dagegen wird Rühren in der ISO-Norm 9439 (5) und in der ursprünglichen amerikanischen Version (6) ausschließlich für unlösliche Substanzen vorgeschrieben, wobei beide Versionen Sparging anstelle des Headspace-Austausches vorsehen. In einer anderen offiziellen amerikanischen EPA-Methode (7), die auf der Gledhill-Methode (8) basiert, wird das Reaktionsgefäß geschüttelt und atmosphärisch verschlossen. Das gebildete CO2 wird direkt aus der Gasphase in einem Alkali-Abscheider aufgefangen, wie bei den klassischen Warburg/Barcroft-Respirometer-Kolben.
3.
Es hat sich jedoch bei der Anwendung des modifizierten Standard-Sturm-Tests auf eine Reihe von chemischen Substanzen gezeigt, dass anorganischer Kohlenstoff (IC) sich im Medium akkumuliert (9). Der Abbau von 20 mg C/l Anilin ergab eine IC-Konzentration von 8 mg/l. Dies bedeutet, dass die Ansammlung von CO2 im Alkali-Abscheider kein wahrheitsgetreues Bild der CO2-Menge liefert, die zwischenzeitlich während des Abbaus auf mikrobielle Weise erzeugt wird. Folglich wird die Auflage, wonach für die Einstufung einer Prüfsubstanz als „biologisch leicht abbaubar“ > 60 % der theoretisch maximalen Menge an CO2 (ThCO2) innerhalb eines „10-Tage-Fensters“ (der 10-Tage-Abschnitt, der unmittelbar auf das Erreichen von 10 % Abbau folgt) erreicht sein muss, für einige Substanzen nicht erreicht, die bei Zugrundelegung der DOC-Abnahme in dieser Kategorie eingestuft worden wären.
4.
Ist der Abbaugrad niedriger als erwartet, so hat möglicherweise eine Akkumulation des IC in der Prüflösung stattgefunden. In diesem Fall kann die biologische Abbaubarkeit nach anderen Verfahren zur Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit bewertet werden.
5.
Andere Nachteile der Sturm-Methode (umständlich, zeitaufwändig, anfälliger für Versuchsfehler und nicht geeignet für flüchtige Substanzen) waren früher bereits der Anlass dafür, anstelle des Gasdurchflusssystems nach einer anderen Technik mit geschlossenen Gefäßen als der von Gledhill zu suchen (10)(11). Boatman et al (12) haben frühere Methoden überprüft und sich für ein System mit geschlossenem Luftraum entschieden, bei dem CO2 am Ende der Inkubation durch Ansäuerung des Mediums in den Headspace freigesetzt wird. Das CO2 wurde mittels Gaschromatografie (GC)/IC-Analyse in automatisch aus dem Headspace entnommenen Proben gemessen, wobei der gelöste anorganische Kohlenstoff (DIC) in der Flüssigphase jedoch nicht berücksichtigt wurde. Auch waren die verwendeten Gefäße sehr klein (20 ml) und fassten nicht mehr als 10 ml des Mediums, was sich als problematisch erwies, z. B. wenn zwangsläufig nur sehr kleine Mengen unlöslicher Prüfsubstanz hinzugefügt wurden. Auch kann es sein, dass das inokulierte Medium nicht genügend oder keine Mikroorganismen enthält, durch die die Prüfsubstanzen abgebaut werden konnten.
6.
Diese Probleme wurden durch die unabhängigen Studien von Struijs und Stoltenkamp (13) und von Birch und Fletcher (14) überwunden, wobei letztere sich von ihren Erfahrungen mit den in Prüfmethoden für die anaerobe biologische Abbaubarkeit verwendeten Geräten hatten inspirieren lassen (15). Bei der erstgenannten Methode (13) wird das CO2 im Headspace nach Ansäuerung und Herstellung eines Gleichgewichtszustands bestimmt, während bei letztgenannter Methode (14) der DIC sowohl in der Gasphase als auch in der Flüssigphase ohne Behandlung bestimmt wird; über 90 % des gebildeten IC befanden sich in der Flüssigphase. Gegenüber dem Sturm-Test hatten beide Methoden den Vorteil, dass das Prüfsystem kompakter und leichter zu handhaben war, flüchtige Substanzen getestet werden können und dem Risiko einer Verzögerung bei der Bestimmung des gebildeten CO2 zuvorgekommen wird.
7.
Diese beiden Konzepte wurden in der ISO-Norm für den CO2-Headspace-Test (16) miteinander kombiniert, die einem Ringtest unterzogen wurde (17) und die Grundlage für die vorliegende Prüfmethode bildet. Die beiden Konzepte wurden auch in der amerikanischen EPA-Methode (18) angewendet. Es wurden zwei Methoden für die CO2-Bestimmung empfohlen: Bestimmung des CO2 im Headspace nach Ansäuerung (13) und Bestimmung des IC in der Flüssigphase nach Zugabe von überschüssigem Alkali. Letztere Methode wurde von Peterson während des CONCAWE-Ringtests (19) dieser modifizierten Headspace-Methode eingeführt, um die inhärente biologische Abbaubarkeit zu bestimmen. Die Änderungen, die im Rahmen der Revision 1992 (20) der in Kapitel C.4 dieses Anhangs beschriebenen Prüfmethoden für die „leichte“ biologische Abbaubarkeit vorgenommen wurden, sind in die vorliegende Prüfmethode einbezogen worden, so dass die Bedingungen (Medium, Dauer usw.) im Übrigen die gleichen sind wie bei dem überarbeiteten Sturm-Test (20). Birch und Fletcher (14) haben nachgewiesen, dass die mit dieser Headspace-Prüfmethode erzielten Ergebnisse den im OECD-Ringtest (21) der überarbeiteten Prüfmethoden mit denselben Chemikalien erzielten Ergebnisse sehr ähnlich sind.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

8.
Die Prüfsubstanz (in der Regel 20 mg/l Kohlenstoff) wird als einzige Kohlenstoff- und Energiequelle zu einem Mineralsalz-Puffermedium gegeben, das mit einer Mischpopulation von Mikroorganismen beimpft wurde. Der Versuch wird in geschlossenen Gefäßen mit einem Luftraum (Headspace) durchgeführt, der als Sauerstoffreservoir für den aeroben Abbau dient. Die aus dem vollständigen aeroben biologischen Abbau der Prüfsubstanz resultierende CO2-Entwicklung wird bestimmt, indem der in den Prüfflaschen gebildete überschüssige IC mit dem in den Blindwertgefäßen, die nur das Inokulum enthalten, verglichen wird. Der Abbaugrad wird als Prozentwert der theoretischen maximalen Menge an anorganischem Kohlenstoff (ThIC) ausgedrückt, die wiederum aus der ursprünglich zugegebenen Menge an Prüfsubstanz (als organischer Kohlenstoff) berechnet wird.
9.
Die DOC-Abnahme und/oder der Primärabbau der Prüfsubstanz können ebenfalls bestimmt werden (20).

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

10.
Der Gehalt an organischem Kohlenstoff (Massenanteil) der Prüfsubstanz muss bekannt sein, sei es aufgrund ihrer chemischen Struktur oder durch Messung, damit der prozentuale Abbau berechnet werden kann. Bei flüchtigen Prüfsubstanzen ist eine gemessene oder berechnete Henry-Konstante für die Bestimmung eines angemessenen Verhältnisses von Headspace zu Flüssigkeit hilfreich. Angaben über die Toxizität der Prüfsubstanz gegenüber Mikroorganismen sind wichtig für die Auswahl einer geeigneten Prüfkonzentration und die Auslegung der Ergebnisse bei geringem Abbau: Es wird empfohlen, eine Hemmkontrolle vorzusehen, außer wenn bekannt ist, dass die Prüfsubstanz mikrobielle Aktivitäten nicht hemmt (siehe Nummer 24).

ANWENDUNGSBEREICH DER METHODE

11.
Diese Methode ist auf wasserlösliche und wasserunlösliche Substanzen anwendbar, allerdings ist für eine gute Dispersion der Prüfsubstanz zu sorgen. Bei Anwendung des empfohlenen Verhältnisses von Headspace zu Flüssigkeit von 1:2 können flüchtige Substanzen mit einer Henry-Konstante von bis zu 50 Pa.m3.mol–1 getestet werden, da der Anteil der Prüfsubstanz im Headspace höchstens 1 % beträgt (13). Ein kleineres Headspace-Volumen kann für die Testung von Prüfsubstanzen mit höherer Flüchtigkeit verwendet werden, allerdings kann ihre Bioverfügbarkeit begrenzt sein, insbesondere wenn es sich um in Wasser schwer lösliche Substanzen handelt. Es ist jedoch sicherzustellen, dass das Verhältnis von Headspace zu Flüssigkeit und die Konzentration der Prüfsubstanz so bemessen sind, dass ein ausreichendes Volumen an Sauerstoff vorhanden ist, um einen vollständigen aeroben biologischen Abbau zu ermöglichen (Eine hohe Konzentration an Prüfsubstanz und ein kleines Headspace-Volumen sollten z. B. vermieden werden). Leitlinien hierzu sind in (13)(23) zu finden.

REFERENZSUBSTANZEN

12.
Zur Kontrolle des Prüfverfahrens sollte parallel eine Referenzsubstanz getestet werden, deren biologische Abbaubarkeit bekannt ist. Zu diesem Zweck können Anilin, Natriumbenzoat oder Ethylenglykol bei der Testung von wasserlöslichen Substanzen und Octan-1-ol für schwer lösliche Prüfsubstanzen verwendet werden (13). Der biologische Abbau dieser Substanzen muss nach 14 Tagen > 60 % des ThIC erreichen.

REPRODUZIERBARKEIT

13.
Der ISO-Ringtest der Prüfmethode (17), der unter den empfohlenen Bedingungen, einschließlich einer Prüfkonzentration von 20 mg/l Kohlenstoff, durchgeführt wurde, brachte folgende Ergebnisse:



Prüfsubstanz

Mittelwert des prozentualen biologischen Abbaus

(28d)

Variationskoeffizient

(%)

Anzahl der Laboratorien
Anilin90 16 17
Octan-1-ol85 12 14

Bei der Verwendung von Anilin war die Variabilität innerhalb desselben Tests (Reproduzierbarkeit) mit einem Variationskoeffizienten von maximal 5 % bei nahezu allen Testdurchläufen niedrig. In den beiden Fällen, in denen die Reproduzierbarkeit schlechter war, war die größere Variabilität wahrscheinlich der hohen IC-Produktion in den Blindwertansätzen zuzuschreiben. Bei Octan-1-ol war die Reproduzierbarkeit schlechter, wobei die Variabilität jedoch in 79 % der Testdurchläufe weniger als 10 % betrug. Diese größere Variabilität innerhalb desselben Tests könnte auf Dosierfehlern beruhen, da ein kleines Volumen (3 bis 4 μl) Ocant-1-ol in die geschlossenen Prüfflaschen injiziert werden musste. Geringere Prüfsubstanzkonzentrationen würden höhere Variationskoeffizienten ergeben, insbesondere Konzentrationen von weniger als 10 mg/l Kohlenstoff. Dieses Problem lässt sich zum Teil dadurch beheben, dass die Konzentration des gesamten anorganischen Kohlenstoffs (TIC) im Inokulum reduziert wird.

14.
In einem EU-Ringtest (24) von fünf Tensiden in einer Konzentration von 10 mg/l Kohlenstoff wurden folgende Ergebnisse erzielt:



Prüfsubstanz

Mittelwert des prozentualen biologischen Abbaus

(28d)

Variationskoeffizient

(%)

Anzahl der Laboratorien

Tetrapropylen

benzolsulfonat

17 45 10

Di-iso-Octylsulfosuccinat

(anionisch)

72 22 9

Hexadecyl-trimethyl (1)- ammoniumchlorid

(kationisch)

75 13 10

Iso-Nonylphenol-(Ethoxylat)9

(nichtionisch)

41 32 10

Cocoamidopropyl-

Dimethylhydroxy-

Sulfobetain

(amphoter)

60 23 11
(*1)   SiO2 wurde zur Neutralisierung der Toxizität hinzugefügt.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Variabilität in der Regel bei den weniger gut abgebauten Tensiden höher war. Die Variabilität innerhalb desselben Tests betrug in über 90 % der Fälle weniger als 15 % und lag maximal bei 30 bis 40 %.

Anmerkung: Die meisten Tenside bestehen nicht nur aus einer Molekülart, sondern sind Mischungen aus Isomeren, Homologen usw., die nach verschiedenen lag-Phasen und mit unterschiedlicher kinetischer Geschwindigkeit abbauen. Dies führt zu „verwischten“, abgeschwächten Kurven, so dass der Grenzwert von 60 % möglicherweise nicht innerhalb des „10-Tage-Fensters“ erreicht wird, selbst wenn jede einzelne Molekülart gesondert getestet den Wert von > 60 % innerhalb von 10 Tagen erreichen würde. Dies ist auch bei anderen komplexen Mischungen zu beobachten.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Geräte

15.
Übliche Laborausrüstung und folgende Geräte:
a)
Glasserumflaschen, mit Butylgummisepten und Aluminiumkrampen verschließbar. Empfohlen wird eine Größe von 125 ml bei einem Flaschenvolumen von ca. 160 ml (In diesem Fall muss das Volumen der einzelnen Flaschen 160 ± 1 ml betragen). Kleinere Gefäße können verwendet werden, wenn die Ergebnisse den Bedingungen unter den Nummern 66 und 67 entsprechen;
b)
Kohlenstoffanalysator oder sonstiges Gerät zur Bestimmung des anorganischen Kohlenstoffs (z. B. Gaschromatograph);
c)
Präzisionsspritzen für Gas- und Flüssigproben;
d)
Orbitalschüttler in temperaturkontrollierter Umgebung;
e)
Vorrichtung für die Zufuhr von CO2-freier Luft — Hierzu kann Luft über Natronkalkgranulat oder durch eine Gasmischung aus 80 % N2 und 20 % 02 geleitet werden (optional) (siehe Nummer 28);
f)
Filtrationsvorrichtung mit Membranfilter (Porenweite zwischen 0,20 μm und 0,45 μm) (optional);
g)
Analysator zur Bestimmung des organischen Kohlenstoffs (optional).

Reagenzien

16.
Nur Reagenzien des Reinheitsgrades „zur Analyse“ verwenden.

Wasser

17.
Wasser, destilliert oder entionisiert, mit weniger als 1 mg/l an gesamtem organischem Kohlenstoff. Dies entspricht ≤ 5 % des durch die empfohlene Prüfsubstanzdosis bedingten ursprünglichen Gehalts an organischem Kohlenstoff.

Stammlösungen für das Mineralsalzmedium

18.
Die Stammlösungen und das Mineralsalzmedium sind mit denen der ISO-Norm 14593 (16) und der C.4-Prüfmethoden zur Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit (20) vergleichbar. Höhere Konzentrationen an Ammoniumchlorid (2,0 g/l anstelle von 0,5 g/l) sollten nur in ganz besonderen Ausnahmefällen erforderlich sein, z. B. bei einer Prüfsubstanzkonzentration von > 40 mg/l Kohlenstoff. Stammlösungen sind gekühlt zu lagern und werden nach sechs Monaten oder bei festgestellten Niederschlägen oder mikrobiellem Wachstum früher verworfen. Folgende Stammlösungen zubereiten:
a)
Kaliumdihydrogenorthophosphat (KH2PO4) 8,50 g

Dikaliummonohydrogenorthophosphat (K2HPO4) 21,75 g

Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dihydrat (Na2HPO4·2H2O) 33,40 g

Ammoniumchlorid (NH4Cl) 0,50 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen. Der pH-Wert der Lösung sollte bei 7,4 (± 0,2) liegen. Wenn dies nicht der Fall ist, eine neue Lösung herstellen.

b)
Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2·2H2O) 36,40 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen.

c)
Magnesiumsulfat-Heptahydrat (MgSO4·7H2O) 22,50 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen.

d)
Eisen(III)chlorid-Hexahydrat (FeCl3·6H20) 0,25 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen und einen Tropfen HCl-Konzentrat hinzufügen.

Zubereitung des mineralischen Mediums

19.
10 ml Lösung (a) mit 800 ml Wasser (Nummer 17) mischen, je 1 ml der Lösungen b), c) und d) hinzugeben und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen (Nummer 17).

Andere Reagenzien

20.
Konzentrierte Orthophosphorsäure (H3PO4) (> 85 % Masse pro Volumen).

Natriumhydroxid-Lösung 7M

21.
280 g Natriumhydroxid (NaOH) in 1 Liter Wasser (Nummer 17) lösen. Die Konzentration an gelöstem anorganischem Kohlenstoff (DIC) bestimmen und diesen Wert bei der Berechnung des Testergebnisses berücksichtigen (siehe Nummern 55 und 61), insbesondere im Hinblick auf das Validitätskriterium unter Nummer 66 b). Eine frische Lösung zubereiten, wenn die DIC-Konzentration zu hoch ist.

Prüfsubstanz

22.
Bei ausreichend wasserlöslichen Prüfsubstanzen eine Stammlösung in Wasser (Nummer 17) oder im Testmedium (Nummer 19) herstellen. Die Konzentration sollte möglichst 100-mal größer sein als die im Versuch verwendete endgültige Konzentration. Es kann erforderlich sein, den pH-Wert einzustellen. Ein ausreichendes Volumen der Stammlösung zum mineralischen Medium geben, um eine TOC-Konzentration zwischen 2 und 40 mg/l Kohlenstoff, vorzugsweise jedoch 20 mg/l Kohlenstoff zu erhalten. Bei geringeren Konzentrationen kann es sein, dass sich die Genauigkeit verschlechtert. Lösliche und nicht lösliche flüssige Substanzen können direkt mit Hilfe von Präzisionsspritzen in die Gefäße gegeben werden. Für schwer oder nicht lösliche Prüfsubstanzen kann eine besondere Behandlung erforderlich sein (25). Folgende Techniken stehen zur Wahl:
a)
Direkteinwaage;
b)
Ultraschalldispersion vor Zugabe der Prüfsubstanz;
c)
Dispersion mit Hilfe eines Emulgiermittels; vor Zugabe des Mittels ist festzustellen, ob es sich hemmend oder stimulierend auf die mikrobielle Aktivität auswirkt;
d)
Adsorption von flüssigen Prüfsubstanzen oder einer mit einem geeigneten Lösungsmittel hergestellten Lösung an ein inertes Medium oder inertes Trägermaterial (z. B. Glasfaserfilter) mit anschließender Verdampfung des Lösungsmittels (sofern eines verwendet wurde) und Direkteinwaage;
e)
Zugabe eines bekanntes Volumens einer Lösung der Prüfsubstanz in einem leicht flüchtigen Lösungsmittel in ein leeres Prüfgefäß mit anschließender Verdampfung des Lösungsmittels.

Bei den für die Techniken c), d) und e) verwendeten Vermittlern und Lösungsmitteln ist zu testen, ob sie sich stimulierend oder hemmend auf die mikrobielle Aktivität auswirken (siehe Nummer 42 b).)

Referenzsubstanz

23.
Eine Stammlösung der (löslichen) Referenzsubstanz in Wasser (Nummer 17) in einer Konzentration zubereiten, die möglichst 100-mal größer ist als die im Versuch zu verwendende endgültige Konzentration (20 mg/l Kohlenstoff).

Hemmkontrolle

24.
Es kommt häufig vor, dass unter den Bedingungen, die für die Beurteilung des leichten biologischen Abbaus zugrunde gelegt werden, kein signifikanter Abbau der Prüfsubstanzen festzustellen ist. Eine mögliche Ursache ist, dass sich die Prüfsubstanz in der Konzentration, in der sie im Test aufgetragen wird, hemmend auf das Inokulum auswirkt. Eine Hemmkontrolle kann in den Versuchsaufbau einbezogen werden, um (rückblickend) eine Hemmung als mögliche Ursache oder beitragenden Faktor leichter ausmachen zu können. Die Hemmkontrolle kann auch dazu dienen, derartige Interferenzen auszuschließen und nachzuweisen, dass der nicht stattgefundene oder schwache Abbau ausschließlich auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass die Mikroorganismen die Prüfsubstanz unter den Prüfbedingungen nicht angreifen. Um Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz gegenüber (aeroben) Mikroorganismen zu erhalten, eine Lösung aus Prüfsubstanz und Referenzsubstanz (Nummer 19) im Prüfmedium herstellen, dabei für beide Substanzen jeweils dieselbe Konzentration wie die im Versuch zugefügte Konzentration verwendeten (siehe Nummern 22 und 23).

Inokulum

25.
Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf (nicht chloriert), aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich (20). Die Abbauaktivität der Quelle sollte mit Hilfe einer Referenzsubstanz überprüft werden. Ungeachtet der Quelle sollten vorexponierte Mikroorganismen nicht eingesetzt werden, wenn das Verfahren als Test für leichte biologische Abbaubarkeit verwendet werden soll.

Warnung: Belebtschlamm, Abwasser und Kläranlagenablauf können pathogene Organismen enthalten und sind daher mit Vorsicht zu handhaben.

26.
Das für das Inokulum optimale Volumen ist erfahrungsgemäß das Volumen, das
ausreicht, um eine genügende Abbauaktivität zu ermöglichen;
die Referenzsubstanz zum vorgesehenen Prozentgrad abbaut (siehe Nummer 66);
zwischen 102 und 105 koloniebildende Einheiten je ml Endgemisch ergibt;
üblicherweise 4 mg/l suspendierte Stoffe aus Belebtschlamm im Endgemisch ergibt (höhere Konzentrationen bis zu 30 mg/l sind möglich, können aber zu einem deutlichen Anstieg der CO2-Produktion in den Blindwerten führen (26));
eine Menge von weniger als 10 % der ursprünglichen Konzentrationen an organischem Kohlenstoff der zugegebenen Prüfsubstanz liefert;
in der Regel 1-10 ml Inokulum für 1 Liter Testlösung beträgt.

Belebtschlamm

27.
Eine Belebtschlammprobe ist dem Belebungsbecken einer Kläranlage oder dem Belüftungsgefäß einer Laborkläranlage, die hauptsächlich kommunale Abwässer behandeln, frisch zu entnehmen. Falls erforderlich, sind grobe Partikel durch ein feinmaschiges Sieb (z. B. mit 1 mm2 Siebmaschengröße) auszusieben; danach ist der Schlamm bis zur Verwendung aerob zu halten.
28.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Schlamm nach Abtrennung grober Partikel absitzen zu lassen oder zu zentrifugieren (z. B. 10 Min. bei 1 100 g). Der Überstand wird verworfen und der Schlamm kann im mineralischen Medium gewaschen werden. Der konzentrierte Schlamm wird in einem mineralischen Medium suspendiert, um eine Konzentration von 3 bis 5 g suspendierte Feststoffe pro Liter zu erhalten. Anschließend wird bis zur Verwendung belüftet.
29.
Der Schlamm sollte von einer gut arbeitenden konventionellen Anlage genommen werden. Wenn Schlamm aus einer Abwasserkläranlage verwendet werden muss, der vermutlich Substanzen mit hemmender Wirkung enthält, ist er zu waschen. Dazu lässt man den resuspendierten Schlamm nach gründlichem Durchmischen absitzen oder zentrifugiert ihn, verwirft anschließend den Überstand und suspendiert den gewaschenen Schlamm in einem weiteren Volumen mineralischen Mediums erneut. Diese Schritte sind so lange zu wiederholen, bis der Schlamm als frei von übermäßigem Substrat oder Hemmsubstanz angesehen wird.
30.
Nach vollständiger Resuspension oder bei unbehandeltem Schlamm ist unmittelbar vor Gebrauch das Trockengewicht der suspendierten Feststoffe zu bestimmen.
31.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Homogenisierung von Belebtschlamm (3 bis 5 g suspendierte Feststoffe pro Liter). Dazu wird der Schlamm 2 Min. bei mittlerer Geschwindigkeit in einer mechanischen Mischvorrichtung durchmischt. Danach lässt man den durchmischten Schlamm 30 Min., wenn erforderlich länger, absitzen und dekantiert die als Inokulum zu verwendende Flüssigkeit im Verhältnis von 10 mg pro Liter mineralischen Mediums.
32.
Eine weitere Reduzierung der CO2-Entwicklung in den Blindwertansätzen kann erreicht werden, indem der Schlamm über Nacht mit CO2-freier Luft belüftet wird. Als Inokulumkonzentration in diesem Versuch 4 mg/l Belebtschlammfeststoffe verwenden (13).

Sekundärabwasserablauf

33.
Alternativ kann das Inokulum aus dem Sekundärablauf einer Kläranlage oder einer Laborkläranlage entnommen werden, in der vor allem kommunale Abwässer behandelt werden. Die Probe aerob halten und am Tag der Probenahme verwenden oder, falls erforderlich, eine Vorkonditionierung vornehmen. Die Ablaufprobe filtrieren, um grobe Partikel zu entfernen, und den pH-Wert messen.
34.
Zu Reduzierung des IC-Gehalts das Filtrat mit CO2-freier Luft (Nummer 15-e) 1 Std. lang belüften; dabei den pH-Wert durch Zudosieren von Orthophosphorsäure (Nummer 20) bei 6,5 halten. Danach den pH-Wert mit Natriumhydroxid (Nummer 21) wieder auf den Ausgangswert einstellen, die Probe 1 Std. absitzen lassen und ein geeignetes Volumen aus dem Überstand zur Beimpfung verwenden. Dieses Sparging-Verfahren verringert den IC-Gehalt des Inokulums. Wenn z. B. das Maximum des empfohlenen Testvolumens von 100 ml filtrierten Ablaufs je Liter als Inokulum eingesetzt wird, dann liegt die Menge des in den Prüfgefäßen für die Blindkontrolle gebildeten IC im Bereich 0,4 mg/l bis 1,3 mg/l (14), was 2 bis 6,5 % des Kohlenstoffs der Prüfsubstanz bei 20 mg C/l und 4 bis 13 % bei 10 mg C/l entspricht.

Oberflächengewässer

35.
Aus einem geeigneten Oberflächengewässer eine Probe entnehmen, die unter aeroben Bedingungen zu halten und am Tag der Probenahme zu verwenden ist. Falls erforderlich ist die Probe durch Filtration oder Zentrifugation zu konzentrieren. Das für die einzelnen Prüfgefäße zu verwendende Inokulumvolumen muss die Kriterien von Nummer 26 erfüllen.

Böden

36.
Aus einem geeigneten Boden in einer Tiefe von bis zu 20 cm unter der Oberfläche eine Probe entnehmen. Steine, pflanzliche Reste und Invertebraten sollten aus der Bodenprobe entfernt werden, bevor diese durch ein 2-mm-Sieb passiert wird (falls die Probe zu feucht ist, um unmittelbar gesiebt zu werden, kann sie zum Teil luftgetrocknet werden, um das Sieben zu erleichtern). Die Probe ist unter aeroben Bedingungen zu halten und am Tag der Probenahme zu verwenden. (Wird die Probe in einem schwarzen, locker verschlossenen Polyethylenbeutel transportiert, so kann sie bis zu einem Monat lang bei 2 bis 4 °C gelagert werden).

Vorbereitung der Inokula

37.
Die Inokula können an die Versuchsbedingungen, nicht aber an die Prüfsubstanz adaptiert werden. Durch die Vorkonditionierung lässt sich die CO2-Entwicklung im Blindwert reduzieren. Zur Vorkonditionierung wird der Belebtschlamm, nachdem er im Prüfmedium auf 30 mg/l verdünnt wurde, über eine Dauer von fünf bis sieben Tagen bei Prüftemperatur mit feuchter CO2-freier Luft belüftet.

PRÜFVERFAHREN

Anzahl der Flaschen

38.
Die Anzahl der benötigten Prüfgefäße (Nummer 15-a) hängt von der Häufigkeit der Analysen und der Testdauer ab.
39.
Es wird empfohlen, die Flaschen dreifach zu analysieren, und zwar in ausreichenden Zeitabständen, um das 10-Tage-Fenster erkennen zu können. Es werden ebenfalls mindestens fünf Prüfflaschen (Nummer 15-a) der Versuchsreihen a), b) und c) (siehe Nummer 42) am Versuchsende analysiert, um für den Mittelwert des prozentualen biologischen Abbaus Konfidenzintervalle von 95 % berechnen zu können.

Inokulum

40.
Als Inokulum wird Belebtschlamm mit einer Konzentration an trockenen Feststoffen von 4 mg/l verwendet. Unmittelbar vor Gebrauch eine ausreichende Menge Inokulum zubereiten, indem z. B. 2 ml auf geeignete Weise behandelter Belebtschlamm (Nummern 27 bis 32) in einer Konzentration von 2 000 mg/l zu 1 Liter Mineralsalzmedium (Nummer 19) hinzugegeben wird. Bei der Verwendung von Abwasser bis zu 100 ml Abwasser (Nummer 33) zu 900 ml Mineralsalzmedium (Nummer 19) hinzugeben und mit dem Medium auf 1 Liter auffüllen.

Ansatz der Flaschen

41.
Portionen des Inokulums so auf die Replikatgefäße verteilen, dass das Verhältnis von Headspace zu Flüssigkeit 1:2 beträgt (z. B. 107 ml in Flaschen mit einem Fassungsvermögen von 160 ml geben). Es kann auch ein anderes Verhältnis verwendet werden, doch ist dabei die Warnung unter Nummer 11 zu beachten. Unabhängig von der Art des verwendeten Inokulums ist darauf zu achten, dass dieses gründlich gemischt wird, um zu gewährleisten, dass es gleichmäßig auf die Prüfflaschen verteilt ist.
42.
Die Flaschenreihen (Nummer 15a) werden wie folgt vorbereitet:
a)
Prüfgefäße (FT bezeichnet) mit der Prüfsubstanz;
b)
Prüfgefäße (FB bezeichnet) für den Blindwert, nur mit Prüfmedium und Inokulum; alle für die Applikation der Prüfsubstanz in die Prüfgefäße verwendeten Chemikalien, Lösungsmittel, Vermittler oder Glasfaserfilter sind ebenfalls hinzuzufügen;
c)
Prüfgefäße (FC bezeichnet) mit der Referenzsubstanz zur Kontrolle des Verfahrens;
d)
falls erforderlich, Prüfgefäße (FI bezeichnet) zur Prüfung einer möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz; die Gefäße enthalten die Prüfsubstanz und die Referenzsubstanz in jeweils derselben Konzentration (Nummer 24) wie die Flaschen FT bzw. FC;
e)
Prüfgefäße (FS bezeichnet) zur Prüfung eines möglichen abiotischen Abbaus; wie unter a) plus 50 mg/l HgCl2 oder auf andere Weise sterilisiert (z. B. durch Autoklavieren).
43.
Wasserlösliche Prüfsubstanzen und Referenzsubstanzen werden als wässrige Lösungen (Nummern 22, 23 und 24) hinzugefügt, um eine Konzentration von 10 bis 20 mg C/l zu erhalten.
44.
Nicht wasserlösliche Prüfsubstanzen und nicht wasserlösliche Referenzsubstanzen werden je nach Art der Prüfsubstanz auf verschiedene Weise in die Flaschen gegeben (siehe Nummer 22a-e), und zwar abhängig von der Methode zur Behandlung der Prüfsubstanz entweder vor oder nach der Zugabe des Inokulums. Wird eines der unter Nummer 22a-e beschriebenen Verfahren angewendet, so sind die Flaschen FB für den Blindwert (Nummer 42b) genauso zu behandeln, nur dass sie weder die Prüfsubstanz noch die Referenzsubstanz enthalten.
45.
Flüchtige Prüfsubstanzen mit Hilfe einer Mikrospritze in die verschlossenen Gefäße (Nummer 47) injizieren. Die Dosis berechnet sich aus dem injizierten Volumen und der Dichte der Prüfsubstanz.
46.
Die Prüfgefäße erforderlichenfalls mit Wasser auffüllen, bis in allen Gefäßen dasselbe Flüssigkeitsvolumen erreicht ist. Sicherstellen, dass das Verhältnis Headspace zu Flüssigkeit (in der Regel 1:2) und die Konzentration der Prüfsubstanz so bemessen sind, dass ein ausreichendes Volumen an Sauerstoff im Headspace vorhanden ist, um einen vollständigen biologischen Abbau zu ermöglichen.
47.
Alle Gefäße dann dicht verschließen, z. B. mit Butylgummisepten und Aluminiumkrampen. Flüchtige Prüfsubstanzen sind in dieser Phase hinzuzufügen (Nummer 45). Wenn die Abnahme der DOC-Konzentration in der Prüflösung bestimmt und die ursprüngliche IC-Konzentration zum Zeitpunkt Null (sterile Kontrollen, Nummer 42e) oder sonstige Parameter bestimmt werden sollen, wird eine entsprechende Probe aus dem Prüfgefäß entnommen. Das Prüfgefäß wird dann samt Inhalt verworfen.
48.
Die verschlossenen Flaschen auf einen Orbitalschüttler stellen (Nummer 15d); dabei darauf achten, dass die Schüttelgeschwindigkeit ausreicht, um eine gute Durchmischung der Flascheninhalte zu erreichen (z. B. 150 bis 200 rpm); im Dunkeln bei 20 °C ± 1 °C inkubieren.

Probenahme

49.
Das Probenahmeschema richtet sich nach der lag-Phase und der kinetischen Geschwindigkeit des biologischen Abbaus der Prüfsubstanz. Die Flaschen werden am Tag der Probenahme für Analysen entnommen. Dies ist mindestens einmal in der Woche erforderlich, kann aber auch öfters (z. B. zweimal pro Woche) erforderlich sein, um eine vollständige Abbaukurve zu erhalten. Die benötigte Anzahl Replikatgefäße der Versuchsreihen FT, FB und FC und, falls erforderlich, FI und FS vom Laborschüttler nehmen (siehe Nummer 42). Der Test dauert üblicherweise 28 Tage. Er kann vorzeitig beendet werden, wenn die Abbaukurve zeigt, dass die Plateau-Phase vor dem 28. Tag erreicht wurde. Proben aus den für den 28 Tag des Test für Analysen bestimmten Flaschen entnehmen und die Ergebnisse zur Berechnung der Konfidenzgrenzen oder des Variationskoeffizienten des prozentualen biologischen Abbaus verwenden. Die für die Hemmkontrollen und für die Kontrolle des abiotischen Abbau bestimmten Flaschen brauchen nicht so häufig beprobt zu werden wie die anderen Flaschen; Probenahmen am 1. und am 28. Tag reichen aus.

Analyse des anorganischen Kohlenstoffs (IC)

50.
Das in den Flaschen gebildete CO2 durch Messung der Zunahme der Konzentration an anorganischem Kohlenstoff (IC) während der Inkubation bestimmen. Zur Bestimmung des während des Tests gebildeten IC werden die beiden nachstehend beschriebenen Verfahren empfohlen. Da die Verfahren geringfügig unterschiedliche Ergebnisse liefern können, darf in einem Testlauf nur eines davon verwendet werden.
51.
Methode a) wird empfohlen, falls damit zu rechnen ist, dass das Medium Reste z. B. von Galsfilterpapier und/oder nicht löslicher Prüfsubstanz enthält. Für diese Analyse kann ein Gaschromatograph verwendet werden, falls kein Kohlenstoffanalysator zur Verfügung steht. Es ist wichtig, dass die Flaschen (fast) Prüftemperatur haben, wenn das Gas im Headspace analysiert wird. Methode b) ist möglicherweise einfacher für Labors, die zur IC-Bestimmung Kohlenstoffanalysatoren verwenden. Es ist wichtig, dass die für die Umsetzung von CO2 zu Carbonat verwendete Natriumhydroxidlösung (Nummer 21) entweder frisch zubereitet wird oder ihr IC-Gehalt bekannt ist, damit dieser Wert bei der Berechnung der Testergebnisse berücksichtigt werden kann (siehe Nummer 66-b.)

Verfahren a):   Ansäuerung auf pH < 3

52.
Vor jeder Versuchsreihe wird der Kohlenstoffanalysator mit einem geeigneten Standard (z. B. 1 % w/w CO2 in N2) kalibriert. Konzentrierte Orthophosphorsäure (Nummer 20) (z. B. 1 ml je 107 ml Prüfmedium hinzufügen) wird durch das Septum jedes Prüfgefäßes injiziert, um den pH-Wert des Mediums auf < 3 zu senken. Die Flaschen zurück auf den Laborschüttler stellen. Nach 1 Std. Schütteln bei Prüftemperatur die Flaschen wieder vom Laborschüttler herunternehmen, Gasportionen (z. B. 1 ml) aus dem Headspace der einzelnen Flaschen entnehmen und in den IC-Analysator injizieren. Die gemessenen IC-Konzentrationen werden in mg C/l notiert.
53.
Das Prinzip dieses Verfahrens besteht darin, dass nach Ansäuerung auf pH < 3 und Einstellung des Gleichgewichts bei einer Temperatur von 20 °C die Gleichgewichtskonstante für die Verteilung des CO2 zwischen der flüssigen und der gasförmigen Phase in den Prüfgefäßen bei 1,0 liegt, wenn nach Konzentration gemessen wird (13). Dies ist für das Prüfsystem mindestens einmal wie folgt zu überprüfen:

Flaschen mit 5 und 10 mg/l anorganischem Kohlenstoff ansetzen; hierzu eine Lösung von wasserfreiem Natriumcarbonat (Na2CO3) in CO2-freies Wasser geben, das wie folgt hergestellt wurde: Ansäuern von Wasser auf pH 6,5 mit konzentrierter Orthophosphorsäure (Nummer 20), Begasen über Nacht mit CO2-freier Luft und Neutralisierung des pH mit Alkali. Sicherstellen, dass das Verhältnis Headspace-Volumen zu Flüssigkeitsvolumen dem der Testansätze (z. B. 1:2) entspricht. Ansäuern und Einstellen des Gleichgewichts wie unter Nummer 52 beschrieben; IC-Konzentrationen im Headspace und in der Flüssigphase bestimmen. Prüfen, ob beide Konzentrationen innerhalb des Versuchfehlers denselben Wert liefern. Wenn nicht, sollte der Experimentator seine Verfahren überprüfen. Diese Kontrolle der IC-Verteilung zwischen flüssiger und gasförmiger Phase braucht nicht bei jedem Test durchgeführt werden; sie könnte auch während des Kalibrierens erfolgen.

54.
Wenn die DOC-Abnahme zu bestimmen ist (nur bei wasserlöslichen Prüfsubstanzen), sollten die Proben aus der Flüssigphase separater Flaschen (ohne Ansäuerung) entnommen, membranfiltriert und in den DOC-Analysator injiziert werden. Diese Flaschen können erforderlichenfalls auch für andere Analysen zur Bestimmung des Primärabbaus verwendet werden.

Verfahren b):   Umsetzung von CO2 zu Carbonat

55.
Vor jeder Versuchsreihe wird der Kohlenstoffanalysator mit einem geeigneten Standard (z. B. eine Lösung von Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3) in CO2-freiem Wasser (siehe Nummer 53) in Konzentrationen von 0 mg/l bis 20 mg/l) kalibriert. Dann Natriumhydroxid-Lösung (7M, Nummer 21) (z. B. 1 ml zu 107 ml Medium) durch das Septum in jede für die Probenahme bestimmte Flasche injizieren und die Flaschen 1 Std. bei Prüftemperatur schütteln. Für alle an einem bestimmten Tag verworfenen Flaschen wird dieselbe NaOH-Lösung verwendet, allerdings nicht unbedingt bei allen Probenahmen, die im Laufe des Versuchs durchgeführt werden. Werden absolute Werte des IC-Gehalts in den Blindwertansätzen für jede Probenahme benötigt, so ist der IC-Gehalt der NaOH-Lösung bei jeder Verwendung der Lösung zu bestimmen. Die Gefäße vom Laborschüttler nehmen und den Inhalt absetzen lassen. Aus der Flüssigphase der einzelnen Prüfgefäße mit Hilfe einer Spritze ein geeignetes Volumen (z. B. 50 μl bis 1 000 μl) entnehmen. Die Proben in den IC-Analysator injizieren und die IC-Konzentrationen aufzeichnen. Darauf achten, dass der eingesetzte Analysator für die bei diesem Verfahren anfallenden alkalischen Proben entsprechend ausgerüstet ist.
56.
Das Prinzip dieses Verfahrens beruht auf der Tatsache, dass nach Zugabe von Alkali und Schütteln die Konzentration an IC im Headspace vernachlässigbar klein ist. Dies ist für das Prüfsystem mindestens einmal zu überprüfen. Hierzu IC-Standards verwenden, Alkali zugeben, stabilisieren und sodann die IC-Konzentration sowohl im Headspace als auch in den Flüssigphasen bestimmen (siehe Nummer 53). Die Konzentration im Headspace sollte nahe an Null liegen. Es ist nicht erforderlich, diese praktisch vollständige CO2-Adsorption bei jedem Versuch zu überprüfen.
57.
Wenn die DOC-Abnahme zu bestimmen ist (nur bei wasserlöslichen Prüfsubstanzen), sollten die Proben aus der Flüssigphase separater Flaschen (ohne Alkali-Zusatz) entnommen, membranfiltriert und in den DOC-Analysator injiziert werden. Diese Flaschen können erforderlichenfalls auch für anderen Analysen zur Bestimmung des Primärabbaus verwendet werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Berechnung der Ergebnisse

58.
Es wird angenommen, dass bei vollständiger Mineralisierung der Prüfsubstanz zu CO2 die theoretische Menge an anorganischem Kohlenstoff (ThIC) nach Abzug des Blindwerts der Menge an gesamtem organischem Kohlenstoff (TOC) entspricht, die zu Beginn des Tests in die Prüfgefäße gegeben wurde:

Der gesamte (mg) anorganische Kohlenstoff (TIC) in den Prüfgefäßen ist:



Gleichung [1]

Dabei sind:

VL=das Volumen der Flüssigkeit im Prüfgefäß (in Liter);
CL=die IC-Konzentration in der Flüssigphase in Milligramm Kohlenstoff je Liter Flüssigkeit (mg/l);
VH=das Volumen des Headspaces (in Liter);
CH=die IC-Konzentration im Headspace in Milligramm Kohlenstoff je Liter Gas (mg/l).

Die Berechnung des TIC für die beiden Analyseverfahren, die bei diesem Test verwendet werden, wird unter den Nummern 60 und 61 beschrieben. Der prozentuale biologische Abbau (% D) wird in beiden Fällen mit Hilfe folgender Gleichung berechnet:



Gleichung [2]

Dabei sind:

TICt=der TIC im Prüfgefäß zur Zeit t in Milligramm (mg);
TICb=der mittlere TIC im Blindwert zur Zeit t in Milligramm (mg);
TOC=der TOC, der am Testbeginn in das Prüfgefäß gegeben wurde, in Milligramm (mg).

Der Abbaugrad (% D) der Prüfsubstanz (FT), der Referenzsubstanz (FC) und, sofern dies vorgesehen ist, der Hemmkontrolle (FI) wird aus dem jeweiligen produzierten TIC für jeden Probenahmezeitpunkt berechnet.

59.
Wenn während des Versuchs der TIC-Gehalt in den sterilen Kontrollen (FS) deutlich angestiegen ist, kann darauf geschlossen werden, dass ein abiotischer Abbau der Prüfsubstanz stattgefunden hat, was bei der Berechnung von D in Gleichung [2] zu berücksichtigen ist.

Ansäuerung auf pH < 3

60.
Nach Ansäuerung auf pH < 3 und Einstellung des Gleichgewichts kommt es zu einem Ausgleich zwischen der TIC-Konzentration in der Flüssigphase und der TIC-Konzentration in der Gasphase. Daher muss in diesem Fall nur die IC-Konzentration in der Gasphase bestimmt werden. Somit ist nach Gleichung [1]
, wobei VB das Volumen der Serumflasche ist.

Umsetzung von CO2 zu Carbonat

61.
Bei diesem Verfahren werden die Berechnungen wie in Gleichung [1] beschrieben durchgeführt; der vernachlässigbar kleine IC-Gehalt in der Gasphase wird jedoch ignoriert, so dass
, und
ist.

Angabe der Ergebnisse

62.
Eine Abbaukurve durch Auftragen der prozentualen Abbaugrade (D) gegen die Inkubationszeit erstellen und, wenn möglich, lag-Phase, Abbauphase, 10-Tage-Fenster und Plateau-Phase (die Phase, in der der maximale Abbaugrad erreicht ist und die Abbaukurve abnimmt) kennzeichnen. Wenn in den parallelen FT–Prüfgefäßen vergleichbare Ergebnisse (< 20 % Differenz) erzielt wurden, die Abbaukurve mit den Mittelwerten erstellen (siehe Anlage 2, Schaubild 1); andernfalls Abbaukurven für jedes Prüfgefäß erstellen. Den Mittelwert des prozentualen Abbaus in der Plateau-Phase bestimmen oder den höchsten Abbauwert verwenden (z. B. wenn die Abbaukurve in der Plateau-Phase abnimmt), wobei jedoch in letzterem Fall zu ermitteln ist, dass es sich dabei nicht um einen Ausreißer handelt. Diesen maximalen biologischen Abbauwert als „Abbaugrad der Prüfsubstanz“ im Prüfbericht angeben. Wenn die Anzahl der Prüfgefäße nicht ausreichte, um eine Plateau-Phase zu erstellen, werden die gemessenen Daten des letzten Prüftags verwendet und daraus ein Mittelwert gebildet. Mit letzterem Wert, der den Durchschnitt aus fünf Replikaten darstellt, wird die Genauigkeit angegeben, mit der der prozentuale Abbau ermittelt wurde. Im Prüfbericht ist ebenfalls der am Ende des 10-Tage-Fensters erzielte Wert anzugeben.
63.
Auf dieselbe Weise Abbaukurven für die Referenzsubstanz FC und, sofern angesetzt, Kurven der abiotischen Eliminationskontrolle FS und der Hemmkontrolle FI erstellen.
64.
Die Mengen an TIC, die in den Blindkontrollen (FB) und, sofern im Versuch enthalten, in den Gefäßen FS (abiotische Kontrolle) gebildet wurden, angeben.
65.
D für die FI-Gefäße auf der Grundlage des erwarteten theoretischen IC-Ertrags, der nur aus der Referenzsubstanz der Mischung stammt, berechnen. Ist am 28. Tag [(DFC  — DFI )/DFC] × 100 > 25 %, so kann angenommen werden, dass die Aktivität des Inokulums durch die Prüfsubstanz gehemmt wurde, was ein Grund für die unter den Prüfbedingungen erzielten niedrigen DFT–Werte sein kann. In diesem Fall kann der Versuch mit einer niedrigeren Prüfkonzentration wiederholt werden, wobei der DIC im Inokulum und der TIC in den Blindkontrollen möglichst reduziert werden sollte, da sich andernfalls durch die niedrigere Konzentration die Genauigkeit des Verfahrens verschlechtert. Alternativ kann ein anderes Inokulum verwendet werden. Wenn in den Gefäßen FS (abiotische Kontrolle) eine deutliche TIC-Zunahme (> 10 %) festgestellt wird, ist dies ein Hinweis auf mögliche abiotische Abbauprozesse.

Gültigkeit der Ergebnisse

66.
Der Test ist gültig, wenn
a)
der mittlere Abbauprozentsatz der Referenzchemikalie in den Gefäßen FC am 14. Tag der Inkubation > 60 % ist; und
b)
die mittlere Menge an TIC in den Blindkontrollen FB am Ende des Tests < 3 mg C/l beträgt.

Werden diese Grenzwerte nicht erreicht, so sollte der Versuch mit einem Inokulum aus einer anderen Quelle wiederholt werden und/oder sollten die angewandten Verfahren überprüft werden. Bereitet z. B. die starke IC-Produktion in den Blindkontrollen Probleme, so ist das unter den Nummern 27 bis 32 beschriebene Verfahren anzuwenden.

67.
Erreicht die Prüfsubstanz nicht 60 % des ThIC und wurde nachgewiesen, dass sie keine Hemmwirkung (Nummer 65) hat, so kann der Versuch mit einem höher konzentrierten Inokulum (bis zu 30 mg/l Belebtschlamm und 100 ml Ablauf/l) oder mit Inokuli aus anderen Quellen wiederholt werden; dies gilt insbesondere, wenn der Abbaugrad 20 bis 60 % beträgt.

Auswertung der Ergebnisse

68.
Erreicht eine Prüfsubstanz bei diesem Versuch innerhalb des 10-Tage-Fensters einen Abbaugrad von > 60 % des ThIC, so ist dies ein Nachweis dafür, dass sie unter aeroben Bedingungen leicht abbaubar ist.
69.
Wurde der Grenzwert von 60 % des ThIC nicht erreicht, so wird der pH-Wert des Mediums in den Flaschen gemessen, die nicht angesäuert oder alkalisiert wurden; ein Wert von weniger als 6,5 könnte darauf hinweisen, dass eine Nitrifikation stattgefunden hat. In diesem Fall den Versuch mit einer höher konzentrierten Pufferlösung wiederholen.

Prüfbericht

70.
Eine Tabelle mit dem prozentualen Abbau (D) jeder Prüfsubstanz (FT), Referenzkontrolle (FC) und, sofern diese durchgeführt wurde, Hemmkontrolle (FI) für jeden Probenahmetag erstellen. Werden vergleichbare Ergebnisse für die Replikatgefäße erzielt, so wird der durchschnittliche prozentuale Abbau (D) als Funktion der Zeit in einer Kurve dargestellt. Die Menge an TIC in den Blindkontrollen (FB) und in den sterilen Kontrollen (FS) sowie den DOC und/oder sonstige Analyten und ihren prozentualen Abbau angeben.
71.
Den mittleren Abbaugrad (prozentualen Abbau) D während der Plateau-Phase oder den maximalen Abbaugrad (wenn die Abbaukurve in der Abbauphase abnimmt) bestimmen und als „Abbaugrad der Prüfsubstanz“ angeben. In letzterem Fall ist sicherzustellen, dass es sich bei dem Maximalwert nicht um einen Ausreißer handelt.
72.
Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfsubstanz:

gebräuchliche Bezeichnung, chemische Bezeichnung, CAS-Nummer, Strukturformel und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfsubstanz.

Prüfbedingungen:

Hinweis auf diese Prüfmethode;
Beschreibung des verwendeten Prüfsystems (z. B. Volumen des Prüfgefäßes, Verhältnis Headspace zu Flüssigphase, Rührmethode usw.);
Applikation der Prüf- und Referenzsubstanz auf das Prüfsystem: verwendete Prüfkonzentration und Anteil an Kohlenstoff, der jeder Prüfflasche hinzugegeben wurde; etwaige Verwendung von Lösungsmitteln;
Angaben zum Inokulum, evtl. Vorbehandlung und Vorkonditionierung;
Inkubationstemperatur;
Validierung des Prinzips der IC-Analyse;
wesentliche Merkmale des verwendeten Kohlenstoffanalysators (und anderer verwendeter Analysemethoden);
Anzahl der Replikate.

Ergebnisse:

Rohdaten und berechnete Werte der biologischen Abbaubarkeit in Tabellenform;
die Kurve des prozentualen Abbaus, aufgetragen gegen die Zeit, für Prüf- und Referenzsubstanz; Angabe von lag-Phase, Abbauphase, 10-Tage-Fenster und Steigung;
prozentualer Abbau auf dem Plateau, zum Versuchsende und nach dem 10-Tage-Fenster;
Angabe von Gründen, falls die Prüfergebnisse verworfen werden;
weitere Faktoren, die für das Prüfverfahren von Bedeutung waren;
Diskussion der Ergebnisse.

LITERATUR:

1.
Kapitel C.4 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit: CO2-Entwicklungstest (Methode C.4-C).
2.
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20.
Kapitel C.4 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit.
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Kapitel C.11 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Belebtschlamm: Prüfung der Atmungshemmung.
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EU (1999): Ring-test of the ISO Headspace CO2 method: application to surfactants: Surfactant Ring Test-1, Bericht EU4697, Water Research Centre, May 1999, Medmenham, SL7 2HD, UK.
25.
ISO 10634 (1996) Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die Vorbereitung und Behandlung von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen für die nachfolgende Bestimmung ihrer biologischen Abbaubarkeit in einem wäßrigen Medium.

Anlage 1

ABKÜRZUNGEN UND DEFINITIONEN

IC : anorganischer Kohlenstoff.

ThCO2 : theoretisches Kohlendioxid (mg) — Kohlendioxidmenge, die sich rechnerisch aus dem bekannten oder gemessenen Kohlenstoffgehalt der Prüfsubstanz bei vollständiger Mineralisation ergibt; auch angegeben als mg Kohlendioxidentwicklung pro mg Prüfsubstanz.

DOC : gelöster organischer Kohlenstoff — Menge an organischem Kohlenstoff, die in der Lösung vorliegt oder einen Filter mit 0,45 μm Porengröße passiert bzw. nach 15 Minuten Zentrifugieren bei 40 000 m/s–2 (± 4 000 g) im Überstand verbleibt.

DIC : gelöster anorganischer Kohlenstoff

ThIC : Theoretische Menge an anorganischem Kohlenstoff

TIC : Gesamter anorganischer Kohlenstoff

Biologisch leicht abbaubar : ein willkürlich festgelegter Begriff für eine Kategorie von chemischen Substanzen, die bestimmte Screening-Tests auf vollständige biologische Abbaubarkeit durchlaufen haben; diese Tests sind so stringent, dass angenommen wird, dass diese Substanzen im aquatischen Milieu unter aeroben Bedingungen schnell und vollständig biologisch abgebaut werden.

10-Tage-Fenster : der 10-Tage-Abschnitt, der unmittelbar auf das Erreichen von 10 % Abbau folgt.

Inhärente biologische Abbaubarkeit : Begriff für eine Kategorie von Substanzen, deren biologische Abbaubarkeit (primär oder vollständig) eindeutig in einem beliebigen Test auf biologische Abbaubarkeit nachgewiesen worden ist.

Vollständiger aerober biologischer Abbau : Abbaugrad der Prüfsubstanz, der nach vollständiger Zerlegung der Substanz durch Mikroorganismen zur Bildung von Kohlendioxid, Wasser, Mineralsalzen und neuen mikrobiellen Zellbestandteilen (Biomasse) führt.

Mineralisation : vollständiger Abbau einer organischen Verbindung zu CO2 und H2O unter aeroben Bedingungen und zu CH4, CO2 und H2O unter anaeroben Bedingungen.

Lag-Phase : Zeitspanne zwischen dem Beginn eines Tests und dem Zeitpunkt, an dem die Akklimatisation und/oder Adaptation der abbauenden Mikroorganismen erreicht ist und der biologische Abbau einer Prüfsubstanz oder eines rein organischen Materials einen nachweisbaren Umfang angenommen hat (z. B. 10 % des maximalen theoretischen biologischen Abbaus bzw. je nach Genauigkeit des Messverfahrens auch weniger).

Abbauphase : Zeitspanne zwischen dem Ende der lag-Phase und dem Erreichen von 90 % des maximalen Abbaugrades.

Plateau-Phase : die Phase, in der der maximale Abbaugrad erreicht ist und die Abbaukurve abnimmt.

Prüfsubstanz : Jede Substanz oder jedes Gemisch, die/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Beispiel einer Abbaukurve

Abbildung 1

Bioabbau von Octan-1-ol im CO2-Headspace-Test

Glossar

Abbaugrad

Abbauphase

maximaler biologischer Abbaugrad

Plateau-Phase

10-Tage-Fenster

Testdauer (Tage)

C. 30   BIOAKKUMULATION IN TERRESTRISCHEN OLIGOCHAETEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 317 (2010). Zur Untersuchung des Verbleibs von Schadstoffen in der Umwelt liegen die Methode zur Bestimmung der „Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest“ (Kapitel C.13 dieses Anhangs (49)) und die Methode zur Bestimmung der „Bioakkumulation in sedimentbewohnenden benthischen Oligochaeten“ (53) vor, die 1996 bzw. 2008 veröffentlicht wurden. Jedoch sind Rückschlüsse aus Daten über die aquatische Bioakkumulation auf die Reaktionen von Bodenorganismen wie Regenwürmern schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Modellberechnungen auf der Grundlage der Lipophilie einer Prüfsubstanz, z. B. (14) und (37), werden derzeit zur Beurteilung der Bioakkumulation von chemischen Substanzen im Boden, wie z. B. im technischen Leitfaden der EU (Technical Guidance Document) (19), verwendet. Auf die Notwendigkeit einer kompartimentspezifischen Prüfmethode wurde bereits eingegangen, z. B. (55). Eine solche Methode ist vor allem für die Abschätzung der Sekundärvergiftung (secondary poisoning) in der terrestrischen Nahrungskette von Bedeutung (4). Mehrere nationale Prüfmethoden befassen sich mit der Bioakkumulation in anderen Organismen als Fischen, z. B. (2) und (72). So wurde eine Methode zur Bestimmung der Bioakkumulation aus kontaminierten Böden in Regenwürmern (Eisenia fetida, Savigny) und Topfwürmern von der American Society for Testing and Materials entwickelt (3). Eine international anerkannte Methode zur Bestimmung der Bioakkumulation in dotiertem Boden wird die Risikoanalyse für Chemikalien in terrestrischen Ökosystemen verbessern, z. B. (25) und (29).
2.
Bodenfressende Invertebraten sind bodengebundenen chemischen Substanzen ausgesetzt. Unter diesen Tieren spielen terrestrische Oligochaeten eine wichtige Rolle für die Bodenstruktur und die Bodenfunktionen (15) (20). Terrestrische Oligochaeten leben im Boden und zum Teil an der Bodenoberfläche (insbesondere in der Streuschicht); ihrer Biomasse nach sind sie häufig die am stärksten vertretene Art (54). Durch Bioturbation des Bodens und als Beutetiere können diese Tiere einen erheblichen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von chemischen Substanzen für andere Organismen wie Invertebraten (z. B. Raubmilben und Käfer; z. B. (64)) oder räuberische Vertebraten (z. B. Füchse und Möwen) (18) (62) haben. In Anlage 5 sind einige Arten von terrestrischen Oligochaeten beschrieben, die derzeit in ökotoxikologischen Untersuchungen verwendet werden.
3.
Die ASTM-Richtlinie „Standard Guide for Conducting Laboratory Soil Toxicity or Bioaccumulation Tests with the Lumbricid Earthworm Eisenia fetida and the Enchytraeid Potworm Enchytraeus albidus“ (3) enthält zahlreiche wesentliche und nützliche Angaben für die Durchführung der vorliegenden Prüfmethode zur Bestimmung der Bioakkumulation im Boden. Weitere Dokumente, auf die in dieser Prüfmethode verwiesen wird, sind Kapitel C.13 dieses Anhangs „Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest“ (49) und die OECD-Prüfrichtlinie (TG) 315 „Bioakkumulation in sedimentbewohnenden benthischen Oligochaeten“ (53). Praktische Erfahrungen mit der Untersuchung der Bioakkumulation im Boden und Veröffentlichungen aus der Literatur z. B. (1) (5) (11) (12) (28) (40) (43) (45) (57) (59) (76) (78) (79) sind ebenfalls wichtige Informationsquellen für diese Prüfmethode.
4.
Diese Prüfmethode wird am geeignetsten für stabile, neutrale organische Substanzen eingesetzt, die Tendenz haben, am Boden zu adsorbieren. Sie kann auch für die Testung der Bioakkumulation stabiler metallorganischer Verbindungen, die an den Boden gebunden sind, herangezogen werden. Ebenso eignet sie sich für Metalle und sonstige Spurenelemente.

VORAUSSETZUNGEN

5.
Untersuchungen zur Bestimmung der Bioakkumulation einer chemischen Substanz in terrestrischen Oligochaeten wurden mit Schwermetallen (siehe z. B. (63)) und persistenten, organischen Stoffen mit log Kow–Werten zwischen 3,0 und 6,0 durchgeführt, z. B. (40). Solche Tests können auch verwendet werden für
chemische Substanzen mit einem log Kow-Wert von > 6,0 (superhydrophobe chemischen Substanzen);
chemische Substanzen, die zu einer Kategorie von organischen Chemikalien gehören, von denen bekannt ist, dass sie ein Potenzial zur Bioakkumulation in lebenden Organismen haben, z. B. oberflächenaktive Stoffe oder Stoffe mit hohem Adsorptionsvermögen;
chemische Substanzen mit Struktureigenschaften, die auf ein Bioakkumulationspotenzial hinweisen, z. B. Analoga von chemischen Substanzen mit bekanntem Bioakkumulationspotenzial, und
Metalle.
6.
Vor Beginn der Studie müssen bestimmte Informationen zur Prüfsubstanz wie Common name, chemische Bezeichnung (vorzugsweise IUPAC-Name), Strukturformel, CAS-Nummer, Reinheitsgrad, Sicherheitshinweise, angemessene Lagerungsbedingungen und Analysemethoden vorliegen. Darüber hinaus sollten folgende Angaben bekannt sein:
a)
Wasserlöslichkeit;
b)
Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizient, Kow;
c)
Boden-Wasser-Verteilungskoeffizient, ausgedrückt als Koc;
d)
Dampfdruck;
e)
Abbaubarkeit (z. B. im Boden, Wasser);
f)
bekannte Metaboliten.
7.
Es können sowohl radioaktiv markierte als auch nicht radioaktiv markierte Prüfsubstanzen verwendet werden. Zur Erleichterung der Analyse wird jedoch die Verwendung von radioaktiv markierten Prüfsubstanzen empfohlen. Diese Wahl wird von den Nachweisgrenzen oder der Notwendigkeit abhängen, Ausgangssubstanzen und Metaboliten zu messen. Wird eine radioaktiv markierte Prüfsubstanz verwendet und werden die gesamten radioaktiven Rückstände bestimmt, so ist es wichtig, dass die radioaktiv markierten Rückstände sowohl im Boden als auch in den Testorganismen nach dem prozentualen Anteil der Ausgangsprüfsubstanz und der markierten Nichtausgangssubstanz gekennzeichnet sind, z. B. in Proben, die im steady state oder am Ende der Aufnahmephase genommen wurden, so dass ein Bioakkumulationsfaktor (BAF) für die Ausgangsprüfsubstanz und für die betreffenden Bodenmetaboliten (siehe Nummer 50) berechnet werden kann. Möglicherweise muss die hier beschriebene Methode angepasst werden, z. B. um über eine ausreichende Biomasse für die Messung von nicht radioaktiv markierten organischen Prüfsubstanzen oder Metallen zu verfügen. Werden die gesamten radioaktiven Rückstände (durch Flüssigszintillationszählung nach Extrahieren, Verbrennung oder Gewebeauflösung) bestimmt, so basiert der Bioakkumulationsfaktor auf der Ausgangsprüfsubstanz und den Metaboliten. Die Berechnung des BAF sollte sich vorzugsweise auf die Konzentration der Ausgangsprüfsubstanz in den Organismen und auf die gesamten radioaktiven Rückstände stützen. Anschließend wird der nach dem Lipidgehalt der Würmer und dem Gehalt des Bodens an organischem Kohlenstoff normalisierte Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) anhand des BAF berechnet, um die Ergebnisse aus verschiedenen Bioakkumulationstests vergleichen zu können.
8.
Die Toxizität der Prüfsubstanz gegenüber der Testspezies sollte bekannt sein, z. B. eine Effektkonzentration (ECx) oder letale Konzentration (LCx) für die Dauer der Aufnahmephase (z. B. (19)). Die ausgewählte Konzentration der Prüfsubstanz sollte möglichst ca. 1 % ihres akuten asymptotischen LC50-Wertes entsprechen und mindestens zehnmal höher sein als die durch das angewandte analytische Verfahren vorgegebene Nachweisgrenze im Boden. Soweit verfügbar sollten bevorzugt Toxizitätswerte aus Langzeitstudien über subletale Endpunkte (51) (52) herangezogen werden. Sind solche Daten nicht verfügbar, kann ein akuter Toxizitätstest nützliche Informationen liefern (siehe z. B. (23)).
9.
Eine geeignete Analysemethode von bekannter Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Empfindlichkeit sollte für die Quantifizierung der Prüfsubstanz in den Testlösungen, im Boden und im biologischen Material verfügbar sein ebenso wie Einzelheiten zur Probenvorbereitung und -aufbewahrung und Sicherheitsdatenblätter. Auch die analytischen Nachweisgrenzen der Prüfsubstanz im Boden und Wurmgewebe sollten bekannt sein. Wenn eine 14C-markierte Prüfsubstanz verwendet wird, sollten die spezifische Radioaktivität (d. h. Bq mol-1) und der prozentuale Anteil der mit Verunreinigungen einhergehenden Radioaktivität bekannt sein. Zur Erleichterung der Analyse sollte die spezifische Radioaktivität der Prüfsubstanz hoch genug sein; auch sollten die Prüfkonzentrationen keine toxischen Effekte verursachen.
10.
Der Versuch kann mit Kunsterde oder mit natürlichem Boden durchgeführt werden. Die Merkmale des verwendeten Bodens, z. B. Herkunft des Bodens oder seiner Bestandteile, pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, Korngrößenverteilung (Anteil an Sand, Schluff und Lehm) und Wasserhaltekapazität (WHC) sollten vor Testbeginn bekannt sein (3) (48).

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

11.
Zu den charakteristischen Parametern der Bioakkumulation einer Prüfsubstanz gehören der Bioakkumulationsfaktor (BAF), die Aufnahmekonstante (ks) und die Eliminationskonstante (ke). Definitionen dieser Parameter sind in Anlage 1 enthalten.
12.
Der Test besteht aus zwei Phasen: der Aufnahme-/Expositionsphase und der Eliminations-/Post-Expositionsphase. Während der Aufnahmephase werden Replikatgruppen von Würmern gegenüber dem mit der Prüfsubstanz dotierten Boden exponiert. Neben diesen Testtieren werden Gruppen von Kontrollwürmern unter identischen Bedingungen, jedoch ohne Prüfsubstanz gehalten. Das Trockengewicht und der Lipidgehalt der Prüforganismen werden bestimmt. Hierzu können Würmer der Kontrollgruppe verwendet werden. Analytische Hintergrundwerte (Blindwerte) können durch die Analyse von Proben der Kontrollwürmer und -böden ermittelt werden. Für die Eliminationsphase werden die Würmer in einen Boden ohne Prüfsubstanz umgesetzt. Eine Eliminationsphase ist immer erforderlich, es sei denn, während der Expositionsphase wurden nur vernachlässigbare Mengen Prüfsubstanz aufgenommen. Sie liefert Informationen über die Geschwindigkeit, mit der die Prüfsubstanz durch die Testorganismen ausgeschieden wird (z. B. (27)). Wurde während der Aufnahmephase kein steady state erreicht, so sollte sich die Bestimmung der kinetischen Parameter — kinetischer Bioakkumulationsfaktor BAFk, Aufnahme- und Eliminationskonstante(n) — vorzugsweise auf die gleichzeitige Anpassung der Ergebnisse der Aufnahmephase und der Eliminationsphase stützen. Die Konzentration der Prüfsubstanz in/an den Würmern wird während der beiden Phasen durchgehend überwacht.
13.
Während der Aufnahmephase werden über einen Zeitraum von 14 Tagen (Enchytraeen) bzw. 21 Tagen (Regenwürmer) Messungen vorgenommen, bis der steady state erreicht ist (11) (12) (67). Der steady state tritt ein, wenn die Kurve der gegen die Zeit aufgetragenen Konzentration im Wurm parallel zur Zeitachse verläuft und wenn drei aufeinander folgende Konzentrationsanalysen, die an Proben durchgeführt werden, die im Abstand von mindestens zwei Tagen genommen wurden, auf Basis von statistischen Vergleichen (z. B. Varianzanalyse, Regressionsanalyse) um nicht mehr als ± 20 % voneinander abweichen.
14.
In der Eliminationsphase werden die Testorganismen in Gefäße umgesetzt, die das gleiche Substrat aber keine Prüfsubstanz enthalten. Während der Eliminationsphase werden über einen Zeitraum von 14 Tagen (Enchytraeen) bzw. 21 Tagen (Regenwürmer) Messungen genommen, es sei denn, bei einer früheren analytischen Messung wurde eine 90 %ige Abnahme der Prüfsubstanzrückstände in den Würmern festgestellt. Die Konzentration der Prüfsubstanz in den Würmern am Ende der Eliminationsphase wird als nicht eliminierte Rückstände im Bericht verzeichnet. Der steady-state-Bioakkumulationsfaktor (BAFss) wird möglichst auf zweierlei Weise berechnet: zum einen als Verhältnis der Konzentration in den Würmern (Ca) zur Konzentration im Boden (Cs) bei sichtbarem steady state und zum anderen als ein kinetischer Bioakkumulationsfaktor, BAFK, d. h. als Verhältnis der Aufnahmekonstante im Boden (ks) zur Eliminationskonstanten (ke) (Definitionen siehe in Anlage 1), wobei von einer Kinetik 1. Ordnung ausgegangen wird (Berechnungen siehe in Anlage 2). Ist eine Kinetik 1. Ordnung eindeutig nicht anwendbar, so sind andere Modellgleichungen zu verwenden.
15.
Die Aufnahmekonstante, die Eliminationskonstante (oder Konstanten, wenn andere Modelle verwendet werden), der kinetische Bioakkumulationsfaktor (BAFK) und, wenn möglich, die Konfidenzgrenzen eines jeden dieser Parameter werden anhand computergestützter Modellgleichungen berechnet (Anleitungen siehe Anlage 2). Die Anpassungsgüte eines Modells lässt sich z. B. anhand des Korrelationskoeffizienten oder Bestimmungskoeffizienten (Koeffizienten nahe an 1 deuten auf eine gute Anpassung hin) oder anhand der Chi-Quadrat-Verteilung feststellen. Auch kann die Größe des Standardfehlers oder die Konfidenzgrenze um die geschätzten Parameter einen Hinweis auf die Anpassungsgüte des Modells geben.
16.
Zur Verringerung der Variabilität der Testergebnisse für Prüfsubstanzen mit hoher Lipophilie sollten die Bioakkumulationsfaktoren im Verhältnis zum Lipidgehalt und zum Gehalt an organischem Kohlenstoff (kg organischer Kohlenstoff im Boden (OC) kg-1 Lipidgehalt der Würmer) ausgedrückt werden. Dieses Konzept stützt sich auf die Tatsache, dass bei bestimmten Chemikalienklassen ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Bioakkumulationspotenzial und der Lipophilie besteht, wie dies für Fische eindeutig festgestellt wurde (47). Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Lipidgehalt der Fische und der Bioakkumulation solcher Substanzen. Für benthische Organismen wurden ähnliche Korrelationen festgestellt, z. B. (30) (44). Auch für terrestrische Oligochaeten wurde diese Korrelation nachgewiesen, z. B. (5) (6) (7) (14). Wenn genügen Wurmgewebe zur Verfügung steht, kann der Lipidgehalt der Testtiere mit demselben biologischen Material bestimmt werden, das für die Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration verwendet wurde. Als Alternative können Kontrolltiere zur Bestimmung des Lipidgehalts verwendet werden.

GÜLTIGKEIT DES TESTS

17.
Der Test ist gültig, wenn sowohl die Kontrollgruppen als auch die Testgruppen folgende Kriterien erfüllen:
Am Ende des Tests beträgt die Gesamtmortalität während der Aufnahme- und der Eliminationsphase höchstens 10 % (Regenwürmer) oder 20 % (Enchytraeen) der Gesamtanzahl der eingesetzten Würmer.
Für Eisenia fetida und Eisenia andrei beträgt der mittlere Masseverlust am Ende der Aufnahmephase und am Ende der Eliminationsphase nicht mehr als 20 % des anfänglichen Frischgewichts zu Beginn jeder Phase.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Testspezies

18.
Für Bioakkumulationstests werden mehrere Arten von terrestrischen Oligochaeten empfohlen. In Anlage 5 sind die am häufigsten verwendeten Arten beschrieben: Eisenia fetida und Eisenia andrei (Lumbricidae) sowie Enchytraeus albidus, Enchytraeus crypticus und Enchytraeus luxuriosus (Enchytraeidae).

Apparatur

19.
Die Verwendung von Materialien, die sich auflösen können, die Prüfsubstanz absorbieren oder andere chemischen Substanzen auslaugen bzw. schädigende Auswirkungen auf die Testtiere haben können, sollte für alle verwendeten Teile sorgfältigst vermieden werden. Es können rechteckige oder zylindrische Standardbehälter aus chemisch inertem Material, die ein dem Besatz (Anzahl der Testwürmer) entsprechendes Fassungsvermögen haben, verwendet werden. Geräte, die mit dem Prüfmedium in Berührung kommen, können aus rostfreiem Stahl, Kunststoff oder Glas sein. Die Gefäße sind so abzudecken, dass die Tiere nicht entweichen können, aber für eine ausreichende Luftzufuhr gesorgt ist. Bei Substanzen mit hohen Adsorptionskoeffizienten, wie z. B. synthetischen Pyrethroiden, kann die Verwendung von silanisiertem Glas nötig sein. In solchen Fällen muss die Apparatur/Anlage nach der Benutzung entsorgt werden (49). Das Entweichen radioaktiv markierter Prüfsubstanzen und flüchtiger Substanzen ist zu vermeiden. Hierzu Abscheider (z. B. Gaswaschflaschen aus Glas) mit geeigneten Adsorbersubstanzen verwenden, um etwaige Rückstände, die aus den Prüfgefäßen verdampfen könnten, aufzufangen.

Boden

20.
Die Qualität des Prüfbodens sollte so beschaffen sein, dass die Prüforganismen während der Akklimatisierungs- und Testphasen überleben und sich möglichst vermehren können, ohne ein abnormales Aussehen oder Verhalten zu zeigen. Die Würmer sollten sich in den Boden eingraben.
21.
Als Substrat für die Versuche wird die in Kapitel C.8 dieses Anhangs (48) beschriebene Kunsterde empfohlen. Anlage 4 enthält eine Beschreibung der Zubereitung dieser Kunsterde und Empfehlungen für ihre Lagerung: Luftgetrockneter künstlicher Boden kann bis zum Gebrauch bei Raumtemperatur gelagert werden.
22.
Natürliche Böden von nicht unkontaminierten Standorten können jedoch auch als Prüf- und/oder Anzuchtsubstrat dienen. Zur Charakterisierung von natürlichen Böden sind zumindest Herkunft (Sammelstelle), pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, Korngrößenverteilung (Anteil an Sand, Schluff und Lehm), maximale Wasserhaltekapazität (WHCmax) und prozentualer Wassergehalt anzugeben (3). Eine vor Gebrauch durchgeführte Analyse des Bodens oder seiner Bestandteile auf Mikroschadstoffe dürfte nützliche Informationen liefern. Wird Feldboden von landwirtschaftlichen Nutzflächen verwendet, so darf der Boden vor der Probenahme mindestens ein Jahr lang nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt oder mit Dung von behandelten Tieren und sechs Monate lang nicht mit organischen Düngemitteln gedüngt worden sein (50). Verfahren für die Handhabung von natürlichen Böden vor ihrer Verwendung in ökotoxikologischen Labortests mit Oligochaeten sind in (3) beschrieben. Natürliche Böden sollten im Labor so kurz wie möglich gelagert werden.

Applikation der Prüfsubstanz

23.
Die Prüfsubstanz wird in den Boden eingemischt. Dabei sind die physikalisch-chemischen Eigenschaften der jeweiligen Substanz zu berücksichtigen. Wasserlösliche Prüfsubstanzen sind vollständig in Wasser zu lösen, bevor sie mit dem Boden vermischt werden. Als Dotierungsverfahren für im Wasser schwer lösliche Prüfsubstanzen wird empfohlen, einen oder mehrere Bestandteile des (künstlichen) Bodens mit der Prüfsubstanz zu beschichten. So kann z. B. der Quarzsand (oder ein Teil davon) mit einer Lösung der Prüfsubstanz in einem geeigneten organischen Lösungsmittel durchtränkt werden; das Lösungsmittel wird anschließend durch Trocknen abgedampft. Die beschichtete Quarzsandfraktion wird sodann mit dem befeuchteten Boden vermischt. Wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens ist, dass kein Lösungsmittel in den Boden gelangt. Bei natürlichem Boden kann die Prüfsubstanz, wie bei der Kunsterde beschrieben, durch Dotieren eines luftgetrockneten Teils des Bodens oder durch Einrühren der Prüfsubstanz in den feuchten Boden mit anschließendem Abdampfen im Falle der Verwendung eines Lösungsmittels hinzugefügt werden. Im Allgemeinen ist soweit wie möglich zu vermeiden, dass feuchter Boden mit den Lösungsmitteln in Berührung kommt. Folgendes ist zu bedenken (3):
Wird ein anderes Lösungsmittel als Wasser verwendet, so sollte dieses mit Wasser mischbar sein und/oder vollständig eliminiert werden können (z. B. durch Abdampfen), so dass nur die Prüfsubstanz im Boden zurückbleibt.
Wird eine Kontrolle mit Lösungsmittel verwendet, so sind keine Negativkontrollen erforderlich. Die Lösungsmittelkontrolle sollte die höchste Konzentration des in den Boden gegebenen Lösungsmittels enthalten, und das verwendete Lösungsmittel sollte aus derselben Partie stammen, die für die Zubereitung der Stammlösung verwendet wurde. Hauptkriterien für die Wahl des geeigneten Lösungsvermittlers sollten die Toxizität und Flüchtigkeit des Lösungsmittels und die Löslichkeit der Prüfsubstanz in dem gewählten Lösungsmittel sein.
24.
Ist die Prüfsubstanz in Wasser und in organischen Lösungsmitteln nur schwer löslich, können mit Hilfe eines Mörsers pro Prüfgefäß 2,0 bis 2,5 g fein gemahlener Quarzsand mit der Menge Prüfsubstanz vermischt werden, die erforderlich ist, um die gewünschte Prüfkonzentration zu erhalten. Diese Mischung aus Quarzsand und Prüfsubstanz wird zum angefeuchteten Boden hinzugegeben und mit einer entsprechenden Menge entionisierten Wassers gründlich gemischt, um den gewünschten Feuchtegehalt zu erhalten. Die endgültige Mischung wird auf die Prüfgefäße verteilt. Das Verfahren wird für jede Prüfkonzentration wiederholt, und zusätzlich wird eine geeignete Kontrollgruppe mit 2,0 bis 2,5 g fein gemahlenem Quarzsand pro Prüfgefäß angesetzt.
25.
Die Konzentration der Prüfsubstanz im Boden ist nach dem Dotieren zu bestimmen. Bevor die Testorganismen eingesetzt werden, ist die homogene Verteilung der Prüfsubstanz im Boden zu überprüfen. Das Dotierungsverfahren und die Gründe für die Wahl des Verfahrens werden im Protokoll erfasst (24).
26.
Die Einstellung des Gleichgewichts zwischen Boden und Porenwasserphase sollte idealerweise noch vor dem Einsetzen der Organismen stattfinden; hierzu wird ein Zeitraum von 4 Tagen bei 20 °C empfohlen. Für viele im Wasser schwer lösliche organische Substanzen kann es Tage oder Monate dauern, bis zwischen den adsorbierten und gelösten Fraktionen ein echtes Gleichgewicht erreicht ist. Je nach Zweck der Studie, z. B. wenn die Umweltbedingungen simuliert werden sollen, kann der dotierte Boden über längere Zeit „gealtert“ werden (z. B. 3 Wochen bei 20 °C für Metalle) (22).

Anzucht der Testorganismen

27.
Die Würmer sind vorzugsweise in dauerhafter Laborkultur zu halten. Leitlinien für die Anzucht von Eisenia fetida und Eisenia andrei sowie von Enchytraeen-Arten unter Laborbedingungen sind in Anlage 5 enthalten (siehe auch (48) (51) (52)).
28.
Die im Test verwendeten Würmer sollten frei von sichtbaren Erkrankungen, Abnormalitäten und Parasiten sein.

PRÜFVERFAHREN

29.
Die Testorganismen werden während der Aufnahmephase gegenüber der Prüfsubstanz exponiert: Die Aufnahmephase sollte 14 Tage (Enchytraeen) oder 21 Tage (Regenwürmer) dauern, bis nachgewiesen wird, dass ein steady state erreicht ist.
30.
Für die Eliminationsphase werden die Würmer in einen prüfsubstanzfreien Boden umgesetzt. Die erste Probe sollte 4 bis 24 Std. nach Beginn der Eliminationsphase genommen werden. Anlage 3 enthält Beispiele von Probenahmeplänen für eine Aufnahmephase und eine Eliminationsphase von jeweils 21 Tagen.

Testorganismen

31.
Bei vielen Arten der terrestrischen Enchytraeen ist das Einzelgewicht sehr niedrig (z. B. 5 bis 10 mg Feuchtgewicht je Individuum Enchytraeus albidus und weniger für Enchytraeus crypticus und Enchytraeus luxuriosus). Um Gewichtsbestimmungen und chemische Analysen vorzunehmen, kann es erforderlich sein, die Würmer der Replikatgefäße zu poolen (d. h. alle Würmer eines Replikatgefäßes werden verwendet, um ein analytisches Messergebnis für das Gewebe zu erhalten). 20 einzelne Enchytraeen werden in jedes Replikatgefäß gegeben, und es werden mindestens drei Replikate verwendet. Bei Prüfsubstanzen mit einer hohen analytischen Nachweisgrenze sind möglicherweise mehr Würmer erforderlich. Für Testspezies mit höherem Einzelgewicht (Eisenia fetida und Eisenia andrei) können Replikatgefäße mit nur einem Individuum verwendet werden.
32.
Die jeweils für einen Versuch verwendeten Würmer sollten ein ähnliches Gewicht haben (z. B. Eisenia fetida und Eisenia andrei sollten jeweils 250 bis 600 mg wiegen). Enchytraeen (z. B. Enchytraeus albidus) sollten ca. 1 cm lang sein. Alle für einen bestimmten Versuch verwendeten Würmer sollten aus derselben Quelle stammen und adulte Tiere mit einem Clitellum sein (siehe Anlage 5). Da sich Gewicht und Alter der Tiere auf die BAF-Werte auswirken können (z. B. aufgrund des unterschiedlichen Lipidgehalts und/oder des Vorhandenseins von Eiern), sollten diese Parameter sorgfältig aufgezeichnet und bei der Auswertung der Ergebnisse berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann es während der Exposition zur Ablage von Kokons kommen, was sich auch auf die BAF-Werte auswirken wird. Es wird empfohlen, eine Teilprobe der Testwürmer vor dem Test zu wiegen, um das mittlere Feucht- und Trockengewicht zu schätzen.
33.
Um die Abnahme der Prüfsubstanzkonzentration im Boden während der Aufnahmephase möglichst gering zu halten, ist ein hohes Boden-Wurm-Verhältnis vorzusehen. Für Eisenia fetida und Eisenia andrei wird eine Mindestmenge von 50 g Trockengewicht (TG) Boden je Wurm und für Enchytraeen eine Mindestmenge von 10 bis 20 g (TG) Boden je Prüfgefäß empfohlen. Die Bodenschicht in den Prüfgefäßen sollte 2 bis 3 cm (Enchytraeen) bzw. 4 bis 5 cm (Regenwürmer) dick sein.
34.
Die für einen Versuch benötigten Würmer werden aus der Kultur entnommen (z. B. Enchytraeen mit einer Juwelierpinzette). Adulte Tiere werden zur Akklimatisierung in einen unbehandelten Prüfboden umgesetzt und gefüttert (siehe Nummer 36). Weichen die Prüfbedingungen von den Anzuchtbedingungen ab, dürfte eine Akklimatisierungsphase von 24 bis 72 Std. ausreichen, damit die Würmer sich an die Prüfbedingungen gewöhnen können. Nach der Akklimatisierung werden die Regenwürmer zum Spülen in Glasschalen (z. B. Petrischalen) mit sauberem Wasser umgesetzt und anschließend gewogen, bevor sie in den Prüfboden gegeben werden. Vor dem Wiegen ist das an den Würmern anhaftende Wasser durch leichtes Abtupfen am Rand der Schale oder durch vorsichtiges Trockentupfen mit einem leicht angefeuchteten Papiertuch zu entfernen.
35.
Das Eingrabungsverhalten der Testorganismen ist zu beobachten und aufzuzeichnen. Bei Tests mit Regenwürmern graben sich die Tiere (Kontroll- und Testgruppe) in der Regel innerhalb von ein paar Stunden in den Boden ein; dies sollte spätestens 24 Std. nach dem Einsetzen der Würmer in die Prüfgefäße überprüft werden. Graben sich die Regenwürmer nicht in den Boden ein (z. B. über 10 % während mehr als der Hälfte der Aufnahmephase), so deutet dies darauf hin, dass die Prüfbedingungen nicht angemessen oder die Testorganismen nicht gesund sind. In diesem Fall muss der Test gestoppt und wiederholt werden. Enchytraeen leben hauptsächlich im Porenwasser des Bodens, und häufig kommt ihr Integument nur zum Teil mit dem umgebenden Substrat in Kontakt; es wird davon ausgegangen, dass grabende und nichtgrabende Enchytraeen in gleichem Maße exponiert sind, und ein Nichteingraben der Enchytraeen erfordert nicht unbedingt eine Wiederholung des Tests.

Fütterung

36.
Wenn ein Boden mit niedrigem Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff verwendet wird, dann sollte gefüttert werden. Bei der Verwendung von Kunsterde wird ein wöchentlicher Fütterrhythmus empfohlen (d. h. die Würmer werden einmal pro Woche gefüttert). Für Regenwürmer werden wöchentlich 7 mg getrockneter Dung pro g Boden (TG) und für Enchytraeen wöchentlich 2 bis 2,5 mg gemahlene Haferflocken pro g Boden (TG) empfohlen (11). Die erste Futterration sollte mit dem Boden unmittelbar vor dem Einsetzen der Testorganismen vermischt werden. Es sollte möglichst dieselbe Art Futter wie für die Aufzucht (siehe Anlage 5) verwendet werden.

Licht und Temperatur

37.
Die Tests sind bei einem geregelten Licht-Dunkel-Zyklus von 16 zu 8 Std., bei einer Lichtstärke von vorzugsweise 400 bis 800 lx im Bereich der Prüfgefäße (3) durchzuführen. Die Prüftemperatur sollte während des gesamten Test 20 ± 2 °C betragen.

Prüfkonzentrationen

38.
Es wird eine einzige Konzentration verwendet. Situationen, in denen zusätzliche Konzentration(en) erforderlich ist/sind, müssen begründet werden. Liegt die Toxizität (ECx) der Prüfsubstanz nahe an der analytischen Nachweisgrenze, wird empfohlen, radioaktiv markierte Prüfsubstanzen mit hoher spezifischer Radioaktivität zu verwenden. Für Metalle sollte die Konzentration über den Hintergrundwerten in Gewebe und Boden liegen.

Replikate

39.
Für die kinetischen Messungen (Aufnahme- und Eliminationsphase) sind pro Messpunkt mindestens drei behandelte Replikatgefäße vorzusehen. Die Gesamtzahl der vorbereiteten Replikate muss ausreichen, um alle Messpunkte während der Aufnahme- und Eliminationsphase abzudecken.
40.
Für die biologischen Beobachtungen und Messungen (z. B. Verhältnis Trocken- und Feuchtgewicht, Lipidgehalt) und für die Analyse der Hintergrundkonzentrationen in den Würmern und im Boden sind mindestens 12 Replikatgefäße einer Negativkontrolle (jeweils vier Probenahmen zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase und vier Probenahmen am Ende der Eliminationsphase) bereitzustellen, wenn kein anderes Lösungsmittel als Wasser verwendet wird. Wurde für die Applikation der Prüfsubstanz ein Lösungsvermittler verwendet, muss neben den behandelten Replikaten eine Lösungsmittelkontrolle (jeweils vier Replikatgefäße sind zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase sowie vier am Ende der Eliminationsphase zu beproben) durchgeführt werden, für die mit Ausnahme der Prüfsubstanz alle Bestandteile zu verwenden sind. In diesem Fall können auch vier zusätzliche Replikatgefäße einer Negativkontrolle (kein Lösungsmittel) für eine fakultative Probenahme am Ende der Aufnahmephase vorgesehen werden. Diese Replikate können biologisch mit der Lösungsmittelkontrolle verglichen werden, um Informationen über einen möglichen Einfluss des Lösungsmittels auf den Testorganismus zu erhalten. Es wird empfohlen, eine ausreichende Anzahl an Replikatgefäßen (z. B. 8) als zusätzliche Reserve für Test- und Kontrollgruppen anzusetzen.

Häufigkeit der Bodenqualitätsmessungen

41.
Zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase und der Eliminationsphase werden der pH-Wert und der Feuchtegehalt des Bodens sowie (kontinuierlich) die Temperatur in der Prüfkammer bestimmt. Einmal pro Woche sollte der Feuchtegehalt des Bodens durch Wiegen der Prüfgefäße und Vergleich ihres Gewichts zum Zeitpunkt der Kontrolle mit ihrem Gewicht zu Testbeginn überprüft werden. Wasserverluste sollten durch Zugabe von entionisiertem Wasser ausgeglichen werden.

Probenahme und Analyse der Wurm- und Bodenproben

42.
Anlage 3 enthält ein Beispiel eines Probenahmeplans für die Testung der Bioakkumulation mit Regenwürmern und Enchytraeen.
43.
Vor dem Einsetzen der Würmer sowie während der Aufnahmephase und der Eliminationsphase wird den Prüfgefäßen Boden zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration entnommen. Während des Tests werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in den Würmern und im Boden bestimmt. In der Regel werden die Gesamtkonzentrationen im Boden gemessen. Es können auch die Konzentrationen im Porenwasser bestimmt werden; in diesem Fall sind vor Beginn der Studie eine Begründung für diesen Entschluss und geeignete Methoden anzugeben, die ebenfalls in den Bericht aufgenommen werden.
44.
Während der Aufnahmephase und der Eliminationsphase werden jeweils mindestens sechs Mal Proben entnommen. Ist eine Prüfsubstanz nachweislich stabil, so kann die Zahl der Bodenproben reduziert werden. Es wird empfohlen, zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase mindestens drei Replikate zu analysieren. Weicht die am Ende der Aufnahmephase bestimmte Konzentration im Boden um mehr als 30 % von der Ausgangskonzentration ab, so sollten die zu anderen Zeitpunkten genommenen Bodenproben ebenfalls analysiert werden.
45.
Die Würmer eines bestimmten Replikatgefäßes werden an jedem Messzeitpunkt aus dem Boden entnommen (z. B. indem der Boden des Replikats auf eine flache Schale verteilt wird und die Würmer mit einer abgerundeten Juwelierpinzette ausgelesen werden) und anschließend kurz in einer flachen Schale aus Glas oder Stahl mit Wasser gespült. Anhaftendes Wasser entfernen (siehe Nummer 34). Die Würmer vorsichtig in ein vorgewogenes Gefäß geben und sofort samt Darminhalt wiegen.
46.
Die Regenwürmer (Eisenia sp.) sollten dann über Nach ihren Darm entleeren, z. B. auf einem angefeuchteten Filterpapier in einer abgedeckten Petrischale (siehe Nummer 34). Nach der Darmentleerung ist das Gewicht der Würmer zu bestimmen, um die eventuelle Abnahme der Biomasse während des Tests zu beurteilen (siehe Validitätskriterien unter Nummer 17). Wiegen und Gewebsanalyse der Enchytraeen erfolgen ohne vorherige Darmentleerung, da dies aus technischer Sicht angesichts der geringen Größe dieser Würmer schwierig ist. Nachdem das Endgewicht bestimmt wurde, werden die Würmer anhand der am besten geeigneten Methode sofort abgetötet (z. B. mit Flüssigstickstoff oder durch Einfrieren bei Temperaturen unter –18 °C).
47.
Während der Eliminationsphase ersetzen die Würmer kontaminierten Darminhalt durch sauberen Boden. Dies bedeutet, dass bei unmittelbar vor der Eliminationsphase entnommenen Proben von Würmern, die ihren Darm nicht entleert haben (in diesem Fall Enchytraeen), der Darm verunreinigten Boden enthält. Bei aquatischen Oligochaeten wird davon ausgegangen, dass nach den ersten 4 bis 24 Std. der Eliminationsphase der Großteil des verunreinigten Darminhalts durch sauberes Sediment ersetzt wurde, z. B. (46). In Studien über die Akkumulation von radioaktiv markiertem Cadmium und Zink wurden vergleichbare Feststellungen für Regenwürmer gemeldet (78). Bei Enchytraeen mit Darminhalt kann die Konzentration dieser ersten Probe der Eliminationsphase als die Konzentration im Gewebe nach Darmentleerung angesehen werden. Um der Verdünnung der Prüfsubstanzkonzentration durch unkontaminierten Boden während der Eliminationsphase Rechnung zu tragen, kann das Gewicht des Darminhalts auf Basis des Verhältnisses Nassgewicht/Aschegewicht des Wurms oder des Verhältnisses Trockengewicht/Aschegewicht des Wurms geschätzt werden.
48.
Die Analyse der Boden- und Wurmproben sollte vorzugsweise direkt nach der Probenahme (d. h. innerhalb von 1 bis 2 Tagen) erfolgen, um einen Abbau oder sonstige Verluste zu vermeiden; es wird empfohlen, die ungefähren Aufnahme- und Eliminationsraten zu ermitteln, während der Versuch fortgesetzt wird. Verzögert sich die Analyse, so sind die Proben auf geeignete Weise zu lagern, z. B. durch Tiefgefrieren (≤ –18 °C).
49.
Es sollte überprüft werden, ob die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der chemischen Analyse sowie die Wiederfindung der Prüfsubstanz aus Boden- und Wurmproben für die betreffende Methode geeignet sind; die Effizienz der Extraktion, die Nachweisgrenze („limit of detection; LOD“) und die Quantifizierungsgrenze („limit of quantification; LOQ“) sollten im Bericht erfasst werden. Auch ist zu kontrollieren, ob die Prüfsubstanz in den Kontrollgefäßen nicht in Konzentrationen feststellbar ist, die über der Hintergrundkonzentration liegen. Wenn die Konzentration der Prüfsubstanz im Testorganismus Ca für die Kontrollwürmer > 0 ist, sollte dies bei der Berechnung der kinetischen Parameter berücksichtigt werden (siehe Anlage 2). Alle Proben sollten während des Tests stets so behandelt werden, dass Verunreinigungen und Verluste (z. B. infolge von Adsorption der Prüfsubstanz durch das Probenahmegerät) auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
50.
Werden radioaktiv markierte Prüfsubstanzen verwendet, so können Ausgangssubstanz und Metaboliten analysiert werden. Eine Quantifizierung der Ausgangsprüfsubstanz und der Metaboliten im steady state oder am Ende der Aufnahmephase liefert wichtige Informationen. Die Proben sollten dann „gereinigt“ werden, damit die Ausgangsprüfsubstanz separat quantifiziert werden kann. Wenn einzelne Metaboliten mehr als 10 % der gesamten Radioaktivität in den analysierten Proben ausmachen, sollten diese Metaboliten identifiziert werden.
51.
Die Gesamtwiederfindungsrate und die Wiederfindung der Prüfsubstanz in Würmern, Boden und gegebenenfalls Abscheidern mit Adsorbersubstanzen, die eingesetzt wurden, um verdampfende Prüfsubstanz aufzufangen, müssen registriert und im Protokoll erfasst werden.
52.
Für Enchytraeen, die kleiner sind als Regenwürmer, ist es zulässig, die beprobten Individuen aus einem bestimmten Prüfgefäß zu poolen. Verringert sich durch das Pooling die Zahl der Replikate, so wird hierdurch die Zahl der statistischen Verfahren eingeschränkt, die auf die Daten anwendbar sind. Wird auf ein spezielles statistisches Verfahren bzw. eine bestimmte statistische Aussagekraft Wert gelegt, so muss der Test unter Berücksichtigung des Pooling, des Verfahrens und der gewünschten Aussagekraft eine angemessene Anzahl an Replikatgefäßen umfassen.
53.
Der BAF sollte sowohl im Verhältnis zum gesamten Trockengewicht als auch, falls erforderlich (bei hochlipophilen Substanzen) im Verhältnis zum Lipidgehalt ausgedrückt werden. Zur Bestimmung des Lipidgehalts sollten geeignete Methoden verwendet werden (zu diesem Zweck sollten einige bestehende Methoden — z. B. (31) (58) — angepasst werden). Bei diesen Methoden wird ein Chloroform/Methanol-Extraktionsverfahren eingesetzt. Um die Verwendung von gechlorten Lösungsmitteln zu vermeiden, sollte jedoch eine angepasste Version der Methode von Bligh and Dyer (9), wie in (17) beschrieben, verwendet werden. Da die verschiedenen Methoden möglicherweise zu unterschiedlichen Werten führen, ist es wichtig, Einzelheiten über die verwendete Methode anzugeben. Wenn möglich, d. h. wenn genügend Wurmgewebe verfügbar ist, sollte die Lipidanalyse idealerweise an derselben Probe oder demselben Extrakt vorgenommen werden, das für die Analyse der Prüfsubstanz verwendet wurde, da die Lipide häufig erst aus dem Extrakt entfernt werden müssen, bevor dieses chromatografisch analysiert werden kann (49). Als Alternative können die Kontrolltiere verwendet werden, um den Lipidgehalt zu bestimmen, der dann herangezogen werden kann, um die BAF-Werte zu normalisieren. Mit letztgenanntem Konzept lässt sich die Verunreinigung der Geräte durch die Prüfsubstanz reduzieren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

54.
Die Aufnahmekurve der Prüfsubstanz ergibt sich, indem ihre Konzentration in/auf den Würmern in der Aufnahmephase gegen die Zeit auf einer arithmetischen Skala aufgetragen wird. Wenn die Kurve ein Plateau oder den steady state (siehe Definitionen in Anlage 1) erreicht hat, wird der steady-state-Bioakkumulationsfaktor BAFss wie folgt errechnet:

Dabei sind:

Ca = die Konzentration der Prüfsubstanz im Testorganismus

Cs = die Konzentration der Prüfsubstanz im Boden

55.
Wird kein steady state erreicht, sollte der auf den Konstanten basierende BAFK anstelle des BAFss wie nachstehend beschrieben bestimmt werden:
Bestimmung des Akkumulationsfaktors (BAFK) als Quotient ks/ke.
Aufnahme- und Eliminationskonstante möglichst gleichzeitig berechnen (siehe Gleichung 11 in Anlage 2)
Die Eliminationskonstante (ke) wird in der Regel aus der Eliminationskurve abgeleitet (d. h. einer graphischen Darstellung der Prüfsubstanzkonzentration in den Würmern während der Eliminationsphase). Die Aufnahmekonstante ks wird dann anhand des gegebenen Wertes ke und einem Ca-Wert berechnet, der sich aus der Aufnahmekurve ableitet. Siehe Beschreibung dieser Methoden in Anlage 2. Die bevorzugte Methode zur Berechnung des BAFK und der Konstanten ks und ke ist eine computergestützte nichtlineare Parameterschätzung. Wenn die Ausscheidungskurve offensichtlich nicht erster Ordnung ist, sollten komplexere Modelle herangezogen werden.

Prüfbericht

56.
Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüfsubstanz:

Etwaige verfügbare Angaben zur akuten oder chronischen Toxizität (z. B. ECx, LCx, NOEC) der Prüfsubstanz gegenüber bodenbewohnenden Oligochaeten;
Reinheit, physikalischer Zustand und gegebenenfalls physikalisch-chemische Eigenschaften, z. B. log Kow, Wasserlöslichkeit;
chemische Kenndaten; Herkunft der Prüfsubstanz, Bezeichnung und Konzentration der verwendeten Lösungsmittel;
bei radioaktiv markierten Prüfsubstanzen: die genaue Position des markierten Atoms (der Atome), die spezifische Radioaktivität und die radiochemische Reinheit.

Testspezies:

wissenschaftlicher Name, Stamm, Bezugsquelle, eventuelle Vorbehandlungen, Akklimatisation, Alter, Größenbereich usw.

Prüfbedingungen:

angewandtes Prüfverfahren;
Art und Eigenschaften der verwendeten Beleuchtung und Photoperiode(n);
Versuchsaufbau (z. B. Anzahl und Größe der Prüfgefäße, Bodenmasse und Füllhöhe der Bodenschicht, Anzahl der Replikate, Anzahl der Würmer pro Replikat, Anzahl der Prüfkonzentrationen, Dauer der Aufnahme- und Eliminationsphase, Häufigkeit der Probenahmen);
Begründung für die Wahl des Materials der Prüfgefäße;
Methode für die Vorbereitung des Prüfgegenstands und Applikationsmethode sowie Begründung der Wahl einer bestimmten Methode;
die nominellen Prüfkonzentrationen, der Durchschnitt der gemessenen Werte sowie deren Standardabweichungen in den Prüfgefäßen sowie das Verfahren, durch das diese Werte ermittelt wurden;
Quelle der Bestandteile des künstliches Bodens oder — wenn ein natürliches Medium verwendet wird — Herkunft des Bodens, Beschreibung etwaiger Vorbehandlungen, Ergebnisse der Kontrollen (Überlebensrate, Entwicklung der Biomasse, Reproduktion), Bodenmerkmale (pH-Wert, Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff, Korngrößenverteilung (Anteil an Sand, Schluff und Lehm), WHCmax, Wassergehalt zu Beginn und am Ende des Versuchs und sonstige vorgenommene Messungen);
Angaben zur Behandlung der Boden- und Wurmproben, einschließlich aller Einzelheiten über Vorbereitung, Lagerung, Dotierungsverfahren, Extraktion, und zu Analyseverfahren (und -genauigkeit) in Bezug auf die Prüfsubstanz in Würmern und Boden sowie zum Lipidgehalt (falls gemessen) und Wiederauffindungsraten des Prüfgegenstands.

Ergebnisse:

Mortalität der Kontrollwürmer und der Würmer in den einzelnen Prüfgefäßen sowie jegliches beobachtetes anormales Verhalten (z. B. Vermeidung des Bodens, fehlende Reproduktion bei einem Bioakkumulationstest mit Enchytraeen);
Verhältnis zwischen Trockengewicht und Frischgewicht im Boden und in den Testorganismen (nützlich für die Normalisierung);
das Feuchtgewicht der Würmer bei jeder Probenahme; für Regenwürmer das Feuchtgewicht zu Beginn des Versuchs und bei jeder Probenahme vor und nach der Darmentleerung;
der Lipidgehalt der Testorganismen (falls in der Prüfung ermittelt);
Kurven der Aufnahme- und Eliminationskinetiken der Prüfsubstanz in den Würmern und die Zeit bis zur Einstellung des steady state;
Ca und Cs (gegebenenfalls mit Standardabweichung und Abweichungsbereich) für alle Probenahmen (wobei Ca in g kg–1 Feucht- und Trockengewicht des Ganzkörpers und Cs in g kg–1 Feucht- und Trockengewicht des Bodens ausgedrückt wird). Wird der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) benötigt (z. B. für den Vergleich der Ergebnisse von zwei oder mehreren Tests, die mit Tieren mit unterschiedlichem Lipidgehalt durchgeführt wurden), so können Ca zusätzlich als g kg–1 Lipidgehalt des Organismus und Cs als g kg–1 organischer Kohlenstoff (OC) des Bodens ausgedrückt werden;
BAF (ausgedrückt in kg Boden·kg–1 Wurm), Boden-Aufnahmekonstante ks (ausgedrückt in g Boden kg–1 Wurm d–1) und Eliminationskonstante ke (ausgedrückt in d–1); BSAF (ausgedrückt in kg Boden organischer Kohlenstoff kg–1 Lipidgehalt des Wurms) kann zusätzlich angegeben werden;
falls gemessen: Gehalt an Ausgangssubstanz, Metaboliten und gebundenen Rückständen (d. h. Gehalt an Prüfsubstanz, die sich nicht mit gewöhnlichen Extraktionsmethoden extrahieren lässt) im Boden und in den Testtieren;
Methoden zur statistischen Datenanalyse.

Auswertung der Ergebnisse:

Übereinstimmung der Ergebnisse mit den Validitätskriterien gemäß in Nummer 17;
unerwartete oder ungewöhnliche Ergebnisse, z. B. unvollständige Elimination der Prüfsubstanz durch die Testtiere.

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Kapitel C.8 dieses Anhangs; Toxizität für Regenwürmer.
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Kapitel C.13 dieses Anhangs; Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest.
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Kapitel C.21 dieses Anhangs; Bodenmikroorganismen: Stickstofftransformationstest.
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Widianarko B. and Van Straalen N.M. (1996): Toxicokinetics-based survival analysis in bioassays using nonpersistent chemicals, Environ. Toxicol. Chem. 15: 402–406.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Bioakkumulation ist die Konzentrationszunahme (Anreicherung) der Prüfsubstanz in oder an einem Organismus gegenüber der Prüfsubstanzkonzentration im umgebenden Medium. Bioakkumulation setzt sich aus Biokonzentrations- und Biomagnifikationsvorgängen (siehe unten) zusammen.

Biokonzentration ist die Konzentrationszunahme (Anreicherung) der Prüfsubstanz in oder an einem Organismus gegenüber der Prüfsubstanzkonzentration im umgebenden Medium, die ausschließlich aus der Aufnahme der Substanz aus dem umgebenden Medium (z. B. über die Körperoberfläche und durch die ingestive Aufnahme des Bodens) resultiert.

Biomagnifikation ist die Konzentrationszunahme (Anreicherung) der Prüfsubstanz in oder an einem Organismus, die hauptsächlich aus der Aufnahme der Prüfsubstanz über kontaminiertes Futter oder kontaminierte Beute resultiert, bezogen auf die Prüfsubstanzkonzentration im Futter bzw. in der Beute. Biomagnifikation kann zum Transfer oder zur Bioakkumulation der Prüfsubstanz in Nahrungsketten oder -netzen führen.

Die Elimination einer Prüfsubstanz ist die Ausscheidung der angereicherten Prüfsubstanz aus dem Prüforganismus durch aktive oder passive Prozesse, die unabhängig von An- oder Abwesenheit der Prüfsubstanz im umgebenden Medium erfolgt.

Der Bioakkumulationsfaktor (BAF) zu jedem beliebigen Zeitpunkt während der Aufnahmephase dieses Bioakkumulationstests ist der Quotient aus der Konzentration der Prüfsubstanz in/an dem Prüforganismus (Ca in g kg-1 Trockengewicht Wurm) und der Konzentration der Prüfsubstanz im umgebenden Medium (Cs in g kg-1 Trockengewicht Boden); der BAF wird in kg Boden·kg-1 Wurm ausgedrückt.

Der steady-state-Bioakkumulationsfaktor (BAFss), der den BAF im steady state bezeichnet, ändert sich über einen längeren Zeitraum nicht wesentlich; die Konzentration der Prüfsubstanz im umgebenden Medium (Cs ausgedrückt als g kg-1 Trockengewicht des Bodens) ist während dieser Zeit konstant.

Bioakkumulationsfaktoren, die sich direkt anhand des Verhältnisses der Substrat-Aufnahmekonstanten zur Eliminationskonstanten (ks und ke, siehe unten) berechnen lassen, werden als kinetischer Bioakkumulationsfaktor (BAFK) bezeichnet.

Der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) ist der Quotient aus der auf den Lipidgehalt normierten Prüfsubstanzkonzentration in/an dem Testorganismus (Ca in g kg-1 Lipidgehalt des Organismus) und der auf den organischen Kohlenstoffgehalt normierten Prüfsubstanzkonzentration im Boden im steady state (Cs in g kg-1 organischen Kohlenstoff des Bodens); der BSAF wird in kg organischer Kohlenstoff·kg-1 Lipid ausgedrückt.

Ein Plateau oder steady state ist definiert als das Gleichgewicht zwischen den während der Aufnahmephase simultan auftretenden Aufnahme- und Eliminationsvorgängen. Der steady state in der grafischen Darstellung des gegen die Zeit aufgetragenen BAF ist erreicht, wenn die Kurve parallel zur Zeitachse verläuft und wenn drei aufeinander folgende BAF-Analysen, die an Proben durchgeführt werden, die im Abstand von mindestens zwei Tagen genommen wurden, um nicht mehr als ± 20 % voneinander abweichen, bzw. wenn es keine statistisch bedeutenden Unterschiede zwischen den drei Probenahmephasen gibt. Für Prüfsubstanzen, die nur langsam aufgenommen werden, ist ein zeitlicher Abstand zwischen den Probenahmen von sieben Tagen geeigneter (49).

Der Koeffizient für die Verteilung organischer Kohlenstoff/Wasser (Koc) bezeichnet das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentration Substanz im/am organischen Kohlenstoffanteil im Boden zu derjenigen im Wasser.

Der Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (Kow) bezeichnet das Verhältnis zwischen der Konzentration einer Substanz in n-Oktanol und ihrer Konzentration in Wasser im Gleichgewicht, auch als Pow-Wert ausgedrückt. Der Logarithmus von Kow (log Kow) gilt als Maß für das Potenzial einer Substanz, von aquatischen Organismen angereichert zu werden.

Die Aufnahme- oder Expositionsphase ist der Zeitraum, in dem die Prüforganismen der Prüfsubstanz ausgesetzt sind.

Die Substrat-Aufnahmekonstante (ks) ist der numerische Wert, der die Geschwindigkeitsrate der Zunahme der Prüfsubstanzkonzentration im/am Testorganismus bei Anreicherung der Substanz aus dem Boden definiert. ks wird in g Boden kg-1 Wurm d-1 ausgedrückt.

Die Eliminationsphase ist der Zeitraum, in dem nach Umsetzung der Testorganismen von kontaminiertem Medium in prüfsubstanzfreies Medium die Ausscheidung (oder der Nettoverlust) der Prüfsubstanz durch die Testorganismen beobachtet wird.

Die Eliminationskonstante (ke) ist der numerische Wert, der die Geschwindigkeit der Konzentrationsabnahme der Prüfsubstanz in/an dem Testorganismus nach Umsetzung der Testorganismen aus einem mit Prüfsubstanz belasteten Medium in prüfsubstanzfreies Medium definiert; ke wird in Tag-1 (d-1) angegeben.

Prüfsubstanz: jede Substanz oder jedes Gemisch, die/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Berechnung der Aufnahme- und Eliminationsparameter

Hauptendpunkt eines Bioakkumulationstests ist der Bioakkumulationsfaktor (BAF). Zur Berechnung des gemessenen BAF bildet man den Quotienten aus der Konzentration der Prüfsubstanz im Testorganismus (Ca) und der Konzentration im Substrat (Cs) im steady state. Wurde der steady state während der Aufnahmephase nicht erreicht, so wird anhand der Konstanten der kinetische Bioakkumulationsfaktor (BAFK) anstelle des steady-state-Bioakkumulationsfaktors BAFss berechnet.

Für die Berechnung des kinetischen Bioakkumulationsfaktors (BAFK), der Substrat-Aufnahmekonstanten (ks) und der Eliminationskonstanten (ke) werden in der Regel computergestützte, nichtlineare Verfahren zur Parameterschätzung eingesetzt, z. B. basierend auf den in (68) beschriebenen Modellen. Diese Programme bestimmen die Werte BAFK, ks und ke basierend auf einem gegebenen Satz von über die Zeit ermittelten Konzentrationsdaten und den Modellgleichungen:



0 < t < tc[Gleichung 1]

oder



t > tc[Gleichung 2]

Dabei sind:

Ca=Konzentration der chemischen Substanz in den Würmern [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]
ks=Aufnahmekonstante im Gewebe [g Boden kg-1 Wurm d-1]
Cs=Konzentration der chemischen Substanz im Boden [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]
ke=Eliminationskonstante [d-1]
tc=Zeit am Ende der Aufnahmephase.

Wenn die Hintergrundkonzentration in den nichtexponierten Würmern z. B. am Tag 0 deutlich von Null abweicht (was z. B. bei Metallen der Fall sein kann), so wird diese Hintergrundkonzentration (Ca,0) in den Gleichungen wie folgt berücksichtigt:



0 < t < tc[Gleichung 3]

und



t > tc[Gleichung 4]

Wird im Verlauf der Aufnahmephase eine deutliche Abnahme der Prüfsubstanzkonzentration im Boden beobachtet, so können folgende Modellgleichungen verwendet werden (z. B. (67) (79)):



[Gleichung 5]

Dabei sind:

Cs=Konzentration der Substanz im Boden [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]
k0=Boden-Abbaukonstante [d-1]
C0=anfängliche Konzentration der chemischen Substanz im Boden [gkg-1 Feucht- oder Trockengewicht]



0 < t < tc[Gleichung 6]
t > tc[Gleichung 7]

Dabei sind:

Ca=Konzentration der chemischen Substanz in Würmern [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]
ks=Aufnahmekonstante im Gewebe [g soil kg-1 of worm d-1]
k0=Boden-Abbaukonstante [d-1]
ke=Eliminationskonstante [d-1]
tc=Zeit am Ende der Aufnahmephase.

Wird ein steady state während der Aufnahmephase erreicht (d. h. t = ∞), kann Gleichung 1



0 < t < tc[Gleichung 1]

umgeformt werden zu

oder



[Gleichung 8]

Damit stellt ks/ke x Cs eine Annäherung an die Konzentration der Prüfsubstanz im Wurmgewebe im steady state (Ca,ss) dar.

Der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) lässt sich wie folgt berechnen:



[Gleichung 9]

wobei foc die Fraktion des organischen Kohlenstoffs im Boden und flip die Fraktion des Lipidgehalts der Würmer ist, beide vorzugsweise an Proben, die aus dem Versuch stammen, und jeweils nach Trocken- oder Feuchtgewicht bestimmt.

Zur Modellierung der Eliminationskinetik/Eliminationsverläufe können die Daten aus der Eliminationsphase herangezogen und die folgende Modellgleichung und ein computergestütztes, nichtlineares Verfahren zur Parameterschätzung angewendet werden. Weisen die gegen die Zeit aufgetragenen Messwerte auf eine konstante exponentielle Abnahme der Prüfsubstanzkonzentration in den Tieren hin, so lässt sich der Eliminationsverlauf mit einem Ein-Kompartiment-Modell (Gleichung 9) beschreiben.



[Gleichung 10]

Die Elimination kann zuweilen biphasisch verlaufen, mit einer raschen Abnahme von Ca in den Anfangsphasen und einem langsameren Verlust an Prüfsubstanz in den letzten Phasen der Elimination, z. B. (27) (68). Erklären lassen sich die beiden Phasen mit der Annahme, dass es im Organismus zwei verschiedene Kompartimente gibt, aus denen die Prüfsubstanz mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten eliminiert wird. Für diese Fälle wird auf die einschlägige Literatur verwiesen, z. B. (38) (39) (40) (78).

Anhand der obigen Modellgleichungen können die Kinetikparameter (ks und ke) auch in einem Durchlauf berechnet werden, indem die Kinetikmodellgleichung 1. Ordnung auf alle Daten aus der Aufnahme- und der Eliminationsphase gleichzeitig angewendet wird. Für die Beschreibung einer Methode, die eine solche kombinierte Berechnung der Aufnahme- und Eliminationskonstanten ermöglicht, wird auf (41), (73) und (70) verwiesen.



[Gleichung 11]

Anmerkung: Bei gleichzeitiger Schätzung der Aufnahme- und Eliminationsparameter anhand der kombinierten Aufnahme- und Eliminationsdaten ist„m“ in Gleichung 11 ein Deskriptor, mit dem das Computerprogramm die Teilterme der Gleichung den Datensätzen der jeweiligen Phase zuordnen und die Schätzung korrekt durchführen kann (m = 1 für die Aufnahmephase; m = 2 für die Eliminationsphase).

Diese Modellgleichungen sind jedoch mit Vorsicht anzuwenden, insbesondere wenn sich während des Versuchs die Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz ändert oder (biologischer) Abbau stattfindet (siehe z. B. (79)).

Anlage 3

PROBENAHMEPLAN FÜR DIE TESTUNG DER BIOAKKUMULATION IM BODEN —BEISPIELE

Regenwurmtest

a)
Aufnahmephase mit 8 Messpunkten für die Kinetikberechnung



TagArbeitsschritte
– 6Konditionieren des zubereiteten Bodens für 48 Std.;
– 4Dotieren der Bodenfraktion mit der Lösung der Prüfsubstanz, Abdampfen von Lösungsmitteln; Mischen der Bodenbestandteile; Befüllen der Prüfgefäße mit dem Boden; Equilibrieren bei Prüfbedingungen für 4 Tage (3 Wochen bei metalldotierten Böden);
– 3 bis – 1Entnahme der Testorganismen aus der Anzuchtkultur zwecks Akklimatisierung; Zubereitung und Befeuchtung der Bodenbestandteile;
0Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Entnahme von Bodenproben aus den behandelten Prüfgefäßen und den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration; Zugabe der Futterration; Wiegen und Verteilen der Würmer auf die Prüfgefäße nach dem Zufallsprinzip; Reservieren einer ausreichenden Anzahl von Teilproben von Würmern zur Bestimmung von analytischen Hintergrundwerten, Feucht- und Trockengewicht sowie Lipidgehalt; Wiegen sämtlicher Prüfgefäße zur Kontrolle der Bodenfeuchte; Kontrolle der Luftzufuhr bei Verwendung eines geschlossenen Prüfsystems;
1Kontrolle der Luftzufuhr, Aufzeichnung von Wurmverhalten und Temperatur; Entnahme von Boden- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;
2wie Tag 1;
3Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;
4wie Tag 1;
5-6wie Tag 3;
7wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;
8-9wie Tag 3;
10wie Tag 1;
11-13wie Tag 3;
14wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;
15-16wie Tag 3;
17wie Tag 1;
18-20wie Tag 3;
21wie Tag 1; Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße; Ende der Aufnahmephase; Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Boden für die Eliminationsphase (ohne Entleerung des Darminhalts); Entnahme von Boden- und Wurmproben aus den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel.
Die Arbeitsschritte vor der Exponierung (Equilibrierungsphase) sind unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Prüfsubstanz zu programmieren.
Die für Tag 3 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an den Arbeitstagen).
b)
Eliminationsphase



TagArbeitsschritte
– 6Zubereitung und Befeuchtung der Bodenbestandteile; Konditionieren des zubereiteten Bodens für 48 Std.;
– 4Mischen der Bodenbestandteile; Befüllen der Prüfgefäße mit dem Boden; Inkubation bei Prüfbedingungen für 4 Tage;
0 (Ende der Aufnahmephase)Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Wiegen und Verteilen der Würmer auf die Prüfgefäße nach dem Zufallsprinzip; Zugabe der Futterration; Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Boden; Entnahme von Boden- und Wurmproben nach 4 bis 6 Std. zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;
1Kontrolle der Luftzufuhr, Aufzeichnung von Wurmverhalten und Temperatur; Entnahme von Boden- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;
2wie Tag 1;
3Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;
4wie Tag 1;
5-6wie Tag 3;
7wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;
8-9wie Tag 3;
10wie Tag 1;
11-13wie Tag 3;
14wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;
15-16wie Tag 3;
17wie Tag 1;
18-20wie Tag 3;
21wie Tag 1; Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße; Entnahme von Boden- und Wurmproben aus den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel.
Der Boden wird vor Beginn der Eliminationsphase auf dieselbe Weise zubereitet wie vor der Aufnahmephase.
Die für Tag 3 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an den Arbeitstagen).

Enchyträentest

a)
AUfnahmephase mit 8 Messpunkten für die Kinetikberechnung



TagArbeitsschritte
– 6Konditionieren des zubereiteten Bodens für 48 h;
– 4Dotieren der Bodenfraktion mit der Lösung der Prüfsubstanz, Abdampfen von Lösungsmitteln; Mischen der Bodenbestandteile; Befüllen der Prüfgefäße mit dem Boden; Equiliben bei Prüfbedingungen für 4 Tage (3 Wochen bei metalldotierten Böden);
– 3 bis – 1Entnahme der Testorganismen aus der Anzuchtkultur zwecks Akklimatisierung; Zubereitung und Befeuchtung der Bodenbestandteile;
0Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Entnahme von Bodenproben aus den behandelten Prüfgefäßen und den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration; Zugabe der Futterration in den Boden; Wiegen und Verteilen der Würmer auf die Prüfgefäße nach dem Zufallsprinzip; Reservieren einer ausreichenden Anzahl von Teilproben von Würmern zur Bestimmung von analytischen Hintergrundwerten, Feucht- und Trockengewicht sowie Lipidgehalt; Wiegen sämtlicher Prüfgefäße zur Kontrolle der Bodenfeuchte; Kontrolle der Luftzufuhr bei Verwendung eines geschlossenen Prüfsystems;
1Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur; Entnahme von Boden- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;
2wie Tag 1;
3Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;
4wie Tag 1;
5-6wie Tag 3;
7wie Tag 1; Zugabe der Futterration in den Boden; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;
9wie Tag 1;
10wie Tag 3;
11wie Tag 1;
12-13wie Tag 3;
14wie Tag 1; Zugabe der Futterration in den Boden; Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße; Ende der Aufnahmephase; Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Boden für die Eliminationsphase (ohne Entleerung des Darminhalts); Entnahme von Boden- und Wurmproben aus den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel.
Die Arbeitsschritte vor der Exponierung (Equilibrierungsphase) sind unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Prüfsubstanz zu programmieren.
Die für Tag 3 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an den Arbeitstagen).

Anlage 4

Kunsterde — Empfehlungen für die Zubereitung und Lagerung

Da natürlicher Boden aus einer bestimmten Quelle möglicherweise nicht das ganze Jahr über verfügbar ist und vorhandene Bodenorganismen sowie Mikroschadstoffe den Test beeinflussen können, wird für diesen Test künstliches Substrat, die Kunsterde gemäß Kapitel C.8 dieses Anhangs (Toxizität für Regenwürmer) (48), empfohlen. In dieser Kunsterde können mehrere Testspezies überleben, heranwachsen und sich vermehren, und eine maximale Standardisierung sowie Vergleichbarkeit der Test- und Kulturbedingungen sowohl laborintern als auch zwischen verschiedenen Labors sind gewährleistet.

Bodenbestanteile



Torf:10 %Sphagnum-Torf, gemäß OECD-Richtlinie Nr. 207 (48);
Quarzsand:70 %Industriequarzsand (luftgetrocknet); Korngröße: > 50 % der Partikel sollten Größen zwischen 50 und 200 μm aufweisen, aber alle Partikel sollten nicht größer als 2 mm sein;
Kaolin-Ton:20 %Kaolinitgehalt: ≥ 30 %;
Calciumcarbonat:≤ 1 %CaCO3, pulverisiert, chemisch rein.

Es ist ebenfalls möglich, den Gehalt der Kunsterde an organischem Kohlenstoff zu reduzieren, z. B. indem der Torfgehalt auf 4 bis 5 % bezogen auf das Trockengewicht des Bodens verringert und der Sandanteil entsprechend erhöht wird. Durch eine solche Reduzierung des Gehalts an organischem Kohlenstoff kann die Bindung der Prüfsubstanz an den Boden (organischen Kohlenstoff) verringert werden und die Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz für die Würmer zunehmen (74). Es wurde nachgewiesen, dass Enchytraeus albidus und Eisenia fetida den Validitätskriterien hinsichtlich der Vermehrung bei Versuchen mit Feldböden mit geringerem Gehalt an organischem Kohlenstoff (z. B. 2,7 % (33), (61)) genügen, und es ist auch erwiesen, dass diese Ergebnisse auch mit Kunsterde mit 5 %igem Torfgehalt erzielt werden können.

Zubereitung

Die trockenen Bodenbestandteile werden ca. eine Woche vor Prüfbeginn gründlich durchmischt (z. B. in einem großen Labormischer). Diese Mischung sollte mindestens 48 Std. vor Auftragen der Prüfsubstanz zur Einstellung/Stabilisierung des Säuregehalts mit entionisiertem Wasser befeuchtet werden. Der pH-Wert wird bestimmt, indem man den Boden im Verhältnis 1:5 mit 1 M KCl-Lösung mischt. Den pH-Wert des Bodens gegebenenfalls durch Zugabe einer ausreichenden Menge von CaCO3 auf 6,0 ± 0,5 einstellen oder eine neue Bodenpartie zubereiten.

Die maximale Wasserhaltekapazität (WHC) der Kunsterde wird nach der ISO-Norm 11268-2 bestimmt (35). Mindesten zwei Tage vor Testbeginn die trockene Kunsterde mit genug entionisiertem oder rekonsituiertem Wasser befeuchten, bis ungefähr 50 % des endgültigen Wassergehalts, der 40 bis 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität (WHC) betragen sollte, erreicht sind. Zu Testbeginn wird der angefeuchtete Boden in so viele Portionen, wie Prüfkonzentrationen und Kontrollen für den Test benötigt werden, aufgeteilt und der Feuchtegehalt wird mit der Lösung der Prüfsubstanz und/oder entionisiertem oder rekonstituiertem Wasser auf 40 bis 60 % des WHCmax eingestellt. Der Feuchtegehalt wird zu Beginn und am Ende des Tests (bei 105 °C) bestimmt. Er sollte optimal auf die Bedürfnisse der Spezies abgestimmt sein. (Der Feuchtegehalt kann auch überprüft werden, indem der Boden vorsichtig zusammengedrückt wird, bis kleine Wassertropfen zwischen den Finger auftauchen).

Lagerung

Die trockenen Bestandteile der Kunsterde können bis zu ihrem Gebrauch bei Raumtemperatur gelagert werden. Der vorbereitete, angefeuchtete Boden kann bis zu drei Tage vor dem Dotieren an einem kühlen Ort gelagert werden. Verdunstungsverluste sind möglichst gering zu halten. Der Boden ist unmittelbar nach dem Auftragen der Prüfsubstanz zu gebrauchen, außer es liegen Informationen darüber vor, dass der betreffende Boden gelagert werden kann, ohne dass hierdurch die Toxizität und Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz beeinflusst werden. In diesem Fall können Proben des dotierten Bodens bis zur Analyse unter den für die betreffende Prüfsubstanz empfohlenen Bedingungen gelagert werden.

Anlage 5

Als Testspezies für die Bestimmung der Bioakkumulation aus dem Boden empfohlene Arten terrestrischer Oligochaeten

Regenwürmer

Die empfohlene Testspezies Eisenia fetida (Savigny 1826) gehört zur Familie der Regenwürmer (Lumbricidae). Seit 1972 wird sie in zwei Unterarten (Eisenia fetida und Eisenia andrei aufgeteilt (10)). Laut Jaenike (36) handelt es sich jedoch um zwei gesonderte Arten. Eisenia fetida ist leicht an den glänzenden gelben Streifen zwischen den Segmenten erkennbar, während Eisenia andrei eine einheitlich dunkelrote Färbung aufweist. Die ursprüngliche Heimat dieser Arten liegt wahrscheinlich in der Gegend des Schwarzen Meers; inzwischen sind sie weltweit verbreitet und kommen vor allem in anthropogen beeinflussten Habitaten wie Komposthaufen vor. Beide lassen sich sowohl für Ökotoxikologietests als auch für Bioakkumulationstests verwenden.

Eisenia fetida und Eisenia andrei sind im Handel erhältlich, z. B. als Fischköder. Ihr Reproduktionszyklus ist im Vergleich zu anderen Lumbriciden relativ kurz. Bei Raumtemperatur erreichen sie nach ca. 2-3 Monaten Geschlechtsreife. Ihr Temperaturoptimum liegt bei ca. 20-24 °C. Sie bevorzugen ein relativ feuchtes Substrat mit neutralem pH und hohem Gehalt an organischem Material. Da diese Arten seit ca. 25 Jahren weitgehend in standardisierten Ökotoxikologietests verwendet werden, ist das Verfahren für ihre Anzucht wohlbekannt (48) (77).

Beide Arten können in vielfältigen tierischen Exkrementen angezogen werden. In der ISO-Norm (35) wird als Anzuchtsmedium eine 50:50-Mischung von Pferde- oder Rinderdung und Torf empfohlen. Das Medium sollte einen pH-Wert von etwa 6 bis 7 (eingestellt mit Calciumcarbonat) sowie eine niedrige Ionenleitfähigkeit (weniger als 6 mS/cm oder weniger als 0,5 % Salzkonzentration) haben und sollte nicht übermäßig mit Ammonium oder tierischem Urin verunreinigt sein. Es kann auch handelsübliche zusatzfreie Gartenerde, OECD-Kunsterde (48) oder eine Mischung aus beiden zu gleichen Teilen verwendet werden. Das Substrat sollte feucht, jedoch nicht zu nass sein. Zur Anzucht eignen sich Kästen mit einem Fassungsvermögen von 10 Liter bis 50 Liter.

Zur Gewinnung von Würmern gleichen Alters und gleicher Größe (Masse) ist es am besten, die Kultur mit Kokons zu beginnen. Hierzu werden adulte Würmer zur Kokonablage in einen Anzuchtkasten mit frischem Substrat gesetzt. Die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass eine Besatzdichte von ca. 100 adulten Würmern pro kg Substrat (Feuchtgewicht) gute Reproduktionsraten ergibt. Nach 28 Tagen werden die adulten Tiere entfernt. Die aus diesen Kokons geschlüpften Würmer werden nach Erreichen der Geschlechtsreife nach mindestens zwei Monaten, spätestens jedoch nach 12 Monaten für Tests verwendet.

Die Würmer der oben beschriebenen Arten können als gesund betrachtet werden, wenn sie sich durch das Substrat bewegen, nicht versuchen, das Substrat zu verlassen und sich regelmäßig reproduzieren. Substratmangel wird durch eine sehr langsame Bewegung der Würmer angezeigt und dadurch, dass sie ein gelbes hinteres Ende (im Fall von Eisenia fetida) aufweisen. In diesem Fall ist/sind die Bereitstellung von frischem Substrat und/oder die Reduzierung der Besatzdichte je Kasten zu empfehlen.

Zusätzlich ausgewähltes Referenzmaterial

Gerard B.M. (1964): Synopsis of the British fauna. No. 6 Lumbricidae. Linnean Soc. London, 6: 1-58.

Graff O. (1953): Die Regenwürmer Deutschlands. Schr. Forsch. Anst. Landwirtsch. 7: 1-81.

Römbke J., Egeler P., Füll C. (1997): Literaturstudie über Bioakkumulationstests mit Oligochaeten im terrestrischen Medium. Bericht für das UBA F + E 206 03 909, 86 S.

Rundgren S. (1977): Seasonality of emergence in lumbricids in southern Sweden. Oikos 28: 49-55.

Satchell J.E. (1955): Some aspects of earthworm ecology. Soil Zoology (Kevan): 180-201.

Sims R.W. and Gerard B.M. (1985): A synopsis of the earthworms. Linnean Soc. London 31: 1-171.

Tomlin A.D. (1984): The earthworm bait market in North America. In: Earthworm Ecology — from Darwin to vermiculture. Satchell, J.E. (ed.), Chapman & Hall, London. 331-338 pp.

Enchytraeen

Als Testspezies wird Enchytraeus albidus Henle 1837 (Weißer Topfwurm) empfohlen. Mit einer Länge von bis zu 15 mm ist Enchytraeus albidus einer der größten Vertreter der zu den Ringelwürmern gehörenden Oligochaetenfamilie Enchytraeidae und ist ubiquitär (8) verbreitet. Enchytraeus albidus ist in marinen, limnischen und terrestrischen Habitaten zu finden, hauptsächlich in faulendem organischem Material (Seetang, Kompost), aber, wenn auch seltener, ebenso in Wiesen (42). Diese breite ökologische Toleranz und einige morphologische Variationen weisen darauf hin, dass es möglicherweise mehrere Unterarten dieser Art gibt.

Enchytraeus albidus ist im Handel erhältlich, z. B. als Fischfutter. Es ist zu prüfen, ob andere, für gewöhnlich kleinere Arten in der Kultur präsent sind (60). Ist dies der Fall, sind alle Würmer in einer Petrischale mit Wasser zu waschen. Große adulte Exemplare von Enchytraeus albidus werden dann (mittels Stereomikroskop) für eine neue Kultur aussortiert. Alle anderen Würmer werden verworfen. Der Reproduktionszyklus ist kurz, da die Tiere ihre Geschlechtsreife zwischen 33 Tagen (bei 18 °C) und 74 Tagen (bei 12 °C) erreichen. Für die Versuche sollten ausschließlich Wurmkulturen verwendet werden, die mindestens fünf Wochen lang (eine Generation) problemlos im Labor gehalten wurden.

Andere Arten der Gattung Enchytraeus sind ebenfalls geeignet, insbesondere Enchytraeus luxuriosus. Diese in (65) neu beschriebene Art ist ein echter Bodenbewohner. Werden andere Enchytraeus-Arten verwendet, so sind diese eindeutig zu identifizieren und die Gründe für die Wahl der Art zu protokollieren.

Die Art Enchytraeus crypticus (Westheide & Graefe 1992) gehört zur selben Gruppe wie Enchytraeus luxuriosus. Ihr Vorkommen im Freiland konnte nicht sicher nachgewiesen werden, da die Art bisher nur im Zusammenhang mit Wurmzuchten und Komposthaufen beschrieben wurde (Römbke 2003). Ihre ursprünglichen ökologischen Ansprüche sind daher nicht bekannt. Jüngste Laborstudien mit Freilandböden haben jedoch bestätigt, dass sich diese Art durch eine breite Toleranz gegenüber Bodeneigenschaften wie pH-Wert ud Bodentextur auszeichnet (Jänsch et al. 2005). In jüngster Zeit wird die Art wegen der Einfachheit ihrer Zucht und Testung häufig für ökotoxikologische Studien verwendet (z. B. Kuperman et al. 2003). Die Tiere sind jedoch klein (3-12 mm; im Durchschnitt 7 mm) (Westheide & Müller 1996) und daher nicht so leicht handhabbar wie Enchytraeus albidus. Bei Verwendung dieser Art anstelle von Enchytraeus albidus können, müssen aber nicht unbedingt kleinere Prüfgefäße eingesetzt werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich diese Art mit einer Generationszeit von weniger als 20 Tagen bei 20 ± 2 °C (Achazi et al. 1999) sehr schnell und bei höheren Temperaturen sogar noch schneller vermehrt.

Enchytraeen der Art Enchytraeus albidus (sowie andere Enchytraeus-Arten können in großen Kunststoffschalen (z. B. 30 × 60 ×10 cm bzw. 20 × 12 × 8 cm für Kulturen kleinerer Wurmarten) gezüchtet werden, die mit einer Mischung aus Kunsterde und im Handel erhältlicher zusatzfreier Gartenerde gefüllt sind. Kompostmaterial ist zu vermeiden, da dieses toxische Substanzen wie Schwermetalle enthalten kann. Vor Gebrauch sollte das Zuchtsubstrat durch dreimaliges Tiefgefrieren defauniert werden. Reine Kunsterde kann ebenfalls verwendet werden, doch könnte die Reproduktionsgeschwindigkeit geringer sein als bei der Verwendung von Mischsubstraten. Der pH-Wert des Substrats sollte bei 6,0 ± 0,5 liegen. Die Zucht erfolgt in einem Inkubator bei 15 ± 2 °C im Dauerdunkel. In jedem Fall sind Temperaturen von über 23 °C zu vermeiden. Der künstliche/natürliche Boden sollte feucht, jedoch nicht nass sein. Bei leichtem Zusammendrücken des Bodens (Faustprobe) sollten nur kleine Wassertropfen austreten. Auf jeden Fall ist die Sauerstoffversorgung sicherzustellen (z. B. muss bei Verwendung eines Deckels dieser so perforiert sein, dass ein ausreichender Luftaustausch gewährleistet ist). Die Anzuchterde sollte einmal wöchentlich durch vorsichtiges Mischen belüftet werden.

Die Würmer sollten mindestens einmal wöchentlich ad libitum mit Haferflocken gefüttert werden, die in eine Vertiefung auf der Bodenoberfläche gegeben und mit Erde abgedeckt werden. Bleiben von der letzten Fütterung Futterreste im Behälter, so ist die Futterzugabe entsprechend anzupassen. Bei Pilzbesatz auf den Futterresten sind diese durch eine neue Menge Haferflocken zu ersetzen. Zur Stimulierung der Reproduktion kann den Haferflocken alle zwei Wochen mit Vitaminen angereichertes Proteinpulver zugesetzt werden. Nach drei Monaten werden die Tiere in eine frisch angesetzte Kultur oder Zuchtsubstrat umgesetzt. Die Haferflocken sind in geschlossenen Gefäßen zu lagern und sollten vor Gebrauch autoklaviert oder erhitzt werden, um den Befall mit Mehlmotten (z. B. Glyzyphagus sp., Astigmata, Acarina) oder Raubmilben (z. B. Hypoaspis (Cosmolaelaps) miles, Gamasida, Acarina) zu vermeiden. Das desinfizierte Futter wird gemahlen, so dass es sich leicht auf die Bodenoberfläche streuen lässt. Als weitere Futterquellen kommen Bäckerhefe oder TetraMin®-Fischfutter in Betracht.

In der Regel sind die Anzuchtbedingungen ausreichend, wenn die Würmer nicht versuchen, das Substrat zu verlassen, sich schnell durch den Boden bewegen, eine glänzende Hautoberfläche ohne anhaftende Bodenpartikel aufweisen und weißlich gefärbt sind und wenn Würmer verschiedener Altersgruppen vorhanden sind. Die Würmer können als gesund betrachtet werden, wenn sie sich regelmäßig reproduzieren.

Zusätzlich ausgewähltes Referenzmaterial

Achazi R.K., Fröhlich E., Henneken M., Pilz C. (1999): The effect of soil from former irrigation fields and of sewage sludge on dispersal activity and colonizing success of the annelid Enchytraeus crypticus (Enchytraeidae, Oligochaeta). Newsletter on Enchytraeidae 6: 117-126.

Jänsch S., Amorim M.J.B., Römbke J. (2005): Identification of the ecological requirements of important terrestrial ecotoxicological test species. Environ. Reviews 13: 51-83.

Kuperman R.G., Checkai R.T., Simini M., Phillips C.T., Kolakowski J.E., Kurnas C.W., Sunahara G.I. (2003): Survival and reproduction of Enchytraeus crypticus (Oligochaeta, Enchytraeidae) in a natural sandy loam soil amended with the nitro-heterocyclic explosives RDX and HMX. Pedobiologia 47: 651-656.

Römbke J. (2003): Ecotoxicological laboratory tests with enchytraeids: A review. Pedobiologia 47: 607-616.

Westheide W. and Graefe U. (1992): Two new terrestrial Enchytraeus species (Oligochaeta, Annelida). J. Nat. Hist. 26: 479 – 488.

Westheide W. and Müller M.C. (1996). Cinematographic documentation of enchytraeid morphology and reproductive biology. Hydrobiologia 334: 263-267.

C.31.   WACHSTUMSTEST BEI LANDPFLANZEN: UNTERSUCHUNG VON AUFLAUF UND WACHSTUM VON KEIMLINGEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 208 (2006). Die Prüfmethoden werden regelmäßig unter Berücksichtigung des wissenschaftlichen Fortschritts und der Anwendbarkeit in Rechtsvorschriften überarbeitet und aktualisiert. Diese aktualisierte Prüfmethode dient zur Beurteilung potenzieller Auswirkungen von Chemikalien auf das Auflaufen und das Wachstum von Keimlingen. Insoweit erstreckt sie sich weder auf chronische Wirkungen noch auf Wirkungen auf die Reproduktion (d. h. Samenansatz, Blütenbildung, Reifung der Früchte). Die Expositionsbedingungen und die Eigenschaften der zu prüfenden Chemikalie müssen berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass geeignete Prüfmethoden verwendet werden. (Bei der Prüfung von Metallen/Metallverbindungen sind die Wirkung des pH-Wertes und entsprechender Gegenionen zu berücksichtigen) (1). Diese Prüfmethode ist nicht für Pflanzen vorgesehen, die Chemikaliendämpfen ausgesetzt sind. Sie ist anzuwenden bei allgemeinen Chemikalien, Bioziden und Pflanzenschutzprodukten (auch als Pflanzenschutzmittel oder Pestizide bezeichnet). Die Methode wurde ausgehend von bestehenden Methoden entwickelt (2)(3)(4)(5)(6)(7). Außerdem wurden verschiedene weitere Quellen im Zusammenhang mit Prüfungen an Pflanzen berücksichtigt (8)(9)(10). Definitionen der verwendeten Begriffe sind Anlage 1 zu entnehmen.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

2.
Mit der Prüfung werden die Wirkungen auf den Saatauflauf und das frühe Wachstum höherer Pflanzen beurteilt, die im Boden (oder in einer sonstigen geeigneten Bodenmatrix) der Prüfchemikalie ausgesetzt waren. Das Saatgut wird mit dem mit der Prüfchemikalie behandelten Boden in Berührung gebracht und gewöhnlich 14 bis 21 Tage nach dem Auflauf von 50 % der Samen in der Kontrollgruppe auf Wirkungen untersucht. Die gemessenen Endpunkte bestehen in der visuellen Beurteilung des Auflaufs, der Ermittlung der Sprosstrockenmasse (alternativ der Sprossfrischmasse) sowie in manchen Fällen der Sprosslänge und in einer Bewertung der sichtbaren schädlichen Wirkungen auf verschiedene Teile der Pflanze. Diese Messungen und Beobachtungen werden mit denen bei unbehandelten Kontrollpflanzen verglichen.
3.
Je nach erwartetem Expositionspfad wird die Prüfchemikalie entweder in den Boden (bzw. in eine künstliche Bodenmatrix) eingearbeitet oder auf die Bodenoberfläche aufgebracht, so dass der potenzielle Expositionspfad der Chemikalie angemessen nachgebildet wird. Die Prüfchemikalie wird in die Bodenmasse eingearbeitet. Nach der Einarbeitung wird der Boden in Töpfe gefüllt; anschließend wird das Saatgut der betreffenden Pflanzenarten gesät. Bei der Applikation auf die Oberfläche wird die Chemikalie auf den in die Töpfe eingefüllten Boden ausgebracht, in den bereits die Samen gesät wurden. Danach werden die Versuchseinheiten (Kontrollen und behandelte Böden mit Saatgut) unter Bedingungen gehalten, die die Keimung/das Wachstum der Pflanzen fördern.
4.
Je nach Ziel der Untersuchung kann die Prüfung zur Bestimmung der Dosis-Wirkungs-Kurve oder als Limit-Test mit nur einer Konzentration/Dosierung durchgeführt werden. Wenn die Ergebnisse des Limit-Tests ein bestimmtes Toxizitätsniveau überschreiten (z. B. wenn Wirkungen von mehr als x % beobachtet werden), wird ein Vorversuch zur Bestimmung der Ober- und der Untergrenze der Toxizität durchgeführt. Darauf folgt ein Test mit mehreren Konzentrationen/Dosierungen zur Erstellung einer Dosis-Wirkungs-Kurve. Mit einer geeigneten statistischen Analyse werden die wirksame Konzentration ECx oder die wirksame Dosierung ERx (z. B. EC25, ER25, EC50, ER50) für die empfindlichsten relevanten Parameter bestimmt. Außerdem können mit diesem Test die höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete schädliche Wirkung (NOEC) und die niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung (LOEC) berechnet werden.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

5.
Die folgenden Informationen sind hilfreich zur Bestimmung des voraussichtlichen Expositionspfads der jeweiligen Chemikalie und zur Konzeption der Prüfung: Strukturformel, Reinheit, Wasserlöslichkeit, Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln, 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient, Sorptionsverhalten des Bodens, Dampfdruck, chemische Beständigkeit in Wasser und Licht und biologische Abbaubarkeit.

VALIDITÄT DES TESTS

6.
Damit ein Test als valide gewertet werden kann, müssen die Kontrollen die folgenden Kriterien erfüllen:
Es muss eine Auflaufrate von mindestens 70 % erzielt werden.
Die Keimlinge weisen keine sichtbaren phytotoxischen Wirkungen auf (z. B. Chlorose, Nekrose, Welken, Verformungen von Blättern und Stängeln), und bei den Pflanzen treten hinsichtlich Wachstumsentwicklung und Morphologie nur solche Unterschiede auf, die für die jeweilige Art normal sind.
Die mittlere Überlebensrate der aufgelaufenen Kontrollkeimlinge liegt während der Dauer der Untersuchung bei mindestens 90 %.
Die Umweltbedingungen für alle Pflanzen einer bestimmten Art sind identisch, und die Nährmedien enthalten die gleiche Menge Bodenmatrix, Trägermaterial oder Substrat derselben Herkunft.

REFERENZCHEMIKALIE

7.
Eine Referenzchemikalie kann regelmäßig getestet werden, um sicherzustellen, dass sich die Leistungsfähigkeit des Tests, die Reaktion der jeweiligen Testpflanzen und die Testbedingungen im Laufe der Zeit nicht erheblich geändert haben. Die Leistungsfähigkeit des Prüfsystems in bestimmten Labors kann auch anhand historischer Messungen der Biomasse und des Wachstums von Kontrollpflanzen beurteilt werden; diese Messungen können auch als laborinterne Qualitätskontrollmaßnahme dienen.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Naturboden — künstliches Substrat

8.
Pflanzen können in Töpfen mit sandigem Lehm, lehmigem Sand oder sandiger Lehm-/Tonerde mit einem Anteil von bis zu 1,5 % organischem Kohlenstoff (ca. 3 % organische Bestandteile) gezogen werden. Alternativ können auch handelsübliche Pflanzenerde oder eine künstliche Bodenmischung mit bis zu 1,5 % organischem Kohlenstoff verwendet werden. Tonböden sollten nicht verwendet werden, wenn bekannt ist, dass die Prüfchemikalie eine hohe Tonaffinität besitzt.. Feldboden ist bis auf eine Teilchengröße von 2 mm zu sieben, um eine gleichmäßige Struktur herzustellen und grobe Partikel abzutrennen. Art und Beschaffenheit, der prozentuale Anteil an organischem Kohlenstoff, der pH-Wert und der Salzgehalt (gemessen an der elektrischen Leitfähigkeit des fertig aufbereiteten Bodens) werden erfasst. Der Boden ist nach einer Standard-Klassifizierung einzustufen (11). Um die Wirkung von im Boden befindlichen Erregern zu reduzieren, kann der Boden pasteurisiert oder wärmebehandelt werden.
9.
Naturboden kann wegen unterschiedlicher physikalisch-chemischer Eigenschaften und unterschiedlicher Mikrobenpopulationen die Interpretation der Ergebnisse erschweren und zu stärkeren Schwankungen führen. Diese Variablen wirken sich auf die Fähigkeit des Bodens zur Aufnahme von Feuchtigkeit, auf die chemische Bindungsfähigkeit, auf die Belüftung sowie auf den Gehalt an Nährstoffen und Spurenelementen aus. Über diese Unterschiede bei den physikalischen Faktoren hinaus bestehen Unterschiede auch im Hinblick auf chemische Eigenschaften wie z. B. den pH-Wert und das Redoxpotenzial, die die Bioverfügbarkeit der Prüfchemikalie beeinträchtigen können (12)(13)(14).
10.
Für die Versuche mit Pflanzenschutzprodukten werden in der Regel keine künstlichen Substrate verwendet; sie können aber bei der Untersuchung allgemeiner Chemikalien hilfreich sein sowie dann, wenn die Unterschiede natürlicher Böden minimiert und eine bessere Vergleichbarkeit der Testergebnisse erzielt werden sollen. Die verwendeten Substrate müssen aus inertem Material bestehen, bei dem es nur zu minimalen Wechselwirkungen mit der Prüfchemikalie und/oder dem Lösungsmittelträger kommt. Mit Säure gereinigter Quarzsand, Mineralwolle und Glasperlen (z. B. mit einem Durchmesser von 0,35 bis 0,85 mm) haben sich als geeignete inerte Materialien erwiesen, die die Prüfchemikalie nur minimal absorbieren (15) und eine maximale Verfügbarkeit der Chemikalie zur Aufnahme durch die Wurzeln des Keimlings gewährleisten. Vermiculit, Perlit oder sonstige stark absorbierende Materialien sind ungeeignet. Um Stress durch Nährstoffmangel zu vermeiden, sind Nährstoffe zur Förderung des Pflanzenwachstums bereitzustellen; hierzu sollten nach Möglichkeit chemische Analysen durchgeführt oder Kontrollpflanzen visuell geprüft werden.

Kriterien für die Auswahl von Arten für die Prüfungen

11.
Die ausgewählten Arten müssen in Bezug auf ihre taxonomische Diversität im Pflanzenreich, ihre Verbreitung, ihre Abundanz, die artenspezifischen Lebenszyklusmerkmale und ihren natürlichen Lebensraum ein angemessen breites Spektrum abdecken, um eine entsprechende Reihe von Reaktionen zu ermitteln (8)(10)(16)(17)(18)(19)(20). Bei der Auswahl sind folgende Merkmale der möglicherweise im Test zu verwendenden Arten zu berücksichtigen:
die Arten haben einheitliche Samen, die aus zuverlässigen Standardquellen für Saatgut leicht zu beschaffen sind und die regelmäßig, zuverlässig und gleichmäßig keinem; die Keimlinge wachsen einheitlich;
die Pflanzen sind für Labortests geeignet und führen zu verlässlichen und reproduzierbaren Ergebnissen innerhalb von Testanlagen sowie in unterschiedlichen Testanlagen;
die Empfindlichkeit der geprüften Arten muss sich mit den Reaktionen der Pflanzen decken, die in der durch die jeweilige Chemikalie belasteten Umgebung vorkommen;
die Arten wurden in gewissem Umfang bereits in anderen Toxizitätstests verwendet und ihr Verhalten in Herbizid-Bioassays, Schwermetall-Screenings, Tests auf Salz- oder Mineralienbelastung oder in Allelopathie-Untersuchungen deutet auf Empfindlichkeit gegenüber vielfältigen Belastungsfaktoren hin;
sie sind mit den Wachstumsbedingungen der Prüfung kompatibel;
sie erfüllen die Validitätskriterien der Prüfung.

Anlage 2 enthält einige in Tests bislang am häufigsten verwendeten Arten, Anlage 3 eine Liste potenzieller Nichtkulturpflanzen.

12.
Wie viele Arten zu prüfen sind, hängt von den jeweiligen Regulierungsanforderungen ab; daher enthält diese Prüfmethode hierzu keine Angaben.

Applikation der Prüfchemikalie

13.
Die Chemikalie wird in einen geeigneten Träger (z. B. Wasser, Aceton, Ethanol, Polyethylenglykol, Gummiarabikum oder Sand) gegeben. Gemische (Fertigprodukte oder Formulierungen) mit Wirkstoffen und mit verschiedenen Hilfsstoffen können ebenfalls geprüft werden.

Einarbeitung in den Boden/in künstliches Substrat

14.
In Wasser lösliche oder suspendierbare Chemikalien können in Wasser gegeben werden; anschließend wird die Lösung mithilfe einer geeigneten Mischvorrichtung mit dem Boden vermischt. Dieser Prüfungstyp kommt dann in Betracht, wenn eine Belastung durch die Chemikalie über den Boden oder über im Boden enthaltenes Porenwasser gegeben ist und die Gefahr der Aufnahme über die Wurzeln besteht. Die zugegebene Menge der Prüfchemikalie darf die Wasserhaltekapazität des Bodens nicht überschreiten. Bei allen Testkonzentrationen muss das gleiche Volumen Wasser zugegeben werden, jedoch nur so viel, dass das Bodensubstrat nicht verklumpt.
15.
Schlecht wasserlösliche Chemikalien sind in einem geeigneten flüchtigen Lösungsmittel (z. B. Aceton oder Ethanol) aufzulösen und mit Sand zu mischen. Das Lösungsmittel kann dann aus dem Sand abgetrennt werden, indem ein Luftstrom auf den kontinuierlich durchmischten Sand geleitet wird. Der so behandelte Sand wird mit dem für den Versuch vorgesehenen Boden gemischt. Eine zweite Kontrolle wird ausschließlich aus Sand und Lösungsmittel hergestellt. Bei allen Dosierungsstufen und bei der zweiten Kontrolle werden gleiche Mengen Sand, dem zunächst Lösungsmittel beigemischt und dann entzogen wurde, hinzugegeben. Für feste, unlösliche Prüfchemikalien wird trockener Boden in einer geeigneten Mischvorrichtung mit der Chemikalie gemischt. Anschließend wird der Boden in Töpfe gefüllt, und das Saatgut wird umgehend eingesät.
16.
Wenn anstelle von Naturboden ein künstliches Substrat verwendet wird, können wasserlösliche Chemikalien unmittelbar vor Beginn des Tests in der Nährlösung aufgelöst werden. Chemikalien, die nicht wasserlöslich sind, aber mit einem Lösungsmittelträger in Wasser suspendiert werden können, sind mit dem Träger zur Nährlösung hinzuzugeben. Nicht wasserlösliche Chemikalien, für die es auch keinen nicht toxischen wasserlöslichen Träger gibt, sind in einem geeigneten flüchtigen Lösungsmittel aufzulösen. Die Lösung wird mit Sand oder Glasperlen gemischt und in einem Vakuum-Rotationstrockner verdampft, so dass eine gleichmäßige Schicht der Chemikalie auf dem Sand oder den Perlen verbleibt. Vor der Befüllung der Töpfe ist eine gewogene Menge der Perlen mithilfe des gleichen organischen Lösungsmittels und der Prüfchemikalie zu extrahieren.

Ausbringung auf die Oberfläche

17.
Im Fall von Pflanzenschutzprodukten wird die Prüfchemikalie häufig ausgebracht, indem die Oberfläche des Bodens mit der Testlösung besprüht wird. Alle bei den Tests verwendeten Geräte einschließlich der Ausrüstung zur Herstellung und Applikation der Prüfchemikalie muss eine solche Konstruktion und Kapazität aufweisen, dass die Tests mit der betreffenden Ausrüstung in der erforderlichen Genauigkeit und mit reproduzierbarer Abdeckung ausgeführt werden können. Die Bodenoberfläche muss gleichmäßig abgedeckt werden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass Chemikalien nicht von der Ausrüstung adsorbiert werden und nicht mit der Ausrüstung reagieren können (z. B. Kunststoffschläuche und lipophile Chemikalien oder Stahlbauteile und Komponenten). Die Prüfchemikalie wird in gleicher Weise wie bei einem typischen Sprühbehälter auf die Bodenoberfläche aufgesprüht. Im Allgemeinen bewegen sich die Sprühvolumina im Bereich der normalen landwirtschaftlichen Praxis, und die Volumina (Wassermenge usw.) sind zu protokollieren.) Die Düsen sind so zu wählen, dass der Boden gleichmäßig abgedeckt wird. Wenn Lösungsmittel und Träger verwendet werden, ist eine zweite Gruppe von Kontrollpflanzen ausschließlich mit dem Lösungsmittel/Träger zu behandeln. Bei Pflanzenschutzprodukten, die als Formulierungen geprüft werden, ist dies nicht erforderlich.

Verifizierung der Konzentration/Dosierung der Prüfchemikalie

18.
Die angewendeten Konzentrationen/Dosierungen sind durch eine geeignete Analyse zu bestätigen. Bei löslichen Chemikalien können sämtliche Testkonzentrationen/-dosierungen bestätigt werden, indem die Testlösung mit der höchsten Konzentration analysiert wird und Aufzeichnungen über anschließende Verdünnungen und über die Verwendung kalibrierter Ausrüstung (z. B. kalibrierter Glasgeräte oder kalibrierte Sprühausrüstung) geführt werden. Bei unlöslichen Chemikalien muss das Gewicht der in den Boden eingebrachten Prüfchemikalie zugrunde gelegt werden. Wenn ein Homogenitätsnachweis erforderlich ist, muss der Boden unter Umständen analysiert werden.

VERFAHREN

Versuchsaufbau

19.
Saatgut derselben Art wird in Töpfe eingesät. Die Anzahl der Samen pro Topf hängt von der Art, der Größe des Topfs und der Testdauer ab. In den Töpfen sollten sich so viele Pflanzen befinden, dass angemessene Wachstumsbedingungen gegeben sind und die Töpfe während der Testdauer nicht zu voll werden. Die maximale Dichte dürfte je nach Samengröße bei drei bis zehn Samen pro 100 cm2 liegen. Zu empfehlen sind beispielsweise ein bis zwei Mais-, Soja-, Tomaten-, Gurken- oder Zuckerrübenpflanzen pro 15-cm-Topf, drei Raps- oder Erbsenpflanzen pro 15-cm-Topf und fünf bis zehn Zwiebeln oder Weizenhalme oder sonstige Pflanzen mit kleinen Samen pro 15-cm-Topf. Die Anzahl der Töpfe mit dem Saatgut und die der Replikate (ein Replikat ist als ein Topf definiert, deshalb stellen Pflanzen in demselben Topf kein Replikat dar) muss für eine optimale statistische Analyse ausreichend sein (21). Wenn im Test Arten mit wenigen großen Samen je Topf (Replikat) verwendet werden, ist eine größere Variabilität zu erwarten als bei Arten, bei denen eine größere Anzahl kleiner Samen pro Topf gesät werden kann. Diese Variabilität kann minimiert werden, indem in alle Töpfe die gleiche Anzahl Samen gesät wird.
20.
Mit Kontrollgruppen wird sichergestellt, dass die beobachteten Wirkungen ausschließlich mit der Exposition gegenüber der Prüfchemikalie in Zusammenhang stehen bzw. ausschließlich der Prüfchemikalie zuzurechnen sind. Die Kontrollgruppe muss mit Ausnahme der Exposition gegenüber der Prüfchemikalie in jeder Hinsicht mit der Prüfgruppe identisch sein. In einem Test müssen alle verwendeten Pflanzen einschließlich der Kontrollen aus derselben Quelle stammen. Um Verzerrungen zu vermeiden, sind Test- und Kontrolltöpfe zu randomisieren.
21.
Mit einem Insektizid oder einem Fungizid behandeltes Saatgut (d. h. gebeiztes Saatgut) darf nicht verwendet werden. Einige Regulierungsbehörden erlauben jedoch die Verwendung bestimmter nicht systemischer Kontaktfungizide (z. B. Captan, Thiram) (22). Wenn Bedenken hinsichtlich der Eintragung von Erregern über das Saatgut bestehen, kann das Saatgut kurz in eine schwache Hypochloritlösung (5 %) gegeben, gründlich unter fließendem Wasser gewaschen und getrocknet werden. Es dürfen keine Behandlungen mit anderen Pflanzenschutzprodukten vorgenommen werden.

Prüfbedingungen

22.
Die Prüfbedingungen müssen etwa den Bedingungen entsprechen, die für ein normales Wachstum der geprüften Arten und Sorten erforderlich sind. (Beispiele für Prüfbedingungen sind Anlage 4 zu entnehmen.) Die auflaufenden Pflanzen sind entsprechend guter gärtnerischer Praxis in Klimakammern, Phytotronanlagen oder Gewächshäusern zu halten. In Pflanzenwachstumsanlagen umfasst diese gute Praxis beispielsweise die Regelung sowie die Aufzeichnung von Temperatur, Feuchtigkeit, Kohlendioxid-Konzentration, Lichtverhältnissen (Intensität, Wellenlänge, photosynthetisch aktive Strahlung), Beleuchtungsdauer und Bewässerung in angemessener Häufigkeit (z. B. täglich), um ein gutes Wachstum der Pflanzen (gemessen an der Entwicklung der Kontrollpflanzen der ausgewählten Arten) sicherzustellen. Die Temperaturen in Gewächshäusern müssen durch Belüftungs-, Heiz- und/oder Kühlsysteme geregelt werden. Für Tests in Gewächshäusern werden im Allgemeinen die folgenden Bedingungen empfohlen:
Temperatur: 22 ± 10 °C;
Feuchtigkeit: 70 ± 25 %;
Photoperiode: mindestens 16 Stunden;
Lichtintensität: 350 ± 50 μE/m2/s. Zusätzliche Beleuchtung kann erforderlich sein, wenn die Intensität unter 200 μE/m2/s, Wellenlänge 400-700 nm, absinkt (außer bei bestimmten Arten mit geringerem Lichtbedarf).

Im Laufe der Prüfung sind die Umgebungsbedingungen zu überwachen und zu protokollieren. Die Pflanzen müssen in nicht porösen Kunststofftöpfen oder in glasierten Töpfen mit einer Schale oder einem Untersetzer unter dem Topf gezogen werden. Die Töpfe können regelmäßig umgestellt werden, um Wachstumsunterschiede (infolge unterschiedlicher Prüfbedingungen in den Wachstumsanlagen) zu minimieren. Außerdem müssen die Töpfe so groß sein, dass die Pflanzen normal wachsen können.

23.
Zur Erhaltung der Wuchskraft können den Böden bei Bedarf Nährstoffe zugeführt werden. Notwendigkeit und Zeitpunkt der Gabe zusätzlicher Nährstoffe lassen sich durch Beobachtung der Kontrollpflanzen ermitteln. Die Testbehältnisse sollten von unten bewässert werden (z. B. mit Glasfaserdochten). Anfänglich kann aber auch von oben bewässert werden, um die Keimung anzuregen und um bei Oberflächenapplikation das Eindringen der Chemikalie in den Boden zu erleichtern.
24.
Die spezifischen Wachstumsbedingungen sollten für die zu prüfende Art und die jeweilige Prüfchemikalie angemessen sein. Die Pflanzen der Kontrollgruppe und die behandelten Pflanzen sind unter den gleichen Umgebungsbedingungen zu halten; es sollten jedoch geeignete Maßnahmen getroffen werden, um Kreuzexpositionen (z. B. gegen flüchtige Chemikalien) zwischen den verschiedenen Behandlungsgruppen sowie der Kontrollgruppen gegen die Prüfchemikalie zu vermeiden.

Prüfung mit einer einzigen Konzentration/Dosierung

25.
Bei der Bestimmung der Konzentration/Dosierung einer Chemikalie zur Durchführung eines Tests mit einer einzigen Konzentration/Dosierung (Challenge- oder Limit-Test) sind eine Reihe von Faktoren zu beachten. Bei allgemeinen Chemikalien gehören dazu die physikalisch-chemischen Eigenschaften der betreffenden Chemikalie. Bei Pflanzenschutzprodukten sind die physikalisch-chemischen Eigenschaften und die Art der Verwendung der Prüfchemikalie, die maximale Konzentration/Dosierung, die Anzahl der Aufbringungen pro Saison und/oder die Persistenz der Prüfchemikalie zu berücksichtigen. Um festzustellen, ob eine allgemeine Chemikalie phytotoxische Eigenschaften besitzt, kann eine Prüfung mit maximal 1 000  mg/kg trockenem Boden angemessen sein.

Vorversuch

26.
Erforderlichenfalls kann ein Vorversuch durchgeführt werden, um die in der definitiven Dosis-Wirkungs-Studie zu testenden Konzentrationen/Dosierungen zu bestimmen. Im Vorversuch sollten die Testkonzentrationen/-dosierungen weit auseinander liegen (z. B. 0,1, 1,0, 10, 100 and 1 000  mg/kg trockener Boden). Im Fall von Pflanzenschutzprodukten kann von der empfohlenen oder maximalen Konzentration oder Dosierung ausgegangen werden (z. B. 1/100, 1/10, 1/1 der empfohlenen/maximalen Konzentration oder Dosierung).

Prüfung mit mehreren Konzentrationen/Dosierungen

27.
Ziel der Prüfung mit mehreren Konzentrationen/Dosierungen sind entsprechend den Anforderungen der Regulierungsbehörden die Ermittlung einer Dosis-Wirkungs-Beziehung und die Bestimmung eines ECx- bzw. ERx-Werts für Auflauf, Biomasse und/oder sichtbare Wirkungen im Vergleich zu nicht exponierten Kontrollen.
28.
Die Abstände zwischen den Konzentrationen oder Dosierungen und ihre Anzahl sollten hinreichend sein, um eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zuverlässig feststellen, eine Regressionsgleichung aufstellen und die Werte für ECx oder ERx bestimmen zu können. Die ausgewählten Konzentrationen/Dosierungen müssen die zu ermittelnden ECx- oder ERx-Werte einschließen. Wenn beispielsweise ein EC50-Wert benötigt wird, sollten die Prüfungen bei Dosierungen durchgeführt werden, bei denen eine Wirkung im Bereich von 20-80 % zu erwarten ist. Hierzu werden mindestens fünf Testkonzentrationen/-dosierungen mit einer geometrischen Reihe sowie eine unbehandelte Kontrolle empfohlen, wobei sich die Konzentrationen/Dosierungen höchstens um den Faktor 3 unterscheiden sollten. Für jede Behandlungsgruppe und für jede Kontrollgruppe sind mindestens vier Replikate vorzusehen, und insgesamt sind mindestens 20 Samen zu verwenden. Bei bestimmten Pflanzen mit schlechter Keimung oder unterschiedlicher Wachstumsentwicklung sind unter Umständen auch mehr Replikate erforderlich, um die statistische Aussagekraft der Prüfung zu erhöhen. Wenn eine größere Anzahl an Testkonzentrationen/-dosierungen verwendet wird, kann die Anzahl der Replikate reduziert werden. Muss die NOEC bestimmt werden, sind unter Umständen mehr Replikate erforderlich, um die erwünschte statistische Aussagekraft zu erzielen (23).

Beobachtungen

29.
Während der Beobachtungsdauer (d. h. 14 bis 21 Tage nach Auflauf von 50 % der Kontrollpflanzen sowie gegebenenfalls auch der Kontrollen mit Lösungsmitteln) werden die Pflanzen häufig (mindestens wöchentlich, möglichst sogar täglich) auf Auflaufen und sichtbare Anzeichen von Phytotoxizität und Mortalität kontrolliert. Am Ende der Prüfung werden der Prozentanteil der aufgelaufenen Pflanzen und die Biomasse der überlebenden Pflanzen sowie sichtbare Schädigungen an verschiedenen Pflanzenteilen protokolliert. Zu Letzteren zählen Anomalien im Aussehen der aufgelaufenen Keimlinge, Wachstumshemmungen, Chlorose, Entfärbungen, Mortalität und Wirkungen auf die Entwicklung der Pflanzen. Die endgültige Biomasse kann anhand der endgültigen durchschnittlichen Spross-Trockenmasse der überlebenden Pflanzen ermittelt werden, indem die Pflanzen am Boden abgeschnitten und dann bei 60 °C auf ein konstantes Gewicht getrocknet werden. Alternativ kann die endgültige Biomasse auch anhand der Spross-Frischmasse bestimmt werden. Die Länge der Triebe kann ein weiterer Endpunkt sein, wenn von den Regulierungsbehörden gefordert. Es muss ein einheitliches System für die Beurteilung sichtbarer Schäden verwendet werden, um feststellbare toxische Reaktionen bewerten zu können. Beispiele für qualitative und quantitative visuelle Beurteilungen sind den Quellen (23) und (24) zu entnehmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Statistische Analyse

Prüfung mit einer einzigen Konzentration/Dosierung

30.
Für jede Pflanzenart sind die ermittelten Daten mithilfe einer geeigneten statistischen Methode zu analysieren (21). Die Wirkung bei der Testkonzentration/-dosierung ist ebenso zu protokollieren wie gegebenenfalls die Tatsache, dass bei der Testkonzentration/-dosierung eine bestimmte Wirkung nicht eintritt (z. B. festgestellte Wirkung <x % bei Konzentration oder Dosierung y).

Prüfung mit mehreren Konzentrationen/Dosierungen

31.
Eine Dosis-Wirkungs-Beziehung wird mithilfe einer Regressionsgleichung aufgestellt. Dabei können verschiedene Modelle zur Anwendung kommen. Für die Bestimmung der ECx- oder ERx-Werte (etwa EC25, ER25, EC50 oder ER50) und der entsprechenden Konfidenzintervalle für das Auflaufen als quantale Daten beispielsweise könnten u. a. das Logit-, das Probitmodell, die Weibull-, die Spearman-Karber- oder die Trimmed Spearman-Karber-Methode geeignet sein. Das Wachstum der Keimlinge (Gewicht und Länge) als kontinuierliche Endpunkte ECx oder ERx und die entsprechenden Konfidenzintervalle können mit geeigneten Regressionsanalysen (z. B. durch nicht lineare Regressionsanalyse nach Bruce-Versteeg (25)) bestimmt werden. Nach Möglichkeit sollte R2 bei den empfindlichsten Arten mindestens 0,7 betragen, und die Testkonzentrationen/-dosierungen sollten Wirkungen im Bereich von 20-80 % einschließen. Zur Ermittlung der NOEC sind leistungsfähige statistische Tests zu empfehlen, die auf Basis der Datenverteilung ausgewählt werden sollten (21) (26).

Prüfbericht

32.
Der Prüfbericht muss die Ergebnisse der Untersuchungen sowie eine detaillierte Beschreibung der Prüfbedingungen, eine eingehende Diskussion der Ergebnisse, eine Datenanalyse und die Schlussfolgerungen der Analyse enthalten. Eine tabellarische Übersicht und eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist beizufügen. Der Bericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie:

chemische Kenndaten, relevante Eigenschaften der geprüften Chemikalie (z. B. log Pow, Wasserlöslichkeit, Dampfdruck und gegebenenfalls Angaben zum Verbleib und zum Verhalten in der Umwelt);
Angaben zur Herstellung der Testlösung und zur Verifizierung von Testkonzentrationen wie unter Nummer 18 beschrieben.

Im Test verwendete Art:

Angaben zum Testorganismus; Art/Sorte, Pflanzenfamilien, wissenschaftliche und allgemeine Bezeichnung, möglichst genaue Angaben zu Quelle und Herkunft des Saatguts (d. h. Name des Lieferanten, Keimrate, Größenklasse der Samen, Chargen- oder Losnummer, Saatjahr oder Wachstumssaison, Datum der Bewertung der Keimung), Lebensfähigkeit usw.;
Anzahl der geprüften ein- und zweikeimblättrigen Arten;
Gründe für die Auswahl der Arten;
Beschreibung der Lagerung, der Behandlung und der Erhaltung des Saatguts.

Prüfbedingungen:

Prüfanlage (z. B. Wachstumskammer, Phytotron und Gewächshaus);
Beschreibung des Prüfsystems (z. B. Abmessungen der Töpfe, Topfmaterial und Bodenmenge);
Merkmale des Bodens (Textur oder Typ: Partikelverteilung und Klassifizierung, physikalische und chemische Eigenschaften einschließlich Prozentanteil organischer Materie und organischen Kohlenstoffs sowie pH-Wert);
Vorbereitung des Bodens/Substrats vor der Prüfung (natürlicher und künstlicher Boden, Sand usw.);
Beschreibung des Nährmediums, falls verwendet;
Applikation der Prüfchemikalie: Beschreibung der Applikationsmethode, Beschreibung der Ausrüstung, der Exposition (Dosierung und Volumina) einschließlich chemischer Verifizierung, Beschreibung der Kalibrierungsmethode und der Umgebungsbedingungen während der Applikation;
Wachstumsbedingungen: Lichtintensität (z. B. photosynthetisch aktive Strahlung), Photoperiode, Temperaturen (max./min.), Bewässerungsplan und -methode, Düngung;
Anzahl der Samen pro Topf, Anzahl der Pflanzen pro Dosis, Anzahl der Replikate (Töpfe) pro Expositionsrate;
Typ und Anzahl der Kontrollen (negative und/oder positive Kontrollen sowie Lösungsmittelkontrollen, falls verwendet);
Dauer der Prüfung.

Ergebnisse:

Tabelle mit allen Endpunkten für alle Replikate, Testkonzentrationen/-dosierungen und Arten;
Anzahl und Prozentsatz aufgelaufener Pflanzen im Vergleich zu den Kontrollen;
Messungen der Biomasse (Spross-Trockenmasse oder -Frischmasse) der Pflanzen ausgedrückt als Prozentsatz der Kontrollen;
Länge der Pflanzentriebe als Prozentsatz der Kontrollen, falls gemessen;
Prozentanteil sichtbarer Schäden sowie qualitative und quantitative Beschreibung der sichtbaren Schäden (Chlorose, Nekrose, Welken, Verformungen von Blättern und Stängeln sowie gegebenenfalls des Ausbleiben von Wirkungen) durch die Prüfchemikalie im Vergleich zu Kontrollpflanzen;
Beschreibung der Skala zur Beurteilung sichtbarer Schäden, wenn eine visuelle Beurteilung vorliegt;
bei Untersuchungen mit einer einzigen Dosierung ist der Prozentanteil der Schäden zu protokollieren;
ECx- oder ERx-Werte (z. B. EC50, ER50, EC25, ER25) und entsprechende Konfidenzintervalle. Wenn Regressionsanalysen vorgenommen werden, sind der Standardfehler für die Regressionsgleichung und der Standardfehler der einzelnen Parameterschätzungen (z. B. Steigung und Schnittpunkt) anzugeben;
NOEC (und LOEC), falls berechnet;
Beschreibung der statistischen Verfahren und der zugrunde gelegten Annahmen;
grafische Darstellung dieser Daten und der Dosis-Wirkungs-Beziehung der im Test verwendeten Art;

Abweichungen von den für diese Prüfmethode beschriebenen Verfahren und außergewöhnliche Vorkommnisse während der Prüfung.

LITERATUR

(1) Schrader, G., Metge, K., und Bahadir, M. (1998). Importance of salt ions in ecotoxicological tests with soil arthropods. Applied Soil Ecology, 7, 189-193.

(2) Internationale Organisation für Normung (1993). ISO 11269-1. Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der Wirkungen von Schadstoffen auf die Bodenflora — Teil 1: Verfahren zur Messung der Wurzelwachstumshemmmung.

(3) Internationale Organisation für Normung (1995). ISO 11269-2. Bodenbeschaffenheit — Bestimmung der Wirkungen von Schadstoffen auf die Bodenflora — Teil 2: Wirkung von verunreinigten Böden auf Saatauflauf und frühes Wachstum höherer Pflanzen.

(4) American Standard for Testing Material (ASTM). (2002). E 1963-98. Standard Guide for Conducting Terrestrial Plant Toxicity Tests.

(5) U.S. EPA. (1982). FIFRA, 40CFR, Part 158.540. Subdivision J, Parts 122-1 and 123-1.

(6) US EPA. (1996). OPPTS Harmonized Test Guidelines, Series 850. Ecological Effects Test Guidelines:

850.4000: Background — Non-target Plant Testing;
850.4025: Target Area Phytotoxicity;
850.4100: Terrestrial Plant Toxicity, Tier I (Seedling Emergence);
850.4200: Seed Germination/Root Elongation Toxicity Test;
850.4225: Seedling Emergence, Tier II;
850.4230: Early Seedling Growth Toxicity Test.

(7) AFNOR, X31-201. (1982). Essai d'inhibition de la germination de semences par une substance. AFNOR X31-203/ISO 11269-1. (1993) Determination des effets des polluants sur la flore du sol: Méthode de mesurage de l'inhibition de la croissance des racines.

(8) Boutin, C., Freemark, K.E. and Keddy, C.J. (1993). Proposed guidelines for registration of chemical pesticides: Non-Target Plant Testing and Evaluation.Technical Report Series No.145. Canadian Wildlife Service (Headquarters), Environment Canada, Hull, Québec, Kanada.

(9) Forster, R., Heimbach, U., Kula, C., und Zwerger, P. (1997). Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Nichtzielorganismen. Diskussionspapier zur Risikoabschätzung und Risikominimierung für terrestrische Nichtzielorganismen (Flora und Fauna). Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. Nr. 48.

(10) Hale, B., Hall, J.C., Solomon, K., und Stephenson, G. (1994). A Critical Review of the Proposed Guidelines for Registration of Chemical Pesticides; Non-Target Plant Testing and Evaluation, Centre for Toxicology, University of Guelph, Ontario, Kanada.

(11) Soil Texture Classification (US and FAO systems): Weed Science, 33, Suppl. 1 (1985) and Soil Sc. Soc. Amer. Proc. 26:305 (1962).

(12) Audus, L.J. (1964). Herbicide behaviour in the soil. In: Audus, L.J. ed. The Physiology and biochemistry of Herbicides, London, New York, Academic Press, NY, Chapter 5, S. 163-206.

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(14) Beetsman, G.D., Kenney, D.R., und Chesters, G. (1969). Dieldrin uptake by corn as affected by soil properties, J. Agro. 61:247-250.

(15) U.S. Food and Drug Administration (FDA). (1987). Environmental Assessment Technical Handbook. Environmental Assessment Technical Assistance Document 4.07, Seedling Growth, 14 S., FDA, Washington, DC.

(16) McKelvey, R.A., Wright, J.P., Honegger, J.L., und Warren, L.W. (2002). A Comparison of Crop and Non-crop Plants as Sensitive Indicator Species for Regulatory Testing. Pest Management Science vol. 58:1161-1174.

(17) Boutin, C.; Elmegaard, N., und Kjær, C. (2004). Toxicity testing of fifteen non-crop plant species with six herbicides in a greenhouse experiment: Implications for risk assessment. Ecotoxicology vol. 13(4): 349-369.

(18) Boutin, C., und Rogers, C.A. (2000). Patterns of sensitivity of plant species to various herbicides — An analysis with two databases. Ecotoxicology vol.9(4):255-271.

(19) Boutin, C., und Harper, J.L. (1991). A comparative study of the population dynamics of five species of Veronica in natural habitats. J. Ecol. 9:155-271.

(20) Boutin, C., Lee, H.-B., Peart, T.E., Batchelor, S.P., und Maguire, R.J. (2000). Effects of the sulfonylurea herbicide metsulfuron methyl on growth and reproduction of five wetland and terrestrial plant species. Envir. Toxicol. Chem. 19 (10): 2532-2541.

(21) OECD (2006). Draft Guidance Document, Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application. Series on Testing and Assessment No 54, Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris.

(22) Hatzios, K.K., und Penner, D. (1985). Interactions of herbicides with other agrochemicals in higher plants. Rev. Weed Sci. 1:1-63.

(23) Hamill, P.B., Marriage, P.B., und G. Friesen. (1977). A method for assessing herbicide performance in small plot experiments. Weed Science 25:386-389.

(24) Frans, R.E., und Talbert, R.E. (1992). Design of field experiments and the measurement and analysis of plant response. In: B. Truelove (Ed.) Research Methods in Weed Science, 2nd ed. Southern weed Science Society, Auburn, 15-23.

(25) Bruce, R.D., und Versteeg, D. J.(1992). A Statistical Procedure for Modelling Continuous Toxicity Data. Environmental Toxicology and Chemistry 11, 1485-1492.

(26) Kapitel C.33: Reproduktionstest mit Regenwürmern (Eisenia fetida/Eisenia andrei).

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Wirkstoff : ein Stoff, mit dem eine bestimmte biologische Wirkung erzielt werden soll (z. B. Bekämpfung von Insekten, Pflanzenkrankheiten oder Unkräutern im jeweils behandelten Bereich); auch als Wirkstoff technischer Qualität bezeichnet.

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

Pflanzenschutzmittel oder Pestizide : Stoffe mit spezifischer biologischer Wirkung, die gezielt zum Schutz von Pflanzen gegen Schädlinge (z. B. Pilze, Insekten und konkurrierende Pflanzen) eingesetzt werden.

ECx, Konzentration mit einer Wirkung von x %, oder ERx, Dosis mit einer Wirkung von x % : die Konzentration oder Dosis, bei der es in einem Test zu einer unerwünschten Änderung des Endpunkts um x % gegenüber der jeweiligen Kontrolle kommt (z. B. Reduzierung des Auflaufs, des Sprossgewichts, der endgültigen Anzahl vorhandener Pflanzen oder Zunahme sichtbarer Schäden um 25 % oder 50 %, entsprechend einer EC25/ER25 bzw. EC50/ER50).

Auflauf : Austreten der Koleoptile (Keimscheide) oder der Kotyledone (Keimblatt) aus dem Boden.

Formulierung : für den Handel hergestelltes Produkt mit dem Wirkstoff; auch als Endpräparat  oder für den typischen Verwendungszweck bestimmtes Endprodukt bezeichnet.

LOEC (Lowest Observed Effect Concentration) : niedrigste geprüfte Konzentration der Prüfchemikalie, bei der eine Wirkung beobachtet wurde. Bei dieser Prüfung hat die der LOEC entsprechende Konzentration innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle eine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05) und ist höher als die NOEC.

Nichtzielpflanzen : Pflanzen außerhalb des Zielpflanzenbereichs. Bei Pflanzenschutzmitteln bezieht diese Bezeichnung sich gewöhnlich auf Pflanzen außerhalb des behandelten Bereichs.

NOEC (No observed Effect Concentration) : Die höchste Konzentration der Prüfchemikalie, bei der keine Wirkung beobachtet wurde. Bei diesem Test hat die der NOEC entsprechende Konzentration innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05).

Phytotoxizität : in Messungen und visuellen Prüfungen festgestellte schädliche Abweichungen vom normalen Aussehen und Wachstum der Pflanzen aufgrund der Wirkung einer bestimmten Chemikalie.

Replikat : Versuchseinheit, die die Kontrollgruppe und/oder die Behandlungsgruppe repräsentiert. Bei diesen Untersuchungen ist der Topf als Replikat definiert.

Visuelle Prüfung : Beurteilung des sichtbaren Schadens anhand von Beobachtungen zur Haltung der Pflanze, zur Wuchskraft, zu Missbildungen, Chlorose, Nekrose sowie zum Gesamteindruck im Vergleich zu einer Kontrolle.

Prüfchemikalie : ein Stoff oder eine Mischung, der bzw. die nach dieser Methode geprüft wird.

Anlage 2

Liste der Üblicherweise für Pflanzentests verwendeten Arten



FamilieArtGewöhnliche Bezeichnung
DICOTYLEDONAE
Apiaceae (Umbelliferae)Daucus carotaMöhre
Asteraceae (Compositae)Helianthus annuusSonnenblume
Asteraceae (Compositae)Lactuca sativaGartensalat
Brassicaceae (Cruciferae)Sinapis albaWeißer Senf
Brassicaceae (Cruciferae)Brassica campestris var. chinensisChinakohl
Brassicaceae (Cruciferae)Brassica napusRaps
Brassicaceae (Cruciferae)Brassica oleracea var. capitataKohl
Brassicaceae (Cruciferae)Brassica rapaRübsen
Brassicaceae (Cruciferae)Lepidium sativumGartenkresse
Brassicaceae (Cruciferae)Raphanus sativusRettich
ChenopodiaceaeBeta vulgarisRübe
CucurbitaceaeCucumis sativusGurke
Fabaceae (Leguminosae)Glycine max (G. soja)Sojabohne
Fabaceae (Leguminosae)Phaseolus aureusMungobohne
Fabaceae (Leguminosae)Phaseolus vulgarisGartenbohne
Fabaceae (Leguminosae)Pisum sativumErbse
Fabaceae (Leguminosae)Trigonella foenum-graecumBockshornklee
Fabaceae (Leguminosae)Lotus corniculatusGewöhnlicher Hornklee
Fabaceae (Leguminosae)Trifolium pratenseWiesenklee
Fabaceae (Leguminosae)Vicia sativaFutterwicke
LinaceaeLinum usitatissimumFlachs
PolygonaceaeFagopyrum esculentumBuchweizen
SolanaceaeSolanum lycopersiconTomate
MONOCOTYLEDONAE
Liliaceae (Amarylladaceae)Allium cepaZwiebel
Poaceae (Gramineae)Avena sativaHafer
Poaceae (Gramineae)Hordeum vulgareGerste
Poaceae (Gramineae)Lolium perenneDeutsches Weidelgras
Poaceae (Gramineae)Oryza sativaReis
Poaceae (Gramineae)Secale cerealeRoggen
Poaceae (Gramineae)Sorghum bicolorKörner-Sorghum, Mohrenhirse
Poaceae (Gramineae)Triticum aestivumWeichweizen
Poaceae (Gramineae)Zea maysMais

Anlage 3

Liste potenzieller Nichtkulturpflanzen

OECD-Liste potenzieller Arten für Toxizitätsprüfungen an Pflanzen

Hinweis: Die folgende Tabelle enthält Informationen zu 52 Nichtkulturpflanzen (Literaturangaben sind jeweils in Klammern nachgestellt). Die genannten Auflaufraten stammen aus der veröffentlichten Literatur und dienen nur als Anhaltspunkt. In Abhängigkeit von der Herkunft des Saatguts und anderen Faktoren kann es im Einzelfall zu Abweichungen kommen.



FAMILIE Botanischer Name der Art

(gemeiner deutscher Name)

Lebensdauer (1) und Lebensraum

Samengewicht

(mg)

Photoperiode für Keimung oder Wachstum (2)

Saattiefe

(mm) (3)

Keimzeit

(Tage) (4)

Spezialbehandlungen (5)Toxizitätstest (6)Saatgut-Anbieter (7)Sonstige Literatur (8)

APIACEAE

Torilis japónica

(Gewöhnlicher Klettenkerbel)

А, В gestörte Flächen, Hecken, Weiden (16, 19)1,7 – 1,9 (14, 19)L = D (14)

0

(1, 19)

5 (50 %) (19)Stratifikation (Kälte) (7, 14, 18, 19); unter Umständen ist eine Reifung erforderlich (19); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1, 19); keine Spezialbehandlungen (5)NACH (5)

ASTERACEAE

Bellis perennis

(Gänseblümchen)

Ρ

Grasflächen, Äcker, Rasen (16, 19)

0,09-0,17 (4, 19)L = D (14)

0

(4)

3 (50 %) (19)

11 (100 %) (18)

Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (18, 19); keine Spezialbehandlungen (4, 14)NACH (4)A, D, F7

Centaurea cyanus

(Kornblume)

A

Felder, Straßenränder, offene Lebensräume (16)

4,1-4,9 (4, 14)L = D (14)0-3 (2, 4, 14)14-21 (100 %) (14)keine Spezialbehandlungen (2, 4)NACH (2,4)A, D, E, F7

Centaurea nigra

(Schwarze Flockenblume)

Ρ

Felder, Straßenränder, offene Lebensräume (16, 19)

2,4-2,6 (14, 19)L = D (14)0 (19)

3 (50 %) (19)

4 (97 %) (18)

Reifung kann erforderlich sein (18, 19); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (19); keine Spezialbehandlungen (5, 14, 26)NACH (5, 22, 26)a

Inula helenium

Alant

Ρ

feuchte, gestörte Standorte

(16)

1 – 1,3 (4, 14, 29)

0

(4, 29)

keine Spezialbehandlungen (4)NACH (4)A, F

Leontodon hispidus

(Steifhaariger Löwenzahn)

Ρ

Felder, Straßenränder, gestörte Flächen (16, 19)

0,85 -1,2 (14, 19)L = D (14)0 (19)

4 (50 %) (19)

7 (80 %) (18)

Keimung durch Bestrahlung gehemmt (17, 18, 19); keine Spezialbehandlungen (5, 23)NACH (5, 22, 23)

Rudbeckia hirta

(Rudbeckie

Β, Ρ gestört

(16)

0,3 (4, 14)L = D (14)

0

(4, 33)

< 10 (100 %) (33)

keine Spezialbehandlungen

(4, 14, 33)

NACH (4, 33)C, D, E, F

Solidago canadensis

Kanadische Goldrute

Ρ

Weiden, offene Flächen (16)

0,06-0,08 (4, 14)L = D (11)

0

(4)

14-21

(11)

zu gleichen Teilen mit Sand mischen und 24 h in 500 ppm GA einweichen (11); keine Spezialbehandlungen (4)NACH (4)E, F

Xanthium pensylvanicum

(Spitzklette)

A

Felder, offene Lebensräume (16)

25-61 (14, 29)

0(1)

5(29)

Keimung kann durch Dunkelheit gehemmt werden (1); 12 h in warmem Wasser einweichen (29)VOR UND NACH (31)a

Xanthium spinosum

(Dornige Spitzklette)

A

offene Lebensräume (16)

200 (14)

L = D (14)

L > D (6)

10

(6)

Skarifikation (14); keine Spezialbehandlungen (6)VOR UND NACH (6)a

Xanthium strumarium

(Gewöhnliche Spitzklette)

A

Felder, offene Lebensräume (16)

67,4 (14)L = D (14)10-20 (6, 21)

keine Spezialbehandlungen

(6, 14, 21)

VOR UND NACH (6, 21, 28, 31)a

BRASSICACEAE

Cardamine pratensis

(Wiesenschaumkraut)

Ρ

Felder, Straßenränder, Rasen (16, 19)

0,6 (14, 19)L = D (14)0 (19)

5 (50 %) (19)

15 (98 %) (18)

Keimung durch Bestrahlung gehemmt (18, 19); keine Spezialbehandlungen (5, 14, 22)NACH (5, 22)F

CARYOPHYLLACEAE

Lychnis flos-cuculi

(Kuckucks-Lichtnelke)

Ρ

(16)

0,21 (14)L = D (14)< 14 (100 %) (14, 25)Reifung kann erforderlich sein (18); keine Spezialbehandlungen (5, 14, 15, 22-26)NACH (5, 15, 22-26)F

Chenopodiaceae

Chenopodium album

(Weißer Gänsefuß)

a

Feldränder, gestörte Flächen (16, 19)

0,7-1,5 (14, 19, 34)L = D (14)

0

(1, 19)

2 (50 %) (19)Behandlung je nach Farbe der Samen unterschiedlich (19); trockene Keimruhe (19); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1, 18, 19); Stratifikation (Kälte) (18); keine Spezialbehandlungen (14, 34)VOR UND NACH (28, 31, 34)a32

CLUSIACEAE

Hypericum perforatum

(Echtes Johanniskraut)

Ρ

Felder, Äcker, offene Lebensräume (16, 19)

0,1-0,23

(14, 19)

L= D

(14)

0

(1, 19)

3 (19)

11 (90 %) (18)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1, 18, 19)

keine Spezialbehandlungen (5, 14, 15, 25, 27)

NACH

(5, 15, 25, 27)

A, E, F

CONVOLVULACEAE

Ipomoea hederacea

(Efeu-Prunkwinde)

a

Straßenränder, offene Lebensräume, Maisfelder (16)

28,2

(14)

L > D

(6, 10)

10-20

(6, 10, 21)

4 (100 %)

(10)

Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (1)

keine Spezialbehandlungen (6, 21)

VOR UND NACH

(6, 12, 21, 28)

a

CYPERACEAE

Cyperus rotundus

(Knolliges Zypergras)

Ρ

Äcker, Weiden, Straßenränder (16, 30)

0,2

(14)

L= D

(14)

0 (1)

10-20 (6, 10)

12 (91 %)

(10)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1)

keine Spezialbehandlungen (6, 10, 14)

VOR UND NACH

(6, 28, 31)

B7

FABACEAE

Lotus corniculatus

(Gewöhnlicher Hornklee)

Ρ

Grasflächen, Straßenränder, offene Lebensräume (16, 19)

1-1,67

(14, 19)

L = D (14)

1 (50 %)

(19)

Skarifikation (14, 19)

Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (18, 19); keine Spezialbehandlungen (23, 25)

NACH

(5, 23, 25)

A, D, E, F

Senna obtusifolia

(Senna)

A

feuchte Wälder (16)

23-28

(9)

L = D (14)

L > D (9)

10-20

(6,9)

Samen 24 h in Wasser einweichen (9)

Skarifikation (14); je nach Farbe unterschiedliche Lebensfähigkeit der Samen (1); keine Spezialbehandlungen (6)

NACH

(6,9)

a

Sesbania exaltata

(Hanf)

A

Schwemmboden (16)

11-13

(9, 14)

L > D (9)

10-20

(9, 21)

Samen 24 h in Wasser einweichen (9)

Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (1); keine Spezialbehandlungen (21)

VOR UND NACH

(9, 21, 28, 31)

a

Trifolium pratense

(Wiesenklee)

Ρ

Felder, Straßenränder, Äcker (16, 19)

1,4-1,7

(14, 19)

L= D (14)

1 (50 %)

(19)

Skarifikation (14, 18)

unter Umständen Reifung erforderlich (19); Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (1, 19); keine Spezialbehandlungen (5)

NACH

(5)

A, E, F

LAMIACEAE

Leonurus cardiaca

(Echtes Herzgespann)

Ρ

offene Flächen (16)

0,75-1,0

(4, 14)

L= D (14)

0

(4)

keine Spezialbehandlungen

(4, 14)

NACH

(4)

F

Mentha spicata

(Grüne Minze)

Ρ

feuchte Gebiete (16)

2,21

(4)

0

(4)

keine Spezialbehandlungen

(4)

NACH

(4)

F

Nepeta cataria

(Echte Katzenminze)

Ρ

gestörte Flächen (16)

0,54

(4, 14)

L= D (14)

0

(4)

keine Spezialbehandlungen

(2, 4, 14)

NACH

(2,4)

F

Prunella vulgaris

(Gewöhnliche Braunelle)

Ρ

Äcker, Grasflächen, gestörte Standorte (16, 19)

0,58 -1,2

(4, 14, 19)

L= D (14)

0

(4, 19)

5 (50 %) (19)

7 (91 %) (18)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (18, 19)

stärkere Keimung bei größeren Samen (1); keine Spezialbehandlungen (4, 14, 22)

NACH

(4, 22)

A, F

Stachys officinalis

(Echte Betonie)

Ρ

Grasflächen, Feldränder (19)

14-18

(14, 19)

L= D (14)

7 (50 %)

(19)

keine Spezialbehandlungen

(5, 14, 22)

NACH

(5, 22)

F

MALVACEAE

Abutilon theophrasti

(Europäische Samtpappel)

A

Felder, offene Lebensräume (16)

8,8

(14)

L= D (14)

10-20

(6, 10, 21)

4 (84 %)

(10)

Skarifikation (14)

keine Spezialbehandlungen (5, 10, 21)

VOR UND NACH

(6, 22, 28, 31)

A, F

Sida spinosa

Sida spinosa

a

Felder, Straßenränder (16)

3,8

(14)

L= D (14)

10-20

(6, 21)

Skarifikation (14)

Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (1); keine Spezialbehandlungen (6, 21)

VOR UND NACH

(6, 21, 28, 31)

A, F

PAPAVERACEAE

Papaver rhoeas

(Klatschmohn)

a

Felder, Äcker, gestörte Standorte (16, 19)

0,1 -0,3

(4, 14, 19, 29)

L= D (14)

0

(4, 29)

4 (50 %)

(19)

Stratifikation (Kälte) und Skarifikation (1, 19, 32)

keine Spezialbehandlungen (4, 14, 29)

NACH

(4)

A, D, E, F, G

POACEAE

Agrostis tenuis

(Rotes Straußgras)

Rasen, Weiden (16)0,07 (14)L > D (Ю)20 (10)10 (62 %) (10)Keimung durch Bestrahlung gehemmt (1, 17-19); keine Spezialbehandlungen (10)NACH (10)A, E

Alopecurus myosuroides

(Acker-Fuchsschwanzgras)

A

Felder, offene Lebensräume (16)

0,9-1,6

(29, 34)

L = D (14)

2

(29)

< 24 (30 %) (34)Skarifikation (14); Behandlung mit 101 mg/l KNO3 (14); Stratifikation (Wärme) (1) Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1); keine Spezialbehandlungen (34)

VOR UND NACH

(28, 34)

a32

Avena fatua

(Flughafer)

A

Anbaugebiete, offene Lebensräume (16)

7-37,5 (14, 30)

L = D (14)

L > D (6)

10-20 (6, 10)3 (70 %) (18)

Skarifikation (7, 32); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1)

Stratifikation (Kälte) (1, 18); keine Spezialbehandlungen (6, 10, 14)

VOR UND NACH (6, 10, 28, 31)a

Bromus tectorum

(Dach-Trespe)

A

Felder, Straßenränder, Äcker (16)

0,45-2,28 (14, 29)L = D (14)3 (29)Reifungsperiode (1, 7, 32); Keimung durch Licht gehemmt (1); keine Spezialbehandlungen (14)VOR UND NACH (28, 31)a

Cynosurus cristatus

(Kammgras)

P

Felder, Straßenränder, offene Lebensräume (16, 19)

0,5-0,7 (14, 19, 29)L = D (14)0 (29)3 (50 %) (19)Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (19); keine Spezialbehandlungen (14, 29)NACH (5)a

Digitaria sanguinalis

(Blutrote Fingerhirse)

A

Felder, Rasen, offene Lebensräume (16)

0,52-0,6 (14, 30)L = D (14)10-20 (21)

7 (75 %)

14 (94 %) (7)

Skarifikation, Stratifikation (Kälte) und Reifung (1, 7, 14, 32); Behandlung mit 101 mg/l KNO3 (14); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1); keine Spezialbehandlungen (21)VOR UND NACH (18, 25, 31)a

Echinochloa crusgalli

(Hühnerhirse)

A

(16)

1,5 (14)

L = D (14)

L > D (3)

10-20 (7, 21)Skarifikation (7, 32); Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (1); keine Spezialbehandlungen (3, 14, 21)VOR UND NACH (3, 21, 28, 31)a

Elymus canadensis

(Kanada-Quecke)

P

Uferzonen, gestörte Standorte (16)

4-5 (14, 30)L = D (11)

1

(11)

14-28

(11)

keine Spezialbehandlungen

(2, 11)

NACH (2)C, D, E

Festuca pratensis

(Wiesenschwingel)

P

Felder, feuchte Gebiete (16, 19)

1,53-2,2 (16, 19)

L = D (14)

L > D (10)

20 (10)

9 (74 %) (10)

2 (50 %) (19)

keine Spezialbehandlungen

(10, 19)

NACH (10)a7

Hordeum pusillum

(Gerste)

A

Weiden, Straßenränder, offene Lebensräume (16)

3,28 (14)Stratifikation (Wärme) (1); Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (1)VOR (31)7

Phieum pratense

(Wiesenlieschgras)

P

Weiden, Äcker, gestörte Standorte (16, 19)

0,45 (14, 19)L > D (10, 14)0-10 (10, 19)

2 (74 %) (10)

8 (50 %) (19)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (19); Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (17); keine Spezialbehandlungen (10, 14, 17, 19)NACH (10)A, E

POLYGONACEAE

Polygonum convolvulus

(Windenknöterich)

A

offene Lebensräume, Straßenränder (16)

5-8 (4, 14, 29)L = D (20)0-2 (4, 29)Stratifikation (Kälte) über 4-8 Wochen (1, 2, 4, 20, 29); Keimung durch Bestrahlung nicht gehemmt (1)VOR UND NACH (1, 2, 20, 28, 31)a32

Polygonum lapathifolium

(Ampfer-Knöterich)

A

feuchter Boden (16)

1,8-2,5 (14)L > D (6)5 (94 %) (18)Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (1); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (18); Stratifikation (Kälte) (1); keine Spezialbehandlungen (5)VOR UND NACH (6)A, E

Polygonum pennsylvanicum

(Vogelknöterich)

A

Felder, offene Lebensräume (16)

3,6-7 (14, 29)2 (29)Stratifikation (Kälte) über 4 Wochen bei 0-5 °C (1, 29); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1)VOR (31)A, E

Polygonum periscaria

(Floh-Knöterich)

A

gestörte Flächen, Äcker (16, 19)

2,1 -2,3 (14, 19)L > D (13)0 (19)

< 14 (13)

2 (50 %) (19)

Skarifikation, Stratifikation (Kälte), Behandlung mit GA (14); Stratifikation (Kälte), Reifung (17-19); Keimung durch Dunkelheit gehemmt (19); keine Spezialbehandlungen (13)NACH (13)a32

Rumex crispus

(Krauser Ampfer)

P

Äcker, Straßenränder, offene Flächen (16, 19)

1,3-1,5 (4, 14, 19)L = D (14, 33)

0

(4, 19, 33)

3 (50 %) (19)

6 (100 %) (33)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (18, 19); Reifung kann erforderlich sein (18); keine Spezialbehandlungen (4, 14, 33)NACH (4, 33)A, E32

PRIMULACEAE

Anagallis arvensis

(Acker-Gauchheil)

A

Äcker, Grasflächen, gestörte Standorte (16, 19)

0,4-0,5 (4, 14, 19)L = D (14)1 (50 %) (19)Stratifikation (Kälte), Behandlung mit GA (1,14, 18, 19, 32); Licht zur Keimung erforderlich (1); keine Spezialbehandlungen (2, 4)NACH (2,4)A, F

RANUNCULACEAE

Ranunculus acris

(Scharfer Hahnenfuß)

Ρ

Äcker, Straßenränder, offene Flächen (16, 19)

1,5-2 (14, 19, 29)L = D (14)

1

(29)

41 -56 (19, 29)

keine Spezialbehandlungen

(5, 14, 22, 24 -26)

NACH (5, 22, 24-26)32

ROSACEAE

Geum urbanum

(Echte Nelkenwurz)

Ρ

Hecken, feuchte Gebiete

(16, 19)

0,8-1,5 (14, 19)L = D (14)0 (19)

5 (50 %) (19)

16 (79 %) (18)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (18, 19); Stratifikation (Wärme) (1); keine Spezialbehandlungen (5, 14, 22, 25, 26)NACH (5, 22, 25, 26)a

RUBIACEAE

Galium aparine

(Kletten-Labkraut)

a

Äcker, feuchte Gebiete, gestörte Standorte (16, 19)

7-9 (14, 19)L = D (14)

5 (50 %) (19)

6 (100 %) (18)

Stratifikation (Kälte) (1, 18, 19); Keimung durch Bestrahlung nicht beeinträchtigt (18, 19); Keimung durch Licht gehemmt (1); keine Spezialbehandlungen (6, 14)VOR UND NACH (6, 28)a32

Galium mollugo

(Wiesen-Labkraut)

Ρ

Wallhecken, offene Flächen (8)

7

(29)

L = D (14)

2

(29)

keine Spezialbehandlungen

(5, 14, 22, 24, 26, 29)

NACH (5, 22, 24, 26)a

SCROPHULARIACEAE

Digitalis purpurea

(Roter Fingerhut)

Β, Ρ Hecken, offene Flächen (16, 19)0,1-0,6 (4, 14, 19)L = D (14)

0

(4, 19)

6 (50 %) (19)

8 (99 %) (18)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (1, 17-19); keine Spezialbehandlungen (4, -26, 22)NACH (4, 22-26)D, G, F

Veronica persica

(Persischer Ehrenpreis)

A

Äcker, Grasflächen, gestörte Standorte (16, 19)

0,5-0,6 (14, 19)L = D (14)0 (19)

3(19)

5 (96 %) (18)

Keimung durch Dunkelheit gehemmt (18, 19); Stratifikation (Kälte) (18); keine Spezialbehandlungen (14)VOR UND NACH (28)a32

(1)   A = einjährig, В = zweijährig, Ρ = ausdauernd.

(2)   Die Quellen 11, 14 und 33 beziehen sich auf das Licht (L) und die Dunkelheit (D), die zur Keimung benötigt werden. Die Quellen 3, 6, 9, 10, 13 und 20 haben die Wachstumsbedingungen in Gewächshäusern zum Gegenstand.

(3)   0 mm bedeutet, dass die Samen auf die Oberfläche des Bodens gesät wurden oder dass zur Keimung Licht benötigt wird.

(4)   Die Zahlen bezeichnen die Anzahl der Tage, nach denen der genannten Quelle zufolge ein bestimmter Prozentanteil der Samen gekeimt ist (z. B. 3 Tage Keimrate 50 % (Quelle 19)).

(5)   Angaben zur Dauer der Reifung und/oder Stratifikation sind nicht immer verfügbar. Außer wenn eine Kältebehandlung erforderlich ist, werden die Temperaturbedingungen nicht angegeben, da die Temperatur bei Prüfungen in Gewächshäusern nur in eingeschränktem Umfang geregelt werden kann. Die meisten Samen keimen bei den normalen Temperaturfluktuationen in Gewächshäusern.

(6)   Die betreffende Art wurde einer Vorauflauf- (VOR) und/oder Nachauflaufprüfung auf Phytotoxizität mit Herbiziden unterzogen.

(7)   Beispiele gewerblicher Saatgutanbieter.

(8)   Zwei alternative Quellen, die ebenfalls berücksichtigt wurden.

Genannte Saatgutanbieter



AnbieterAnbieterinformationen
A

Herbiseed

New Farm, Mire Lane, West End, Twyford RG10 0NJ, ENGLAND

+44 1189 349 464

www.herbiseed.com

B

Tropilab Inc.

8240 Ulmerton Road, Largo, FL 33771-3948, USA

+1 727 344 — 4050

www.tropilab.com

C

Pterophylla — Native Plants & Seeds

#316 Regional Road 60, RR#1, Walsingham, ON N0E 1X0, KANADA

+1 519 586 — 3985

D

Applewood Seed Co.

5380 Vivian St., Arvada, CO 80002, USA

+1 303 431 — 7333

www.applewoodseed.com

E

Ernst Conservation Seeds

9006 Mercer Pike, Meadville, PA 16335, USA

+1 800 873 — 3321

www.ernstseed.com

F

Chiltern Seeds

Bortree Stile, Ulverston, Cumbria LA12 7PB, ENGLAND

+44 1229 581137

www.chiltemseeds.co.uk

G

Thompson & Morgan

P.O. Box 1051, Fort Erie, ON L2A 6C7, KANADA

+1 800 274 — 7333

www.thompson-morgan.com

LITERATUR

(1) Baskin, C.C., und Baskin, J.M. 1998. Seeds. Academic Press, Toronto

(2) Blackburn, L.G., und Boutin, C. 2003. Subtle effects of herbicide use in the context of genetically modified crops: a case study with glyphosate (Round-Up®). Ecotoxicology, 12:271-285.

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(18) Grime, J.P., Mason, G., Curtis, A.V., Rodman, J., Band, S.R., Mowforth, M.A.G., Neal, A.M., und Shaw, S. 1981. A comparative study of germination characteristics in a local flora. Journal of Ecology, 69:1017-1059.

(19) Grime, J.P., Hodgson, J.G., und Hunt, R. 1988. Comparative plant ecology: a functional approach to common British species. Unwin Hyman Ltd., London

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(22) Marrs, R.H., Williams, C.T., Frost, A.J., und Plant, R.A. 1989. Assessment of the effects of herbicide spray drift on a range of plant species of conservation interest. Environmental Pollution, 59:71-86.

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(24) Marrs, R.H., Frost, A.J., und Plant, R.A. 1991. Effects of mecoprop drift on some plant species of conservation interest when grown in standardized mixtures in microcosms. Environmental Pollution, 73:25-42.

(25) Marrs, R.H., Frost, A.J., Plant, R.A., und Lunnis, P. 1993. Determination of buffer zones to protect seedlings of non-target plants from the effects of glyphosate spray drift. Agriculture, Ecosystems, & Environment, 45:283-293.

(26) Marrs, R.H., und Frost, A.J. 1997. A microcosm approach to detection of the effects of herbicide spray drift in plant communities. Journal of Environmental Management, 50:369-388.

(27) Marshall, E.J.P. und Bernie, J.E. 1985. Herbicide effects on field margin flora. BCPC — Weeds. S. 1021-1028.

(28) McKelvey, R.A., Wright, J.P., und Honegger, J.L. 2002. A comparison of crop and non-crop plants as sensitive species for regulatory testing. Pest Management Science, 58:1161-1174.

(29) Morton, S. (Herbiseed). 2004. Personal communication. (http://www.herbiseed.com)

(30) USDA, NRCS. 2004. The Plants Database, version 3.5. (http://plants.usda.gov). National Plant Data Centre, Baton Rouge, LA 70874-4490 USA

(31) USEPA. 1999. One-Liner Database. [U.S. E.P.A./Office of Pesticide Programs/Environmental Fate and Effects Division/Environmental Epidemiology Branch].

(32) Webster, R.H. 1979. Technical Report No. 56: Growing weeds from seeds and other propagules for experimental purposes. Agricultural Research Council Weed Research Organization, Oxford.

(33) White, A. L., und Boutin, C. (National Wildlife Research Centre, Environment Canada). 2004. Persönliche Auskunft.

(34) Zwerger, P., und Pestemer, W., 2000. Testing the phytotoxic effects of herbicides on higher terrestrial non-target plants using a plant life-cycle test. Z. PflKrankh. PflSchutz, Sonderh., 17:711-718.

Anlage 4

Beispiele für geeignete Wachstumsbedingungen für bestimmte Pflanzenarten

Die folgenden Bedingungen haben sich für zehn Pflanzenarten als geeignet erwiesen und können als Orientierung auch für Prüfungen bestimmter anderer Arten in Wachstumskammern dienen:

Kohlendioxid-Konzentration: 350 ± 50 ppm;

Relative Feuchte: 70 % ± 5 % in Lichtperioden und 90 % ± 5 % in Dunkelperioden

Temperatur: 25 ± 3 °C am Tag und 20 ± 3 °C in der Nacht;

Photoperiode: 16 Stunden Licht/8 Stunden Dunkelheit; Licht mit einer Wellenlänge von durchschnittlich 400 bis 700 nm;

Licht: Leuchtdichte 350 ± 50 μE/m2/s, gemessen an der Vegetationsoberfläche.

Die Kulturpflanzenarten sind:

Tomate (Solanum lycopersicon);
Gurke (Cucumis sativus);
Salat (Lactuca sativa);
Sojabohne (Glycine max);
Kohl (Brassica oleracea var. capitata);
Möhre (Daucus carota);
Hafer (Avena sativa);
Deutsches Weidelgras (Lolium perenne);
Mais (Zea mays);
Zwiebel (Allium cepa).

C.32.   ENCHYTRAEEN-REPRODUKTIONSTEST

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 220 (2004). Sie soll eingesetzt werden, um die Wirkung von Chemikalien auf die Reproduktionsleistung von Enchytraeen (Enchytraeus albidus, Henle 1873) im Boden zu beurteilen. Die Prüfung beruht im Wesentlichen auf einer vom deutschen Umweltbundesamt entwickelten (1) und in einem Ringtest (2) geprüften Methode. Darüber hinaus wurden noch weitere Methoden zur Untersuchung der Toxizität von Chemikalien für Enchytraeen und Regenwürmer in Betracht gezogen (3)(4)(5)(6)(7)(8).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

2.
Bodenbewohnende Anneliden der Gattung Enchytraeus sind ökologisch relevante Arten für Ökotoxizitätsprüfungen. Enchytraeen kommen zwar häufig in Böden vor, in denen auch Regenwürmer leben; bei vielen Böden treten sie aber auch dann in großer Anzahl auf, wenn keine Regenwürmer vorkommen. Enchytraeen können sowohl in Labortests als auch in Halbfreiland- und in Freilandtests verwendet werden. Aus praktischer Sicht ist festzustellen, dass viele Enchytraeus-Arten leicht zu handhaben und zu züchten sind; außerdem ist ihre Regenerationszeit erheblich kürzer als die von Regenwürmern. Ein Reproduktionstest mit Enchytraeen dauert nur 4 bis 6 Wochen (gegenüber 8 Wochen bei Regenwürmern (Eisenia fetida)).
3.
Allgemeine Informationen zur Ökologie und zur Ökotoxikologie von Enchytraeen in der terrestrischen Umwelt sind den Quellen (9), (10), (11) und (12) zu entnehmen.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

4.
Adulte Enchytraeen werden verschiedenen Konzentrationen der in künstlichen Boden eingemischten Prüfchemikalie ausgesetzt. Die Prüfung kann in zwei Schritte unterteilt werden: a) einen Vorversuch zur Feststellung des geeigneten Konzentrationsbereichs (falls keine hinreichenden Informationen verfügbar sind), in dem die Mortalität nach zweiwöchiger Exposition als wesentlicher Endpunkt beurteilt wird, und b) einen definitiven Reproduktionstest, bei dem die Gesamtzahl an juvenilen Tieren eines Elterntiers und das Überleben der Elterntiere bewertet werden. Der definitive Test dauert sechs Wochen. Nach den ersten drei Wochen werden die adulten Würmer herausgenommen und die morphologischen Änderungen protokolliert. Nach weiteren drei Wochen werden die juvenilen Tiere gezählt, die aus den von den adulten Tieren hergestellten Kokons geschlüpft sind. Die Reproduktionsleistung der Tiere, die der Prüfchemikalie ausgesetzt waren, wird mit der Reproduktionsleistung der Kontrollgruppe(n) verglichen, um i) die NOEC (höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete schädliche Wirkung) und/oder ii) mit dem ECx-Wert (z. B. EC10 oder EC50) (mithilfe eines Regressionsmodells) die Konzentration zu ermitteln, bei der die Reproduktionsleistung um x % reduziert wird. Die Testkonzentrationen müssen den ECx-Bereich einschließen (z. B. EC10 und EC50), damit der ECx-Wert durch Interpolation anstelle einer Extrapolation ermittelt werden kann.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

5.
Die Wasserlöslichkeit, der log-Kow-Wert, der Boden-Wasser-Verteilungskoeffizient (z. B. Kapitel C.18 oder C.19) und der Dampfdruck der Prüfchemikalie sollten bekannt sein. Wünschenswert sind zudem Informationen über den Verbleib der Chemikalie im Boden (z. B. die Photolyse- und die Hydrolyserate).
6.
Die Prüfmethode kann sowohl für wasserlösliche als auch für nicht lösliche Chemikalien verwendet werden. Allerdings ist die Prüfchemikalie entsprechend unterschiedlich einzubringen. Für flüchtige Chemikalien ist die Prüfmethode nicht geeignet (d. h. für Chemikalien, bei denen die Henry-Konstante oder der Luft-Wasser-Verteilungskoeffizient größer als eins ist, oder für Chemikalien, bei denen der Dampfdruck bei 25 °C mehr als 0,0133 Pa beträgt.

VALIDITÄT DES TESTS

7.
Damit ein Test als valide gewertet werden kann, sollten die Kontrollen die folgenden Kriterien erfüllen:
Die Mortalität der adulten Tiere darf am Ende des Vorversuchs und nach den ersten drei Wochen des Reproduktionstests nicht mehr als 20 % betragen;
wenn bei der Vorbereitung des Tests 10 adulte Tiere pro Gefäß verwendet wurden, sollten sich am Ende des Tests durchschnittlich mindestens 25 juvenile Tiere pro Gefäß entwickelt haben;
der Variationskoeffizient um die durchschnittliche Anzahl an juvenilen Tieren sollte am Ende des Reproduktionstests höchstens 50 % betragen.

Wenn ein Test die genannten Validitätskriterien nicht erfüllt, ist er zu beenden, sofern keine besonderen Gründe für seine Fortsetzung vorliegen. Die Begründung ist in den Prüfbericht aufzunehmen.

REFERENZCHEMIKALIE

8.
Eine Referenzchemikalie ist entweder regelmäßig zu prüfen oder in jeden einzelnen Test mit einzubeziehen, um sicherzustellen, dass sich die Reaktion der Testorganismen im Laufe der Zeit nicht signifikant geändert hat. Eine geeignete Referenzchemikalie ist Carbendazim, für das gezeigt wurde, dass es die Lebens- und Reproduktionsfähigkeit von Enchytraeen beeinträchtigt (13)(14); außerdem können Chemikalien mit gut bekannten Toxizitätsdaten verwendet werden. AgrEvo Company (Frankfurt, Deutschland) bietet unter dem Handelsnamen Derosal™ eine Carbendazim-Formulierung mit einem Wirkstoffanteil von 360 g/l (32,18 %) an. Diese Formulierung wurde in einem Ringtest verwendet (2). Der im Ringtest ermittelte EC50-Wert der Reproduktionsleistung lag bei 1,2 ± 0,8 mg Wirkstoff/kg Trockenmasse (2). Wenn ein positiver toxischer Standard in die Testreihe aufgenommen wird, ist eine einzige Konzentration zu verwenden, und die Anzahl der Replikate muss mit der Anzahl der Kontrollen übereinstimmen. Bei Carbendazim wird die Prüfung von 1,2 mg Wirkstoff/kg Trockenmasse (getestet in einer flüssigen Formulierung) empfohlen.

BESCHREIBUNG DES TESTS

Ausrüstung

9.
Die Prüfgefäße müssen aus Glas oder einem sonstigen chemisch inertem Material bestehen. Geeignet sind Glasgefäße (z. B. mit einem Volumen von 0,20 bis 0,25 l und einem Durchmesser von ≈ 6 cm). Die Gefäße müssen transparente Deckel haben (z. B. aus Glas oder Polyethylen), die so ausgeführt sind, dass sie die Wasserverdampfung reduzieren und gleichzeitig den Gasaustausch zwischen dem Bodensubstrat und der Atmosphäre erlauben. Die Deckel müssen transparent sein, damit die erforderliche Lichtdurchlässigkeit gegeben ist.
10.
Es wird eine übliche Laborausrüstung insbesondere mit folgenden Bestandteilen benötigt:
Trockenschrank;
Stereomikroskop;
pH-Messgerät und Photometer;
Waagen mit geeigneter Genauigkeit;
geeignete Vorrichtungen zur Temperaturregelung;
geeignete Ausrüstung zur Feuchtigkeitsregelung (bei Expositionsgefäßen mit Deckel nicht wesentlich);
Inkubator oder kleiner Raum mit Klimaanlage;
Pinzette, Haken oder Schlaufen;
Fotoschalen.

Herstellung des künstlichen Bodens

11.
In diesem Test wird künstlicher Boden (5)(7) mit folgender Zusammensetzung verwendet (bezogen auf Trockenmassen, bei 105 °C bis zur Massekonstanz getrocknet):
10 % Sphagnum-Torf, luftgetrocknet und fein gemahlen (eine Partikelgröße von 2 ± 1 mm ist akzeptabel); vor der Verwendung in einem Test sollte sichergestellt werden, dass mit einer frischen Torf-Charge hergestellter Boden für die Zucht der Würmer geeignet ist;
20 % Kaolin-Ton (Kaolinit-Anteil vorzugsweise über 30 %);
ca. 0,3 bis 1,0 % Calciumcarbonat (CaCO3, pulverisiert, Analysequalität), um einen pH-Wert von 6,0 ± 0,5 zu erzielen; wie viel Calciumcarbonat hinzuzugeben ist, kann vor allem von der Qualität/Beschaffenheit des Torfs abhängen;
ca. 70 % luftgetrockneter Quarzsand (je nach erforderlichem CaCO3-Anteil), hauptsächlich Feinsand mit mehr als 50 % Partikeln mit einer Größe von 50 bis 200 μm.

Vor der Verwendung eines künstlichen Bodens in einem definitiven Test ist seine Eignung für die Zucht von Würmern und zur Erfüllung der Validitätskriterien des Tests nachzuweisen. Die entsprechende Prüfung wird insbesondere empfohlen, um sicherzustellen, dass die Aussagekraft des Tests bei reduziertem Kohlenstoffgehalt des künstlichen Bodens, z. B. durch Verringerung des Torfanteils auf 4-5 % und entsprechende Erhöhung des Sandanteils, nicht beeinträchtigt wird. Durch eine solche Reduzierung des Gehalts an organischem Kohlenstoff kann die Bindung der Prüfchemikalie an den Boden (d. h. an organischen Kohlenstoff) verringert werden und die Verfügbarkeit der Prüfchemikalie für die Würmer zunehmen. Es wurde nachgewiesen, dass Enchytraeus albidus den Validitätskriterien hinsichtlich der Reproduktion bei Versuchen mit Feldböden mit geringerem Gehalt an organischem Kohlenstoff als oben angegeben (z. B. 2,7 %) (15) genügen, und es gibt (wenngleich in begrenztem Umfang) Hinweise darauf, dass diese Ergebnisse auch mit künstlichem Boden mit 5 %igem Torfanteil erzielt werden können.

Hinweis: Wenn in weiteren (z. B. höherstufigen) Tests natürlicher Boden verwendet wird, sind auch die Eignung dieses Bodens und die Erfüllung der Validitätskriterien des Tests nachzuweisen.

12.
Die trockenen Bestandteile des Bodens werden gründlich gemischt (z. B. in einem großen Labormischer). Der Mischvorgang wird mindestens eine Woche vor Prüfbeginn durchgeführt. Der gemischte Boden muss zwei Tage ruhen, damit sich der Säurepegel ausgleichen/stabilisieren kann. Zur Bestimmung des pH-Werts wird eine Mischung aus Boden und einer 1 M Kaliumchlorid- (KCl) oder einer 0,01 M Calciumchloridlösung (CaCl2) im Verhältnis 1:5 verwendet (siehe (16) und Anlage 3). Wenn der Säuregrad des Bodens außerhalb des spezifizierten Bereichs liegt (siehe Nummer 11), kann der pH-Wert durch Zugabe einer geeigneten Menge CaCO3 eingestellt werden. Ist der Boden zu alkalisch, kann der pH-Wert durch Zugabe eines größeren Anteils des Gemischs (siehe Nummer 11) ohne CaCO3 eingestellt werden.
13.
Die maximale Wasserhaltekapazität des künstlichen Bodens wird mit den in Anlage 2 beschriebenen Verfahren ermittelt. Ein oder zwei Tage vor Beginn des Tests wird der trockene künstliche Boden mit so viel entionisiertem Wasser befeuchtet, dass etwa die Hälfte des endgültigen Wassergehalts erreicht wird (40-60 % der maximalen Wasserhaltekapazität). Zu Beginn des Tests wird der befeuchtete Boden entsprechend der Anzahl der im Test zu verwendenden Testkonzentrationen (sowie gegebenenfalls der Referenzchemikalie) und Kontrollen aufgeteilt. Der Feuchtegehalt wird auf 40-60 % der maximalen Wasserhaltekapazität eingestellt, indem die Lösung mit der Prüfchemikalie und/oder destilliertes oder entionisiertes Wasser hinzugegeben wird (siehe Nummern 19, 20 und 21). Der Feuchtegehalt wird zu Beginn und am Ende des Tests ermittelt (durch Trocknen bei 105 °C bis zur Massekonstanz) und sollte im optimalen Bereich für die Lebensfähigkeit der Würmer liegen. Für eine grobe Prüfung des Feuchtegehalts des Bodens kann der Boden vorsichtig in der Hand gedrückt werden; bei richtigem Feuchtegehalt sollten Wassertröpfchen zwischen den Fingern austreten.

Auswahl und Vorbereitung der Versuchstiere

14.
Die empfohlene Art für den Test ist Enchytraeus albidus (Henle 1837, weißer Topfwurm), ein Mitglied der Familie Enchytraeidae (Ordnung Oligochaeta, Stamm Annelida). E. albidus ist eine der größten Enchytraeen-Arten; bei einzelnen Exemplaren wurde eine Länge von bis zu 35 mm gemessen (17)(18). E. albidus ist weltweit in marinen, limnischen und terrestrischen Habitaten zu finden, hauptsächlich in faulendem organischem Material (Seetang, Kompost), seltener auch in Wiesen (9). Die breite ökologische Toleranz und gewisse morphologische Variationen deuten darauf hin, dass es unterschiedliche Rassen geben könnte.
15.
E. albidus wird im Handel als Fischfutter angeboten. Es ist zu prüfen, ob die Kultur durch andere, normalerweise kleinere Arten kontaminiert ist (1) (19). Ist dies der Fall, sind alle Würmer in einer Petrischale mit Wasser zu waschen. Mithilfe eines Stereomikroskops werden große adulte Exemplare von E. albidus für eine neue Kultur aussortiert, und alle anderen Würmer sind zu verwerfen. E. albidus lässt sich leicht in einer Vielzahl organischer Materialien züchten (siehe Anlage 4). Der Lebenszyklus von E. albidus ist kurz, da die Tiere ihre Geschlechtsreife zwischen dem 33. Lebenstag (bei 18 °C) und dem 74. Lebenstag (bei 12 1 °C) erreichen. Für die Prüfung sollten ausschließlich Wurmkulturen verwendet werden, die mindestens fünf Wochen lang (eine Generation) ohne Probleme im Labor gehalten wurden.
16.
Andere Enchytraeus-Arten kommen ebenfalls in Betracht; z. B. E. buchholzi Vejdovsky 1879 oder E. crypticus Westheide und Graefe 1992 (siehe Anlage 5). Werden andere Enchytraeus-Arten verwendet, so sind diese eindeutig zu identifizieren, und die Wahl der Art ist zu begründen.
17.
Für die Tests sind adulte Tiere zu verwenden. In der Clitellum-Region sollten Eier (weiße Flecken) erkennbar sein, und die Tiere müssen alle etwa gleich groß sein (ca. 1 cm lang). Die Zuchtkultur braucht nicht synchronisiert zu werden.
18.
Wenn die Enchytraeen nicht in demselben Bodentyp und unter denselben Bedingungen (einschließlich Fütterung) gehältert werden wie im endgültigen Test, muss eine Akklimatisierung erfolgen (mindestens 24 Stunden bis drei Tage). Zunächst sollten mehr adulte Tiere als zur Durchführung des Tests benötigt akklimatisiert werden, damit beschädigte oder anderweitig ungeeignete Exemplare verworfen werden können. Am Ende des Akklimatisierungszeitraums werden für den Test ausschließlich Würmer ausgewählt, die Eier enthalten und keine Verhaltensauffälligkeiten zeigen (z. B. Versuche, den Boden zu verlassen). Die Würmer werden mit einer Juwelierpinzette, mit Haken oder Schlaufen vorsichtig herausgenommen und in eine Petrischale mit einer kleinen Menge Süßwasser gesetzt. Für diesen Zweck ist rekonstituiertes Süßwasser zu empfehlen, wie in Kapitel C.20 (Daphnia magna Reproduktionstest) beschrieben, da entionisiertes oder entmineralisiertes Wasser oder Leitungswasser für die Würmer schädlich sein könnte. Die Würmer werden unter einem Stereomikroskop untersucht, und Würmer ohne Eier werden verworfen. Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass auch Milben und Springschwänze entfernt und verworfen werden, die in die Kulturen geraten sein könnten. Für den Test nicht benötigte gesunde Würmer werden in die Stammkultur zurückgegeben.

Herstellung der Testkonzentrationen

Wasserlösliche Prüfchemikalie

19.
Eine Lösung der Prüfchemikalie wird in entionisiertem Wasser in ausreichender Menge für alle Replikate einer Testkonzentration hergestellt. Vorzugsweise sollte eine angemessene Menge Wasser verwendet werden, um den erforderlichen Feuchtegehalt (d. h. 40 bis 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität (siehe Nummer 13)) zu erzielen. Jede Lösung mit der Prüfchemikalie wird gründlich mit einer Charge des angefeuchteten Bodens gemischt und dann in das Prüfgefäß gegeben.

Wasserunlösliche Prüfchemikalien

20.
Chemikalien, die in Wasser unlöslich, aber in organischen Lösungsmitteln löslich sind, können in der kleinstmöglichen Menge eines geeigneten Lösungsvermittlers (z. B. Aceton) gelöst werden. Hierzu sind ausschließlich flüchtige Lösungsmittel zu verwenden. Der Trägerstoff wird auf eine kleine Menge (z. B. 2,5 g) Quarzsand gesprüht oder mit dem Sand vermischt. Anschließend wird der Sand mindestens eine Stunde unter einem Abzug gestellt, damit das Lösungsmittel verdunsten kann. Diese Mischung aus Quarzsand und Prüfchemikalie wird zum angefeuchteten Boden hinzugegeben und nach Hinzugabe von entionisiertem Wasser in ausreichender Menge gründlich gemischt, um den erforderlichen Feuchtegehalt zu erzielen. Die endgültige Mischung wird in die Prüfgefäße gegeben.
21.
Bei Chemikalien, die sowohl in Wasser als auch in organischen Lösungsmitteln schlecht löslich sind, wird das Äquivalent von 2,5 g fein gemahlenem Quarzsand pro Prüfgefäß mit der Menge der Prüfchemikalie vermischt, die erforderlich ist, um die gewünschte Testkonzentration zu erhalten. Diese Mischung aus Quarzsand und Prüfchemikalie wird zum angefeuchteten Boden hinzugegeben und nach Hinzugabe von entionisiertem Wasser in ausreichender Menge gründlich vermischt, um den erforderlichen Feuchtegehalt zu erzielen. Die endgültige Mischung wird auf die Prüfgefäße verteilt. Dieses Verfahren wird für alle Testkonzentrationen wiederholt, und es wird eine geeignete Kontrolle hergestellt.
22.
Die Chemikalien werden im Allgemeinen höchstens bis zu einer Konzentration von 1 000  mg/kg Boden (Trockenmasse) geprüft. Je nach Zielsetzung eines bestimmten Tests können Prüfungen allerdings auch mit höheren Konzentrationen vorgenommen werden.

DURCHFÜHRUNG DER TESTS

Test- und Kontrollgruppen

23.
Für jede Testkonzentration werden 20 g (Trockenmasse) Testboden in das Prüfgefäß gegeben (siehe Nummern 19, 20 und 21). Außerdem werden Kontrollen ohne die Prüfchemikalie hergestellt. In alle Prüfgefäße wird Futter gegeben, wie unter Nummer 29 beschrieben. In jedes Prüfgefäß werden zehn zufällig ausgewählte Würmer gesetzt. Die Würmer werden vorsichtig in die einzelnen Prüfgefäße gegeben und auf dem Boden abgesetzt (z. B. mit einer Juwelierpinzette, mit Haken oder mit Schlaufen. Die Anzahl der Replikate der Testkonzentrationen und der Kontrollen hängt vom jeweiligen Prüfprotokoll ab (siehe Nummer 34). Die Prüfgefäße werden nach dem Zufallsprinzip in den Testinkubator gestellt, und die Positionen werden wöchentlich neu randomisiert.
24.
Wenn zur Applikation der Prüfchemikalie ein Lösungsvermittler verwendet wird, ist zusätzlich zu den Testreihen eine Kontrollreihe mit Quarzsand mit aufgesprühtem oder untergemischtem Lösungsmittel zu prüfen. Die Konzentration des Lösungsmittels oder des Dispergiermittels muss mit der Konzentration übereinstimmen, die auch in den Prüfgefäßen mit der Prüfchemikalie verwendet wird. Bei Chemikalien, die gemäß den unter Nummer 21 beschriebenen Verfahren zu applizieren sind, muss eine Kontrollreihe mit zusätzlichem Quarzsand (2,5 g pro Gefäß) geprüft werden.

Prüfbedingungen

25.
Die Testtemperatur beträgt 20 ± 2 °C. Damit die Würmer den Boden nicht verlassen, wird die Prüfung bei einem geregelten Licht-Dunkel-Zyklus (vorzugsweise 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit) mit einer Lichtstärke von 400 bis 800 lux im Bereich der Prüfgefäße durchgeführt.
26.
Um die Feuchte des Bodens zu ermitteln, werden die Gefäße zu Beginn des Tests und danach jeweils einmal pro Woche gewogen. Gewichtsverluste werden durch Zugabe von entionisiertem Wasser in ausreichender Menge aufgefüllt. Wasserverluste können durch Aufrechterhaltung einer hohen Luftfeuchtigkeit (> 80 %) im Testinkubator reduziert werden.
27.
Der Feuchtegehalt und der pH-Wert sind jeweils zu Beginn und am Ende sowohl des Vorversuchs als auch des definitiven Tests zu messen. Die Messungen sind an allen Kontrollen und an allen mit der Prüfchemikalie (in allen Konzentrationen) behandelten Bodenproben vorzunehmen, die zwar in der gleichen Weise wie die Testkulturen hergestellt und gehandhabt werden, aber keine Würmer enthalten. Zu diesen Bodenproben ist nur zu Beginn des Tests Futter hinzuzugeben, um die Aktivität der vorhandenen Mikroorganismen anzuregen. Es sollte die gleiche Menge Futter hinzugegeben werden, wie zu den Testkulturen. Während des Tests braucht in diese Gefäße allerdings kein weiteres Futter mehr gegeben zu werden.

Fütterung

28.
Es wird Futter verwendet, das die Lebensfähigkeit der Enchytraeen-Population gewährleistet. Haferflocken, vorzugsweise vor der Verwendung autoklaviert, um Verunreinigungen durch Mikroorganismen zu verhindern (auch Erwärmung ist möglich), haben sich als geeignetes Futter erwiesen.
29.
Bei der ersten Fütterung werden 50 mg gemahlene Haferflocken mit dem Boden in jedem Gefäß vermischt, bevor die Würmer eingesetzt werden. Anschließend wird bis zum 21. Tag Futter einmal wöchentlich hinzugegeben. An Tag 28 wird nicht gefüttert, da die adulten Tiere in diesem Stadium bereits herausgenommen wurden und die juvenilen Würmer ab diesem Zeitpunkt verhältnismäßig wenig zusätzliches Futter brauchen. Die Fütterung während des Tests besteht aus 25 mg gemahlenen Haferflocken pro Gefäß, die wird vorsichtig auf die Bodenoberfläche gelegt werden, damit die Würmer nicht verletzt werden. Um Schimmelpilzbefall zu verhindern, sind die Haferflocken mit einer kleinen Menge Boden zu bedecken. Wenn das Futter nicht aufgezehrt wird, sollte die Futtermenge verringert werden.

Protokoll des Vorversuchs zur Konzentrationsbereichs-Bestimmung

30.
Wenn erforderlich, wird ein Vorversuch beispielsweise mit fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie (0,1, 1,0, 10, 100 und 1 000  mg/kg (Boden Trockenmasse)) durchgeführt. Ein Replikat für jede Behandlung und jede Kontrolle ist ausreichend.
31.
Der Vorversuch dauert zwei Wochen. Am Ende des Versuchs wird die Mortalität der Würmer ermittelt. Ein Wurm wird dann als tot erfasst, wenn er am vorderen Ende nicht mehr auf mechanische Reize reagiert. Über die Mortalität hinaus können auch weitere Informationen hilfreich sein, um die im definitiven Test zu verwendenden Konzentrationen festzulegen. Änderungen im Verhalten der adulten Würmer (die Würmer können sich nicht mehr in den Boden eingraben, sie liegen reglos an der Glaswand des Prüfgefäßes usw.) sowie morphologische Änderungen (z. B. offene Wunden) sind daher ebenso zu protokollieren wie das Vorhandensein juveniler Würmer. Letzteres kann mit der in Anlage 6 beschriebenen Färbemethode ermittelt werden.
32.
Der ungefähre LC50-Wert kann bestimmt werden, indem der geometrische Mittelwert der Mortalitätsdaten berechnet wird. Bei der Festlegung des Konzentrationsbereichs für den definitiven Test wird davon ausgegangen, dass die Wirkungen auf die Reproduktionsleistungen maximal um den Faktor 10 geringer sind als der LC50-Wert. Dies ist jedoch eine empirische Beziehung; jeder Einzelfall kann anderes aussehen. Weitere Beobachtungen im Vorversuch (z. B. das Vorkommen juveniler Tiere) können helfen, den Konzentrationsbereich der Prüfchemikalie für den definitiven Test noch genauer einzugrenzen.
33.
Um den LC50-Wert genau zu bestimmen, wird empfohlen, den Test mit mindestens vier Replikaten für jede Konzentration der Prüfchemikalie und mit einer geeigneten Anzahl Konzentrationen zu wiederholen, damit sich mindestens vier statistisch signifikante mittlere Reaktionen für die jeweiligen Konzentrationen ergeben. Eine ähnliche Anzahl an Konzentrationen und Replikaten ist gegebenenfalls auch für die Kontrollen zu verwenden.

Protokoll des definitiven Reproduktionstests

34.
Entsprechend den Empfehlungen aufgrund eines Ringtests werden drei Protokolle vorgeschlagen (2):
Zur Bestimmung der NOEC sind mindestens fünf Konzentrationen in einer geometrischen Reihe zu prüfen. Zu empfehlen sind vier Replikate je Testkonzentration und acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 1,8 unterscheiden.
Zur Ermittlung des ECx-Werts (z. B. EC10 oder EC50) müssen mindestens fünf Konzentrationen geprüft werden; diese Konzentrationen müssen den ECx einschließen, damit der ECx interpoliert werden kann und nicht extrapoliert werden muss. Mindestens vier Replikate je Testkonzentration und vier Kontrollreplikate werden empfohlen. Der Abstandsfaktor kann unterschiedlich sein (d. h. im erwarteten Wirkungsbereich maximal 1,8 und bei den höheren und niedrigeren Konzentrationen mehr als 1,8).
Ein kombinierter Ansatz ermöglicht die Bestimmung sowohl der NOEC als auch des ECx-Werts. Es sind acht Testkonzentrationen in einer geometrischen Reihe zu verwenden. Zu empfehlen sind vier Replikate je Behandlung und acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 1,8 unterscheiden.
35.
Pro Prüfgefäß sind zehn adulte Würmer zu verwenden (siehe Nummer 23). Zu Beginn des Tests und danach einmal wöchentlich bis zum 21. Tag einschließlich wird Futter in die Prüfgefäße gegeben (siehe Nummer 29). An Tag 21 werden die Bodenproben sorgfältig manuell abgesucht, und die lebenden adulten Würmer werden erfasst und gezählt; Verhaltensänderungen (die Würmer graben sich nicht mehr in den Boden; sie liegen reglos an der Glaswand des Prüfgefäßes usw.) und morphologische Veränderungen (z. B. offene Wunden) werden protokolliert. Anschließend werden alle adulten Würmer aus den Prüfgefäßen und aus dem Boden herausgenommen. Der Testboden mit etwa gebildeten Kokons wird nochmals drei Wochen unter den genannten Prüfbedingungen inkubiert, wobei allerdings nur noch einmal an Tag 35 gefüttert wird (25 mg gemahlene Haferflocken pro Gefäß).
36.
Nach sechs Wochen werden die neu geschlüpften Würmer gezählt. Hierzu wird die auf der Färbung mit Bengalrot beruhende Methode (siehe Anlage 6) empfohlen, wenngleich sich auch andere Verfahren zur Entnahme und Flotation unter Zufuhr von Flüssigkeit (aber nicht von Wärme) als geeignet erwiesen haben (4)(10)(11)(20). Die Einfärbung mit Bengalrot wird empfohlen, weil die Nassextraktion aus einem Bodensubstrat durch Trübungen aufgrund suspendierter Tonpartikel erschwert sein könnte.

Limit-Test

37.
Wenn im Vorversuch auch bei der höchsten Konzentration (d. h. bei 1 000  mg/kg) keine Wirkungen festzustellen sind, kann der Reproduktionstest als Limit-Test durchgeführt werden, bei dem mit einer Konzentration von 1 000  mg/kg nachgewiesen wird, dass die NOEC im Hinblick auf die Reproduktionsleistung noch über diesem Wert liegt.

Zusammenfassung und Zeitplan des Tests

38.
Im Einzelnen umfasst der Test folgende Schritte:



ZeitpunktVorversuchDefinitiver Test
Tag – 7 oder früher— Herstellen des künstlichen Bodens (Mischen trockener Bestandteile)— Herstellen des künstlichen Bodens (Mischen trockener Bestandteile)
Tag – 5

— Prüfung des pH-Werts des künstlichen Bodens

— Messung der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens

— Prüfung des pH-Werts des künstlichen Bodens

— Messung der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens

Tag – 5 bis – 3— Sortieren der Würmer zur Akklimatisierung— Sortieren der Würmer zur Akklimatisierung
Tag – 3 bis 0— Akklimatisieren der Würmer über mindestens 24 Stunden— Akklimatisieren der Würmer über mindestens 24 Stunden
Tag – 1— Befeuchten des künstlichen Bodens und Aufteilung in Chargen— Befeuchten des künstlichen Bodens und Aufteilung in Chargen
Tag 0

— Herstellen der Stammlösungen

— Applikation der Prüfchemikalie

— Einwiegen des Prüfsubstrats in die Prüfgefäße

— Einmischen des Futters

— Einsetzen der Würmer

— Messung pH-Werts und des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Herstellen der Stammlösungen

— Applikation der Prüfchemikalie

— Einwiegen des Prüfsubstrats in die Prüfgefäße

— Einmischen des Futters

— Einsetzen der Würmer

— Messung des pH-Werts und des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

Tag 7— Prüfen des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Prüfen des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Füttern

Tag 14

— Bestimmen der Mortalität der adulten Tiere

— Schätzung der Anzahl der juvenilen Tiere

— Messung des pH-Werts und des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Prüfen des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Füttern

Tag 21

— Beobachten des Verhaltens der adulten Tiere

— Entnahme der adulten Tieren

— Bestimmung der Mortalität der adulten Tiere

— Prüfen des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Füttern

Tag 28

— Prüfen des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Keine Fütterung

Tag 35

— Prüfen des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

— Füttern

Tag 42

— Zählen der juvenilen Würmer

— Messung des pH-Werts und des Feuchtigkeitsgehalts des Bodens

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

39.
Anlage 7 enthält zwar eine Übersicht, doch bei dieser Prüfmethode ist keine statistische Vorgehensweise für die Analyse der Prüfergebnisse vorgeschrieben.
40.
Der wesentliche Endpunkt des Vorversuchs ist die Mortalität. Änderungen im Verhalten der adulten Würmer (die Würmer können sich nicht mehr in den Boden eingraben, sie liegen reglos an der Glaswand des Prüfgefäßes usw.) sowie morphologische Änderungen (z. B. offene Wunden) sind jedoch ebenso zu protokollieren wie das Vorhandensein juveniler Würmer. Der LC50-Wert wird normalerweise mit Probit-Analysen (21) oder durch logistische Regressionsanalysen bestimmt. Wenn diese Analysemethode jedoch ungeeignet ist (z. B. weil weniger als drei Konzentrationen verfügbar sind, bei denen ein Teil der Tiere gestorben ist), können auch alternative Methoden verwendet werden. In Betracht kommen etwa gleitende Durchschnitte (22), die Trimmed-Spearman-Karber-Methode (23) oder eine einfache Interpolation (z. B. geometrischer Mittelwert von LC0 und LC100, berechnet als Quadratwurzel von LC0 multipliziert mit LC100).
41.
Endpunkt beim definitiven Test ist die Vermehrungsrate (d. h. die Anzahl der entstandenen juvenilen Tiere). Ebenso wie im Vorversuch sind jedoch im Abschlussbericht auch alle Anzeichen für sonstige schädliche Wirkungen zu erfassen. Für die statistische Analyse müssen für jede Textkonzentration und jede Kontrolle im Reproduktionstest das arithmetische Mittel und die Standardabweichung berechnet werden.
42.
Wenn eine Varianzanalyse vorgenommen wurde, können die Standardabweichung, s, und die Freiheitsgrade, df, durch die nach der ANOVA geschätzte gepoolte Varianz bzw. durch die entsprechenden Freiheitsgrade ersetzt werden (wenn die Varianz nicht von der Konzentration abhängig ist). In diesem Fall sind die einzelnen Varianzen der Kontrollen und der Gefäße mit den Testkonzentrationen zu verwenden. In der Regel werden die betreffenden Werte mit kommerzieller Statistik-Software berechnet, wobei die Ergebnisse der einzelnen Gefäße als Replikate angenommen werden. Wenn die Zusammenfassung von Daten der negativen Kontrollen und der Lösungsmittelkontrollen sinnvoller erscheint als die Prüfung mit einer einzelnen Kontrolle, werden die Kontrollen getestet, um sicherzustellen, dass sich die Ergebnisse nicht signifikant unterscheiden (entsprechende Tests siehe Nummer 45 und Anlage 7).
43.
Ob weitere statistische Tests vorzunehmen und statistische Rückschlüsse zu ziehen sind, hängt davon ab, ob bei den Replikaten eine Normalverteilung und eine homogene Varianz der Werte gegeben ist.

Schätzung der NOEC

44.
Vorzugsweise sollten leistungsfähige Tests durchgeführt werden. Dabei könnten Informationen (z. B. frühere Erfahrungen mit Ringtests oder sonstige historische Daten) herangezogen werden, um zu beurteilen, ob die Daten in etwa normal verteilt sind. Entscheidender ist die Varianzhomogenität (Homoskedastizität). Erfahrungsgemäß steigt die Varianz häufig mit zunehmendem Mittelwert. In diesem Fall könnte eine Datentransformation eine Homoskedastizität zur Folge haben. Eine entsprechende Transformation sollte aber eher auf Erfahrungen mit historischen Daten als auf den Daten der aktuellen Untersuchung beruhen. Bei homogenen Daten sind multiple t-Tests (z. B. ein Williams-Test (α = 0,05, einseitig) (24)(25) oder in bestimmten Fällen auch ein Dunnett-Test (26)(27)) durchzuführen. Bei uneinheitlichen Replikaten müssen die t-Werte in der Tabelle korrigiert werden, wie von Dunnett und Williams empfohlen. Bei einer starken Variation steigen/sinken die Ergebnisse nicht regelmäßig. Bei derart starken Monotonieabweichungen ist der Dunnett-Test besser geeignet. Bei Abweichungen von der Homoskedastizität kann es angebracht sein, mögliche Wirkungen in Bezug auf Varianzen näher zu untersuchen, um dann zu entscheiden, ob die t-Tests durchgeführt werden können, ohne zu viel an Aussagekraft einzubüßen (28). Alternativ kann ein multipler U-Test (z. B. der Bonferroni-U-Test nach Holm (29)) oder — wenn bei diesen Daten zwar eine Homoskedastizität festzustellen ist, die Daten ansonsten aber mit der zugrunde liegenden monotonen Dosis-Wirkungs-Kurve übereinstimmen — ein weiterer nicht parametrischer Test (z. B. Jonckheere-Terpstra (30)(31) oder Shirley) (32)(33) vorgenommen werden; dies wäre im Allgemeinen sinnvoller als t-Tests für ungleiche Varianzen (siehe auch Flussdiagramm in Anlage 7).
45.
Wenn ein Limit-Test durchgeführt wurde und die Voraussetzungen für parametrische Prüfverfahren (Normalität, Homogenität) erfüllt sind, kann der paarige Student-t-Test verwendet werden; ansonsten ist der -U-Test nach Mann und Whitney durchzuführen (29).

Schätzung von ECx

46.
Zur Berechnung eines ECx-Werts wird eine Regressionsanalyse (linear oder nicht linear) mit den Mittelwerten aus der Vorbehandlung vorgenommen, nachdem eine geeignete Dosis-Wirkungs-Beziehung ermittelt wurde. Für das Wachstum der Würmer als kontinuierliche Reaktion können ECx--Werte mit einer geeigneten Regressionsanalyse geschätzt werden (35). Geeignete Funktionen für quantale Daten (Mortalität/Überleben und Anzahl der Nachkommen) sind die normale sigmoide Funktion, die Logit- oder die Weibull-Funktion mit zwei bis vier Parametern, die teilweise auch hormetische Effekte abbilden können. Wenn eine Dosis-Wirkungs-Funktion mithilfe einer linearen Regressionsanalyse angepasst wurde, müssten in der Regressionsanalyse ein signifikanter r2-Wert (Bestimmungskoeffizient) und/oder eine Steigung festzustellen sein; anschließend wird der ECx-Wert abgeschätzt, indem in die nach der Regressionsanalyse erstellte Gleichung ein Wert entsprechend x % des Mittelwerts der Kontrollgruppe eingesetzt wird. 95- %-Konfidenzintervalle werden nach Fieller (zitiert in Finney (21)) oder mit sonstigen modernen geeigneten Methoden berechnet.
47.
Alternativ wird die Reaktion als Anteil oder Prozentanteil eines Modellparameters nachgebildet, der dann als mittlere Reaktion der Kontrollgruppe angenommen wird. In diesen Fällen kann die normale (Logit, Weibull) sigmoide Kurve häufig leicht durch eine Probit-Regression an die Ergebnisse angepasst werden (21). In diesen Fällen ist die Gewichtungsfunktion entsprechend den metrischen Antworten anzupassen, wie bei Christensen (36) beschrieben. Wenn allerdings eine Hormesis festgestellt wurde, ist die Probit-Analyse durch eine 4-Parameter-Funktion (Logit oder Weibull) zu ersetzen, die mit einem nicht linearen Regressionsverfahren angepasst wird (36). Kann keine geeignete Dosis-Wirkungs-Funktion an die Daten angepasst werden, können alternative Methoden zur Abschätzung von ECx und der entsprechenden Konfidenzintervalle verwendet werden (beispielsweise gleitende Durchschnitte nach Thompson (22) und das Trimmed-Spearman-Karber-Verfahren (23)).

PRÜFBERICHT

48.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfchemikalie:

physikalische Beschaffenheit und — wenn relevant — physikalisch-chemische Eigenschaften (z. B. Wasserlöslichkeit oder Dampfdruck);
chemische Bezeichnung der Prüfchemikalie nach der IUPAC-Nomenklatur, CAS-Nummer, Charge, Los, Strukturformel und Reinheit;
Verfallsdatum der Probe;

Im Test verwendete Art:

eingesetzte Testtiere: Art, wissenschaftlicher Name, Bezugsquelle der Testorganismen und Zuchtbedingungen.

Prüfbedingungen:

Bestandteile und Herstellung des künstlichen Bodens;
Methode der Applikation der Prüfchemikalie;
Beschreibung der Prüfbedingungen (Temperatur, Feuchtegehalt, pH-Wert usw.);
vollständige Beschreibung des Prüfprotokolls und der Verfahren.

Prüfergebnisse:

Mortalität adulter Würmer nach zwei Wochen und Anzahl der juvenilen Tiere am Ende des Vorversuchs;
Mortalität adulter Würmer nach dreiwöchiger Exposition und vollständige Anzahl der juvenilen Tiere am Ende des definitiven Tests;
alle beobachteten physischen oder pathologischen Symptome und Verhaltensänderungen der Testorganismen;
der LC50-Wert, die NOEC und/oder der ECx-Wert (z. B. EC50 oder EC10) für die Reproduktionsleistung, gegebenenfalls mit Konfidenzintervallen, und eine Grafik des angepassten Modells der Berechnung sowie sämtliche Informationen und Feststellungen, die für die Interpretation der Ergebnisse hilfreich sein können;

Abweichungen von den für diese Prüfmethode beschriebenen Verfahren und außergewöhnliche Vorkommnisse während der Prüfung.

LITERATUR

(1) Römbke, J. (1989). Entwicklung eines Reproduktionstests an Bodenorganismen — Enchytraeen. Abschlussbericht des Battelle-Instituts e.V. Frankfurt für das Umweltbundesamt (Berlin), FE-Vorhaben 106 03 051/01.

(2) Römbke, J., und Moser, T. (1999). Organisation and Performance of an International Ringtest for the Validation of the Enchytraeid Reproduction Test. UBA-Texte 4/99, 150 + 223 S.

(3) Westheide, W., und Bethge-Beilfuss, D. (1991). The sublethal enchytraeid test system: guidelines and some results, In: Modern Ecology: Basic and Applied Aspects. Hrsg. Esser, G., und Overdieck, D., S. 497-508. Elsevier, Amsterdam.

(4) Dirven-Van Breemen, E., Baerselmann, R., und Notenboom, J. (1994). Onderzoek naar de Geschiktheid van de Potwormsoorten Enchytraeus albidus en Enchytraeus crypticus (Oligochaeta, Annelida) in Bodemecotoxicologisch Onderzoek. RIVM Rapport Nr. 719102025. 46 S.

(5) Kapitel C.8: Toxizität bei Regenwürmern.

(6) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1993). Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer (Eisenia fetida) — Teil 1: Verfahren zur Bestimmung der akuten Toxizität unter Verwendung von künstlichem Bodensubstrat, Nr. 11268-1. ISO, Genf.

(7) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1996). Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer — Teil 2: Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung von Eisenia fetida/Eisenia andrei, Nr. 11268-2. ISO, Genf.

(8) Rundgren, S., und A.K. Augustsson (1998). Test on the enchytraeid Cognettia sphagnetorum (Vejdovsky 1877). In: Løkke, H., und C.A.M. Van Gestel, Handbook of soil invertebrate toxicity tests. John Wiley and Sons, Chichester, 73-94.

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(14) Römbke, J., und Federschmidt, A. (1995). Effects of the fungicide Carbendazim on Enchytraeidae in laboratory and field tests, Newsletter on Enchytraeidae 4, 79-96.

(15) Römbke, J., Riepert, F. und Achazi R. (2000): Enchytraeen als Testorganismen. In: Toxikologische Beurteilung von Böden. Heiden, S., Erb, R., Dott, W. und Eisentraeger, A. (Hrsg.). Spektrum Verl., Heidelberg. 59-81.

(16) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1994). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung des pH-Wertes, Nr. 10390. ISO, Genf.

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(25) Williams, D.A., (1972). The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics 28, 519-531.

(26) Dunnett, C.W., (1955). A multiple comparison procedure for comparing several treatments with a control. Amer. Statist. Ass. J. 50, 1096-1121.

(27) Dunnett, C.W., (1964) New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics 20, 482-491.

(28) Hoeven, N. van der, (1998). Power analysis for the NOEC: What is the probability of detecting small toxic effects on three different species using the appropriate standardized test protocols? Ecotoxicology 7: 355-361

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(31) Terpstra, T. J. (1952); The Asymptotic Normality and Consistency of Kendall's Test Against Trend, When Ties are Present in One Ranking, Indagationes Math. 14, 327-333.

(32) Shirley, E. A. (1979); The comparison of treatment to control group means in toxicology studies, Applied Statistics 28, 144-151.

(33) Williams, D.A. (1986); A Note on Shirley's Nonparametric Test for Comparing Several Dose Levels with a Zero-Dose Control, Biometrics 42, 183-186.

(34) Sokal, R.R., und F.J. Rohlf. (1981). Biometry. The Principle and practice of statistics in biological research. 2nd edition. W.H. Freeman and Company. New York.

(35) Christensen, E.R., (1984). Dose-response functions in aquatic toxicity testing and the Weibull model. Water Research 18, 213-221.

(36) Van Ewijk, P.H., und J.A. Hoekstra. (1993). Calculation of the EC50 and its confidence interval when sub-toxic stimulus is present. Ecotox, Environ. Safety. 25, 25-32.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Für diese Prüfmethode gelten folgende Begriffsbestimmungen:

Chemikalie : ein Stoff oder eine Mischung.

ECx (Konzentration mit einer Wirkung von x %) : Konzentration, bei der es innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle zu einer Wirkung von x % auf die Testorganismen kommt; bei diesem Test werden die Wirkungskonzentrationen als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.

LC0 (Konzentration ohne letale Wirkung) : die Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der Testorganismen innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer nicht getötet werden; bei diesem Test wird LC0 als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.

LC50 (mediane letale Konzentration) : die Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer 50 % der Testorganismen getötet werden; bei diesem Test wird LC50 als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.

LC100 (absolut tödliche Konzentration) : die Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer 100 % der Testorganismen getötet werden; bei diesem Test wird LC100 als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.

LOEC (niedrigste Konzentration, bei der noch eine schädliche Wirkung zu beobachten ist) : niedrigste Konzentration der Prüfchemikalie mit statistisch signifikanter Wirkung (p < 0,05); bei diesem Test wird die LOEC als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt. Bei allen Testkonzentrationen oberhalb der LOEC müsste normalerweise eine Wirkung auftreten, die sich statistisch von der jeweiligen Kontrolle unterscheidet. Alle Abweichungen von den vorstehenden Beschreibungen bei der Ermittlung der LOEC sind im Prüfbericht zu begründen.

NOEC (höchste Konzentration ohne beobachtete Wirkung) : Die höchste Konzentration der Prüfchemikalie unmittelbar unterhalb der LOEC, bei der keine Wirkung beobachtet wird; bei diesem Test hat die der NOEC entsprechende Konzentration innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05).

Reproduktionsrate : mittlere Anzahl der juvenilen Würmer, die im Testzeitraum aus einer bestimmten Anzahl an adulten Tieren hervorgegangen sind.

Prüfchemikalie : ein Stoff oder eine Mischung, der bzw. die nach dieser Methode geprüft wird.

Anlage 2

Bestimmung der maximalen Wasserhaltekapazität

Bestimmung der Wasserhaltekapazität des künstlichen Bodens

Die folgende Methode hat sich als geeignet erwiesen. Eine nähere Beschreibung ist ISO DIS 11268-2 Anhang C zu entnehmen.

Mit einer geeigneten Vorrichtung (Stechzylinder usw.) eine bestimmte Menge (z. B. 5 g) des Prüfbodens entnehmen. Den Zylinder auf der Unterseite mit Filterpapier abdecken, anschließend mit Wasser füllen und auf einem Gestell in ein Wasserbad setzen. Den Zylinder allmählich eintauchen, bis der Boden durch das Wasser bedeckt ist, und etwa drei Stunden im Wasser belassen. Da nicht alles durch die Bodenkapillare aufgenommene Wasser im Substrat gehalten werden kann, den Zylinder mit der Bodenprobe zur Entwässerung für zwei Stunden in einem geschlossenen Gefäß (um eine Austrocknung zu verhindern) auf sehr feuchten, fein gemahlenen Quarzsand stellen. Anschließend wird die Probe gewogen und bei 105 °C auf eine konstante Masse getrocknet. Die Wasserhaltekapazität (WHC = Water Holding Capacity) kann dann wie folgt berechnet werden:

Dabei sind:

S=das wassergesättigte Substrat + Masse des Zylinders + Masse des Filterpapiers
T=Tara (Masse des Zylinders + Masse des Filterpapiers)
D=Trockenmasse des Substrats

LITERATUR:

ISO (Internationale Organisation für Normung) (1996). Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer — Teil 2: Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung von Eisenia fetida/Eisenia andrei, Nr. 11268-2. ISO, Genf.

Anlage 3

Bestimmung des pH-Wertes von Böden

Die folgende Methode zur Bestimmung des pH-Wertes von Böden beruht auf der Beschreibung in ISO 10390 (Bodenbeschaffenheit — Bestimmung des pH-Wertes).

Eine gegebene Menge Boden mindestens 12 Stunden bei Raumtemperatur trocknen. Eine Suspension aus (mindestens 5 g) Boden in einer 1-M-Lösung analysenreines Kaliumchlorid (KCl) oder einer 0,01-M-Lösung analysenreines Calciumchlorid (CaCl2) im Verhältnis 1:5 herstellen. Anschließend die Suspension fünf Minuten kräftig schütteln und dann mindestens 2, aber nicht länger als 24 Stunden ruhen lassen. Der pH-Wert der flüssigen Phase wird mit einem pH-Meter gemessen, das vor jeder Messung mit einer geeigneten Reihe an Pufferlösungen (z. B. pH 4,0 und 7,0) kalibriert wurde.

LITERATUR

ISO (Internationale Organisation für Normung) (1994). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung des pH-Wertes, Nr. 10390. ISO, Genf.

Anlage 4

Kulturbedingungen für Enchytraeus sp.

Enchytraeen der Art Enchytraeus albidus (und anderer Enchytraeus-Arten) können in großen Kunststoffkästen (z. B. 30 × 60 × 10 cm) gezüchtet werden, die mit einer Mischung aus künstlichem Boden und natürlicher, nicht kontaminierter Gartenerde im Verhältnis 1:1 gefüllt werden. Kompostmaterial könnte toxische Chemikalien (etwa Schwermetalle) enthalten und ist daher zu vermeiden. Vor der Verwendung des Bodens ist sämtliche Fauna zu entfernen (z. B. durch Gefrieren). Es kann auch ein Substrat ausschließlich aus künstlichem Boden verwendet werden, aber die Reproduktionsrate ist dann unter Umständen geringer als in einem gemischten Bodensubstrat. Der pH-Wert des Substrats muss im Bereich von 6,0 ± 0,5 liegen.

Die Kultur wird bei einer Temperatur von 15 bis 20 ± 2 °C im Dunkeln aufbewahrt. Temperaturen über 23 °C sind zu vermeiden. Der Boden muss feucht gehalten werden, darf aber nicht nass sein. Die richtige Feuchte ist dann gegeben, wenn bei vorsichtigem Ausdrücken des Bodens zwischen den Fingern kleine Wassertropfen austreten. Die Entstehung anoxischer Bedingungen ist zu vermeiden, indem sichergestellt wird, dass die Abdeckungen der Kulturgefäße einen angemessenen Gasaustausch mit der Atmosphäre ermöglichen. Um die Belüftung des Substrats zu erleichtern, ist der Boden wöchentlich vorsichtig zu lockern.

Die Würmer können mit Haferflocken gefüttert werden. Diese sind in verschlossenen Behältnissen zu lagern und vor Gebrauch zu autoklavieren oder zu erwärmen, um Befall mit Mehlmilben (z. B. Glyzyphagus sp., Astigmata, Acarina) oder Raubmilben (z. B. Hypoaspis (Cosmolaelaps) miles, Gamasida, Acarina) zu vermeiden. Nach der Wärmebehandlung wird das Futter gemahlen, damit es leichter auf dem Boden ausgestreut werden kann. Von Zeit zu Zeit können die Haferflocken mit Vitaminen, Milch und Lebertran angereichert werden. Als Futter kommen auch Backhefe und das Fischfutter „TetraMin“ in Betracht.

Die Fütterung erfolgt etwa zweimal pro Woche. Eine angemessene Menge Haferflocken wird auf dem Boden ausgestreut oder beim Lockern des Bodens zur besseren Belüftung vorsichtig in das Substrat gemischt. Die absolute Futtermenge hängt von der Anzahl Würmer im Substrat ab. Allgemein gilt, dass die Futtermenge zu erhöhen ist, wenn das gesamte Futter binnen eines Tages nach Bereitstellung aufgezehrt ist. Wenn dagegen bei der zweiten Fütterung (nach einer Woche) noch Futter auf der Bodenoberfläche liegt, muss die Futtermenge reduziert werden. Futter mit Schimmelpilzbefall ist zu entfernen und zu ersetzen. Nach drei Monaten sind die Würmer in frisch hergestelltes Substrat umzusetzen.

Die Kulturbedingungen gelten als zufriedenstellend, wenn die Würmer a) nicht versuchen, das Bodensubstrat zu verlassen, b) sich rasch im Boden bewegen, c) eine glänzende Oberfläche haben, an der keine Bodenpartikel anhaften, d) eine mehr oder weniger weißliche Farbe haben, e) in unterschiedlichen Altersstufen in der Kultur vertreten sind und f) sich kontinuierlich vermehren.

Anlage 5

Durchführung der Prüfung mit anderen Enchytraeus-Arten

Wahl der Arten

Außer E. albidus können auch andere Arten verwendet werden, dann sind Prüfverfahren und Validitätskriterien entsprechend anzupassen. Da viele Enchytraeus-Arten leicht zu beschaffen sind und im Labor gut gehalten werden können, sind die wichtigsten Kriterien für die Auswahl einer anderen Art als E. albidus die ökologische Relevanz und die Empfindlichkeit der jeweiligen Art. Es kann allerdings auch praktische Gründe für die Umstellung auf eine andere Art geben. In Ländern beispielsweise, in denen E. albidus nicht vorkommt und auch nicht eingeführt werden darf (z. B. aufgrund von Quarantänebestimmungen) müssen andere Enchytraeus-Arten verwendet werden.

Beispiele für geeignete alternative Arten)

Enchytraeus crypticus (Westheide und Graefe 1992): Diese Art wurde in den letzten Jahren häufig in ökotoxologischen Untersuchungen verwendet, weil sie sich leicht züchten und untersuchen lässt. Die Würmer sind allerdings klein und entsprechend schwieriger zu handhaben als E. albidus (besonders in den Phasen vor Durchführung der Färbemethode). Das Vorkommen von E. crypticus im Freiland konnte nicht sicher nachgewiesen werden, da diese Art bisher nur in Zusammenhang mit Regenwurmkulturen beschrieben wurde. Seine ökologischen Anforderungen sind daher nicht bekannt.
Enchytraeus buchholzi (Vejdovsky 1879): Unter dieser Bezeichnung wird vermutlich eine Gruppe eng verwandter Arten erfasst, die morphologisch schwer voneinander zu unterscheiden sind. Diese Art sollte nur dann für Prüfungen verwendet werden, wenn die für eine Untersuchung vorgesehenen Tiere jeweils einer bestimmten Art zugeordnet werden können. E. buchholzi kommt gewöhnlich in Wiesen und an gestörten Standorten (z. B. an Straßenrändern) vor.
Enchytraeus luxuriosus: Diese Art wurde ursprünglich als E. „minutus“ bezeichnet; sie wurde erst vor Kurzem näher beschrieben (1). E. minutus wurde von U. Graefe (Hamburg) erstmals in einer Wiese in der Nähe von St. Peter-Ording (Schleswig-Holstein) entdeckt. E. luxuriosus ist etwa halb so groß wie E. albidus, aber größer als die übrigen hier behandelten Arten. Insoweit könnte diese Art eine gute Alternative zu E. albidus darstellen.
Enchytraeus bulbosus (Nielsen und Christensen 1963): Bislang wurde diese Art in mineralischen Böden in Deutschland und in Spanien dokumentiert, wo wie allgemein verbreitet ist, aber keine sehr großen Populationen aufweist. Im Vergleich zu anderen kleinen Arten dieser Gattung ist diese Art verhältnismäßig leicht zu bestimmen. Über ihr Verhalten in Laborversuchen oder über ihre Empfindlichkeit gegenüber Chemikalien ist nichts bekannt. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Art leicht zu kultivieren ist (E. Belotti, persönliche Mitteilung).

Zuchtbedingungen

Alle oben genannten Enchytraeus-Arten können in den Substraten kultiviert werden, die auch für E. albidus verwendet werden. Wegen der geringeren Größe der Tiere können auch die Kulturgefäße kleiner sein, und es kann zwar das gleiche Futter verwendet werden, aber die Futtermengen sind zu reduzieren. Der Lebenszyklus dieser Arten ist kürzer als der von E. albidus, und die Tiere müssen häufiger gefüttert werden.

Prüfbedingungen

Im Allgemeinen werden die Prüfungen unter den gleichen Bedingungen vorgenommen wie bei E. albidus; die folgenden Unterschiede sind allerdings zu beachten:

Die Prüfgefäße können (müssen aber nicht) kleiner sein;
der Reproduktionstest kann (muss aber nicht) verkürzt werden (etwa von sechs Wochen auf vier Wochen); die Dauer eines Vorversuchs sollte allerdings nicht geändert werden;
in Anbetracht der geringen Größe der juvenilen Tiere wird nachdrücklich die Färbemethode zum Zählen der Tiere empfohlen;
das Validitätskriterium bezüglich der „Anzahl der juvenilen Tiere pro Prüfgefäß in der Kontrollgruppe“ ist auf „50“ zu ändern.

LITERATUR

(1) Schmelz, R.M, und Collado, R. (1999). Enchytraeus luxuriosus sp.nov., a new terrestrial oligochaete species (Enchytraeidae, Clitellata, Annelida). Carolinea 57, 93-100.

Anlage 6

Detaillierte Beschreibung der Entnahmeverfahren

Färbung mit Bengalrot

Diese ursprünglich in der limnischen Ökologie (1) entwickelte Methode wurde für die Zählung juveniler Enchytraeen im Enchytraeen-Reproduktionstest erstmals von W. de Coen (Universität Gent, Belgien) beschrieben. Unabhängig davon wurde von RIVM Bilthoven eine modifizierte Version entwickelt (Bengalrot gemischt mit Formaldehyd statt mit Ethanol) (2)(3).

Am Ende des definitiven Tests (d. h. nach sechs Wochen) wird der Boden aus den Prüfgefäßen in ein flaches Behältnis umgefüllt. Geeignet ist beispielsweise ein Bellaplast-Gefäß oder ein Fotoschale mit geripptem Boden, weil die Rippen die Beweglichkeit der Würmer im Beobachtungsbereich einschränken. Die juvenilen Tiere werden mit Ethanol fixiert (ca. 5 ml pro Replikat). Anschließend werden die Gefäße 1-2 cm hoch mit Wasser befüllt. Einige Tropfen (200-300 μl) Bengalrot (1 %ige Lösung in Ethanol) werden hinzugegeben (alternativ 0,5 % Eosin), und die beiden Bestandteile werden sorgfältig gemischt. Nach zwölf Stunden sollten die Würmer eine rötliche Farbe aufweisen und leicht zu zählen sein, weil sie auf der Oberfläche des Substrats liegen. Alternativ kann die Substrat-Alkoholmischung durch ein Sieb gegeben werden (Maschenweite 0,250 mm), bevor die Würmer gezählt werden. Bei diesem Verfahren werden Kaolinit, Torf und (teilweise) Sand ausgewaschen; die rötlich eingefärbten Würmer sind dann leichter zu erkennen und zu zählen. Die Verwendung beleuchteter Lupen (Größe der Lupe mindestens 100 × 75 mm mit 2- oder 3-facher Vergrößerung) erleichtert das Zählen ebenfalls.

Die Färbetechnik verkürzt den Zeitaufwand beim Zählen auf wenige Minuten pro Gefäß; in der Regel müsste eine Person alle in einem Test verwendeten Gefäße in höchstens zwei Tagen auszählen können.

Nassextraktion

Mit der Nassextraktion sollte unmittelbar nach Testende begonnen werden. Der Boden aus den Prüfgefäßen wird in Kunststoffsiebe mit einer Maschenweite von etwa 1 mm gegeben. Anschließend werden die Siebe so auf Kunststoffschalen gesetzt, dass sie den Boden nicht berühren. Die Schalen werden vorsichtig mit Wasser gefüllt, bis die Proben in den Sieben vollständig von Wasser bedeckt sind. Um eine Wiederfindungsrate von mehr als 90 % aller vorhandenen Würmer sicherzustellen, ist für die Entnahme eine Zeitraum von 3 Tagen bei 20 ± 2 °C vorzusehen. Am Ende des Extraktionszeitraums werden die Siebe herausgenommen, und das Wasser wird (bis auf einen kleinen Anteil) langsam dekantiert, wobei darauf zu achten ist, dass die Sedimente am Boden der Gefäße nicht aufgewirbelt werden. Die Kunststoffschalen werden dann leicht geschwenkt, um die Sedimente im Überstandswasser zu suspendieren. Danach wird das Wasser in eine Petrischale gegeben. Nach dem Absetzen der Bodenpartikel sind die Enchytraeen erkennbar und können mit einer Stahlpinzette mit weichen Spitzen unter einem Stereomikroskop entnommen und gezählt werden.

Flotation

Eine Flotationsmethode wurde in einer Anmerkung von R. Kuperman (4) beschrieben. Nach dem Fixieren des Inhalts eines Prüfgefäßes mit Ethanol wird der Boden bis zu einer Höhe von 10-15 mm über der Bodenoberfläche mit kolloidalem Siliciumdioxid Ludox AM-30 (30 Gew.- % Suspension in Wasser) bedeckt. Nachdem der Boden 2-3 Minuten gründlich mit dem Flotationsmittel gemischt wurde, können die auf der Oberfläche schwimmenden juvenilen Würmer leicht gezählt werden.

LITERATUR

(1) Korinkova, J., und Sigmund, J. (1968). The colouring of bottom-fauna samples before sorting, Vestnik Ceskoslovensko Spolecnosti Zoologicke 32, 300-305.

(2) Dirven-Van Breemen, E., Baerselmann, R., und Notenboom, J. (1994). Onderzoek naar de Geschiktheid van de Potwormsoorten Enchytraeus albidus en Enchytraeus crypticus (Oligochaeta, Annelida) in Bodemecotoxicologisch Onderzoek. RIVM Rapport Nr. 719102025. 46 S.

(3) Posthuma, aL., Baerselmann, R., Van Veen, R.P.M., und Dirven-Van Breemen, E.M. (1997). Single and joint toxic effects of copper and zinc on reproduction of Enchytraeus crypticus in relation to sorption of metals in soils. Ecotox. Envir. Safety 38, 108-121.

(4) Phillips, C.T., Checkai, R.T., und Kuperman, R.G. (1998). An alternative to the O'Connor Method for Extracting Enchytraeids from Soil. SETAC 19th Annual Meeting, Charlotte, USA. Abstract Book No. PMP069, S. 157.

Anlage 7

Überblick über die statistische Auswertung der Daten (NOEC-Bestimmung)

C.33.   REPRODUKTIONSTEST MIT REGENWÜRMERN (EISENIA FETIDA/EISENIA ANDREI)

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 222 (2004). Sie wird zur Beurteilung der Wirkungen von Chemikalien im Boden auf die Reproduktionsleistung (sowie zur Beurteilung sonstiger subletaler Endpunkte) der Regenwurm-Arten Eisenia fetida (Savigny 1826) und Eisenia andrei (Andre 1963) verwendet (1)(2). Die Methode wurde einem Ringtest unterzogen (3). Eine Methode zur Prüfung der akuten Toxizität bei Regenwürmern ist verfügbar (4). Außerdem wurde eine Reihe weiterer internationaler und nationaler Leitlinien zur Prüfung der akuten und der chronischen Toxizität bei Regenwürmern veröffentlicht (5)(6)(7)(8).
2.
Eisenia fetida /Eisenia andrei werden als Vertreter der Bodenfauna und insbesondere der Familie der Regenwürmer betrachtet. Hintergrundinformationen zur Ökologie der Regenwürmer und ihre Verwendung bei Ökotoxizitätsprüfungen sind verfügbar (7)(9)(10)(11)(12).

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

3.
Adulte Würmer werden einer Reihe von Konzentrationen der entweder in den Boden gemischten oder — bei Pestiziden — auf oder in den Boden applizierten Prüfchemikalie ausgesetzt; dabei ist entsprechend den Anwendungsformen der jeweiligen Chemikalie zu verfahren. Das Applikationsverfahren hängt von den Prüfzielen ab. Die Konzentrationsspanne wird so gewählt, dass die Konzentrationen abgedeckt sind, bei denen über einen Zeitraum von acht Wochen mit subletalen und letalen Wirkungen zu rechnen ist. Nach vierwöchiger Exposition werden die Wirkungen auf die Mortalität und das Wachstum der adulten Würmer ermittelt. Die adulten Würmer werden aus dem Boden entfernt, und nach weiteren vier Wochen werden durch Auszählen der im Boden vorhandenen juvenilen Tiere die Wirkungen auf die Reproduktionsleistung beurteilt. Die Reproduktionsleistung der Tiere, die der Prüfchemikalie ausgesetzt waren, wird mit der Reproduktionsleistung der Kontrollgruppe(n) verglichen, um (i) die NOEC (höchste messbare Konzentration ohne statistisch signifikante Wirkung) und/oder (ii) mithilfe eines Regressionsmodells den ECx-Wert (z. B. EC10 oder EC50), d. h. die Konzentration zu ermitteln, bei der die Reproduktionsleistung um x % reduziert wird. Die Testkonzentrationen müssen den ECx-Bereich einschließen (z. B. EC10 und EC50), damit der ECx-Wert nicht extrapoliert werden muss, sondern durch Interpolation bestimmt werden kann (Begriffsbestimmungen siehe Anlage 1).

ANGABEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

4.
Die folgenden Angaben zur Prüfchemikalie müssen verfügbar sein, um geeignete Prüfverfahren aufstellen zu können:
Wasserlöslichkeit,
log Kow,
Dampfdruck
und möglichst Informationen zu Verbleib und Verhalten in der Umwelt (z. B. Photolyse- und Hydrolyserate soweit für die jeweilige Auf- oder Einbringung von Bedeutung).
5.
Diese Prüfmethode ist bei allen Chemikalien unabhängig von ihrer Wasserlöslichkeit anzuwenden. Für flüchtige Chemikalien ist die Prüfmethode nicht geeignet (d. h. für Chemikalien, bei denen die Henry-Konstante oder der Luft-Wasser-Verteilungskoeffizient größer als 1 ist, oder für Chemikalien, bei denen der Dampfdruck bei 25 °C mehr als 0,0133 Pa beträgt).
6.
Bei dieser Prüfmethode wird ein möglicher Abbau der Prüfchemikalie im Laufe des Versuchs nicht berücksichtigt. Entsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die anfänglichen Expositionskonzentrationen während der gesamten Prüfung aufrechterhalten werden. In diesem Fall sind chemische Analysen der Prüfchemikalie zu Beginn und am Ende der Prüfung zu empfehlen.

REFERENZCHEMIKALIE

7.
Der NOEC- und/oder der ECx-Wert einer Referenzchemikalie sind zu ermitteln, um angemessene Bedingungen für den Labortest sicherstellen und nachweisen zu können, dass sich die Reaktion der Testorganismen im Laufe der Zeit nicht statistisch relevant ändert. Referenzchemikalien sollten mindestens einmal jährlich bzw. — wenn die Tests seltener durchgeführt werden — parallel zur Bestimmung der Toxizität einer Prüfchemikalie getestet werden. Bei Carbendazim oder Benomyl wird die Reproduktionsleistung nachweislich beeinträchtigt; entsprechend sind beide Chemikalien als Referenzchemikalien geeignet (3). Signifikante Wirkungen müssten bei (a) 1 bis 5 mg Wirkstoff/kg Trockenmasse oder (b) 250-500 g/ha oder 25-50 mg/m2 festzustellen sein. Wenn ein positiver toxischer Standard in die Testreihe aufgenommen wird, ist eine einzige Konzentration zu verwenden, und die Anzahl der Replikate muss mit der Anzahl in den Kontrollen übereinstimmen.

VALIDITÄT DES TESTS

8.
Damit ein Testergebnis als valide gewertet werden kann, müssen die Kontrollen die folgenden Kriterien erfüllen:
Aus jedem Replikat (mit jeweils 10 adulten Würmern) müssen bis zum Ende des Tests ≥ 30 juvenile Tiere hervorgegangen sein;
der Variationskoeffizient der Reproduktionsleistung liegt bei ≤ 30 %;
die Mortalität adulter Tiere in den ersten vier Wochen des Tests beträgt ≤ 10 %.

Wenn ein Test die genannten Validitätskriterien nicht erfüllt, ist der Test zu beenden, sofern keine besonderen Gründe für seine Fortsetzung vorliegen. Die Begründung ist in den Bericht aufzunehmen.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Ausrüstung

9.
Zu verwenden sind Prüfbehälter aus Glas oder einem sonstigen chemisch inerten Material mit einem Fassungsvermögen von etwa 1 bis 2 l. Die Behälter sollten eine Querschnittsfläche von etwa 200 cm2 haben, damit bei Zugabe von 500 bis 600 g Substrat (Trockenmasse) eine Tiefe des feuchten Substrats von etwa 5 bis 6 cm erreicht wird. Die Abdeckung des Behälters muss den Gasaustausch zwischen dem Substrat und der Atmosphäre zulassen, lichtdurchlässig sein (z. B. kann eine perforierte transparente Abdeckung verwendet werden) und ein Entweichen der Würmer verhindern. Wenn erheblich mehr Testsubstrat als die genannten 500 bis 600 g pro Prüfbehälter verwendet wird, ist die Anzahl der Würmer entsprechend zu erhöhen.
10.
Es wird eine übliche Laborausrüstung insbesondere mit folgenden Bestandteilen benötigt:
Trockenschrank;
Stereomikroskop;
pH-Messgerät und Photometer;
Waagen mit geeigneter Genauigkeit;
geeignete Vorrichtungen zur Temperaturregelung;
geeignete Ausrüstung zur Feuchtigkeitsregelung (bei Expositionsgefäßen mit Deckel nicht wesentlich);
Inkubator oder kleiner Raum mit Klimaanlage;
Pinzette, Haken oder Schlaufen;
Wasserbad.

Herstellung des künstlichen Bodens

11.
In diesem Test wird künstlicher Boden (5)(7) mit folgender Zusammensetzung verwendet (bezogen auf Trockenmassen, bei 105 °C bis zur Massekonstanz getrocknet):
10 % Sphagnum-Torf (pH-Wert möglichst im Bereich 5,5-6,0, keine sichtbaren Pflanzenreste, fein gemahlen und auf einen bestimmten Feuchtegehalt getrocknet);
20 % Kaolin-Ton (Kaolinit-Anteil vorzugsweise über 30 %);
0,3 bis 1,0 % Calciumcarbonat (CaCO3, pulverisiert, analysenrein), um einen pH-Ausgangswert von 6,0 ± 0,5 zu erzielen;
70 % luftgetrockneter Quarzsand (je nach erforderlichem CaCO3-Anteil), hauptsächlich Feinsand mit mehr als 50 % Partikeln mit einer Größe von 50-200 μm.

Hinweis 1: Wie viel CaCO3 benötigt wird, hängt von der Zusammensetzung des Bodensubstrats einschließlich des Futters ab und ist unmittelbar vor der Untersuchung durch Messung von Teilproben des Bodens zu ermitteln. Der pH-Wert in einer gemischten Probe wird in einer Kaliumchlorid-Lösung (1 mol) oder einer Calciumchlorid-Lösung (CaCl2) (0,01 mol) bestimmt (13).

Hinweis 2: Der Gehalt des künstlichen Bodens an organischem Kohlenstoff kann reduziert werden, z. B. indem der Torfgehalt auf 4 bis 5 % verringert und der Sandanteil entsprechend erhöht wird. Durch eine solche Reduzierung des Gehalts an organischem Kohlenstoff kann die Adsorption der Prüfchemikalie an den Boden (organischen Kohlenstoff) verringert werden und die Bioverfügbarkeit der Prüfchemikalie für die Würmer zunehmen. Es wurde nachgewiesen, dass Eisenia fetida den Validitätskriterien hinsichtlich der Vermehrung bei Versuchen mit Feldböden mit geringerem Gehalt an organischem Kohlenstoff (z. B. 2,7 % (14)) genügt, und es hat sich gezeigt, dass diese Ergebnisse auch mit künstlichem Boden mit 5 %igem Torfgehalt erzielt werden können. Daher ist es zur Erfüllung der Validitätskriterien vor der Verwendung des künstlichen Bodens in einer Hauptprüfung nicht notwendig, seine Eignung für die Prüfung nachzuweisen, wenn der Torfgehalt nicht stärker als oben angegeben reduziert wird.

Hinweis 3: Wenn in weiteren (z. B. höherstufigen) Tests natürlicher Boden verwendet wird, sind auch die Eignung dieses Bodens und die Erfüllung der Validitätskriterien des Tests nachzuweisen.

12.
Die trockenen Bestandteile des Bodens werden in einem gut belüfteten Bereich gründlich durchmischt (z. B. in einem großen Labormischer). Vor Prüfbeginn wird der trockene künstliche Boden mit so viel entionisiertem Wasser befeuchtet, bis etwa die Hälfte des endgültigen Wassergehalts erreicht ist, die 40 bis 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität (50 ± 10 % Feuchte bezogen auf die Trockenmasse) entspricht. Dabei entsteht ein Substrat, das kein überstehendes oder freies Wasser mehr enthält (durch Ausdrücken mit der Hand festzustellen). Die maximale Wasserhaltekapazität des künstlichen Bodens wird mit den in Anlage 2, ISO 11274 (15) oder der entsprechenden EU-Norm beschriebenen Verfahren ermittelt.
13.
Wird die Prüfchemikalie auf die Bodenoberfläche aufgebracht oder ohne Wasser in den Boden gemischt, so kann die endgültige Menge des Wassers bei der Herstellung des Substrats in den künstlichen Boden gemischt werden. Wird die Prüfchemikalie zusammen mit etwas Wasser in den Boden gemischt, kann das zusätzliche Wasser zusammen mit der Prüfchemikalie hinzugegeben werden (siehe Nummer 19).
14.
Der Feuchtegehalt des Bodens wird zu Beginn und am Ende des Tests gemäß ISO 11465 (16) oder nach der entsprechenden EU-Norm und der pH-Wert nach Anlage 3 oder ISO 10390 (13) bzw. der entsprechenden EU-Norm bestimmt. Diese Parameter sind an einer Probe des Kontrollbodens und jeweils an einer Probe des Bodens mit den einzelnen Testkonzentrationen zu ermitteln. Wenn saure oder basische Chemikalien geprüft werden, braucht der pH-Wert des Bodens nicht korrigiert zu werden. Der Feuchtegehalt ist während des gesamten Tests durch regelmäßiges Wiegen der Behältnisse zu kontrollieren (siehe Nummern 26 und 30).

Auswahl und Vorbereitung der Testtiere

15.
Als Testspezies werden Eisenia fetida oder Eisenia andrei verwendet (1)(2). Für den Prüfbeginn werden adulte, zwei bis zwölf Monate alte Würmer mit Clitellum benötigt. Die Würmer sind aus einer synchronisierten Kultur mit verhältnismäßig homogener Altersstruktur auszuwählen (Anlage 4). Der Altersunterschied zwischen den Tieren einer Testgruppe darf höchstens vier Wochen betragen.
16.
Die ausgewählten Würmer werden mindestens einen Tag lang an den für die Prüfung zu verwendenden künstlichen Boden gewöhnt. Sie erhalten dabei das gleiche Futter, das auch im Test verwendet werden soll (siehe Nummern 31-33).
17.
Zu Prüfbeginn werden Gruppen von je 10 Würmern einzeln gewogen und nach dem Zufallsprinzip auf die Prüfbehälter verteilt. Vor dem Wiegen werden die Würmer mit entionisiertem Wasser gewaschen und zum Abtropfen kurz auf Filterpapier gesetzt. Die Feuchtmasse der Würmer sollte jeweils zwischen 250 und 600 mg betragen.

Herstellung der Testkonzentrationen

18.
Für die Applikation der Prüfchemikalie kommen zwei Methoden in Betracht: Die Prüfchemikalie kann in den Boden gemischt (siehe Nummern 19-21) oder auf die Bodenoberfläche aufgebracht werden (siehe Nummern 22-24). Welche Methode jeweils zu verwenden ist, hängt von den Prüfzielen ab. Im Allgemeinen wird empfohlen, die Prüfchemikalie in den Boden zu mischen. Es können allerdings Applikationsverfahren erforderlich sein, die der gängigen landwirtschaftlichen Praxis (z. B. Aufsprühen einer flüssigen Formulierung oder Verwendung spezieller Pestizidformulierungen wie z. B. Granulate oder Saatgutbeizen) entsprechen. Als Hilfsmittel zur Aufbereitung des Bodens mit der Prüfchemikalie sollten Lösungsmittel ausgewählt werden, die gegenüber Regenwürmern wenig toxisch sind, und im Prüfprotokoll ist eine geeignete Lösungsmittelkontrolle vorzusehen (siehe Nummer 27).

Mischen der Prüfchemikalie in den Boden

Wasserlösliche Prüfchemikalien

19.
Unmittelbar vor Prüfbeginn wird eine Lösung der Prüfchemikalie in entionisiertem Wasser in der für alle Replikate einer Testkonzentration erforderlichen Menge hergestellt. Um die Herstellung der Testlösung zu erleichtern, wird unter Umständen ein zweites Lösungsmittel benötigt. Aus praktischen Gründen sollte so viel Lösung hergestellt werden, wie zur Erzielung des endgültigen Feuchtegehalts (40 bis 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität) erforderlich ist. Die Lösung wird gründlich mit dem Bodensubstrat gemischt, bevor die Mischung in die Prüfbehälter gegeben wird.

Wasserunlösliche Prüfchemikalien

20.
Die Prüfchemikalie wird in einem kleinen Volumen eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Aceton) gelöst und dann auf eine kleine Menge feinen Quarzsand aufgesprüht oder mit dem Sand vermischt. Anschließend wird sie einige Minuten unter einen Abzug gestellt, damit das Lösungsmittel verdunsten kann. Der so behandelte Sand wird gründlich mit dem angefeuchteten künstlichen Boden gemischt. Danach wird entionisiertes Wasser in der erforderlichen Menge hinzugegeben und mit dem Substrat gemischt, um einen endgültigen Feuchtegehalt von 40 bis 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität zu erzielen. Der Boden kann dann in die Prüfbehälter gegeben werden. Dabei ist zu beachten, dass manche Lösungsmittel für Regenwürmer toxisch sein können.

In Wasser und organischen Lösungsmitteln unlösliche Prüfchemikalien

21.
10 g fein gemahlener Industrie-Quarzsand werden mit der Menge der Prüfchemikalie gemischt, die zur Erzielung der Testkonzentration im Boden benötigt wird. Anschließend wird diese Mischung gründlich mit dem angefeuchteten künstlichen Boden gemischt. Danach wird entionisiertes Wasser in der erforderlichen Menge hinzugegeben und mit dem Substrat gemischt, um einen endgültigen Feuchtegehalt von 40 bis 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität zu erhalten. Der Boden kann dann in die Prüfbehälter gegeben werden.

Applikation der Prüfchemikalie auf die Bodenoberfläche

22.
Der Boden wird nach dem Einsetzen der Würmer behandelt. Die Prüfbehälter werden zunächst mit dem angefeuchteten Bodensubstrat gefüllt; anschließend werden die gewogenen Würmer auf die Oberfläche gesetzt. Gesunde Würmer graben sich in der Regel sofort in das Substrat ein; nach 15 Minuten noch an der Oberfläche verbliebene Würmer werden entsprechend als beschädigt betrachtet und sind zu ersetzen. Wenn Würmer ersetzt werden, sind die neuen Würmer und die zu ersetzenden Würmer zu wiegen, damit zu Prüfbeginn das Lebendgewicht der gesamten exponierten Gruppe und das Gesamtgewicht des Behälters mit den Würmern bekannt sind.
23.
Danach wird die Prüfchemikalie hinzugegeben. In der ersten halben Stunde nach dem Einsetzen der Würmer (oder wenn sich noch Würmer an der Oberfläche befinden) darf die Prüfchemikalie noch nicht hinzugegeben werden, um einen unmittelbaren Hautkontakt mit der Prüfchemikalie zu vermeiden. Handelt es sich bei der Prüfchemikalie um ein Pestizid, kann es angebracht sein, die Chemikalie auf den Boden aufzusprühen. Die Prüfchemikalie ist mit einem geeigneten Labor-Sprühgerät möglichst gleichmäßig auf den Boden aufzubringen, um die Sprühapplikation im Freiland zu simulieren. Vor der Applikation die Abdeckung des Prüfbehälters abnehmen und den Behälter auskleiden, um die Seitenwände des Behälters vor Spritzern zu schützen. Zur Auskleidung kann ein Prüfbehälter ohne Boden verwendet werden. Die Applikation muss bei einer Temperatur von 20 ± 2 °C und, bei wässrigen Lösungen, Emulsionen oder Dispersionen, mit einem Wasserdurchsatz von 600-800 μl/m2 erfolgen. Die Wassermenge ist mit einem geeigneten Kalibrierungsverfahren zu kontrollieren. Spezielle Formulierungen (z. B. Granulate oder Saatgutbeizen) sind entsprechend der landwirtschaftlichen Praxis aufzubringen.
24.
Die Prüfbehälter bleiben eine Stunde geöffnet, damit zur Applikation der Prüfchemikalie verwendete flüchtige Lösungsmittel verdunsten können. Dabei ist darauf zu achten, dass in diesem Zeitraum keine Würmer die Prüfgefäße verlassen.

VERFAHREN

Test- und Kontrollgruppen

25.
Empfohlen werden 10 Regenwürmer je 500 bis 600 g künstlichen Bodens (Trockenmasse) (d. h. 50 bis 60 g Boden pro Wurm). Wenn größere Mengen an Boden verwendet werden (etwa bei der Prüfung von Pestiziden in Verbindung mit besonderen Applikationsverfahren (z. B. bei Saatgutbeizen)) muss das Verhältnis von 50 bis 60 g Boden pro Wurm durch Erhöhung der Anzahl der Würmer ausgeglichen werden. Für jeden Kontrollbehälter und jeden Prüfbehälter sind 10 Würmer vorzubereiten. Die Würmer werden gewaschen, abgewischt und dann kurz auf saugfähiges Papier gelegt, um überschüssiges Wasser zu entfernen.
26.
Um systematische Fehler beim Verteilen der Würmer auf die Prüfbehälter zu vermeiden, ist die Homogenität der Prüfpopulation zu bestimmen, indem aus der Population, aus der die Versuchstiere zu entnehmen sind, eine Probe von 20 Würmern nach dem Zufallsprinzip entnommen wird. Diese werden einzeln gewogen. Nachdem die nötige Homogenität sichergestellt ist, werden Gruppen von Würmern gebildet, gewogen und nach dem Zufallsprinzip den Prüfbehältern zugeordnet. Nach dem Einsetzen der Versuchstiere ist jeder einzelne Prüfbehälter zu wiegen, um ein Ausgangsgewicht zu erhalten, das als Grundlage für die Überwachung des Feuchtegehalts des Bodens während des gesamten Versuchs dienen kann (siehe Nummer 30). Anschließend werden die Prüfbehälter, wie unter Nummer 9 beschrieben, abgedeckt und in die Prüfkammer gestellt.
27.
Für jede der unter den Nummern 18-24 beschriebenen Methoden zur Applikation der Prüfchemikalie werden geeignete Kontrollen hergestellt. Die beschriebenen Verfahren sind auch bei Herstellung der Kontrollen einzuhalten, allerdings wird keine Prüfchemikalie hinzugegeben. Gegebenenfalls werden also organische Lösungsmittel, Quarzsand oder sonstige Trägerstoffe in Konzentrationen/Mengen entsprechend den Anteilen in den Prüfbehältern hinzugegeben. Soweit ein Lösungsmittel oder ein sonstiger Trägerstoff verwendet wird, um eine Prüfchemikalie aufzubringen, ist eine zusätzliche Kontrolle ohne den Trägerstoff und ohne die Prüfchemikalie herzustellen und zu untersuchen, um sicherzustellen, dass der Trägerstoff keine Auswirkungen auf das Ergebnis hat.

Prüfbedingungen

28.
Die Testtemperatur beträgt 20 ± 2 °C. Der Test wird bei einem geregelten Licht-Dunkel-Zyklus (vorzugsweise 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit) mit einer Lichtstärke von 400 bis 800 lx im Bereich der Prüfbehälter durchgeführt.
29.
Die Prüfbehälter werden während des Versuchs nicht belüftet; die Deckel der Prüfgefäße sollten jedoch so beschaffen sein, dass ein Gasaustausch ermöglicht und die Verdunstung von Feuchtigkeit begrenzt wird (siehe Nummer 9).
30.
Der Wassergehalt des Bodensubstrats in den Prüfbehältern ist während des gesamten Versuchs aufrechtzuerhalten, indem die Prüfbehälter (ohne Abdeckung) regelmäßig gewogen und Verluste gegebenenfalls mit entionisiertem Wasser ausgeglichen werden. Der Wassergehalt sollte um höchstens 10 % vom Anfangswassergehalt abweichen.

Fütterung

31.
Akzeptabel ist jedes Futter, das nachweislich dafür sorgt, während der Dauer des Versuchs das Gewicht der Würmer aufrechtzuerhalten. Erfahrungsgemäß sind Haferflocken sowie Rinder- und Pferdedung geeignet. Es muss sichergestellt werden, dass die Rinder oder Pferde, von denen der Dung stammt, nicht mit Arzneimitteln oder Chemikalien wie z. B. wachstumsfördernden Mitteln, Nematiziden oder sonstigen veterinärmedizinischen Produkten behandelt wurden, die die Entwicklung der Würmer während des Versuchs beeinträchtigen könnten. Nach Möglichkeit sollte selbstgesammelter Rinderdung verwendet werden, da sich gezeigt hat, dass im Handel als Gartendünger angebotener Rinderdung nachteilige Wirkungen auf die Würmer haben kann. Der Dung sollte luftgetrocknet und fein gemahlen sein und vor seiner Verwendung pasteurisiert werden.
32.
Jede frische Futtercharge ist vor der Verwendung im Versuch an eine nicht für den Versuch vorgesehene Wurmkultur zu verfüttern, um sicherzustellen, dass es von geeigneter Qualität ist. Das Wachstum und die Kokonbildung dürfen bei den Würmern im Vergleich zu Würmern in einem Substrat, das kein Futter aus der neuen Charge enthält (Bedingungen siehe Prüfmethode C.8 (4)), nicht beeinträchtigt sein.
33.
Das Futter wird erstmals einen Tag nach dem Einsetzen der Würmer und nach Applikation der Prüfchemikalie auf den Boden bereitgestellt. In jedem Behälter werden etwa 5 g des Futters auf der Bodenoberfläche verteilt und mit entionisiertem Wasser befeuchtet (etwa 5 bis 6 ml pro Behälter). Danach wird während der vierwöchigen Testdauer einmal pro Woche frisches Futter hinzugegeben. Wenn das Futter nicht verzehrt wird, ist die Ration zu reduzieren, um Pilz- und Schimmelbildung zu vermeiden. Die adulten Würmer werden an Tag 28 des Versuchs aus dem Boden genommen. Danach werden nochmals weitere 5 g Futter in die Prüfbehälter gegeben. Während der übrigen vier Wochen des Tests wird nicht mehr gefüttert.

Auswahl der Testkonzentrationen

34.
Bereits bekannte Informationen über die Toxizität der Prüfchemikalie bieten einen Anhaltspunkt für die Auswahl angemessener Testkonzentrationen (z. B. Erfahrungswerte aus einem Test zur Prüfung der akuten Toxizität (4) und/oder Ergebnisse von Vorversuchen). Wenn erforderlich, wird ein Vorversuch beispielsweise mit fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie (0,1, 1,0, 10, 100 und 1 000  mg/kg (Trockenmasse des Bodens)) vorgenommen. Ein Replikat pro Gefäß mit Testkonzentration und pro Kontrolle ist ausreichend. Der Vorversuch dauert zwei Wochen; am Ende des Tests wird die Mortalität ermittelt.

Prüfprotokoll

35.
Da für diesen Versuch keine allgemeingültige Statistik vorgegeben werden kann, wird im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode die Ermittlung der NOEC- und ECx-Werte beschrieben. In absehbarer Zukunft werden die zuständigen Behörden wahrscheinlich die Angabe der NOEC vorschreiben. Ebenfalls in näherer Zukunft könnten ECx-Werte aus statistischen und ökologischen Gründen umfassender berücksichtigt werden. Entsprechend den Empfehlungen aufgrund eines Ringtests im Zusammenhang mit einem Prüfverfahren zur Ermittlung der Reproduktionsleistung von Enchytraeen werden daher drei Protokolle vorgeschlagen (17).
36.
Bei der Festlegung der Konzentrationen sind die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:
Zur Bestimmung der NOEC sind mindestens fünf/zwölf Konzentrationen in einer geometrischen Reihe zu prüfen. Zu empfehlen sind vier Replikate je Testkonzentration und acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 2,0 unterscheiden.
Zur Ermittlung der ECx-Werte (z. B. EC10 oder EC50) wird eine angemessene Anzahl an Konzentrationen empfohlen, die mindestens vier statistisch signifikant unterschiedliche mittlere Reaktionen hervorrufen. Zu empfehlen sind mindestens zwei Replikate pro Testkonzentration und sechs Replikate pro Kontrolle. Der Abstandsfaktor kann unterschiedlich sein (d. h. im erwarteten Wirkungsbereich maximal 1,8 und bei den höheren und niedrigeren Konzentrationen mehr als 1,8).
Ein kombinierter Ansatz ermöglicht die Bestimmung sowohl der NOEC als auch des ECx-Werts. Es sind acht Behandlungskonzentrationen in einer geometrischen Reihe zu verwenden. Zu empfehlen sind vier Replikate je Behandlung und acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 1,8 unterscheiden.

Testdauer und Messungen

37.
An Tag 28 werden die lebenden adulten Würmer ermittelt und gezählt. Verhaltensauffälligkeiten bei adulten Tiere (die Tiere können sich nicht mehr in den Boden eingraben oder liegen unbeweglich auf dem Boden) und morphologische Änderungen (z. B. offene Wunden) werden ebenfalls protokolliert. Anschließend werden alle adulten Würmer aus den Prüfgefäßen herausgenommen, gezählt und gewogen. Die Entnahme der adulten Würmer kann erleichtert werden, indem der Boden mit den Würmern vor der Beurteilung in eine saubere Schale umgefüllt wird. Vor dem Wiegen werden die aus dem Boden entnommenen Würmer gewaschen (mit entionisiertem Wasser); zur Entfernung des überschüssigen Wassers werden die Würmer kurz auf Filterpapier gelegt. Nicht wiedergefundene Würmer sind als tot zu erfassen; es wird davon ausgegangen, dass diese Würmer gestorben sind und sich vor der Bewertung zersetzt haben.
38.
Wenn der Boden aus den Behältern genommen wurde, wird er nun (ohne die adulten Würmer, aber gegebenenfalls mit gebildeten Kokons) in die Behälter zurückgegeben. Anschließend wird der Boden weitere vier Wochen unter den genannten Prüfbedingungen inkubiert; gefüttert wird allerdings nur noch einmal zu Beginn dieser Testphase (siehe Nummer 33).
39.
Nach Ablauf der zweiten 4-wöchigen Phase werden die Anzahl der aus den in dem Boden befindlichen Kokons geschlüpften juvenilen Tiere und die Anzahl der Kokons mit den in Anlage 5 beschriebenen Verfahren ermittelt. Außerdem sind sämtliche Anzeichen von Beschädigungen oder Verletzungen der Würmer während der Testphase zu erfassen.

Limit-Test

40.
Wenn im Vorversuch bei der höchsten Konzentration (1 000  mg/kg) keine Wirkungen festzustellen sind, wird der Reproduktionstest als Limit-Test mit der Testkonzentration 1 000  mg/kg durchgeführt. Mit einem Limit-Test kann unter Minimierung der im Versuch zu verwendenden Würmer nachgewiesen werden, dass die NOEC für die Reproduktionsleistung größer ist als die Limit-Konzentration. Sowohl für den behandelten Boden als auch für die Kontrollen sind jeweils acht Replikate zu verwenden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

41.
Anlage 6 enthält zwar eine Übersicht, doch bei dieser Prüfmethode ist keine statistische Vorgehensweise für die Analyse der Prüfergebnisse vorgeschrieben.
42.
Ein Endpunkt ist die Mortalität. Änderungen im Verhalten der adulten Tiere (die Würmer können sich nicht mehr in den Boden eingraben, sie liegen reglos an der Glaswand des Prüfgefäßes usw.) sowie morphologische Änderungen (z. B. offene Wunden) sind jedoch ebenso zu protokollieren wie das Vorhandensein juveniler Würmer. Der LC50-Wert wird normalerweise mit Probit-Analysen (18) oder durch logistische Regressionsanalysen bestimmt. Wenn diese Analysemethode jedoch ungeeignet ist (z. B. wenn weniger als drei Konzentrationen verfügbar sind, bei denen Tiere gestorben sind), können auch alternative Methoden verwendet werden. In Betracht kommen etwa gleitende Durchschnitte (19), die Trimmed-Spearman-Karber-Methode (20) oder eine einfache Interpolation (z. B. geometrischer Mittelwert von LC0 und LC100, berechnet als Quadratwurzel von LC0 multipliziert mit LC100).
43.
Der andere Endpunkt ist die Vermehrungsrate (d. h. die Anzahl der entstandenen juvenilen Tiere). Ebenso wie im Vorversuch sind jedoch im Abschlussbericht auch alle sonstigen Anzeichen für schädliche Wirkungen zu erfassen. Für die statistische Analyse müssen für jede Testkonzentration und für jede Kontrolle im Reproduktionstest das arithmetische Mittel
und die Standardabweichung berechnet werden.
44.
Wenn eine Varianzanalyse vorgenommen wurde, können die Standardabweichung, s, und die Freiheitsgrade, df, durch die nach der ANOVA geschätzte gepoolte Varianz und durch die entsprechenden Freiheitsgrade ersetzt werden (wenn die Varianz nicht von der Konzentration abhängig ist). In diesem Fall sind die einzelnen Varianzen der Kontrollen und der Gefäße mit den Testkonzentrationen zu verwenden. In der Regel werden die betreffenden Werte mit kommerzieller Statistik-Software berechnet, wobei die Ergebnisse der einzelnen Gefäße als Replikate angenommen werden. Wenn die Zusammenfassung von Daten der negativen Kontrollen und der Lösungsmittelkontrollen sinnvoller erscheint als die Prüfung mit einer einzelnen Kontrolle, werden die Kontrollen getestet, um sicherzustellen, dass sich die Ergebnisse nicht signifikant unterscheiden (entsprechende Tests siehe Nummer 47 und Anlage 6).
45.
Ob weitere statistische Tests vorzunehmen und statistische Rückschlüsse zu ziehen sind, hängt davon ab, ob bei den Replikaten eine Normalverteilung und eine homogene Varianz der Werte gegeben sind.

NOEC-Schätzung

46.
Vorzugsweise sollten leistungsfähige Tests durchgeführt werden. Dabei könnten Informationen (z. B. frühere Erfahrungen mit Ringtests oder sonstige historische Daten) herangezogen werden, um zu beurteilen, ob die Daten in etwa normal verteilt sind. Entscheidender ist die Varianzhomogenität (Homoskedastizität). Erfahrungsgemäß steigt die Varianz häufig mit zunehmendem Mittelwert. In diesem Fall könnte eine Datenumwandlung eine Homoskedastizität zur Folge haben. Eine entsprechende Umwandlung sollte aber eher auf Erfahrungen mit historischen Daten als auf den Daten der aktuellen Untersuchung beruhen. Bei homogenen Daten sind multiple t-Tests (z. B. ein Williams-Test (α = 0,05, einseitig) (21)(22) oder in bestimmten Fällen auch ein Dunnett-Test (23)(24)) durchzuführen. Bei uneinheitlichen Replikaten müssen die t-Werte in der Tabelle korrigiert werden, wie von Dunnett und Williams empfohlen. Bei einer starken Variation steigen/sinken die Ergebnisse nicht regelmäßig. Bei derart starken Monotonieabweichungen ist der Dunnett-Test besser geeignet. Bei Abweichungen von der Homoskedastizität kann es angebracht sein, mögliche Wirkungen in Bezug auf Varianzen näher zu untersuchen, um dann zu entscheiden, ob die t-Tests durchgeführt werden können, ohne zu viel an Aussagekraft einzubüßen (25). Alternativ kann ein multipler U-Test (z. B. der Bonferroni-U-Test nach Holm (26)) oder — wenn bei diesen Daten zwar eine Homoskedaszität festzustellen ist, die Daten ansonsten aber mit der zugrunde liegenden monotonen Dosis-Wirkungs-Kurve übereinstimmen — ein weiterer nicht parametrischer Test (z. B. Jonckheere-Terpstra (27) (28) oder Shirley (29) (30)) vorgenommen werden; dies wäre im Allgemeinen sinnvoller als t-Tests für ungleiche Varianzen (siehe auch Flussdiagramm in Anlage 6).
47.
Wenn ein Limit-Test durchgeführt wurde und die Voraussetzungen für parametrische Prüfverfahren (Normalität, Homogenität) erfüllt sind, kann der paarige Student-t-Test verwendet werden; ansonsten ist der U-Test nach Mann und Whitney durchzuführen (31).

ECx-Schätzung

48.
Zur Berechnung eines ECx-Werts wird eine Regressionsanalyse (linear oder nicht linear) mit den Mittelwerten aus der Vorbehandlung vorgenommen, nachdem eine geeignete Dosis-Wirkungs-Beziehung ermittelt wurde. Für das Wachstum der Würmer als kontinuierliche Reaktion können ECx--Werte aufgrund einer geeigneten Regressionsanalyse geschätzt werden (32). Geeignete Funktionen für quantale Daten (Mortalität/Überleben und Anzahl der Nachkommen) sind die normale sigmoide Funktion, die Logit-Funktion oder die Weibull-Funktion mit zwei bis vier Parametern, die teilweise auch hormetische Effekte abbilden können. Wenn eine Dosis-Wirkungs-Funktion mithilfe einer linearen Regressionsanalyse angepasst wurde, müssten in der Regressionsanalyse ein signifikanter r2-Wert (Bestimmungskoeffizient) und/oder eine Steigung festzustellen sein; anschließend wird der ECx-Wert abgeschätzt, indem in die nach der Regressionsanalyse erstellte Gleichung ein Wert entsprechend x % des Mittelwerts der Kontrollgruppe eingesetzt wird. 95- %-Konfidenzintervalle werden nach Fieller (zitiert in Finney (18)) oder mit sonstigen modernen geeigneten Methoden berechnet.
49.
Alternativ wird die Reaktion als Anteil oder Prozentanteil eines Modellparameters nachgebildet, der dann als mittlere Reaktion der Kontrollgruppe angenommen wird. In diesen Fällen kann die normale (Logit, Weibull) Sigmakurve durch eine Probit-Regression häufig leicht an die Ergebnisse angepasst werden (18). In diesen Fällen ist die Gewichtungsfunktion entsprechend den metrischen Antworten anzupassen, wie bei Christensen (33) beschrieben. Wenn allerdings eine Hormesis festgestellt wurde, ist die Probit-Analyse durch eine 4-Parameter-Funktion (Logit oder Weibull) zu ersetzen, die mit einem nicht linearen Regressionsverfahren angepasst wird (34). Kann keine geeignete Dosis-Wirkungs-Funktion an die Daten angepasst werden, können alternative Methoden zur Abschätzung von ECx und der entsprechenden Konfidenzintervalle verwendet werden (beispielsweise gleitende Durchschnitte nach Thompson (19) und das Trimmed-Spearman-Karber-Verfahren (20)).

PRÜFBERICHT

50.
Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie:

eine genaue Beschreibung der Prüfchemikalie (Charge, Los, CAS-Nummer und Reinheit);
Merkmale der Prüfchemikalie (z. B. log Kow, Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Henry-Konstante (H) und Angaben zu Verbleib und Verhalten).

Testorganismen:

eingesetzte Testtiere: Art, wissenschaftlicher Name, Bezugsquelle und Zuchtbedingungen;
Alter, Größenbereich (Masse) der Testorganismen.

Prüfbedingungen

Angaben zur Herstellung des Prüfbodens;
maximale Wasserhaltekapazität des Bodens;
Beschreibung des Verfahrens zur Einbringung der Prüfchemikalie in den Boden;
nähere Angaben zu chemischen Hilfsstoffen, die zur Applikation der Prüfchemikalie verwendet wurden;
(gegebenenfalls) Angaben zur Kalibrierung der Sprühvorrichtung;
Beschreibung des Versuchsaufbaus und des Prüfverfahrens;
Größe der Prüfbehälter und Volumen des Prüfsubstrats;
Prüfbedingungen: Lichtintensität, Dauer der Licht-Dunkel-Zyklen, Temperatur;
Beschreibung der Fütterung; Typ und Menge des im Versuch verwendeten Futters; Zeitpunkte der Fütterung;
pH-Wert und Wassergehalt des Bodens zu Beginn und am Ende des Versuchs.

Prüfergebnisse:

Mortalität der adulten Tiere ( %) in jedem Prüfbehälter nach den ersten vier Wochen des Versuchs;
Gesamtmasse der adulten Würmer in den einzelnen Prüfbehältern zu Beginn des Versuchs;
Gewichtsveränderungen der lebenden adulten Würmer ( % des Ausgangsgewichts) in den einzelnen Prüfbehältern nach den ersten vier Wochen des Versuchs;
Anzahl der in den einzelnen Prüfbehältern entstandenen juvenilen Tiere am Ende des Versuchs;
Beschreibung deutlicher oder pathologischer Symptome oder ausgeprägter Verhaltensänderungen;
Ergebnisse mit der Referenzchemikalie;
der LC50-Wert, die NOEC und/oder der ECx-Wert (z. B. EC50 oder EC10) für die Reproduktionsleistung, gegebenenfalls mit Konfidenzintervallen, und eine Grafik des angepassten Modells für die Berechnung sowie sämtliche Informationen und Feststellungen, die für die Interpretation der Ergebnisse hilfreich sein könnten;
grafische Darstellung der Dosis-Wirkungs-Beziehung;
Ergebnisse der einzelnen Prüfbehälter;

Abweichungen von den für diese Prüfmethode beschriebenen Verfahren und außergewöhnliche Vorkommnisse während der Prüfung.

LITERATUR

(1) Jaenicke, J. (1982). „Eisenia fetida“ is two biological species. Megadrilogica 4, 6-8.

(2) Oien, N. und J. Stenerson (1984). Esterases of earthworm — III. Electrophoresis reveals that Eisenia fetida (Savigny) is two species. Comp. Biochem. Physiol. 78c (2), 277 — 282.

(3) Kula, C. (1996). Development of a test method on sublethal effects of pesticides on the earthworm species Eisenia fetida/Eisenia andrei — comparison of two ringtests. In: Riepert, F., Kula, C. (1996): Development of laboratory methods for testing effects of chemicals and pesticides on collembola and earthworms. Mitt. Biol. Bundesamt. f. Land- Forstwirtsch. Berlin-Dahlem, 320, S. 50-82.

(4) Kapitel C.8 dieses Anhangs; Toxizität für Regenwürmer.

(5) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1996). Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer Teil 2: Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung von Eisenia fetida/Eisenia andrei, Nr. 11268-2. ISO, Genf.

(6) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1993). Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer (Eisenia Fetida) — Teil 1: Verfahren zur Bestimmung der akuten Toxizität unter Verwendung von künstlichem Bodensubstrat, Nr. 11268-1. ISO, Genf.

(7) SETAC (1998). Advances in Earthworm Ecotoxicology. Sheppard, S.C., Bembridge, J.D., Holmstrup, M. und Posthuma, L. (Hrsg.). SETAC Press, 456 S.

(8) EPA (1996). Ecological effects test guidelines. Earthworm Subchronic Toxicity Test (850.62.00). United States Environmental Protection Agency. Office of Prevention, Pesticides and Toxic Substances. EPA712-C-96-167, April 1996.

(9) Bouché, M.B. (1972). Lombriciens de France, Ecologie et systématique.Institut National de la Recherche Agronomique.

(10) Edwards, C.A. (1983). Development of a standardized laboratory method for assessing the toxicity of chemical substances to earthworms. Report EUR 8714 EN, Kommission der Europäischen Gemeinschaften.

(11) Greig-Smith, P.W., Becker, H., Edwards, P.J. und Heimbach, F. (Hrsg.) (1992). Ecotoxicology of Earthworms. Intercept.

(12) Edwards, C.A. und Bohlen, J. P. (1996). Biology and ecology of Earthworms, Dritte Ausgabe. Chapman and Hall, London.

(13) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1994). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung des pH-Wertes, Nr. 10390. ISO, Genf.

(14) Hund-Rinke, K, Römbke, J., Riepert, F. und Achazi, R. (2000): Beurteilung der Lebensraumfunktion von Böden mit Hilfe von Regenwurmtests. In: Toxikologische Beurteilung von Böden. Heiden, S., Erb, R., Dott, W. und Eisentraeger, A. (Hrsg.). Spektrum Verl., Heidelberg. 59-81.

(15) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1992). Bodenbeschaffenheit — Bestimmung des Wasserrückhaltevermögens — Laborverfahren, Nr. 11274. ISO, Genf.

(16) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1993). Bodenbeschaffenheit; Bestimmung des Trockenrückstandes und des Wassergehaltes auf Grundlage der Masse; Gravimetrisches Verfahren, Nr. 11465. ISO, Genf.

(17) Römbke, J. und Moser, Th. (1999). Organisation and Performance of an International Ringtest for the validation of the Enchytraeid Reproduction Test. UBA-Texte 4/99, S. 150+ 223.

(18) Finney, D.J. (1971). Probit Analysis (Dritte Ausgabe), S. 19-76. Cambridge Univ. Press.

(19) Finney, D.J. (1978). Statistical Method in Biological Assay. — Charles Griffin & Company Ltd, London.

(20) Hamilton, M.A., Russo, R.C. und Thurston, R.V. (1977). Trimmed Spearman-Karber Method for estimating median lethal concentrations in toxicity bioassays. Environ. Sci. Technol. 11(7), 714-719; berichtigte Fassung Environ. Sci. Technol. 12(1998), 417.

(21) Williams, D.A. (1971). A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics 27, 103-117.

(22) Williams, D.A. (1972). The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics 28, 519-531.

(23) Dunnett, C.W. (1955). A multiple comparison procedure for comparing several treatments with a control. Amer. Statist. Ass. J. 50, 1096-1121.

(24) Dunnett, C.W. (1964). New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics 20, 482-491.

(25) Hoeven, N. van der (1998). Power analysis for the NOEC: What is the probability of detecting small toxic effects on three different species using the appropriate standardized test protocols? Ecotoxicology 7: 355-361.

(26) Holm, S. (1979): A simple sequentially rejective multiple test procedure. Scand. J. Statist. 6, 65-70.

(27) Jonckheere, A. R. (1954). A distribution-free k-sample test against ordered alternatives. Biometrika 41, 133-145.

(28) Terpstra, T. J. (1952). The asymptotic normality and consistency of Kendall's test against trend, when ties are present in one ranking. Indagationes Math. 14, 327-333.

(29) Shirley, E. A. (1979); The comparison of treatment to control group means in toxicology studies. Applied Statistics 28, 144-151.

(30) Williams, D.A. (1986).; A note on Shirley's nonparametric test for comparing several dose levels with a zero-dose control. Biometrics 42, 183-186.

(31) Sokal, R.R. und Rohlf, F.J. (1981). Biometry. The Principle and practice of statistics in biological research. Zweite Ausgabe. W.H. Freeman and Company. New York.

(32) Bruce, R.D. und Versteeg, D.J. (1992) A statistical procedure for modelling continuous toxicity data. Environmental Toxicology and Chemistry 11:1485-1494.

(33) Christensen, E.R. (1984). Dose-response functions in aquatic toxicity testing and the Weibull model. Water Research 18, 213-221.

(34) Van Ewijk, P.H. und Hoekstra, J.A. (1993). Calculation of the EC50 and its confidence interval when sub-toxic stimulus is present. Ecotox, Environ. Safety. 25, 25-32.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch.

ECx (Konzentration mit einer Wirkung von x %) : Konzentration, bei der es innerhalb einer gegebenen Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle zu einer x %- Wirkung auf die Testorganismen kommt; EC50 beispielsweise ist die Konzentration, bei der bei 50 % einer exponierten Population während einer bestimmten Expositionsdauer von einer Wirkung auf einen Endpunkt der Prüfung ausgegangen wird. Bei diesem Test werden die Wirkungskonzentrationen als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens oder als Masse der Prüfchemikalie pro Flächeneinheit des Bodens ausgedrückt.

LC0 (Konzentration ohne letale Wirkung) : die Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der Testorganismen innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer nicht getötet werden; bei diesem Test wird LC0 als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.

LC50 (mittlere letale Konzentration) : die Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der Testorganismen innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer zu 50 % getötet werden; bei diesem Test wird LC50 als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens oder als Masse der Prüfchemikalie pro Flächeneinheit des Bodens ausgedrückt.

LC100 (absolut tödliche Konzentration) : die Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der Testorganismen innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer zu 100 % getötet werden; bei diesem Test wird LC100 als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.

LOEC : die niedrigste Konzentration der Prüfchemikalie mit statistisch signifikanter Wirkung (p < 0,05); in diesem Test wird die LOEC als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens oder als Masse der Prüfchemikalie pro Flächeneinheit des Bodens ausgedrückt. Bei allen Testkonzentrationen oberhalb der LOEC müsste normalerweise eine Wirkung auftreten, die sich statistisch von der jeweiligen Kontrolle unterscheidet. Jegliche Abweichungen von diesen Vorgaben sind im Prüfbericht zu begründen.

NOEC : die höchste messbare Konzentration der Prüfchemikalie (unmittelbar unterhalb der LOEC) ohne statistisch signifikante Wirkung; bei diesem Test hat die der NOEC entsprechende Konzentration innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05).

Prüfchemikalie : jeder Stoff oder jedes Gemisch, der bzw. das mit dieser Methode geprüft wird.

Reproduktionsrate : durchschnittliche Anzahl der juvenilen Würmer, die im Testzeitraum aus einer bestimmten Anzahl an adulten Tieren hervorgegangen sind.

Anlage 2

Bestimmung der maximalen Wasserhaltekapazität des künstlichen Bodens

Die folgende Methode hat sich zur Bestimmung der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens bewährt. Eine nähere Beschreibung ist ISO DIS 11268-2 (1) Anhang C zu entnehmen.

Mit einer geeigneten Vorrichtung zur Probenahme (Stechzylinder etc.) eine bestimmte Menge (z. B. 5 g) des Prüfbodens entnehmen. Den Zylinder auf der Unterseite mit Filterpapier abdecken, anschließend mit Wasser füllen und auf einem Gestell in ein Wasserbad setzen. Den Zylinder allmählich eintauchen, bis der Boden durch das Wasser bedeckt ist, und etwa drei Stunden im Wasser belassen. Da nicht alles durch die Bodenkapillare aufgenommene Wasser im Substrat gehalten werden kann, den Zylinder mit der Bodenprobe zur Entwässerung für zwei Stunden in einem geschlossenen Gefäß (um eine Austrocknung zu verhindern) auf sehr feuchten, fein gemahlenen Quarzsand stellen. Anschließend die Probe wiegen und bei 105 °C bis zur Massekonstanz trocknen. Die Wasserhaltekapazität (Water Holding Capacity, WHC) kann dann wie folgt berechnet werden:

Dabei sind:

S=das wassergesättigte Substrat + Masse des Zylinders + Masse des Filterpapiers
T=Tara (Masse des Zylinders + Masse des Filterpapiers)
D=Trockenmasse des Substrats

LITERATUR:

(1) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1996). Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer — Teil 2: Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung von Eisenia fetida/Eisenia andrei, Nr. 11268-2. ISO, Genf.

Anlage 3

Bestimmung des pH-Wertes von Böden

Die folgende Methode zur Bestimmung des pH-Wertes von Böden beruht auf der Beschreibung in ISO DIS 10390: Bodenbeschaffenheit; Bestimmung des pH-Wertes (1).

Eine gegebene Menge Boden mindestens 12 Stunden bei Raumtemperatur trocknen. Eine Suspension aus (mindestens 5 g) Boden in einer 1-M-Lösung analysenreines Kaliumchlorid (KCl) oder einer 0,01-M-Lösung analysenreines Calciumchlorid (CaCl2) im Verhältnis 1:5 herstellen. Anschließend die Suspension fünf Minuten kräftig schütteln und dann mindestens 2, aber nicht länger als 24 Stunden ruhen lassen. Der pH-Wert der flüssigen Phase wird mit einem pH-Messgerät gemessen, das vor jeder Messung mit einer geeigneten Reihe an Pufferlösungen (z. B. pH 4,0 und 7,0) kalibriert wurde.

LITERATUR:

(1) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1994). Bodenbeschaffenheit; Bestimmung des pH-Wertes, Nr. 10390. ISO, Genf.

Anlage 4

Anzucht von Eisenia fetida /Eisenia andrei

Die Anzucht sollte vorzugsweise in einer Klimakammer bei einer Temperatur von 20 °C ± 2 °C erfolgen. Bei dieser Temperatur und mit hinreichend Futter sind die Würmer nach 2 bis 3 Monaten geschlechtsreif.

Beide Arten können in vielfältigen tierischen Exkrementen angezogen werden. Als Anzuchtmedium wird eine Mischung aus Pferde- oder Rinderdung und Torf im Verhältnis 50:50 empfohlen. Es muss sichergestellt werden, dass die Rinder oder Pferde, von denen der Dung stammt, nicht mit Arzneimitteln oder Chemikalien wie z. B. wachstumsfördernden Mitteln, Nematiziden oder sonstigen veterinärmedizinischen Produkten behandelt wurden, die die Entwicklung der Würmer während des Versuchs beeinträchtigen könnten. Nach Möglichkeit sollte selbstgesammelter Dung „organischer“ Herkunft verwendet werden, da sich gezeigt hat, dass im Handel als Gartendünger angebotener Dung nachteilige Wirkungen auf die Würmer haben kann. Das Medium sollte einen pH-Wert von etwa 6 bis7 (eingestellt mit Calciumcarbonat) sowie eine niedrige Ionenleitfähigkeit (weniger als 6 mS/cm oder 0,5 % Salzkonzentration) haben und nicht übermäßig mit Ammonium oder tierischem Urin verunreinigt sein. Das Substrat sollte feucht, jedoch nicht zu nass sein. Zur Anzucht eignen sich Kästen mit einem Fassungsvermögen von 10 bis 50 l.

Zur Gewinnung von Würmern gleichen Alters und gleicher Größe (Masse) ist es am besten, die Kultur mit Kokons zu beginnen. Sobald die Kultur etabliert ist, werden zur Aufrechterhaltung der Kultur adulte Würmer zur weiteren Kokonablage für 14 bis 28 Tage in einen Anzuchtkasten mit frischem Substrat gesetzt. Danach werden die adulten Würmer herausgenommen; die aus den Kokons geschlüpften juvenilen Tiere werden als Grundstamm für die nächste Kultur verwendet. Die Würmer werden kontinuierlich mit tierischen Exkrementen gefüttert und von Zeit zu Zeit in frisches Substrat umgesetzt. Erfahrungsgemäß sind luftgetrockneter und fein gemahlener Rinder- und Pferdedung sowie Haferflocken als Futter geeignet. Es ist sicherzustellen, dass die Rinder oder Pferde, von denen der Dung stammt, nicht mit Chemikalien wie z. B. wachstumsfördernden Mitteln behandelt wurden, die in der Langzeitkultur nachteilige Wirkungen auf die Würmer haben könnten. Die aus den Kokons geschlüpften Würmer werden für den Versuch verwendet, wenn sie ein Alter von 2 bis 12 Monaten erreicht haben und als adult gelten.

Die Würmer können als gesund betrachtet werden, wenn sie sich durch das Substrat bewegen, nicht versuchen, das Substrat zu verlassen und sich regelmäßig vermehren. Das Substrat ist dann erschöpft, wenn die Würmer sich sehr langsam bewegen und das hintere Ende gelblich aussieht. In diesem Fall sollte frisches Substrat bereitgestellt und/oder die Besatzdichte verringert werden.

Anlage 5

Verfahren zum Zählen der aus den Kokons geschlüpften juvenilen Würmer

Da die Handverlesung von Würmern aus dem Bodensubstrat sehr zeitaufwendig ist, werden zwei alternative Methoden empfohlen:

(a) Die Prüfbehälter werden in ein Wasserbad mit einer Temperatur von anfänglich 40 °C gesetzt, die danach auf 60 °C erhöht wird. Nach etwa 20 Minuten müssten die juvenilen Würmer an die Bodenoberfläche kommen; von dort können sie leicht abgelesen und gezählt werden.

(b) Der Testboden kann nach der von van Gestel u. a. entwickelten Methode (1) durch ein Sieb gespült werden, sofern der Torf, der Dung oder das Haferflockenmehl, der bzw. das dem Boden hinzugegeben wurde, fein gemahlen wurden. Zwei Siebe mit einer Maschenweite von 0,5 mm (Durchmesser 30 cm) werden aufeinander gesetzt. Der Inhalt eines Prüfbehälters wird mit einem kräftigen Leitungswasserstrahl durch die Siebe gespült, wobei die juvenilen Würmer und die Kokons hauptsächlich auf dem oberen Sieb verbleiben. Die gesamte Oberfläche des oberen Siebs ist während des Siebvorgangs feucht zu halten, damit die juvenilen Würmer auf einem Wasserfilm schwimmen und nicht durch die Maschen des Siebs kriechen. Am besten wird dazu ein Brauseaufsatz verwendet.

Nachdem das gesamte Bodensubstrat durch das Sieb gespült wurde, können die juvenilen Tiere und die Kokons vom oberen Sieb in eine Schale gespült werden. Der Inhalt der Schale wird stehen gelassen, damit leere Kokons zur Wasseroberfläche steigen und volle Kokons und juvenile Würmer auf den Boden sinken können. Danach kann das überstehende Wasser abgegossen werden, und die juvenilen Würmer und die Kokons können in eine Petrischale mit etwas Wasser gesetzt werden. Zur Auszählung können die Würmer mit einer Nadel oder einer Pinzette entnommen werden.

Erfahrungsgemäß ist Methode (a) besser für die Entnahme juveniler Würmer geeignet, die sogar durch ein Sieb mit einer Maschenweite von 0,5 mm gespült werden können.

Grundsätzlich ist zu ermitteln, welche Methode für die Entnahme der Würmer (sowie ggf. der Kokons) aus dem Bodensubstrat geeignet ist. Wenn juvenile Tiere von Hand abgesammelt werden, sollte der Vorgang bei allen Proben zweimal durchgeführt werden.

LITERATUR:

(1) Van Gestel, C.A.M., W.A. van Dis, E.M. van Breemen, P.M. Sparenburg (1988). Comparison of two methods determining the viability of cocoons produced in earthworm toxicity experiments. Pedobiologia 32:367-371.

Anlage 6

Übersicht über die statistische Auswertung der Daten (NOEC-Bestimmung)

C.34.   BESTIMMUNG DER HEMMUNG ANAEROBER BAKTERIEN — REDUKTION DER GASPRODUKTION VON ANAEROBEM FAULSCHLAMM

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 224 (2007). In Gewässer eingeleitete Chemikalien passieren sowohl aerobe als auch anaerobe Zonen, in denen sie abgebaut werden und/oder die Aktivität von Bakterien hemmen können; in bestimmten Fällen können sie über Jahrzehnte oder noch länger unverändert in anaeroben Zonen verbleiben. Bei der Abwasserbehandlung ist die erste Stufe (Vorklärung) im Überstandswasser aerob und im abgesetzten Schlamm anaerob. Es folgt die zweite Stufe mit einer aeroben Zone im Belebtschlamm-Belüftungsbecken und einer anaeroben Zone im nachfolgenden Absetzbecken (Nachklärung). Schlamm aus beiden Stufen wird in der Regel einer anaeroben Behandlung unterzogen; dabei entstehen Methan und Kohlenstoffdioxid, die gewöhnlich zur Stromerzeugung genutzt werden. In der natürlichen Umwelt verbleiben Chemikalien, die sich in Sedimenten in Buchten, Ästuarien und im Meer ablagern, wahrscheinlich auf unbestimmte Zeit in diesen anaeroben Zonen, wenn sie nicht biologisch abbaubar sind. Große Anteile dieser Chemikalien gelangen hauptsächlich aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften (z. B. schlechte Wasserlöslichkeit, starke Adsorption an suspendierte Feststoffe und keine biologische Abbaubarkeit unter aeroben Bedingungen) in diese Zonen.
2.
In die Umwelt eingeleitete Chemikalien sollten zwar sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen abbaubar sein, doch ist es wichtig, dass in beiden Zonen die mikrobielle Aktivität durch diese Chemikalien nicht gehemmt wird. Im Vereinigten Königreich kam es in einigen Fällen zu einer vollständigen Hemmung der Methanproduktion, beispielsweise verursacht durch Pentachlorphenol in Industrieabwässern; hier mussten die betreffenden Schlämme aus den Faultürmen unter hohem Kostenaufwand an „sichere“ Standorte gebracht und es musste gesunder Faulschlamm aus benachbarten Anlagen importiert werden. Es gab jedoch viele weniger drastische Fälle der Faulschlammhemmung durch andere Chemikalien, darunter aliphatische Halogenkohlenwasserstoffe (aus der chemischen Reinigung) und Reinigungsmittel), die den Faulungsprozess dennoch erheblich beeinträchtigten.
3.
Nur eine Prüfmethode (C.11) (1) befasst sich mit der Hemmung der Bakterienaktivität (Atmung von Belebtschlamm) und bewertet die Wirkung von Prüfchemikalien auf die Sauerstoffzehrung bei Vorhandensein von Substrat. Die Methode wird allgemein angewandt, um die mögliche schädliche Wirkung chemischer Stoffe auf die aerobe Behandlung von Abwässern möglichst frühzeitig zu erkennen und nicht hemmende Konzentrationen der Prüfchemikalien zur Verwendung in verschiedenen Bioabbaubarkeitstests abzuschätzen. Mit der Prüfmethode C.43 (2) ist es begrenzt möglich, die toxische Wirkung einer Prüfchemikalie auf die Gasproduktion anaeroben Schlamms zu bestimmen, der auf ein Zehntel seiner normalen Feststoffkonzentration verdünnt wurde, um bei der Bewertung des Zersetzungsprozentsatzes die erforderliche Genauigkeit zu gewährleisten. Da verdünnter Schlamm empfindlicher auf hemmende Chemikalien regieren könnte, entschied sich die zuständige ISO-Gruppe für die Entwicklung einer Methode mit unverdünntem Schlamm. Mindestens drei Texte wurden geprüft (aus Dänemark, Deutschland und dem Vereinigten Königreich), und schließlich wurden zwei ISO-Normen erarbeitet — eine für unverdünnten Schlamm (ISO 13 641-1) (3) und eine für hundertfach verdünnten Schlamm (ISO 13 641-2) (4), um Schlämme und Sedimente mit geringen Bakterienpopulationen zu repräsentieren. Beide Methoden wurden im Ringtest geprüft (5), wobei Teil 1 als akzeptable Norm bestätigt wurde, bei Teil 2 jedoch Uneinigkeit bestand. Das Vereinigte Königreich war der Auffassung, diese Methode müsse weiter untersucht werden, da ein erheblicher Anteil der Teilnehmerlabors von sehr wenig oder keinerlei Gasproduktion berichtete, was zum Teil darauf zurückgeführt wurde, dass der Test aufgrund des zu hohen Gasanteils (75 %) nicht empfindlich genug war.
4.
In früheren Arbeiten aus dem Vereinigten Königreich (6)(7) wurde ein manometrisches Verfahren beschrieben, bei dem unverdünnter Faulschlamm (plus roher Klärschlamm als Substrat) in 500-ml-Gefäßen verwendet wurde; die Apparatur war sperrig, und der Rohschlamm ging mit einer erheblichen Geruchsbelästigung einher. Später wurde die kompaktere und einfacher zu handhabende Apparatur von Shelton und Tiedje (8) (in der von Battersby und Wilson (9) entwickelten Form) von Wilson et al. (10) erfolgreich angewendet. Kawahara et al. (11) gelang im Labor die Herstellung weiterer Standardschlämme, die zur Verwendung in Tests auf anaerobe biologische Abbaubarkeit und die Hemmwirkung bestimmter Chemikalien geeignet sind. Außerdem wurde der Rohschlamm durch anaerobem Schlamm in hundertfacher Verdünnung bzw. durch Schlämme oder Sedimente bzw. vergleichbare Substrate mit niedriger bakterieller Aktivität als Testsubstrat ersetzt.
5.
Mit dieser Prüfmethode können Daten generiert werden, die für die Prognostizierung der wahrscheinlichen Wirkung einer Prüfchemikalie auf die Gasproduktion in anaeroben Faultürmen hilfreich sind. Nur Langzeittests, bei denen aktive Faultürme realistischer simuliert werden, können jedoch Aufschluss darüber geben, ob es zu einer Anpassung der Mikroorganismen an die Prüfchemikalie kommen kann oder ob sich Chemikalien, mit hoher Adsorptionsneigung, die an den Schlamm adsorbiert werden, über einen über die Versuchsdauer hinausgehenden Zeitraum zu einer toxischen Konzentration anreichern können.

PRINZIP DER PRÜFUNG

6.
Aliquoten einer Mischung aus anaerobem Faulschlamm (20-40 g/l Gesamtfeststoffgehalt) und einer abbaubaren Substratlösung einzeln und gleichzeitig in verschiedenen Prüfchemikalienkonzentrationen drei Tage lang in geschlossenen Gefäßen inkubieren. Die erzeugte Gasmenge (Methan und Kohlenstoffdioxid) anhand des Druckanstiegs (Pa) in den Flaschen messen. Die prozentuale Hemmung der Gaserzeugung durch die verschiedenen Prüfchemikalienkonzentrationen anhand der in den jeweiligen Prüf- und Kontrollgefäßen erzeugten Mengen berechnen. Den EC50-Wert und andere Wirkkonzentrationen anhand von Kurven der prozentualen Hemmung bezogen auf die verschiedenen Prüfchemikalienkonzentrationen oder (häufiger) ihre Logarithmen berechnen.

ANGABEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

7.
Prüfchemikalien sollten im Allgemeinen in der reinsten erhältlichen Form verwendet werden; denn Verunreinigungen in bestimmten Chemikalien (z. B. bei Chlorphenolen) können sehr viel toxischer wirken als die Prüfchemikalie als solche. Die Prüfchemikalien sollten jedoch in der Form untersucht werden, in der sie hergestellt/im Handel angeboten werden. Die Verwendung von Formulierungen wird in der Regel nicht empfohlen, kann aber bei schlecht löslichen Prüfchemikalien angemessen sein. Folgende Eigenschaften der Prüfchemikalie sollten bekannt sein: Löslichkeit in Wasser und in einigen organischen Lösungsmitteln, Dampfdruck, Adsorptionskoeffizient, Hydrolyse und biologische Abbaubarkeit unter anaeroben Bedingungen.

ANWENDUNGSBEREICH DER METHODE

8.
Der Test kann mit wasserlöslichen, wasserunlöslichen und mit flüchtigen Chemikalien durchgeführt werden. Besondere Vorsicht ist bei Materialien mit geringer Wasserlöslichkeit (siehe Literaturangabe (12)) und von hoher Flüchtigkeit geboten. Es können auch Inokula aus anderen anaeroben Quellen (z. B. Schlämme, wassergesättigte Böden und Sedimente) verwendet werden. Anaerobe Bakteriensysteme, die zuvor toxischen Chemikalien ausgesetzt waren, können sich so angepasst haben, dass sie auch unter Einwirkung xenobiotischer Chemikalien noch aktiv sind. Inokula aus angepassten Bakteriensystemen können eine höhere Toleranz gegenüber Prüfchemikalien aufweisen als Inokula aus nicht angepassten Systemen.

REFERENZCHEMIKALIEN

9.
Zur Verfahrenskontrolle wird eine Referenzchemikalie in parallel zu den normalen Testdurchläufen aufgestellten geeigneten Gefäßen getestet. 3,5-Dichlorphenol hat sich als eine Chemikalie erwiesen, die die anaerobe Gaserzeugung sowie die Sauerstoffzehrung des Belebtschlamms und diverse andere biochemische Reaktionen konsistent hemmt. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass zwei weitere Chemikalien, Methylen-bis-thiocyanat und Pentachlorphenol, die Methanerzeugung stärker hemmen als 3,5-Dichlorphenol. Die mit diesen Chemikalien erzielten Ergebnisse wurden aber noch nicht validiert. Pentachlorphenol wird nicht empfohlen, weil es in reiner Form schwer zu beschaffen ist.

REPRODUZIERBARKEIT VON TESTERGEBNISSEN

10.
In einem internationalen Ringtest (5) konnten die 10 beteiligten Labore EC50-Werte der für 3,5-Dichlorphenol und 2-Bromethansulfonsäure nur hinreichend reproduzieren. (Der Wertebereich für Dichlorphenol lag bei 32-502 mg/l und für Bromethansulfonsäure bei 220-2 190  mg/l.)



Zahl der Teilnehmer-laborsmg/lmg/g Schlamm
MittelwertStandardabwei-chungVK (%)MittelwertStandardabwei-chungVK (%)
3,5-Dichlorphenol
1015315810354,692
2-Bromethansulfonsäure
101 058 89685342676

EC50-Daten aus dem Ringtest — unverdünnter Schlamm

11.
Die hohen Variationskoeffizienten zwischen den Labors spiegeln zu einem großen Teil die unterschiedliche Empfindlichkeit der im Schlamm enthaltenen Mikroorganismen wider, die durch eine Präexposition oder eine fehlende Präexposition gegenüber der Prüfchemikalie oder anderen chemisch verwandten Chemikalien verursacht wurde. Die Genauigkeit, mit der der EC50-Wert anhand der Schlammkonzentration bestimmt wurde, war kaum besser als der „volumetrische“ Wert (mg/l). Die Variationskoeffizienten (22, 9 und 18 % für EC50 mg/g) der EC50-Werte für 3,5-Dichlorphenol der drei Labore, die Angaben zur Genauigkeit Ihrer EC50 Werte übermittelten, waren erheblich niedriger als die Mittelwerte aller zehn Labors zusammen. Die Mittelwerte der drei Labors waren jeweils 3,1; 3,2 und 2,8 mg/g. Die niedrigeren, annehmbaren Variationskoeffizienten innerhalb der Labors zeigen im Vergleich zu den erheblich höheren Variationskoeffizienten zwischen den Labors (9-22 % gegenüber 92 %) erhebliche Unterschiede bei den Eigenschaften der einzelnen Schlämme.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

12.
Benötigt werden die übliche Laborausrüstung sowie die folgenden Geräte und Hilfsmittel:
a)
Inkubator — funkensicher und auf 35 ± 2 °C geregelt;
b)
druckbeständige Prüfgefäße aus Glas in angemessener Nenngröße , jeweils mit gasdicht beschichtetem Septum, belastbar bis zu 2 bar oder 2 × 105 Pa (Beschichtung beispielsweise mit PTFE (Polytetrafluorethen)). Empfohlen werden gläserne Serumflaschen mit einem nominellen Volumen von 125 ml und einem tatsächlichen Volumen von etwa 160 ml mit Durchstichseptum  und gebördelten Aluminiumringen; es können aber auch Flaschen mit einem Gesamtinhalt von 0,1-1 l verwendet werden;
c)
Präzisionsdruckmesser mit Nadelanschluss;

Druckmesser, eingestellt für die Messung und Entlüftung des gesamten erzeugten Gases (Methan und Kohlenstoffdioxid); geeignet ist beispielsweise ein tragbarer Präzisionsdruckmesser mit Spritzennadelanschluss; ein gasdichtes 3-Wege-Ventil gestattet zum Ablassen von überschüssigem Druck (Anlage 1). Das Innenvolumen von Schlauch und Ventil des Druckmessgeräts muss möglichst gering sein, damit Fehler wegen Nichtbeachtung des Gerätevolumens nicht ins Gewicht fallen;

d)
Isolationsbehälter zum Transportieren des Faulschlamms;
e)
3-Wege-Druckventile;
f)
Sieb, 1 mm Quadratmaschen;
g)
Behälter zur Aufnahme des Faulschlamms; ein Glas oder eine Flasche aus hochdichtem Polyethylen; Inhalt etwa 5 l, ausgestattet mit Rührer und der Möglichkeit zur Belüftung des Kopfraumes mit Stickstoffgas (siehe Nummer 13);
h)
Membranfilter (0,2 μm) zum Sterilisieren des Substrats;
i)
Mikrospritzen zum gasdichten Anschluss des Druckmessgeräts (siehe Nummer 12(c)) an den Kopfraum in den Flaschen (siehe Nummer 12(b)); auch für die Zugabe nicht löslicher flüssiger Testmaterialien in die Flaschen;
j)
Handschuhkasten (Glovebox), optional, aber empfohlen, mit leichtem Stickstoffüberdruck.

Reagenzien

13.
Für die Prüfung sind ausschließlich Reagenzien in Analysequalität zu verwenden. Es muss grundsätzlich Stickstoffgas hoher Reinheit mit weniger als 5μl/l Sauerstoff verwendet werden.

Wasser

14.
Wenn in einer Prüfungsphase eine Verdünnung vorgenommen werden muss, ist entlüftetes entionisiertes Wasser zu verwenden. Eine Analyse dieses Wassers zur Kontrolle ist nicht notwendig; es ist jedoch sicherzustellen, dass die Entionisierungsvorrichtung regelmäßig gewartet wird. Entionisiertes Wasser wird auch für die Herstellung von Stammlösungen verwendet. Vor der Zugabe des anaeroben Inokulums zu einer Lösung oder zu einer Verdünnung des Prüfmaterials ist sicherzustellen, dass die Lösung bzw. die Verdünnung frei von Sauerstoff ist. Dazu wird entweder eine Stunde vor Zugabe des Inokulums Stickstoffgas durch das Verdünnungswasser (bzw. durch die Verdünnungen) geblasen oder das Verdünnungswasser wird in sauerstofffreier Atmosphäre bis zum Siedepunkt erhitzt und anschließend weiterhin unter sauerstofffreier Atmosphäre auf Raumtemperatur abgekühlt.

Faulschlamm

15.
Aktiven Faulschlamm aus einem Faulbehälter einer Kläranlage (oder aus einem Laborfermenter) entnehmen, in der vorwiegend Schlamm aus häuslichen Abwässern behandelt wird. Praktische Informationen zu Schlämmen aus Laborfermentern sind anderen Quellen zu entnehmen (11). Wenn ein adaptiertes Inokulum verwendet werden soll, kann der Faulschlamm auch aus einer Anlage zur Klärung von Industrieabwässern entnommen werden. Zur Entnahme des Schlamms Flaschen mit weitem Hals aus hochdichtem Polyethylen oder ähnlich dehnbarem Material verwenden. Den Schlamm bis zu einer Höhe von etwa 1 cm unter der Oberkante der Flaschen einfüllen; anschließend die Flaschen dicht verschließen, vorzugsweise mit einem Druckventil (Nummer 12(e)), und in isolierte Behälter stellen (Nummer 12(d)), um Temperaturschocks zu minimieren, bis die Flaschen in einen Inkubator mit konstanter Temperatur von 35 ± 2 °C überführt werden. Beim Öffnen der Flaschen darauf achten, dass der überschüssige Gasdruck entweder durch vorsichtiges Lösen des Verschlusses oder über das 3-Wege-Druckventil (Nummer 12(e)) entweichen kann. Den Schlamm möglichst innerhalb weniger Stunden nach der Entnahme verwenden; ist dies nicht möglich, kann er bis zu drei Tage bei 35 ± 2 °C unter Stickstoffatmosphäre im Kopfraum aufbewahrt werden. (In dieser Zeit wird die Aktivität der Mikroorganismen normalerweise nur geringfügig beeinträchtigt.)

Achtung! — Faulschlamm erzeugt entzündbare Gase, die einen Brand oder eine Explosion auslösen können. Da der Schlamm außerdem potenziell pathogene Organismen enthält, sind beim Umgang mit Faulschlamm entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Aus Sicherheitsgründen dürfen zur Entnahme des Schlamms keine Glasgefäße verwendet werden.

Inokulum

16.
Unmittelbar vor der Verwendung den Schlamm vorsichtig umrühren und durch ein Sieb mit einer Maschenweite von 1 mm2 (Nummer 12(f)) in eine geeignete Flasche passieren (Nummer 12(g)), deren Kopfraum mit einem Stickstoffstrom begast wird. Für die Messung der Konzentration des gesamten Trockenstoffes (siehe z. B. ISO 11 923 (13) bzw. die entsprechende EU-Norm) eine Probe zur Seite stellen. Im Allgemeinen wird der Schlamm unverdünnt verwendet. Die Feststoffkonzentration liegt gewöhnlich zwischen 2 und 4 % (w/w). Den pH-Wert des Schlamms prüfen und erforderlichenfalls auf 7 ± 0,5 einstellen.

Prüfsubstrat

17.
10 g Nährbouillon (z. B. Oxoid), 10 g Hefeextrakt und 10 g D-Glucose in entionisiertem Wasser lösen und auf 100 ml verdünnen. Die Lösung durch Filtration durch einen 0,2-μm-Membranfilter (Nummer 12(h)) sterilisieren und entweder sofort verwenden oder höchstens einen Tag lang bei 4 °C lagern.

Prüfchemikalie

18.
Für jede wasserlösliche Prüfchemikalie eine separate Stammlösung, z. B. mit 10 g/l der Chemikalie in sauerstofffreiem Verdünnungswasser, herstellen (Nummer 14). Von dieser Stammlösung geeignete Mengen für die Herstellung der Testmischungen in abgestuften Konzentrationen verwenden. Alternativ kann von jeder Stammlösung eine Verdünnungsreihe so hergestellt werden, dass die in die Testflaschen hinzuzugebende Menge für alle benötigten Endkonzentrationen gleich ist. Der pH-Wert der Stammlösungen erforderlichenfalls auf 7 ± 0,2 einstellen.
19.
Bei Prüfchemikalien, die in Wasser nicht hinreichend löslich sind, nach den Anweisungen in ISO 10 634 (12) bzw. der entsprechenden EU-Norm verfahren. Wenn ein organisches Lösungsmittel verwendet werden muss, sind Lösungsmittel wie etwa Chloroform oder Tetrachlorkohlenstoff zu vermeiden, da diese die Methanproduktion erfahrungsgemäß deutlich hemmen. In einem geeigneten flüchtigen Lösungsmittel (z. B. Aceton oder Diethylether) eine Lösung mit einer geeigneten Konzentration einer nicht wasserlöslichen Chemikalie herstellen. In die leeren Testflaschen die benötigten Mengen an in Lösungsmittel gelöster Chemikalie geben (Nummer 12(b)) und das Lösungsmittel vor Zugabe des Faulschlamms verdampfen lassen. Bei anderen Methoden gemäß ISO 10 634 (12) bzw. nach der entsprechenden EU-Norm verfahren; dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zur Herstellung von Emulsionen verwendete Tenside die anaerobe Gasproduktion hemmen können. Wenn davon ausgegangen wird, dass das Vorhandensein organischer Lösungsmittel und Emulgatoren Artefakte verursachen könnte, kann die Prüfchemikalie auch als Pulver oder Flüssigkeit direkt in das Prüfgemisch gegeben werden. Flüchtige Chemikalien und wasserunlösliche flüssige Prüfchemikalien können mit Mikrospritzen in beimpfte Serumflaschen eingespritzt werden (Nummer 12(i)).
20.
Die Prüfchemikalien werden so in die Flaschen gegeben, dass eine geometrische Konzentrationsreihe entsteht (z. B. 500 mg/l, 250 mg/l, 125 mg/l, 62,5 mg/l, 31,2 mg/l and 15,6 mg/l). Wenn der Toxizitätsbereich nicht von ähnlichen Chemikalien her bekannt ist, sollte zunächst einen Vorversuch mit Konzentrationen von 1 000  mg/l, 100 mg/l und 10 mg/l durchführt werden, um den benötigten Konzentrationsbereich zu ermitteln.

Referenzchemikalie

21.
Zur Herstellung einer wässrigen Lösung mit 3,5-Dichlorphenol (10 g/l) schrittweise Natriumhydroxidlösung in einer Mindestmenge von 5 mol/l zu dem Feststoff geben und dabei die Lösung so lange schütteln, bis dieser sich aufgelöst hat. Anschließend die Lösung bis zum benötigten Volumen mit sauerstofffreiem Verdünnungswasser (Nummer 14) auffüllen; der Lösungsvorgang kann durch eine Ultraschallbehandlung unterstützt werden. Wenn der mittlere Bereich der EC50-Werte in mindestens drei Tests mit unterschiedlichen Inokula (unterschiedliche Herkunft oder zu verschiedenen Zeitpunkten entnommen) bestimmt wurde, können auch andere Referenzchemikalien verwendet werden.

INTERFERENZEN/FEHLER

22.
Manche Bestandteile des Schlamms können mit potenziellen Hemmstoffen reagieren, die dann für Mikroorganismen nicht mehr verfügbar sind; die Hemmung wird dadurch entsprechend reduziert oder völlig unterbunden. Wenn der Schlamm bereits eine hemmende Chemikalie enthält, kann es bei der Prüfung ebenfalls zu falschen Ergebnissen kommen, wenn dieser Stoff getestet wird. Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Faktoren, die Ergebnisse verfälschen können. Diese sind (zusammen mit Methoden zur Vermeidung oder zumindest zur Reduzierung von Fehlern) in Anlage 3 aufgelistet.

PRÜFVERFAHREN

23.
Die Zahl der erforderlichen Replikate hängt vom erforderlichen Genauigkeitsgrad der Inhibitionsindizes ab. Sind die Verschlüsse der Flaschen während der gesamten Versuchsdauer gasdicht genug, ist nur eine Charge (mindestens drei Replikate) Testflaschen pro getesteter Konzentration notwendig. Ebenso wird auch für jede Referenzchemikalie und für jede Kontrollreihe nur jeweils eine Charge Flaschen benötigt. Wenn die Verschlüsse der Flaschen jedoch nach ein- oder mehrmaligem Durchstechen nicht mehr dicht sind, muss für jede Zeitspanne (t), für die Ergebnisse ermittelt werden sollen, und für alle zu prüfenden Konzentrationen einer Prüfchemikalie eine Charge Testflaschen (z. B. drei Flaschen) bereitgestellt werden. Gleichermaßen sind „t“-Chargen von Flaschen für die Referenzchemikalie und für die Kontrollen vorzubereiten.
24.
Die Verwendung einer Glove-Box (Nummer 12(j)) wird empfohlen. Mindestens 30 Minuten vor Beginn des Versuchs wird mit der Einleitung eines Stickstoffstroms durch die Glove-Box, die die gesamte erforderliche Ausrüstung enthält, begonnen. Beim Handhaben und Verschließen der Flaschen ist sicherzustellen, dass die Temperatur des Schlamms im Bereich 35 ± 2 °C bleibt.

Vorversuch

25.
Wenn über die Aktivität des Faulschlamms nichts bekannt ist, sollte ein Vorversuch durchgeführt werden. Dazu Kontrollen beispielsweise mit Feststoffkonzentrationen von 10 g/l, 20 g/l und 40 g/l und mit einem Substrat, jedoch ohne die Prüfchemikalie herstellen. Zudem verschiedene Mengen an Reaktionsgemisch verwenden, um drei oder vier verschiedene Verhältnisse an Kopfraum- zu Flüssigkeitsvolumen- zu erhalten. Anhand der Gasvolumina, die in den verschiedenen Zeitintervallen erzeugt werden, die optimalen Bedingungen ermitteln, unter denen zweimal täglich signifikante Gasvolumina und eine Druckentlastung pro Tag bei optimaler Empfindlichkeit  und ohne Explosionsgefahr gemessen werden können.

Zugabe der Prüfchemikalien

26.
Wasserlösliche Prüfchemikalien als wässrige Lösungen (Nummer 18) in leere Testflaschen (Nummer 12(b)) geben. Jeden Konzentrationsbereich mindestens in dreifacher Ausführung ansetzen (Nummer 20). Bei nicht oder schlecht löslichen Prüfchemikalien Lösungen der Prüfchemikalie in organischen Lösungsmitteln mit einer Mikrospritze in leere Flaschen injizieren, um Replikate von jeweils fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie herzustellen. Das Lösungsmittel verdampfen, indem Stickstoffgas über die Oberfläche der Lösungen in die Testflaschen geleitet wird. Alternativ können nicht lösliche feste Chemikalien als abgewogene Feststoffmengen auch direkt in die Testflaschen gegeben werden.
27.
Werden wasserunlösliche oder schlecht wasserlösliche flüssige Prüfchemikalien mithilfe eines Lösungsmittels hinzugegeben, so sind sie nach Zugabe des Inokulums und des Prüfsubstrats (siehe Nummer 30) mit einer Mikrospritze direkt in die Testflaschen zu injizieren. Flüchtige Prüfchemikalien können auf dieselbe Weise hinzugegeben werden.

Zugabe von Inokulum und Substrat

28.
Eine geeignete Menge gesiebten Faulschlamms (siehe Nummer 16) in einer 5-l-Flasche (Nummer 12(g)) rühren; dabei gleichzeitig den Kopfraum mit Stickstoffgas begasen. Testflaschen mit wässrigen Lösungen oder mit verdampften Lösungsmittellösungen der Prüfchemikalien etwa zwei Minuten mit gasförmigem Stickstoff spülen, um vorhandene Luft zu entfernen. Aliquoten (z. B. 100 ml) des gut durchmischten Schlamms mit einer Pipette mit weiter Öffnung oder mit einem Messzylinder in die Testflaschen geben. Wichtig ist, dass die Pipette in einem einzigen Schritt mit der exakt benötigten Schlammmenge gefüllt wird, da sich die im Schlamm enthaltenen Feststoffe leicht absetzen können. Wenn eine zu große Menge aufgenommen wird, muss die Pipette entleert und neu befüllt werden.
29.
Anschließend so viel Substratlösung (Nummer 17) hinzugeben, dass sich in dem Gemisch eine Konzentration von jeweils 2 g/l Nährbouillon, Hefeextrakt und D-Glucose ergibt; die Testflaschen dabei kontinuierlich mit gasförmigem Stickstoff spülen. Die Testchargen könnten z. B. so aussehen:



Endgültige Massekonzentration der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen

(mg/l)

Volumen der Prüfchemikalie

(ml)

Reagenzien und Medien

(ml)

Stammlösung

a)  10 g/l

Nr. 18

Stammlösung

b)  1 g/l

Nr. 18

Verdünnungswasser

Nr. 14

Inokulum

Nr. 16

Substrat

Nr. 17

0-01,01002
1-0,10,91002
3,3-0,330,671002
100,1-0,91002
330,33-0,671002
1001,0-01002

Gesamtinhalt der Flasche = 160 ml, Flüssigkeitsvolumen = 103 ml,

Gasvolumen = 57 ml oder 35,6 % des Gesamtvolumens.

30.
Gleichermaßen ausreichend leere Testflaschen mit gasförmigem Stickstoff ausspülen, um flüchtige und unlösliche flüssige Prüfchemikalien zu entfernen (siehe Nummer 27).

Kontrollen und Referenzchemikalie

31.
Mindestens drei Replikate an Flaschen, die jeweils nur Schlamm und Substrat enthalten, als Kontrollen ansetzen. Des Weiteren Replikate an Flaschen mit Schlamm, Substrat und hinreichend Stammlösung der Referenzchemikalie — 3,5-Dichlorphenol (Nummer 21) — mit einer Endkonzentration von 150 mg/l vorbereiten. Diese Konzentration sollte die Gasproduktion um etwa 50 % hemmen. Alternativ kann eine Konzentrationsreihe mit der Referenzchemikalie hergestellt werden. Zudem vier zusätzliche Flaschen mit Schlamm, sauerstofffreiem Wasser und Substrat für pH-Messungen ansetzen. In zwei der Flaschen die Prüfchemikalie in der höchsten zu prüfenden Konzentration geben; zu den beiden übrigen Flaschen sauerstofffreies Wasser geben.
32.
Es ist sicherzustellen, dass alle Flaschen — die Flaschen mit der Prüfchemikalie und die Kontrollen — dasselbe Flüssigkeitsvolumen (VR) enthalten; erforderlichenfalls die Flüssigkeit mit sauerstofffreiem entionisiertem Wasser (Nummer 14) auffüllen. Der Kopfraum sollte zwischen 10 % und 40 % des Flaschenvolumens ausmachen; der tatsächliche Wert richtet sich nach den Ergebnissen des Vorversuchs. Nach Zugabe aller Bestandteile in die Flaschen die Nadel, mit der das Gas injiziert wurde, herausziehen, und die Flaschen mit einem Gummistopfen und einer Aluminiumkappe (Nummer 12(b)) verschließen; hierzu den Stopfen mit einem Tropfen entionisiertem Wasser anfeuchten, damit er leichter eingeschoben werden kann. Den Inhalt der einzelnen Flaschen durch Schütteln vermischen.

Inkubation der Flaschen

33.
Die Flaschen in einen thermostatgeregelten Inkubator stellen, der möglichst mit einer Schüttelvorrichtung ausgestattet sein sollte; die Temperatur auf 35 ± 2 °C einstellen. Die Flaschen im Dunkeln inkubieren. Nach etwa einer Stunde den Druck in den Flaschen mit dem Atmosphärendruck abgleichen. Dazu die mit dem Druckmesser (Nummer 12(c)) verbundene Spritzennadel durch die einzelnen Flaschenverschlüsse stechen und das Ventil so lange öffnen, bis der Druckmesser auf Null steht; danach das Ventil wieder schließen. Die Nadel ist im Winkel von etwa 45° einzuführen, damit kein Gas aus den Flaschen austreten kann. Wenn der Inkubator nicht über eine Schüttelvorrichtung verfügt, müssen die Flaschen während der gesamten Inkubationsdauer zweimal täglich manuell geschüttelt werden, um das System zu äquilibrieren. Die Flaschen inkubieren und umdrehen, damit kein Gas durch das Septum austreten kann. Falls nicht lösliche Prüfchemikalien am Boden der Flasche anhaften könnten, sollten die Flaschen nicht umgedreht werden.

Druckmessung

34.
Wenn die Flaschen eine Temperatur von 35 ± 2 °C erreicht haben, den pH-Wert des Inhalts von zwei der vier für diesen Zweck angesetzten Flaschen messen und aufzeichnen; den Flascheninhalt anschließend entsorgen. Die restlichen Flaschen weiter im Dunkeln inkubieren. Den Druck in den Flaschen in den nächsten 48 bis 72 Stunden zweimal täglich messen; dazu die Nadel des Druckmessers durch den Verschluss der einzelnen Flaschen stechen und die Nadel zwischen den Messungen trocknen. Während der Messung, die möglichst zügig erfolgen sollte, sollte die Inkubationstemperatur in allen Bereichen der Flaschen aufrechterhalten werden. Sobald der angezeigte Druck stabil ist, den angezeigten Wert aufzeichnen. Danach das Ventil zur Entlüftung öffnen und wieder schließen, wenn der Druckmesser auf Null steht. Der Versuch wird nach dem Zeitpunkt des ersten Druckausgleichs („Zeit 0“) gewöhnlich für 48 Stunden fortgesetzt. Bei flüchtigen Chemikalien sind nur eine Messung und nur eine Entlüftung (am Ende der Inkubationszeit) bzw. höchstens zwei Messungen und Entlüftungen vorzunehmen, um einen Verlust der Prüfchemikalie zu vermeiden (10).
35.
Bei negativer Druckanzeige darf das Ventil nicht geöffnet werden. Manchmal sammelt sich Feuchtigkeit in der Spritzennadel und in der Schlauchleitung, was durch einen geringen Unterdruck angezeigt wird. In diesen Fall die Nadel herausziehen, den Schlauch schütteln, mit einem Papiertuch trocknen und eine neue Nadel aufsetzen.

Messung des pH-Werts

36.
Nach der letzten Druckmessung die pH-Werte der Flascheninhalte lesen und aufzeichnen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Darstellung der Ergebnisse

37.
Für jeden Satz Replikatflaschen Summe und Mittelwert der nach jedem Zeitintervall aufgezeichneten Druckergebnisse und für jedes Replikat nach jedem Zeitintervall den mittleren kumulativen Bruttogasdruck berechnen. Dazu Kurven der mittleren kumulativen Gasproduktion (Pa) gegen die Zeit für die Kontrollen, die Flaschen mit den Prüfchemikalien und die Referenzflaschen zeichnen. Auf dem linearen Abschnitt der Kurve einen Zeitpunkt (gewöhnlich 48 Stunden) wählen und für jede Konzentration mit der Gleichung [1] dieHemmung (I) in Prozent bestimmen:



I = (1 – Pt/PC) × 100[1],

Dabei sind:

I=Hemmung in Prozent ( %);
Pt=der erzeugte Gasdruck in Pascal (Pa) in den Flaschen mit Prüfmaterial zum gewählten Zeitpunkt;
Pc=der erzeugte Gasdruck in Pascal (Pa) in der Kontrolle zum selben Zeitpunkt.

Nach Möglichkeit sollten zur Bestimmung von I zwei Kurven gezeichnet werden, d. h. eine Kurve bezogen auf die Konzentration und eine bezogen auf den Logarithmus der Konzentration, um die Kurve mit der besseren Linearität wählen zu können. Den EC50-Wert (mg/l) visuell oder durch Regressionsanalyse anhand der Kurve mit der besseren Linearität bestimmen. Zu Vergleichszwecken kann es hilfreich sein, die Konzentration der Chemikalie in mg Chemikalie/g der gesamten Trockenfeststoffe auszudrücken. Um diese Konzentration zu erhalten, die Volumenkonzentration (mg/l) durch die Volumenkonzentration der trockenen Feststoffe des Schlamms (g/l) (Nummer 16) dividieren.

38.
Berechnet wird entweder die durch die Konzentration der Referenzchemikalie bewirkte prozentuale Hemmung (wenn nur eine Konzentration verwendet wurde) oder der EC50-Wert (wenn eine hinreichende Anzahl an Konzentrationen untersucht wurde).
39.
Den mittleren Druck des in der Kontrolle erzeugten Gases Pc(Pa) mit Hilfe der Kalibrierkurve des Druckmessers (Anlage 2) in Volumen umrechnen; aus dem erhaltenen Wert sodann die Gasproduktioninnerhalb von 48 Stunden als für 100 ml unverdünntem Schlamm mit einer Feststoffkonzentration von 2 % (20 g/l) bis 4 % (40 g/l) erzeugtes Volumen berechnen.

Validitätskriterien

40.
Die Ergebnisse des ISO-Interlabortests (5) haben gezeigt, dass die Referenzchemikalie (3,5-Dichlorphenol) die Gasproduktion bei Konzentrationen von 32 mg/l bis 510 mg/l (Mittelwert 153 mg/l) um 50 % hemmt (Nummer 10). Diese Konzentrationsspanne ist so breit, dass keine genauen Grenzwerte für die Hemmung als zuverlässige Validitätskriterien festgesetzt werden können; dies sollte jedoch möglich sein, sobald Verfahren für die Herstellung einheitlicherer Inokula entwickelt wurden. Die in Kontrollflaschen innerhalb von 48 Stunden erzeugten Gasvolumina reichten von 21 ml/g bis zu 149 ml/g Schlammfeststoff (Mittelwert 72 ml/g). Ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem erzeugten Gasvolumen und dem entsprechenden EC50-Wert bestand nicht. Beim Abschluss der Tests lag der pH-Wert zwischen 6,1 und 7,5.
41.
Der Test wird als gültig betrachtet, wenn es in der Referenzkontrolle mit 150 mg/l 3,5-Dichlorphenol zu einer Hemmung von über 20 % kommt, in der Blindkontrolle mehr als 50 ml Gas pro g Trockenmasse produziert werden und der pH-Wert bei Testende im Bereich zwischen 6,2 und 7,5 liegt.

Prüfbericht

42.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfchemikalie

Handelsüblicher Name, chemische Bezeichnung, CAS-Nummer, Strukturformel und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfchemikalie.

Prüfbedingungen

Volumina der flüssigen Bestandteile und des Kopfraums in den Prüfgefäßen;
Beschreibungen der Prüfgefäße und der Gasmessung (z. B. Druckmessertyp);
Einbringung der Prüfchemikalie und der Referenzchemikalie in das Testsystem, verwendete Testkonzentrationen und Verwendung von Lösungsmitteln;
Angaben zum verwendeten Inokulum: Name der Kläranlage, Beschreibung der Herkunft (Bezugsquelle) des behandelten Abwassers (z. B. Betriebstemperatur, Rückhaltezeit des Schlamms, vorwiegend häusliche oder vorwiegend industrielle Abwässer usw.), Konzentration der Feststoffe, Gasproduktion im anaeroben Faulturm, vorherige Exposition oder vielleicht bereits erfolgte Anpassung an toxische Chemikalien, Ort der Entnahme des Schlamms, Sediments usw.;
Inkubationstemperatur und Temperaturspanne;
Zahl der Replikate.

Ergebnisse

pH-Werte bei Versuchsende;
alle gemessenen Daten aus den Prüf-, Kontroll- und Referenzgefäßen (z. B. in Pa oder in Millibar) in tabellarischer Form;
prozentuale Hemmung in den Test- und Referenzflaschen und Darstellung der Hemmungs-Konzentrations-Kurven;
Berechnung der EC50-Werte, ausgedrückt in mg/l und mg/g;
Gasproduktion pro g Schlamm innerhalb von 48 Stunden;
Angabe von Gründen, falls die Prüfergebnisse verworfen werden;
Diskussion der Ergebnisse einschließlich sämtlicher Abweichungen von den Verfahren im Rahmen dieser Prüfmethode sowie Diskussion aller durch Interferenzen und Fehler bedingten Abweichungen der Testergebnisse von den erwarteten Ergebnissen;
Angabe, ob in dem Test die Toxizität gegenüber präexponierten oder nicht präexponierten Mikroorganismen gemessen werden sollte.

LITERATUR

(1) Kapitel C.11 dieses Anhangs: Belebtschlamm, Prüfung der Atmungshemmung.

(2) Kapitel C.43 dieses Anhangs: Anaerobe biologische Abbaubarkeit organischer Verbindungen in Klärschlamm: durch Messung der Gaserzeugung.

(3) Internationale Organisation für Normung (2003) ISO 13 641-1 Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmwirkung der Gasproduktion auf anaerobe Bakterien — Teil 1: Allgemeiner Test [EN]

(4) Internationale Organisation für Normung (2003) ISO 13 641-2 Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmwirkung der Gasproduktion auf anaerobe Bakterien — Teil 2: Untersuchung bei niedrigen Biomassekonzentrationen. [EN]

(5) ISO (2000) Ring test of ISO 13 641-1 and ISO 13 641-2. Determination of inhibition of activity of anaerobic bacteria. BL 6958/A. Evans MR, Painter HA. Brixham Environmental Laboratory, AstraZeneca UK Ltd., Brixham, TQ5 8BA UK.

(6) Swanwick JD, Foulkes M (1971). Inhibition of anaerobic digestion of sewage sludge by chlorinated hydrocarbons. Wat. Pollut. Control, 70, 58-70.

(7) HMSO (1986) Determination of the inhibitory effects of chemicals and waste waters on the anaerobic digestion of sewage sludge. ISBN 0 117519 43 X, In: Methods for the Examination of Waters and Associated Materials UK.

(8) Shelton DR, Tiedje JM (1984). General method for determining anaerobic biodegradation potential. Appl. Env. Microbiol. 47 850-857.

(9) Battersby NS., und Wilson, V. (1988). Evaluation of a serum bottle technique for assessing the anaerobic biodegradability of organic compounds under methanogenic conditions. Chemosphere 17, 2441-2460.

(10) Wilson V., Painter, HA., und Battersby, NS. (1992). A screening method for assessing the inhibition of the anaerobic gas production from sewage sludge. Proc. Int. Symp. on Ecotoxicology. Ecotoxicological Relevance of Test Methods, GSF Forschungzentrum, Neuherberg, Deutschland (1990). Verlag: Steinberg, C., und Kettrup, A, S. 117-132 (1992).

(11) Kawahara K, Yakabe Y, Chida T, und Kida K (1999). Evaluation of laboratory-made sludge for an anaerobic biodegradability test and its use for assessment of 13 chemicals. Chemosphere, 39 (12), 2007-2018.

(12) Internationale Organisation für Normung (1995) ISO 10634, Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die Vorbereitung und Behandlung von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen für die nachfolgende Bestimmung ihrer biologischen Abbaubarkeit in einem wässrigen Medium,

(13) Internationale Organisation für Normung (1997) ISO 11 923 Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Schwebstoffe mittels Filtration durch ein Glasfaserfilter.

Anlage 1

Muster einer Apparatur zur Messung der Biogasproduktion anhand des Gasdrucks

Legende:

1Druckmesser
2Gasdichtes 3-Wege-Ventil
3Spritzennadel
4Gasdichter Verschluss (gebördelte Kappe und Septum)
5Kopfraum
6Faulschlamm-Inokulum

Prüfgefäße in einem Temperaturumfeld von 35 ± 2 °C

Anlage 2

Umrechnung der Druckmesswerte

Die Messwerte des Druckmessers können mithilfe einer Standardkurve zum Gasvolumen in Bezug gesetzt werden. Anhand dieser Kurve lässt sich das Volumen des innerhalb von 48 Stunden pro Gramm Trockenschlamm erzeugten Gases berechnen. Dieser Aktivitätsindex wird als eines der Kriterien für die Validitätsbewertung der Testergebnisse verwendet. Die Kalibrierkurve wird erstellt, indem bekannte Gasvolumina bei 35 ± 2 °C in Serumflaschen injiziert werden, die mit einer Wassermenge entsprechend dem Volumen des Reaktionsgemischs VR gefüllt sind:

Auf 35 ± 2 °C temperierte Wasseraliquoten mit einem Volumen von VR ml in fünf Serumflaschen geben. Die Flaschen verschließen und 1 Stunde zum Äquilibrieren in ein Wasserbad mit einer Temperatur von 35 ± 2 °C stellen;
den Druckmesser einschalten; nach Stabilisierung der Anzeige das Gerät auf Null stellen;
die Spritzennadel durch den Verschluss einer der Flaschen stechen und das Ventil öffnen. Wenn der Druckmesser den Wert Null anzeigt, das Ventil wieder schließen;
dieses Verfahren mit den übrigen Flaschen wiederholen;
in jede Flasche 1 ml Luft einer Temperatur von 35 ± 2 °C injizieren. Die am Druckmesser befestigte Nadel durch den Verschluss einer Flasche stechen und abwarten, bis sich die Druckanzeige stabilisiert hat. Nach Aufzeichnung des Druckwertes das Ventil so lange öffnen, bis die Anzeige wieder auf Null steht. Danach das Ventil schließen;
dieses Verfahren mit den übrigen Flaschen wiederholen;
anschließend das gesamte Verfahren mit 2 ml, 3 ml, 4 ml, 5 ml, 6 ml, 8 ml, 10 ml, 12 ml, 16 ml, 20 ml und 50 ml Luft wiederholen;
die Konversionskurve als Druck (Pa) gegen das injizierte Gasvolumen (ml) zeichnen. Das Messgerät reagiert im Bereich von 0-70 000 Pa und bei einer Gasproduktion von 0-50 ml linear.

Anlage 3

Bekannte Faktoren, die Ergebnisse verfälschen können

a)   Qualität der Flaschenverschlüsse

Für die Serumflaschen sind im Handel verschiedene Septa erhältlich. Viele Septa (u. a. aus Butylkautschuk) sind nicht mehr dicht, wenn sie unter den Bedingungen dieses Versuchs mit einer Nadel durchstochen wurden. Manchmal fällt der Druck nach dem Durchstechen sehr langsam ab. Um Dichtheitsproblemen vorzubeugen, wird die Verwendung gasdichter Septa empfohlen (Nummer 12(b)).

b)   Feuchtigkeit in der Spritzennadel

Manchmal sammelt sich Feuchtigkeit in Spritzennadel und Schlauchleitung, was sich durch einen geringen Unterdruck angezeigt wird. Um das Problem zu beheben, die Nadel herausziehen und die Schlauchleitung schütteln, mit Zellstoffpapier abtrocknen und eine neue Nadel aufsetzen (Nummern 12(c) und 35).

c)   Verunreinigung durch Sauerstoff

Die Ergebnisse anaerober Methoden können durch Kontamination mit Sauerstoff verfälscht werden, da dies die Gasproduktion beeinträchtigen kann. Bei dieser Methode sollte dieses Risiko durch Anwendung strikt anaerober Verfahren (u. a. unter Verwendung einer Glove-Box) minimiert werden.

d)   Grobe Substratpartikel im Schlamm

Die anaerobe Gasproduktion und die Empfindlichkeit des Schlamms werden durch Substrate beeinflusst, die mit dem Inokulum in die Testflaschen gelangen können. Faulschlamm aus anaeroben Faultürmen zur Behandlung häuslicher Abwässer enthält oft noch erkennbare Partikel (wie Haare und Zelluloserückstände), die die Entnahme repräsentativer Proben erschweren. Durch Sieben des Schlamms können größere nicht lösliche Bestandteile abgetrennt werden; auf diese Weise wird die Repräsentativität der Proben verbessert (Nummer 16).

e)   Flüchtige Prüfchemikalien

Flüchtige Prüfchemikalien werden im Kopfraum der Testflaschen freigesetzt. Dadurch können beim Entlüften nach den Druckmessungen geringe Anteile des Prüfmaterials verloren gehen, was zu fehlerhaft hohen EC50-Werte führt. Durch Wahl eines geeigneten Kopfraum-/Flüssigkeitsvolumen-Verhältnisses und durch Verzicht auf die Entlüftung nach den Druckmessungen kann dieser Fehler minimiert werden (10).

f)   Nichtlinearität der Gasproduktion

Ist die Kurve der mittleren kumulativen Gasproduktion bezogen auf die Inkubationszeit über den Zeitraum von 48 Stunden nicht mehr oder weniger linear, so kann dies die Genauigkeit der Prüfung beeinträchtigen. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich unter Umständen, Faulschlamm anderer Herkunft zu verwenden und/oder die Lösung aus Testsubstrat/Nährbouillon, Hefeextrakt und Glucose (Nummer 29) in höherer Konzentration zu verwenden.

Anlage 4

Anwendung auf Umweltproben mit niedriger Biomassekonzentration — Anaerobe Schlämme, Sedimente usw.

EINLEITUNG

A.1

Im Allgemeinen ist die spezifische mikrobielle Aktivität (erzeugtes Gasvolumen pro g trockener Feststoffe) in natürlich vorkommenden anaeroben Schlämmen, Sedimenten, Böden usw. deutlich geringer als bei anaeroben Faulschlämmen aus Abwässern. Wenn die Hemmwirkung von Chemikalien bei diesen weniger aktiven Proben gemessen werden soll, müssen daher einige Versuchsparameter modifiziert werden. Bei diesen weniger aktiven Proben kommen zwei allgemeine Vorgehensweisen in Betracht:

a)
Um eine genauere Simulation (siehe ISO 13 641, Teil 1) zu ermöglichen, einen modifizierten Vorversuch (Nummer 25) mit der unverdünnten Probe Schlamm, Boden usw. bei 35 ± 2 °C oder der am Ort der Probenahme vorherrschenden Temperatur durchführen;
b)
oder die Prüfung mit einem (im Verhältnis 1:100) verdünnten Faulschlamm durchführen, um die von der Umweltprobe erwartete geringere Aktivität zu simulieren; dabei allerdings die Temperatur von 35 ± 2 °C beibehalten (siehe ISO 13 641, Teil 2).
A.2Option a) kann nach der hier beschriebenen Methode (wie ISO 13 641, Teil 1) durchgeführt werden; entscheidend ist jedoch, dass im Vorversuch (Nummer 25) optimale Bedingungen bestimmt werden (wenn diese nicht bereits aus früheren Versuchen bekannt sind). Die Schlamm- oder die Sedimentprobe gründlich mischen (z. B. in einem Mischer) und falls notwendig mit einer kleinen Menge entlüfteten Verdünnungswassers (Nummer 14) so verdünnen, dass sie flüssig genug ist, um von einer Pipette mit großer Öffnung oder von einem Messzylinder aufgenommen zu werden. Ist davon auszugehen, dass Nährstoffe fehlen könnten, kann die Schlammprobe (unter anaeroben Bedingungen) zentrifugiert und in dem mit dem Hefeextrakt versetzten mineralischen Medium (A.11) neu suspendiert werden.
A.3Option b): Dieses Vorgehen gewährleistet die Simulation von schwach aktiven Umweltproben in ausreichender Art und Weise, allerdings fehlt bei diesen Proben die hohe Konzentration an suspendierten Feststoffen. Die Bedeutung dieser Feststoffe im Hinblick auf die Hemmung ist nicht bekannt, die Reaktion zwischen den Prüfchemikalien und den Schlammbestandteilen sowie die Adsorption der Prüfchemikalien an die Feststoffe könnte jedoch die Toxizität der Prüfchemikalie verringern.
A.4Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Temperatur: Im Interesse einer genauen Simulation sollten die Tests bei der am Ort der Probenahme vorherrschenden Temperatur durchgeführt werden, da andere Gruppen methanproduzierender Bakteriengemeinschaften bekanntermaßen innerhalb anderer Temperaturbereiche aktiv sind; so z. B. thermophile Bakterien bei ~30-35 °C, mesophile Bakterien bei 20-25 °C und psychrophile Bakterien bei < 20 °C; entsprechend können sich unterschiedliche Verläufe der Hemmungseffekte ergeben.
A.5Dauer: Bei der allgemeinen Prüfung, Teil 1, (mit unverdünntem Schlamm) wurde in den vorgesehenen 2-4 Tagen stets genügend Gas produziert, während die Gasproduktion bei Teil 2 (mit hundertfach verdünntem Schlamm) im Ringtest nicht ausreichend war (soweit überhaupt Gas produziert wurde). Madsen et. al. (1996) erklären in ihrer Beschreibung des letztgenannten Tests, dass mindestens 7 Tage vorgesehen werden sollten.

Test mit niedriger Biomassekonzentration (Option b)

Es sollten folgende Änderungen und Ergänzungen vorgenommen werden, d. h. einige Absätze und Unterabsätze des Haupttexts sind zu ergänzen bzw. zu ersetzen.

A.6

Unter Nummer 6 ist der folgende Absatz anzufügen: Testprinzip:

„Dieses Verfahren kann mit hundertfach verdünntem anaerobem Schlamm angewendet werden, u. a., um die geringe Aktivität von Schlämmen und Sedimenten zu simulieren. Die Inkubation erfolgt entweder bei 35 °C oder bei der am Probenahmeort vorherrschenden Temperatur. Da die bakterielle Aktivität erheblich geringer ist als bei unverdünntem Faulschlamm, sollte die Inkubationsdauer auf mindestens 7 Tage verlängert werden.“

A.7

Unter Nummer 12 Buchstabe a ist folgender Satz anzufügen:

„Der Inkubator sollte auch bei Temperaturen von 15 °C noch betrieben werden können.“

A.8

Nummer 13 ist um ein weiteres Reagenz zu ergänzen:

„Phosphorsäure (H3PO4), 85 Masse- % in Wasser.“

A.9

Am Ende von Nummer 16 ist folgender Satz anzufügen:

„Für diesen Test ist eine Endkonzentration von 0,20 ± 0,05 g/l Gesamttrockenfeststoff insgesamt zu verwenden.“

A.10

Nummer 17. Prüfsubstrat

Dieses Substrat darf nicht verwendet werden; es ist durch Hefextrakt zu ersetzen (siehe Nummern 17, A.11, A.12, A.13).

A.11

Zur Verdünnung des anaeroben Schlamms muss ein mineralisches Medium mit Spurenelementen verwendet werden; der Einfachheit halber wird das organische Substrat (Hefeextrakt) diesem Medium hinzugegeben.

Nach Nummer 17 ist folgender Text anzufügen:

„a) Mineralisches Prüfmedium, mit Hefeextrakt

Die Herstellung erfolgt aus 10-fach konzentriertem Prüfmedium (Nummer 17 Buchstabe b; A.12) mit einer Lösung aus Spurenelementen (Nummer 17 Buchstabe c, A.13). Dazu ist Natriumsulfid-Nonahydrat (Nummer 17 Buchstabe b; A.12) verwenden, das entweder erst vor Kurzem erworben oder vor der Verwendung gewaschen und getrocknet wurde, um eine hinreichende Reduzierungswirkung zu gewährleisten. Wenn der Test nicht mit einer Glove-Box (Nummer 12 Buchstabe j) durchgeführt wird, sollte die Konzentration des Natriumsulfids in der Stammlösung (von 1 g/l) auf 2 g/l erhöht werden. Natriumsulfid kann bis zu einer Endkonzentration von 0,2 g/l auch aus einer geeigneten Stammlösung durch das Septum der verschlossenen Testflaschen injiziert werden, weil dadurch das Oxidationsrisiko reduziert wird. Alternativ kann Titan-(III)-citrat (Nummer 17 Buchstabe b) verwendet werden. Die Chemikalie bis zu einer Endkonzentration von 0,8 bis 1,0 mmol/l durch das Septum der verschlossenen Testflaschen injizieren. Titan-(III)-citrat ist ein hochwirksames Reduziermittel mit geringer Toxizität, das wie folgt hergestellt wird: 2,94 g Trinatriumcitrat-Dihydrat in 50 ml sauerstofffreiem Verdünnungswasser (Nummer 14) lösen (resultierende Konzentration = 200 mmol/l); danach 5 ml einer Titan-(III)-chlorid-Lösung (15 g/100 l Verdünnungswasser) hinzugeben. Den pH-Wert mit Natriumcarbonat auf 7 ± 0,5 neutralisieren und die Lösung unter einem Stickstoff-Gasstrom in eine geeignete Serumflasche geben. Die Konzentration des Titan-(III)-citrats in dieser Stammlösung beträgt 164 mmol/l. Das Prüfmedium entweder umgehend verwenden oder höchstens einen Tag lang bei einer Temperatur von 4 °C lagern.

A.12
b)
10-fach konzentriertes Prüfmedium, hergestellt aus:



wasserfreiem Kalium-dihydrogenphosphat (KH2PO4)2,7 g
Dinatriumhydrogenphosphat (Na2HPO4)4,4 g

(oder 11,2 g Dodecahydrat)

Ammoniumchlorid (NH4Cl)

5,3 g
Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2 2H2O)0,75 g
Magnesiumchlorid-Hexahydrat (MgCl2 6H2O)1,0 g
Eisen(II)-Chloridtetrahydrat (FeCl2 4H2O)0,2 g
Resazurin (Redoxindikator)0,01 g
Natriumsulfid-Nonahydrat (Na2S.9H2O)1,0 g
(oder Titan-(III)-citrat) Endkonzentration0,8 mmol/l bis 1,0 mmol/l
Spurenelementelösung (siehe Nummer 17 Buchstabe c; A.13)10,0 ml
Hefeextrakt100 g
In Verdünnungswasser lösen (Nummer 14) und auf 1 000  ml auffüllen.
A.13
c)
Spurenelementelösung, hergestellt aus:



Mangan-(II)-chlorid-Tetrahydrat (MnCl2.4H2O)0,5 g
Orthoborsäure (H3BO3)0,05 g
Zinkchlorid (ZnCl2)0,05 g
Kupfer-(II)-chlorid (CuCl2)0,03 g
Natriummolybdat-Dihydrat (Na2MoO4.2H2O)0,01 g
Kobalt-(II)-chlorid-Hexahydrat (CoCl2.6H2O)1,0 g
Nickel-(II)-chlorid-Hexahydrat (NiCl2.6H2O)0,1 g
Dinatriumselenit (Na2SeO3)0,05 g
In Verdünnungswasser lösen (Nummer 14) und auf 1 000  ml auffüllen.“
A.14

Nummer 25: Vorversuch

Ein Vorversuch, wie unter Nummer 24 beschrieben, ist unerlässlich; allerdings sollte die Feststoffkonzentration des Schlamms ein Hundertstel der dort genannten Konzentration betragen (d. h. 0,1g/l, 0,2g/l und 0,4g/l). Die Inkubation sollte mindestens 7 Tage dauern.

Hinweis: Im Ringtest (5) war das Volumen des Kopfraums mit 75 % des Gesamtvolumens erheblich zu groß; es sollte im empfohlenen Bereich von 10 bis 40 % liegen. Das Volumen des Kopfraums sollte so gewählt werden, dass die produzierte Gasmenge bei einer Hemmung von etwa 80 % noch mit annehmbarer Genauigkeit (z. B. ± 5 bis ± 10 %) gemessen werden kann.

A.15

Nummern 26 bis 30: Zugabe der Prüfchemikalie, des Inokulums und des Substrats

Die Zugabe erfolgt wie unter den genannten Nummern beschrieben; die Substratlösung (Nummer 17) wird jedoch durch das Prüfmedium mit dem Hefeextrakt-Substrat ersetzt (A.11).

Außerdem wird die Endkonzentration der trockenen Schlammfeststoffe von 2-4 g/l auf 0,2 ± 0,05 g/l (A.9) reduziert. Tabelle A.1 enthält zwei Beispiele für die Zugabe von Bestandteilen zum Prüfgemisch; diese Tabelle ersetzt die Tabelle unter Nummer 29.

A.16

Nummer 33: Inkubation der Flaschen

Da eine geringere Gasproduktion zu erwarten ist, sollte die Inkubationsdauer auf mindestens 7 Tage verlängert werden.

A.17

Nummer 34: Druckmessungen

Die Messung des Drucks im Kopfraum der Flaschen erfolgt nach dem unter Nummer 34 beschriebenen Verfahren, wenn die Mengenangaben in der gasförmige Phase benötigt werden. Sollen die CO2- plus CH4-Gesamtmengen gemessen werden, zunächst den pH-Wert der flüssigen Phase auf etwa pH 2 reduzieren, indem H3PO4 in die jeweiligen Flaschen injiziert wird; anschließend nach 30-minütigem Schütteln bei Testtemperatur der Druck messen. Mehr Informationen zur Qualität des Inokulums können allerdings ermittelt werden, indem der Druck in den einzelnen Flaschen vor und nach der Reduzierung des pH-Werts gemessen wird. Wenn beispielsweise die CO2-Produktionrate erheblich über der Methan-Produktionsrate liegt, kann dies die Empfindlichkeit der fermentativen Bakterien verändern und/oder die Prüfchemikalie wirkt vor allem auf methanogene Bakterien.

A.18

Nummer 36: Messung des pH-Werts

Wenn H3PO4 verwendet werden soll, sind speziell für die pH-Messungen einige zusätzliche Flaschen ohne H3PO4 vorzubereiten.

LITERATUR:

Madsen, T, Rasmussen, H.B., und Nilsson, L. (1996), Methods for screening anaerobic biodegradability and toxicity of organic chemicals. Project No.336, Water Quality Institute, Dänische Umweltagentur, Kopenhagen.



Tabelle A.1.

Versuchspläne für Testchargen — Beispiele

Bestandteile des ReaktionsgemischsBeispiel 1Beispiel 2Normale Reihenfolge der Zugabe
Konzentration des präparierten Inokulums (g/l)0,422,1
Volumen des zugegebenen Inokulums (ml)4594
Konzentration des Inokulums in den Testflaschen (g/l)0,200,20
Volumen des zugegebenen Prüfmediums (ml)992
Volumen des zugegebenen Verdünnungswassers (ml)36723
Konzentration des Hefeextrakts in den zu Testflaschen (g/l)9,79,7
Volumen der Stammlösung mit der Prüfchemikalie (ml)331
Gesamtflüssigkeitsvolumen (ml)9393

Anlage 5

Begriffsbestimmungen

Für diese Prüfmethode gelten die folgenden Definitionen:

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch.

Prüfchemikalie : ein beliebiger Stoff oder ein beliebiges Gemisch, der bzw. das nach dieser Methode geprüft wird.

C.35.   SEDIMENT-WASSER-TOXIZITÄTSSTUDIE MIT DOTIERTEM SEDIMENT AN LUMBRICULUS

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 225 (2007). Sedimentfressende endobenthische Tiere werden durch in Sedimenten gebundene Chemikalien potenziell stark belastet und verdienen folglich besonderes Augenmerk (z. B. (1)(2)(3)). Unter diesen Sedimentfressern nehmen aquatische Oligochaeten in den Sedimenten aquatischer Systeme einen bedeutenden Platz ein. Durch Bioturbation der Sedimente und als Beutetiere haben diese Tiere erheblichen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit sedimentgebundener Chemikalien für andere Organismen (z. B. benthivore Fische). Im Gegensatz zu epibenthischen Organismen graben sich endobenthische aquatische Oligochaeten (z. B. Lumbriculus variegatus) in die Sedimente ein und nehmen Partikel unterhalb der Sedimentoberfläche auf. Dies gewährleistet, dass die Testorganismen der Prüfchemikalie über alle möglichen Aufnahmewege ausgesetzt werden (z. B. Kontakt mit kontaminierten Sedimentpartikeln und orale Aufnahme dieser Partikel, aber auch Aufnahme über Poren- und Überstandswasser).
2.
Diese Prüfmethode wurde zur Bewertung der Wirkung einer längerfristigen Exposition des endobenthischen Oligochaeten Lumbriculus variegatus (Müller) gegenüber sedimentgebundenen Chemikalien entwickelt. Sie beruht auf bereits bestehenden Testprotokollen für Sedimenttoxizität und -bioakkumulation (z. B. (3)(4)(5)(6)(7)(8)(9)(10)). Die Methode wird für statische Prüfbedingungen beschrieben. Bei dem für diese Prüfmethode verwendeten Expositionsszenario wird das Sediment mit der Prüfchemikalie dotiert. Mit dotierten Sedimenten soll ein mit der Prüfchemikalie kontaminiertes Sediment simuliert werden.
3.
In der Regel haben auf Toxizität bei sedimentbewohnenden Organismen zu prüfende Chemikalien eine lange Verweildauer in diesem Kompartiment. Sedimentbewohner können über verschiedene Wege exponiert werden. Die relative Bedeutung der einzelnen Expositionspfade und die Geschwindigkeit, mit der diese jeweils zu den gesamten toxischen Wirkungen beitragen, hängen von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des betreffenden Stoffes und seinem Verhalten im tierischen Organismus ab. Für stark adsorbierende Chemikalien (z. B. log Kow > 5) oder für kovalent an das Sediment gebundene Chemikalien kann die Aufnahme über die Nahrung ein wichtiger Expositionspfad sein. Um die Toxizität dieser Chemikalien nicht unterzubewerten, wird das für die Vermehrung und das Wachstum der Testorganismen erforderliche Futter dem Sediment zugegeben, bevor es mit der Prüfchemikalie dotiert wird (11). Die beschriebene Prüfmethode ist detailliert genug, um die Prüfung durchführen und den Versuchsplan je nach Bedingungen in den einzelnen Labors und den unterschiedlichen Eigenschaften der Prüfchemikalien anpassen zu können.
4.
Die Prüfmethode dient der Ermittlung der Wirkungen einer Prüfchemikalie auf die Reproduktion und die Biomasse der Testorganismen. Als biologische Parameter werden die Gesamtzahl der überlebenden Würmer und die Biomasse (Trockenmasse) am Ende der Expositionsdauer gemessen. Diese Daten werden entweder anhand eines Regressionsmodells zur Ermittlung der Konzentration analysiert, bei der eine Wirkung von x % auftreten würde (z. B. EC50, EC25 und EC10), oder es wird eine statistische Hypothesenprüfung vorgenommen, um die höchste messbare Expositionskonzentration ohne statistisch signifikante Wirkung (NOEC-Wert) und die niedrigste messbare Konzentration, bei der noch statistisch signifikante Wirkungen beobachtet werden (LOEC-Wert), zu bestimmen.
5.
Kapitel C.27 dieses Anhangs („Sediment-Wasser-Toxizitätstest mit gespiktem Sediment an Chironomiden“ (6)) enthält viele wichtige und nützliche Informationen zur Durchführung der vorliegenden Sedimenttoxizitätsstudie. Dieses Dokument dient daher als Grundlage für die zur Durchführung von Sedimenttoxizitätstests mit Lumbriculus variegatus erforderlichen Modifikationen. Weitere Referenzdokumente sind z. B. der ASTM Standard Guide for Determination of the Bioaccumulation of Sediment-Associated Contaminants by Benthic Invertebrates (3), die U.S. EPA Methods for Measuring the Toxicity and Bioaccumulation of Sediment-Associated Contaminants with Freshwater Invertebrates (7) und die ASTM Standard Guide for Collection, Storage, Characterization, and Manipulation of Sediments for Toxicological Testing and for selection of samplers used to collect benthic invertebrates (12). Wichtige Informationsquellen für die Erarbeitung dieses Dokuments waren außerdem die in Ringtests der Prüfmethode ((13), Ringtest-Bericht) gewonnenen praktischen Erfahrungen sowie Informationen aus der Fachliteratur.

VORAUSSETZUNGEN UND PRAKTISCHE HINWEISE

6.
Vor Beginn der Studie sind Informationen zur Prüfchemikalie (z. B. Sicherheitsvorkehrungen, geeignete Lagerbedingungen und Analysemethoden) einzuholen. Für Leitlinien für Prüfchemikalien mit physikalisch-chemischen Eigenschaften, die die Durchführung des Tests erschweren, siehe (14).
7.
Vor der Durchführung einer Prüfung sollte Folgendes über die Prüfchemikalie bekannt sein:
Name, chemische Bezeichnung (vorzugsweise IUPAC-Bezeichnung), Strukturformel, CAS-Nummer, Reinheit;
Dampfdruck;
Wasserlöslichkeit;
8.
Die folgenden zusätzlichen Informationen gelten als hilfreich:
Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient, Kow;
organischer Kohlenstoff/Wasser-Verteilungskoeffizient, ausgedrückt als Koc;
Hydrolyse;
Phototransformation in Wasser;
biologische Abbaubarkeit;
Oberflächenspannung.
9.
Informationen über bestimmte Eigenschaften des zu verwendenden Sediments sollten ebenfalls vor Beginn des Versuchs vorliegen (7). Für Einzelheiten siehe Nummern 22 bis 25.

TESTPRINZIP

10.
Würmer in vergleichbarem physiologischem Zustand (synchronisiert wie in Anlage 5 beschrieben) werden einer Reihe von Giftstoffkonzentrationen ausgesetzt, die der Sedimentphase eines Sediment-Wasser-Systems zugesetzt wurden. Als Medien sollten künstliches Sediment und rekonstituiertes Wasser verwendet werden. Als Kontrollen werden Prüfgefäße ohne Prüfchemikalie verwendet. Die Prüfchemikalie wird für jede Konzentration in einem einzigen Schritt in das Sediment dotiert, um Schwankungen zwischen Replikaten der einzelnen Konzentrationen zu minimieren; die Testorganismen werden anschließend in die Prüfgefäße gesetzt, in denen Sediment-Wasser-Konzentrationen äquilibriert wurden (siehe Nummer 29). Die Testtiere werden in den Sediment-Wasser-Systemen 28 Tage lang exponiert. Aufgrund seines niedrigen Nährstoffgehalts sollte das künstliche Sediment mit Futter angereichert werden (siehe Nummern 22 und 23 sowie Anlage 4), um sicherzustellen, dass die Würmer unter kontrollierten Bedingungen wachsen und sich vermehren. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Tiere sowohl über das Wasser und das Sediment als auch über das Futter exponiert werden.
11.
Bevorzugter Endpunkt bei dieser Art von Studie ist der ECx-Wert (z. B. EC50, EC25 und EC10, d. h. die Konzentration, bei der eine Wirkung von x % bei den Testorganismen beobachtet wird) für die Reproduktion bzw. die Biomasse im Vergleich zur Kontrolle. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass der EC50-Wert — angesichts der hohen Unsicherheit niedriger ECx-Werte (z. B. EC10 oder EC25) mit extrem hohem 95 %-Konfidenzintervall (z. B. (15)) und der durch Hypothesenprüfungen ermittelten statistischen Aussagekraft — als robustester Endpunkt betrachtet wird. Außerdem lassen sich für Biomasse und Reproduktion NOEC- und LOEC-Werte ermitteln, wenn Versuchsplan und verfügbares Datenmaterial diese Berechnungen gestatten (siehe Nummern 34 bis 38). Der Versuchsplan richtet sich nach dem Zweck der Studie, d. h. der Ableitung des ECx-Werts oder des NOEC-Wertes.

REFERENZPRÜFUNG

12.
Es wird davon ausgegangen, dass das Verhalten der Kontrollorganismen hinreichend dokumentiert, dass ein Labor zur Durchführung der Prüfung in der Lage und — soweit historische Daten vorliegen — die Prüfung wiederholbar ist. Zusätzlich können in regelmäßigen Abständen mithilfe eines Referenzgiftstoffs Referenz-Toxizitätstests durchgeführt werden, um die Empfindlichkeit der Testorganismen zu bestimmen. Mit 96 Stunden-Referenz-Toxizitätstests ausschließlich in Wasser können Empfindlichkeit und Zustand der Versuchstiere zufriedenstellend demonstriert werden (4)(7). Informationen über die Toxizität von Pentachlorphenol (PCP) in vollständigen Tests (28-tägige Exposition gegenüber dem dotierten Sediment) sind Anlage 6 sowie dem Bericht über den Ringtest dieser Prüfmethode (13) zu entnehmen. Für die akute Toxizität von PCP in Wasser siehe beispielsweise (16). Diese Informationen können für den Vergleich der Empfindlichkeit des Testorganismus in Referenzprüfungen mit PCP als Referenzgiftstoff verwendet werden. Kaliumchlorid (KCl) oder Kupfersulfat (CuSO4) wurden als Referenzgiftstoffe für L. variegatus empfohlen (4)(7). Bislang ist es noch schwierig, Qualitätskriterien anhand von KCl-Toxizitätsdaten festzulegen, da Daten über L. variegatus in der Literatur nicht verfügbar sind. Für Informationen zur Toxizität von Kupfer für L. variegatus siehe (17) bis (21).

VALIDITÄT DES TESTS

13.
Damit der Test als gültig anerkannt werden kann, sollten die folgenden Anforderungen erfüllt sein:
Ein Ringtest (13) hat gezeigt, dass sich die durchschnittliche Anzahl lebender Würmer (Lumbriculus variegatus) pro Replikat in den Kontrollen am Ende der Expositionsdauer gegenüber der Anzahl Würmer pro Replikat zu Beginn der Exposition mindestens um das 1,8-Fache erhöht hat.
Der pH-Wert des Überstandswassers muss während der gesamten Prüfung zwischen 6 und 9 liegen.
Die Sauerstoffkonzentration im Überstandswasser darf bei Testtemperatur nicht weniger als 30 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes (Air Saturation Value, ASV) betragen.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Prüfsystem

14.
Nach Möglichkeit sollten statische Systeme verwendet werden, bei denen das Überstandswasser nicht erneuert wird. Ist das Sediment/Wasser-Verhältnis (siehe Nummer 15) angemessen, reicht im Allgemeinen eine schwache Belüftung aus, um eine annehmbare Wasserqualität für die Testorganismen zu gewährleisten (z. B. Maximierung des Anteils an gelöstem Sauerstoff und Minimierung der Anreicherung von Ausscheidungsprodukten). Semistatische Systeme oder Durchflusssysteme mit intermittierender oder ständiger Erneuerung des Überstandswassers sollten nur in Ausnahmefällen verwendet werden, denn es ist davon auszugehen, dass die regelmäßige Erneuerung des Überstandswassers das chemische Gleichgewicht beeinträchtigt (z. B. durch Verluste der Prüfchemikalie aus dem Prüfsystem).

Prüfgefäße und Apparatur

15.
Die Exposition erfolgt in 250-ml-Bechergläsern mit einem Durchmesser von 6 cm. Andere Glasgefäße können verwendet werden, sofern sie eine angemessene Tiefe von Überstandswasser und Sediment gewährleisten. In jedes Gefäß wird eine Schicht von etwa 1,5-3 cm des formulierten Sediments gegeben. Das Verhältnis zwischen Sedimentschichttiefe und Überstandswasserstiefe beträgt 1:4. Die Gefäße müssen ein der Besatzrate (d. h. der Anzahl der pro Gewichtseinheit des Sediments eingesetzten Würmer) angemessenes Fassungsvermögen haben (siehe auch Nummer 39).
16.
Prüfgefäße und sonstige Apparaturen, die mit der Prüfchemikalie in Berührung kommen, sollten vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material bestehen. Die Verwendung von Materialien, die sich auflösen können, die Prüfchemikalien absorbieren oder andere Chemikalien freisetzen bzw. den Testorganismen schaden können, sollte für alle verwendeten Teile möglichst vermieden werden. Geräte, die mit den Prüfmedien in Berührung kommen, können aus Polytetrafluorethylen (PTFE), rostfreiem Stahl und/oder Glas bestehen. Bei organischen Chemikalien, die auf Glas bekanntermaßen adsorbiert werden, kann silanisiertes Glas erforderlich sein. In solchen Fällen muss das Gerät nach der Benutzung entsorgt werden.

Testspezies

17.
Die für diese Art von Studie zu verwendende Spezies ist der Süßwasser-Oligochaet Lumbriculus variegatus (Müller). Diese Art ist gegenüber einer Vielzahl von Sedimenttypen tolerant und wird allgemein für Sedimenttoxizitäts- und -bioakkumulationstests verwendet (z. B. (3), (5), (7), (9), (13), (15), (16), (22), (23), (24), (25), (26), (27), (28), (29), (30), (31), (32), (33), (34) und (35)). Die Herkunft der Testtiere, die Artbestimmung (z. B. (36)) und die Kulturbedingungen sind zu protokollieren. Die Art braucht nicht vor jeder Prüfung neu bestimmt zu werden, wenn die Organismen aus einer Laborkultur stammen.

Anzucht der Testorganismen

18.
Damit eine ausreichende Anzahl Würmer für die Sediment-Toxizitätstests verfügbar ist, empfiehlt es sich, die Würmer in einer Dauerkultur vorrätig zu halten. Für Hinweise zu Laborkulturmethoden für Lumbriculus variegatus sowie Bezugsquellen für Ausgangskulturen siehe Anlage 5. Für nähere Informationen zur Kultivierung dieser Art siehe (3), (7) und (27).
19.
Um sicherzustellen, dass die Tests mit Tieren derselben Art durchgeführt werden, wird die Herstellung von Monospezies-Kulturen dringend empfohlen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Kulturen und insbesondere die in den Tests verwendeten Würmer keine erkennbaren Anzeichen von Krankheiten und Anomalien aufweisen.

Wasser

20.
Als Überstandswasser für die Tests wird rekonstituiertes Wasser (siehe Kapitel C.1 dieses Anhangs) (37) empfohlen. Dieses Testwasser kann auch für die Laborzucht der Würmer verwendet werden (für die Aufbereitung des Wassers siehe Anlage 2). Falls erforderlich, kann auch natürliches Wasser verwendet werden. Das gewählte Testwasser sollte so beschaffen sein, dass die Testspezies während der Akklimatisierungs- und Testphasen weiter wachsen und sich vermehren kann, ohne Abweichungen in Aussehen oder Verhalten zu entwickeln. Es wurde nachgewiesen, dass Lumbriculus variegatus in diesem Testwasser überlebt, wächst und sich vermehrt (30), und so eine maximale Standardisierung der Test- und Kulturbedingungen gewährleistet ist. Wenn rekonstituiertes Wasser verwendet wird, sollte seine Zusammensetzung protokolliert und das Testwasser vor der Verwendung charakterisiert werden (zumindest pH-Wert, Sauerstoffgehalt und Härte, letztere ausgedrückt in mg CaCO3/l). Außerdem kann es sinnvoll sein, das Testwasser vor der Verwendung auf Mikroschadstoffe zu untersuchen (siehe z. B. Anlage 3).
21.
Der pH-Wert des Überstandswassers sollte im Bereich 6,0-9,0 liegen (siehe Nummer 13). Wird mit einer verstärkten Ammoniakbildung gerechnet, sollte der pH-Wert auf 6,0-8,0 korrigiert werden. Für die Prüfung z. B. schwacher organischer Säuren empfiehlt es sich, den pH-Wert durch Puffern des Testwassers anzupassen, wie z. B. unter (16) beschrieben. Die Gesamthärte des Testwassers sollte bei natürlichem Wasser zwischen 90 und 300 mg CaCO3 pro Liter betragen. Anlage 3 enthält zusätzliche Kriterien für akzeptables Testwasser im Sinne der OECD-Prüfrichtlinie 210 (38).

Sediment

22.
Da unkontaminierte natürliche Sedimente von einem bestimmten Herkunftsort möglicherweise nicht ganzjährig verfügbar sind und darin vorhandene Infauna (Endofauna) und vorhandene Mikroschadstoffe den Test beeinflussen können, ist vorzugsweise ein formuliertes Sediment (auch bezeichnet als rekonstituiertes, künstliches oder synthetisches Sediment) zu verwenden. Durch die Verwendung eines formulierten Sediments werden Schwankungen bei den Testbedingungen und die Gefahr der Eintragung von im Sediment enthaltenden Organismen (Infauna) auf ein Mindestmaß begrenzt. Das folgende formulierte Sediment basiert auf dem künstlichen Sediment gemäß (6), (39) und (40). Es wird für diese Art von Prüfung empfohlen (siehe (6), (10), (30), (41), (42), (43)):
a)
4-5 % (bezogen auf die Trockenmasse) Sphagnumtorf: Wichtig ist, dass der Torf in Pulverform (Zersetzungsgrad „mittel“), fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 0,5 mm) und ausschließlich luftgetrocknet verwendet wird;
b)
20 ± 1 % (bezogen auf die Trockenmasse) Kaolin-Ton (Kaolingehalt vorzugsweise über 30 %);
c)
75-76 % (bezogen auf die Trockenmasse) Quarzsand (feiner Sand, Korngröße ≤ 2 mm, > 50 % der Partikel sollten eine Korngröße zwischen 50 und 200 μm haben);
d)
entionisiertes Wasser, 30–50 % bezogen auf die Trockenmasse des Sediments, zusätzlich zu den trockenen Sedimentbestandteilen;
e)
chemisch reines Calciumcarbonat (CaCO3), das zugegeben wird, um den pH-Wert der fertigen Mischung des Sediments einzustellen;
f)
der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) der fertigen Mischung sollte 2 % (± 0,5 %), bezogen auf die Trockenmasse des Sediments, betragen und ist durch Zugabe von geeigneten Mengen Torf und Sand (siehe Buchstaben a und c) sicherzustellen;
g)
Futter, beispielsweise fein gemahlene Brennnesselblätter (Urtica sp., gemäß Arzneimittelstandards, für den menschlichen Verzehr), oder eine Mischung aus fein gemahlenen Blättern von Urtica sp. mit Alpha-Cellulose (1:1), in einem Anteil von 0,4-0,5 %, bezogen auf die Trockenmasse des Sediments, zusätzlich zu den trockenen Sedimentbestandteilen; für nähere Informationen siehe Anlage 4.
23.
Die Herkunft von Torf, Kaolin-Ton, Futtermaterial und Sand sollte bekannt sein. Zusätzlich zu Buchstabe g sind in Kapitel C.27 dieses Anhangs (6) alternative Pflanzenmaterialien aufgelistet, die als Nährstoffe dienen können: getrocknete Maulbeerblätter (Morus alba), Weißklee (Trifolium repens), Spinat (Spinacia oleracea) oder Getreidegräser.
24.
Das gewählte Futter sollte hinzugegeben werden, bevor oder während das Sediment mit der Prüfchemikalie dotiert wird. Die Futterquelle sollte zumindest eine akzeptable Vermehrung in den Kontrollen ermöglichen. Eine vor Gebrauch durchgeführte Analyse des künstlichen Sediments oder seiner Bestandteile auf Mikroschadstoffe könnte nützliche Informationen liefern. Ein Beispiel für die Herstellung des formulierten Sediments ist in Anlage 4 gegeben. Trockene Bestandteile können auch gemischt werden, sofern es nach Zugabe des Überstandswassers nachweislich nicht zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile (z. B. schwimmende Torfpartikel) kommt und der Torf oder das Sediment ausreichend konditioniert ist (siehe auch Nummer 25 und Anlage 4). Das künstliche Sediment sollte zumindest nach der Herkunft seiner Bestandteile, der Korngrößenverteilung (Prozentanteil an Sand, Schlick und Ton), dem gesamten organischen Kohlenstoff (TOC), dem Wassergehalt und dem pH-Wert charakterisiert werden. Die Messung des Redoxpotenzials ist fakultativ.
25.
Soweit (beispielsweise für spezifische Tests) erforderlich, können auch natürliche Sedimente von unkontaminierten Standorten als Test- und/oder Kultursedimente dienen (3). Wenn natürliches Sediment verwendet wird, sollte dieses allerdings zumindest nach Herkunft (Entnahmeort), pH-Wert und Ammoniakgehalt des Porenwassers, gesamtem organischem Kohlenstoff (TOC) und Stickstoffgehalt, Partikelgrößenverteilung (Prozentanteil an Sand, Schlick und Ton) und Wassergehalt (in %) (7) charaktierisiert werden; außerdem muss das Sediment frei von Schadstoffen und sonstigen Organismen sein, die mit den Testorganismen konkurrieren oder diese fressen könnten. Die Messung des Redoxpotenzials und der Kationenaustauschkapazität ist fakultativ. Ferner wird empfohlen, natürliches Sediment vor dem Dotieren mit der Prüfchemikalie sieben Tage lang unter den Bedingungen des anschließenden Tests zu konditionieren. Nach dieser Konditionierung ist das Überstandswasser zu entfernen und zu verwerfen.
26.
Das zu verwendende Sediment sollte von einer Qualität sein, die gewährleistet, dass die Kontrollorganismen während der Exposition überleben und sich vermehren können, ohne Abweichungen in Aussehen oder Verhalten zu entwickeln. Die Kontrollwürmer sollten sich in das Sediment eingraben und das Sediment aufnehmen. Die Vermehrung in den Kontrollen sollte mindestens das Validitätskriterium gemäß Nummer 13 erfüllen. Das Vorhandensein bzw. Fehlen von Fäkalpellets auf der Oberfläche des Sediments (die auf Sedimentaufnahme hinweisen), ist zu protokollieren und kann bei der Auswertung der Testergebnisse hinsichtlich der Expositionspfade nützlich sein. Weitere Informationen über die Sedimentaufnahme können durch die unter (24), (25), (44) und (45) beschriebenen Methoden eingeholt werden, die der Bestimmung der Sedimentaufnahme oder der Wahl der Partikel durch die Testorganismen dienen.
27.
Verfahren für die Handhabung natürlicher Sedimente vor der Verwendung im Labor sind unter (3), (7) und (12) beschrieben. Für die Aufbereitung und Lagerung des für den Versuch mit Lumbriculus empfohlenen künstlichen Sediments siehe Anlage 4.

Applikation der Prüfchemikalie

28.
Die Prüfchemikalie wird in das Sediment dotiert. Da die meisten Prüfchemikalien wahrscheinlich nur schwach wasserlöslich sind, sollten sie zur Herstellung der Stammlösung in der kleinstmöglichen Menge eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Aceton, n-Hexan oder Cyclohexan) gelöst werden. Die Stammlösung sollte mit demselben Lösungsmittel gelöst werden, um die Testlösungen herzustellen. Hauptkriterien für die Wahl des geeigneten Lösungsvermittlers sollten die Toxizität und Flüchtigkeit des Lösungsmittels und die Löslichkeit der Prüfchemikalie in dem gewählten Lösungsmittel sein. Für jede Konzentration ist dasselbe Volumen der entsprechenden Lösung zu verwenden. Das Sediment sollte für jede Konzentration in einem einzigen Schritt dotiert werden, um Schwankungen bei den Prüfchemikalienkonzentrationen zwischen den einzelnen Replikaten zu minimieren. Die Testlösungen anschließend mit Quarzsand vermischen, wie unter Nummer 22 beschrieben (z. B. 10 g Quarzsand pro Prüfgefäß). Erfahrungsgemäß reicht ein Volumen von 0,20-0,25 ml pro g Quarzsand aus, um den Sand vollständig zu durchtränken. Das Lösungsmittel anschließend verdampfen, bis der Sand vollständig getrocknet ist. Um (je nach Dampfdruck der Chemikalie) verflüchtigungsbedingte Prüfchemikalienverluste zu vermeiden, sollte der beschichtete Sand unmittelbar nach dem Trocknen verwendet werden. Den trockenen Sand mit einer geeigneten Menge eines formulierten Sediments der gewünschten Konzentration vermischen. Bei der Aufbereitung des Sediments die in der Mischung von Prüfchemikalie und Sand enthaltene Sandmenge berücksichtigen (d. h. das Sediment sollte mit möglichst wenig Sand hergestellt werden). Wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens ist, dass praktisch kein Lösungsmittel in das Sediment gelangt (7). Alternativ, z. B. bei Freilandsedimenten, kann die Prüfchemikalie auch hinzugegeben werden, indem ein getrockneter und fein gemahlener Anteil des Sediments dotiert wird (wie oben für Quarzsand beschrieben) oder indem die Prüfchemikalie in das feuchte Sediment eingerührt wird mit anschließender Verdampfung des verwendeten Lösungsvermittlers. Es ist darauf zu achten, dass die Prüfchemikalie mit dem Sediment gut durchmischt ist, um eine homogene Verteilung im Sediment zu gewährleisten. Erforderlichenfalls können Teilproben analysiert werden, um die Zielkonzentrationen im Sediment zu bestätigen und den Homogenitätsgrad zu bestimmen. Es kann auch sinnvoll sein, Teilproben der Testlösungen zu untersuchen, um auch dort die Zielkonzentrationen im Sediment zu bestätigen. Da zur Applikation der Prüfchemikalie auf den Quarzsand ein Lösungsmittel verwendet wird, sollte mit derselben Menge Lösungsmittel wie bei den Testsedimenten eine Lösungsmittelkontrolle angesetzt werden. Das verwendete Dotierungsverfahren und die Gründe für die Wahl eines anderen Verfahrens als oben beschrieben sollten angegeben werden. Das Dotierungsverfahren kann an die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfchemikalie angepasst werden (z. B. um Verluste durch Verflüchtigung beim Dotieren oder Äquilibrieren zu vermeiden). Für weitere Hinweise zum Dotierungsverfahren siehe Environment Canada (1995) (46).
29.
Nachdem das dotierte Sediment hergestellt, in die Prüfgefäße für die Replikate gegeben und mit Testwasser aufgefüllt wurde, sollte ausreichend Zeit vorgesehen werden, damit sich die Prüfchemikalie aus dem Sediment in die wässrige Phase verteilen kann (z. B. (3)(7)(9)). Dies sollte möglichst unter den Temperatur- und Belüftungsbedingungen des Tests geschehen. Die erforderliche Äquilibrierungszeit ist sediment- und chemikalienabhängig und liegt gewöhnlich in der Größenordnung von Stunden bis Tagen, in seltenen Fällen beträgt sie mehrere Wochen (4 bis 5 Wochen) (z. B. (27)(47)). Bei diesem Test wird keine Gleichgewichtseinstellung abgewartet sondern es wird eine Äquilibrierungszeit von 48 Stunden bis zu 7 Tagen empfohlen, um die Zeit für einen Abbau der Prüfchemikalie zu minimieren. Je nach Zweck der Studie (z. B. Simulation von Umweltbedingungen) kann das dotierte Sediment für eine längere Dauer äquilibriert oder gealtert werden.
30.
Nach dieser Äquilibrierungszeit sollten Proben zumindest aus dem Überstandswasser und dem Sediment entnommen werden, und zwar mindestens jeweils von der höchsten und einer niedrigeren Konzentration, um die Konzentration der Prüfchemikalie zu bestimmen. Diese analytischen Bestimmungen der Prüfchemikalie sollten die Berechnung der Massenbilanz und auf den gemessenen Ausgangskonzentrationen basierende Ergebnisse ermöglichen. In der Regel wird das Sediment-Wasser-System durch Probenahmen gestört oder zerstört. Daher können gewöhnlich für die Untersuchung von Sediment und Würmern nicht dieselben Replikate verwendet werden. Es müssen zusätzliche „Analytikgefäße“ in geeigneter Größe bereitgestellt werden, die auf dieselbe Weise (inklusive Testorganismen) behandelt, die aber nicht für biologische Untersuchungen verwendet werden. Die Gefäßgröße ist so zu wählen, dass die für das jeweilige Analyseverfahren erforderlichen Probemengen aufgenommen werden können. Für nähere Informationen siehe Nummer 53.

DURCHFÜHRUNG DER PRÜFUNG

Vorversuch

31.
Wenn keine Informationen über die Toxizität der Prüfchemikalie bei Lumbriculus variegatus verfügbar sind, kann die Durchführung eines Vorversuchs hilfreich sein, um den im Hauptversuch zu analysierenden Konzentrationsbereich zu ermitteln und die Bedingungen des endgültigen Tests zu optimieren. Zu diesem Zweck wird die Prüfchemikalie in einem breiten Konzentrationsbereich getestet. Die Würmer werden jeder Konzentration für eine bestimmte Zeit (z. B. 28 Tage wie im Hauptversuch) ausgesetzt, wodurch geeignete Testkonzentrationen ermittelt werden können. Replikate sind nicht erforderlich. Das Verhalten der Würmer (z. B. Meiden des Sediment), das durch die Prüfchemikalie und/oder das Sediment verursacht werden könnte, sollte im Vorversuch beobachtet und protokolliert werden. Konzentrationen über 1 000  mg/kg Sediment (Trockengewicht) sind im Vorversuch nicht zu untersuchen.

Hauptversuch

32.
Im Hauptversuch mindestens fünf Konzentrationen verwenden, die beispielsweise nach dem Ergebnis des Vorversuchs (Nummer 31) ausgewählt werden, wie unter den Nummern 35, 36, 37 und 38 beschrieben.
33.
Zusätzlich zu den Testreihen wird eine Kontrolle (für Replikate siehe Nummern 36, 37 und 38), die außer der Prüfchemikalie alle Testbestandteile enthält, angesetzt. Ein zur Applikation der Prüfchemikalie möglicherweise verwendeter Lösungsvermittler darf keine messbaren Wirkungen auf die Testorganismen haben; derartige Wirkungen lassen sich anhand einer zusätzlichen Kontrolle, die ausschließlich Lösungsmittel enthält, feststellen.

Versuchsplanung

34.
Die Versuchsplanung regelt Zahl und Abstände der Testkonzentrationen, die Anzahl Prüfgefäße je Konzentration und die Zahl der auf die einzelnen Gefäße verteilten Würmer. Für die Verfahren zur Bestimmung der ECx-Werte und der NOEC-Werte und für die Durchführung eines Limit-Tests siehe Nummern 35, 36, 37 und 38.
35.
Die für den Test verwendeten Konzentrationen müssen in jedem Fall die Wirkungskonzentration (z. B. EC50, EC25 und EC10) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfchemikalie von Interesse ist, einschließen. Extrapolierungen weit unterhalb der niedrigsten Konzentration mit Wirkung auf die Testorganismen oder oberhalb der höchsten getesteten Konzentration sind zu vermeiden. Wenn — in Ausnahmefällen — trotzdem eine Extrapolierung vorgenommen wird, ist dies im Bericht umfassend zu begründen.
36.
Wenn ECx–Werte bestimmt werden müssen, sollten mindestens fünf Konzentrationen und mindestens drei Replikate jeder Konzentration getestet werden. Um Schwankungen zwischen den Kontrollen besser abschätzen zu können, werden sechs Replikate für die Kontrolle bzw. — soweit verwendet — für die Lösungsmittelkontrolle empfohlen. Im Interesse einer angemessenen Modellierung ist es in jedem Fall ratsam, eine hinreichende Anzahl Konzentrationen zu testen. Die Konzentrationen sollten sich höchstens um den Faktor 2 unterscheiden (außer bei einer schwachen Steigung der Konzentrations-Wirkungs-Kurve). Die Anzahl Replikate pro Behandlung kann reduziert werden, wenn die Zahl der Prüfkonzentrationen mit Reaktionen im Bereich 5-95 % erhöht wird. Eine Erhöhung der Zahl der Replikate oder eine Verkürzung der Intervalle zwischen den Prüfkonzentrationen führt eher zu engeren Konfidenzintervallen für den Test.
37.
Wenn LOEC- und NOEC-Werte bestimmt werden müssen, sollten mindestens fünf Testkonzentrationen mit mindestens vier Replikaten verwendet werden. Um Schwankungen zwischen den Kontrollen besser abschätzen zu können, werden sechs Replikate für die Kontrolle bzw. — soweit verwendet — für die Lösungsmittelkontrolle empfohlen. Die einzelnen Konzentrationen sollten sich höchstens um den Faktor 2 unterscheiden. Für Informationen zur statistischen Aussagekraft von Hypothesenprüfungen im Rahmen des Ringtests dieser Prüfmethode siehe Anlage 6.
38.
Wenn (beispielsweise aufgrund eines Vorversuchs) bis zu 1 000  mg/kg Sediment (Trockengewicht) keine Wirkungen erwartet werden oder wenn bereits eine einzige Testkonzentration zur Bestätigung des maßgeblichen NOEC-Wertes ausreicht, kann (unter Verwendung einer Testkonzentration und von Kontrollen) ein Limit-Test durchgeführt werden. Im letztgenannten Fall ist die gewählte Limit-Konzentration im Prüfbericht detailliert zu begründen. Sinn und Zweck der Limit-Tests ist die Prüfung mit einer einzigen Konzentration, die so hoch ist, dass die Prüfer mögliche toxischen Wirkungen der Chemikalie ausschließen können; dabei wird das Limit auf einen Konzentrationswert festgesetzt, der unter realen Bedingungen nicht erreicht werden dürfte. Empfohlen wird eine Konzentration von 1 000  mg/kg (Trockengewicht). In der Regel sind mindestens sechs Replikate pro Behandlung und Kontrollen erforderlich. Für Informationen zur statistischen Aussagekraft von Hypothesenprüfungen im Rahmen des Ringtests dieser Prüfmethode siehe Anlage 6.

Expositionsbedingungen

Testorganismen

39.
Der Versuch wird mit mindestens 10 Würmern je Replikat durchgeführt, das zur Bestimmung biologischer Parameter verwendet wird. Diese Anzahl Würmer entspricht in etwa 50-100 mg feuchter Biomasse. Ausgehend von einem Trockengewichtsanteil von 17,1 % (48) ergeben sich daraus ungefähr 9-17 mg trockene Biomasse pro Gefäß. U.S. EPA (2000 (7)) empfiehlt ein Füllverhältnis von höchstens 1:50 (trockene Biomasse: TOC). Für das unter Nummer 22 beschriebene Sediment entspricht dies etwa 43 g Sediment (Trockengewicht) pro 10 Würmer bei einem TOC von 2,0 % Trockensediment. Wenn mehr als 10 Würmer pro Gefäß verwendet werden, muss die Menge des Sediments und des Überstandswassers entsprechend angepasst werden.
40.
Die für eine Prüfung verwendeten Würmer sollten alle aus derselben Quelle stammen und einen ähnlichen physiologischen Zustand aufweisen (siehe Anlage 5). Es sind Würmer ähnlicher Größe auszuwählen (siehe Nummer 39). Es wird empfohlen, vor dem Test eine Teilprobe der Charge oder des Würmervorrats zu wiegen, um das Durchschnittsgewicht zu bestimmen.
41.
Die für eine Prüfung zu verwendenden Würmer aus der Kultur nehmen (siehe Anlage 5). Große (adulte) Tiere, die keine Anzeichen einer kürzlich erfolgten Fragmentierung aufweisen, in Glasgefäße (z. B. Petrischalen) mit sauberem Wasser setzen und synchronisieren, wie in Anlage 5 beschrieben. Nach der Regeneration über einen Zeitraum von 10-14 Tagen unversehrte vollständige Würmer ähnlicher Größe, die nach einem leichten mechanischen Reiz aktiv schwimmen oder zu kriechen beginnen, für den Versuch auswählen. Wenn sich die Prüfbedingungen von den Kulturbedingungen unterscheiden (z. B. in Bezug auf Temperatur, Lichtverhältnisse und Überstandswasser) sollte eine Akklimatisierungsphase von beispielsweise 24 Stunden unter Testbedingungen bezüglich Temperatur, Lichtverhältnissen und Überstandswasser ausreichen, um die Anpassung der Würmer an die Prüfbedingungen zu ermöglichen. Die akklimatisierten Oligochaeten nach dem Zufallsprinzip auf die Prüfgefäße verteilen.

Fütterung

42.
Da das Futter dem Sediment vor (oder während) der Applikation der Prüfchemikalie zugegeben wird, werden die Würmer während des Versuchs nicht weiter gefüttert.

Licht und Temperatur

43.
Die Licht-/Dunkelphase bei Kultur und Prüfung beträgt gewöhnlich 16 Stunden (3)(7). Die Lichtintensität sollte gering gehalten werden (z. B. 100-500 lx), um auf der Oberfläche des Sediments natürliche Bedingungen zu simulieren; während der Exposition die Lichtintensität mindestens einmal messen. Die Temperatur sollte während der gesamten Prüfung 20 ± 2 °C betragen. An einem gegebenen Messtag sollte der Temperaturunterschied zwischen den Prüfgefäßen nicht mehr als ± 1 °C betragen. Die Prüfgefäße nach dem Zufallsprinzip in den Testinkubator oder auf die Testfläche stellen, um beispielsweise standortbedingte Reproduktionstrends auf ein Mindestmaß zu begrenzen.

Belüftung

44.
Das Überstandswasser der Prüfgefäße vorsichtig belüften (z. B. mit 2-4 Blasen pro Sekunde); die dazu verwendete Pasteur-Pipette etwa 2 cm über der Oberfläche des Sediments ansetzen, um Perturbationen des Sediments zu minimieren. Dabei darauf achten, dass die Konzentration des gelösten Sauerstoffs nicht unter 30 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts (ASV) sinkt. Die Luftzufuhr kontrollieren und erforderlichenfalls an Werktagen mindestens einmal täglich korrigieren.

Messungen der Wasserqualität

45.
Für das Überstandswasser sollten die folgenden Wasserqualitätsparameter gemessen werden:



Temperatur:Einmal wöchentlich sowie am Anfang und am Ende der Expositionsdauer bei mindestens einem Prüfgefäß pro Konzentration und pro Kontrolle; wenn möglich, auch die Temperatur im umgebenden Medium (Umgebungsluft oder Wasserbad) z. B. stündlich messen.
Gehalt an gelöstem Sauerstoff:Einmal wöchentlich sowie am Anfang und am Ende der Expositionsdauer bei mindestens einem Prüfgefäß pro Konzentration und pro Kontrolle; ausgedrückt in mg/l und als Luftsauerstoff-Sättigungswert (in %).
Luftzufuhr:An Werktagen mindestens einmal täglich kontrollieren und erforderlichenfalls korrigieren.
pH-Wert:Einmal wöchentlich sowie am Anfang und am Ende der Expositionsdauer bei mindestens einem Prüfgefäß pro Konzentration und pro Kontrolle.
Gesamt-wasserhärte:Zu Beginn und am Ende der Expositionsdauer bei mindestens einem Kontrollreplikat und einem Prüfgefäß bei höchster Konzentration; ausgedrückt in mg/l CaCO3.
Gesamt-ammoniakgehalt:Zu Beginn der Expositionsdauer bei mindestens einem Kontrollreplikat und einem Prüfgefäß für jede Konzentration und anschließend dreimal wöchentlich; ausgedrückt in mg/l NH4+ oder NH3 oder als Ammoniak-N gesamt.

Wenn die Messung der Wasserqualitätsparameter die Entnahme umfangreicher Wasserproben aus den Gefäßen erforderlich macht, kann die Bereitstellung separater Gefäße für Wasserqualitätsmessungen sinnvoll sein, um das Wasser/Sediment-Volumenverhältnis nicht zu verändern.

Biologische Beobachtungen

46.
Während der Expositionsdauer sollten die Prüfgefäße beobachtet werden, um Verhaltensunterschiede bei den Würmern (z. B. Meiden des Sediments, sichtbare Fäkalpellets auf der Sedimentoberfläche) feststellen zu können. Beobachtungen sind zu protokollieren.
47.
Am Ende der Prüfung jedes Replikat untersuchen (für chemische Analysen vorgesehene zusätzliche Gefäße können hiervon ausgenommen werden). Alle Würmer nach einer geeigneten Methode möglichst unversehrt aus dem Prüfgefäß entnehmen. Eine Möglichkeit ist das Aussieben der Würmer aus dem Sediment. Dazu kann ein Edelstahlsieb mit geeigneter Maschenweite verwendet werden. Den Großteil des Überstandswasser vorsichtig abgießen und das verbleibende Sediment sowie das Restwasser zu einem Schlamm verrühren, der durch das Sieb passiert werden kann. Bei einer Maschenweite von 500 μm passieren die meisten Sedimentpartikel das Sieb sehr schnell. Das Sediment sollte jedoch sehr zügig gesiebt werden, damit die Würmer nicht in oder durch die Maschen kriechen können. Bei einer Maschenweite von 250 μm dürfte dies ausgeschlossen sein. Es ist jedoch darauf zu achten, dass möglichst wenig Sedimentpartikel auf den Maschen hängen bleiben. Der gesiebte Schlamm jedes Replikats kann noch ein zweites Mal gesiebt werden, um sicherzustellen, dass tatsächlich alle Würmer gefunden wurden. Alternativ könnte das Sediment auch aufgewärmt werden, indem es in ein Wasserbad mit einer Temperatur von 50-60 °C gestellt wird; die Würmer kriechen dann hervor und können mit einer feuerpolierten Glaspipette mit breiter Öffnung von der Sedimentoberfläche aufgenommen werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Herstellung eines Sedimentschlamms, der in eine flache Schale mit geeigneter Größe gegossen wird. Aus der flachen Schlammschicht können die Würmer mit einer Stahlnadel oder einer Juwelierpinzette (die dann eher als Gabel denn als Pinzette zu verwenden ist, damit die Würmer nicht verletzt werden) aufgenommen und in sauberes Wasser gesetzt werden. Nach dem Entfernen aus dem Sedimentschlamm die Würmer mit Prüfmedium abspülen und zählen.
48.
Unabhängig von der verwendeten Methode müssen die Labors nachweisen, dass ihre Mitarbeiter in der Lage sind, durchschnittlich mindestens 90 % der Organismen im Sediment wiederzufinden. Beispielsweise könnte eine bestimmte Anzahl Testorganismen in das Kontrollsediment oder in die Prüfsedimente eingesetzt und nach einer Stunde die Wiederfindungsrate ermittelt werden (7).
49.
Die Gesamtzahl der lebenden und toten Würmer pro Replikat sollte erfasst und bewertet werden. Würmer der folgenden Kategorien gelten als tot:
a)
nach einem leichten mechanischen Reiz erfolgt keine Reaktion;
b)
es zeigen sich Anzeichen von Zersetzung (in Verbindung mit Buchstabe a)
c)
keine Wiederfindung.

Als lebend gelten Würmer der folgenden Kategorien:

a)
große vollständige (adulte) Würmer ohne regenerierte Körperbereiche;
b)
vollständige Würmer mit regenerierten, leicht helleren Körperbereichen (d. h. mit einem neuen hinteren Teil und/oder einem neuen vorderen Teil);
c)
unvollständige Würmer (d. h. kürzlich fragmentierte Würmer mit nicht regenerierten Körperbereichen).

Diese zusätzlichen Beobachtungen sind nicht verbindlich, können aber für die weitere Auswertung der biologischen Ergebnisse hilfreich sein. (Eine hohe Anzahl Würmer der Kategorie c kann beispielsweise auf eine behandlungsbedingt verzögerte Reproduktion oder Regeneration hindeuten.) Festgestellte Unterschiede im Aussehen der behandelten Würmer und der Kontrollwürmer (z. B. Läsionen des Integuments, ödematöse Körperbereiche) sollten protokolliert werden.

50.
Unmittelbar nach dem Zählen/Bewerten die in den einzelnen Replikaten gefundenen lebenden Würmer in getrocknete, vorgewogene und beschriftete Waagschalen (jeweils eine pro Replikat) setzen und mit einem Tropfen Ethanol pro Waagschale töten. Die Waagschalen bei einer Temperatur von 100 ± 5 °C über Nacht in einem Trockenschrank trocknen und nach dem Abkühlen in einem Exsikkator wiegen; anschließend das Trockengewicht der Würmer (vorzugsweise in g bis auf mindestens 4 Dezimalstellen) bestimmen.
51.
Zusätzlich zum Gesamttrockengewicht kann auch das aschefreie Trockengewicht bestimmt werden, wie in (49) beschrieben, um auch anorganische Bestandteile aus dem aufgenommenen Sedimentmaterial im Verdauungstrakt der Würmer zu berücksichtigen.
52.
Die Biomasse wird als gesamte Biomasse pro Replikat (juvenile und adulte Würmer) ermittelt. Tote Würmer sollten zur Bestimmung der Biomasse pro Replikat nicht berücksichtigt werden.

Überprüfung der Prüfchemikalienkonzentrationen

Probenahmen

53.
Zumindest am Ende der Äquilibrierungsphase (d. h. vor Zugabe der Testorganismen) sowie bei Prüfungsende sollten zur chemischen Analytik Proben der Prüfchemikalie (und zwar zumindest in der höchsten und in einer niedrigeren Konzentration) entnommen werden. Untersucht werden sollten mindestens Proben des Sediments und des Überstandswassers. Pro Matrix und pro Behandlung sollten an jedem Probenahmetag jeweils mindestens zwei Proben entnommen werden. Eine der beiden Proben kann als Reserve aufbewahrt werden (die z. B. dann analysiert werden kann, wenn die erste Analyse einen Wert außerhalb des Bereichs von ± 20 % der nominalen Konzentration ergibt). Bei spezifischen chemischen Merkmalen, z. B. wenn ein rascher Abbau der Prüfchemikalie erwartet wird, können die Analysen je nach Expertenurteil verfeinert werden (z. B. häufigere Probenahmen oder Analyse weiterer Konzentrationen). Zwischenmessungen können dann vorgenommen werden (z. B. an Tag 7 nach Beginn der Exposition).
54.
Das Überstandswasser vorsichtig abgießen oder absaugen, um das Sediment möglichst wenig zu perturbieren. Die entnommenen Probenvolumina protokollieren.
55.
Nach dem Entfernen des Überstandswassers das Sediment homogenisieren und in ein geeignetes Behältnis geben. Das Gewicht der feuchten Sedimentprobe protokollieren.
56.
Wenn zusätzlich die Prüfchemikalie im Porenwasser analysiert werden muss, homogenisierte und abgewogene Sedimentproben zentrifugieren, um das Porenwasser zu erhalten. Beispiel: Etwa 200 ml feuchtes Sediment in Zentrifugiergläser mit einem Füllinhalt von 250 ml geben. Danach die Proben ohne Filtration zentrifugieren, um das Porenwasser zu isolieren (z. B. 30-60 min. mit 10 000 ± 600 × g höchstens bei Testtemperatur). Nach dem Zentrifugieren Überstand abgießen oder mit einer Pipette aufnehmen und das Volumen protokollieren; dabei darauf achten, dass keine Sedimentpartikel eingebracht werden. Das Gewicht der verbliebenen Sedimentpellets notieren. Die Schätzung der Massenbilanz oder die Wiederfindung der Prüfchemikalie im Wasser-Sediment-System können erleichtert werden, wenn das Trockengewicht des Sediments an jedem Probenahmetag ermittelt wird. Bei zu kleinen Probenvolumina kann es vorkommen, dass sich die Konzentrationen im Porenwasser nicht analysieren lassen.
57.
Wenn die Analyse nicht sofort durchgeführt wird, sind alle Proben in geeigneter Weise zu lagern, z. B. unter den empfohlenen Bedingungen, bei denen die jeweilige Prüfchemikalie am wenigsten abgebaut wird. (Umweltproben beispielsweise bei –18 °C im Dunkeln lagern.) Vor Beginn der Prüfung sind Informationen über geeignete Lagerbedingungen für die jeweilige Prüfchemikalie (z. B. Dauer, Temperatur, Extraktionsverfahren usw.) einzuholen.

Analysemethode

58.
Da Genauigkeit, Präzision und Reproduzierbarkeit der für die Prüfchemikalie angewandten Analysemethode entscheidend für das gesamte Verfahren sind, muss experimentell überprüft werden, ob Präzision und Reproduzierbarkeit der chemischen Analyse sowie die Wiederfindung der Prüfchemikalie in Wasser- und Sedimentproben für die jeweilige Methode zumindest bei der niedrigsten und der höchsten Konzentration akzeptabel sind. Außerdem muss gewährleistet werden, dass die Prüfchemikalie in den Prüfkammern nicht in Konzentrationen oberhalb der Bestimmungsgrenze nachweisbar ist. Erforderlichenfalls sind die nominalen Konzentrationen für die Wiederfindung der Qualitätskontrolldotierungen zu korrigieren (z. B. wenn die Wiederfindungsrate außerhalb des Bereichs von 80-120 % des dotierten Volumens liegt). Alle Proben sind während des Tests stets so zu handhaben, dass Verunreinigungen und Verluste (z. B. infolge der Adsorption der Prüfchemikalie an das Probenahmegerät) auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
59.
Die Wiederfindung der Prüfchemikalie, die Bestimmungsgrenze und die Nachweisgrenze in Sediment und Wasser sollten protokolliert und angegeben werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

60.
Die wichtigsten statistisch auszuwertenden obligatorischen Endpunkte der Prüfung sind die Biomasse und die Gesamtzahl der Würmer pro Replikat. Optional könnten auch Reproduktion (Vermehrung der Würmer) und Wachstum (Zunahme der trockenen Biomasse) bewertet werden. In diesem Fall sollte das Trockengewicht der Würmer zu Beginn der Exposition bestimmt werden (z. B. durch Messung des Trockengewichts einer repräsentativen Teilprobe der für die Prüfung zu verwendenden Charge synchronisierter Würmer).
61.
Die Mortalität ist bei dieser Prüfung zwar kein Endpunkt, sollte möglichst aber dennoch bewertet werden. Zur Bestimmung der Mortalität sollten Wärmer, die auf einen leichten mechanischen Reiz nicht reagieren oder die Anzeichen von Zersetzung zeigen, sowie nicht aufzufindende Würmer als tot gelten. Tote Würmer sollten zumindest protokolliert und bei der Auswertung der Testergebnisse berücksichtigt werden.
62.
Wirkungskonzentrationen sind in mg/kg Sedimenttrockenmasse auszudrücken. Wenn die Wiederfindungsrate der im Sediment oder in Sediment und Überstandswasser zu Beginn der Exposition gemessenen Prüfchemikalie zwischen 80 und 120 % der nominalen Konzentrationen liegt, können die Wirkungskonzentrationen (ECx, NOEC, LOEC) bezogen auf die nominalen Konzentrationen ausgedrückt werden. Weicht die Wiederfindungsrate um mehr als ± 20 % von den nominalen Konzentrationen ab, so sind die Wirkungskonzentrationen (ECx, NOEC, LOEC) auf die zu Beginn der Exposition gemessenen Ausgangskonzentrationen zu beziehen, beispielsweise durch Berücksichtigung der Massenbilanz der Prüfchemikalie im Prüfsystem (siehe Nummer 30). In diesen Fällen können zusätzliche Informationen aus der Analyse der Stammlösungen und/oder der Applikationslösungen bezogen werden, um zu bestätigen, dass die Testsedimente ordnungsgemäß hergestellt wurden.

ECx

63.
Die ECx-Werte der unter Nummer 60 beschriebenen Parameter werden nach geeigneten statistischen Methoden berechnet (z. B. durch Probit-Analysen, Logit- oder Weibull-Transformationen, mit der Trimmed-Spearman-Karber-Methode oder durch einfache Interpolation). (15) und (50) enthalten Leitlinien für die statistische Auswertung. Ein ECx-Wert wird ermittelt, indem ein x % des Kontroll-Mittelwertes entsprechender Wert in die Gleichung eingefügt wird. Zur Berechnung des EC50-Wertes oder einen anderen ECx-Wertes sind die Mittelwerte (
) der jeweiligen Behandlungsgruppen einer Regressionsanalyse zu unterziehen.

NOEC/LOEC

64.
Wenn die NOEC-/LOEC-Werte durch statistische Analyse bestimmt werden sollen, sind Ergebnisse aus den einzelnen Gefäßen erforderlich, (wobei die einzelnen Gefäße als Replikate zu betrachten sind). Es sollten geeignete statistische Methoden angewendet werden. Im Allgemeinen werden schädliche Wirkungen der Prüfchemikalie im Vergleich zur Kontrolle einer einseitigen (kleineren) Hypothesenprüfung bei p ≤ 0,05 unterzogen. In den folgenden Absätzen werden einige Beispiele gegeben. Empfehlungen für geeignete statistische Methoden finden sich unter (15) und (50).
65.
Die Normalverteilung von Daten kann z. B. anhand der Kolmogorov-Smirnov-Methode („Goodness-of-Fit“-Test), anhand einer Prüfung zur Ermittlung des Quotienten aus Spannweite und Standardabweichung (range to standard deviation ratio, R/s-Test) oder anhand des Shapiro-Wilk-Tests (zweiseitig, p ≤ 0,05) untersucht werden. Mit dem Cochran-Test, dem Levene-Test oder dem Bartlett-Test (zweiseitig, p ≤ 0,05) kann die Varianzhomogenität geprüft werden. Wenn die Bedingungen parametrischer Testverfahren (Untersuchung auf Normalverteilung und Varianzhomogenität) erfüllt sind, können eine einseitige Varianzanalyse (ANOVA) und anschließend multiple Vergleichstests durchgeführt werden. Mit paarweisen Vergleichstests (z. B. mit dem Dunnett-t-Test) oder Step-down-Trendtests (z. B. dem Williams-Test) kann berechnet werden, ob zwischen den Kontrollen und den verschiedenen Prüfchemikalienkonzentrationen signifikante Unterschiede (p ≤ 0,05) bestehen. Andernfalls sollten nicht parametrische Methoden (z. B. ein U-Test mit Bonferroni-/Holm-Korrektur oder ein Jonckheere-Terpstra-Trendtest) verwendet werden, um den NOEC- und LOEC-Wert zu bestimmen.

Limit-Test

66.
Wenn ein Limit-Test (Vergleich der Kontrolle mit einer einzigen Prüfkonzentration) durchgeführt wurde und die Voraussetzungen für parametrische Testverfahren (Normalität und Homogenität) erfüllt sind, können metrische Antworten (Gesamtzahl der Würmer und Biomasse ausgedrückt als Trockengewicht der Würmer) mit einem Student-Test (t-Test) ausgewertet werden. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen (Welch-Test) oder ein nicht-parametrischer Test wie der Wilcoxon-Mann-Whithey-U-Test verwendet werden. Für Informationen zur statistischen Aussagekraft von Hypothesenprüfungen im Rahmen des Ringtests dieser Methode siehe Anlage 6.
67.
Um signifikante Unterschiede zwischen den Kontrollen (Kontrolle und Lösungsmittelkontrolle) zu ermitteln, können die Replikate der einzelnen Kontrollen wie beim Limit-Test geprüft werden. Werden bei diesen Tests keine signifikanten Unterschiede festgestellt, können alle Replikate (Kontrolle und Lösungsmittelkontrolle) gepoolt werden. Andernfalls alle Behandlungen mit der Lösungsmittelkontrolle vergleichen.

Auswertung der Ergebnisse

68.
Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren, wenn von dieser Prüfmethode abgewichen wurde und wenn gemessene Testkonzentrationen nahe an der Nachweisgrenze des angewandten Analyseverfahrens liegen. Jegliche Abweichung von dieser Prüfmethode ist zu protokollieren.

Prüfbericht

69.
Der Prüfbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:
Prüfchemikalie:

 

— chemische Kenndaten (Common name, chemische Bezeichnung, Strukturformel, CAS-Nummer usw.) einschließlich Reinheitsgrad und Analyseverfahren zur Quantifizierung der Chemikalie, Herkunft der Prüfchemikalie, Identität und Konzentration etwa verwendeter Lösungsmittel;

— alle verfügbaren Informationen über die physikalische Beschaffenheit und die physikalisch-chemischen Eigenschaften, bei sie bei Beginn des Versuchs ermittelt wurden (z. B. Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Koeffizient der Verteilung im Boden (bzw. ggf. im Sediment), log Kow, Stabilität in Wasser usw.);

Testspezies:

 

— wissenschaftlicher Name, Herkunft, etwaige Vorbehandlungen, Akklimatisierung, Kulturbedingungen usw.;

Prüfbedingungen:

 

— angewandtes Testverfahren (z. B. statisch, semistatisch oder Durchfluss);

— Versuchsplan (z. B. Anzahl, Material und Größe der Prüfkammern, Wasservolumen pro Gefäß, Sedimentmasse und Volumen pro Gefäß (bei Durchflussverfahren und semistatischen Verfahren: Wasseraustauschrate), Belüftung vor und während des Versuchs, Anzahl Replikate, Anzahl Würmer je Replikat zu Beginn der Exposition, Anzahl Testkonzentrationen, Dauer der Konditionierung, Äquilibirierungs- und Expositionsdauer, Häufigkeit der Probennahmen);

— Tiefe des Sediments und des Überstandswassers;

— Methode der Vorbehandlung der Prüfchemikalie und der Dotierung/Applikation;

— nominelle Prüfkonzentrationen, Einzelheiten zur Entnahme von Proben für chemische Analysen und die Analysemethoden, mit denen die Konzentrationen der Prüfchemikalie ermittelt wurden;

— Sedimentmerkmale gemäß den Nummern 24 und 25; sonstige vorgenommene Messungen; Herstellung des formulierten Sediments;

— Aufbereitung des Prüfwassers vor Beginn des Versuchs (falls rekonstituiertes Wasser verwendet wird) und Merkmale des Wassers (Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Leitfähigkeit, Härte und andere vorgenommene Messungen);

— Angaben zur Fütterung, einschließlich Art des Futters, Präparation, Menge und Fütterungsregime;

— Lichtintensität und Hell-/Dunkelphase(n);

— Methoden zur Ermittlung aller biologischen Parameter (z. B. Probenahme, Kontrolle, Wiegen der Testorganismen) sowie aller abiotischen Parameter (z. B. Parameter für Wasser- und Sedimentqualität);

— Volumina und/oder Gewichte aller Proben für die chemische Analyse;

— genaue Informationen über die Behandlung aller Proben für die chemische Analyse einschließlich Angaben zu Aufbereitung, Lagerung, Dotierungsverfahren, Entnahme- und Analyseverfahren (einschließlich Genauigkeit) für die jeweilige Prüfchemikalie und Wiederfindungsraten der Prüfchemikalie.

Ergebnisse:

 

— Qualität des Wassers in den Prüfgefäßen (pH-Wert, Temperatur, Gehalt an gelöstem Kohlenstoff, Härte, Ammoniakkonzentrationen und andere vorgenommene Messungen);

— gesamter organischer Kohlenstoff (TOC), Verhältnis Trockenmasse/Feuchtmasse, pH-Wert des Sediments und andere vorgenommene Messungen;

— Gesamtzahl sowie — falls bestimmt — die Zahl der vollständigen und nicht mehr vollständigen Würmer in den einzelnen Prüfkammern am Ende des Versuchs;

— Trockengewicht der Würmer in den einzelnen Prüfkammern am Ende des Versuchs und — falls gemessen — Trockengewicht einer Würmer-Teilprobe zu Beginn des Versuchs;

— alle festgestellten anomalen Verhaltensweisen im Vergleich zu den Kontrollen (z. B. Meiden des Sediments, Vorkommen oder Fehlen von Fäkalpellets);

— festgestellte Todesfälle;

— Schätzwerte für toxische Endpunkte, z. B. ECx, NOEC- und/oder LOEC-Werte und die für ihre Bestimmung angewandten statistischen Methoden;

— die nominalen Prüfkonzentrationen, die gemessenen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse sämtlicher Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen;

— jegliche Abweichungen von den Validitätskriterien.

Auswertung der Ergebnisse:

 

— Übereinstimmung der Ergebnisse mit den Validitätskriterien gemäß in Nummer 13;

— Diskussion der Ergebnisse einschließlich Auswirkungen auf das Testergebnis, die auf Abweichungen von dieser Prüfmethode zurückzuführen sind.

LITERATUR

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(6) Kapitel C.27 dieses Anhangs, „Chironomiden-Toxizitätstest in Sediment-Wasser-Systemen mit dotiertem Sediment“.

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(45) Martinez-Madrid, M., Rodriguez, P., Perez-Iglesias, J.I., und Navarro, E. (1999). Sediment toxicity bioassays for assessment of contaminated sites in the Nervion river (Northern Spain). 2. Tubifex tubifex (Müller) reproduction sediment bioassay. Ecotoxicology 8, 111-124.

(46) Environment Canada (1995). Guidance document on measurement of toxicity test precision using control sediments spiked with a reference toxicant. Environmental Protection Series Report EPS 1/RM/30.

(47) Landrum, P.F. (1989). Bioavailability and toxicokinetics of polycyclic aromatic hydrocarbons sorbed to sediments for the amphipod Pontoporeia hoyi. Environ. Sci. Technol. 23, 588-595.

(48) Brooke, L.T., Ankley, G.T., Call, D.J., und Cook, P.M. (1996). Gut content and clearance for three species of freshwater invertebrates. Environ. Toxicol. Chem. 15, 223-228.

(49) Mount, D.R., Dawson, T.D., und Burkhard, L.P. (1999). Implications of gut purging for tissue residues determined in bioaccumulation testing of sediment with Lumbriculus variegatus. Environ. Toxicol. Chem. 18, 1244-1249.

(50) OECD 2006. Current approaches in the statistical analysis of ecotoxicity data: A Guidance to Application. Series on Testing and Assessment, no. 54.

(51) Liebig, M., Meller, M. und Egeler, P. (2004). Sedimenttoxizitätstests mit aquatischen Oligochaeten — Einfluss verschiedener Futterquellen im künstlichen Sediment auf Reproduktion und Biomasse von Lumbriculus variegatus. Seminarunterlagen 5/2004: Statusseminar Sedimentkontakttests. 24./25. März 2004. BfG (Bundesanstalt für Gewässerkunde), Koblenz, Deutschland, S. 107-119.

Zusätzliche Literatur zu statistischen Verfahren:

Dunnett, C.W. (1955). A multiple comparison procedure for comparing several treatments with a control. Amer. Statist. Ass. J. 50, 1096-1121.

Dunnett, C.W. (1964). New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics 20, 482-491.

Finney, D.J. (1971). Probit Analysis (3rd ed.), S. 19-76. Cambridge Univ. Press.

Finney, D.J. (1978). Statistical Method in Biological Assay. Charles Griffin & Company Ltd, London.

Hamilton, M.A., R.C. Russo und R.V. Thurston. (1977). Trimmed Spearman-Karber Method for estimating median lethal concentrations in toxicity bioassays. Environ. Sci. Technol. 11(7), 714-719; Correction: Environ. Sci. Technol. 12 (1998), 417.

Holm, S. (1979). A simple sequentially rejective multiple test procedure. Scand. J. Statist. 6, 65-70.

Sokal, R.R., und F.J. Rohlf. (1981) Biometry. The principles and practice of statistics in biological research. 2nd edition. W.H. Freeman and Company. New York.

Miller, R.G., Jr. (1986). Beyond ANOVA, basics of applied statistics. John Wiley & Sons. New York.

Shapiro, S.S., und Wilk, M.B (1965). An analysis of variance test for normality (complete samples). Biometrika 52: 591-611.

Williams, D.A. (1971). A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics 27, 103-117.

Williams, D.A. (1972). The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics 28, 519 531.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

Äquilibrierungszeitraum : die für die Verteilung der Prüfchemikalie zwischen Festphase, Porenwasser und Überstandswasser vorgesehene Zeit; die Äquilibierung erfolgt nach dem Dotieren des Sediments mit der Prüfchemikalie und vor Zugabe der Testorganismen.

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch.

Dotiertes Sediment : Sediment, dem die Prüfchemikalie hinzugefügt wurde.

ECx : Konzentration der Prüfchemikalie im Sediment, bei der es innerhalb einer gegebenen Expositionsdauer zu einer X %-Wirkung (z. B. 50 %) auf einen biologischen Parameter kommt.

Expositionsphase/Expositionsdauer : die Zeit, während der die Testorganismen der Prüfchemikalie ausgesetzt sind.

Formuliertes Sediment oder rekonstituiertes/künstliches/synthetisches Sediment : ein Gemisch aus Stoffen, das die physikalischen Bestandteile eines natürlichen Sediments simulieren soll.

Konditionierungszeitraum : die für die Stabilisierung des Mikrobenbestandteils des Sediments und die Abtrennung von beispielsweise aus Sedimentbestandteilen stammendem Ammoniak vorgesehene Zeit; die Konditionierung erfolgt vor dem Dotieren des Sediments mit der Prüfchemikalie. Gewöhnlich wird das Überstandswasser nach dem Konditionieren verworfen.

LOEC (Niedrigste messbare Konzentration mit statistisch signifikanter Wirkung) : niedrigste geprüfte Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der beobachtet wird, dass sie im Vergleich zur Kontrolle eine signifikante toxische Wirkung hat (p ≤ 0,05); allerdings müssen alle Testkonzentrationen über der LOEC eine Wirkung zeigen, die der LOEC-Wirkung gleichwertig ist oder darüber liegt. Sind diese beiden Bedingungen nicht erfüllt, ist genau zu begründen, warum die LOEC (und entsprechend die NOEC) gewählt wurde.

NOEC (Höchste messbare Konzentration ohne statistisch signifikante Wirkung) : Prüfkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC, die im Vergleich zur Kontrolle während einer bestimmten Expositionsdauer keine statistisch signifikante Wirkung (p ≤ 0,05) zeigt.

Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Kow; manchmal auch ausgedrückt als Pow) : bezeichnet das Verhältnis der Löslichkeit einer Chemikalie in n-Octanol und Wasser im Gleichgewicht und zeigt die Fettlöslichkeit einer Chemikalie an (Kapitel A.24 in diesem Anhang). Kow oder der Logarithmus von Kow (log Kow) gilt als Maß für das Potenzial einer Chemikalie zur Anreicherung in aquatischen Organismen.

Organischer Kohlenstoff/Wasser-Verteilungskoeffiozient (Koc) : bezeichnet das Verhältnis zwischen der Konzentration der Chemikalie im/am organischen Kohlenstoff im Sediment und der Konzentration der Chemikalie im Wasser im Gleichgewicht.

Porenwasser oder Interstitialwasser : Wasser in den Hohlräumen zwischen Sediment- oder Bodenpartikeln.

Prüfchemikalie : ein beliebiger Stoff oder ein beliebiges Gemisch, der bzw. das nach dieser Methode geprüft wird.

Überstandswasser : das im Prüfgefäß über dem Sediment stehende Wasser.

Anlage 2

Zusammensetzung des empfohlenen rekonstituierten Wassers

(übernommen aus Kapitel C.1 dieses Anhangs (1))

a)
Calciumchloridlösung

11,76 g CaCl2 2H2O in entionisiertem Wasser lösen; anschließend mit entionisiertem Wasser bis auf 1 Liter auffüllen.

b)
Magnesiumsulfatlösung

4,93 g MgSO4 7H2O in entionisiertem Wasser lösen; anschließend mit entionisiertem Wasser bis auf 1 Liter auffüllen.

c)
Natriumbicarbonatlösung

2,59 g NaHCO3 in entionisiertem Wasser lösen; anschließend mit entionisiertem Wasser bis auf 1 Liter auffüllen.

d)
Kaliumchloridlösung

0,23 g KCl in entionisiertem Wasser lösen; anschließend mit entionisiertem Wasser bis auf 1 Liter auffüllen.

Alle Chemikalien müssen Analysequalität haben.

Die Leitfähigkeit des destillierten oder entionisierten Wassers darf höchstens 10 μScm– 1 betragen.

Von den Lösungen a bis d jeweils 25 ml mischen und das Gesamtvolumen mit entionisiertem Wasser bis auf 1 Liter auffüllen. Die Summe der Ca- und Mg-Ionen in diesen Lösungen beträgt 2,5 mmol/l.

Das Verhältnis der Ca- zu den Mg-Ionen beträgt 4:1 und das der Na- zu den K-Ionen 10:1. Die Gesamtalkalinität KS4,3 dieser Lösung beträgt 0,8 mmol/l.

Das Wasser bis zur Sauerstoffsättigung belüften und anschließend ohne weitere Belüftung bis zur Verwendung zwei Tage lagern.

BEZUGSQUELE

(1) Kapitel C.1 dieses Anhangs, Akute Toxizität für Fische.

Anlage 3

Physikalisch-Chemische Eigenschaften eines geeigneten Testwassers



BestandteilKonzentrationen
Partikel< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff< 2 μg/l
Nichtionisierter Ammoniak< 1 μg/l
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l
(übernommen aus OECD (1992) (1))

BEZUGSQUELLE

(1) OECD (1992). Guidelines for Testing of Chemicals No. 210. Fish, Early-life Stage Toxicity Test. OECD, Paris.

Anlage 4

Empfohlenes künstliches Sediment — Empfehlungen für Herstellung und Lagerung

Bestandteile des Sediments



BestandteilBeschreibungin % des Sediment-trockengewichts
TorfSphagnum-Torf, Zersetzungsgrad: „mittel“, luftgetrocknet, ohne sichtbare Pflanzenreste, fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 0,5 mm).5 ± 0,5
QuarzsandKorngröße: ≤ 2 mm, aber > 50 % der Partikel sollten eine Größe im Bereich 50-200 μm haben.75-76
Kaolin-TonKaolinitgehalt ≥ 30 %20 ± 1
Futterz. B. Nesselpulver (Folia urticae), Blätter von Urtica dioica (Brennnessel), fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 0,5 mm); nach Arzneimittelstandards, zum menschlichen Verzehr geeignet; zusätzlich zum trockenen Sediment0,4-0,5 %
Organischer Kohlenstoffeingestellt durch Zugabe von Torf und Sand2 ± 0.5
CalciumcarbonatCaCO3, in Pulverform, chemisch rein, zusätzlich zum trockenen Sediment0,05-1
Entionisiertes WasserLeitfähigkeit ≤ 10 μS/cm, zusätzlich zum trockenen Sediment30-50

Hinweis: Ist mit hohen Ammoniakkonzentrationen zu rechnen (wenn beispielsweise bekannt ist, dass die Prüfchemikalie die Nitrifikation hemmt), kann es sinnvoll sein, 50 % des stickstoffreichen Nesselpulvers durch Cellulose (z. B. α-Cellulosepulver, chemisch rein, Partikelgröße ≤ 0,5 mm (1) (2)) zu ersetzen.

Herstellung

Den Torf lufttrocknen und zu feinem Pulver vermahlen. Mithilfe eines leistungsstarken Homogenisierapparats eine Suspension der erforderlichen Menge Torfpulver in entionisiertem Wasser herstellen. Den pH-Wert dieser Suspension mit CaCO3 auf 5,5 ± 0,5 einstellen. Die Suspension bei 20 ± 2 °C für mindestens zwei Tage unter sanftem Rühren konditionieren, um den pH-Wert zu stabilisieren und einen stabilen mikrobiellen Anteil zu sichern. Den pH-Wert erneut messen; er sollte bei 6,0 ± 0,5 liegen. Anschließend die anderen Bestandteile (Sand und Kaolin-Ton) sowie entionisiertes Wasser zur Torf-Suspension hinzugeben und zu einem homogenen Sediment vermischen, dessen Wassergehalt 30-50 % des Trockengewichts des Sediments ausmachen sollte. Den pH-Wert der fertigen Mischung erneut messen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,5-7,5 einstellen. Ist jedoch mit Ammoniakbildung zu rechnen, kann es sinnvoll sein, den pH-Wert des Sediments unter 7,0 zu halten (z. B. zwischen 6,0 und 6,5). Sedimentproben entnehmen, um das Trockengewicht und den Gehalt an organischem Kohlenstoff zu bestimmen. Ist mit Ammoniakbildung zu rechnen, kann das formulierte Sediment sieben Tage lang unter Testbedingungen konditioniert werden (z. B. Sediment/Wasser-Verhältnis von 1:4, Tiefe der Sedimentschicht wie in den Prüfgefäßen), bevor es mit der Prüfchemikalie dotiert wird, d. h. das Sediment ist mit belüftetem Wasser aufzufüllen. Nach dieser Konditionierung das Überstandswasser entfernen und verwerfen. Anschließend den dotierten Quarzsand mit dem Sediment in den verschiedenen Konzentrationen mischen; das Sediment auf die Replikatgefäße verteilen und mit Testwasser auffüllen. Die Gefäße unter den Testbedingungen inkubieren. Hier beginnt die Äquilibrierzeit. Das Überstandswasser sollte belüftet werden.

Das gewählte Futter hingegeben, bevor oder während das Sediment mit der Prüfchemikalie dotiert wird. Es kann anfänglich mit der Torfsuspension gemischt werden (s. o.). Eine allzu starke Verschlechterung der Futterqualität vor dem Einsetzen der Testorganismen (z. B. bei langer Äquilibrierzeit) kann vermieden werden, indem der Zeitraum zwischen der Futterzugabe und dem Beginn der Exposition so kurz wie möglich gehalten wird. Um sicherzustellen, dass das Futter mit der Prüfchemikalie dotiert wird, sollte das Futter spätestens am Tag der Dotierung mit dem Sediment vermischt werden.

Lagerung

Die trockenen Bestandteile des künstlichen Sediments können an einem trockenen und kühlen Ort oder bei Raumtemperatur gelagert werden. Aufbereitetes und mit der Prüfchemikalie dotiertes Sediment ist umgehend im Versuch zu verwenden. Proben des dotierten Sediments können bis zur Analyse unter den für die jeweilige Prüfchemikalie empfohlenen Testbedingungen gelagert werden.

LITERATUR

(1) Egeler, Ph., Meller, M., Schallnaß, H.J., und Gilberg, D. (2005). Validation of a sediment toxicity test with the endobenthic aquatic oligochaete Lumbriculus variegatus by an international ring test. In Zusammenarbeit mit R. Nagel und B. Karaoglan. Bericht an das Umweltbundesamt Berlin, FKZ 202 67 429, R&D Nr. 202 67 429.

(2) Liebig, M., Meller, M. und Egeler, P. (2004). Sedimenttoxizitätstests mit aquatischen Oligochaeten — Einfluss verschiedener Futterquellen im künstlichen Sediment auf Reproduktion und Biomasse von Lumbriculus variegatus. Seminarunterlagen 5/2004: Statusseminar Sedimentkontakttests. 24./25. März 2004. BfG (Bundesanstalt für Gewässerkunde), Koblenz, Deutschland, S. 107-119.

Anlage 5

Kulturmethoden für Lumbriculus variegatus

Der Glanzwurm Lumbriculus variegatus (MÜLLER), Lumbriculidae, Oligochaeta, lebt in Süßwassersedimenten und wird häufig in Ökotoxizitätsprüfungen verwendet. Er kann unter Laborbedingungen kultiviert werden. Im Folgenden werden die Kulturmethoden beschrieben.

Kulturmethoden

Die Kulturbedingungen für Lumbriculus variegatus sind in Phipps et al. (1993) (1), Brunson et al. (1998) (2), ASTM (2000) (3) und U.S. EPA (2000) (4) eingehend beschrieben und werden nachstehend kurz zusammengefasst. Ein großer Vorteil von L. variegatus ist seine rasche Vermehrung, die dazu führt, dass die Biomasse in laborgezogenen Populationen schnell zunimmt (z. B. (1)(3)(4)(5)).

Die Würmer können in großen Aquarien (57-80 l) bei 23 °C mit Hell-/Dunkelphasen von 16 L: 8 D (100 – 1 000  lx) in täglich erneuertem natürlichen Wasser (45-50 l pro Aquarium) gezüchtet werden. Das Substrat wird hergestellt, indem ungebleichte braune Papiertücher in Streifen geschnitten und einige Sekunden mit Kulturwasser befeuchtet werden, so dass ein Substrat aus kleinen Papierteilchen entsteht, das unverzüglich in auf dem Boden des Lumbriculus-Zuchtaquariums verteilt werden kann; es kann aber auch in entionisiertem Wasser bis zur späteren Verwendung gefriergelagert werden. Im Aquarium hält sich das frische Substrat für etwa zwei Monate.

Jede Wurmkultur wird mit 500-1 000 Würmern angesetzt, die unter Wasseraustausch- oder -durchflussbedingungen dreimal wöchentlich mit einer 10 ml-Suspension aus 6 g Forellen-Starterfutter gefüttert werden. Um Bakterien- und Pilzwachstum entgegenzuwirken, werden statische und semistatische Kulturen seltener gefüttert.

Unter diesen Bedingungen verdoppelt sich die Zahl der Tiere in der Kultur gewöhnlich in 10-14 Tagen.

Alternativ kann Lumbriculus variegatus auch in einem System bestehend aus einer 1-2 cm tiefen Schicht Quarzsand (wie im künstlichen Sediment verwendet) und rekonstituiertem Wasser kultiviert werden. Als Kulturgefäße kommen 12-20 cm hohe Glas- oder Edelstahlbehältnisse in Frage. Der Wasserkörper ist mit einer Pasteur-Pipette, die etwa 2 cm über der Sedimentoberfläche positioniert wird, sanft zu belüften (z. B. 2 Blasen pro Sekunde). Um eine Akkumulation z. B. von Ammoniak zu vermeiden, ist das Überstandswasser über ein Durchflusssystem zu erneuern oder mindestens zweimal wöchentlich manuell auszutauschen. Die Oligochaeten können bei Raumtemperatur mit Hell-/Dunkelphasen von 16 Stunden (Lichtintensität 100-1 000  lx) bzw. 8 Stunden gehalten werden. In der semistatischen Kultur (Wasseraustausch einmal pro Woche) werden die Würmer zweimal wöchentlich mit TetraMin gefüttert (z. B. 0,6-0,8 mg pro cm2 Sedimentoberfläche); das Futter kann als Suspension aus 50 mg TetraMin pro ml entionisiertem Wasser verabreicht werden.

Lumbriculus variegatus können beispielsweise durch Sieben des Substrats durch ein feinmaschiges Sieb in ein separates Becherglas oder durch Aufnahme (mit einer feuerpolierten Glaspipette mit weiter Öffnung von ca. 5 mm Durchmesser) aus den Kulturen entnommen werden und in ein Becherglas eingesetzt werden. Wenn gleichzeitig auch das Substrat in das Becherglas gegeben wird, dieses würmer- und substrathaltige Glas über Nacht bei kontinuierlichem Wasserdurchfluss ruhen lassen, um das Substrat auszuspülen; die Würmer bleiben auf dem Gefäßboden zurück. Anschließend können die Würmer in neu aufbereitete Kulturgefäße gesetzt oder im Test weiterverwendet werden, wie unter (3) und (4) oder in den folgenden Absätzen beschrieben.

Ein Punkt, der bei der Verwendung von L. variegatus in Sedimenttests kritisch zu bewerten ist, betrifft die Reproduktionsform der Art (Architomie oder Morphallaxis, z. B. (6)). Diese geschlechtslose Vermehrung führt zur Entstehung von zwei Fragmenten, die so lange keine Nahrung aufnehmen, bis sich das Kopf- bzw. das Schwanzende regeneriert hat (z. B. (7)(8)), d. h. es kommt nicht zur kontinuierlichen Exposition durch Aufnahme kontaminierten Sediments.

Folglich sollte eine Synchronisierung vorgenommen werden, um eine unkontrollierte Reproduktion und Regeneration und sich daraus ergebende stark variierende Testergebnisse auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Derartige Variationen können auftreten, wenn einzelne Exemplare fragmentiert haben und über einen bestimmten Zeitraum keine Nahrung aufnehmen und der Prüfchemikalie deshalb weniger stark ausgesetzt sind als andere Exemplare, bei denen es während des Tests nicht zur Fragmentierung kam (9)(10)(11). 10-14 Tage vor Beginn der Exposition sollten die Würmer künstlich zerteilt werden (Synchronisierung). Für die Synchronisierung werden große (adulte) Würmer ausgewählt, die vorzugsweise keine Anzeichen einer kürzlich erfolgten Morphallaxis aufweisen sollten. Diese Würmer können auf einen Glasträger in einen Tropfen Kulturwasser gesetzt und in der Körpermitte mit einem Skalpell zerteilt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die hinteren Enden ähnlich groß sind. Es bleibt abzuwarten, bis die hinteren Enden in einem Kulturgefäß, das dasselbe Substrat wie die Testkultur und rekonstituiertes Wasser enthält, neue Köpfe bilden. Erst dann kann mit der Exposition begonnen werden. Die Kopfteile gelten dann als regeneriert, wenn die synchronisierten Würmer sich im Substrat eingraben. (Ob sich Kopfteile regeneriert haben, kann auch durch Sichtprüfung einer repräsentativen Teilprobe unter einem binokularen Mikroskop festgestellt werden.) Danach kann davon ausgegangen werden, dass sich die Testorganismen in einem physiologisch ähnlichen Zustand befinden. Wenn sich die synchronisierten Würmern dann während des Versuchs durch Morphallaxis reproduzieren, bedeutet dies, dass praktisch alle Tiere dem dotierten Sediment gleichermaßen ausgesetzt waren. Die synchronisierten Würmer sollten einmal gefüttert werden, sobald sie beginnen, sich in das Substrat einzugraben, oder 7 Tage nach dem Zerteilen. Das Fütterungsregime sollte jedoch in etwa das gleiche sein wie bei regulären Kulturen; es kann jedoch sinnvoll sein, dasselbe Futter zu verwenden wie im eigentlichen Test. Die Würmer sollten bei Testtemperatur gehalten werden (d. h. bei 20 ± 2 °C). Nach der Regeneration werden unversehrte, intakte Würmer, die nach einem leichten mechanischen Reiz aktiv schwimmen oder zu kriechen beginnen, für die Prüfung verwendet. Verletzungen und Autotomie sind zu vermeiden, indem zum Hantieren der Würmer beispielsweise Pipetten mit feuerpolierten Kanten oder Edelstahl-Zahnstocher verwendet werden.

Bezugsquellen für Starterkulturen von Lumbriculus variegatus (Anschriften in den USA übernommen aus (4))



Europa

ECT Oekotoxikologie GmbH

Böttgerstr. 2-14

D-65439 Flörsheim/Main

Deutschland

Bayer Crop Science AG

Development — Ecotoxicology

Alfred-Nobel-Str. 50

D-40789 Monheim

Deutschland

University of Joensuu

Laboratory of Aquatic Toxicology

Dept. of Biology

Yliopistokatu 7, P.O. Box 111

FIN-80101 Joensuu

Finnland

Dresden University of Technology

Institut für Hydrobiologie

Fakultät für Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften

Mommsenstr. 13

D-01062 Dresden

Deutschland

C.N.R.- I.R.S.A.

Italian National Research Council

Water Research Institute

Via Mornera 25

I-20047 Brugherio MI

USA.

U.S. Environmental Protection Agency

Mid-Continent Ecological Division

6201 Congdon Boulevard

Duluth, MN 55804

Michigan State University

Department of Fisheries and Wildlife

No. 13 Natural Resources Building

East Lansing, MI 48824-1222

U.S. Environmental Protection Agency

Environmental Monitoring System Laboratory

26 W. Martin Luther Dr.

Cincinnati, OH 45244

Wright State University

Institute for Environmental Quality

Dayton, OH 45435

Columbia Environmental Research Center

U.S. Geological Survey

4200 New Haven Road

Columbia, MO 65201

Great Lakes Environmental Research

Laboratory, NOAA

2205 Commonwealth Boulevard

Ann Arbor, MI 48105-1593

LITERATUR

(1) Phipps, G.L., Ankley, G.T., Benoit, D.A., und Mattson, V.R. (1993). Use of the aquatic Oligochaete Lumbriculus variegatus for assessing the toxicity and bioaccumulation of sediment-associated contaminants. Environ.Toxicol. Chem. 12, 269-279.

(2) Brunson, E.L., Canfield, T.J., Ingersoll, C.J., und Kemble, N.E. (1998). Assessing the bioaccumulation of contaminants from sediments of the Upper Mississippi river using field-collected oligochaetes and laboratory-exposed Lumbriculus variegatus. Arch.Environ. Contam.Toxicol. 35, 191-201.

(3) ASTM International (2000). Standard guide for the determination of the bioaccumulation of sediment-associated contaminants by benthic invertebrates, E 1688-00a. In ASTM International 2004 Annual Book of Standards. Volume 11.05. Biological Effects and Environmental Fate; Biotechnology;Pesticides. ASTM International, West Conshohocken, PA.

(4) U.S. EPA (2000). Methods for measuring the toxicity and bioaccumulation of sediment-associated contaminants with freshwater invertebrates. Second Edition. EPA 600/R-99/064, U.S. Environmental Protection Agency, Duluth, MN, März 2000.

(5) Kukkonen, J., und Landrum, P.F. (1994). Toxicokinetics and toxicity of sediment-associated Pyrene to Lumbriculus variegatus (Oligochaeta). Environ. Toxicol. Chem. 13, 1457-1468.

(6) Drewes, C.D., und Fourtner, C.R. (1990). Morphallaxis in an aquatic oligochaete, Lumbriculus variegatus: Reorganisation of escape reflexes in regenerating body fragments. Develop. Biol. 138: 94-103.

(7) Leppänen, M.T. und Kukkonen, J.V.K. (1998a). Relationship between reproduction, sediment type and feeding activity of Lumbriculus variegatus (Müller): Implications for sediment toxicity testing. Environ. Toxicol. Chem. 17: 2196-2202.

(8) Leppänen, M.T. und Kukkonen, J.V.K. (1998b). Factors affecting feeding rate, reproduction and growth of an oligochaete Lumbriculus variegatus (Müller). Hydrobiologia 377: 183-194.

(9) Brust, K., O. Licht, V. Hultsch, D. Jungmann und R. Nagel (2001). Effects of Terbutryn on Aufwuchs and Lumbriculus variegatus in Artificial Indoor Streams. Environ. Toxicol. Chemistry, Bd. 20, 2000-2007.

(10) Oetken, M., K.-U. Ludwichowski und R. Nagel (2000). Sediment tests with Lumbriculus variegatus and Chironomus riparius and 3,4-dichloroaniline (3,4-DCA) within the scope of EG-AltstoffV. Im Auftrag des Umweltbundesamts Berlin, FKZ 360 12 001, März 2000.

(11) Leppänen M.T., und Kukkonen, J.V.K. (1998). Relative importance of ingested sediment and porewater as bioaccumulation routes for pyrene to oligochaete (Lumbriculus variegatus, Müller). Environ. Sci. Toxicol. 32, 1503-1508.

Anlage 6

Zusammenfassung der Ergebnisse des Ringtests

„Sedimenttoxizitätsprüfung mit Lumbriculus variegatus



Tabelle 1

Ergebnisse der einzelnen Ringtestdurchläufe: durchschnittliche Anzahl Würmer in den Kontrollen und in den Lösungsmittelkontrollen bei Testende; SD = Standardabweichung; CV = Variationskoeffizient

Durch-schnittliche Anzahl Würmer in den KontrollenSDCV (%)NDurch-schnittliche Anzahl Würmer in den LösungsmittelkontrollenSDCV (%)N
32,37,3722,80339,03,619,253
40,86,5516,05636,05,2914,703
41,53,548,52238,57,0518,314
16,35,9936,67630,86,7021,804
24,310,6943,94326,33,0611,603
28,58,2929,08430,71,153,773
28,33,7213,14628,82,568,896
25,35,5121,74327,71,535,523
23,82,9912,57421,31,718,044
36,88,8023,88635,04,2011,996
33,03,5810,84633,51,735,174
20,72,7313,22615,06,6844,564
42,07,0716,84643,70,581,323
18,23,6019,82621,74,0418,653
32,03,9512,34631,34,7915,324
Durchschnitts-werte der beteiligten Labors29,5920,1030,6113,26
SD8,3210,037,5710,48
N1515
Min16,315,0
Max42,043,7
CV (%)28,124,7



Tabelle 2

Ergebnisse der einzelnen Ringtestdurchläufe: durchschnittliches Gesamttrockengewicht der Würmer pro Replikat in den Kontrollen und in den Lösungsmittelkontrollen bei Testende; SD = Standardabweichung; CV = Variationskoeffizient

Gesamttrockengewicht der Würmer pro Replikat (Kontrollen)SDCV (%)NGesamttrockengewicht der Würmer pro Replikat (Lösungsmittelkontrollen)SDCV (%)N
24,726,3125,51327,354,0814,933
30,172,046,75633,8310,4030,733
23,653,6115,25228,784,6816,284
12,926,8352,91624,906,8427,474
21,314,1719,57325,875,3020,493
22,994,8621,16424,645,0920,673
18,911,9110,09619,891,778,896
24,131,636,75325,832,178,413
22,153,1814,34422,802,6011,404
35,208,1223,07631,428,4526,906
41,285,7914,02641,424,3710,554
15,175,7838,09610,503,4232,534
35,698,5523,94638,221,233,213
19,575,2126,65628,586,2321,813
29,402,167,34631,152,708,674
Durchschnitts-werte der beteiligten Labors25,1520,3627,6817,53
SD7,8712,567,419,10
N1515
Min12,910,5
Max41,341,4
CV (%)31,326,8



Tabelle 3

PCP-Toxizität: Zusammenfassung der Endpunkte im Ringtest; Durchschnittswerte der beteiligten Labors für EC50, NOEC und LOEC; SD = Standardabweichung; CV = Variationskoeffizient

Biologischer ParameterDurchschnittswert der beteiligten Labors (mg/kg)minmaxFaktor der beteiligten LaborsSDCV (%)Geometr. Mittelwert (mg/kg)
Gesamtzahl der WürmerEC5023,04,037,99,410,746,319,9
NOEC9,92,122,710,77,272,37,6
LOEC27,94,766,714,219,469,420,9
MDD (%)22,57,139,1
Gesamt-Trocken-gewicht WürmerEC5020,47,339,95,59,144,518,2
NOEC9,32,120,09,46,670,47,4
LOEC25,72,150,023,516,865,519,4
MDD (%)24,810,944,7
Mortalität/ÜberlebensrateLC5025,36,537,25,79,437,423,1
NOEC16,52,140,018,810,362,412,8
LOEC39,14,766,714,218,146,232,6
Reproduktion (Zunahme der Anzahl Würmer pro Replikat)EC5020,06,728,94,37,637,918,3
NOEC7,92,120,09,45,266,06,4
LOEC22,52,150,023,515,468,616,0
MDD (%)29,713,947,9
Wachstum (Zunahme der Biomasse pro Replikat)EC5015,35,729,95,27,146,513,7
NOEC8,72,120,09,46,068,16,9
LOEC24,02,150,023,515,765,517,3
MDD (%)32,213,665,2
MDD: Minimum Detectable Difference (kleinster nachweisbarer Unterschied) bei den Kontrollwerten während der Hypothesenprüfung; wird als Maßstab für die statistische Aussagekraft verwendet.

LITERATUR

Egeler, Ph., Meller, M., Schallnaß, H.J. und Gilberg, D. (2005). Validation of a sediment toxicity test with the endobenthic aquatic oligochaete Lumbriculus variegatus by an international ring test (Validierung eines endobenthischen Sedimenttests durch einen internationalen Ringtest). In Zusammenarbeit mit R. Nagel und B. Karaoglan. Bericht an das Umweltbundesamt Berlin, FKZ 202 67 429.

C.36.   REPRODUKTIONSTEST MIT RAUBMILBEN (HYPOASPIS (GEOLAELAPS) ACULEIFER) IN BODENPROBEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 226 (2008). Sie wird zur Bewertung der Wirkung von im Boden befindlichen Chemikalien auf die Reproduktionsleistung der Bodenmilbenart Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer CANESTRINI (Acari: Laelapidae) verwendet und ermöglicht die Bestimmung der Hemmung der spezifischen Populationswachstumsrate (1,2). Als Reproduktionsleistung wird hier die Anzahl der juvenilen Tiere am Ende des Versuchs bezeichnet. H. aculeifer stellt eine zusätzliche trophische Ebene dar für die Art, für die Prüfmethoden bereits verfügbar sind. Ein Reproduktionstest ohne Unterscheidung und Quantifizierung der verschiedenen Stufen des Reproduktionszyklus wird für den Zweck dieser Prüfmethode als angemessen betrachtet. Für Chemikalien mit einem anderen Expositionsszenarium als die Exposition über den Boden könnten andere Ansätze geeignet sein (3).
2.
Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer wird als relevanter Vertreter der Bodenfauna im Allgemeinen und der Raubmilben im Besonderen betrachtet. Die Art kommt weltweit vor (5) und ist leicht zu beschaffen und im Labor zu züchten. Anlage 7 enthält eine Zusammenfassung zur Biologie von H. aculeifer. Für Hintergrundinformationen zur Ökologie der Milbenart und zu ihrer Verwendung in Ökotoxizitätsprüfungen siehe (4), (5), (6), (7), (8), (9), (10), (11) und (12).

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

3.
Adulte weibliche Tiere werden verschiedenen Konzentrationen der in den Boden gemischten Prüfchemikalie ausgesetzt. Der Versuch wird mit 10 adulten Weibchen pro Replikatgefäß begonnen. Männliche Tiere werden im Test nicht verwendet, weil sich gezeigt hat, dass sich weibliche Tiere unmittelbar oder kurz nachdem sie dem Deutonymphenstadium entwachsen sind, paaren, wenn männliche Tiere verfügbar sind. Außerdem würde die Einbeziehung männlicher Tiere den Test so verzögern, dass eine (schwierige) Unterscheidung der Altersstufen erforderlich wäre. Daher ist die Paarung der Tiere nicht Teil dieses Tests. Die weiblichen Tiere werden 28-35 Tage nach Beginn der Eiablage in der Synchronisierung in den Test eingesetzt (siehe Anlage 4); zu diesem Zeitpunkt kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die weiblichen Tiere sich bereits gepaart und die Präovipositionsperiode bereits durchlaufen haben. Bei einer Temperatur von 20 °C endet der Test an Tag 14 nach dem Einsetzen der weiblichen Tiere (Tag 0); zu diesem Zeitpunkt können die ersten juvenilen Tiere der Kontrollgruppe bereits das Deutonymphen-Stadium durchlaufen haben (siehe Anlage 4). Als wichtigste Messgrößen werden die Zahl der juvenilen Tiere pro Prüfgefäß und zusätzlich die Zahl der überlebenden weiblichen Tiere bestimmt. Die Reproduktionsleistung der Milben, die der Prüfchemikalie ausgesetzt waren, wird mit der Reproduktionsleistung der Kontrollen verglichen, um je nach Prüfprotokoll (siehe Nummer 29) den ECx-Wert (z. B. EC10 oder EC50) oder die höchste messbare Konzentration ohne statistisch signifikante Wirkung (NOEC — Begriffsbestimmungen siehe Anlage 1) zu ermitteln. Anlage 8 enthält einen Überblick über das Prüfprotokoll.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

4.
Die Wasserlöslichkeit, der log Kow-Wert, der Boden/Wasser-Verteilungskoeffizient und der Dampfdruck der Prüfchemikalie sollten möglichst bekannt sein. Wünschenswert sind zudem Informationen über den Verbleib der Chemikalie im Boden (z. B. biotischer und abiotischer Abbau).
5.
Diese Prüfmethode kann für wasserlösliche oder nicht wasserlösliche Chemikalien verwendet werden. Allerdings ist die Prüfchemikalie je nach Chemikalientyp unterschiedlich einzubringen. Für flüchtige Chemikalien (d. h. für Chemikalien, bei denen die Henry-Konstante oder der Luft-Wasser-Verteilungskoeffizient größer als eins ist) oder für Chemikalien, bei denen der Dampfdruck bei 25 °C mehr als 0,0133 Pa beträgt, ist die Prüfmethode nicht geeignet.

VALIDITÄT DES TESTS

6.
Damit ein Testergebnis als gültig gewertet werden kann, müssen die unbehandelten Kontrollen die folgenden Kriterien erfüllen:
Die mittlere Mortalität adulter weiblicher Tiere sollte am Ende des Tests höchstens 20 % betragen.
Die mittlere Anzahl an juvenilen Tieren pro Replikat (in die jeweils 10 adulte weibliche Tiere eingesetzt wurden), sollte am Ende des Tests mindestens 50 betragen.
Der berechnete Variationskoeffizient für die Anzahl juveniler Tiere pro Replikat sollte am Ende des Reproduktionstests höchstens 30 % betragen.

REFERENZCHEMIKALIE

7.
Der ECx-Wert und/oder die NOEC einer Referenzchemikalie sind zu ermitteln, um angemessene Bedingungen für den Labortest sicherzustellen und um gewährleisten zu können, dass sich die Reaktion der Testorganismen im Laufe der Zeit nicht geändert hat. Dimethoat (CAS 60-51-5) ist eine geeignete Referenzchemikalie, die sich nachweislich auf die Populationsgröße auswirkt (4). Alternativ kann als Referenzchemikalie auch Borsäure (CAS 10043-35-3) verwendet werden, für die allerdings weniger Erfahrungen vorliegen. Zwei Versuchspläne kommen in Betracht:
Die Referenzchemikalie kann parallel zur Toxizitätsprüfung der einzelnen Prüfchemikalien in einer einzigen Konzentration getestet werden, die zuvor in einer Dosis-Wirkungs-Studie nachweislich zu einer Reduzierung der Anzahl juveniler Tiere um > 50 % geführt hat. In diesem Fall muss die Zahl der Replikate mit der Zahl der Kontrollen übereinstimmen (siehe Nummer 29).
Alternativ kann die Referenzchemikalie ein- bis zweimal jährlich in einem Dosis-Wirkungs-Test geprüft werden. Je nach Versuchsplan können sich die Zahl der Konzentrationen und der Replikate sowie der Abstandsfaktor (siehe Nummer 29) unterscheiden; es sollte jedoch eine Wirkung im Bereich von 10-90 % erzielt werden (Abstandsfaktor 1,8). Der EC50-Wert für Dimethoat basierend auf der Anzahl juveniler Tiere muss zwischen 3,0 und 7,0 mg Wirkstoff/kg Boden (bezogen auf das Trockengewicht) liegen. Nach den bislang erzielten Ergebnissen mit Borsäure sollte der EC50-Wert für die Anzahl juveniler Tiere zwischen 100 und 500 mg/kg Boden (bezogen auf das Trockengewicht) liegen.

BESCHREIBUNG DES TESTS

Prüfgefäße und Apparatur

8.
Für den Versuch sollten Prüfgefäße aus Glas oder einem sonstigen chemisch inerten Material mit einem Durchmesser von 3-5 cm (bis zu einer Höhe von ≥ 1,5 cm mit Bodensubstrat befüllt) und mit dicht schließendem Deckel verwendet werden. Vorzugsweise sollten die Gefäße einen Schraubverschluss besitzen, da diese Gefäße zweimal wöchentlich belüftet werden können. Alternativ können Abdeckungen verwendet werden, die einen direkten Gasaustausch zwischen dem Substrat und der Atmosphäre zulassen (z. B. Gaze). Da während des gesamten Tests ein hinreichend hoher Feuchtegehalt gewährleistet sein muss, muss das Gewicht der einzelnen Prüfgefäße im Laufe des Tests kontrolliert und gegebenenfalls Wasser nachgefüllt werden. Besonders bei Gefäßen ohne Schraubverschluss kann dies wichtig sein. Wenn ein nicht transparentes Prüfgefäß verwendet wird, muss die Abdeckung aus einem lichtdurchlässigen Material bestehen (z. B. einer perforierten transparenten Abdeckung) und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Milben nicht aus dem Gefäß entweichen können. Größe und Typ der Prüfgefäße hängen von der Extraktionsmethode ab (siehe Anlage 5). Wenn die Extraktion unter Wärmezufuhr unmittelbar aus dem Prüfgefäß erfolgt, kann ein Bodensieb mit geeigneter Maschenweite verwendet werden (das bis zur Extraktion verschlossen ist); der Boden muss tief genug sein, um das nötige Temperatur- und Feuchtegefälle zu gewährleisten.
9.
Es wird die übliche Laborausrüstung insbesondere mit folgenden Bestandteilen benötigt:
vorzugsweise Glasgefäße mit Schraubdeckeln;
Trockenschrank;
Stereomikroskop;
Pinsel zum Aufnehmen der Milben
pH-Messgerät und Luxmeter;
Waagen mit geeigneter Genauigkeit;
geeignete Vorrichtungen zur Temperaturregelung;
geeignete Ausrüstung zur Feuchtigkeitsregelung (nicht erforderlich, wenn die Expositionsgefäße mit Deckeln verschlossen werden);
Inkubator mit Temperaturregelung oder kleiner Raum;
Extraktionsvorrichtung (siehe Anlage 5) (13);
Beleuchtung von oben mit Regelung;
Gefäße zur Aufnahme der extrahierten Milben.

Herstellung des künstlichen Bodens

10.
Für diesen Test wird ein künstlicher Boden mit folgenden Bestandteilen verwendet (alle Angaben bezogen auf die Trockenmasse):
5 % Sphagnum-Torf, luftgetrocknet und fein gemahlen (eine Partikelgröße von 2 ± 1 mm ist annehmbar);
20 % Kaolin-Ton (mit einem Kaolinit-Anteil vorzugsweise von mehr als 30 %);
ca. 74 % luftgetrockneter Industriesand (je nach erforderlichem CaCO3-Anteil), hauptsächlich feiner Sand mit mehr als 50 % Partikeln mit einer Größe von 50-200 μm; die genaue Menge des Sands hängt vom CaCO3-Gehalt ab (s. u.); insgesamt muss ein Anteil von 75 % erreicht werden.
< 1,0 % Calciumcarbonat (CaCO3, pulverisiert, Analysequalität), um einen pH-Wert von 6,0 ± 0,5 zu erzielen; wie viel Calciumcarbonat hinzuzugeben ist, kann vor allem von der Qualität/Beschaffenheit des Torfs abhängen (siehe Hinweis 1).

Hinweis 1: Wie viel CaCO3 zu verwenden ist, hängt von den Bestandteilen des Bodensubstrats ab und ist unmittelbar vor Testbeginn durch Messung des pH-Werts der Unterproben des Bodens zu ermitteln (14).

Hinweis 2: Bei diesem Test hat der künstliche Boden einen anderen Torfgehalt als bei anderen Prüfmethoden mit terrestrisch lebenden Organismen, wo der Torfanteil in der Regel bei 10 % liegt (z. B. (15)). Nach EPPO (16) enthält ein typischer landwirtschaftlich genutzter Boden höchstens 5 % organische Bestandteile; die Reduzierung des Torfgehalts entspricht somit der eingeschränkten Fähigkeit eines Naturbodens zur Sorption der Prüfchemikalie an organischen Kohlenstoff.

Hinweis 3: Falls erforderlich (z. B. für spezifische Testanforderungen), können auch natürliche Böden von nicht verunreinigten Bezugsorten als Test- und/oder Kultursubstrate dienen. Wird natürlicher Boden verwendet, sollten mindestens die Herkunft (Entnahmeort), der pH-Wert, die Textur (Partikelgrößenverteilung) und der Gehalt an organischen Bestandteilen charakterisiert werden. Soweit verfügbar, sind auch Typ und Name des Bodens nach der Bodenklassifikation anzugeben, und der Boden darf nicht kontaminiert sein. Handelt es sich bei der Prüfchemikalie um ein Metall oder eine metallorganische Verbindung, sollte auch die Kationenaustauschkapazität (KAK) des natürlichen Bodens ermittelt werden. Da in der Regel kaum Hintergrundinformationen über natürliche Böden vorliegen, sollte den Validitätskriterien besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

11.
Die trockenen Bestandteile des Bodens werden gründlich gemischt (z. B. in einem großen Labormischer). Zur Bestimmung des pH-Werts wird eine Mischung aus Boden und 1 M Calciumchlorid- (KCl) oder 0,01 M Calciumchlorid-Lösung (CaCl2) im Verhältnis 1:5 verwendet (siehe (14) und Anlage 3). Wenn der Boden saurer als erforderlich ist (siehe Nummer 10), kann der pH-Wert durch Zugabe einer geeigneten Menge CaCO3 korrigiert werden. Ist der Boden zu alkalisch, kann der pH-Wert durch Zugabe einer größeren Menge der Mischung mit den ersten drei der unter Nummer 10 beschriebenen Bestandteile (aber ohne CaCO3) korrigiert werden.
12.
Die maximale Wasserhaltefähigkeit des künstlichen Bodens wird nach den in Anlage 2 beschriebenen Verfahren ermittelt. 2 bis 7 Tage vor Beginn der Prüfung wird der trockene künstliche Boden angefeuchtet, indem so viel destilliertes oder entionisiertes Wasser hinzugegeben wird, bis etwa die Hälfte des endgültigen Wasservolumens erreicht ist (40-60 % der maximalen Wasserhaltefähigkeit). Der Feuchtegehalt wird auf 40-60 % der maximalen Wasserhaltefähigkeit eingestellt, indem die Lösung mit der Prüfchemikalie und/oder destilliertes oder entionisiertes Wasser hinzugegeben wird (siehe Nummern 16-18). Eine zusätzliche grobe Prüfung des Feuchtegehalts des Bodens wird vorgenommen, indem der Boden vorsichtig in der Hand gedrückt wird; bei richtigem Feuchtegehalt sollten Wassertröpfchen zwischen den Fingern austreten.
13.
Der Feuchtegehalt des Bodens wird zu Beginn und am Ende der Prüfung durch Trocknung bei 105 °C auf ein konstantes Gewicht gemäß ISO 11465 (17) gemessen; die Messung des pH-Werts erfolgt gemäß Anlage 3 oder ISO 10390 (14). Diese Messungen sind an zusätzlichen milbenfreien Proben sowohl aus den Kontrollböden als auch aus den einzelnen Böden mit Testkonzentrationen vorzunehmen. Wenn saure oder basische Chemikalien geprüft werden, sollte der pH-Wert des Bodens nicht justiert werden. Der Feuchtegehalt ist während der gesamten Prüfung durch regelmäßiges Wiegen der Gefäße zu überwachen (siehe Nummern 20 und 24).

Auswahl und Vorbereitung der Testtiere

14.
In diesem Versuch wird die Art Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer (Canestrini, 1883) verwendet. Für den Teststart werden adulte weibliche Milben aus einer synchronisierten Gruppe benötigt. Die Milben sind etwa 7-14 Tage nach Erreichen des adulten Stadiums, d. h. 28-35 Tage nach Beginn der Eiablage in der Synchronisation einzusetzen (siehe Nummer 3 und Anlage 4). Die Herkunft der Milben bzw. die Anbieter und die Kultivierungsbedingungen im Labor sind zu protokollieren. Wird eine Milbenkultur im Labor gehalten, sollte die Identität der jeweiligen Art mindestens einmal jährlich bestätigt werden. Ein Identifikationsblatt liegt als Anlage 6 bei.

Herstellung der Testkonzentrationen

15.
Die Prüfchemikalie wird in den Boden gemischt. Organische Lösungsmittel, die als Hilfsmittel zur Behandlung des Bodens mit der Prüfchemikalie verwendet werden, sollten aufgrund ihrer geringen toxischen Wirkung auf die Milben gewählt werden, und im Versuchsplan ist eine angemessene Lösungsmittelkontrolle vorzusehen (siehe Nummer 29).

Wasserlösliche Prüfchemikalien

16.
Eine Lösung der Prüfchemikalie wird in einer für alle Replikate einer Testkonzentration ausreichenden Menge in entionisiertem Wasser hergestellt. Dabei sollte möglichst so viel Wasser verwendet werden, dass der erforderliche Feuchtegehalt (d. h. 40-60 % der maximalen Wasserhaltefähigkeit (siehe Nummer 12)) erreicht wird. Jede Lösung der Prüfchemikalie wird gründlich mit einer Charge des befeuchteten Bodens gemischt und anschließend in das Prüfgefäß gegeben.

Nicht wasserlösliche Prüfchemikalien

17.
Prüfchemikalien, die nicht in Wasser, sondern nur in organischen Lösungsmitteln löslich sind, können in der kleinstmöglichen Menge eines geeigneten Lösungsmittels (z. B. Aceton) gelöst werden. Es sollten jedoch nur flüchtige Lösungsmittel verwendet werden. Werden derartige Lösungsmittel verwendet, müssen alle Testkonzentrationen und die Kontrolle dieselbe Mindestmenge dieses Lösungsmittels enthalten. Das Lösungsmittel wird aufgesprüht oder mit einer kleinen Menge (z. B. 10 g) Quarzsand gemischt. Der gesamte Sandgehalt des Substrats ist auf diese Menge zu korrigieren. Anschließend wird das Lösungsmittel mindestens eine Stunde lang unter einer Abzugshaube verdampft. Diese Mischung aus Quarzsand und Prüfchemikalie wird zum angefeuchteten Boden hinzugegeben und mit einer angemessenen Menge entionisierten Wassers gründlich vermischt, um den erforderlichen Feuchtegehalt zu erhalten. Die endgültige Mischung wird in die Prüfgefäße gegeben. Zu beachten ist, dass manche Lösungsmittel für Milben toxisch sein können. Wenn über die Toxizität des Lösungsmittels bei Milben nichts bekannt ist, wird empfohlen, eine zusätzliche Wasserkontrolle ohne Trägerstoff zu verwenden. Wird angemessen nachgewiesen, dass das Lösungsmittel (in den zu verwendenden Konzentrationen) keine Wirkung zeigt, braucht die Wasserkontrolle nicht berücksichtigt zu werden.

In Wasser und organischen Lösungsmitteln schlecht lösliche Prüfchemikalien

18.
Bei in Wasser und in organischen Lösungsmitteln schlecht löslichen Chemikalien werden 2,5 g fein gemahlener Quarzsand pro Prüfgefäß (z. B. 10 g feiner Quarzsand für vier Replikate) mit der benötigten Menge Prüfchemikalie gemischt, um die gewünschte Testkonzentration zu erhalten. Der gesamte Sandanteil des Substrats sollte auf diese Menge korrigiert werden. Diese Mischung aus Quarzsand und Prüfchemikalie wird zum angefeuchteten Boden hinzugegeben und mit einer angemessenen Menge entionisierten Wassers gründlich vermischt, um den erforderlichen Feuchtegehalt zu erhalten. Die endgültige Mischung wird auf die Prüfgefäße verteilt, das Verfahren wird für alle Testkonzentrationen wiederholt und es wird eine geeignete Kontrolle hergestellt.

VERFAHREN

Testgruppen und Kontrollen

19.
Für jedes Kontroll- und Prüfgefäß werden jeweils zehn adulte weibliche Tiere in 20 g künstlichem Boden (bezogen auf die Trockenmasse) empfohlen. Die Testorganismen sind innerhalb von zwei Stunden nach der Herstellung des fertigen Testsubstrats (d. h. nach Applikation der Prüfchemikalie) einzusetzen. In besonderen Fällen (z. B. wenn die Alterung ein entscheidender Faktor ist) kann die Zeitspanne zwischen der Herstellung des fertigen Testsubstrats und dem Einsetzen der Milben verlängert werden (für Einzelheiten zur Alterung siehe (18)); dies ist jedoch wissenschaftlich zu begründen.
20.
Nach dem Einsetzen in den Boden werden die Milben gefüttert und das Anfangsgewicht eines jeden Testgefäßes bestimmt, welches als Bezugsgröße zur Überwachung des Feuchtegehalts des Bodens während der gesamten Prüfung dient; siehe Nummer 24. Anschließend werden die Prüfgefäße verschlossen, wie unter Nummer 8 beschrieben, und in die Prüfkammer gestellt.
21.
Für jede der unter den Nummern 15-18 beschriebenen Methoden für die Applikation der Prüfchemikalie sind entsprechende Kontrollen herzustellen. Die beschriebenen Verfahren sind dieselben wie für die Herstellung der Kontrollen, außer dass keine Prüfchemikalie zugegeben wird. Folglich werden den Kontrollen gegebenenfalls organische Lösungsmittel, Quarzsand oder sonstige Trägerstoffe in denselben Konzentrationen/Mengen wie in den Prüfgefäßen zugegeben. Wird ein Lösungsmittel oder ein sonstiger Trägerstoff zur Prüfchemikalie hinzugegeben, von dem die Toxizität nicht bekannt ist, so ist eine zusätzliche Kontrolle ohne Trägerstoff bzw. ohne Prüfchemikalie herzustellen und zu testen (siehe Nummer 17).

Prüfbedingungen

22.
Die Prüftemperatur beträgt 20 ± 2 °C und sollte mindestens täglich erfasst und gegebenenfalls korrigiert werden. Der Test wird in kontrollierten Hell-/Dunkel-Zyklen (vorzugsweise 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit) mit einer Beleuchtungsstärke von 400-800 lux im Umfeld der Prüfgefäße durchgeführt. Aus Gründen der Vergleichbarkeit gelten dieselben Bedingungen wie in anderen Tests zur Bestimmung der Ökotoxizität in Böden (z. B. (15)).
23.
Gasaustausch sollte gewährleistet werden, indem die (mit Schraubverschlüssen versehenen) Prüfgefäße mindestens zweimal wöchentlich belüftet werden. Sind die Gefäße mit Gaze verschlossen, muss besonders auf den Feuchtegehalt des Bodens geachtet werden (siehe Nummern 8 und 24).
24.
Der Wassergehalt des Bodensubstrats in den Prüfgefäßen wird während der gesamten Prüfung durch Wiegen kontrolliert und gegebenenfalls durch regelmäßiges Nachwässern der Gefäße (z. B. einmal wöchentlich) aufrechterhalten. Verluste werden gegebenenfalls mit entionisiertem Wasser ausgeglichen. Der Feuchtegehalt während der Prüfung darf höchstens um 10 % vom Ausgangswert abweichen.

Fütterung

25.
Käsemilben (Tyrophagus putrescentiae (Schrank, 1781)) haben sich nachweislich als geeignete Futterquelle erwiesen. Kleine Collembolen (z. B. juvenile Folsomia candida Willem, 1902, oder Onychiurus fimatus (19), (20), Enchytraeen (z. B. Enchytraeus crypticus Westheide & Graefe, 1992) oder Nematoden (z. B. Turbatrix silusiae de Man, 1913)) könnten ebenfalls geeignet sein (21). Es wird empfohlen, das vorgesehene Futter vor Verwendung im Test zu prüfen. Um die Validitätskriterien zu erfüllen, müssen Art und Menge des Futters gewährleisten, dass sich eine angemessene Anzahl juveniler Tiere entwickelt (Nummer 6). Bei der Auswahl der Futtertiere sollte auch die Wirkungsweise der Prüfchemikalie berücksichtigt werden (beispielsweise kann ein Akarizid auch für die Futtermilben giftig sein; siehe Nummer 26).
26.
Futter ist ad libitum bereitzustellen (d. h. jedes Mal eine kleine Menge, etwa eine Spatelspitze). Dazu kann auch ein Sauger mit geringer Saugwirkung, wie er für den Collembolen-Test vorgeschlagen wird, oder ein feiner Pinsel verwendet werden. Gewöhnlich reicht es, das Futter zu Beginn der Prüfung und danach zwei- bis dreimal wöchentlich anzubieten. Wenn die Prüfchemikalie für die Futtertiere eindeutig toxisch ist, sollte häufigeres Füttern und/oder ein anderes Futter in Betracht gezogen werden.

Wahl der Testkonzentrationen

27.
Vorkenntnis der Toxizität der Prüfchemikalie (z. B. aus Vorversuchen) erleichtert die Wahl geeigneter Testkonzentrationen. Falls erforderlich, wird ein Vorversuch mit fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie im Bereich 0,1-1 000  mg/kg trockener Boden mit jeweils mindestens einem Replikat für die Prüf- und die Kontrollgefäße durchgeführt. Der Vorversuch dauert 14 Tage; anschließend werden die Mortalität der adulten Milben und die Zahl der juvenilen Tiere ermittelt. Der Konzentrationsbereich im endgültigen Test sollte vorzugsweise so gewählt werden, dass er Konzentrationen umfasst, die die Zahl der juvenilen Tiere beeinflussen, nicht jedoch das Überleben der Muttertiere. Bei Chemikalien, die bei fast gleichen Konzentrationen letal und subletal wirken, ist dies unter Umständen nicht möglich. Die im Test verwendeten Konzentrationen sollten in jedem Fall die Wirkungskonzentration (z. B. EC50, EC25 und EC10) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfchemikalie von Interesse ist, einschließen. Eine Extrapolation deutlich unterhalb der niedrigsten Konzentration, bei der eine Wirkung auf die Testorganismen auftritt, oder oberhalb der höchsten geprüften Konzentration sollte nur in Ausnahmefällen stattfinden und ist im Bericht umfassend zu begründen.

Versuchsplan

Dosis-Wirkung-Tests

28.
Gestützt auf die Empfehlungen aus einem anderen Ringtest (Enchytraeen-Reproduktionstest, (22)) werden drei Versuchspläne vorgeschlagen. Die generelle Eignung aller drei Pläne wurde durch das Ergebnis der H. aculeifer-Validierung bestätigt.
29.
Bei der Festlegung der Konzentrationsspanne sollten die folgenden Aspekte berücksichtigt werden:
Zur Ermittlung des ECx-Wertes (z. B. EC10 oder EC50) sind zwölf Konzentrationen zu prüfen. Empfohlen werden mindestens zwei Replikate pro Testkonzentration und sechs Replikate pro Kontrolle. Der Abstandsfaktor kann variieren, d. h. im erwarteten Wirkungsbereich maximal 1,8 und bei den höheren und niedrigeren Konzentrationen über 1,8).
Zur NOEC-Bestimmung sollten mindestens fünf Konzentrationen in einer geometrischen Reihe geprüft werden. Empfohlen werden vier Replikate pro Testkonzentration plus acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 2,0 unterscheiden.
Ein kombinierter Ansatz ermöglicht die Bestimmung sowohl des NOEC- als auch des ECx-Wertes. Empfohlen werden acht Prüfkonzentrationen in einer geometrischen Reihe sowie vier Replikate pro Prüfkonzentration plus acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 1,8 unterscheiden.

Limit-Test

30.
Zeigen sich im Vorversuch bei der höchsten Konzentration (1 000  mg/kg trockener Boden) keine Wirkungen, kann der endgültige Reproduktionstest als Limit-Test mit der Testkonzentration 1 000  mg/kg durchgeführt werden. Mit einem Limit-Test lässt sich nachweisen, dass der NOEC- oder der EC10-Wert für die Reproduktionsleistung über der Limit-Konzentration liegt, während die Zahl der für den Test verwendeten Milben gleichzeitig auf ein Minimum begrenzt ist. Sowohl für den behandelten Boden als auch für die Kontrolle sind jeweils acht Replikate vorzusehen.

Testdauer und Messungen

31.
Alle beobachteten Unterschiede in Verhalten und Morphologie zwischen den Milben in der Kontrolle und den Milben in den Prüfgefäßen sind aufzuzeichnen.
32.
An Tag 14 werden die überlebenden Milben unter Licht-/Wärmeeinfluss oder nach einer anderen geeigneten Methode (siehe Anlage 5) extrahiert. Juvenile (d. h. Larven, Protonymphen und Deutonymphen) und adulte Tiere werden separat gezählt. Adulte Milben, die zu diesem Zeitpunkt nicht gefunden werden, gelten als tot, wobei davon ausgegangen wird, dass die Milben vor der Bewertung abgestorben sind und sich zersetzt haben. Die Wirksamkeit der Extraktion ist ein- oder zweimal jährlich in Kontrollen mit einer bekannten Anzahl adulter und juveniler Tiere zu validieren. Sie sollte im Schnitt bei allen Entwicklungsstadien bei über 90 % liegen (siehe Anlage 5). Die Zählungen der Adulten und Juvenilen dürfen nicht mit Blick auf die Erfüllung des Wirksamkeitskriteriums angepasst werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

33.
Für Informationen über die statistischen Methoden für die Auswertung der Testergebnisse siehe Nummern 36 bis 41 sowie OECD-Dokument 54 „Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application“ (31).
34.
Hauptendpunkt des Tests ist die Reproduktionsleistung, in diesem Fall die Zahl der pro Prüfgefäßreplikat (mit jeweils 10 eingesetzten adulten Weibchen) produzierten juvenilen Tiere. Für die statistische Analyse müssen für jede Testkonzentration und für jede Kontrolle das arithmetische Mittel (S) und die Varianz (s2) der Reproduktionsleistung berechnet werden. X und s2 werden für ANOVA-Verfahren wie den Student-, den Dunnett- oder den Williams-Test sowie für die Berechnung der 95 %-Konfidenzgrenzen verwendet.

Hinweis: Dieser Hauptendpunkt entspricht der Fruchtbarkeit, gemessen als Zahl der während der Prüfung produzierten lebenden juvenilen Tiere geteilt durch die Zahl der bei Prüfungsbeginn eingesetzten weiblichen Elterntiere.

35.
Die Zahl der in den unbehandelten Kontrollen ist ein Hauptvaliditätskriterium und muss aufgezeichnet werden. Wie schon beim Vorversuch sind im Schlussbericht auch alle anderen Anzeichen von Schadwirkungen festzuhalten.

ECx

36.
ECx-Werte, einschließlich ihrer entsprechenden oberen und unteren 95 %-Konfidenzgrenzen, für den Parameter gemäß Nummer 34 sind nach geeigneten statistischen Methoden (z. B. Probit-Analysen, Logit- oder Weibull-Modell, Trimmed Spearman-Karber-Methode oder einfache Interpolation (11)) zu berechnen. Ein ECx-Wert wird ermittelt, indem ein x % des Kontrollmittelwertes entsprechender Wert in die entstandene Gleichung eingesetzt wird. Um den EC50-Wert oder einen beliebigen anderen ECx-Wert zu ermitteln, sollten die für die einzelnen Prüfgefäße berechneten Mittelwerte (x) einer Regressionsanalyse unterzogen werden.

NOEC/LOEC

37.
Zur Bestimmung der NOEC-/LOEC-Werte durch statistische Analyse sind statistische Auswertungen für jedes Gefäß erforderlich (wobei einzelne Gefäße als Replikate gelten.) Es sollten geeignete statistische Methoden angewendet werden (gemäß OECD-Dokument 54 „Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application“). Grundsätzlich gilt, dass Schadwirkungen der Prüfchemikalie im Vergleich zur Kontrolle mit einer einseitigen (kleineren) Hypothesenprüfung bei p ≤ 0,05 zu untersuchen sind. Siehe Beispiele in den folgenden Absätzen.
38.
Die Normalverteilung der Daten kann z. B. anhand der Kolmogorov-Smirnov-Methode („Goodness-of-Fit-Test“), anhand einer Prüfung zur Ermittlung des Quotienten aus Spannweite und Standardabweichung (range to standard deviation ratio, R/s-Test) oder anhand des Shapiro-Wilk-Tests (zweiseitig, p ≤ 0,05) untersucht werden. Mit dem Cochran-Test, dem Levene-Test oder dem Bartlett-Test (zweiseitig, p ≤ 0,05) kann die Varianzhomogenität geprüft werden. Wenn die Bedingungen parametrischer Testverfahren (Untersuchung auf Normalverteilung und Varianzhomogenität) erfüllt sind, können eine einseitige Varianzanalyse (ANOVA) und anschließend Multi-Comparison-Tests durchgeführt werden. Mit paarweisen Vergleichstests (z. B. dem Dunnett-t-Test) oder Step-down-Trendtests (z. B. mit dem Williams-Test bei monotoner Dosis-Wirkung-Beziehung) kann berechnet werden, ob zwischen den Kontrollen und den verschiedenen Prüfkonzentrationen signifikante Unterschiede (p ≤ 0,05) bestehen (Auswahl des empfohlenen Tests gemäß OECD-Dokument 54 „Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application“). Andernfalls sollten nicht parametrische Methoden (z. B. ein U-Test mit Bonferroni-/Holm-Korrektur oder ein Jonckheere-Terpstra-Trendtest) verwendet werden, um den NOEC- und den LOEC-Wert zu bestimmen.

Limit-Test

39.
Wurde ein Limit-Test (Vergleich der Kontrolle mit einer einzigen Testkonzentration) durchgeführt und sind die Bedingungen für parametrische Prüfverfahren (Normalität, Homogenität) erfüllt, können metrische Reaktionen mit dem Student-t-Test ausgewertet werden. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen (Welch-Test) oder ein nicht-parametrischer Test wie der U-Test nach Mann und Whitney verwendet werden.
40.
Um signifikante Unterschiede zwischen den Kontrollen (Kontrollen und Lösungsmittelkontrollen) zu ermitteln, können die Replikate der einzelnen Kontrollen wie für den Limit-Test beschrieben geprüft werden. Werden bei diesen Tests keine signifikanten Unterschiede festgestellt, können alle Replikate der Kontrolle und Lösungsmittelkontrolle gepoolt werden. Anderenfalls sind alle Testkonzentrationen mit der Lösungsmittelkontrolle zu vergleichen.

Prüfbericht

40.
Der Prüfbericht sollte zumindest folgende Angaben enthalten:
Prüfchemikalie

 

— Identität der Prüfchemikalie (Charge, Los, CAS-Nummer und Reinheit);

— physikalisch-chemische Eigenschaften der Prüfchemikalie (z. B. log Kow, Wasserlöslichkeit, Dampfdruck und Henry-Konstante (H) sowie vorzugsweise Angaben zum Verbleib der Prüfchemikalie im Boden).

Testorganismen

 

— Identifizierung und Bezugsquelle der Testorganismen, Beschreibung der Aufzuchtbedingungen;

— Altersspanne der Testorganismen;

Prüfbedingungen

 

— Beschreibung des Prüfprotokolls und des Prüfverfahrens;

— Angaben zur Herstellung des Testbodens; detaillierte Spezifikation, wenn natürlicher Boden verwendet wird (Herkunft, Geschichte, Partikelgrößenverteilung, pH-Wert, organische Bestandteile und — falls verfügbar — Einstufung);

— maximale Wasserhaltekapazität des Bodens;

— Beschreibung des Verfahrens zur Einbringung der Prüfchemikalie in den Boden;

— nähere Angaben zu chemischen Hilfsstoffen, die zur Applikation der Prüfchemikalie verwendet wurden;

— Größe der Prüfgefäße und Trockenmasse des Testbodens pro Gefäß;

— Prüfbedingungen: Lichtintensität, Dauer der Hell-/Dunkel-Zyklen, Temperatur;

— Beschreibung des Fütterungsregimes; Typ und Menge des im Versuch verwendeten Futters; Zeitpunkte der Fütterung;

— pH-Wert und Wassergehalt des Bodens zu Beginn und während der Prüfung (Kontrolle und jede einzelne Testkonzentration);

— detaillierte Beschreibung des Extraktionsverfahrens und der Wirksamkeit des Verfahrens.

Prüfergebnisse

 

— Zahl der in den einzelnen Prüfbehältern ermittelten juvenilen Tiere am Ende der Prüfung;

— Zahl der am Ende der Prüfung in den einzelnen Prüfbehältern ermittelten adulten Weibchen und abgestorbenen adulten Tiere ( %);

— Beschreibung deutlicher Symptome oder ausgeprägter Verhaltensänderungen;

— Ergebnisse mit der Referenzchemikalie;

— zusammenfassende Statistik (ECx-Werte und/oder NOEC) einschließlich der 95 %-Konfidenzintervalle und einer Erläuterung der Berechnungsmethode;

— grafische Darstellung der Dosis-Wirkung-Beziehung;

— Abweichungen von den für diese Prüfmethode beschriebenen Verfahren und außergewöhnliche Vorkommnisse während der Prüfung.

LITERATUR

(1) Casanueva, M.E. (1993). Phylogenetic studies of the free-living and arthropod associated Laelapidae (Acari: Mesostigmata). Gayana Zool. 57, 21-46.

(2) Tenorio, J. M. (1982). Hypoaspidinae (Acari: Gamasida: Laelapidae) of the Hawaiian Islands. Pacific Insects 24, 259-274.

(3) Bakker, F.M., Feije, R., Grove, A. J., Hoogendorn, G., Jacobs, G., Loose, E.D. und van Stratum, P. (2003). A laboratory test protocol to evaluate effects of plant protection products on mortality and reproduction of the predatory mite Hypoaspis aculeifer Canestrini (Acari: Laelapidae) in standard soil. JSS — Journal of Soils and Sediments 3, 73-77.

(4) Karg, W. (1993). Die freilebenden Gamasina (Gamasides), Raubmilben. 2. Auflage, in: Dahl, F. (Hrsg.): Die Tierwelt Deutschlands 59. Teil, G. Fischer, Jena, 523 S.

(5) Ruf, A. (1991). Do females eat males?: Laboratory studies on the popualation development of Hypoaspis aculeifer (Acari: Parasitiformes). In: F. Dusbabek und V. Bukva (Hrsg.): Modern Acarology. Academia Prague & SPD Academic Publishing bv, The Hague, Vol. 2, 487-492.

(6) Ruf, A. (1995). Sex ratio and clutch size control in the soil inhabiting predatory mite Hypoaspis aculeifer (Canestrini 1883) (Mesostigmata, Dermanyssidae). Proc. 2nd Symp. EURAAC: S. 241-249.

(7) Ruf, A. (1996). Life-history patterns in soil-inhabiting mesostigmatid mites. Proc. IXth Internat. Congr. Acarol. 1994, Columbus, Ohio: S. 621-628.

(8) Krogh, P.H. und Axelsen, J.A. (1998). Test on the predatory mite Hypoaspis aculeifer preying on the collembolan Folsomia fimetaria. In: Lokke, H. und van Gestel, C.A.M.: Handbook of soil invertebrate toxicity tests. John Wiley Sons, Chichester, S. 239-251.

(9) Løkke, H., Janssen, C.R., Lanno, R.P., Römbke, J., Rundgren, S. und Van Straalen, N.M. (2002). Soil Toxicity Tests — Invertebrates. In: Test Methods to Determine Hazards of Sparingly Soluble Metal Compounds in Soils. Fairbrother, A., Glazebrook, P.W., Van Straalen, N.M. und Tarazona, J.V. (Hrsg.). SETAC Press, Pensacola, USA. 128 S.

(10) Schlosser, H.-J. und Riepert, F. (1991/92). Entwicklung eines Prüfverfahrens für Chemikalien an Bodenraubmilben (Gamasina). Teil 1: Biologie der Bodenraubmilbe Hypoaspis aculeifer Canestrini, 1883 (Gamasina) unter Laborbedingungen. Zool. Beiträge, 34, 395-433.

(11) Schlosser, H.-J. und Riepert, F. (1992). Entwicklung eines Prüfverfahrens für Chemikalien an Bodenraubmilben (Gamasina). Teil 2: Erste Ergebnisse mit Lindan und Kaliumdichromat in subletaler Dosierung. Zool. Beitr. N.F. 34, 413-433.

(12) Heckmann, L.-H., Maraldo, K. und Krogh, P. H. (2005). Life stage specific impact of dimethoate on the predatory mite Hypoaspis aculeifer Canestrini (Gamasida: Laelapidae). Environmental Science & Technology 39, 7154-7157.

(13) Petersen, H. (1978). Some properties of two high-gradient extractors for soil microarthropods, and an attempt to evaluate their extraction efficiency. Natura Jutlandica 20, 95-122.

(14) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1994). Bodenbeschaffenheit; Bestimmung des pH-Wertes, Nr. 10390. ISO, Genf.

(15) Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer.

(16) EPPO (2003): EPPO Standards. Environmental risk assessment scheme for plant protection products. Chapter 8. Soil Organisms and Functions. Bull. OEPP/EPPO Bull. 33, 195-209.

(17) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1993). Bodenbeschaffenheit; Bestimmung des Trockenrückstandes und des Wassergehaltes auf Grundlage der Masse; Gravimetrisches Verfahren, Nr. 11465. ISO, Genf.

(18) Fairbrother, A., Glazebrock, P.W., Van Straalen, N.M. und Tarazona, J.V. 2002. Test Methods to Determine Hazards of Sparingly Soluble Metal Compounds in Soils. SETAC Press, Pensacola, FL, USA.

(19) Chi, H. 1981. Die Vermehrungsrate von Hypoaspis aculeifer Canestrini (Acarina, Laelapidae) bei Ernährung mit Onychiurus fimatus Gisin (Collenbola). Ges.allg..angew. Ent. 3:122-125.

(20) Schlosser, H.J. und Riepert, F. 1992. Entwicklung eines Prüfverfahrens für Chemikalien an Bodenraubmilden (Gamasina). Zool. Beitr. N.F. 34(3):395-433.

(21) Heckmann, L.-H., Ruf, A., Nienstedt, K. M. u Krogh, P. H. 2007. Reproductive performance of the generalist predator Hypoaspis aculeifer (Acari: Gamasida) when foraging on different invertebrate prey. Applied Soil Ecology 36, 130-135.

(22) Kapitel C.32 dieses Anhangs — Enchyträen-Reproduktionstest.

(23) ISO (Internationale Organisation für Normung) (1994). Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer — Teil 2: Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung von Eisenia fetida/Eisenia andrei, Nr. 11268-2. ISO, Genf.

(24) Southwood, T.R.E. (1991). Ecological methods. With particular reference to the study of insect populations. (2. Auflage). Chapman & Hall, London, 524 S.

(25) Dunger, W. und Fiedler, H.J. (1997). Methoden der Bodenbiologie (2. Aufl.). G. Fischer, Jena, 539 S.

(26) Lesna, I. und Sabelis, M.W. (1999). Diet-dependent female choice for males with „good genes“ in a soil predatory mite. Nature 401, 581-583.

(27) Ruf, A. (1989). Die Bedeutung von Arrhenotokie und Kannibalismus für die Populationsentwicklung von Hypoaspis aculeifer (Canestrini 1883) (Acari, Gamasina). Mitt. Deut. Ges. Allg. Angew. Ent. 7, 103-107.

(28) Ruf, A. (1993). Die morphologische Variabilität und Fortpflanzungsbiologie der Raubmilbe Hypoaspis aculeifer (Canestrini 1883) (Mesostigmata, Dermanyssidae). Dissertation, Universität Bremen.

(29) Ignatowicz, S. (1974). Observations on the biology and development of Hypoaspis aculeifer Canestrini, 1885 (Acarina, Gamasides). Zoologica Poloniae 24, 11-59.

(30) Kevan, D.K. McE. und Sharma, G.D. (1964). Observations on the biology of Hypoaspis aculeifer (Canestrini, 1884), in Nordamerika scheinbar neu aufgetreten (Acarina: Mesostigmata: Laelaptidae). Acarologia 6, 647-658.

(31) OECD (2006c). Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application. OECD-Veröffentlichungen zu Gesundheit und Arbeitsschutz, Reihe „Testing and Assessment“, Nr. 54, ENV/JM/MONO(2006)18

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Die folgenden Definitionen beziehen sich auf die vorliegende Prüfmethode. (Bei dieser Prüfung werden alle Wirkungskonzentrationen als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.)

Chemikalie : Stoff oder ein Gemisch.

ECx (Konzentration für eine Wirkung von x %) : die Konzentration, die im Vergleich zur Kontrolle innerhalb eines bestimmten Expositionszeitraums eine x %ige Wirkung auf die Testorganismen zeigt. Ein EC50-Wert ist beispielsweise eine Konzentration, bei der davon ausgegangen wird, dass sie sich innerhalb eines bestimmten Expositionszeitraums bei 50 % einer exponierten Population auf einen Prüfungsendpunkt auswirkt.

LOEC (Niedrigste messbare Konzentration mit statistisch signifikanter Wirkung) : niedrigste Konzentration einer Prüfchemikalie, die im Vergleich zur Kontrolle innerhalb eines bestimmten Expositionszeitraums eine statistisch signifikante Wirkung (p ≤ 0,05) zeigt.

NOEC (Höchste messbare Konzentration ohne statistisch signifikante Wirkung) : die Konzentration der Prüfchemikalie, bei der keine Wirkung gemessen wird. Für diesen Test zeigt die dem NOEC-Wert entsprechende Konzentration im Vergleich zur Kontrolle innerhalb eines bestimmten Expositionszeitraums keine statistisch signifikante Wirkung (p ≤ 0,05).

Prüfchemikalie : beliebiger Stoff oder beliebiges Gemisch, der bzw. das nach dieser Methode geprüft wird.

Anlage 2

Bestimmung der maximalen Wasserhaltekapazität des künstlichen Bodens

Die folgende Methode hat sich zur Bestimmung der maximalen Wasserhaltekapazität des Bodens bewährt. Sie ist in Anhang C von ISO DIS 11268-2 (Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer (Eisenia fetida). Teil 2: Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung (23) beschrieben.

Mit einer geeigneten Vorrichtung zur Probenahme (Stechzylinder etc.) eine bestimmte Menge (z. B. 5 g) Prüfboden entnehmen. Den Zylinder auf der Unterseite mit Filterpapier abdecken, anschließend mit Wasser füllen und auf einem Gestell in ein Wasserbad setzen. Den Zylinder allmählich eintauchen, bis der Boden durch das Wasser bedeckt ist, und etwa drei Stunden im Wasser belassen. Da nicht alles durch die Bodenkapillare aufgenommene Wasser im Substrat gehalten werden kann, den Zylinder mit der Bodenprobe zur Entwässerung zwei Stunden in einem geschlossenen Gefäß (um eine Austrocknung zu verhindern) auf sehr feuchten, fein gemahlenen Quarzsand stellen. Anschließend die Probe wiegen und bei 105 °C bis zur Massekonstanz trocknen. Die Wasserhaltekapazität (Water Holding Capacity, WHC) kann dann wie folgt berechnet werden:

Dabei sind:

S = das wassergesättigte Substrat + Masse des Zylinders + Masse des Filterpapiers

T = Tara (Masse des Zylinders + Masse des Filterpapiers)

D = Trockenmasse des Substrats

Anlage 3

Bestimmung des pH-Wertes von Böden

Die folgende Methode zur Bestimmung des pH-Wertes von Böden beruht auf ISO DIS 10390: Bodenbeschaffenheit; Bestimmung des pH-Wertes (16).

Eine vorgegebene Menge Boden für mindestens 12 Stunden bei Raumtemperatur trocknen. Eine Suspension aus (mindestens 5 g) Boden in einer 1 M Lösung analysenreinen Kaliumchlorids (KCl) oder einer 0,01 M Lösung analysenreinen Calciumchlorids (CaCl2) im Verhältnis 1:5 herstellen. Anschließend die Suspension für fünf Minuten kräftig schütteln und dann mindestens 2, aber nicht länger als 24 Stunden ruhen lassen. Der pH-Wert der flüssigen Phase wird mit einem pH-Messgerät gemessen, das vor jeder Messung mit einer geeigneten Reihe an Pufferlösungen (z. B. pH 4,0 und 7,0) kalibriert wurde.

Anlage 4

Anzucht von Hypoaspis (Geolaelaps ) aculeifer und Lebensmittelmilben und Synchronisation der Kulturen

Anzucht von Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer:

Die Kulturen können in Kunststoffgefäßen oder in Glasgefäßen in einer Mischung aus Gips- und Holzkohlepulver im Verhältnis 9:1 gehalten werden. Der Gips kann erforderlichenfalls durch Zugabe einiger Tropfen destillierten oder entionisierten Wassers feucht gehalten werden. Die optimale Temperatur der Kultur liegt bei 20 ± 2 °C; die Photoperiode (Hell-/Dunkel-Phasen) ist für diese Art nicht von Bedeutung. Als Futter können Milben der Arten Typrophagus putrescentiae oder Caloglyphus sp. verwendet werden. (Lebensmilben sind mit Vorsicht zu handhaben, da sie bei Menschen Allergien auslösen können.) Nematoden, Enchytraeen und Collembolen sind als Futter ebenfalls geeignet. Ihre Bezugsquelle sollte protokolliert werden. Die Entwicklung der Population kann mit einem einzigen weiblichen Tier gestartet werden, denn männliche Tiere entwickeln sich in unbefruchteten Eiern. Die Generationen überschneiden sich weitgehend. Ein weibliches Tier kann mindestens 100 Tage lang leben und in diesem Zeitraum etwa 100 Eier ablegen. Die höchste Ablegeleistung wird erreicht zwischen Tag 10 und Tag 40 (nach Erreichen des adulten Stadiums) und beträgt 2,2 Eier pro Weibchen– 1 und Tag– 1. Die Ausreifung eines Eis zum adulten Weibchen dauert bei einer Temperatur von 20 °C etwa 20 Tage. Es empfiehlt sich, mehrere Kulturen anzulegen und vorrätig zu halten.

Anzucht von Typrophagus putrescentiae:

Die Milben werden in Glasgefäßen mit feinem Bierhefepulver gehalten, die wiederum in einen mit KNO3-Lösung gefüllten Plastikeimer gestellt werden, damit die Milben nicht entweichen können. Futtermilben werden auf das Pulver gesetzt und anschließend mit einem Spatel vorsichtig unter das Pulver gemischt. Das Pulver ist zweimal wöchentlich zu wechseln.

Synchronisation der Kultur:

Die Testorganismen sollten gleich alt sein (ca. 7 Tage nach Erreichen des adulten Stadiums). Bei einer Kulturtemperatur von 20 °C wird dies erreicht durch

Übertragung der weiblichen Tiere in ein sauberes Kulturgefäß mit anschließender Zugabe von Futter in ausreichender Menge;

Entnahme der weiblichen Tiere nach zwei bis drei Tagen Zeit für die Eiablage;
Entnahme adulter Testweibchen zwischen Tag 28 und Tag 35 und Übertragung adulter Weibchen in saubere Kulturgefäße.

Adulte weibliche Tiere sind von männlichen Tieren und von anderen Entwicklungsstadien leicht zu unterscheiden — sie sind größer, aufgebläht und haben einen braunen Rückenschild (männliche Tiere sind schlanker und platter). Noch nicht ausgereifte Tiere sind weiß bis cremefarbig. Die Entwicklungsstadien der Milben verlaufen bei einer Temperatur 20 °C etwa wie folgt (Abbildung): Eier 5d, Larven 2d, Protonymphen 5d, Deutonymphen 7d, Präovipositionsperiode der Weibchen2d. Danach haben die Milben das adulte Stadium erreicht.

Abbildung

Entwicklung von Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer bei 20 °C (Entnahme = weibliche Testexemplare)

Die adulten Testorganismen werden aus der synchronisierten Kultur entnommen und 28-35 Tage nach Beginn der Eiablage durch die Muttertiere (d. h. 7-14 Tage nach Erreichen des adulten Stadiums) in die Prüfgefäße gesetzt. Dies gewährleistet, dass die Testtiere die Präovipositionsperiode bereits durchlaufen und sich mit ebenfalls im Kulturgefäß vorhandenen männlichen Tieren gepaart haben. Beobachtungen an Laborkulturen lassen darauf schließen, dass sich weibliche Tiere unmittelbar oder kurz nach Erreichen des adulten Stadiums paaren, sofern männliche Tiere vorhanden sind (Ruf, Vaninnen, pers. Beob.). Der 7-Tage-Zeitraum wurde gewählt, um die Laborarbeit zu erleichtern und unterschiedliche Entwicklungen einzelner Exemplare abfedern zu können. Die Eiablage sollte mit mindestens ebenso vielen weiblichen Tieren begonnen werden, wie letztlich für die Prüfung benötigt werden. (Werden beispielsweise 400 weibliche Tiere benötigt, sollten auch mindestens 400 weibliche Tiere zwei bis drei Tage Zeit für die Eiablage gehabt haben.) Ausgangspunkt für die synchronisierte Population sollten mindestens 1 200 Eier sein (Geschlechterverhältnis ca. 0,5, Mortalität ca. 0,2). Um Kannibalismus zu vermeiden, sollten pro Gefäß nicht mehr als 20-30 Eier legende weibliche Tiere gehalten werden.

Anlage 5

Extraktionsverfahren

Bei Mikroarthropoden ist Extraktion unter Wärmeeinfluss eine geeignete Methode, um die Milben aus dem Boden/dem Substrat zu locken (siehe folgende Abbildung). Da diese Methode auf der Aktivität der Organismen beruht, können ausschließlich bewegungsfähige Exemplare erfasst werden. Bei der Extraktion unter Wärmeeinfluss werden die Lebensbedingungen für die Organismen in den Gefäßen allmählich so verschlechtert, dass sie das Substrat verlassen und in eine Fixierflüssigkeit fallen (z. B. Ethanol). Entscheidend sind die Dauer der Extraktion und der Verlauf von guten über mäßige bis hin zu schlechten Lebensbedingungen. Für Ökotoxizitätsprüfungen muss die Extraktion so schnell wie möglich erfolgen, weil eine Populationsvermehrung während der Extraktion die Ergebnisse verfälschen würde. Andererseits müssen Temperatur und Feuchte der Probe stets in einem Bereich liegen, bei dem die Milben sich noch bewegen können. Die Erwärmung einer Bodenprobe bewirkt eine Austrocknung des Substrats. Erfolgt letztere zu rasch, können auch einzelne Milben austrocknen, bevor sie die Chance haben, das Substrat zu verlassen.

Daher wird folgendes Verfahren empfohlen (24) (25):

Apparatur: Tullgren-Trichter oder vergleichbare Methoden wie Extraktion nach McFadyen (Erwärmung von oben, Probe steht über einem Trichter).

Erwärmung: 25 °C 12 h, 35 °C 12 h, 45 °C 24 h (insgesamt 48 h); die Temperatur ist im Substrat zu messen.

Fixierflüssigkeit: Ethanol (70 %).

Beschreibung: Von dem für die Prüfung verwendeten Glasgefäß Deckel abnehmen und die Öffnung mit Maschendraht oder Stoff umwickeln. Den Stoff, der eine Maschenweite von 1,0-1,5 mm haben sollte, mit einem Gummiband fixieren. Danach die Flasche vorsichtig umdrehen und in die Extraktionsapparatur setzen. Die Maschenweite des Gewebes verhindert, dass das Substrat in die Fixierflüssigkeit sickert, ist aber so groß, dass die Milben die Probe verlassen können. Nach dem Einsetzen aller Gefäße mit der Erwärmung beginnen. Die Extraktion nach 48 Stunden beenden. Fixierte Gefäße entnehmen und die Milben unter einem Stereomikroskop zählen.

Die Extraktionsleistung der gewählten Methode muss ein- bis zweimal jährlich unter Verwendung von Gefäßen mit einer bekannten Anzahl juveniler und adulter Milben in einem unbehandelten Testsubstrat nachgewiesen werden und sollte für alle Entwicklungsstadien zusammengerechnet bei durchschnittlich ≥ 90 % liegen.

Extraktionsapparatur mit Tullgren-Trichter

Vorbereitung des Prüfgefäßes nach Prüfungsende (vor der Extraktion)

Anlage 6

Identifizierung von Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer



Unterklasse/Ordnung/Unterordnung:Familie:Gattung/Untergattung/Art:
Acari/Parasitiformes/GamasidaLaelapidaeHypoaspis (Geolaelaps) aculeifer



Autor und Datum:F. Faraji, Ph.D. (MITOX), 23. Januar 2007



Literatur:

Karg, W. (1993). Die freilebenden Gamasina (Gamasides), Raubmilben. Tierwelt Deutschlands 59. Teil, 2. Überarbeitete Auflage: 1-523.

Hughes, A.M. (1976). The mites of stored food and houses. Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, Technical Bulletin 9: 400 S.

Krantz, G.W. (1978). A manual of Acarology. Oregon State University Book Stores, Inc., 509 S.



Bestimmungsmerkmale:

Tectum mit abgerundetem gezähntem Rand; Hypostom mit mehr als 6 Zähnchen; kaudal-dorsale Seten (Z4), nicht sehr lang; dorsale Seten, Bürsten; Genitalschild normal, nicht sehr vergrößert und nicht bis zum Analschild reichend; hintere Hälfte des Dorsalschilds unpaarige Seten, 2. und 4. Beinpaar mit dicken Makro-Seten; dorsale Seta Z5 etwa doppelt so lang wie J5; fester Chelicerenfinger mit 12-14 Zähnen und beweglicher Chelicerenfinger mit 2 Zähnen; Länge Idiosoma 520-685 μm.

Hypoaspis miles wird auch zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt und könnte mit H. aculeifer verwechselt werden. Hauptunterschied zwischen den beiden Arten:

H. miles gehört zur Unterart Cosmolaelaps und hat messerartige dorsale Seten; H. aculeifer hingegen gehört zur Unterart Geolaelaps und hat setiforme (borstenförmige) dorsale Seten.

Anlage 7

Basisinformationen zur Biologie von Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer

Hypoaspis aculeifer gehört zur Familie Lealapidae, Gattung Acari (Milben), Klasse Arachnida, Stamm Arthropoda. Die Milben leben in allen Arten von Böden und ernähren sich von anderen Milben, Nematoden, Enchytraeen und Collembolen (26). Bei Futtermangel kommt es zu Kannibalismus (27). Der Körper der Raubmilbe ist untergliedert in Idiosoma und Gnathosoma. Eine klare Trennung des Idiosoma in Prosoma (Kopf) und Opisthosoma (Bauch) besteht nicht. Das Gnathosoma (der Kopfschild) trägt die Mundwerkzeuge (z. B. Palpen und Cheliceren). Die dreigliedrigen Cheliceren sind mit unterschiedlich geformten Zähnen besetzt. Außer zur Nahrungsaufnahme nutzen die männlichen Tiere ihre Cheliceren vorwiegend, um die Spermatophoren auf die Weibchen zu übertragen. Ein Dorsalschild bedeckt nahezu das gesamte Idiosoma. Ein erheblicher Teil des weiblichen Idiosomas entfällt auf die Fortpflanzungsorgane, die insbesondere kurz vor der Eiablage deutlich ausgeprägt sind. Auf der Bauchseite befinden sich ebenfalls zwei Schilde: der Sternalschild und der Genitalschild. Alle Beine weisen Borsten und Stacheln auf. Die Borsten sorgen für die nötige Haftung beim Fortbewegen im oder auf dem Boden. Das erste Beinpaar hat vorwiegend Antennenfunktion. Das zweite Beinpaar dient nicht nur zur Fortbewegung, sondern auch zum Greifen der Beute. Die Dornen des vierten Beinpaars können sowohl als Schutz als auch zum „Antrieb“ dienen (28). Männliche Tiere sind 0,55-0,65 mm lang und wiegen 10-15 μg. Weibliche Tiere haben eine Länge von 0,8-0,9 mm und ein Gewicht von 50-60 μg (8) (28) (siehe Abb. 1).

Abb. 1

Weibliche und männliche Milben, Protonymphen und Larven von H. aculeifer

Bei 23 °C werden die Milben nach 16 Tagen (weibliche Tiere) bzw. nach 18 Tagen (männliche Tiere) geschlechtsreif (6). Die weiblichen Tiere nehmen das Sperma über das Solenostom auf, von wo es in das Ovar gelangt. Dort werden die Spermien aufbewahrt und reifen heran. Die Befruchtung erfolgt erst nach der Ausreifung der Spermien im Ovar. Befruchtete und unbefruchtete Eier werden von den Weibchen in Klumpen oder einzeln vorzugsweise in Spalten oder Löchern abgelegt. Kopulierte Weibchen können Juvenile beider Geschlechter erzeugen; aus Eiern nicht kopulierter Weibchen gehen ausschließlich männliche Tiere hervor. Bei der Entwicklung zur adulten Phase werden der vier Stadien (Ei – Larve, Larve – Protonymphe, Protonymphe – Deutonymphe, Deutonymphe – adultes Tier) durchlaufen.

Die Eier sind milchig weiß, hyalin, elliptisch und etwa 0,37 mm lang mit fester Hülle. Nach (8) sind die Larven 0,42-0,45 mm groß. Sie haben nur drei Beinpaare. Im Kopfbereich werden Palpen und Cheliceren ausgebildet. Die Cheliceren besitzen einige wenige kleine Zähnchen; diese werden für den Schlupfvorgang genutzt. Nach der ersten Häutung, 1-2 Tage nach dem Schlüpfen, entwickeln sich die Protonymphen. Sie sind ebenfalls weiß, 0,45-0,62 mm lang (8) und haben vier Beinpaare. Die Zähne auf den Cheliceren sind vollständig ausgebildet. Ab diesem Stadium beginnen die Milben zu fressen. Dazu wird die Cuticula der Beute mit den Cheliceren durchstochen und ein Sekret für die extraintestinale Verdauung in die Beute gespritzt. Der Nahrungsbrei kann dann von der Milbe aufgesaugt werden. Die Cheliceren dienen auch dazu, größere Teilchen aus Futterklumpen zu reißen (28). Nach einer weiteren Häutung entstehen die Deutonymphen. Sie sind 0,60-0,80 mm lang (8) und gelblich bis hellbraun. Ab dieser Phase können weibliche und männliche Tiere unterschieden werden. Nach einer weiteren Ecdysis, während der die Tiere inaktiv sind und sich der braune Schild entwickelt (etwa nach 14 Tagen), ist das adulte Stadium erreicht (28) (29) (30). Die Lebenserwartung der Milben liegt bei einer Temperatur von 25 °C zwischen 48 und 100 Tagen (27).

Anlage 8

Zusammenfassung und Zeitrahmen für die wichtigsten Verfahrensschritte zur Durchführung des Hypoaspis-Tests



Zeit (Tage)

Testbeginn = Tag 0

Verfahrensschritt / Aufgabe

Tag – 35

bis – 28

Übertragung der Weibchen aus der Stammkultur in saubere Gefäße, um die Synchronisation zu starten.

2 Tage später: Entnahme der weiblichen Tiere

zwei- oder dreimal wöchentlich: Bereitstellung einer ausreichenden Futtermenge

Tag – 5 (+/– 2)Herstellung des künstlichen Bodens
Tag – 4 (+/– 2)

Bestimmung der Wasserhaltekapazität (WHC) des künstlichen Bodens

Trocknen über Nacht

Nächster Tag: Wiegen der Proben und WHC-Berechnung

Tag – 4 (+/– 2)Befeuchten des künstlichen Bodens bis 20-30 % WHC
Tag 0

Beginn des Tests: Zugabe der Prüfchemikalie zum künstlichen Boden

Einsetzen von 10 Weibchen je Replikat

Wiegen der einzelnen Replikate

Herstellung abiotischer Kontrollen (für Feuchte und pH-Wert), pro Konzentration zwei Replikate

Trocknen der Feuchtigkeitskontrollen über Nacht

Nächster Tag: Wiegen der Feuchtigkeitskontrollen

Nächster Tag: Messen des pH-Werts der getrockneten abiotischen Kontrollen

Tage 3, 6, 9, 12 (etwa)

Versorgen der einzelnen Replikate mit ausreichender Menge Beuteorganismen

Wiegen der einzelnen Replikate und ggf. Zugabe von Wasser

Tag 14

Beenden des Tests; Vorbereiten der Extraktion (alle Replikate)und der Extraktionseffizienzkontrollen

Trocknen der Kontrollen über Nacht

Nächster Tag: Wiegen der Wassergehaltskontrollen

Nächster Tag: Messen des pH-Werts der getrockneten Kontrollen

Tage16Beenden der Extraktion
Tag 16+

Aufzeichnung der Anzahl adulter und juveniler Milben im extrahierten Material

Eintragen der Ergebnisse in Tabellen

Bericht über das Prüfverfahren auf Protokollbögen.

C.37.   21-TAGE FISCH-SCREENING-ASSAY: EIN KURZZEITTEST ZUR BESTIMMUNG DER ÖSTROGENEN UND ANDROGENEN AKTIVITÄT UND DER AROMATASEHEMMUNG

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 230 (2009). Die Entwicklung und Validierung eines Fischtests, mit dem bestimmte endokrin aktive Chemikalien nachgewiesen können, geht auf die Befürchtung zurück, dass in der Umwelt vorhandene Chemikalien aufgrund ihrer Interaktion mit dem endokrinen System die Gesundheit von Mensch und Natur gefährden. 1998 hat die OECD vorrangig mit der Änderung bestehender und der Entwicklung neuer Leitlinien für Screening-Tests und die Untersuchung potenziell endokriner Disruptoren begonnen. Ein Teil dieser Arbeit bestand in der Entwicklung einer technischen Leitlinie für das Screening von Chemikalien mit Wirkung auf das endokrine System von Fischen. Der 21-Tage-Fisch-Screening-Assay wurde im Rahmen laborübergreifender Untersuchungen an ausgewählten Chemikalien umfassend validiert, um die Relevanz und die Zuverlässigkeit des Assay für den Nachweis östrogen wirksamer und aromatasehemmender Chemikalien (1)(2)(3)(4)(5) bei den drei untersuchten Fischarten (Dickkopfelritze, Japanischer Reiskärpfling und Zebrabärbling) zu demonstrieren. Bei Dickkopfelritzen und bei Japanischen Reiskärpflingen kann androgene Aktivität nachgewiesen werden, nicht aber bei Zebrabärblingen. Anti-androgen wirkende Chemikalien können mit dieser Prüfmethode nicht nachgewiesen werden. Die Validierungsarbeit wurde von einer Gruppe von Experten, die von den nationalen Koordinatoren des Prüfrichtlinien-Programms ernannt wurden, einer Peer-Review unterzogen (6). Der Test ist nicht dafür vorgesehen, spezifische endokrinschädigende Wirkmechanismen zu identifizieren, denn die getesteten Fische besitzen eine intakte Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HHG-Achse), die auf unterschiedlichen Ebenen auf Chemikalien, die auf die HHG-Achse einwirken, reagieren kann. Der Kurzzeit-Reproduktionstest an Fischen (Fish Short Term Reproduction Assay, FSTRA) (OECD TG 229) umfasst Fruchtbarkeits- und gegebenenfalls histopathologische Gonaden-Untersuchungen bei Dickkopfelritzen sowie sämtliche unter diese Prüfmethode fallenden Endpunkte. Die OECD-Prüfrichtlinie TG 229 sieht ein Screening von Chemikalien vor, die die Reproduktion durch unterschiedliche Mechanismen (u. a. durch endokrine Prozesse) beeinflussen. Dem sollte Rechnung getragen werden, bevor über die geeignetste Prüfmethode entschieden wird.
2.
Die vorliegende Prüfmethode entspricht einem In-vivo-Screening-Assay, bei dem geschlechtsreife männliche und weibliche Fische gemeinsam gehalten und für einen begrenzten Teil ihres Lebenszyklus (21 Tage) einer Chemikalie ausgesetzt werden. Nach dieser 21-tägigen Exposition werden je nach verwendeter Art bei männlichen und weiblichen Fischen ein oder zwei Biomarker-Endpunkte als Indikatoren einer östrogenen, aromatosehemmenden oder androgenen Wirkung der Prüfchemikalie gemessen. Diese Endpunkte sind Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale. Vitellogenin wird bei Dickkopfelritzen, bei Japanischen Reiskärpflingen und bei Zebrabärblingen gemessen, die sekundären Geschlechtsmerkmale hingegen nur bei Dickkopfelritzen und Japanischen Reiskärpflingen.
3.
Dieser Bioassay dient dem In-vivo-Screening bestimmter endokriner Wirkungsweisen und ist im Zusammenhang mit dem „OECD Conceptual Framework for the Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals“ (28) zu sehen.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

4.
Vitellogenin (VTG) wird gewöhnlich von der Leber weiblicher oviparer Vertebraten in Reaktion auf im Blutkreislauf zirkulierendes endogenes Östrogen produziert. VTG ist ein Vorläufer von Eidotterproteinen und wandert, einmal in der Leber produziert, über die Blutbahn zum Eierstock, wo es aufgenommen und von sich entwickelnden Eiern modifiziert wird. Vitellogenin ist im Plasma noch nicht geschlechtsreifer weiblicher und männlicher Fische kaum nachweisbar, da sich bei diesen noch nicht genügend zirkulierendes Östrogen gebildet hat. Die Leber kann Vitellogenin jedoch in Reaktion auf eine exogene Östrogenstimulation synthetisieren und absondern.
5.
Die Messung der VTG-Konzentration ermöglicht den Nachweis von Chemikalien mit unterschiedlichen östrogenen Wirkungsweisen. Östrogen wirksame Chemikalien können durch Messung der VTG-Induktion bei männlichen Fischen nachgewiesen werden, was in wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit Peer Review umfassend dokumentiert wurde (z. B. (7)). VTG-Induktion wurde auch nach Exposition gegenüber aromatisierbaren Androgenen nachgewiesen (8)(9). Eine Reduktion des im Körper weiblicher Tiere zirkulierenden Östrogens, beispielsweise durch Hemmung der Aromatase, die endogenes Androgen in das natürliche Östrogen 17β-Östradiol umwandelt, bewirkt eine Verringerung der VTG-Konzentration, die zum Nachweis von Chemikalien mit aromatasehemmenden Eigenschaften verwendet wird (10)(11). Die biologische Relevanz der VTG-Reaktion nach einer Östrogen-/Aromatasehemmung ist erwiesen und wurde umfassend dokumentiert. Die VTG-Produktion bei weiblichen Tieren kann aber auch durch allgemeine Toxizität und nicht endokrine toxische Wirkungen (z. B. Hepatotoxizität) beeinflusst werden.
6.
Für Routinemessungen haben sich verschiedene standardisierte Verfahren bewährt, so der artspezifische ELISA (Enzyme-Linked Immunosorbent Assay), bei dem das in kleinen Blut- oder Leberproben einzelner Fische produzierte Vitellogenin immundiagnostisch quantifiziert wird (12)(13)(14)(15)(16)(17)(18). Die VTG-Messungen werden an Blutproben und/oder Kopf-/Schwanz-Homogenaten von Dickkopfelritzen und Zebrabärblingen sowie an Leberproben Japanischer Reiskärpflinge vorgenommen. Bei Japanischen Reiskärpflingen besteht eine ausgeprägte Korrelation zwischen dem im Blut und in der Leber gemessenen VTG (19). Anlage 6 enthält Empfehlungen für Verfahren zur Entnahme von Proben für Vitellogenin-Analysen. Kits für Vitellogenin-Messungen sind allgemein erhältlich; sie sollten auf einem validierten artspezifischen ELISA beruhen.
7.
Sekundäre Geschlechtsmerkmale männlicher Fische bestimmter Arten sind äußerlich sichtbar und quantifizierbar und reagieren auf zirkulierende Mengen endogen wirkender Androgene. Dies gilt für Dickkopfelritzen und für Japanische Reiskärpflinge, nicht aber für Zebrabärblinge, die keine quantifizierbaren sekundären Geschlechtsmerkmale besitzen. Weibliche Tiere behalten die Fähigkeit bei, sekundäre männliche Geschlechtsmerkmale zu entwickeln, wenn sie in Wasser androgen wirksamen Chemikalien ausgesetzt werden. In der Fachliteratur wird auf mehrere Studien hingewiesen, die diese Art von Reaktion bei Dickkopfelritzen (20) und Japanischen Reiskärpflingen (21) belegen. Ein Rückgang sekundärer Geschlechtsmerkmale bei männlichen Fischen sollte aufgrund der geringen statistischen Aussagekraft mit Vorsicht interpretiert werden; jede Wertung sollte sich auf Expertenurteile und die Beweiskraft der Daten stützen. Zebrabärblinge sind für diesen Test nur begrenzt geeignet, da quantifizierbare sekundäre Geschlechtsmerkmale fehlen, die auf androgen wirksame Chemikalien reagieren könnten.
8.
Bei Dickkopfelritzen ist die Zahl der Laichknoten („Nuptialtuberkel“) am Maul weiblicher Fische Hauptindikator einer exogenen Androgenexposition. Wichtigster Marker einer exogenen Exposition gegenüber androgen wirkenden Chemikalien bei weiblichen Japanischen Reiskärpflingen ist die Zahl der Papillenprozesse. Die Anlagen 5A und 5B enthalten Empfehlungen für Verfahren zur Bewertung von Geschlechtsmerkmalen bei Dickkopfelritzen bzw. Japanischen Reiskärpflingen.
9.
Für Begriffsbestimmungen zu dieser Prüfmethode siehe Anlage 1.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

10.
Beim Assay werden geschlechtsreife männliche und weibliche Fische in Prüfgefäßen gemeinsam einer Prüfchemikalie ausgesetzt. Da die Tiere ausgewachsen und geschlechtsreif sind, kann leicht zwischen den Geschlechtern unterschieden und folglich eine geschlechtsspezifische Analyse der einzelnen Endpunkte vorgenommen werden, und die Sensitivität gegenüber exogenen Chemikalien ist gewährleistet. Bei Testende wird das Geschlecht der Fische durch makroskopische Untersuchung der Gonaden nach bauchseitiger Öffnung des Abdomens mit einer Schere bestimmt. Anlage 2 fasst die wichtigsten Bedingungen des Bioassays zusammen. Der Test wird gewöhnlich mit einer Auswahl an Fischen aus einer Laichpopulation begonnen; seneszente Tiere sollten nicht verwendet werden. Der Abschnitt über die Auswahl der Fische enthält Hinweise zum Alter und zur Geschlechtsreife der Fische. Der Test wird mit drei Konzentrationen der Prüfchemikalie und einer Wasserkontrolle sowie erforderlichenfalls einer Lösungsmittelkontrolle durchgeführt. Bei Japanischen Reiskärpflingen und bei Zebrabärblingen werden je Konzentration zwei Gefäße oder Replikate verwendet (jedes Gefäß mit fünf männlichen und fünf weiblichen Fischen); bei Dickkopfelritzen sind je Konzentration vier Gefäße oder Replikate zu verwenden (jedes Gefäß mit zwei männlichen und vier weiblichen Fischen), um dem Territorialverhalten männlicher Dickkopfelritzen Rechnung zu tragen und gleichzeitig hinreichende Aussagekraft zu gewährleisten. Die Exposition erfolgt über einen Zeitraum von 21 Tagen; die Fische werden an Tag 21 nach Beginn der Exposition beprobt.
11.
Am Tag der Beprobung (Tag 21) sind alle Tiere möglichst schmerzfrei zu töten. Bei Dickkopfelritzen und Japanischen Reiskärpflingen werden sekundäre Geschlechtsmerkmale gemessen (siehe Anlagen 5A und 5B). Zur Bestimmung der VTG-Konzentration werden von Zebrabärblingen und Dickkopfelritzen Blutproben entnommen; alternativ kann die VTG-Konzentration bei Zebrabärblingen auch anhand von Kopf- und Schwanzproben ermittelt werden (Anlage 6); bei Japanischen Reiskärpflinge werden zur VTG-Analyse Leberproben entnommen (Anlage 6).

GÜLTIGKEITSKRITERIEN

12.
Die Testergebnisse sind gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die Mortalität in den Wasser- (oder Lösungsmittel-)kontrollen darf am Ende der Exposition höchstens 10 % betragen;
die Konzentration an gelöstem Sauerstoff sollte während der gesamten Exposition mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts betragen;
die Wassertemperatur der Prüfgefäße sollte während der Exposition zu keinem Zeitpunkt um mehr als ± 1,5 °C schwanken und bei einer Toleranz von 2 °C in dem Temperaturbereich liegen, der für die Testspezies vorgesehen ist (Anlage 2);
es muss belegt werden, dass die Konzentrationen der Prüfchemikalie in der Lösung mit einer Toleranz von ± 20 % bezogen auf die gemessenen Mittelwerte aufrechterhalten wurden.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

13.
Übliche Laborausrüstung und insbesondere die folgenden Geräte:
a)
Sauerstoff- und pH-Messgeräte;
b)
Geräte zur Messung von Wasserhärte und Alkalität;
c)
geeignete Apparaturen zur Temperaturregelung und einer möglichst kontinuierlichen Überwachung;
d)
Becken aus chemisch inertem Material und mit für das empfohlene Besatzverhältnis und die empfohlene Besatzdichte geeignetem Fassungsvermögen (siehe Anlage 2);
e)
Laichsubstrat für Dickkopfelritzen und Zebrabärblinge (für Einzelheiten siehe Anlage 4);
f)
eine Waage mit angemessener Genauigkeit (± 0,5 mg).

Wasser

14.
Als Testwasser kann jedes beliebige Wasser verwendet werden, in dem die Testspezies über einen längeren Zeitraum überleben und wachsen können. Während der gesamten Testdauer sollte eine konstante Wasserqualität gewährleistet sein. Der pH-Wert des Wassers sollte im Bereich 6,5-8,5 liegen und im Test um nicht mehr als ± 0,5 pH-Einheiten schwanken. Um sicherzustellen, dass das Verdünnungswasser das Testergebnis nicht übermäßig stark beeinflusst (beispielsweise durch Komplexierung der Prüfchemikalie), sind regelmäßig Proben zu analysieren. Das Wasser ist auf Schwermetalle (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), dominante Anionen und Kationen (z. B. Ca2+, Mg2+, Na+, K+, Cl– und SO42–), Pestizide (z. B. den Gesamtgehalt an phosphororganischen und chlororganischen Pestiziden), den gesamten organischen Kohlenstoff und suspendierte Feststoffe zu untersuchen (beispielsweise alle drei Monate, wenn bekannt ist, dass das Wasser qualitativ gesehen relativ konstant ist). Ist die Wasserqualität nachweislich mindestens ein Jahr lang konstant geblieben, so können die Analysen seltener durchgeführt und die Abstände zwischen den Analysen verlängert werden (beispielsweise auf sechs Monate). Einige chemische Merkmale akzeptablen Verdünnungswassers sind in Anlage 3 gegeben.

Testlösungen

15.
Die Testlösungen werden durch Verdünnung einer Stammlösung in den gewünschten Konzentrationen zubereitet. Die Stammlösung sollte möglichst durch einfaches mechanisches Vermischen oder Schütteln (z. B. durch Rühren oder mit Ultraschall) der Prüfchemikalie in Verdünnungswasser hergestellt werden. Zur Herstellung einer Stammlösung in geeigneter Konzentration können Sättigungssäulen (Löslichkeitssäulen) verwendet werden. Die Verwendung von Lösungsmittelträgern wird nicht empfohlen. Ist jedoch ein Lösungsmittel erforderlich, so sollte zeitgleich in derselben Lösungsmittelkonzentration wie bei der chemischen Behandlung eine Lösungsmittelkontrolle verwendet werden. Bei schwierigen Prüfchemikalien kann die Verwendung eines Lösungsmittels aus technischer Sicht die beste Lösung darstellen (siehe OECD Guidance Document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures) (22). Welches Lösungsmittel zu verwenden ist, hängt von den chemischen Eigenschaften der Chemikalie ab. Der OECD-Leitfaden empfiehlt höchstens 100 μl/l; dieser Wert sollte eingehalten werden. In einer kürzlich durchgeführten Untersuchung (23) wurde jedoch auf weitere Bedenken hinsichtlich der Verwendung von Lösungsmitteln in Tests zur Prüfung endokriner Wirkungen verwiesen. Daher sollte die Lösungsmittelkonzentration (wenn überhaupt ein Lösungsmittel verwendet werden muss) so weit wie technisch möglich minimiert werden (je nach physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfchemikalie).
16.
Für den Test ist ein Durchflusssystem zu verwenden. Ein solches System gibt kontinuierlich eine Stammlösung der Prüfchemikalie ab und verdünnt diese (z. B. mit einer Dosierpumpe, einem Proportionalverdünner oder einer Sättigungsvorrichtung), damit unterschiedliche Konzentrationen in die Prüfkammern gelangen. Die Durchflussraten von Stammlösungen und Verdünnungswasser sind während des Tests regelmäßig — vorzugsweise täglich — zu kontrollieren und dürfen während des Tests um höchstens 10 % schwanken. Insbesondere sind Kunststoffleitungen aus minderwertigem Material oder sonstige Materialien zu vermeiden, die biologisch aktive Chemikalien enthalten könnten. Bei der Auswahl des Materials für das Durchflusssystem ist eine mögliche Adsorption der Prüfchemikalie an das Material zu berücksichtigen.

Halten der Fische

17.
Die zu testenden Fische sollten aus einer Laborpopulation stammen, vorzugsweise aus einem einzelnen Bestand, der mindestens zwei Wochen vor dem Test bei ähnlicher Wasserqualität und ähnlichen Lichtverhältnissen wie im Test akklimatisiert wurde. Besatz(verhältnis) und Besatzdichte (Begriffsbestimmungen siehe Anlage 1) müssen der jeweils verwendeten Art entsprechen (siehe Anlage 2).
18.
Nach einer 48-stündigen Akklimatisierung werden die Mortalitäten erfasst; dabei gelten die folgenden Kriterien::
Bei Mortalitäten von mehr als 10 % der Population innerhalb von sieben Tagen: Die gesamte Charge verwerfen.
Bei Mortalitäten zwischen 5 und 10 % der Population: Akklimatisierung der Fische für weitere sieben Tage; wenn die Mortalität auch in den zusätzlichen sieben Tagen noch über 5 % liegt: die gesamte Charge verwerfen.
Bei Mortalitäten von weniger als 5 % der Population innerhalb sieben Tagen wird die Charge akzeptiert.
19.
Während der Akklimatisierung, der Präexposition und der eigentlichen Exposition sollten Fische nicht gegen Krankheiten behandelt werden.

Präexposition und Auswahl der Fische

20.
Eine einwöchige Präexposition wird empfohlen; dabei werden die Fische in prüfgefäßähnliche Becken gesetzt. Während der gesamten Haltungsdauer und während der Exposition werden die Fische ad libitum gefüttert. Die Expositionsphase beginnt mit sexuell dimorphen adulten, aktiv laichenden Fischen aus einer Laborpopulation geschlechtsreifer Tiere (z. B. mit deutlichen sekundären Geschlechtsmerkmalen bei Dickkopfelritzen und bei Japanischen Reiskärpflingen). Als Faustregel (nur im Kontext der Beobachtung des tatsächlichen Reproduktionsstatus einer bestimmten Charge anzuwenden) gilt, dass Dickkopfelritzen ca. 20 (± 2) Wochen alt sein sollten, vorausgesetzt, sie wurden während ihrer gesamten Lebensdauer bei einer Temperatur von 25 ± 2 °C gehalten. Unter denselben Bedingungen sollten Japanische Reiskärpflinge etwa 16 (± 2) Wochen alt sein. Zebrabärblinge sollten etwa 16 (± 2) Wochen alt sein, sofern sie während ihres gesamten Lebens bei 26 ± 2 °C gehalten wurden.

VERSUCHSPLAN

21.
Für den Test sind drei Konzentrationen der Prüfchemikalie, eine Kontrolle (Wasser) und erforderlichenfalls eine Lösungsmittelkontrolle zu verwenden. Die Daten können analysiert werden, um statistisch signifikante Unterschiede zwischen Behandlungs- und Kontrollreaktion festzustellen. Diese Analysen dienen eher der Feststellung, ob die Chemikalie in weiteren Langzeittests auf unerwünschte Wirkungen (nämlich Überleben, Entwicklung, Wachstum und Reproduktion) untersucht werden muss, als der Verwendung für Risikobewertungen (24).
22.
Bei Zebrabärblingen und bei Japanischen Reiskärpflingen werden an Tag 21 des Assay männliche und weibliche Tiere aus jeder Konzentrationsgruppe (jedes Replikat enthält 5 männliche und 5 weibliche Fische) und aus der/den Kontrollgruppe(n) für die Untersuchung auf Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale beprobt; bei den Dickkopfelritzen werden an Tag 21 der Exposition männliche und weibliche Tiere (jedes der vier Replikate enthält 2 männliche und 4 weibliche Fische), auch aus der/den Kontrollgruppe(n), für die Untersuchung auf Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale beprobt.

Auswahl der Testkonzentrationen

23.
Für die Zwecke dieses Assay sollte die höchste Testkonzentration auf die in einem Vorversuch bestimmte oder aus anderen Toxizitätsdaten hervorgehende höchste noch verträgliche Konzentration (Maximum Tolerated Concentration, MTC) oder auf 10 mg/l oder auf den Höchstwert der Wasserlöslichkeit festgesetzt werden, je nach dem, welcher Wert der niedrigere ist. Der MTC-Wert gilt als die höchste Testkonzentration der Chemikalie, bei der die Mortalität weniger als 10 % beträgt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass empirische Daten zur akuten Toxizität oder sonstige Toxizitätsdaten vorliegen, anhand deren der MTC-Wert bestimmt werden kann. Die Schätzung des MTC-Wertes kann ungenau sein und setzt in der Regel Fachkenntnis voraus.
24.
Benötigt werden drei Testkonzentrationen mit einem konstanten Abstandsfaktor von maximal 10 und eine Verdünnungswasserkontrolle (sowie bei Bedarf eine Lösungsmittelkontrolle). Empfohlen werden Abstandsfaktoren zwischen 3,2 und 10.

VERFAHREN

Auswahl und Wiegen der Testfische

25.
Wichtig ist, dass die Gewichtsunterschiede der Fische zu Beginn des Tests möglichst gering sind. Für geeignete Größenbereiche für die empfohlenen Testspezies siehe Anlage 2. Bei der gesamten Charge der in diesem Test verwendeten Fische sollte bei männlichen und weiblichen Tieren das individuelle Gewicht möglichst im Bereich von ± 20 % des arithmetischen Mittelgewichts der Fische gleichen Geschlechts liegen. Um das Mittelgewicht zu bestimmen, wird empfohlen, vor dem Test eine Teilprobe des Fischbestands zu wiegen.

Expositionsbedingungen

Dauer

26.
Der Test dauert 21 Tage nach vorheriger (möglichst einwöchiger) Präexposition.

Fütterung

27.
Die Fische werden ad libitum so oft mit geeignetem Futter (Anlage 2) versorgt, wie für eine normale Entwicklung der Tiere nötig ist. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Vermehrung von Mikroorganismen und nicht zu einer Eintrübung des Wassers kommt. Im Allgemeinen kann die Tagesration auf zwei oder drei gleiche Portionen verteilt werden, die in mindestens dreistündigem Abstand zu verabreichen sind. Insbesondere an Wochenenden kann eine einzige, größere Ration gegeben werden. 12 Stunden vor der Probenahme/Sektion sollten die Fische nicht mehr gefüttert werden.
28.
Das Fischfutter ist auf Verunreinigungen wie chlororganische Pestizide, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und polychlorierte Biphenyle (PCB) zu untersuchen. Futter mit erhöhtem Gehalt an Phytoöstrogenen, die die Testreaktion auf bekannte Östrogenagonisten (z. B. 17-beta-Östradiol) beeinträchtigen würden, darf nicht verwendet werden.
29.
Nicht aufgenommenes Futter und Fäkalien sind mindestens zweimal wöchentlich aus den Prüfgefäßen zu entfernen (etwa durch vorsichtiges Absaugen vom Beckenboden).

Licht und Temperatur

30.
Die Photoperiode (Hell-/Dunkel-Phasen) und die Wassertemperatur müssen Testspezies entsprechen (siehe Anlage 2).

Häufigkeit der Analysen und Messungen

31.
Vor Beginn der Exposition ist zu überprüfen, ob die Chemikalienbeschickung einwandfrei funktioniert. Es dürfen ausschließlich anerkannte Analysemethoden angewandt werden, und die Stabilität der Chemikalie im Prüfsystem muss hinreichend bekannt sein. Während des Tests sind die Konzentrationen der Prüfchemikalie in regelmäßigen Zeitabständen wie folgt zu bestimmen: Die Zuflussmengen der Verdünnungslösung und der Stammlösung der Prüfchemikalie sind regelmäßig — vorzugsweise täglich, jedoch mindestens zweimal wöchentlich — zu kontrollieren und sollten während des gesamten Tests um maximal 10 % schwanken. Die tatsächlichen Konzentrationen der Prüfchemikalie sollten zu Beginn des Tests in allen Gefäßen und danach wöchentlich gemessen werden.
32.
Die Ergebnisse sollten auf gemessenen Konzentrationen basieren. Wurde die Konzentration der Chemikalienlösung während des gesamten Tests jedoch zufriedenstellend innerhalb der nominellen Konzentration ((± 20 %) gehalten, so können sich die Ergebnisse auf die nominalen oder die gemessenen Werte beziehen.
33.
Unter Umständen müssen die Proben gefiltert (z. B. mit Filtern einer Porengröße von 0,45 μm) oder zentrifugiert werden. Erforderlichenfalls ist Zentrifugierung vorzuziehen. Prüfchemikalien, die sich nachweislich nicht an Filter adsorbieren, können auch filtriert werden.
34.
Während des Tests sollten bei allen Prüfgefäßen mindestens einmal wöchentlich der gelöste Sauerstoff, die Temperatur und der pH-Wert gemessen werden. Die Gesamthärte und die Gesamtalkalität sollten in den Kontrollen und in einem Gefäß mit höchster Testkonzentration ebenfalls mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Es wird empfohlen, dass die Temperatur in mindestens einem Prüfgefäß kontinuierlich überwacht wird.

Beobachtungen

35.
Im Laufe oder am Ende des Assay sind verschiedene allgemeine Reaktionen (z. B. Überleben) sowie spezifische biologische Reaktionen (z. B. Vitellogenin-Gehalt) zu bestimmen. Die Messung und Auswertung dieser Endpunkte und die Verwendbarkeit der Ergebnisse werden im Folgenden erläutert.

Überleben

36.
Die Fische sind während des Tests täglich zu kontrollieren; Todesfälle sind zu protokollieren und tote Fische sobald wie möglich zu entfernen. Tote Fische dürfen weder in Kontroll- noch in Prüfgefäße eingesetzt werden. Das Geschlecht der im Test gestorbenen Fische wird durch makroskopische Gonadenuntersuchung bestimmt.

Verhalten und Aussehen

37.
Jegliches anomale Verhalten (gemessen an den Kontrollen) ist zu protokollieren. Dies gilt für Anzeichen allgemeiner Toxizität ebenso wie für Hyperventilation, unkoordinierte Schwimmbewegungen, Gleichgewichtsverluste und atypische Apathie oder ungewöhnliches Fressverhalten. Zudem sind äußerliche Auffälligkeiten (z. B. Blutungen oder Verfärbungen) aufzuzeichnen. Derartige Anzeichen einer toxischen Wirkung sind bei der Datenauswertung insoweit sorgfältig zu berücksichtigen, als sie auf Konzentrationen hinweisen können, bei denen die Biomarker endokriner Wirkungen keine zuverlässigen Rückschlüsse gestatten. Diese Verhaltensauffälligkeiten können auch wertvolle qualitative Informationen liefern, an denen sich künftige Fischtests orientieren können. Bei Dickkopfelritzen wurde unter Einwirkung von Androgenen beispielsweise aggressives Territorialverhalten bei normalen Männchen oder maskulinisierten Weibchen beobachtet. Bei Zebrabärblingen hemmen Östrogene oder Anti-Androgene das typische Paarungs- und Laichverhalten bei einsetzender Morgendämmerung.
38.
Da sich verschiedene äußere Merkmale (in erster Linie die Farbe) beim Hantieren der Fische rasch verändern können, sind qualitative Beobachtungen vor der Entnahme von Fischen aus dem Prüfsystem wichtig: Bisherige Erfahrungen mit Dickkopfelritzen führen zu dem Schluss, dass einige endokrin wirkende Chemikalien anfangs zu Veränderungen der folgenden äußeren Merkmale führen: Körperfarbe (hell oder dunkel), Farbmusterung (Auftreten vertikaler Streifen) und Körperform (im Kopf- oder Schwanzbereich). Daher muss im Laufe und am Ende des Tests das äußere Erscheinungsbild der Fische kontrolliert werden.

Schmerzfreies Töten

39.
An Tag 21, d. h. bei Ablauf der Expositionsdauer, sind die Fische mit angemessenen Mengen Tricain (Tricainmethansulfonat, Metacain, MS-222 (CAS 886-86-2), 100-500 mg/l gepuffert mit 300 mg/l NaHCO3 (Natriumbicarbonat, CAS 144-55-8) zu töten, um Schleimhautreizungen zu begrenzen. Anschließend wird zur Vitellogenin-Bestimmung Blut oder Gewebe entnommen, wie im Abschnitt über Vitellogenin beschrieben.

Untersuchung sekundärer Geschlechtsmerkmale

40.
Manche endokrin wirkende Chemikalien können Veränderungen spezifischer sekundärer Geschlechtsmerkmale (Anzahl Laichknoten („Nuptialtuberkel“) bei männlichen Dickkopfelritzen oder bei männlichen Japanischen Reiskärpflingen) zur Folge haben. Insbesondere Papillenprozesse Chemikalien mit bestimmten Wirkungsweisen können bei Tieren des jeweils anderen Geschlechts zu Anomalien der sekundären Geschlechtsmerkmale führen. So können Androgenrezeptor-Agonisten wie Trenbolon, Methyltestosteron und Dihydrotestosteron bewirken, dass weibliche Dickkopfelritzen ausgeprägten Laichausschlag („Nuptialtuberkel“) entwickeln oder dass bei weiblichen Japanischen Reiskärpflingen Papillenprozesse auftreten (11)(20)(21). Außerdem wurde berichtet, dass Östrogenrezeptor-Agonisten dazu führen können, dass sich die Zahl der Laichknoten und die Größe des dorsalen Nackenaufwuchses bei adulten Männchen verringern (25)(26). Diese wesentlichen morphologischen Beobachtungen können auch eine qualitativ und quantitativ wertvolle Informationsgrundlage für potenzielle künftige Fischtests liefern. Anzahl und Größe der Laichknoten bei Dickkopfelritzen und Papillenprozesse bei Japanischen Reiskärpflingen können entweder direkt oder — bequemer — an konservierten Exemplaren gezählt werden. Die Anlagen 5A und 5B enthalten Empfehlungen für Verfahren zur Beurteilung sekundärer Geschlechtsmerkmale bei Dickkopfelritzen bzw. Japanischen Reiskärpflingen.

Vitellogenin (VTG)

41.
Das für die VTG-Bestimmung erforderliche Blut wird mit einem heparinisierten Mikrohämatokrit-Kapillarröhrchen aus der Schwanzarterie/-vene oder alternativ durch Herzpunktion mit einer Spritze entnommen. Je nach Größe der Fische werden bei Dickkopfelritzeen 5-60 μl und bei Zebrabärblingen 5-15 μl Blut (jeweils pro Fisch) benötigt. Das Plasma wird durch Zentrifugieren vom Blut getrennt und mit Proteasehemmern bis zur Vitellogenin-Analyse bei – 80 °C aufbewahrt. Alternativ kann bei Zebrabärblingen die Leber verwendet werden; bei Zebrabärblingen kommen Kopf-/Schwanz-Homogenate als Gewebematerial für die Vitellogenin-Analyse in Betracht (Anlage 6). Die VTG-Messung sollte nach einer validierten homologen ELISA-Methode mit homologem VTG-Standard und homologen Antikörpern erfolgen. Empfohlen werden Methoden, mit denen kleinste VTG-Gehalte (wenige ng/ml Plasma oder ng/mg Gewebe, die der Hintergrundkonzentration bei nicht exponierten männlichen Fischen entsprechen) ermittelt werden können.
42.
Die Qualitätskontrolle der Vitellogenin-Analyse erfolgt anhand von Standards, Blindproben und zumindest Doppelanalysen. Für jede ELISA-Methode ist ein Test auf Matrixeffekte (Effekte der Probenverdünnung) vorzunehmen, um den Mindestverdünnungsfaktor zu ermitteln. Alle für VTG-Analysen verwendeten ELISA-Platten müssen zumindest auch folgende Proben für die Qualitätskontrolle enthalten: 6 Kalibrierstandards für den gesamten Bereich der erwarteten Vitellogenin-Konzentrationen und eine nicht spezifische Binding-Assay-Blindprobe (doppelt zu analysieren). Die Absorption dieser Blindproben sollte weniger als 5 % der maximalen Adsorption des Kalibrierstandards betragen. Von jeder Verdünnung sind mindestens zwei Aliquoten (Muldenduplikate) zu analysieren. Duplikatmulden mit über 20 % Differenz sollten ein zweites Mal analysiert werden.
43.
Der Korrelationskoeffizient (R2) für Kalibrierkurven sollte größer als 0,99 sein. Eine hohe Korrelation reicht jedoch nicht aus, um in allen Bereichen Konzentrationen adäquat vorabzuschätzen. Neben der Notwendigkeit einer hinreichend hohen Korrelation für die Kalibrierkurve sollte alle aus der Kalibrierkurve errechneten Konzentrationen der einzelnen Standards im Bereich von 70-120 % der jeweiligen nominellen Konzentration liegen. Wenn die nominellen Konzentrationen tendenziell von der Regressionsgeraden abweichen (beispielsweise bei niedrigeren Konzentrationen), muss die Kalibrierkurve möglicherweise in niedrige und hohe Bereiche aufgeteilt oder ein nicht lineares Modell für die Adsorptionsdaten verwendet werden. Bei geteilten Kurven muss der Korrelationskoeffizient R2 bei beiden Segmenten > 0,99 sein.
44.
Als Nachweisgrenze wird die Konzentration des niedrigsten Analysestandards bezeichnet; die Quantifizierungsgrenze ist die Konzentration des niedrigsten Analysestandards multipliziert mit dem niedrigsten Verdünnungsfaktor.
45.
An den Tagen, an denen Vitellogenin-Analysen stattfinden, ist eine mit einem Inter-Assay-Referenzstandard hergestellte Anreicherungsprobe zu analysieren (Anlage 7). Das Verhältnis der erwarteten zur gemessenen Konzentration ist zusammen mit den Ergebnissen der am diesem Tag durchgeführten Testreihen aufzuzeichnen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung von Biomarkerreaktionen durch Varianzanalyse (ANOVA)

46.
Um die potenziell endokrine Aktivität einer Chemikalie zu ermitteln, werden die Wirkungen in den Prüf- und in den Kontrollgefäßen mittels Varianzanalyse (ANOVA) verglichen. Wird eine Lösungsmittelkontrolle verwendet, sollten Verdünnungswasser und Lösungsmittelkontrollen zur Bestimmung des jeweiligen Endpunkts nach geeigneten Methoden statistisch analysiert werden. Für Leitlinien zur Verwendung der Daten über Verdünnungswasser und Lösungsmittelkontrollen für die anschließende statistische Analyse siehe OECD 2006c (27). Alle Daten zu biologischen Reaktionen sind nach Geschlechtern zu analysieren und aufzuzeichnen. Sind die Voraussetzungen für parametrische Methoden nicht erfüllt, d. h. keine Normalverteilung (z. B. Shapiro-Wilk-Test) oder heterogene Varianz (Bartlett-Test oder Levene-Test), sollte vor der ANOVA eine Datentransformation zur Varianzhomogenisierung in Betracht gezogen oder eine gewichtete ANOVA durchgeführt werden. Bei nicht monotonen Dosis-Wirkungs-Beziehungen kann der (parametrische) Dunnett-Test (Paarvergleiche) oder ein (nicht parametrischer) Mann-Whitney-Test mit Anpassung nach Bonferroni durchgeführt werden. Andere statistische Tests kommen ebenfalls in Betracht (z. B. ein Jonckheere-Terpstra- oder ein Williams-Test), wenn die Dosis-Wirkungs-Beziehung annähernd monoton ist. Das statistische Flussdiagramm in Anlage 8 soll die Auswahl des jeweils am besten geeigneten statistischen Tests erleichtern. Für weitere Informationen siehe OECD-Dokument „Current Approaches to Statistical Analysis of Ecotoxicity Data“ (27).

Testergebnisse

47.
Die Versuchsdaten sollten Folgendes umfassen:

Prüfinstitut:

Verantwortliche Mitarbeiter und ihre jeweiligen Zuständigkeiten im Rahmen des Assay
Jedes Labor muss seine Eignung anhand repräsentativer Chemikalien nachweisen.

Prüfchemikalie:

Charakterisierung der Prüfchemikalie;
physikalischer Zustand und physikalisch-chemische Eigenschaften;
Methode und Häufigkeit der Herstellung von Prüfkonzentrationen;
Angaben zur Stabilität und zur biologischen Abbaubarkeit.

Lösungsmittel:

Charakterisierung des Lösungsmittels (Beschaffenheit und verwendete Konzentration);
Gründe für die Wahl des jeweiligen Lösungsmittels (wenn nicht nur Wasser als Lösungsmittel verwendet wird).

Zu testende Tiere:

Art und Stamm;
Bezugsquelle und Angaben zur jeweiligen Bezugsanlage;
Alter der Fische zu Beginn des Tests und Reproduktions- /Laichstatus;
Angaben zur Akklimatisierungsverfahren;
Körpergewicht der Fische zu Beginn der Exposition (aus einer Teilprobe des Fischbestands).

Prüfbedingungen:

angewandte Prüfmethode (Testtyp, Besatz(verhältnis), Besatzdichte usw.);
Methode für die Herstellung der Stammlösungen und Durchflussrate;
nominelle Testkonzentrationen, wöchentlich gemessene Konzentrationen der Testlösungen und angewandte Analysemethode, mittlere Messwerte und Standardabweichungen in den Prüfgefäßen sowie Nachweis, dass sich die Messungen auf die Konzentrationen der Prüfchemikalie in der tatsächlichen Lösung beziehen;
Merkmale des Verdünnungswassers (pH-Wert, Härte, Alkalität, Temperatur, Konzentration an gelöstem Sauerstoff, Restchlorgehalt, Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff, suspendierte Feststoffen und andere ermittelte Messwerte);
Wasserqualität in den Prüfgefäßen; pH-Wert, Härte, Temperatur und Konzentration an gelöstem Sauerstoff;
detaillierte Angaben zur Fütterung (Art des Futters, Bezugsquelle/Herkunft, verfütterte Menge und Häufigkeit der Fütterung sowie, soweit vorhanden, Analysen zur Feststellung etwaiger Schadstoffe (z. B. PCB, PAH und chlororganische Pestizide).

Ergebnisse

Nachweis, dass die Kontrollen die Validitätskriterien des Tests erfüllen;
Daten zu Mortalitäten für Testkonzentrationen und Kontrolle;
angewandte statistische Analysemethoden, Datenauswertung und Gründe für die Wahl der angewandten Methoden;
Daten zu biologischen Beobachtungen (deutliche morphologische Änderungen u. a. der sekundären Geschlechtsmerkmale und Vitellogenin-Konzentration);
Ergebnisse der Datenanalysen, vorzugsweise in tabellarischer und in grafischer Form;
ungewöhnliche Reaktionen der Fische sowie jegliche sichtbare Wirkungen der Prüfchemikalie.

LEITLINIEN FÜR DIE AUSWERTUNG UND VALIDITÄT DER TESTERGEBNISSE

48.
Dieser Abschnitt enthält Empfehlungen für die Auswertung der Testergebnisse für die gemessenen Endpunkte. Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren, wenn die Prüfchemikalie eindeutig toxisch wirkt oder den Allgemeinzustand der Testtiere verschlechtert.
49.
Bei der Festlegung der Bandbreite der Prüfchemikalienkonzentrationen ist darauf zu achten, dass die für eine aussagekräftige Datenauswertung höchste noch verträgliche Konzentration nicht überschritten wird. Wichtig ist dabei, dass bei mindestens einer Konzentration keine Anzeichen einer toxischen Wirkung festgestellt werden. Krankheitssymptome und Anzeichen toxischer Wirkungen sind gründlich zu untersuchen und aufzuzeichnen. Beispielsweise kann die VTG-Produktion bei weiblichen Tieren auch durch allgemeine Toxizität und nichtendokrine toxische Wirkungsweisen (z. B. durch Hepatotoxizität) beeinträchtigt werden. Die Wirkungsauswertung lässt sich jedoch durch andere Konzentrationen untermauern, die nicht durch systemische Toxizität beeinträchtigt werden.
50.
Um Testergebnisse als gültig anerkennen zu können, müssen bestimmte Aspekte berücksichtigt werden. Als Faustregel gilt, dass sich die VTG-Konzentrationen in Kontrollgruppen männlicher und weiblicher Fische bei Dickkopfelritzen und bei Zebrabärblingen in etwa um mindestens drei Größenordnungen und bei Japanischen Reiskärpflingen in etwa um mindestens eine Größenordnung unterscheiden müssen. Für Beispiele für den Konzentrationsbereich bei Kontroll- und Behandlungsgruppen siehe Validierungsberichte (1)(2)(3)(4). Hohe VTG-Konzentrationen bei männlichen Kontrollfischen könnten die Aussagekraft des Assay und dessen Fähigkeit zum Nachweis schwacher Östrogen-Agonisten beeinträchtigen. Und niedrige VTG-Konzentrationen bei weiblichen Kontrollfischen könnten die Aussagekraft des Assays und dessen Fähigkeit zum Nachweis von Aromatasehemmern und Östrogen-Antagonisten beeinträchtigen. Diese Leitlinien beruht auf diesen Validierungsstudien.
51.
Führt ein Labor den Assay zum ersten Mal durch oder wurden wesentliche Änderungen vorgenommen (beispielsweise Änderungen des Fischstammes oder der Bezugsquelle), sollte eine technische Eignungsprüfung durchgeführt werden. Nach Möglichkeit sollten Chemikalien verwendet werden, die ein breites Spektrum an Wirkungsweisen oder Wirkungen auf mehrere Test-Endpunkte abdecken. Die Labors werden aufgefordert, für männliche und weibliche Tiere eigene historische Kontrolldaten zu sammeln und eine positive Kontrollchemikalie (z. B. 17β-Öestradiol in einer Konzentration von 100 ng/l oder einen bekannten schwachen Agonisten) auf östrogene Wirkung mit erhöhter VTG-Konzentration in männlichen Fischen, eine positive Kontrollchemikalie (z. B. Fadrozol oder Prochloraz in einer Konzentration von 300 μg/l) auf Aromatosehemmung mit reduzierter VTG-Konzentration in weiblichen Fischen und eine positive Kontrollchemikalie (z. B. 17β-Trenbolon in einer Konzentration von 5 μg/l) auf androgene Wirkung und resultierender Induktion sekundärer Geschlechtsmerkmale bei weiblichen Dickkopfelritzen und weiblichen Japanischen Reiskärpflingen zu prüfen. Diese Daten können insgesamt mit verfügbaren Daten aus den Validierungsstudien (1)(2)(3) verglichen werden, um die Eignung des jeweiligen Labors sicherzustellen.
52.
Grundsätzlich gelten Vitellogenin-Messungen als positiv, wenn eine statistisch signifikante (p < 0,05) Erhöhung der VTG-Konzentration in männlichen Fischen oder eine statistisch signifikante (p < 0,05) Reduzierung bei weiblichen Fischen zumindest bei der höchsten geprüften Dosis im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt wird und keine Anzeichen einer allgemeinen Toxizität vorliegen. Ein positives Ergebnis wird auch durch Nachweis einer biologisch plausiblen Beziehung zwischen der Dosis- und der Wirkungskurve bestätigt. Wie bereits erläutert, muss eine Reduzierung der VTG-Konzentration nicht unbedingt endokrinen Ursprungs sein. Ein positives Ergebnis sollte jedoch grundsätzlich als In-vivo-Nachweis einer endokrinen Wirkung ausgelegt werden und zur Klärung weitere Untersuchungen nach sich ziehen.

LITERATUR

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(2) OECD (2006b). Report of the Initial Work Towards the Validation of the 21-Day Fish Screening Assay for the Detection of Endocrine active Substances (Phase 1B). OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No.61, ENV/JM/MONO(2006)29.

(3) OECD (2007). Final report of the Validation of the 21-day Fish Screening Assay for the Detection of Endocrine Active Substances. Phase 2: Testing Negative Substances. OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No.78, ENV/JM/MONO(2007)25.

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(24) Hutchinson, T.H., Ankley, G.T., Segner, H, Tyler, C.R., 2006b. Screening and testing for endocrine disruption in fish-biomarkers as „signposts,“ not „traffic lights,“ in risk assessment. Environmental Health Perspectives;114 Suppl 1:106-14.

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Anlage 1

Abkürzungen und Begriffsbestimmungen

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

VK : Variationskoeffizient.

ELISA : Enzyme-Linked Immunosorbent Assay.

Besatz : Verhältnis des Nassgewichts der Fische zum Wasservolumen.

Besatzdichte : Anzahl Fische je Wasservolumen.

VTG (Vitellogenin) : Phospholipoglycoprotein-Vorläufer für Eidotterprotein, das in der Regel bei geschlechtlich aktiven weiblichen Tieren aller eierlegenden Arten vorkommt.

HPG-Achse : Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse.

MTC : höchste noch verträgliche Konzentration, etwa 10 % des LC50-Werts.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Versuchsbedingungen für den Fisch-Screening-Test zur Bestimmung endokriner Wirkungen



1.  Empfohlene Arten

Dickkopfelritze

(Pimephales promelas)

Japanischer Reiskärpfling

(Oryzias latipes)

Zebrabärbling

(Danio rerio)

2.  TesttypDurchflusssystemDurchflusssystemDurchflusssystem
3.  Wassertemperatur25 ± 2 °C25 ± 2 °C26 ± 2 °C
4.  BeleuchtungLeuchtstofflampen (breites Spektrum)Leuchtstofflampen (breites Spektrum)Leuchtstofflampen (breites Spektrum)
5.  Lichtintensität10-20 μE/m2/s, 540-1 000  lx, oder 50-100 ft-c (Laborqualität)10-20 μE/m2/s, 540-1 000 lx, oder 50-100 ft-c (Laborqualität)10-20 μE/m2/s, 540-1 000 lx, oder 50-100 ft-c (Laborqualität)
6.  Photoperiode (Morgen-/Abenddämmerungsphasen optional; nicht unbedingt erforderlich)16 Std. Licht, 8 Std. Dunkelheit12-16 Std. Licht, 12-8 Std. Dunkelheit12-16 Std. Licht, 12-8 Std. Dunkelheit
7.  Besatz< 5 g/l< 5 g/l< 5 g/l
8.  Größe der Prüfkammern10 l (mind.)2 l (mind.)5 l (mind.)
9.  Volumen der Testlösung8 l (mind.)1,5 l (mind.)4 l (mind.)
10.  Erneuerung der TestlösungenMindestens 6-mal täglichMindestens 5-mal täglichMindestens 5-mal täglich
11.  Alter der TestorganismenSiehe Nummer 20Siehe Nummer 20Siehe Nummer 20
12.  Ungefähres Nassgewicht der adulten Fische (g)

Weibchen: 1,5 ± 20 %

Männchen: 2,5 ± 20 %

Weibchen: 0,35 ± 20 %

Männchen: 0,35 ± 20 %

Weibchen: 0,65 ± 20 %

Männchen: 0,4 ± 20 %

13.  Anzahl Fische pro Prüfgefäß6 (2 Männchen, 4 Weibchen)10 (5 Männchen, 5 Weibchen)10 (5 Männchen, 5 Weibchen)
14.  Anzahl der Behandlungen= 3 (sowie entsprechende Kontrollen)= 3 (sowie entsprechende Kontrollen)= 3 (sowie entsprechende Kontrollen)
15.  Anzahl Gefäße je BehandlungMindestens 4Mindestens 2Mindestens 2
16.  Anzahl der Fische je Testkonzentration16 adulte Weibchen und 8 Männchen (4 Weibchen und 2 Männchen pro Replikatgefäß)10 adulte Weibchen und 10 Männchen (5 Weibchen und 5 Männchen pro Replikatgefäß)10 adulte Weibchen und 10 Männchen (5 Weibchen und 5 Männchen pro Replikatgefäß)
17.  FütterungsregimeLebende oder tiefgefrorene adulte Salinenkrebse oder Salinenkrebs-Nauplien zwei- bis dreimal täglich (ad libitum), handelsübliches Futter oder beides in KombinationSalinenkrebs-Nauplien zwei- bis dreimal täglich (ad libitum), handelsübliches Futter oder beides in KombinationSalinenkrebs-Nauplien zwei- bis dreimal täglich (ad libitum), handelsübliches Futter oder beides in Kombination
18.  BelüftungKeine, es sei denn, der Gehalt an gelöstem Sauerstoff fällt unter eine Luftsättigung von 60 %Keine, es sei denn, der Gehalt an gelöstem Sauerstoff fällt unter eine Luftsättigung von 60 %Keine, es sei denn, der Gehalt an gelöstem Sauerstoff fällt unter eine Luftsättigung von 60 %
19.  VerdünnungswasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes Wasser oder entchlortes LeitungswasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes Wasser oder entchlortes LeitungswasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes Wasser oder entchlortes Leitungswasser
20.  Dauer der Präexpositionmöglichst 7 Tagemöglichst 7 Tagemöglichst 7 Tage
21.  Expositionsdauer21 Tage (d)21 Tage (d)21 Tage (d)
22.  Biologische Endpunkte

Überleben

Verhalten

Sekundäre Geschlechtsmerkmale

VTG

Überleben

Verhalten

Sekundäre Geschlechtsmerkmale

VTG

Überleben

Verhalten

VTG

23.  Validität des TestsGelöster Sauerstoff > 60 % Sättigung; mittlere Temperatur 25 ± 2 °C; 90 %ige Überlebensrate der Fische in den Kontrollen; gemessene Testkonzentrationen innerhalb von 20 % der mittleren Messwerte je Behandlungsstufe.Gelöster Sauerstoff > 60 % Sättigung; mittlere Temperatur 24 ± 2 °C; 90 %ige Überlebensrate der Fische in den Kontrollen; gemessene Testkonzentrationen innerhalb von 20 % der mittleren Messwerte je Behandlungsstufe.Gelöster Sauerstoff > 60 % Sättigung; mittlere Temperatur 26 ± 2 °C; 90 %ige Überlebensrate der Fische in den Kontrollen; gemessene Testkonzentrationen innerhalb von 20 % der mittleren Messwerte je Behandlungsstufe.

Anlage 3

Chemische Merkmale eines geeigneten Verdünnungswassers



BestandteilKonzentrationen
Partikel< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen< 2 mg/l
Nichtionisiertes Ammonium< 1 μg/l
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l

Anlage 4A

Laichsubstrat für Zebrabärblinge

Laichschale : beliebige Instrumentenschale aus Glas, beispielsweise 22 × 15 × 5,5 cm (L × B × T), abgedeckt mit abnehmbarem Maschendrahtgitter aus Edelstahl (Maschenweite 2 mm); das Gitter sollte die Schale unterhalb des Randes komplett abdecken.

Auf dem Gitter das Laichsubstrat fixieren. Dabei eine Struktur gewährleisten, in die sich die Fische zurückziehen können. Geeignet sind beispielsweise Aquarienpflanzen aus grünem Kunststoff. (Hinweis: eine mögliche Adsorption der Prüfchemikalie an das Kunststoffmaterial muss in diesem Fall berücksichtigt werden.) Das Kunststoffmaterial in einer ausreichenden Menge warmen Wassers waschen, um sicherzustellen, dass etwa vorhandene Chemikalien ausgetrieben werden und nicht in das Testwasser gelangen. Bei Verwendung von Materialien aus Glas ist sicherzustellen, dass die Fische weder verletzt noch bei heftigen Schwimmbewegungen eingeengt werden.

Der Abstand zwischen der Schale und den Glasscheiben muss mindestens 3 cm betragen, damit die Laichablage nicht außerhalb der Schale erfolgt. Die in die Schale abgelegten Eier fallen durch das Gitter und können 45-60 Minuten nach Einschalten der Beleuchtung entnommen werden. Die transparenten Eier haften nicht aneinander an und können bei transversaler Beleuchtung leicht gezählt werden. Bei fünf Weibchen pro Gefäß gelten bis zu 20 Eier/Tag als wenig, bis zu 100 Eier/Tag als mittel und über 100 Eier/Tag als viel. Die Laichschale herausnehmen, die Eier einsammeln und die Laichschale wieder in das Prüfgefäß stellen — entweder so spät wie möglich am Abend oder sehr früh am Morgen. Bis zum erneuten Einstellen darf höchstens eine Stunde vergehen, da der vom Laichsubstrat ausgehende Reiz dazu führen kann, dass es zu ungewöhnlichen Zeitpunkten zu Paarung und Laichablage kommt. Wird die Laichschale dennoch später in die das Prüfbecken gestellt, so sollte dies frühestens 9 Stunden nach dem Einschalten der Beleuchtung geschehen. Zu diesem späten Tageszeitpunkt erfolgt keine Laichablage mehr.

Anlage 4B

Laichsubstrat für Dickkopfelritzen

Zwei oder drei kombinierte Platten und Schalen aus Kunststoff/Keramik/Glas oder Edelstahl als Laichunterlage in die Prüfkammern (z. B. 80 mm lange graue halbrunde Rinnen, aufgesetzte auf eine gebördelte, 130 mm lange Schale) stellen (siehe Abbildung). Gut akklimatisierte PVC- oder Keramikkacheln haben sich als Laichunterlage bewährt (Thorpe et al, 2007).

Die Platten anrauhen, um die Haftung zu verbessern. Wenn nicht erwiesen ist, dass die Eier zuverlässig an der Laichunterlage haften, die Schalen außerdem mit einem Gitter abdecken, damit die Fische nicht an herabgefallene Eier gelangen.

Die Unterlage soll alle Eier aufnehmen können, die nicht an der Plattenoberfläche haften bleiben und folglich auf den Boden des Beckens fallen (sowie alle Eier, die direkt auf der flache Kunststoffunterlage abgelegt werden). Alle Laichunterlagen sind vor Gebrauch mindestens 12 Stunden mit Verdünnungswasser zu spülen, um etwa vorhandene Schadstoffe auszutreiben.

LITERATUR

Thorpe, K.L., Benstead, R., Hutchinson, T.H., Tyler, C.R., 2007. An optimised experimental test procedure for measuring chemical effects on reproduction in the fathead minnow, Pimephales promelas. Aquatic Toxicology, 81, 90–98.

Anlage 5A

Bewertung der sekundären Geschlechtsmerkmale bei Dickkopfelritzen zum Nachweis bestimmter Chemikalien mit endokriner Wirkung

Übersicht

Für Tests zum Nachweis endokriner Disruptoren potenziell wichtige äußere Merkmale bei adulten Dickkopfelritzen sind die Körperfarbe (hell/dunkel), die Farbmusterung (Vorhandensein oder Nichtvorhandensein senkrechter Streifen), die Körperform (Kopf- und Rumpfform, abdominale Distension) sowie spezifische sekundäre Geschlechtsmerkmale (Zahl und Größe der Laichknoten (Nuptialtuberkel), Größe des dorsalen Nackenaufwuchses und des Ovipositors).

Laichausschlag (Nuptialtuberkel) tritt am Kopf (dorsaler Aufwuchs) paarungsbereiter männlicher Dickkopfelritzen auf, gewöhnlich beidseitig symmetrisch (Jensen et al. 2001). Bei weiblichen Kontrollfischen sowie juvenilen männlichen und weiblichen Fischen zeigen sich keine Tuberkel (Jensen et al. 2001). Um die Augen und zwischen den Nasenöffnungen männlicher Tiere können sich bis zu acht Tuberkel bilden. Die meisten und größten Tuberkel finden sich in zwei parallelen Reihen unmittelbar unter den Nasenöffnungen und über dem Maul. Bei vielen Fischen befinden sich Tuberkelgruppierungen auch unterhalb des Unterkiefers; die in unmittelbarer Nähe des Mauls befindlichen Tuberkel treten gewöhnlich als einzelnes Paar auf; ventral können sich Gruppen von bis zu vier Tuberkel entwickeln. In der Regel bilden sich selten mehr als 30 Tuberkel (typischerweise 18-28; Jensen et al. 2001). Zumeist entwickeln sich Nuptialtuberkel als einzelne, verhältnismäßig runde Ausstülpungen, deren Höhe in etwa ihrem Radius entspricht. Die meisten paarungsbereiten Männchen weisen zumindest auch einige Tuberkel auf, die derart groß und auffällig sind, dass sie als Einzelstrukturen kaum noch erkennbar sind.

Einige Arten endokrin wirkender Chemikalien können beim jeweils anderen Geschlecht zu anomalen sekundären Geschlechtsmerkmalen führen. So können Androgenrezeptor-Agonisten wie 17β-Methyltestosteron oder 17β-Trenbolon bewirken, dass sich bei weiblichen Dickkopfelritzen Nuptialtuberkel bilden (Smith 1974; Ankley et al. 2001; 2003), während Östrogenrezeptor-Agonisten bei männlichen Tieren zu einer Verringerung der Anzahl oder Größe der Tuberkel führen können (Miles-Richardson et al. 1999; Harries et al. 2000).

Laichausschlag bei Dickkopfelritzen wird nachstehend nach Verfahren charakterisiert, wie sie im Labor der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency) in Duluth, MN, üblich sind. Spezifische Produkte und/oder Geräte können durch verfügbare vergleichbare Materialien ersetzt werden.

Eine Sichtprüfung erfolgt am besten unter einem beleuchteten Vergrößerungsglas oder einem beleuchteten Stereomikroskop mit Dreifach-Vergrößerung. Die Fische dorsal mit der vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend (d. h. Kopf zum Betrachter hin) untersuchen.

a)
Fisch mit vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend und in Bauchlage in eine kleine Petrischale (z. B. 100 mm Durchmesser) legen. Sucher scharf einstellen, damit die Tuberkel erkennbar werden. Fisch vorsichtig und langsam von einer Seite auf die andere drehen, um die Areale mit Tuberkeln zu bestimmen. Tuberkel zählen und einstufen.
b)
Untersuchung an der ventralen Kopfseite wiederholen; dazu den Fisch mit der dorsalen vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend in die Petrischale legen.
c)
Die Untersuchung sollte pro Fisch nicht länger als 2 Minuten dauern.

Zählen und Einstufen der Laichknoten (Nuptialtuberkel)

Zur Bewertung der Ausprägung des Laichausschlags bei adulten Dickkopfelritzen wurden sechs Areale identifiziert. Zur Darstellung der Region und der Zahl vorhandener Tuberkel wurde eine Vorlage (Formular) entwickelt (siehe Ende dieses Anhangs). Die Zahl der Tuberkel aufzeichnen, und die Tuberkel der Größe nach wie folgt einstufen: 0 — keine Tuberkel, 1 — präsent, 2 — vergrößert und 3 — ausgeprägt (Abb. 1).

Bewertung 0 bedeutet, dass keine Tuberkel vorhanden sind. Bewertung 1 — Tuberkel präsent — betrifft jeden Knoten, bei dem eine einzelne Ausstülpung in etwa dem Radius des Knotens (Halbmesser) entspricht. Bewertung 2 — vergrößerter Tuberkel — betrifft Knoten mit sternförmig ausgebildetem Gewebe, das sich in der Regel durch eine große Grundfläche mit von der Mitte ausgehenden Rillen oder Furchen auszeichnet. Nach oben sind die Tuberkel häufig stärker gezackt, können aber auch abgerundet sein. Bewertung 3 — ausgeprägter Laichausschlag — bedeutet in der Regel, dass das Areal verhältnismäßig groß und abgerundet und weniger strukturiert ist. Manchmal verschmelzen diese Tuberkel entlang einer oder mehrerer Regionen (B, C und D; s. u.). Farbe und Form sind ähnlich wie bei Bewertung 2, was manchmal die Unterscheidung erschwert. Eine Einstufung nach diesem System ergibt bei normalen männlichen Kontrollexemplaren mit 18-20 Tuberkeln einen Gesamtwert von < 50 Tuberkeln (Jensen et al. 2001).

Abbildung 1

Die tatsächliche Anzahl Tuberkel kann bei bestimmten Fischen größer sein als das Formularfeld (Anlage A) für das einzustufende Ausschlagareal zulässt. In diesem Fall können rechts oder links neben dem betreffenden Feld zusätzliche Einstufungen angegeben werden. Die Vorlage muss daher nicht unbedingt Symmetrie aufzeigen. Eine weitere Methode zur Veranschaulichung paarweise auftretender oder vertikal auf der horizontalen Ebene des Mauls verbundener Tuberkel besteht in der doppelten Markierung zweier Einstufungen innerhalb eines einzigen Feldes.

Darzustellende Tuberkelregionen:

A — Augenregion: Dorsal bis ventral um den vorderen Augenrand; in der Regel viele Tuberkel bei geschlechtsreifen männlichen Kontrollexemplaren; bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent; in der Regel paarweises Auftreten (jeweils ein Tuberkel in der Nähe des Auges) bzw. Einzelvorkommen bei androgen-exponierten weiblichen Tieren.

B — Nasenregion zwischen Nasengruben (Sensorkanalporen): bei männlichen Kontrollexemplaren in der Regel paarweises Auftreten in stärkerer Ausprägung (2 — vergrößert — oder 3 — stark ausgeprägt); bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent, jedoch vereinzeltes Vorkommen bei androgen-exponierten weiblichen Tieren.

C — Nasenregion unmittelbar vor den Nasengruben, parallel zum Maul: In der Regel vergrößert oder stark ausgeprägt bei männlichen Kontrollexemplaren; bei weniger entwickelten männlichen Tieren oder androgen-exponierten weiblichen Tieren präsent oder vergrößert.

D — Maulregion (entlang der Maullinie): Bei männlichen Kontrollexemplaren in der Regel ausgeprägt; bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent; bei androgen-exponierten weiblichen Tieren können jedoch Tuberkel vorkommen.

E — Unterkieferregion (nahe am Maul): gewöhnlich klein und gepaart; bei männlichen Kontroll- oder exponierten Fischen unterschiedlich ausgeprägt.

F — Rumpfregion (ventral zu E): In der Regel klein und gepaart; bei männlichen Kontrollexemplaren und androgen-exponierten weiblichen Tieren präsent.

LITERATUR

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(5) Kahl, M.D., Jensen, K.M., Korte, J.J., Ankley, G.T. 2001. Effects of handling on endocrinology and reproductive performance of the fathead minnow. J Fish Biol 59:515-523.

(6) Miles-Richardson, S.R., Kramer, V.J., Fitzgerald, S.D., Render, J.A., Yamini, B., Barbee, S.J., Giesy, J.P. 1999. Effects of waterborne exposure of 17-estradiol on secondary sex characteristics and gonads of fathead minnows (Pimephales promelas). Aquat Toxicol 47:129-145.

(7) Smith, R.J.F. 1974. Effects of 17-methyltestosterone on the dorsal pad and tubercles of fathead minnows (Pimephales promelas). Can J Zool 52:1031-1038.



Vorlage — Einstufung des Laichausschlags (Nuptialtuberkel)Einstufung
ID1 — präsent
Datum2 — vergrößert
Gesamtbewertung3 — ausgeprägt



AX1X1X1X1



BX1X1X1X1



CX1X1X1X1X1X1X1X1X1X1
DX1X1X1X1X1X1X1X1X1X1



EX1X1
FX1X1X1X1

Anlage 5B

Bewertung der sekundären Geschlechtsmerkmale bei Japanischen Reiskärpflingen zum Nachweis bestimmter Chemikalien mit endokriner Wirkung

Im Folgenden wird die Messung von Papillenprozessen  als sekundären Geschlechtsmerkmalen Japanischer Reiskärpflinge (Oryzias latipes beschrieben.

(1) Nach Ausräumung der Leber (Anlage 6) den Fisch in ein konisches Rohr mit etwa 10 ml 10 %igem neutral gepuffertem Formalin legen (Kopf nach oben, Schwanz nach unten). Wenn die Gonaden in einer anderen Lösung als 10 %igem neutral gepuffertem Formalin fixiert werden, den Körper zwischen dem vorderen Bereich der Afterflosse und dem After mit einer Rasierklinge transversal durchtrennen, ohne die Genitalpapillen und die eigentlichen Gonaden zu beschädigen (Abb. 3). Den Fisch mit der kranialen Seite in die Fixierlösung legen, um die Gonaden zu konservieren; die Schwanzseite in die 10 %ige neutral gepufferte Formalinlösung legen (s. o.).

(2) Nach Einlegen des Fisches in 10 %iges neutral gepuffertes Formalin den vorderen Bereich der Afterflosse mit einer Pinzette fassen und für etwa 30 Sekunden spreizen, um die Afterflosse offen zu halten. Beim Greifen mit einer Pinzette einige Flossenstrahlen im vorderen Bereich vorsichtig mitfassen, um Kratzer auf den Papillen zu vermeiden.

(3) Nach dem Spreizen der Afterflosse für etwa 30 Sekunden den Fisch bis zur Messung der Papillenprozesse in 10 %igem neutral gepuffertem Formalin bei Raumtemperatur aufbewahren. (Die Messung frühestens nach 24-stündiger Fixierung vornehmen.)

Messung

(1) Nach Fixieren des Fischkörpers in 10 %iger neutral gepufferter Formalinlösung für mindestens 24 Stunden die Körper aus dem konischen Rohr nehmen; das Formalin mit Filterpapier (oder Papiertüchern) abtupfen.

(2) Den Fisch mit der Bauchseite nach oben legen. Die Afterflosse mit einer kleinen Sezierschere vorsichtig abtrennen (vorzugsweise mit etwas Pterygiophorgewebe).

(3) Den vorderen Teil der abgetrennten Afterflosse mit einer Pinzette aufnehmen und mit einigen Tropfen Wasser auf einem Glasträger fixieren. Die Afterflosse mit einem Deckglas abdecken. Beim Fassen mit der Pinzette darauf achten, dass die Papillen nicht zerkratzt werden.

(4) Die verbundenen Flossenplatten mit Papillenprozessen mit Hilfe des Zählers unter einem Biomikroskop (aufrechtes oder Inversmikroskop) zählen. Papillenprozesse liegen vor, wenn am hinteren Rand der verbundenen Platte kleine Papillenbildungen zu erkennen sind. Die Zahl der verbundenen Platten mit Papillenprozessen für jeden einzelnen Flossenstrahl auf dem Arbeitsblatt vermerken (z. B. erster Flossenstrahl: 0, zweiter Flossenstrahl: 10, dritter Flossenstrahl: 12 usw.); die Summe dieser Zahlen, aufgeschlüsselt nach Fischen, in den Excel-Kalkulationsbogen eingetragen. Falls erforderlich, die Afterflosse fotografieren und die Zahl der verbundenen Flossenplatten mit Papillenprozessen auf dem Foto ermitteln.

(5) Nach der Messung die Afterflosse zur Konservierung und Aufbewahrung in das unter Nummer 1 beschriebene konische Rohr legen.

Abb. 1:

Schaubild zur Veranschaulichung der an Form und Größe der Afterflosse erkennbaren Geschlechtsunterschiede; A — männlich; B — weiblich. Oka, T. B., 1931. On the processes on the fin rays of the male of Oryzias latipes and other sex characters of this fish. J. Fac. Sci., Tokyo Univ., IV, 2: 209-218.

Abb. 2:

A — Prozesse auf verbundenen Afterflossenplatten. J.P., verbundene Platte; A.S., axialer Bereich; P., Prozess. B — Distales Ende des Flossenstrahls; Actinotrichien (Act.) an der Spitze; Oka, T. B., 1931. On the processes on the fin rays of the male of Oryzias latipes and other sex characters of this fish. J. Fac. Sci., Tokyo Univ., IV, 2: 209-218.

Abb. 3:

Foto eines Fischkörpers mit Schnittstelle bei Fixierung der Gonaden in einer anderen Fixierlösung als 10 %iges neutral gepuffertes Formalin; in diesem Fall wird der restliche Körper zwischen der vorderen Region der Afterflosse und dem After mit einer Rasierklinge (rote Linie) abgetrennt; die Kopfseite des Fisches wird in die Fixierlösung für Gonaden, die Schwanzseite in 10 %iges neutral gepuffertes Formalin gelegt.

Anlage 6

Empfohlene Verfahren für die Entnahme von Proben für die Vitellogenin-Analyse

Es ist darauf zu achten, dass es nicht zu Kreuzkontaminationen zwischen den VTG-Proben männlicher und weiblicher Tiere kommt.

Verfahren 1A: Dickkopfelritze, Blutentnahme aus der Schwanzvene/-arterie

Nach der Betäubung den Schwanzansatz mit einem Skalpell teilweise durchtrennen und mit einem heparinisierten Mikrohämatokrit-Kapillarröhrchen aus der Schwanzvene/-arterie Blut entnehmen. Nach der Blutentnahme das Plasma schnell durch 3-minütige Zentrifugierung mit 15 000  g (bzw. alternativ 10 min. mit 15 000  g bei einer Temperatur von 4 °C) isolieren. Soweit erwünscht, kann nach der Zentrifugierung der Hämatokritwert (in %) ermittelt werden. Anschließend das Plasma aus dem Mikrohämatokrit-Röhrchen entnehmen und in einem Zentrifugenröhrchen mit 0,13 Einheiten Aprotinin (einem Protease-Inhibitor) bei – 80 °C aufbewahren, bis die VTG-Konzentration bestimmt werden kann. Je nach (geschlechtsabhängiger) Größe der Dickkopfelritze können pro Fisch in der Regel 5-60 μl Plasma entnommen werden (Jensen et al. 2001).

Verfahren 1B: Dickkopfelritze, Blutentnahme aus dem Herzen

Alternativ kann Blut auch durch Herzpunktion mittels heparinisierter Spritze (1 000  Einheiten Heparin pro ml) entnommen werden. Das Blut anschließend in Eppendorf-Röhrchen (auf Eis) geben und zentrifugieren (5 min, 7 000 g, Raumtemperatur). Das Plasma in saubere Eppendorf-Röhrchen füllen (in Aliquoten, wenn das Plasmavolumen dies zulässt), umgehend auf – 80 °C einfrieren und bis zur Analyse aufbewahren (Panter et al., 1998).

Verfahren 2A: Japanische Reiskärpflinge, Exzision der Leber

Entnahme der Prüffische aus dem Prüfbecken

(1) Testfische mit dem kleinen Löffelsieb aus dem Prüfbecken nehmen. Dabei darauf achten, dass die Fische nicht in andere Becken fallen.

(2) Die Fische grundsätzlich in nachstehender Reihenfolge entnehmen: Kontrolle, (gegebenenfalls) Lösungsmittelkontrolle, niedrigste Konzentration, mittlere Konzentration, höchste Konzentration. Außerdem aus einem Prüfbecken zunächst alle männlichen Tiere entnehmen, dann die weiblichen.

(3) Anhand der äußerlichen (sekundären) Geschlechtsmerkmale (z. B. Form der Afterflosse) das Geschlecht der Fische bestimmen.

(4) Die Prüffische in ein Transportbehältnis setzen und zur Exzision der Leber an einen Arbeitsplatz bringen. Die Beschriftung des Prüfbeckens und des Transportbehältnisses auf Genauigkeit überprüfen, um sicherzustellen, dass die Zahl der aus dem Prüfbecken entnommenen Fische mit der Zahl der noch darin verbliebenen Fische übereinstimmt.

(5) Kann das Geschlecht anhand der äußerlichen Merkmale nicht bestimmt werden, alle Fische aus dem Prüfbecken entnehmen. In diesem Fall das Geschlecht durch Sichtprüfung der Gonaden oder der sekundären Geschlechtsmerkmale unter einem Stereomikroskop bestimmen.

Exzision der Leber

(1) Die Prüffische aus dem Transportbehältnis nehmen und mit dem kleinen Löffelsieb in die Betäubungslösung setzen.

(2) Nach dem Betäuben den Prüffisch mit einer (handelsüblichen) Pinzette auf Filterpapier (oder ein Papiertuch) legen. Dabei die Pinzette beidseitig am Kopf ansetzen, damit der Schwanz nicht bricht.

(3) Die Oberfläche des Fisches mit Filterpapier (oder einem Papiertuch) trockentupfen.

(4) Den Fisch mit der Bauchseite nach oben legen. Mit einer kleinen Sezierschere zwischen ventralem Halsbereich und Bauchmitte einen kleinen transversalen Einschnitt vornehmen.

(5) Die Sezierschere in diesen kleinen Einschnitt einführen und den Bauch auf ein kaudal zum Kiemenbogen angesetzten Schnittlinie entlang der Bauchmittellinie bis hin zur kranialen Seite des Afters öffnen. Um Leber und Gonaden nicht zu beschädigen, die Sezierschere nicht zu tief einführen.

(6) Unter dem Stereomikroskop folgende Schritte vornehmen:

(7) Den Fisch mit der Bauchseite nach oben auf das Papiertuch (oder eine gläserne Petrischale oder einen Glasträger) legen.

(8) Die Wände der Bauchhöhle mit Präzisionspinzetten spreizen und die inneren Organe freilegen. Falls erforderlich, kann dazu eine Seite der Bauchhöhle entfernt werden.

(9) Den anhaftenden Teil der Leber und der Gallenblase mit einer weiteren Präzisionspinzette freilegen. Den Gallengang fassen und die Gallenblase abtrennen. Dabei darauf achten, dass letztere nicht beschädigt wird.

(10) Die Speiseröhre fassen, und auf die gleiche Weise den Magen-Darm-Trakt von der Leber abtrennen. Darauf achten, dass kein Magen-Darm-Inhalt austritt. Den Magen-Darm-Trakt schwanzseitig vom After trennen und aus der Bauchhöhe nehmen.

(11) Fett und sonstiges Gewebe um die Leber entfernen. Die Leber darf dabei nicht beschädigt werden.

(12) Den Leberausgang mit der Präzisionspinzette fassen und die Leber aus der Bauchhöhle entnehmen.

(13) Die Leber auf den Glasträger legen. Mit der Präzisionspinzette erforderlichenfalls Fett und sonstiges externes Gewebe (z. B. Bauchfell) von der Leberoberfläche entfernen.

(14) Das Gewicht der Leber mit einem 1,5-ml-Mikroröhrchen (Leergewicht) und einer elektronischen Analysewaage bestimmen. Den Messwert in das Arbeitsblatt eintragen (auf 0,1 mg genau). Mit den Angaben auf dem Etikett des Mikroröhrchens abgleichen.

(15) Das Mikroröhrchen mit der Leber verschließen und in ein Kühlgestell (oder ein Eis-Rack) setzen.

(16) Nach Exzision einer Leber die Sezierinstrumente reinigen oder wechseln.

(17) Die Lebern aller Fische im Transportbehältnis entnehmen, wie oben beschrieben.

(18) Nach Exzision der Lebern aller Fische im Transportbehältnis (d. h. aller männlichen oder allen weiblichen Tieren in einem Prüfbecken) die Leberproben in ein etikettiertes Reagenzglasgestell setzen und in einen Gefrierschrank stellen. Sind die Lebern kurz nach der Exzision einer Vorbehandlung zu unterziehen, die Proben in einem Kühlgestell (oder Eis-Rack) zum nächsten Arbeitsplatz bringen.

Nach Exzision der Lebern steht der Fischkörper zur Messung der sekundären Geschlechtsmerkmale zu Verfügung.

Leberproben

Die von den Prüffischen entnommenen Leberproben bei ≤ – 70 °C lagern, sofern sie nicht kurz nach der Exzision vorbehandelt werden sollen.

Abb. 1

Unmittelbar vor den Brustflossen einen Schereneinschnitt vornehmen.

Abb. 2

Auf der Bauchmittellinie bis zu einem Punkt etwa 2 mm kranial vor dem After einen Scherenschnitt durchführen.

Abb. 3

Die Bauchwände mit einer Pinzette spreizen, um die Leber und die anderen inneren Organe freizulegen. (Alternativ können die Bauchwände seitlich festgesteckt werden.)

Abb. 4

Die Leber grob sezieren und mit einer Pinzette entnehmen.

Abb. 5

Darm mit der Pinzette vorsichtig herausziehen.

Abb. 6

Beide Darmenden und etwaiges mesenteriales Gewebe mit einer Schere durchtrennen.

Abb. 7 (Weibchen)

Das Verfahren ist bei männlichen und weiblichen Fischen dasselbe.

Abb. 8

Verfahren abgeschlossen.

Verfahren 2B: Japanische Reiskärpflinge (Oryzias latipes), Vorbehandlung der Leber für die Vitellogenin-Analyse:

Die Flasche mit dem Homogenatpuffer aus dem ELISA-Kit nehmen und mit zerstoßenem Eis kühlen (Temperatur der Lösung: ≤ 4 °C). Wird Homogenatpuffer aus dem EnBio-ELISA verwendet, die Lösung zunächst bei Raumtemperatur auftauen und die Flasche anschließend auf zerstoßenem Eis kühlen.

Das Volumen des Homogenatpuffers für die Leber richtet sich nach dem Lebergewicht. (pro mg Leber je 50 μl Homogenatpuffer.) Wiegt die Leber beispielsweise 4,5 mg, so beträgt das Volumen des Homogenatpuffers 225 μl. Die Volumina der Homogenatpuffer für sämtliche Lebern in einer Liste erfassen.

Vorbereitung der Lebern zur Vorbehandlung

(1) Das 1,5-ml-Mikroröhrchen mit der Leber erst unmittelbar vor der Vorbehandlung aus dem Gefrierschrank nehmen.

(2) Um Vitellogenin-Kontaminationen zu vermeiden, die Lebern männlicher Fische vor den Lebern der weiblichen Fische vorbehandeln. Die Vorbehandlung der Testgruppen sollte zudem in der folgenden Reihenfolge ablaufen: Kontrolle, (gegebenenfalls) Lösungsmittelkontrolle, niedrigste Konzentration, mittlere Konzentration, höchste Konzentration.

(3) Aus dem Gefrierschrank immer nur so viel 1,5-ml-Mikroröhrchen mit Leberproben entnehmen, wie auch gleichzeitig zentrifugiert werden können.

(4) Die 1,5-ml-Mikroröhrchen mit den Leberproben in der Reihenfolge der Nummern der Proben aus dem Eis-Rack anordnen. (Die Lebern brauchen nicht aufgetaut zu werden.)

Vorbehandlung

1.   Zugabe des Homogenatpuffers

(1) Nachdem anhand der Liste geprüft wurde, welches Volumen des Homogenatpuffers jeweils für ein Leberpräparat zu verwenden ist, die Mikropipette (Volumenbereich 100-1 000  μl) auf das entsprechende Volumen einstellen. Eine saubere Spitze aufsetzen.

(2) Homogenatpuffer aus der Reagenzflasche entnehmen und in die 1,5-ml-Mikroröhrchen mit Leber geben.

(3) Homogenatpuffer allen leberhaltigen 1,5-ml-Mikroröhrchen wie oben beschrieben zugeben. Die Spitze der Mikropipette braucht nicht gewechselt zu werden. Ist die Spitze jedoch verunreinigt oder wird vermutet, dass sie verunreinigt ist, muss sie jedoch ausgewechselt werden.

2.   Homogenisieren der Leber

(1) Am Homogenisator ein neues Pistill befestigen.

(2) Das Pistill in das 1,5-ml-Mikroröhrchen einführen. Dabei den Mikroröhrchen-Homogenisator so halten, dass die Leber zwischen Pistill-Oberfläche und innere Wand des 1,5-ml-Mikroröhrchens gedrückt wird.

(3) Den Mikroröhrchen-Homogenisator für 15-20 Sekunden bedienen. Danach das 1,5-ml-Mikroröhrchen auf zerstoßenem Eis abkühlen.

(4) Das Pistill aus dem 1,5-ml-Mikroröhrchen nehmen und die Probe etwa 10 Sekunden ruhen lassen. Anschließend eine Sichtprüfung des Suspensionszustands vornehmen.

(5) Sind Leberstückchen in der Suspension zu erkennen, die Schritte (3) und (4) wiederholen, um ein zufriedenstellendes Leberhomogenat zu erhalten.

(6) Das suspendierte Leberhomogenat bis zum Zentrifugieren auf dem Eis-Rack abkühlen.

(7) Das Pistill bei jedem neuen Homogenat auswechseln.

(8) Alle Lebern mit dem Homogenatpuffer homogenisieren, wie oben beschrieben.

3.   Zentrifugen des suspendierten Leberhomogenats

(1) Sicherstellen, dass die gekühlte Zentrifugierkammer eine Temperatur von ≤ 5 °C aufweist.

(2) Die 1,5-ml-Mikroröhrchen mit dem suspendierten Leberhomogenat in die gekühlte Zentrifuge stellen (erforderlichenfalls nach einer Ausbalancierung).

(3) Das suspendierte Leberhomogenat für 10 Minuten bei einer Temperatur von ≤ 5 °C mit 13 000  g zentrifugieren. Wird der Überstand in geeigneter Weise abgetrennt, können Zentrifugalkraft und Zeitdauer jedoch nach Bedarf eingestellt werden.

(4) Nach der Zentrifugierung kontrollieren, ob der Überstand angemessen abgetrennt wurde (Oberfläche: lipid; Zwischenschicht: Überstand, untere Schicht: Lebergewebe). Bei unangemessener Trennung die Suspension unter denselben Bedingungen erneut zentrifugieren.

(5) Alle Proben aus der gekühlten Zentrifuge nehmen und in der Reihenfolge der Nummern der Proben auf dem Eis-Rack anordnen. Dabei darauf achten, dass die getrennten Schichten nach dem Zentrifugen nicht resuspendieren.

4.   Entnahme des Überstands

(1) Vier 0,5-ml-Mikroröhrchen zur Entnahme des Überstands in das Reagenzglasgestell setzen.

(2) Jeweils 30 μl Überstand (als Zwischenschicht abgetrennt) mit der Mikropipette entnehmen und in eines der 0,5-ml-Mikroröhrchen geben. Dabei darauf achten, dass kein Lipidmaterial (Oberfläche) oder Lebergewebe (untere Schicht) aufgenommen werden.

(3) Den Überstand entnehmen und wie oben beschrieben in zwei weitere 0,5-ml-Mikroröhrchen dispensieren.

(4) Übrigen Überstand mit der Mikropipette entnehmen (möglichst ≥ 100 μl) und in das verbleibende 0,5-ml-Mikroröhrchen geben. Dabei darauf achten, dass kein Lipidmaterial (Oberfläche) oder Lebergewebe (untere Schicht) aufgenommen wird.

(5) Das 0,5-ml-Mikroröhrchen verschließen und auf dem Etikett das Volumen des Überstands notieren. Danach die Mikroröhrchen sofort auf dem Eis-Rack kühlen.

(6) Für jeden Überstand die Spitze der Mikropipette wechseln. Haftet sehr viel Lipidmaterial an der Spitze an, die Spitze umgehend auswechseln, um den das Leberextrakt nicht mit Fett zu kontaminieren.

(7) Den gesamten zentrifugierten Überstand wie oben beschrieben in vier 0,5-ml-Mikroröhrchen geben.

(8) Danach alle etikettierten Mikroröhrchen in das Reagenzglasgestell setzen und im Gefrierfach einfrieren. Werden die VTG-Konzentrationen unmittelbar nach der Vorbehandlung gemessen, ein 0,5-ml-Mikroröhrchen (mit 30 μl des Überstands) im Reagenzglasgestell abkühlen und an den Arbeitsplatz bringen, an dem der ELISA durchgeführt werden soll. In diesem Fall die übrigen Mikroröhrchen in die Reagenzglasgestelle setzen und im Gefrierschrank einfrieren.

(9) Nach Entnahme des Überstands den verbleibenden Rückstand angemessen entsorgen.

Lagerung der Probe

Die 0,5-ml-Mikroröhrchen mit dem Überstand des Leberhomogenats bis zur Durchführung des ELISA bei ≤ – 70 °C lagern.

Verfahren 3A: Zebrabärblinge, Blutentnahme aus der Schwanzvene/-arterie

Unmittelbar nach der Betäubung den Schwanzansatz mit einem Skalpell teilweise durchtrennen und mit einem heparinisierten Mikrohämatokrit-Kapillarröhrchen aus der Schwanzvene/-arterie Blut entnehmen. Die Blutvolumen betragen je nach Größe der Fische 5 bis 15 μl. In das Mikrokapillarrohr die gleiche Menge Aprotininpuffer (6 μgml in PBS) geben, und das Plasma durch Zentrifugieren (5 Minuten bei 600 g) vom Blut trennen. Das Plasma in den Teströhrchen auffangen und bis zur Bestimmung der Vitellogenin-Konzentration oder anderer relevanter Proteine bei – 20 °C lagern.

Verfahren 3B: Zebrabärblinge, Blutentnahme durch Herzpunktion

Um eine Koagulierung des Bluts und einen Proteinabbau zu vermeiden, die Proben mit heparinisierter (1 000 Einheiten/ml) phosphatgepufferter Salzlösung (PBS) und dem Proteasehemmer Aprotinin (2 TIU/ml) entnehmen. Als Pufferbestandteile werden Heparin- ammoniumsalz und lyophilisiertes Aprotinin, für die Blutentnahme Spritzen (1 ml) mit fixierter dünner Nadel (z. B. Braun Omnikan-F) empfohlen. Die Spritze muss mit der Pufferlösung vorgefüllt sein (ca. 100 μl), damit die geringen Blutvolumina der einzelnen Fische vollständig eluiert werden können. Die Blutproben durch Herzpunktion entnehmen. Dazu die Fische zunächst mit MS-222 (100 mg/l) betäuben. Bei angemessener Betäubung ist der Herzschlag der Zebrabärblinge wahrnehmbar. Beim Punktieren des Herzens den Spritzenkolben unter leichter Spannung halten. Die zu entnehmendem Blutvolumina liegen zwischen 20 und 40 μl. Nach der Herzpunktion das Blut-/Puffer-Gemisch in die Teströhrchen geben. Das Plasma durch Zentrifugieren (20 min mit 5 000 g) vom Blut trennen und bis zur Analyse bei – 80 °C lagern.

Verfahren 3C: Standardarbeitsverfahren (SOP): Zebrabärblinge, Homogenisierung von Kopf- und Schwanzgewebe

(1) Die Fische betäuben und töten, wie für den Test beschrieben.

(2) Kopf und Schwanz der Fische abtrennen, siehe Abbildung 1.

Wichtig: Alle Sezierinstrumente und das Sezierbrett sind nach jedem Fisch abzuspülen und ordnungsgemäß zu reinigen (z. B. mit 96 %igem Ethanol), um VTG-„Kontaminationen“ nicht induzierter Männchen durch weibliche Fische oder induzierte Männchen zu vermeiden.

Abbildung 1

(3) Das Gewicht der gepoolten Kopf- und Schwanzteile auf 1 mg genau abmessen.

(4) Nach dem Wiegen die Teile in geeignete Röhrchen (z. B. 1,5 ml Eppendorf) geben und bei – 80 °C bis zur Homogenisierung einfrieren oder unmittelbar mit zwei Kunststoff-Pistillen auf Eis homogenisieren. (Alternativ können auch andere Methoden angewendet werden, sofern sie auf Eis durchgeführt werden und eine homogene Masse entsteht.) Wichtiger Hinweis: Die Röhrchen sind ordnungsgemäß zu nummerieren, damit die Kopf- und Schwanzteile für die histologische Gonadenuntersuchung dem jeweiligen Rumpf zugeordnet werden können.

(5) Nach Herstellung einer homogenen Masse das Vierfache des Gewebegewichts des eisgekühlten Homogenisierungspuffers  hinzugeben. Mit den Pistillen weiterarbeiten, bis eine homogene Mischung entsteht. Wichtiger Hinweis: Für jeden Fisch ist ein frisches Pistill zu verwenden.

(6) Die Proben bis zur Zentrifugierung (4 °C, 50 000 g, 30 Minuten) auf Eis legen.

(7) Mit einer Pipette 20 μl-Portionen des Überstands in mindestens zwei Röhrchen geben; dabei die Spitze der Pipette durch die oberflächige Fettschicht führen und den Überstand vorsichtig ansaugen, ohne jedoch Fett- oder Pelletfraktionen mitaufzunehmen.

(8) Die Röhrchen bis zur Verwendung bei – 80 °C lagern.

Anlage 7

Vitellogenin-angereicherte Proben und Inter-Assay-Referenzstandard

An jedem Tag, an dem Vitellogenin-Bestimmungen vorgenommen werden, ist eine nach einem Inter-Assay-Referenzstandard hergestellte Anreicherungsprobe zu analysieren. Das für den Inter-Assay-Referenzstandard verwendete Vitellogenin muss aus einer anderen Charge als das Vitellogenin stammen, das zur Herstellung der Kalibrierstandards für den durchzuführenden Assay verwendet wurde.

Die Anreicherungsprobe wird hergestellt, indem eine bekannte Menge des Inter-Assay-Standards einer Plasmaprobe männlicher Kontrollfische zugegeben wird. Die Probe anreichern, bis eine Vitellogenin-Konzentration erreicht wird, die 10- bis 100-mal höher ist als die bei männlichen Kontrollfischen erwartete VTG-Konzentration. Die so angereicherte Probe kann von einem einzelnen Fisch oder von mehreren Fischen stammen.

In mindestens zwei Mulden eine Teilprobe nicht angereicherten Plasmas männlicher Kontrolltiere analysieren. Die angereicherte Probe auch in mindestens zwei Duplikatmulden analysieren. Die mittlere VTG-Menge in den beiden nicht angereicherten Plasmaproben männlicher Kontrollfische der berechneten Vitellogenin-Menge hinzurechnen, die zur Anreicherung der Proben zugegeben wurde, um die erwartete Konzentration zu bestimmen. Das Verhältnis dieser erwarteten zur gemessenen Konzentration zusammen mit den Ergebnissen der an dem betreffenden Tag durchgeführten Assays protokollieren.

Anlage 8

Flussdiagramm als Entscheidungshilfe für die statistischen Analyse

C.38.   DER AMPHIBIEN-METAMORPHOSE-ASSAY (AMA)

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 231 (2009). Angesichts des Risikos, dass in der Umwelt vorhandene Chemikalien Menschen und wild lebende Pflanzen und Tiere beeinträchtigen könnten, muss eine Prüfung zum Nachweis von auf das Schilddrüsensystem von Vertebraten wirkenden Chemikalien entwickelt und validiert werden. 1998 hat die OECD eine prioritäre Aktivität zur Änderung bestehender technischer Leitlinien zum Screening und zum Testen von Chemikalien mit potenziell endokriner Wirkung initiiert. Ein Element dieser Aktivität bestand in der Entwicklung einer technischen Leitlinie für das Screening von Chemikalien, die auf das Schilddrüsensystem von Wirbeltierarten wirken. Vorgeschlagen wurde eine zum einen die Überarbeitung der Studie zur Toxizität bei Nagetieren nach wiederholter 28-tägiger oraler Gabe (Kapitel B.7 in diesem Anhang) und zum anderen die Entwicklung des Amphibien-Metamorphose-Assays (AMA). Die überarbeitete Prüfmethode B.7 wurde einer Validierung unterzogen und anschließend veröffentlicht. Der Amphibien-Metamorphose-Assay (AMA) wurde ebenfalls in einem umfassenden Validierungsprogramm mit Intra- und Interlaborstudien untersucht, in denen die Relevanz und die Zuverlässigkeit des Tests nachgewiesen wurden (1, 2). Anschließend wurde der Test einem Peer-Review durch eine Gruppe unabhängiger Experten unterzogen (3). Diese Prüfmethode beruht auf den Erfahrungen aus Validierungsstudien zum Nachweis von auf die Schilddrüse wirkenden Chemikalien und auf Arbeiten in anderen OECD-Mitgliedsländern.

PRINZIP DER PRÜFUNG

2.
Der Amphibien-Metamorphose-Assay (AMA) ist ein Test zur empirischen Bestimmung von Chemikalien, die das normale Funktionieren der Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse (HPT-Achse) beeinträchtigen können. Der AMA stellt ein generalisiertes Vertebratenmodell dar, das auf den konservierten Strukturen und Funktionen der HPT-Achse beruht. Der Test ist deshalb von Bedeutung, weil die Metamorphose von Amphibien einen gut untersuchten schilddrüsenbezogenen Prozess darstellt, der auf in der HPT-Achse wirksame Chemikalien reagiert. Außerdem ist dieser Test der einzige Test mit dem thyroidale Aktivität in einem Tier während der Metamorphose nachgewiesen werden kann.
3.
Das allgemeine Prüfprotokoll sieht die Exposition von Krallenfrosch-Larven (Xenopus-laevis) des Stadiums 51 durch mindestens drei verschiedene Konzentrationen einer Prüfchemikalie und eine Verdünnungswasserkontrolle über einen Zeitraum von 21 Tagen vor. Für jede Prüfkonzentration werden vier Replikate verwendet. Zu Beginn des Tests werden bei allen Behandlungsgruppen 20 Larven pro Prüfbecken eingesetzt. Als Endpunkte werden die Länge der Hinterbeine, die Kopf-Rumpf-Länge, das Entwicklungsstadium, die Feuchtmasse, die Histologie der Schilddrüse und die tägliche Mortalität erfasst.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfspezies

4.
Der Krallenfrosch (Xenopus laevis) wird weltweit in Labors kultiviert und ist im Handel ohne Weiteres zu beschaffen. Bei dieser Art kann die Reproduktion ganzjährig leicht durch Injektionen von humanem Choriongonadotropin (hCG) angeregt werden; die entstehenden Larven können in großer Anzahl bis zu den gewünschten Entwicklungsstadien aufgezogen werden, die dann in auf bestimmte Stadien bezogenen Prüfprotokollen verwendet werden können. Die im Test zu verwendenden Larven sollten vorzugsweise von im jeweiligen Labor gezogenen adulten Tieren stammen. Alternativ (wenngleich nicht als bevorzugtes Verfahren) können auch Eier oder Embryos an die mit dem Test beauftragten Labors geschickt werden; in den Labors muss dann eine gewisse Akklimatisierungszeit vorgesehen werden. Der Versand von Larven ist bei diesem Test nicht annehmbar.

Ausrüstung und Verbrauchsmaterial

5.
Zur Durchführung dieses Tests werden die folgende Ausrüstung und die folgenden Verbrauchsmaterialien benötigt:
a)
Expositionssystem (siehe folgende Beschreibung);
b)
Aquarien aus Glas oder Edelstahl (siehe folgende Beschreibung);
c)
Brutbecken;
d)
Temperaturregelung (z. B. Heiz- oder Kühlgeräte, einstellbar auf 22 ± 1 °C);
e)
Thermometer;
f)
binokulares Präpariermikroskop;
g)
Digitalkamera (mit einer Auflösung von mindestens 4 Megapixeln und mit Mikroskopfunktion);
h)
Software zur Bilddigitalisierung
i)
Petrischale (z. B. 100 × 15 mm) oder transparente Kulturschalen aus Kunststoff in vergleichbarer Größe;
j)
Analysewaage mit einer Messgenauigkeit von 3 Dezimalstellen (mg);
k)
Oxi-Meter (zur Messung des gelösten Sauerstoffs);
l)
pH-Messgerät;
m)
Gerät zur Messung der Lichtintensität (Anzeige in lx);
n)
verschiedene Labor-Glasgeräte und -Werkzeuge;
o)
einstellbare Pipetten (10-5 000  μl) oder Pipettensortiment in entsprechenden Größen;
p)
Prüfchemikalie in hinreichenden Mengen zur Durchführung des Tests, vorzugsweise aus einer Charge;
q)
Analysegeräte zur Untersuchung der zu prüfenden Chemikalien bzw. ein entsprechender Analyse-Dienstleister.

Prüfbarkeit der Chemikalie

6.
Der AMA beruht auf einem Protokoll zur Exposition in Wasser, bei dem die Prüfchemikalie über ein Durchflusssystem in die Becken geleitet wird. Mit Durchflusssystemen sind jedoch Einschränkungen hinsichtlich der Chemikalientypen verbunden, die geprüft werden können. Maßgeblich sind die jeweiligen physikalischen und chemischen Eigenschaften der Chemikalie. Vor der Anwendung dieses Protokolls sind daher grundlegende Informationen zur jeweiligen Chemikalie zu beschaffen, die für die Durchführbarkeit des Tests von Bedeutung sind. Außerdem ist das OECD Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures (4) zu konsultieren. Folgende Merkmale sind Anzeichen dafür, dass die betreffende Chemikalie in aquatischen Systemen vielleicht schwierig zu untersuchen ist: hohe Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (log Kow), hohe Flüchtigkeiten, Hydrolyse- und Photolysetendenz im Labor bei Umgebungsbeleuchtung. Ob Chemikalien geprüft werden können, hängt unter Umständen noch von weiteren Faktoren ab, die im Einzelfall ebenfalls zu berücksichtigen sind. Wenn die zu untersuchende Chemikalie mit einem Durchflusssystem nicht getestet werden kann, ist vielleicht ein System mit statischer Exposition geeignet. Kommt bei einer Chemikalie keine dieser beiden Möglichkeiten in Betracht, kann die Chemikalie mit diesem Protokoll nicht geprüft werden.

Expositionssystem

7.
Vorzugsweise ist ein Durchflusssystem zu verwenden. Wenn die physikalischen und/oder chemischen Eigenschaften einer Prüfchemikalie die Verwendung eines Durchflusssystems nicht zulassen, kann ein alternatives Expositionssystem (z. B. ein System mit statischer Exposition) eingesetzt werden. Bestandteile des Systems, die mit Wasser in Berührung kommen, müssen aus Glas, Edelstahl und/oder Polytetrafluorethylen bestehen. Wenn die Untersuchungsergebnisse nicht beeinträchtigt werden, kann alternativ auch geeignetes Kunststoffmaterial verwendet werden. Als Expositionsbecken sind Glas- oder Edelstahlaquarien mit Standrohren, einem Volumen zwischen 4,0 und 10,0 l und einer Wassertiefe von mindestens 10-15 cm zu verwenden. Das System muss für sämtliche Expositionskonzentrationen und eine Kontrolle sowie vier Replikate pro Behandlung ausgelegt sein. Der Durchfluss in die einzelnen Becken muss konstant sein; dabei sind sowohl die Aufrechterhaltung der biologischen Bedingungen als auch die Exposition durch die Chemikalie zu berücksichtigen (z. B. 25 ml/min). Die Becken mit den Prüfkonzentrationen sind im Expositionssystem randomisiert aufzustellen, um Beeinflussungen infolge der Aufstellung zu reduzieren (u. a. geringfügige Unterschiede in Temperatur oder Lichtintensität). Mit Leuchtstofflampen wird eine Photoperiode von 12 h Licht: 12 h Dunkelheit mit einer Intensität von 600-2 000 lx (Lumen/m2) auf der Wasseroberfläche eingestellt. In den Becken müssen eine Wassertemperatur von 22 ± 1 °C und ein pH-Wert von 6,5-8,5 aufrechterhalten werden; die Konzentration an gelöstem Sauerstoff in den Becken mit den verschiedenen Prüfkonzentrationen muss > 3,5 mg/l betragen (> 40 % der Luftsättigung). Mindestens die Wassertemperatur, der pH-Wert und der Anteil an gelöstem Sauerstoff sind wöchentlich zu messen. Die Temperatur sollte vorzugsweise in mindestens einem Prüfgefäß kontinuierlich gemessen werden. In Anlage 1 werden die Versuchsbedingungen des Prüfprotokolls beschrieben. Weitere Informationen zum Aufbau von Durchfluss-Expositionssystemen und/oder von Systemen mit statischer Erneuerung sind dem ASTM Standard Guide for Conducting Acute Toxicity Tests on Test Materials with Fishes, Macroinvertebrates, and Amphibians (5) sowie den Beschreibungen allgemeiner aquatischer Toxizitätsprüfungen zu entnehmen.

Wasserqualität

8.
Für den Test kann beliebiges vor Ort verfügbares Wasser (z. B. Quellwasser oder mit Aktivkohle gefiltertes Leitungswasser) verwendet werden, bei dem Krallenfrosch-Larven normal wachsen und sich entwickeln. Da die Wasserqualität je nach Standort von Region zu Region sehr unterschiedlich sein kann, ist die Wasserqualität insbesondere dann zu analysieren, wenn keine historischen Daten über die Verwendbarkeit des Wassers für die Aufzucht von Krallenfröschen verfügbar sind. Besonders ist darauf zu achten, dass das Wasser frei von Kupfer, Chlor und Chloraminen ist; da diese Chemikalien für Frösche und Kaulquappen giftig sind. Außerdem wird empfohlen, das Wasser auf eine Grundbelastung durch Fluorid, Perchlorat und Chlorat (bei der Desinfektion von Trinkwasser entstehende Nebenprodukte) zu untersuchen, da es sich bei den betreffenden Anionen um Substrate des Jodtransports der Schilddrüse handelt, die in erhöhten Konzentrationen das Ergebnis der Studie beeinflussen können. Die Analysen sind vor Beginn der Tests vorzunehmen. Im für den Test vorgesehenen Wasser sollten die genannten Anionen nicht enthalten sein.

Jodkonzentration des Testwassers

9.
Damit die Schilddrüse Hormone synthetisieren kann, muss für die Larven im Wasser und im Futter ausreichend Jod verfügbar sein. Gegenwärtig liegen keine empirisch ermittelten Leitlinien für mindestens erforderliche Jodkonzentrationen vor. Die Jodverfügbarkeit kann jedoch die Empfindlichkeit verändern, mit der das Schilddrüsensystem auf Wirkstoffe reagiert, die auf die Schilddrüse wirken. Es ist bekannt, dass Jod die Grundaktivität der Schilddrüse beeinflusst; dies ist bei der Auswertung der Ergebnisse histopathologischer Untersuchungen der Schilddrüse zu beachten. Daher sind Jodkonzentrationen, die in dem für den Test vorgesehenen Wasser gemessen wurden, zu protokollieren. Den verfügbaren Daten aus den Validierungsstudien zufolge hat sich das Protokoll bei Jodkonzentrationen (I–) zwischen 0,5 und 10 μg/l im Testwasser als geeignet erwiesen. Im Idealfall sollte die minimalste Jodkonzentration im zu verwendenden Wasser bei 0,5 μg/l liegen. Wenn das Testwasser aus entionisiertem Wasser rekonstituiert wird, muss Jod in einer Konzentration von mindestens 0,5 μg/l hinzugegeben werden. Jegliche weitere Zugabe von Jod oder sonstigen Salzen zum Testwasser ist im Bericht zu vermerken.

Hälterung der Tiere

Hälterung der adulten Tiere und Zucht

10.
Die Hälterung der adulten Tiere und die Zucht erfolgen entsprechend den Standardleitlinien. Weitere Informationen sind der Standardanleitung zur Durchführung des Froschembryo-Teratogeneseassay-Xenopus (Fetax) (6) zu entnehmen. Diese Standardleitlinien sind ein Beispiel für geeignete Haltungs- und Zuchtverfahren; eine strenge Befolgung ist aber nicht erforderlich. Um die Laichreifung zu induzieren, wird Paaren (3-5) von adulten weiblichen und männlichen Tieren humanes Choriongonadotropin (hCG) injiziert. Weiblichen und männlichen Exemplaren werden etwa 800 IU-1 000 IU bzw. 600 IU-800 IU hCG gelöst in 0,6- bis 0,9 %iger Salzlösung gespritzt. Die Zuchtpaare werden in großen Becken ohne Störungen unter statischen Bedingungen gehalten, um den Amplexus zu fördern. Die Unterseite der Brutbecken sollte jeweils einen Zwischenboden aus Edelstahl- oder Kunststoffgitter enthalten, durch den der Laich auf den Boden des Beckens sinken kann. Frösche, die am späten Nachmittag eine Injektion erhalten haben, laichen meist am Vormittag des Folgetages. Nachdem eine hinreichende Anzahl an Eiern abgelegt und befruchtet wurden, sind die adulten Tiere aus den Brutbecken zu nehmen.

Versorgung und Auswahl der Larven

11.
Nachdem die adulten Tiere aus den Brutbecken genommen wurden, werden die Eier entnommen und anhand einer repräsentativen Teilprobe der Embryos aus allen Brutbecken hinsichtlich ihrer Lebensfähigkeit beurteilt. Der beste Laich (möglichst sollten 2-3 Laichproben auf ihre Qualität untersucht werden) wird aufbewahrt; die Qualität des Laichs wird anhand der zu erwartenden Lebensfähigkeit der Embryos und einer angemessenen Anzahl von Embryos (mindestens 1 500 ) beurteilt. Alle in der Studie verwendeten Tiere sollten aus einem einzigen Laich stammen; der abgelegte Laich darf also nicht gemischt werden. Die Embryos werden in eine große flache Schale oder Schüssel gegeben, und alle offensichtlich toten oder anomal ausgebildeten Eier (siehe Definition in (5)) werden mit einer Pipette entfernt. Die gesunden Embryos aus den drei Gelegen werden in drei getrennte Brutbecken gesetzt. Vier Tage nach dem Einsetzen in die Brutbecken wird der gemessen an seiner Lebensfähigkeit und der Anzahl der geschlüpften Tiere beste Laich ausgewählt, und die Larven werden in eine geeignete Anzahl an Aufzuchtbecken mit einer Temperatur von 22 ± 1 °C gesetzt. Außerdem werden einige zusätzliche Larven in weitere Becken gesetzt, die verwendet werden können, wenn in der ersten Woche Tiere in den Aufzuchtbecken sterben. So können die Besatzdichte aufrechterhalten und Entwicklungsunterschiede innerhalb der Kohorte eines einzigen Laichs reduziert werden. Alle Aufzuchtbecken sind täglich durch Absaugen zu reinigen. Vorsichtshalber sollten keine Latexhandschuhe, sondern Handschuhe aus Vinyl oder Nitril verwendet werden. In der ersten Woche werden tote Larven täglich entfernt und durch neue Larven ersetzt, um die Besatzdichte aufrechtzuerhalten. Die Fütterung muss mindestens zweimal täglich erfolgen.
12.
Vor der Exposition werden die Larven (Kaulquappen) an die Bedingungen der eigentlichen Testphase gewöhnt (Futtertyp, Temperatur, Photoperiode und Kulturmedium). Daher sollte in der Phase vor der Exposition dasselbe Kultur-/Verdünnungswasser verwendet werden wie in der Expositionsphase. Wenn die Larven vor der Exposition in einer statischen Kultur gehalten werden, ist das Kulturmedium mindestens zweimal wöchentlich vollständig zu ersetzen. Eine überhöhte Besatzdichte infolge einer zu großen Anzahl an Larven in der Phase vor der Exposition ist zu vermeiden, weil dies die Entwicklung der Larven während der anschließenden Testphase deutlich beeinträchtigen könnte. Daher sollte eine Besatzdichte von etwa 4 Larven/l Kulturmedium (statisches Expositionssystem) bzw. 10 Larven/l Kulturmedium (bei einem Durchfluss von z. B. 50 ml/min vor der Exposition bzw. im Kultursystem) nicht überschritten werden. Unter diesen Bedingungen sollten sich die Larven innerhalb von zwölf Tagen von den Stadien 45/46 bis zu Stadium 51 entwickeln. Repräsentative Larven dieser Stammpopulation sind täglich hinsichtlich ihres Entwicklungsstadiums zu prüfen, um den ungefähren Zeitpunkt für den Beginn der Exposition abschätzen zu können. Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass Belastungen und Verletzungen der Larven minimiert werden, insbesondere beim Umsetzen der Larven, beim Reinigen der Aquarien und der Handhabung mit den Larven. Belastende Umgebungsbedingungen/Maßnahmen sind zu vermeiden (beispielsweise hoher und/oder kontinuierlicher Lärm, Klopfen an die Aquarien, Schwingungen in den Aquarien, übermäßige Aktivität im Labor und rasche Änderungen der Umgebungsbedingungen (Beleuchtung, Temperatur, pH-Wert, gelöster Sauerstoff, Wasserdurchfluss usw.)). Wenn die Larven innerhalb von 17 Tagen nach der Befruchtung Stadium 51 nicht erreicht haben, ist dies möglicherweise auf übermäßige Stressbelastung zurückzuführen.

Kultivierung und Füttern der Larven

13.
Während der gesamten Phase vor der Exposition (nach Nieuwkoop und Faber (NF) Stadium 45/46) (8) und während der gesamten Testdauer von 21 Tagen werden die Larven. mit handelsüblichem Larvenfutter (z.B. Sera Micron ®) versorgt (siehe Anlage 1); alternativ kann auch ein sonstiges Futter verwendet werden, das sich für die Durchführung des Amphibien-Metamorphose-Assays in gleichwertiger Weise als geeignet erwiesen hat. Das Fütterungsprotokoll in der Phase vor der Exposition ist sorgfältig auf den Bedarf der sich entwickelnden Larven abzustimmen. Frisch geschlüpften Larven sind also mehrmals täglich (mindestens zweimal) kleinere Futtermengen anzubieten. Es darf jedoch nicht zu viel Futter bereitgestellt werden; ansonsten i) wird die Wasserqualität beeinträchtigt, und ii) führen Futterpartikel und Detritus zum Verstopfen der Kiemen. Die tägliche Futtermenge ist entsprechend dem Wachstum der Larven bis auf etwa 30 mg/Tier/Tag kurz vor Beginn des Tests zu erhöhen. Das im Handel erhältliche Futter hat sich in den Validierungsstudien als geeignet erwiesen, um ein angemessenes Wachstum und eine angemessene Entwicklung von X.-laevis-Larven zu ermöglichen. Es besteht aus feinen Partikeln, die in der Wassersäule lange Zeit gelöst bleiben und mit dem Durchfluss ausgewaschen werden. Daher ist die gesamte tägliche Futtermenge auf kleinere Portionen zu verteilen, die mindestens zweimal täglich verabreicht werden. Das Fütterungsprotokoll für dieses Futter ist Tabelle 1 zu entnehmen. Die Futtermenge wird protokolliert. Das Futter kann trocken oder als mit Verdünnungswasser hergestellte Stammlösung verabreicht werden. Diese Stammlösung wird jeden zweiten Tag frisch zubereitet und bei 4 °C gelagert.



Tabelle 1

Fütterungsprotokoll bei handelsüblichem Larvenfutter (z.B. Sera Micron ® ) in den Validierungsstudien mit X.-laevis-Larven während der In-vivo-Phase des AMA mit einem Durchflusssystem

StudientagFuttermenge (mg Futter/Tier/Tag)
0-430
5-740
8-1050
11-1470
15-2180

Analytik

14.
Vor der Durchführung einer Studie muss die Stabilität der Prüfchemikalie ermittelt werden. Dazu sind die verfügbaren Informationen über die Löslichkeit, die Abbaubarkeit und die Flüchtigkeit zu verwenden. Aus den Becken mit den Replikaten in den verschiedenen Konzentrationen werden zu Beginn des Tests (Tag 0) sowie während des Tests wöchentlich mindestens vier Proben der Testlösungen für chemische Analysen entnommen. Außerdem sollten die einzelnen Prüfkonzentrationen während der Vorbereitung des Systems vor Beginn des Tests analysiert werden, um das Systemverhalten zu prüfen. Ferner wird empfohlen, die Stammlösungen beim Wechseln zu analysieren, insbesondere wenn das Volumen der Stammlösung die Chemikalie nicht in hinreichender Menge für die gesamte Dauer der regelmäßigen Probenahmen enthält. Wenn Chemikalien in einzelnen oder allen im Test verwendeten Konzentrationen nicht nachgewiesen werden können, sind die Stammlösungen zu messen und die Durchflussraten des Systems zu protokollieren, um die nominellen Konzentrationen berechnen zu können.

Applikation der Chemikalie

15.
Die Prüfchemikalie kann je nach physikalisch-chemischen Eigenschaften auf unterschiedliche Weise in das Prüfsystem eingebracht werden. Wasserlösliche Chemikalien können in Aliquoten des Testwassers in einer Konzentration gelöst werden, mit der die für den Test vorgesehene Zielkonzentration in einem Durchflusssystem erreicht wird. Chemikalien, die bei Raumtemperatur flüssig sind und sich nur beschränkt in Wasser lösen, können über Flüssig:Flüssig-Sättigungssäulen zugeführt werden. Chemikalien, die bei Raumtemperatur fest sind und sich nur beschränkt in Wasser lösen, können über Sättigungssäulen mit Glaswolle eingebracht werden (7). Vorzugsweise ist ein trägerfreies Prüfsystem zu verwenden; die Prüfchemikalien haben jedoch unterschiedliche physikalisch-chemische Eigenschaften, die wahrscheinlich unterschiedliche Ansätze bei der chemischen Aufbereitung des Wassers erfordern. Aus den folgenden Gründen sollten vorzugsweise weder Lösungsmittel noch Träger verwendet werden: i) Bestimmte Lösungsmittel können ihrerseits toxisch wirken und/oder unerwünschte oder unerwartete endokrine Reaktionen auslösen; ii) die Prüfung von Chemikalien oberhalb ihrer Wasserlöslichkeit (was bei Verwendung von Lösungsmitteln häufig vorkommt) kann die Genauigkeit beeinträchtigen, mit der die wirksamen Konzentrationen ermittelt werden; und iii) die Verwendung von Lösungsmitteln in länger dauernden Tests kann aufgrund der Aktivität von Mikroorganismen zur Entwicklung erheblicher „Biofilme“ führen. Bei schwierig zu testenden Chemikalien kann, wenn unbedingt erforderlich, ein Lösungsmittel eingesetzt werden. Zur Ermittlung der besten Methode ist das OECD Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures zu konsultieren (4). Welches Lösungsmittel zu verwenden ist, hängt von den chemischen Eigenschaften der Chemikalie ab. Bei aquatischen Toxizitätstests haben sich u. a. Aceton, Ethanol, Methanol, Dimethylformamid und Triethylen-Glykol als wirksam erwiesen. Wenn ein Lösungsmittel verwendet wird, müssen die Lösungsmittelkonzentrationen unter der chronischen höchsten geprüften Konzentration ohne beobachtete schädliche Wirkung (NOEC) liegen; die OECD-Leitlinie empfiehlt höchstens 100 μl/l. In einer kürzlich veröffentlichten Änderung wird eine Lösungsmittelkonzentration von nur 20 μl/l Verdünnungswasser empfohlen (12). Wenn Lösungsmittel verwendet werden, sind zusätzlich zu den Kontrollen ohne Lösungsmittel auch geeignete Lösungsmittelkontrollen zu untersuchen (sauberes Wasser). Kann eine Chemikalie nicht mit Wasser zugeführt werden (entweder aufgrund der physikalisch-chemischen Merkmale (geringe Löslichkeit) oder wegen der eingeschränkten chemischen Verfügbarkeit), kann eine Verabreichung mit dem Futter in Betracht gezogen werden. Zur Verabreichung über das Futter wurden zwar Untersuchungen durchgeführt; dieser Expositionspfad ist allgemein aber nicht üblich. Die ausgewählte Methode ist zu dokumentieren und analytisch zu verifizieren.

Auswahl der Prüfkonzentrationen

Bestimmung der höchsten Prüfkonzentration

16.
Bei diesem Test sollte die höchste Konzentration der Löslichkeitsgrenze der Prüfchemikalie, — bei akut toxischen Chemikalien — der höchsten noch verträglichen Konzentration (Maximum Tolerated Concentration = MTC) oder 100 mg/l entsprechen; maßgeblich ist die jeweils niedrigste Konzentration.
17.
Als MTC wird die höchste Prüfkonzentration der Chemikalie bezeichnet, bei der die akute Mortalität weniger als 10 % beträgt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass empirische Daten zur akuten Mortalität vorliegen, nach denen die MTC bestimmt werden kann. Die Abschätzung der MTC ist unter Umständen ungenau und setzt in der Regel einschlägige Erfahrung voraus. Die Verwendung von Regressionsmodellen dürfte der technisch solideste Ansatz für die Bestimmung der MTC sein. Eine brauchbare Abschätzung der MTC kann aber auch auf vorhandenen akuten Daten beruhen. In diesem Fall ist 1/3 des akuten LC50-Werts anzunehmen. Für die im Test verwendete Art liegen allerdings vielleicht keine Daten zur akuten Toxizität vor. Wenn für eine Art keine Daten zur akuten Toxizität verfügbar sind, kann ein auf 96 Stunden angelegter Test zur Ermittlung des LC50-Werts mit repräsentativen Larven (d. h. mit Larven aus demselben Stadium wie die für den AMA zu verwendenden Larven) durchgeführt werden. Wenn Daten anderer aquatischer Arten verfügbar sind (z. B. ermittelte LC50-Werte bei Fischen oder sonstigen Amphibienarten), kann die wahrscheinliche MTC mit entsprechender Erfahrung durch Extrapolation auf andere Arten bestimmt werden.
18.
Wenn die Chemikalie nicht akut toxisch und bei einer Konzentration über 100 mg/l löslich ist, wird die Konzentration von 100 mg/l als höchste Prüfkonzentration (HTC = Highest Test Concentration) betrachtet, da diese Konzentration in der Regel als „praktisch ungiftig“ angesehen wird.
19.
Methoden zur statischen Erneuerung werden zwar nicht empfohlen, können aber verwendet werden, wenn die MTC mit Durchflussmethoden nicht erreicht werden kann. Wenn Methoden zur statischen Erneuerung zur Anwendung kommen, ist die Stabilität der Konzentration der Prüfchemikalie zu dokumentieren; die Konzentration muss innerhalb der Grenzwerte der Leistungskriterien erhalten werden. Zu empfehlen ist eine Erneuerung alle 24 Stunden: Erneuerungsperioden von über 72 Stunden sind nicht annehmbar. Außerdem müssen jeweils am Ende der Erneuerungsperioden unmittelbar vor der Erneuerung Parameter für die Wasserqualität (beispielsweise gelöster Sauerstoff, Temperatur oder pH-Wert) gemessen werden.

Prüfkonzentrationsbereich

20.
Es werden mindestens drei Prüfkonzentrationen und eine Kontrolle mit sauberem Wasser (sowie erforderlichenfalls eine Kontrolle mit Lösungsmittel) benötigt. Die höchste und die niedrigste Prüfkonzentration müssen sich mindestens um eine Größenordnung unterscheiden. Der Abstandsfaktor der Dosierungen darf höchstens 0,1 und muss mindestens 0,33 sein.

VERFAHREN

Beginn und Durchführung der Prüfung

Tag 0

21.
Die Exposition wird begonnen, wenn in der noch nicht der Prüfchemikalie ausgesetzten Stammpopulation eine hinreichende Anzahl an Larven Entwicklungsstadium 51 (nach Nieuwkoop und Faber) (8) erreicht hat und höchstens 17 Tage nach der Befruchtung vergangen sind. Zur Auswahl der Testtiere werden gesunde und normal aussehende Larven der Stammpopulation in einem Gefäß mit einer geeigneten Menge an Verdünnungswasser gepoolt. Zur Bestimmung des Entwicklungsstadiums müssen die Larven mit einem kleinen Netz oder einem Sieb einzeln aus dem Sammelbecken entnommen und in eine durchsichtige Messkammer (z. B. eine 100-mm-Petrischale) mit Verdünnungswasser gegeben werden. Bei der Bestimmung des Stadiums sollte keine Betäubung vorgenommen werden; einzelne Larven können jedoch vor der Untersuchung mit 100 mg/l Tricainmethansulfonat (z. B. MS-222) betäubt werden, das in geeigneter Weise mit Natriumbicarbonat auf einen pH-Wert von 7,0 gepuffert wurde. Wenn das Betäubungsmittel MS-222 angewandt wird, sollten Informationen über die richtige Anwendung bei erfahrenen Labors eingeholt werden. Die Methode ist zusammen mit den Testergebnissen zu protokollieren. Beim Umsetzen sind die Tiere sorgfältig zu behandeln, um Stressbelastung während der Behandlung zu minimieren und um Verletzungen zu vermeiden.
22.
Das Entwicklungsstadium der Tiere wird mit einem binokularen Präpariermikroskop bestimmt. Um die Unterschiede der Entwicklungsstadien zu minimieren, müssen die jeweiligen Entwicklungsstadien möglichst genau bestimmt werden. Nach Nieuwkoop und Faber (8) ist das wichtigste Anzeichen für das Erreichen von Stadium 41 die Morphologie der Hinterbeine. Die morphologischen Merkmale der Hinterbeine sind unter dem Mikroskop zu prüfen. Anhand auffälliger morphologischer Merkmale lässt sich das Stadium zuverlässig bestimmen, umfassende Informationen zur Bestimmung des Entwicklungsstadiums der Larven sind hingegen dem vollständigen Leitfaden von Nieuwkoop und Faber (8) zu entnehmen. Eine normale Entwicklung vorausgesetzt, kann mithilfe der folgenden Tabelle die Bestimmung der Entwicklungsstadien im gesamten Test vereinfacht und standardisiert werden, indem die auffälligen morphologischen Merkmale ermittelt werden, die mit den jeweiligen Stadien verbunden sind.



Tabelle 2

Auffällige morphologische Merkmale von Entwicklungsstadien nach der Beschreibung von Nieuwkoop und Faber

Auffällige morphologische MerkmaleEntwicklungsstadium
51525354555657585960616263646566
HinterbeineXXXXXXX
VorderbeineXXXXX
Kraniofaziale StrukturXXXX
Morphologie des GeruchsnervsXXX
SchwanzlängeXXXX
23.
Bei Beginn des Tests müssen alle Larven das Stadium 51 erreicht haben. Das auffälligste morphologische Merkmal dieses Entwicklungsstadiums ist die Morphologie der Hinterbeine (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1
Morphologie der Hinterbeine bei einer X.-laevis-Larve in Stadium 51

24.
Neben dem Entwicklungsstadium kann für die Auswahl auch die Größe der Versuchstiere berücksichtigt werden. Dazu ist die gesamte Körperlänge (nicht die Kopf-Rumpf-Länge) an Tag 0 bei einer Unterprobe von etwa 20 Larven im NF-Stadium 51 zu messen. Nach der Berechnung der mittleren Körperlänge dieser Gruppe können Mindest- und Höchstwerte für die gesamte Körperlänge der Versuchstiere zuzüglich einer Toleranz von ± 3 mm festgelegt werden (Mittelwerte der gesamten Körperlänge im Bereich von 24,0-28,1 mm für Larven im Stadium 51). Das Entwicklungsstadium ist jedoch das Hauptkriterium dafür, ob die einzelnen Tiere für den Test verwendet werden können. Larven mit offensichtlichen groben Fehlbildungen oder Verletzungen sind vom Test auszuschließen.
25.
Larven, die die oben beschriebenen Anforderungen an das Entwicklungsstadium erfüllen, werden in einem Becken mit sauberem Kulturwasser gehalten, bis die Bestimmung des Entwicklungsstadiums abgeschlossen ist. Nach der Bestimmung des Entwicklungsstadiums werden die Larven randomisiert auf die Expositionsbecken verteilt, bis sich in jedem Becken 20 Larven befinden. Danach werden die einzelnen Becken auf Tiere mit Auffälligkeiten (Verletzungen, ungewöhnliches Schwimmverhalten usw.) untersucht. Offensichtlich nicht gesunde Larven sind aus den Becken zu entfernen und durch frisch ausgewählte Larven aus dem Sammelbecken zu ersetzen.

Beobachtungen

26.
Detailliertere Informationen über Verfahren zum Abschluss der Prüfung und zur Behandlung der Larven sind dem OECD Guidance Document on Amphibian Thyroid Histology (9) zu entnehmen.

Messungen an Tag 7

27.
An Tag 7 werden aus jedem Prüfbecken fünf zufällig ausgewählte Larven pro Replikat entnommen. Das Randomisierungsverfahren muss gewährleisten, dass für alle Tiere die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit gegeben ist. Dies kann mit einem beliebigen Randomisierungsverfahren sichergestellt werden; allerdings müssen alle Larven entnommen werden. Nicht ausgewählte Larven werden wieder in das ursprüngliche Becken gesetzt. Die ausgewählten Larven werden getötet, indem sie (z. B.) in 150-200 mg/l MS-222 (mit Natriumbicarbonat auf pH 7,0 gepuffert) eingelegt werden. Die getöteten Larven werden mit Wasser abgespült und trockengetupft; anschließend wird das Körpergewicht mit einer Genauigkeit von 1 mg bestimmt. Bei den Larven werden jeweils die Länge der Hinterbeine, die Kopf-Rumpf-Länge und (mit einem Präpariermikroskop) das Entwicklungsstadium bestimmt.

Messungen an Tag 21 (Beendigung der Prüfung)

28.
Am Ende der Prüfung (an Tag 21) werden die übrigen Larven aus den Prüfbecken entnommen und wie oben beschrieben getötet, indem sie (z. B.) in 150-200 mg/l MS-222 (mit Natriumbicarbonat auf pH 7,0 gepuffert) eingelegt werden. Die Larven werden mit Wasser abgespült und trockengetupft; anschließend wird das Körpergewicht mit einer Genauigkeit von 1 mg bestimmt. Für die Larven werden jeweils das Entwicklungsstadium, die Kopf-Rumpf-Länge und die Länge der Hinterbeine bestimmt.
29.
Alle Larven werden zur anschließenden histologischen Untersuchung entweder als Ganzkörperproben oder als Kopfgewebe-Proben, einschließlich Unterkiefer, 48-72 Stunden in Davidson-Fixierlösung gelegt. Für die histologischen Untersuchungen sind insgesamt fünf Larven pro Replikatbecken zu entnehmen. Da die Höhe der follikulären Zellen vom Entwicklungsstadium abhängt (10), sollten für die histologische Untersuchung am besten möglichst Exemplare im gleichen Entwicklungsstadium verwendet werden. Um Exemplare im gleichen Entwicklungsstadium auszuwählen, sind sämtliche Larven zunächst einer Bestimmung des Entwicklungsstadiums zu unterziehen, bevor sie ausgewählt und anschließend zur Datenerfassung untersucht werden. Dieser Schritt ist erforderlich, weil aufgrund der normalen Entwicklungsunterschiede auch in den Becken mit den einzelnen Replikaten unterschiedliche Entwicklungsstadien erreicht werden.
30.
Die für die histopathologischen Untersuchungen ausgewählten Tiere (n = 5 pro Replikat) sollten möglichst dem Median der Entwicklungsstadien der Kontrollen (gepoolte Replikate) entsprechen. Wenn sich in einzelnen Replikatbecken mehr als fünf Larven im betreffenden Stadium befinden, sind fünf Larven zufällig auszuwählen.
31.
Wenn sich in Replikatbecken weniger als fünf Larven im betreffenden Stadium befinden, sind zufällig ausgewählte Larven des nächstniedrigeren oder -höheren Entwicklungsstadiums zu entnehmen (insgesamt bis zu fünf Larven pro Replikat). Vorzugsweise sollte die Entscheidung zur Untersuchung weiterer Larven aus dem nächsthöheren oder -niedrigeren Entwicklungsstadium auf einer Gesamtbewertung der Verteilung der Entwicklungsstadien in den Kontrollen und in den Becken mit den Prüfkonzentrationen beruhen. Wenn die Exposition eine Entwicklungsverzögerung bewirkt, sollten also zusätzliche Larven aus dem nächstniedrigeren Entwicklungsstadium verwendet werden. Bewirkt die Exposition eine schnellere Entwicklung, sollten zusätzliche Larven aus dem nächsthöheren Entwicklungsstadium verwendet werden.
32.
Bei erheblichen Veränderungen in der Entwicklung der Larven infolge der Exposition gegenüber einer Prüfchemikalie gibt es unter Umständen keine Überschneidungen der Verteilung der verschiedenen Entwicklungsstadien bei den Becken mit den Prüfchemikalien mit dem berechneten Median der Entwicklungsstadien der Kontrollen. Nur in diesen Fällen ist der Auswahlprozess zu modifizieren, indem ein vom Median der Entwicklungsstadien der Kontrollen abweichendes Stadium verwendet wird, um für die histopathologische Untersuchung der Schilddrüse eine Entnahme von Larven mit übereinstimmenden Entwicklungsstadien zu erzielen. Zudem werden bei unbestimmten (d. h. asynchronen) Stadien von jedem Replikat fünf Larven zufällig zur histologischen Analyse ausgewählt. Die Entnahme von Larven, die sich nicht in einem dem Median der Entwicklungsstadien der Kontrolle entsprechenden Entwicklungsstadium befinden, ist zu protokollieren.

Bestimmung biologischer Endpunkte

33.
Während der 21-tägigen Expositionsdauer werden primäre Endpunkte an den Tagen 7 und 21 gemessen; die Testtiere werden jedoch täglich einer visuellen Prüfung unterzogen. Tabelle 3 bietet einen Überblick über die Endpunkte der Messungen und die Zeitpunkte, zu denen Beobachtungen vorzunehmen sind. Detailliertere Informationen über technische Verfahren zur Messung von apikalen Endpunkten und von histologischen Untersuchungen sind den OECD-Leitfäden zu entnehmen (9).



Tabelle 3

Zeitpunkte der Beobachtungen zur Kontrolle primärer Endpunkte im AMA

Apikale EndpunkteTäglichTag 7Tag 21
—  Mortalität
—  Entwicklungsstadium
—  Länge der Hinterbeine
—  Kopf-Rumpf-Länge
—  Feuchtmasse der Larven
—  Histologische Untersuchung der Schilddrüse

Apikale Endpunkte

34.
Das Entwicklungsstadium, die Länge der Hinterbeine, die Kopf-Rumpf-Länge und die Feuchtmasse sind die apikalen Endpunkte des AMA. Diese Endpunkte werden im Folgenden kurz erläutert. Weitere technische Informationen zur Erfassung dieser Daten sind den Leitfäden zu entnehmen, auf die in der Anlage verwiesen wird. Diese enthalten auch Informationen zur computergestützten Analyse. Die Berücksichtigung dieser Leitfäden ist zu empfehlen.

Entwicklungsstadium

35.
Das Entwicklungsstadium der X.-laevis-Larven wird anhand der entsprechenden Kriterien von Nieuwkoop und Faber (8) bestimmt. Aufgrund von Daten zu den Entwicklungsstadien wird festgestellt, ob eine Entwicklung beschleunigt, asynchron oder verzögert verläuft oder nicht beeinträchtigt wird. Eine beschleunigte oder verzögerte Entwicklung ist aus einem Vergleich des Medians der Entwicklungsstadien der Kontrollen und der Gruppen mit den Prüfkonzentrationen zu erkennen. Eine asynchrone Entwicklung ist zu protokollieren, wenn die untersuchten Gewebe zwar keine Fehlbildungen oder Anomalien aufweisen, die relativen Zeitpunkte der Morphogenese oder der Entwicklung verschiedener Gewebe eines einzelnen Tieres aber uneinheitlich sind.

Länge der Hinterbeine

36.
Die Differenzierung und das Wachstum der Hinterbeine werden durch Schilddrüsenhormone gesteuert und sind wesentliche Merkmale, die bereits für die Bestimmung des Entwicklungsstadiums herangezogen werden. Die Entwicklung der Hinterbeine wird bei der Bestimmung des Entwicklungsstadiums als qualitativer Aspekt berücksichtigt; hier wird sie jedoch als quantitativer Endpunkt betrachtet. Daher wird die Länge der Hinterbeine als Endpunkt gemessen, um Wirkungen auf die Schilddrüsenachse zu erkennen (Abbildung 2). Um eine konsistente Erfassung zu gewährleisten, wird immer die Länge des linken Hinterbeins ermittelt. Die Länge der Hinterbeine wird sowohl an Tag 7 als auch an Tag 21 des Tests gemessen. An Tag 7 wird die Länge bei gestrecktem Hinterbein gemessen, wie in Abbildung 2 dargestellt. An Tag 21 dagegen gestaltet sich die Messung der Hinterbeine wegen der Beugung der Beine schwieriger. An diesem Tag wird daher von der Körperwand aus über die Mittellinie des Beins und über alle Winkel gemessen. Änderungen der Hinterbeinlänge an Tag 7 werden auch dann als signifikant für eine potenzielle Aktivität der Schilddrüse betrachtet, wenn sie an Tag 21 nicht mehr auffallen. Die Längenmessungen werden anhand von Digitalfotos mithilfe einer Software zur Bildanalyse vorgenommen, wie im OECD Guidance Document on Amphibian Thyroid Histology (9) beschrieben.

Körperlänge und Feuchtmasse

37.
Im Prüfprotokoll ist die Messung der Kopf-Rumpf-Länge (KRL) (Abbildung 2) und der Feuchtmasse vorgesehen, um mögliche Wirkungen der Prüfchemikalien auf das Wachstum der Larven im Vergleich zur Kontrollgruppe beurteilen zu können. Außerdem ermöglichen die Messwerte den Nachweis einer allgemeinen Toxizität der Prüfchemikalie. Da die Entfernung des anhaftenden Wassers bei Gewichtsmessungen für die Larven belastend sein und die Haut der Larven beschädigt werden kann, werden die entsprechenden Messungen an Tag 7 nur an einer Unterprobe der Larven und erst am letzten Tag des Tests (Tag 21) an allen übrigen Larven vorgenommen. Bei der Messung wird regelmäßig das kraniale Ende der Kloake als caudale Begrenzung angenommen.
38.
Das Wachstum der Larven wird anhand der Kopf-Rumpf-Länge (KRL) beurteilt (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2
Verfahren zur Messung von (A) Körperlänge und (B) Hinterbeinlänge bei X.-laevis-Larven (1)

Histologische Untersuchung der Schilddrüse

39.
Das Entwicklungsstadium und die Hinterbeinlänge sind wichtige Endpunkte bei der Bewertung expositionsbezogener Änderungen der Metamorphose. Eine Entwicklungsverzögerung an sich kann aber nicht als diagnostischer Indikator für eine antithyroidale Aktivität betrachtet werden. Einige Änderungen sind vielleicht nur in regelmäßigen histopathologischen Analysen feststellbar. Diagnosekriterien sind u. a. eine Hypertrophie/Atrophie der Schilddrüse, eine Hypertrophie der follikulären Zellen, eine Hyperplasie der follikulären Zellen und als zusätzliche qualitative Kriterien: das Follikellumen, die Kolloidqualität und die Höhe/Form der follikulären Zellen. Die Symptome sind mit vier Schweregraden zu erfassen. Informationen über die Entnahme und die Behandlung von Proben für histologische Analysen sowie zur Durchführung histologischer Analysen von Gewebeproben sind den Veröffentlichungen „Amphibian Metamorphosis Assay: Part 1 — Technical guidance for morphologic sampling and histological preparation“ und „Amphibian Metamorphosis Assay: Part 2 — Approach to reading studies, diagnostic criteria, severity grading and atlas“ (9) zu entnehmen. Labors, die den Test zum ersten Mal durchführen, sollten sich von erfahrenen Pathologen schulen lassen, bevor sie selbst histologische Analysen und Untersuchungen der Schilddrüse vornehmen. Bei offensichtlichen und signifikanten Änderungen der apikalen Endpunkte, die auf eine beschleunigte Entwicklung oder eine Asynchronie schließen lassen, ist eine histopathologische Analyse der Schilddrüse unter Umständen nicht erforderlich. Sind allerdings keine offensichtlichen morphologischen Änderungen oder Entwicklungsverzögerungen erkennbar, müssen histologische Analysen vorgenommen werden.

Mortalität

40.
Alle Prüfbecken sind täglich auf tote Larven zu prüfen, und für alle Becken ist jeweils die Anzahl der toten Larven zu protokollieren. Wenn Mortalitäten festgestellt werden, sind grundsätzlich Datum, Konzentration und Beckennummer zu vermerken. Bemerkte tote Tiere sind umgehend aus den Becken zu entfernen. Mortalitäten von mehr als 10 % können auf ungeeignete Testbedingungen oder toxische Wirkungen der Prüfchemikalie hindeuten.

Zusätzliche Beobachtungen

41.
Anomales Verhalten und offensichtliche erhebliche Fehlbildungen und Läsionen sind zu protokollieren. Wenn diese festgestellt werden, sind grundsätzlich Datum, Konzentration und Beckennummer zu vermerken. Normal ist, wenn sich die Larven in der Wassersäule so bewegen, dass sich der Schwanz über dem Kopf befindet, die Schwanzflosse regelmäßig rhythmisch schlägt, die Tiere regelmäßig an die Wasseroberfläche kommen, durch die Kiemen atmen und auf Reize reagieren. Anomal wäre beispielsweise, wenn die Larven auf der Oberfläche treiben, am Boden des Beckens liegen, mit dem Bauch nach oben oder unregelmäßig schwimmen, nicht an die Oberfläche kommen und nicht auf Reize reagieren. Außerdem sind deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Konzentrationen im Hinblick auf die Futteraufnahme zu protokollieren. Erhebliche Fehlbildungen und Läsionen sind etwa morphologische Anomalien (z. B. Fehlbildungen der Beine), blutende Läsionen oder durch Bakterien oder Pilze verursachte Infektionen, um nur einige Beispiele zu nennen. Die entsprechenden Beobachtungen sind qualitativer Art; sie sind klinischen Anzeichen für Krankheiten/Stressbelastung vergleichbar und in Relation zu den Tieren in den Kontrollen zu sehen. Wenn in den Becken mit der Prüfchemikalie Fehlbildungen oder Läsionen in größerem Umfang und häufiger auftreten als in den Kontrollen, ist dies als Beleg für eine offensichtliche Toxizität zu betrachten.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Datenerfassung

42.
Alle Daten sind mit elektronischen Systemen oder manuell entsprechend der guten Laborpraxis (GLP) zu erfassen. Folgende Informationen sollten ermittelt werden:

Prüfchemikalie:

Beschreibung der Prüfchemikalie: physikalisch-chemische Merkmale; Angaben zur Stabilität und zur biologischen Abbaubarkeit;
chemische Informationen und Daten: Methode und Häufigkeit der Herstellung von Verdünnungen; zu den Informationen über die Prüfchemikalien zählen die tatsächlichen und die nominellen Konzentrationen der Prüfchemikalien sowie gegebenenfalls auch von Chemikalien, die nicht als Ausgangschemikalien zu betrachten sind. Die Konzentration der Prüfchemikalie muss unter Umständen in den Stammlösungen und in den Testlösungen gemessen werden;
Lösungsmittel (andere als Wasser): Begründung der Auswahl des jeweiligen Lösungsmittels und Beschreibung des Lösungsmittels (Beschaffenheit und verwendete Konzentration);

Prüfbedingungen:

Daten zu den Prüfbedingungen: Die Daten umfassen Beobachtungen zum Funktionieren des Prüfsystems sowie zur Testumgebung und zur Infrastruktur. Typische Daten sind beispielsweise Umgebungstemperatur, Testtemperatur, Photoperiode, Zustand kritischer Bestandteile des Expositionssystems (z. B. Pumpen, Zykluszähler, Druckwerte), Durchflusswerte, Wasserstände, Wechsel der Vorratsflaschen und Angaben zur Fütterung. Zu den allgemeinen Parametern der Wasserqualität zählen der pH-Wert, der Anteil an gelöstem Sauerstoff, die Leitfähigkeit, der Gesamtgehalt an Jod, die Alkalität und die Härte;
Abweichungen von der Prüfmethode: Zu erfassen sind alle Informationen über Abweichungen von der Prüfmethode; außerdem sind die Abweichungen ausführlich zu beschreiben;

Ergebnisse:

Biologische Beobachtungen und Daten: tägliche Beobachtungen zur Mortalität, Nahrungsaufnahme, anomalem Schwimmverhalten, Lethargie, Gleichgewichtsverlust, Fehlbildungen, Läsionen usw.; zu bestimmten vorab festgelegten Zeitpunkten sind folgende Beobachtungen und Daten zu erfassen: Entwicklungsstadium, Länge der Hinterbeine, Kopf-Rumpf-Länge und Feuchtmasse;
statistische Analyseverfahren und Gründe für die Auswahl der verwendeten Verfahren; Ergebnisse der statistischen Analysen, vorzugsweise in tabellarischer Form;
histologische Daten: Zu diesen Daten zählen ausführliche Beschreibungen sowie Angaben zur Ausprägung und zur Häufigkeit bestimmter Beobachtungen, wie im Leitliniendokument zu histopathologischen Untersuchungen erläutert;
spontane Bemerkungen: Ausführliche Beschreibungen von Beobachtungen während der Studie, die sich keiner der vorstehenden Kategorien zuordnen lassen.

Berichtlegung

43.
Anlage 2 enthält Tabellen zur täglichen Datenerfassung, die als Orientierung für die Eingabe von Rohdaten und für Berechnungen zusammenfassender Statistiken verwendet werden können. Außerdem werden Tabellen zur Eingabe zusammengefasster Endpunktdaten bereitgestellt. Tabellen für histologische Bewertungen sind Anlage 2 zu entnehmen.

Leistungskriterien und Annehmbarkeit/Validität des Tests

44.
Bei erheblichen Abweichungen von der Prüfmethode sind die ermittelten Daten für Beurteilungen und für Berichte im Allgemeinen nicht annehmbar. Daher wurden die folgenden Kriterien (Tabelle 4) als Leitlinien zur qualitativen Bewertung der durchgeführten Tests und des allgemeinen Verhaltens der Kontrollorganismen entwickelt.



Tabelle 4.

Leistungskriterien des AMA

KriteriumAnnehmbare Grenzwerte
PrüfkonzentrationenKultivierung über eine Testdauer von 21 Tagen bei ≤ 20 % VK (Variabilität der gemessenen Prüfkonzentration)
Mortalität in Kontrollen≤ 10 % — In den Kontrollen darf die Mortalität zwei Larven pro Replikat nicht übersteigen.
Mindest-Medianwert der Entwicklungsstadien der Kontrollen am Ende des Tests57
Spanne der Entwicklungsstadien in der KontrollgruppeDas 10. und das 90. Perzentil der Verteilung der Entwicklungsstadien dürfen sich um höchstens vier Stadien unterscheiden.
Gelöster Sauerstoff≥ 40 % Luftsättigung (*1)
pH-WertDer pH-Wert muss zwischen 6,5 und 8,5 gehalten werden. Die einzelnen Replikate/Konzentrationen dürfen sich höchstens um 0,5 unterscheiden.
Wassertemperatur22 ± 1 °C — Die einzelnen Replikate/Konzentrationen dürfen sich höchstens um 0,5 °C unterscheiden.
Prüfkonzentrationen ohne offensichtliche Toxizität≥ 2
Leistungsfähigkeit der ReplikateIm gesamten Test dürfen nicht mehr als 2 Replikate beeinträchtigt sein.
Besondere Bedingungen bei Verwendung eines LösungsmittelsWenn ein Trägerlösungsmittel verwendet wird, sind jeweils eine Kontrolle mit dem Lösungsmittel und eine Kontrolle mit sauberem Wasser zu verwenden und die Ergebnisse zu protokollieren.
Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Kontrollgruppen mit dem Lösungsmittel und mit dem Wasser sind in besonderer Weise zu behandeln (s. u.).
Besondere Bedingungen für statische PrüfsystemeRepräsentative chemische Analysen vor und nach der Erneuerung sind im Bericht zu vermerken.
Unmittelbar vor der Erneuerung wird der Ammoniakgehalt gemessen.
Unmittelbar vor der Erneuerung sind alle in Anlage 1 Tabelle 1 genannten Parameter für die Wasserqualität zu messen.
Erneuerungen sind spätestens nach 72 Stunden vorzunehmen.
Angemessenes Fütterungsprotokoll (50 % der täglichen Menge von handelsüblichem Larvenfutter (z.B. Sera Micron ®))
(*1)   Die Belüftung des Wassers kann durch Sprudler erfolgen. Die Sprudler sind auf eine Intensität einzustellen, die die Larven nicht unnötig belastet.

Validität des Tests

45.
Ein Test kann dann als annehmbar/gültig betrachtet werden, wenn die folgenden Anforderungen erfüllt sind:

Ein valider Test ergibt hinsichtlich der Aktivität der Schilddrüse einen negativen Befund:

(1) Bei einer Konzentration der Prüfchemikalie (und in den Kontrollen) darf die Mortalität höchstens bei 10 % liegen. In allen Replikaten muss sich die Mortalität auf drei Larven beschränken; ansonsten ist das Replikat als beeinträchtigt zu betrachten.

(2) Für die Analysen müssen mindestens zwei Konzentrationen (sowie die betreffenden vier nicht beeinträchtigten Replikate) zur Verfügung stehen.

(3) Für die Analysen müssen zwei Konzentrationen ohne offensichtlich toxische Wirkung verfügbar sein.

Ein valider Test ergibt hinsichtlich der Aktivität der Schilddrüse einen positiven Befund:

(4) In der Kontrollgruppe muss sich die Mortalität auf zwei Larven/Replikate beschränken.

Entscheidungslogik des AMA

46.
Die Entscheidungslogik wurde für den AMA entwickelt, um eine logische Struktur für die Durchführung des Bioassays und für die Interpretation der Ergebnisse bereitzustellen (siehe Flussdiagramm in Abbildung 3). In der Entscheidungslogik werden im Wesentlichen die Endpunkte gewichtet. Eine beschleunigte Entwicklung, eine asynchrone Entwicklung und die histopathologische Untersuchung der Schilddrüse werden stark gewichtet, während eine verzögerte Entwicklung, die Kopf-Rumpf-Länge und die Feuchtmasse als Parameter, die potentiell durch die Toxizität des Prüfstoffs beeinträchtigt werden könnten, weniger schwer gewichtet werden.

Abbildung 3
Entscheidungslogik des Amphibien-Metamorphose-Assays

Beschleunigte Entwicklung (anhand der Entwicklungsstadien sowie aufgrund der Kopf-Rumpf-Länge und der Hinterbeinlänge zu ermitteln)

47.
Eine beschleunigte Entwicklung ist ausschließlich infolge von Effekten bekannt, die von Schilddrüsenhormonen verursacht werden. Sie kann bei peripheren Geweben auf eine unmittelbare Wechselwirkung mit dem Schilddrüsenhormonrezeptor (z. B. mit T4) oder auf Effekte zurückzuführen sein, die eine Änderung des Spiegels der zirkulierenden Schilddrüsenhormone nach sich ziehen können. In beiden Fällen wird dies als hinreichendes Anzeichen dafür betrachtet, dass die Chemikalie auf die Schilddrüse wirkt. Zur Feststellung einer beschleunigten Entwicklung bestehen zwei Möglichkeiten. Erstens kann das allgemeine Entwicklungsstadium nach dem von Nieuwkoop und Faber (8) beschriebenen Standardansatz bewertet werden. Zweitens können spezifische morphologische Merkmale quantifiziert werden z. B. die Hinterbeinlänge an den Tagen 7 und 21, die mit einer agonistischen Wirkung auf den Schilddrüsenhormonrezeptor in Zusammenhang steht. Wenn bei dem Test eine statistisch signifikant beschleunigte Entwicklung oder Veränderung der Länge der Hinterbeine festzustellen ist, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Chemikalie auf die Schilddrüse wirkt.
48.
Die Bewertung der Testtiere auf eine im Vergleich zur Kontrollpopulation beschleunigte Entwicklung beruht auf den Ergebnissen statistischer Analysen der folgenden vier Endpunkte:
Hinterbeinlänge (normalisiert auf die KRL) an Tag 7 des Tests
Hinterbeinlänge (normalisiert auf die KRL) an Tag 21 des Tests
Entwicklungsstadium an Tag 7 des Tests
Entwicklungsstadium an Tag 21 des Tests
49.
Die statistischen Analysen der Hinterbeinlängen sind anhand der Länge des linken Hinterbeins vorzunehmen. Die Hinterbeinlänge wird entsprechend dem Verhältnis der Hinterbeinlänge zur Kopf-Rumpf-Länge eines Exemplars normalisiert. Danach wird der Mittelwert der normalisierten Werte der einzelnen Konzentrationen verglichen: Anzeichen für eine beschleunigte Entwicklung ist ein signifikanter Anstieg der mittleren Hinterbeinlänge (normalisiert) in der Behandlungsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe an Tag 7 und/oder Tag 21 des Tests (siehe Anlage 3).
50.
Die statistischen Analysen der Entwicklungsstadien werden vorgenommen, nachdem die Entwicklungsstadien aufgrund der von Nieuwkoop und Faber beschriebenen morphologischen Kriterien (8) bestimmt wurden. Eine beschleunigte Entwicklung ist dann gegeben, wenn an Tag 7 und/oder Tag 21 des Tests bei der multiquantalen Analyse ein signifikanter Anstieg der Werte eines Entwicklungsstadiums in einer Behandlungsgruppe festgestellt wird.
51.
Beim AMA wird eine signifikante Wirkung auf einen der vier oben genannten Endpunkte als hinreichender Beleg für eine beschleunigte Entwicklung betrachtet. Signifikante Wirkungen auf die Hinterbeinlänge zu einem bestimmten Zeitpunkt müssen also nicht durch signifikante Wirkungen auf die Hinterbeinlänge zu anderen Zeitpunkten oder auf das Entwicklungsstadium zum betreffenden Zeitpunkt bestätigt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass signifikante Wirkungen auf das Entwicklungsstadium zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht durch signifikante Wirkungen auf das Entwicklungsstadium zu anderen Zeitpunkten oder durch signifikante Wirkungen auf die Hinterbeinlänge zum betreffenden Zeitpunkt bestätigt werden müssen. Die Anzeichen für eine beschleunigte Entwicklung gewinnen jedoch an Bedeutung, wenn signifikante Wirkungen für mehrere Endpunkte festgestellt werden.

Asynchrone Entwicklung (ermittelt anhand von Kriterien zur Bestimmung des Entwicklungsstadiums)

52.
Eine asynchrone Entwicklung ist durch die Störung des relativen Zeitpunkts der Morphogenese oder der Entwicklung unterschiedlicher Gewebe bei einer einzelnen Larve gekennzeichnet. Wenn das Entwicklungsstadium eines Organismus aufgrund der für ein bestimmtes Stadium als typisch betrachteten morphologischen Endpunkte nicht bestimmt werden kann, durchlaufen die Gewebe eine asynchrone Metamorphose. Eine asynchrone Entwicklung ist ein Anzeichen für eine thyroidale Aktivität. Die einzigen bekannten Wirkungen, die eine asynchrone Entwicklung verursachen können, sind Wirkungen von Chemikalien auf periphere Schilddrüsenhormone und/oder auf den Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone bei der Ausbildung von Geweben, wie dies beispielsweise bei Deiodinaseinhibitoren zu beobachten ist.
53.
Die Bewertung von Testtieren hinsichtlich einer asynchronen Entwicklung im Vergleich zur Kontrollpopulation beruht auf einer groben morphologischen Beurteilung der Testtiere an Tag 7 und an Tag 21 des Tests.
54.
Die Beschreibung der normalen Entwicklung von Xenopus laevis durch Nieuwkoop und Faber (8) bietet den Rahmen für die Bestimmung der Abfolge einer normalen Gewebebildung. Der Begriff „asynchrone Entwicklung“ bezieht sich speziell auf die Abweichungen von der allgemeinen morphologischen Entwicklung der Larven, die die Bestimmung eines Entwicklungsstadiums nach den Kriterien von Nieuwkoop und Faber (8) unmöglich machen, weil wesentliche morphologische Merkmale unterschiedlichen Stadien zuzuordnen sind.
55.
Entsprechend dem Wortsinn des Begriffs der „asynchronen Entwicklung“ sind nur die Fälle zu berücksichtigen, in denen hinsichtlich der Bildung bestimmter Gewebe im Vergleich zu anderen Geweben Unterschiede festzustellen sind. Einige klassische Phänotypen sind die verzögerte oder fehlende Entwicklung der vorderen Extremitäten trotz normaler oder sogar rascher voranschreitender Ausprägung der Hinterbeine und des Schwanzgewebes oder die vorzeitige Resorption der Kiemen gemessen an der Morphogenese der Hinterbeine und der Resorption des Schwanzes. Die Entwicklung eines Tieres wird dann als asynchron bewertet, wenn ein Tier keinem bestimmten Stadium zugeordnet werden kann, weil wesentliche Kriterien für ein Entwicklungsstadium nach Niewkoop und Faber (8) mehrheitlich nicht erfüllt sind oder weil die Ausprägung eines oder mehrerer wesentlicher Merkmale erheblich verzögert oder beschleunigt ist (z. B. Schwanz vollständig resorbiert, Vorderbeine aber noch nicht durchgebrochen). Bei der entsprechenden qualitativen Beurteilung sind sämtliche von Nieuwkoop und Faber (8) genannten Merkmale zu berücksichtigen. Die Entwicklungsstadien der verschiedenen wesentlichen beobachteten Merkmale der Tiere brauchen allerdings nicht protokolliert zu werden. Wenn bei einem Tier eine asynchrone Entwicklung festgestellt wurde, werden die Tiere keinem Entwicklungsstadium nach Nieuwkoop und Faber (8) zugeordnet.
56.
Ein entscheidendes Kriterium für die Einstufung anomaler morphologischer Entwicklungen als „asynchrone Entwicklung“ ist eine Störung des relativen zeitlichen Verlaufs des Gewebeumbaus und der Morphogenese von Geweben ohne offensichtliche Anomalie der Morphologie der betreffenden Gewebe an sich. Eine erhebliche morphologische Anomalie ist beispielsweise gegeben, wenn die Morphogenese der Hinterbeine gemessen an der Entwicklung anderer Gewebe das Kriterium der „asynchronen Entwicklung“ erfüllt. Fehlende Hinterbeine, anomale Fehlentwicklung von Fingern oder Zehen (z. B. Ektrodaktylie oder Polydaktilie) oder sonstige offensichtliche Fehlbildungen der Extremitäten sind hingegen nicht als „asynchrone Entwicklung“ zu bewerten.
57.
In diesem Zusammenhang gelten etwa die Morphogenese der Hinter- und der Vorderbeine, der Durchbruch der Vorderbeine, das Stadium der Schwanzresorption (sowie insbesondere die Resorption der Schwanzflosse) und die Morphologie des Kopfes (z. B. die Größe der Kiemen und das Stadium der Kiemenresorption, die Morphologie des Unterkiefers und das Hervortreten des Meckelschen Knorpels) als wesentliche morphologische Merkmale, die hinsichtlich der zeitlich abgestimmten Metamorphose bewertet werden müssen.
58.
Je nach Art der chemischen Wirkung können unterschiedliche morphologische Phänotypen auftreten. Klassische Phänotypen sind die verzögerte oder fehlende Entwicklung der vorderen Extremitäten trotz normaler oder sogar rascher voranschreitender Entwicklung der Hinterbeine und des Schwanzgewebes oder die Resorption der Kiemen vor der Entwicklung der Hinterbeine und dem Umbau des Schwanzes.

Histopathologie

59.
Wenn eine Chemikalie keine offensichtlich toxische Wirkung verursacht, die Entwicklung nicht beschleunigt und nicht zu asynchroner Entwicklung führt, wird die Histopathologie der Schilddrüsen gemäß dem betreffenden Leitfaden (9) bewertet. Eine verzögerte Entwicklung ohne feststellbare toxische Wirkung ist ein starker Indikator für eine anti-thyroidale Wirkung; die Analyse aufgrund der Entwicklungsstadien ist jedoch weniger empfindlich und hat eine geringere diagnostische Aussagekraft als die histopathologische Analyse der Schilddrüse. In diesem Fall müssen daher die Schilddrüsen histopathologisch untersucht werden. Effekte auf die Histologie der Schilddrüse wurden auch ohne begleitende Effekte auf die Entwicklung nachgewiesen. Wenn in histopathologischen Untersuchungen der Schilddrüse Veränderungen festgestellt werden, ist davon auszugehen, dass die betreffende Chemikalie eine thyroidale Wirkung hat. Werden keine Entwicklungsverzögerungen oder histologische Läsionen an den Schilddrüsen festgestellt, wird davon ausgegangen, dass die Chemikalie nicht auf die Schilddrüse wirkt. Die Schilddrüse wird nämlich durch TSH gesteuert, und alle Chemikalien, die auf zirkulierende Schilddrüsenhormone so wirken, dass sie die TSH-Sekretion verändern, führen zu histopathologischen Veränderungen der Schilddrüse. Das zirkulierende Schilddrüsenhormon kann auf verschiedene Weise und durch unterschiedliche Mechanismen verändert werden. Der Hormonspiegel der Schilddrüse ist zwar ein Anzeichen für eine Wirkung auf die Schilddrüse; er ist jedoch nicht hinreichend, um festzustellen, auf welche Weise oder über welchen Mechanismus die betreffende Reaktion erfolgt.
60.
Da dieser Endpunkt nicht ohne weiteres mit grundlegenden statistischen Ansätzen analysiert werden kann, ist eine auf die Exposition gegenüber einer Chemikalie zurückzuführende Wirkung durch einen sachverständigen Pathologen festzustellen.

Verzögerte Entwicklung (anhand der Entwicklungsstadien sowie anhand von Hinterbeinlänge, Körpergewicht und Kopf-Rumpf-Länge zu ermitteln)

61.
Eine verzögerte Entwicklung kann durch anti-tyroidaleMechanismen und durch indirekte Toxizität bedingt sein. Geringe Entwicklungsverzögerungen in Verbindung mit offensichtlichen Anzeichen für eine toxische Wirkung lassen auf eine unspezifische toxische Wirkung schließen. Die Bewertung einer nicht auf die Schilddrüse wirkenden Toxizität ist ein wesentlicher Bestandteil des Tests, der dazu dienen soll, die Wahrscheinlichkeit falsch positiver Ergebnisse zu reduzieren. Übermäßige Mortalität ist ein offensichtliches Anzeichen für anderweitige toxische Mechanismen. Auch geringe Wachstumsbeeinträchtigungen, die z. B. aufgrund der Feuchtmasse und/oder der Kopf-Rumpf-Länge festgestellt werden, lassen auf eine nicht auf die Schilddrüse wirkende Toxizität schließen. Ein offensichtlich stärkeres Wachstum ist häufig bei Chemikalien zu beobachten, die die normale Entwicklung beeinträchtigen. Entsprechend deutet das Vorkommen größerer Tiere nicht zwangsläufig auf eine nicht auf die Schilddrüse wirkende Toxizität hin. Das Wachstum sollte jedoch nie der einzige Parameter sein, auf den sich die Feststellung einer Toxizität für die Schilddrüse stützt. Um eine Wirkung auf die Schilddrüse konstatieren zu können, sollten zusätzlich zum Wachstum auch das Entwicklungsstadium und die Ergebnisse einer histopathologischen Untersuchung der Schilddrüse herangezogen werden. Bei der Feststellung einer offensichtlichen Toxizität sind auch andere Endpunkte zu berücksichtigen, u. a. Ödeme, hämorrhagische Läsionen, Lethargie, verringerte Nahrungsaufnahme und erratisches/verändertes Schwimmverhalten. Wenn bei allen Prüfkonzentrationen Anzeichen einer offensichtlichen Toxizität festgestellt werden, ist die Prüfchemikalie zunächst einer erneuten Bewertung bei niedrigeren Konzentrationen zu unterziehen, bevor entschieden wird, ob die Chemikalie potenziell auf die Schilddrüse wirkt oder keine Wirkung auf die Schilddrüse hat.
62.
Statistisch signifikante Entwicklungsverzögerungen ohne sonstige Anzeichen einer offensichtlichen Toxizität deuten auf eine Wirkung der jeweiligen Chemikalie auf die Schilddrüse hin (als Antagonist). Wenn keine starken statistischen Abhängigkeiten bestehen, kann dieser Befund durch Ergebnisse einer histopathologischen Untersuchung der Schilddrüse bestätigt werden.

Statistische Analysen

63.
Statistische Datenanalysen sollten nach den Verfahren im Dokument „Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application“ (11) durchgeführt werden. Für alle kontinuierlichen quantitativen Endpunkte (Hinterbeinlänge, Kopf-Rumpf-Länge, Feuchtmasse), die mit einer monotonen Dosis-Wirkungs-Beziehung einhergehen, ist der Jonckheere-Terpstra-Test (Step-down) vorzunehmen, um eine signifikante Wirkung infolge der Exposition feststellen zu können.
64.
Wenn kontinuierliche Endpunkte nicht im Einklang mit einer monotonen Dosis-Wirkungs-Beziehung stehen, sind die Daten auf Normalverteilung (vorzugsweise mit dem Shapiro-Wilk- oder dem Anderson-Darling-Test) und auf Varianzhomogenität (vorzugsweise mit dem Levene-Test) zu prüfen. Beide Tests werden mit den Residuen einer ANOVA durchgeführt. Anstelle der Durchführung dieser förmlichen Tests auf Normalverteilung und Varianzhomogenität kann auch fachliches Ermessen angewendet werden; Tests sind jedoch zu bevorzugen. Wenn eine Abweichung von der Normalverteilung oder eine Varianzheterogenität festgestellt wird, ist eine normalisierende bzw. die Varianz stabilisierende Transformation zu versuchen. Ergibt sich (vielleicht nach einer Transformation) eine Normalverteilung mit homogener Varianz, wird mit dem Dunnett-Test eine signifikante Wirkung festgestellt. Wenn (unter Umständen nach einer Transformation) eine Normalverteilung mit heterogener Varianz festgestellt wird, ist mit dem Tamhane/Dunnett-Test, dem T3-Test oder dem Mann-Whitney-Wilcoxon-U-Test eine signifikante Wirkung zu ermitteln. Führt die Transformation nicht zu einer Normalverteilung, ist nach einer Anpassung der p-Werte nach Bonferroni-Holm ebenfalls mit dem Mann-Whitney-Wilcoxon-U-Test eine signifikante Wirkung festzustellen. Der Dunnett-Test wird unabhängig von einem F-Test im Rahmen einer ANOVA durchgeführt, und der Mann-Whitney-Test erfolgt unabhängig von einem allgemeinen Kruskall-Wallis-Test.
65.
Auch wenn eine signifikante Mortalität nicht erwartet wird, ist die Mortalität doch durch einen Cochran-Armitage-Test im Step-down-Verfahren zu prüfen, bei dem die Daten mit der monotonen Dosis-Wirkungs-Beziehung übereinstimmen; ansonsten ist ein Exakter Test nach Fisher mit einer Anpassung nach Bonferroni-Holm vorzunehmen.
66.
Eine signifikante Wirkung der Exposition auf die Entwicklungsstadien wird mit dem Jonckheere-Terpstra-Test im Step-down-Verfahren bezogen auf die Mediane der Replikate ermittelt. Alternativ und vorzugsweise sollte die Wirkung mit einem multiquantalen Jonckheere-Test vom 20. bis zum 80. Perzentil festgestellt werden, da so Änderungen des Verteilungsprofils berücksichtigt werden können.
67.
Bei der Analyse ist von den Replikaten auszugehen; beim Jonckheere-Terpstra- und beim Mann-Whitney-U-Test besteht das Datenmaterial aus den Medianen der Replikate und beim Dunnett-Test aus den Mittelwerten der Replikate. Eine monotone Dosis-Wirkungs-Beziehung kann aus den Mittelwerten oder Medianen der Replikate und der Prüfkonzentrationen nach Augenschein oder durch förmliche Tests (s. o.) festgestellt werden (11). Wenn weniger als fünf Replikate pro Prüfkonzentration oder pro Kontrolle verfügbar sind, sollten der Jonckheere-Terpstra- und der Mann-Whitney-Tests möglichst exakt durchgeführt werden. Bei allen Tests wird eine Signifikanz von 0,05 als statistisch relevant betrachtet.
68.
Abbildung 4 zeigt ein Flussdiagramm zur Durchführung statistischer Prüfungen bei kontinuierlichen Daten.

Abbildung 4
Flussdiagramm statistischer Verfahren für kontinuierliche Daten zur Dosis-Wirkung-Beziehung

Besondere Erwägungen zur Datenanalyse

Behandlung von Konzentrationen mit offensichtlich toxischer Wirkung

69.
Um festzustellen, ob ein Replikat oder eine Prüfkonzentration insgesamt offensichtlich toxisch wirkt und von der Analyse ausgeschlossen werden muss, sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen. Eine offensichtliche Toxizität ist bei > 2 toten Larven in einem Replikat gegeben, wenn die Mortalität nicht durch einen technischen Fehler, sondern nur durch die toxische Wirkung zu erklären ist. Andere Anzeichen einer offensichtlichen Toxizität sind Hämorrhagien, Verhaltensauffälligkeiten, anomales Schwimmverhalten, Anorexie und sonstige klinische Anzeichen einer Erkrankung. Bei Anzeichen einer subletalen Toxizität können qualitative Untersuchungen erforderlich sein; in diesen Fällen ist grundsätzlich ein Vergleich mit der Kontrollgruppe mit sauberem Wasser vorzunehmen.

Lösungsmittelkontrollen

70.
Die Verwendung eines Lösungsmittels ist nur als letzte Möglichkeit in Betracht zu ziehen, wenn alle sonstigen Verfahren zur Applikation der betreffenden Chemikalie geprüft wurden. Wenn ein Lösungsmittel verwendet wird, ist auch eine Kontrolle mit sauberem Wasser zu prüfen. Bei Ende des Tests werden die potenziellen Wirkungen des Lösungsmittels bestimmt. Dazu wird ein statistischer Vergleich der Kontrollgruppe mit dem Lösungsmittel und der Kontrollgruppe mit dem sauberen Wasser vorgenommen. Die wichtigsten Endpunkte für diese Analyse sind das Entwicklungsstadium, die Kopf-Rumpf-Länge und die Feuchtmasse, da diese Parameter auch durch nicht auf die Schilddrüse wirkende Toxizität beeinträchtigt werden können. Wenn bei diesen Endpunkten statistisch signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe mit dem sauberen Wasser und der Kontrollgruppe mit dem Lösungsmittel festgestellt werden, sind die in der Studie verwendeten Endpunkte für die Reaktionsparameter anhand der Kontrolle mit dem sauberen Wasser festzulegen. Besteht zwischen der Kontrolle mit dem sauberen Wasser und der Lösungsmittelkontrolle bei keiner der gemessenen Reaktionsvariablen ein statistisch signifikanter Unterschied, werden die Endpunkte für die Reaktionsparameter aus den gepoolten Werten der Kontrollen mit dem Verdünnungswasser und mit dem Lösungsmittel ermittelt.

Behandlungsgruppen mit Larven mindestens im Entwicklungsstadium 60

71.
Ab Stadium 60 verringern sich Größe und Gewicht der Larven, weil Gewebe resorbiert wird und der absolute Wassergehalt zurückgeht. Messungen der Feuchtmasse und der Kopf-Rumpf-Länge können in statistischen Analysen zur Feststellung unterschiedlicher Wachstumsentwicklungen nicht in geeigneter Weise verwendet werden. Daher sollten Daten zur Feuchtmasse und zur Länge von Tieren oberhalb des NF-Entwicklungsstadiums 60 ausgeklammert und bei der Analyse der Mittelwerte oder der Mediane von Replikaten nicht verwendet werden. Zur Analyse dieser wachstumsbezogenen Parameter können zwei andere Ansätze verfolgt werden.
72.
Bei einem Ansatz werden in statistischen Analysen der Feuchtmasse und/oder der KRL ausschließlich Larven mit Entwicklungsstadien ≤ 60 berücksichtigt. Dieser Ansatz dürfte hinreichend belastbare Informationen über den Umfang möglicher Wachstumseffekte ergeben, wenn nur wenige Testtiere aus den Analysen herausgenommen werden (≤ 20 %). Hat eine größere Anzahl an Larven (≥ 20 %) in mindestens einer Nominalkonzentration der Prüfchemikalie ein höheres Entwicklungsstadium als Stadium 60 erreicht, ist für alle Larven eine Zwei-Faktor-ANOVA mit geschachtelter Varianzstruktur vorzunehmen, um die Auswirkungen der jeweiligen Chemikalie auf das Wachstum der Larven zu bewerten; dabei ist zu berücksichtigen, wie sich die Entwicklung in späteren Stadien auf die Wachstumsentwicklung auswirkt. Anlage 3 enthält Leitlinien zur ANOVA mit den beiden Faktoren Gewicht und Länge.

LITERATUR

(1) OECD (2004) Report of the Validation of the Amphibian Metamorphosis Assay for the detection of thyroid active substances: Phase 1 — Optimisation of the Test Protocol. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No. 77, Paris.

(2) OECD (2007) Final Report of the Validation of the Amphibian Metamorphosis Assay: Phase 2 — Multi-chemical Interlaboratory Study. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No. 76. Paris.

(3) OECD (2008) Report of the Validation Peer Review for the Amphibian Metamorphosis Assay and Agreement of the Working Group of the National Coordinators of the Test Guidelines Programme on the Follow-up of this Report. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No. 92. Paris.

(4) OECD (2000) Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No. 23. Paris.

(5) ASTM (2002) Standard Guide for Conducting Acute Toxicity Tests on Test Materials with Fishes, Macroinvertebrates, and Amphibians. American Society for Testing and Materials, ASTM E729-96(2002), Philadelphia, PA.

(6) ASTM (2004) Standard Guide for Conducting the Frog Embryo Teratogenesis Assay — Xenopus (FETAX). E 1439-98

(7) Kahl, M.D., Russom, C.L., DeFoe, D.L. und Hammermeister, D.E. (1999) Saturation units for use in aquatic bioassays. Chemosphere 39, S. 539-551.

(8) Nieuwkoop, P.D., und Faber, J. (1994) Normal Table of Xenopus laevis. Garland Publishing, New York.

(9) OECD (2007) Guidance Document on Amphibian Thyroid Histology. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No. 82. Paris.

(10) Dodd, M.H.I., und Dodd, J.M. (1976) Physiology of Amphibia. Lofts, B. (Hrsg,), Academic Press, New York, S. 467-599

(11) OECD (2006) Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment, no. 54. Paris

(12) Hutchinson TH, Shillabeer N, Winter MJ, Pickford DB, 2006. Acute and chronic effects of carrier solvents in aquatic organisms: A critical review. Review. Aquatic Toxicology, 76; S. 69–92.

Anlage 1



Tabelle 1

Versuchsbedingungen des 21-Tage-Amphibien-Metamorphose-Assay (21-Tage-AMA)

TesttierXenopus-laevis-Larven
Ausgangsstadium der LarvenNieuwkoop und Faber, Stadium 51
Expositionsdauer21 Tage
Kriterien für die Auswahl der LarvenEntwicklungsstadium und Gesamtlänge (optional)
PrüfkonzentrationenMindestens 3 Konzentrationen, verteilt über etwa eine Größenordnung
ExpositionsprotokollDurchfluss (vorzugsweise) und/oder statische Erneuerung
Durchfluss des Prüfsystems25 ml/min (vollständiger Austausch etwa nach 2,7 h)
Primäre Endpunkte / ErfassungstageMortalitätTäglich
EntwicklungsstadiumD 7 und 21
Länge der HinterbeineD 7 und 21
Kopf-Rumpf-LängeD 7 und 21
Feuchtmasse der LarvenD 7 und 21
Histologie der SchilddrüseD 21
Verdünnungswasser / Laborkontrolledechloriniertes Leitungswasser (mit Aktivkohle gefiltert) oder entsprechendes Laborwasser
Besatzdichte20 Larven / Prüfbecken (5 / l)
Testlösung / Prüfbecken4-10 l (mindestens 10-15 cm Wassertiefe) / Glas- oder Edelstahlbecken (z. B. 22,5 cm × 14 cm × 16,5 cm)
Replikation4 Replikatprüfbecken / Prüfkonzentration und Kontrolle
Annehmbare Mortalität in den Kontrollen≤ 10 % pro Replikatprüfbecken
Fixierung der SchilddrüseAnzahl fixierter TiereAlle Larven (zunächst werden 5 pro Replikat bewertet)
RegionKopf oder gesamter Körper
FixierlösungDavidson-Fixierlösung
FütterungFutterSera Micron® oder gleichwertig
Menge / HäufigkeitZum Fütterungsprotokoll mit Sera Micron® siehe Tabelle 1.
BeleuchtungPhotoperiode12 h Licht: 12 h Dunkelheit
Intensität600-2 000 lx (gemessen an der Wasseroberfläche)
Wassertemperatur22 ± 1 °C
pH-Wert6,5-8,5
Konzentration des gelösten Sauerstoffs> 3,5 mg/l (> 40 % Luftsättigung)
Stichprobenahme zur chemischen AnalyseEinmal pro Woche (4 Probenahmen / Test)

Anlage 2

Berichttabellen für Rohdaten und Zusammenfassung



Tabelle 1

Allgemeine Informationen zur Prüfchemikalie

Chemische Informationen
Prüfchemikalie, Konzentrationseinheiten und Konzentrationen eingeben
Prüfchemikalie:
Konzentrationseinheiten:
Konzentration 1
Konzentration 2
Konzentration 3
Konzentration 4
Datum (Tag 0):Datumsformat: MM/TT/JJ
Datum (Tag 7):Datumsformat: MM/TT/JJ
Datum (Tag 21):Datumsformat: MM/TT/JJ



Tabelle 2

Rohdatenbogen für die Tage 7 und 21

TAG X

DATUM 00/00/00

KonzentrationBehdlg. Nr.Replikat. Nr.Nr. des IndividuumsID-NummerEntwicklungsstadiumKopf-Rumpf-Länge (mm)Hinterbeinlänge (mm)Feuchtmasse des gesamten Organismus (mg)
ZEILEBEHANDLG.BEHDLG. Nr.Replikat.INDIV.ID-Nr.STADIUMKÖRPERL.HBLGEW.
10,001
20,001
30,001
40,001
50,001
60,001
70,001
80,001
90,001
100,001
110,001
120,001
130,001
140,001
150,001
160,001
170,001
180,001
190,001
200,001
210,002
220,002
230,002
240,002
250,002
260,002
270,002
280,002
290,002
300,002
310,002
320,002
330,002
340,002
350,002
360,002
370,002
380,002
390,002
400,002
410,003
420,003
430,003
440,003
450,003
460,003
470,003
480,003
490,003
500,003
510,003
520,003
530,003
540,003
550,003
560,003
570,003
580,003
590,003
600,003
610,004
620,004
630,004
640,004
650,004
660,004
670,004
680,004
690,004
700,004
710,004
720,004
730,004
740,004
750,004
760,004
770,004
780,004
790,004
800,004



Tabelle 3

Berechnete Summen der Endpunktdaten der Tage 7 und 21

EntwicklungsstadiumKRL (mm)Hinterbeinlänge (mm)Gewicht (mg)
Konzen-trationReplikatminMedianmaxMittelwertStandart-abw.MittelwertStandart-abw.MittelwertStandart-abw.
110#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
120#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
130#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
140#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
210#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
220#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
230#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
240#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
310#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
320#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
330#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
340#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
410#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
420#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
430#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
440#NUM!0#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!#DIV/0!
Hinweis: Die Werte in den Zellen werden anhand der Dateneingaben in Tabelle 2 berechnet.



Tabelle 4

Tägliche Mortalität

TesttagDatum1234123412341234
000/00/00
1#Value!
2#Value!
3#Value!
4#Value!
5#Value!
6#Value!
7#Value!
8#Value!
9#Value!
10#Value!
11#Value!
12#Value!
13#Value!
14#Value!
15#Value!
16#Value!
17#Value!
18#Value!
19#Value!
20#Value!
21#Value!
Anz. Replikate0000000000000000
Anz. Behandl.0000
Hinweis: Die Werte in den Zellen werden anhand der Dateneingaben in Tabelle 1 berechnet.

Tabelle 5

Kriterien für die Wasserqualität

Expositionssystem (Durchfluss/statische Erneuerung):

Temperatur:

Lichtintensität:

Hell-Dunkel-Zyklus:

Futter:

Fütterungsprotokoll:

pH-Wert des Wassers:

Jodkonzentration des Testwassers:



Tabelle 6

Zusammenfassung chemische Daten

Name der Chemikalie:
CAS-Nr.:
TesttagDatum12341234123412341234
000/00/00
1#Value!
2#Value!
3#Value!
4#Value!
5#Value!
6#Value!
7#Value!
8#Value!
9#Value!
10#Value!
11#Value!
12#Value!
13#Value!
14#Value!
15#Value!
16#Value!
17#Value!
18#Value!
19#Value!
20#Value!
21#Value!
Hinweis: Die Werte in den Zellen werden anhand der Dateneingaben in Tabelle 1 berechnet.

Tabelle 7

Histopathologische Berichttabellen — Kernkriterien



Datum:Chemikalie:Pathologie:
Hypertrophie der SchilddrüseAtrophie der SchilddrüseHypertrophie der follikulären ZellenHyperplasie der follikulären ZellenHypertrophie der SchilddrüseAtrophie der SchilddrüseHypertrophie der follikulären ZellenHyperplasie der follikulären Zellen
Kontrolle Tier-ID — Replikat 1Dosis Tier-ID — Replikat 1
Kontrolle Tier-ID — Replikat 2Dosis Tier-ID — Replikat 2
Summe:Summe:



Hypertrophie der SchilddrüseAtrophie der SchilddrüseHypertrophie der follikulären ZellenHyperplasie der follikulären ZellenHypertrophie der SchilddrüseAtrophie der SchilddrüseHypertrophie der follikulären ZellenHyperplasie der follikulären Zellen
Dosis Tier-ID — Replikat 1Dosis Tier-ID — Replikat 1
Dosis Tier-ID — Replikat 2Dosis Tier-ID — Replikat 2
Summe:Summe:

Tabelle 8

Weitere histopathologische Kriterien



Datum:Chemikalie:Pathologie:
Zunahme des FollikellumensVerringerung des FollikellumensZunahme des FollikellumensVerringerung des Follikellumens
Kontrolle Tier-ID — Replikat 1Dosis Tier ID — Replikat 1
Kontrolle Tier-ID — Replikat 2Dosis Tier ID — Replikat 2
Summe:Summe:



Zunahme des FollikellumensVerringerung des FollikellumensZunahme des FollikellumensVerringerung des Follikellumens
Dosis Tier-ID — Replikat 1Dosis Tier-ID — Replikat 1
Dosis Tier-ID — Replikat 2Dosis Tier-ID — Replikat 2
Summe:Summe:



Tabelle 9

Ausformulierte Beschreibungen der histopathologischen Ergebnisse

Datum:
Chemikalie:
Pathologie:
Ausformulierte Beschreibung
Kontrolle Tier-ID — Replikat 1
Kontrolle Tier-ID — Replikat 2
Kontrolle Tier-ID — Replikat 1
Dosis Tier-ID — Replikat 2
Dosis Tier-ID — Replikat 1
Dosis Tier-ID — Replikat 2
Dosis Tier-ID — Replikat 1
Dosis Tier-ID — Replikat 2



Tabelle 10

Zusammenfassende Übersicht Tag x (7 oder 21) des AMA

KontrolleDosis 1Dosis 2Dosis 3
EndpunktReplikatMittelwertSDCVNMittelwertSDCVNp-WertMittelwertSDCVNp-WertMittelwertSDCVNp-Wert

Hinterbeinlänge

(mm)

1
2
3
4
Mittelwert:

KRL

(mm)

1
2
3
4
Mittelwert:

Feuchtmasse

(mg)

1
2
3
4
Mittelwert:



Tabelle 11

Zusammenfassende Übersicht Tag x (7 oder 21) Daten zu Entwicklungsstadien im AMA

KontrolleDosis 1Dosis 2Dosis 3
ReplikatMedianminmaxNMedianminmaxNp-WertMedianminmaxNp-WertMedianminmaxMedianp-Wert
Entwicklungsstadium1
2
3
4
Mittelwert:

Anlage 3

Alternative Gewichts- und Längenanalyse in späten Entwicklungsstadien bei > 20 % der Larven in einer oder mehreren Konzentrationen

Befindet sich eine größere Anzahl an Larven (≥ 20 %) in mindestens einer Nominalkonzentration der Prüfchemikalie in einem höheren Entwicklungsstadium als Stadium 60, ist für alle Larven eine Zwei-Faktor-ANOVA mit geschachtelter Varianzstruktur vorzunehmen, um die Auswirkungen der jeweiligen Chemikalie auf das Wachstum der Larven zu bewerten. Dabei ist zu berücksichtigen, wie sich die Entwicklung in späteren Stadien auf das Wachstum auswirkt.

Vorgeschlagen wird die Verwendung aller Daten; dabei ist jedoch der Effekt eines späten Entwicklungsstadiums zu berücksichtigen. Die entsprechende Prüfung kann mit einer Zwei-Faktor-ANOVA mit verschachtelter Varianzstruktur vorgenommen werden. Für ein Tier ist die Eingabe LateStage=„Yes“ zu definieren, wenn ein Tier mindestens das Entwicklungsstadium 61 erreicht. Ansonsten ist LateStage=„No“ zu definieren. Dann kann eine ANOVA mit zwei Faktoren (Concentration und LateStage) mit Rep(Conc) als Zufallsfaktor und mit dem Faktor Tadpole(Rep) als einem weiteren zufälligen Effekt vorgenommen werden. Auch hier wird das Replikat als Analyseeinheit behandelt. Es ergeben sich im Wesentlichen die gleichen Ergebnisse wie in einer gewichteten Analyse der Mittelwerte rep*latestage, gewichtet nach der Anzahl der Tiere pro Mittelwert. Wenn die Daten die Anforderungen der ANOVA an die Normalverteilung oder die Varianzhomogenität nicht erfüllen, kann eine normalisierte Rangtransformation vorgenommen werden.

Zusätzlich zu den Standard-F-Tests auf die Effekte der Parameter Conc und LateStage sowie ihrer Wechselwirkungen im Rahmen der ANOVA kann der F-Test zur Ermittlung von Wechselwirkungen in zwei zusätzliche F-Tests „aufgespalten“ werden: einen Test zur Ermittlung der durchschnittlichen Reaktionen über die verschiedenen Konzentrationen für LateStage=„No“ und einen weiteren für die mittleren Reaktionen über die verschiedenen Konzentrationen für LateStage=„Yes“. Weitere Vergleiche der Mittelwerte von Konzentrationen im Vergleich zu den Kontrollen werden jeweils für die verschiedenen Ausprägungen des Parameters LateStage vorgenommen. Mit geeigneten Kontrasten oder mit einfachen paarweisen Vergleichen kann eine Trendanalyse vorgenommen werden, wenn Anzeichen für eine nicht monotone Dosis-Wirkungs-Beziehung innerhalb einer Ebene des Parameters LateStage bestehen. Eine Anpassung der p-Werte nach Bonferroni-Holm erfolgt nur dann, wenn der entsprechende F-Test nicht signifikant ist. Die Anpassung kann mit SAS und wahrscheinlich auch mit sonstiger Statistik-Software vorgenommen werden. Komplikationen können sich ergeben, wenn bei einigen Konzentrationen keine Tiere ein spätes Entwicklungsstadium erreichen; diese Fälle können aber eher pragmatisch gehandhabt werden.

Anlage 4

Begriffsbestimmungen

Chemikalie : ein Stoff oder Gemisch

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

C.39.   COLLEMBOLEN-REPRODUKTIONSTESTS IN BÖDEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 232 (2009). Mit der Prüfmethode sollen die Wirkungen von Chemikalien auf die Reproduktionsleistung von bodenbewohnenden Collembolen untersucht werden. Die Methode beruht auf bestehenden Verfahren (1)(2). Zwei der am besten zugänglichen Arten sind die parthenogenetische Art Folsomia candida und die sich geschlechtlich vermehrende Art Folsomia fimetaria, die beide kultivierbar und kommerziell erhältlich sind. Wenn spezifische Lebensräume zu bewerten sind, die durch diese beiden Arten nicht abgedeckt werden, ist die Methode auch auf andere Collembola-Arten übertragbar, sofern diese die Validitätskriterien des Tests erfüllen.
2.
Erdbewohnende Collembolen sind für Ökotoxizitätsprüfungen ökologisch relevante Arten. Collembolen sind Sechsfüßer mit einem dünnen und stark luft- und wasserdurchlässigen Exoskelett; sie repräsentieren Arthropoden, mit anderem Expositionspfad und anderer Expositionsrate als Regenwürmer und Enchytraeen.
3.
In vielen terrestrischen Ökosystemen beträgt die Populationsdichte von Collembolen 105 m– 2 in Böden und in Laubschichten (3)(4). Adulte Tiere sind gewöhnlich 0,5-5 mm lang; ihr Anteil an der gesamten tierischen Biomasse und Respiration im Boden beschränkt sich auf geschätzte 1-5 % (5). Ihre wichtigste Rolle könnte daher die mögliche Regelung von Prozessen durch Fressen von Mikroorganismen und Mikrofauna darstellen. Springschwänze sind Beutetiere für zahlreiche endogäische und epigäische Invertebraten (z. B. Milben, Hundertfüßer, Spinnen, Laufkäfer und Kurzflügler). Collembolen unterstützen Zersetzungsprozesse in sauren Böden, wo sie neben Enchytraeen die wichtigsten Invertebraten sein können, da Regenwürmer und Diplopoden dort gewöhnlich nicht vorkommen.
4.
F. fimetaria ist weltweit verbreitet und in verschiedenen Bodentypen von Sandböden bis zu Lehmböden und von Mull- bis Rohhumusböden anzutreffen. Die augenlose, pigmentlose Collembolenart wurde in landwirtschaftlichen Nutzflächen in ganz Europa nachgewiesen (6). Sie ist ein Allesfresser und ernährt sich u. a. von Pilzhyphen, Bakterien, Protozoen und Detritus. Durch das Abweiden kann F. fimetaria einen Einfluss auf Infektionen pflanzenpathogener Pilze haben (7) und kann Mycorrhiza verändern; dies ist beispielsweise bei F. candida bekannt. Wie die meisten Collembolen-Arten vermehrt sich auch F. fimetaria geschlechtlich. Zur Befruchtung der Eier müssen kontinuierlich männliche Tiere vorhanden sein.
5.
F. candida kommt ebenfalls weltweit vor. In den meisten natürlichen Böden ist diese Art zwar nicht üblich; an humusreichen Standorten ist sie aber in sehr großer Anzahl zu finden. Die augenlose, pigmentlose Collembolenart besitzt eine gut entwickelte Furca (Springgabel); die Tiere bewegen sich lebhaft und springen, wenn sie gestört werden. Die ökologische Bedeutung von F. candida ist der Bedeutung von F. fimetaria vergleichbar; sie lebt jedoch in Böden, die reicher an organischen Bestandteilen sind. F. candida vermehrt sich parthenogenetisch. Weniger als 1/1 000 aller Exemplare sind männliche Tiere.

PRINZIP DER PRÜFUNG

6.
Synchrone adulte (F. fimetaria) bzw. juvenile (F. candida) Collembolen werden in einem modifizierten künstlichen Boden (8) mit 5 % organischen Bestandteilen (oder einem alternativen Boden) verschiedenen Konzentrationen der Prüfchemikalie ausgesetzt. Die Prüfung kann in zwei Schritte unterteilt werden:
Wenn keine hinreichenden Informationen zur Toxizität vorliegen, wird ein Vorversuch zur Bestimmung des Prüfkonzentrationsbereichs durchgeführt, bei dem nach 2 Wochen (bei F. fimetaria) bzw. nach 3 Wochen (bei F. candida) die Mortalität und die Reproduktionsleistung als wichtigste Endpunkte beurteilt werden.
Im definitiven Reproduktionstest werden die Gesamtzahl der aus den adulten Tieren hervorgegangenen juvenilen Tiere und die Anzahl der überlebenden adulten Tiere ermittelt. Dieser definitive Test dauert bei F. fimetaria 3 Wochen und bei F. candida vier Wochen.

Die toxische Wirkung der Prüfchemikalie auf die Mortalität adulter Tiere und auf die Reproduktionsleistung wird mit den Parametern LCx und ECx mittels nicht-linearer Regression mit einem geeigneten Modell bestimmt, um die Konzentration abzuschätzen, die eine Mortalität von x % oder einen Rückgang der Reproduktionsleistung um x % verursachen würde; alternativ kann die NOEC/LOEC bestimmt werden (9).

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

7.
Die physikalischen Eigenschaften, die Wasserlöslichkeit, der log Kow-Wert, der Boden-Wasser-Verteilungskoeffizient und der Dampfdruck der Prüfchemikalie sollten möglichst bekannt sein. Wünschenswert sind zudem Informationen über die Persistenz der Chemikalie im Boden (z. B. die Photolyse- und die Hydrolysegeschwindigkeit sowie der biotische Abbau). So weit vorliegend, sind der IUPAC-Name sowie CAS-Nummer, Charge, Los, Strukturformel und Reinheit anzugeben.
8.
Diese Prüfmethode kann wahlweise für wasserlösliche und für nicht lösliche Chemikalien verwendet werden. Allerdings ist die Prüfchemikalie den Eigenschaften entsprechend unterschiedlich einzubringen. Für flüchtige Chemikalien ist die Prüfmethode nicht geeignet (d. h. für Chemikalien, bei denen die Henry-Konstante oder der Luft-Wasser-Verteilungskoeffizient größer als 1 ist oder für Chemikalien, bei denen der Dampfdruck bei 25 °C mehr als 0,0133 Pa beträgt).

VALIDITÄT DES TESTS

9.
Damit ein Testergebnis als gültig gewertet werden kann, müssen die unbehandelten Kontrollen die folgenden Kriterien erfüllen:
Die mittlere Mortalität adulter Tiere darf am Ende des Versuchs höchstens 20 % betragen.
Die mittlere Anzahl juveniler Tiere pro Gefäß muss am Ende des Tests mindestens bei 100 liegen.
Der für die Anzahl an juvenilen Tieren berechnete Variationskoeffizient muss am Ende des definitiven Tests weniger als 30 % betragen.

REFERENZCHEMIKALIE

10.
Eine Referenzchemikalie muss bei ihrer EC50-Konzentration im ausgewählten Testboden getestet werden; entweder in regelmäßigen Abständen oder nach Möglichkeit bei jeder einzelnen Prüfung, um sicherzustellen, dass die Reaktion der Testorganismen im Prüfsystem im normalen Bereich liegt. Eine geeignete Referenzchemikalie ist Borsäure; unter der Wirkung von Borsäure muss die Reproduktionsleistung bei beiden Arten und bei etwa 100 mg/kg Boden (bezogen auf die Trockenmasse) um 50 % zurückgehen (10)(11).

BESCHREIBUNG DES TESTS

Prüfgefäße und Apparatur

11.
Die Prüfgefäße sollten hinreichend groß für mindestens 30 g feuchten Boden sein und aus Glas oder inertem (nicht-toxischem) Kunststoff bestehen. Die Verwendung von Kunststoffbehältern ist jedoch zu vermeiden, wenn die Exposition gegenüber der Prüfchemikalie durch Sorption verringert wird. Der Querschnitt der Prüfgefäße muss eine Verteilung des Bodens im Gefäß auf eine Tiefe von 2-4 cm ermöglichen. Die Deckel der Gefäße (z. B. aus Glas oder Polyethylen) müssen so beschaffen sein, dass sie die Wasserverdunstung reduzieren und gleichzeitig den Gasaustausch zwischen dem Bodenmaterial und der Atmosphäre ermöglichen. Die Behältnisse müssen mindestens zum Teil transparent sein, damit die erforderliche Lichtdurchlässigkeit gegeben ist.
12.
Es wird eine normale Laborausrüstung mit folgenden Bestandteilen benötigt:
Trockenschrank;
Stereomikroskop;
pH-Messgerät und Luxmeter;
Waagen mit geeigneter Genauigkeit;
geeignete Vorrichtungen zur Temperaturregelung;
geeignete Ausrüstung zur Luftfeuchtigkeitsregelung (nicht erforderlich, wenn die Expositionsgefäße mit Deckeln verschlossen werden);
Inkubator oder kleiner Raum mit Temperaturregelung;
Pinzette oder Sauggerät mit niedriger Saugleistung.

Herstellung des Testbodens

13.
Für den Test wird ein modifizierter künstlicher Boden (8) mit einem Anteil von 5 % an organischen Bestandteilen verwendet. Alternativ kann natürlicher Boden eingesetzt werden, da der künstliche nicht mit natürlichen Böden vergleichbar ist. Der künstliche Boden sollte folgende Zusammensetzung haben (bezogen auf Trockenmassen, nach Trocknung bei 105 °C auf ein konstantes Gewicht):
5 % Torfmoose, luftgetrocknet und fein gemahlen (eine Partikelgröße von 2 ± 1 mm ist annehmbar);
20 % Kaolin-Ton (mit einem Kaolinit-Anteil vorzugsweise von mehr als 30 %);
ca. 74 % luftgetrockneter Industriesand (je nach erforderlichem CaCO3-Anteil), hauptsächlich feiner Sand mit mehr als 50 % Partikeln mit einer Größe von 50-200 μm; die genaue Menge des Sands hängt vom CaCO3-Gehalt ab (s. u.); insgesamt muss ein Anteil von 75 % erreicht werden.
1,0 % Calciumcarbonat (CaCO3, Pulver, Analysequalität), um einen pH-Wert von 6,0 ± 0,5 zu erzielen; wie viel Calciumcarbonat hinzuzugeben ist, kann vor allem von der Qualität/Beschaffenheit des Torfs abhängen (siehe Hinweis 1).

Hinweis 1: Die benötigte Menge an CaCO3 hängt von den Bestandteilen des Bodensubstrats ab und ist durch Messung des pH-Werts der feuchten Unterproben des Bodens unmittelbar vor der Inkubation zu ermitteln.

Hinweis 2: Der pH-Wert und (optional) das C-N-Verhältnis, die Kationenaustauschkapazität und der Anteil des Bodens an organischen Bestandteilen sollten ermittelt werden, um in einem späteren Stadium eine Normalisierung vornehmen und die Ergebnisse besser interpretieren zu können.

Hinweis 3: Wenn erforderlich, z. B. für spezifische Testanforderungen, können auch natürliche Böden aus nicht verunreinigten Standorten als Test- und/oder Kultursubstrate dienen. Wenn Naturboden verwendet wird, sollten mindestens die Herkunft (Entnahmestandort), der pH-Wert, die Textur (Partikelgrößenverteilung), die Kationenaustauschkapazität und der Gehalt an organischen Bestandteilen angegeben werden. Außerdem darf der Boden in keiner Weise kontaminiert sein. Bei Naturböden ist es anzuraten, vor ihrer Verwendung in einem definitiven Test nachzuweisen, dass sie für einen Test geeignet sind und die Validitätskriterien erfüllt werden können.

14.
Die trockenen Bestandteile des Bodens werden gründlich gemischt (z. B. in einem großen Labormischer). Die maximale Wasserrückhaltefähigkeit des künstlichen Bodens wird mit den in Anlage 5 beschriebenen Verfahren ermittelt. Der Feuchtegehalt des Testbodens ist so zu optimieren, dass sich eine lockere poröse Struktur ergibt, in die sich die Collembolen zurückziehen können. Gewöhnlich ist dies bei einem Feuchtegehalt von 40-60 % der maximalen Wasserrückhaltefähigkeit gegeben.
15.
Der trockene künstliche Boden wird vorgetränkt, indem so viel entionisiertes Wasser hinzugegeben wird, dass 2-7 Tage vor Beginn des Tests etwa die Hälfte des endgültigen Wassergehalts erreicht ist, damit sich der Säuregrad ausgleichen/stabilisieren kann. Zur Bestimmung des pH-Werts wird eine Mischung aus Boden und 1 mol Kaliumchlorid- (KCl) oder 0,01 mol Calciumchlorid-Lösung (CaCl2) im Verhältnis 1:5 verwendet (siehe Anlage 6). Wenn der Boden saurer als erforderlich ist, kann der pH-Wert durch Zugabe einer geeigneten Menge CaCO3 korrigiert werden. Ist der Boden zu alkalisch, kann durch Zugabe einer anorganischen und für Collembolen unschädlichen Säure korrigiert werden.
16.
Der vorgetränkte Boden wird entsprechend der Anzahl der im Test zu verwendenden Prüfkonzentrationen (sowie gegebenenfalls der Referenzchemikalie) und Kontrollen aufgeteilt. Die Prüfchemikalien werden hinzugegeben, und der Wassergehalt wird eingestellt, wie in Nummer 24 beschrieben.

Auswahl und Vorbereitung der im Test zu verwendenden Tiere

17.
Die parthenogenetische Art F. candida wird empfohlen, da diese Art im Ringtest der Prüfmethode (11) die Validitätskriterien hinsichtlich der Überlebensquote häufiger erfüllt hat als F. fimetaria. Wenn eine andere Art verwendet wird, muss diese die in Nummer 9 beschriebenen Validitätskriterien erfüllen. Zu Beginn des Tests müssen die Tiere gut gefüttert sein und ein Alter von 23-26 Tagen (F. fimetaria) bzw. von 9-12 Tagen (F. candida) haben. Jedes Replikat muss jeweils 10 männliche und weibliche Tiere (F. fimetaria) bzw. 10 weibliche Tiere (F. candida) enthalten (siehe Anlage 2 und 3). Die synchronisierten Tiere werden zufällig aus den Gefäßen ausgewählt; anschließend werden für jede in ein Replikat eingesetzte Charge der Gesundheitszustand und die physischen Merkmale geprüft. Jede Gruppe von 10/20 Tieren wird in ein zufällig ausgewähltes Testbehältnis gesetzt; bei F. fimetaria werden die großen weiblichen Tiere auswählt, damit die weiblichen Tiere leicht von den männlichen Tieren zu unterscheiden sind.

Herstellung der Prüfkonzentrationen

18.
Für die Applikation der Prüfchemikalie kommen vier Methoden in Betracht: 1) Verwendung von Wasser als Trägerstoff zum Mischen der Prüfchemikalie in den Boden; 2) Verwendung eines organischen Lösungsmittels als Trägerstoff zum Mischen der Prüfchemikalie in den Boden, 3) Verwendung von Sand als Trägerstoff zum Mischen der Prüfchemikalie in den Boden und 4) Applikation der Prüfchemikalie auf die Oberfläche des Bodens. Welche Methode jeweils zu verwenden ist, hängt von den Merkmalen der jeweiligen Chemikalie und vom Zweck der Untersuchung ab. Im Allgemeinen wird empfohlen, die Prüfchemikalie in den Boden einzumischen. Es können allerdings Applikationsverfahren entsprechend der Verwendung der Prüfchemikalie in der Praxis erforderlich sein (z. B. Aufsprühen einer flüssigen Formulierung oder Verwendung spezieller Pestizidformulierungen wie z. B. Granulate oder Saatgutbeizen). Die Collembolen werden erst eingesetzt, wenn der Boden mit der Prüfchemikalie gemischt wurde. Wird jedoch die Prüfchemikalie auf den Boden aufgebracht, sind die Collembolen vorher einzusetzen, wobei abgewartet werden muss, bis sie in den Boden eingedrungen sind.

In Wasser lösliche Prüfchemikalie

19.
Eine Lösung der Prüfchemikalie wird in entionisiertem Wasser in ausreichender Menge für alle Replikate einer Prüfkonzentration hergestellt. Jede Lösung mit der Prüfchemikalie wird gründlich mit einer Charge des vorgetränkten Bodens gemischt, bevor sie in das Prüfgefäß gegeben wird.

In Wasser nicht lösliche Prüfchemikalie

20.
Chemikalien, die zwar nicht in Wasser, dafür aber in organischen Lösungsmitteln löslich sind, können in der geringstmöglichen Menge eines geeigneten Lösungsmittels (z. B. Aceton) gelöst werden. Auch in diesem Fall sind eine angemessene Mischung der Chemikalie im Boden sowie ggf. die Durchmischung mit Quarzsand erforderlich. Es sind jedoch ausschließlich flüchtige Lösungsmittel zu verwenden. Wenn ein organisches Lösungsmittel eingesetzt wird, müssen alle Prüfkonzentrationen sowie eine zusätzliche negative Lösungsmittelkontrolle denselben Mindestgehalt des Lösungsmittels aufweisen. Die Testbehältnisse bleiben eine Zeit lang geöffnet, damit in Verbindung mit der Prüfchemikalie eingebrachte flüchtige Lösungsmittel verdunsten können; dabei ist allerdings sicherzustellen, dass die toxische Chemikalie in dieser Zeit nicht ebenfalls verdunstet.

In Wasser schlecht lösliche Prüfchemikalie und organische Lösungsmittel

21.
Bei Chemikalien, die sowohl in Wasser als auch in organischen Lösungsmitteln schlecht löslich sind, wird Quarzsand (als Anteil der Gesamtmenge des dem Boden zugesetzten Sandes) mit der Prüfchemikalie gemischt, bis die gewünschte Prüfkonzentration erreicht ist. Diese Mischung aus Quarzsand und Prüfchemikalie wird zum angefeuchteten Boden hinzugegeben und nach Hinzugabe einer entsprechenden Menge entionisierten Wassers gründlich gemischt, um den erforderlichen Feuchtegehalt zu erhalten. Die endgültige Mischung wird auf die Prüfgefäße verteilt. Dieses Verfahren wird für alle Prüfkonzentrationen wiederholt. Außerdem wird eine geeignete Kontrolle hergestellt.

Aufbringung der Prüfchemikalie auf die Bodenoberfläche

22.
Wenn die Prüfchemikalie ein Pestizid ist, kann es angebracht sein, die Chemikalie auf den Boden aufzusprühen. Der Boden wird nach dem Einsetzen der Collembolen behandelt. Zunächst werden die Testbehältnisse mit dem vorgetränkten Bodensubstrat befüllt; anschließend werden die Tiere eingesetzt. Danach werden die Testbehältnisse gewogen. Um eine direkte Exposition der Tiere durch direkten Kontakt mit der Prüfchemikalie zu vermeiden, wird die Prüfchemikalie frühestens eine halbe Stunde nach Einsetzen der Collembolen eingebracht. Die Prüfchemikalie ist mit einer geeigneten Labor-Sprühflasche möglichst gleichmäßig auf den Boden aufzubringen, um ein Versprühen auf dem Feld zu simulieren. Die Applikation muss bei einer Temperatur innerhalb einer Variationsbreite von ± 2 °C erfolgen; bei wässrigen Lösungen, Emulsionen und Dispersionen erfolgt die Applikation mit dem Wasserdurchfluss entsprechend den auf Risikobewertungen beruhenden Empfehlungen. Die Durchflussmenge ist mit einem geeigneten Kalibrierverfahren zu kontrollieren. Spezielle Formulierungen (z. B. Granulate oder Saatgutbeizen) können entsprechend der landwirtschaftlichen Praxis aufgebracht werden. Nach dem Aufsprühen wird Futter hinzugegeben.

VERFAHREN

Prüfbedingungen

23.
Die mittlere Testtemperatur muss bei 20 ± 1 °C liegen (Temperaturbereich 20 ± 2 °C). Der Test wird unter kontrollierten Licht-Dunkel-Zyklen (vorzugsweise 12 Stunden Licht und 12 Stunden Dunkelheit) mit einer Beleuchtungsstärke von 400-800 lx um die Testbehältnisse durchgeführt.
24.
Um die Feuchte des Bodens zu ermitteln, werden die Gefäße zu Beginn des Tests, nach Ablauf der halben Testdauer und am Ende des Tests gewogen. Gewichtsverluste von > 2 % werden durch Zugabe entionisierten Wassers ausgeglichen. Wasserverluste können durch Aufrechterhaltung einer hohen Luftfeuchtigkeit (> 80 %) im Testinkubator reduziert werden.
25.
Der pH-Wert ist jeweils am Beginn und am Ende sowohl des Vorversuchs als auch des definitiven Tests zu messen. Die Messungen sind an einer zusätzlichen Kontrolle und an einer zusätzlichen Probe des mit der Prüfchemikalie (in allen Konzentrationen) behandelten Bodens vorzunehmen. Die zusätzliche Kontrolle und die zusätzliche Probe werden in der gleichen Weise wie die Testkulturen hergestellt und gehandhabt, enthalten aber keine Collembolen.

Prüfverfahren und Messungen

26.
Für alle Prüfkonzentrationen wird eine geeignete Menge Testboden (entsprechend 30 g Frischgewicht) in die Prüfgefäße gegeben. Außerdem werden Wasserkontrollen ohne die Prüfchemikalie hergestellt. Wenn zur Applikation der Prüfchemikalie ein Trägerstoff verwendet wird, ist zusätzlich zu den Testreihen eine Kontrollreihe mit dem Trägerstoff zu prüfen. Die Konzentration des Lösungsmittels oder des Dispergiermittels sollte mit der Konzentration übereinstimmen, die auch in den Prüfgefäßen mit der Prüfchemikalie verwendet wurde.
27.
Die einzelnen Springschwänze werden randomisiert vorsichtig in die verschiedenen Prüfgefäße auf die Bodenoberfläche gesetzt. Um die Tiere möglichst effizient handhaben zu können, kann ein Sauggerät mit niedriger Saugleistung verwendet werden. Die Anzahl der Replikate der Prüfkonzentrationen und der Kontrollen hängt vom jeweiligen Prüfprotokoll ab. Die Prüfgefäße werden zufällig in den Testinkubator gestellt, und die Positionen werden wöchentlich neu randomisiert.
28.
Bei F. fimetaria werden 20 adulte Tiere (10 männliche und 10 weibliche Tiere) im Alter von 23-26 pro Testgefäß verwendet. An Tag 21 werden die Collembolen aus dem Boden extrahiert und gezählt. Bei F. fimetaria werden in der für den Test synchronisierten Charge die Geschlechter aufgrund ihrer Größe unterschieden. Die weiblichen Tiere sind deutlich größer als die männlichen (siehe Anlage 3).
29.
Bei F. candida sind zehn 9-12 Tage alte juvenile Tiere pro Prüfgefäß zu verwenden. An Tag 28 werden die Collembolen aus dem Boden extrahiert und gezählt.
30.
Als geeignetes Futter wird am Anfang des Tests und nochmals nach etwa 2 Wochen in jedes Behältnis eine hinreichende Menge (z. B. 2-10 mg) Trockenhefe in Haushaltsqualität gegeben.
31.
Am Ende des Tests werden die Mortalität und die Reproduktionsleistung bewertet. Nach 3 Wochen (F. fimetaria) bzw. nach 4 Wochen (F. candida) werden die Collembolen aus dem Testboden extrahiert (siehe Anlage 4) und gezählt (12). In der Extraktion nicht erfasste Collembolen werden als tot gezählt. Das Extraktions- und das Zählverfahren sind zu validieren. Als Validititäskriterium gilt auch eine Extraktionsleistung von mehr als 95 % juvenilen Tieren; dies ist beispielsweise anhand einer Bodenprobe mit einer bekannten Anzahl an Collembolen zu prüfen.
32.
Anlage 2 enthält eine praktische Übersicht und den Zeitplan des Prüfverfahrens.

Prüfprotokoll

Vorversuch

33.
Wenn erforderlich, wird ein Vorversuch beispielsweise mit fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie von 0,1, 1,0, 10, 100 und 1 000  mg/kg Bodentrockengewicht und zwei Replikate pro Prüfkonzentration und pro Kontrolle vorgenommen. Zusätzliche Informationen aus Untersuchungen ähnlicher Chemikalien oder aus der Literatur hinsichtlich der Mortalität oder der Reproduktionsleistung von Collembolen können ebenfalls bei der Auswahl der im Vorversuch zu verwendenden Konzentrationen herangezogen werden.
34.
Um sicherzustellen, dass tatsächlich ein Gelege juveniler Tiere entstanden ist, wird der Vorversuch bei F. fimetaria zwei Wochen und bei F. candida drei Wochen fortgesetzt. Am Ende des Tests werden die Mortalität und die Reproduktionsleistung der Collembolen bewertet. Die Anzahl der adulten und der jungen Tiere wird jeweils protokolliert.

Definitiver Test

35.
Zur Ermittlung des ECx-Werts (z. B. EC10 oder EC50) sind zwölf Konzentrationen zu prüfen. Zu empfehlen sind mindestens zwei Replikate pro Prüfkonzentration und sechs Replikate pro Kontrolle. Der Abstandsfaktor kann je nach Dosis-Wirkungs-Beziehung unterschiedlich sein.
36.
Zur Bestimmung der NOEC/LOEC sind mindestens fünf Konzentrationen in einer geometrischen Reihe zu prüfen. Zu empfehlen sind vier Replikate je Prüfkonzentration und acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 1,8 unterscheiden.
37.
Ein kombinierter Ansatz ermöglicht die Bestimmung sowohl der NOEC/LOEC als auch des ECx-Werts. Bei diesem kombinierten Ansatz sind acht Behandlungskonzentrationen in einer geometrischen Reihe zu verwenden. Zu empfehlen sind vier Replikate je Behandlung und acht Kontrollen. Die Konzentrationen dürfen sich maximal um den Faktor 1,8 unterscheiden.
38.
Wenn im Vorversuch bei der höchsten Konzentration (1 000  mg/kg) keine Wirkungen festzustellen sind, kann der Reproduktionstest als Limit-Test mit der Prüfkonzentration 1 000  mg/kg durchgeführt werden. Mit einem Limit-Test kann nachgewiesen werden, dass bei der Limit-Konzentration keine statistisch signifikante Wirkung gegeben ist. Sowohl für den behandelten Boden als auch für die Kontrollen sind jeweils acht Replikate durchzuführen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

39.
Wesentlicher Endpunkt ist die Reproduktionsleistung (z. B. gemessen an der Anzahl der pro Prüfgefäß entstandenen juvenilen Tiere). In statistischen Analysen (z. B. durch ANOVA-Verfahren) werden die Ergebnisse der verschiedenen Konzentrationen anhand eines Student-t-Tests, eines Dunnett-Tests oder eines Williams-Tests verglichen. Für die Mittelwerte der einzelnen Konzentrationen werden 95- %-Konfidenzintervalle berechnet.
40.
Die Anzahl der überlebenden adulten Tiere in den unbehandelten Kontrollen ist ein wichtiges Validitätskriterium und muss dokumentiert werden. Ebenso wie im Vorversuch sind jedoch im Abschlussbericht auch alle sonstigen Anzeichen für schädliche Wirkungen zu erfassen.

LCx und ECx

41.
ECx-Werte einschließlich der entsprechenden oberen und unteren 95- %-Konfidenzintervalle für die einzelnen Parameter werden mit geeigneten statistischen Methoden berechnet (z. B. Logit- oder Weibull-Model oder Trimmed Spearman-Karber-Methode oder einfache Interpolation). Ein ECx-Wert wird ermittelt, indem der x % des Mittelwerts der Kontrollen entsprechende Wert in die gefundene Gleichung eingesetzt wird. Um den EC50-Wert oder einen sonstigen ECx-Wert zu ermitteln, sind sämtliche Daten einer Regressionsanalyse zu unterziehen. Der LC50-Wert wird gewöhnlich mit einer Probit-Analyse oder einem ähnlichen Analyseverfahren bestimmt, bei dem die Binomialverteilung der Mortalitätsdaten berücksichtigt wird.

NOEC/LOEC

42.
Wenn eine statistische Analyse beabsichtigt ist, um die NOEC/LOEC zu bestimmen, werden Statistiken für die einzelnen Gefäße benötigt. (Die Gefäße werden jeweils als Replikate betrachtet.) Es sind geeignete statistische Methoden anzuwenden; maßgeblich ist das OECD-Dokument 54 „Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application“ (9). Im Allgemeinen werden schädliche Wirkungen der Prüfchemikalie im Vergleich zur Kontrolle einer einseitigen Hypothesenprüfung mit p ≤ 0,05 unterzogen.
43.
Die Normalverteilung und die Varianzhomogenität können mit einem geeigneten statistischen Test geprüft werden (z. B. mit dem Shapiro-Wilk- bzw. dem Levene-Test (p ≤ 0,05)). Nach einer einseitigen Varianzanalyse (ANOVA) können Methoden zur multiplen Testung durchgeführt werden. Mit multiplen Tests (z. B. mit dem Dunnett-Test) oder Step-down-Trendtests (z. B. dem Williams-Test) kann berechnet werden, ob zwischen den Kontrollen und den verschiedenen Prüfkonzentrationen der Prüfchemikalie signifikante Unterschiede (p ≤ 0,05) bestehen. Welcher Test vorzunehmen ist, wird im OECD-Dokument 54 (9) beschrieben. Andernfalls müssen nicht parametrische Methoden (z. B. ein U-Test mit Bonferroni-/Holm-Korrektur oder ein Jonckheere-Terpstra-Trendtest) verwendet werden, um die NOEC und die LOEC zu bestimmen.

Limit-Test

44.
Wenn ein Limit-Test (Vergleich der Kontrolle mit einer einzigen Prüfkonzentration) durchgeführt wurde und die Voraussetzungen für parametrische Testverfahren (Normalität, Homogenität) erfüllt sind, können metrische Antworten mit dem Student-Test (t-Test) ausgewertet werden. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen (Welch-Test) oder ein nicht-parametrischer Test wie der Wilcoxon-Mann-Whithey-U-Test verwendet werden.
45.
Um signifikante Unterschiede zwischen den Kontrollen (Kontrollen und Lösungsmittelkontrollen) zu ermitteln, können die Replikate der einzelnen Kontrollen geprüft werden, wie für den Limit-Test beschrieben. Werden bei diesen Tests keine signifikanten Unterschiede festgestellt, können alle Replikate (Kontrollen und Lösungsmittelkontrollen) zusammengefasst werden. Ansonsten sind alle Behandlungen mit der Lösungsmittelkontrolle zu vergleichen.

Prüfbericht

46.
Der Testbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie

Identität der Prüfchemikalie (Charge, Los, CAS-Nummer und Reinheit);
physikalisch-chemische Eigenschaften der Prüfchemikalie (z. B. log Kow, Wasserlöslichkeit, Dampfdruck und Henry-Konstante (H) sowie vorzugsweise Angaben zur Persistenz der Prüfchemikalie im Boden) (so weit verfügbar);
wenn die Chemikalie nicht in reiner Form verwendet wird, sind die Formulierung der Prüfchemikalie und verwendete Additive anzugeben;

Testorganismen

Art und Herkunft der Testorganismen, Beschreibung der Zuchtbedingungen und Altersspektrum der Testorganismen;

Prüfbedingungen

Beschreibung des Prüfprotokolls und des Prüfverfahrens;
Angaben zur Herstellung des im Versuch verwendeten Bodens; bei natürlichem Boden eine ausführliche Beschreibung (Herkunft, Geschichte, Partikelgrößenverteilung, pH-Wert, organische Bestandteile);
Wasserrückhaltefähigkeit des Bodens;
Beschreibung des Verfahrens zur Einbringung der Prüfchemikalie in den Boden;
Prüfbedingungen: Lichtintensität, Dauer der Licht-Dunkel-Zyklen, Temperatur;
Beschreibung der Fütterung; Typ und Menge des im Versuch verwendeten Futters; Zeitpunkte der Fütterung;
pH-Wert und Wassergehalt des Bodens zu Beginn und während des Versuchs (Kontrolle und jede einzelne Prüfkonzentration);
detaillierte Beschreibung des Extraktionsverfahrens und der Wirksamkeit des Verfahrens;

Prüfergebnisse:

Anzahl der in den einzelnen Testbehältnissen ermittelten Jungtiere am Ende des Versuchs;
Anzahl der in den einzelnen Testbehältnissen ermittelten adulten Tiere und der ermittelten adulten toten Tiere ( %) am Ende des Versuchs;
Beschreibung offensichtlicher physiologischer oder pathologischer Symptome oder deutlicher Verhaltensänderungen;
Ergebnisse mit der Referenzchemikalie;
die NOEC/LOEC, der LCx-Wert (Mortalität) und die ECx-Werte für die Reproduktionsleistung (in erster Linie LC50, LC10, EC50 und EC10) sowie die 95- %-Konfidenzintervalle; eine grafische Darstellung des Regressionsmodells; die Funktionsgleichung und die Parameter der Gleichung (9);
sämtliche Informationen und Beobachtungen, die für die Interpretation der Ergebnisse hilfreich sein könnten,
wenn eine Hypothesenprüfung vorgenommen wird, die Aussagekraft des Tests (9);
Abweichungen von den für diese Prüfmethode beschriebenen Verfahren und außergewöhnliche Vorkommnisse während der Prüfung;
die Validität des Tests;
für die NOEC (wenn bestimmt), der minimal nachweisbare Unterschied.

LITERATUR

(1) Wiles, JA, und Krogh, PH (1998) Testing with the collembolans I. viridis, F. candida and F. fimetaria. Handbook of soil invertebrate toxicity tests (Hrsg. H Løkke und CAM Van Gestel), S. 131-156. John Wiley & Sons, Ltd., Chichester

(2) ISO (1999) Bodenbeschaffenheit — Wirkung von Schadstoffen auf Collembolen (Folsomia candida) — Verfahren zur Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung, Nr. 11267, International Organisation for Standardisation, Genf.

(3) Burges, A, und Raw, F. (Hrsg.) (1967) Soil Biology. Academic Press. London

(4) Petersen, H., und Luxton, M. (1982) A comparative analysis of soil fauna populations and their role in decomposition processes. Oikos 39: 287-388

(5) Petersen, H. (1994) A review of collembolan ecology in ecosystem context. Acta Zoologica Fennica 195: 111-118

(6) Hopkin, S.P. (1997). Biology of the Springtails (Insecta: Collembola). Oxford University Press. 330 S. (ISBN 0-19-854084-1)

(7) Ulber, B. (1983) Einfluss von Onychirurus fimatus Gisin (Collembola, Onychiuridae) und Folsomia fimetaria L. (Collembola, Isotomidae) auf Pythium ultimum Trow. einen Erreger des Wurzelbrandes der Zuckerrübe. In: New trends in soil Biology (Lebrun Ph, André HM, De Medts A, Grégoire-Wibo, Wauthy G (Hrsg.), Unterlagen des VI. internationalen Kolloquiums über Bodenzoologie (International Colloquium on Soil Zoology), Louvain-la-Neuve (Belgien), 30. August bis 2. September 1982, I Dieu-Brichart, Ottignies-Louvain-la-Neuve, S. 261-268

(8) In diesem Anhang Kapitel C.36 Reproduktionstest mit Raubmilben (Hypoaspis (Geolaelaps) aculeifer) in Bodenproben

(9) OECD (2006), Current approaches in the statistical analysis of ecotoxicity data: a guidance to application. OECD series on testing and assessment Number 54, ENV/JM/MONO(2006)18, OECD Paris

(10) Scott-Fordsmand, J.J., und Krogh, P.H .(2005) Background report on prevalidation of an OECD springtail test guideline. Environmental Project Nr. 986. Miljøstyrelsen, 61 S., Danish Ministry for the Environment.

(11) Krogh, P.H., 2009. Toxicity testing with the collembolans Folsomia fimetaria and Folsomia candida and the results of a ringtest. Danish Environmental Protection Agency, Environmental Project No. 1256, S. 66.

(12) Krogh, P.H., Johansen, K., und Holmstrup, M. (1998) Automatic counting of collembolans for laboratory experiments. Appl. Soil Ecol. 7, 201-205

(13) Fjellberg, A. (1980) Identification keys to Norwegian collembolans. Norsk Entomologisk Forening.

(14) Edwards, C.A. (1955) Simple techniques for rearing Collembola, Symphyla and other small soil inhabiting arthropods. In Soil Zoology (Kevan D.K. McE., Ed). Butterworths, London, S. 412-416

(15) Goto, H.E. (1960) Simple techniques for the rearing of Collembola and a not on the use of a fungistatic substance in the cultures. Entomologists' Monthly Magazine 96:138-140.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Die folgenden Begriffsbestimmungen beziehen sich auf diese Prüfmethode. (Bei dieser Prüfung werden die Wirkungskonzentrationen als Masse der Prüfchemikalie bezogen auf die Trockenmasse des Testbodens ausgedrückt.)

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch.

NOEC (höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete schädliche Wirkung) : die Konzentration der Prüfchemikalie, bei der keine Wirkung beobachtet wird; bei dieser Prüfung hat die der NOEC entsprechende Konzentration innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05).

LOEC (niedrigste geprüfte Konzentration, bei der noch schädliche Wirkungen beobachtet werden) : niedrigste Konzentration der Prüfchemikalie innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer mit statistisch signifikanter Wirkung (p < 0,05) im Vergleich zur Kontrolle.

ECx (Konzentration mit einer Wirkung von x %) : Konzentration, bei der innerhalb einer bestimmten Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle eine Wirkung von x % auf die Testorganismen zu verzeichnen ist; der EC50-Wert beispielsweise ist die Konzentration, bei der während einer bestimmten Expositionsdauer bei 50 % einer exponierten Population eine Wirkung auf einen Endpunkt der Prüfung erwartet wird.

Prüfchemikalie : ein beliebiger Stoff oder ein beliebiges Gemisch, der/das nach dieser Methode geprüft wird.

Anlage 2

Wesentliche Schritte und Verlauf eines Colembolen-Tests

Die einzelnen Schritte des Tests lassen sich wie folgt zusammenfassen:



Zeitpunkt (Tag)Schritt
– 23 bis – 26Herstellen einer synchronen F.-fimetaria-Kultur
– 14

Herstellen des künstlichen Bodens (Mischen trockener Bestandteile)

Prüfung des pH-Werts des künstlichen Bodens und entsprechende Einstellung

Messung der maximalen Wasserrückhaltefähigkeit des Bodens

– 9 bis – 12Herstellen einer synchronen F.-candida-Kultur
– 2 bis – 7Vortränken des Bodens
– 1

Aufteilung der juvenilen Tiere in Chargen

Herstellen der Stammlösungen und Applikation der Prüfchemikalie, wenn ein Lösungsmittel benötigt wird

0

Herstellen der Stammlösungen und Applikation der Prüfchemikalie, wenn eine feste Chemikalie oder eine Lösung in Wasser verwendet oder eine oberflächliche Applikation vorgenommen werden muss

Messen des pH-Werts des Bodens und Wiegen der Behältnisse

Zugabe des Futters; Einsetzen der Collembolen

14

Vorversuch mit F. fimetaria: Beenden des Tests, Extrahieren der Tiere, Messen des pH-Werts des Bodens und des Wasserverlusts (Gewicht)

Definitive Tests: Messen des Feuchtegehalts Auffüllen mit Wasser und Zugabe von 2-10 mg Hefe

21

Definitiver Test mit F. fimetaria: Beenden des Tests, Extrahieren der Tiere, Messen des pH-Werts des Bodens und des Wasserverlusts (Gewicht)

Vorversuch mit F. candida: Beenden des Tests, Extrahieren der Tiere, Messen des pH-Werts des Bodens und des Wasserverlusts (Gewicht)

28Definitiver Test mit F. candida: Beenden des Tests, Extrahieren der Tiere, Messen des pH-Werts des Bodens und des Wasserverlusts (Gewicht)

Anlage 3

Leitlinien zur Zucht und zur Synchronisierung von F. fimetaria und F. candida

Die Angaben in diesen Leitlinien zu Zeitpunkten und Dauer der einzelnen Schritte sind für jeden einzelnen Collembolen-Stamm gesondert zu prüfen, um sicherzustellen, dass der Zeitrahmen eine hinreichende Synchronisierung der juvenilen Tiere ermöglicht. Der Tag für die Entnahme der Eier und der synchronen juvenilen Tiere richtet sich nach dem Zeitpunkt der Eiablage nach Einsetzen der adulten Tiere in ein frisches Substrat und nach dem Zeitpunkt des Schlüpfens.

Es wird eine Dauerkultur bestehend aus z. B. 50 Behältnissen/Petrischalen empfohlen. Die Stammkultur ist wöchentlich mit ausreichend Futter und Wasser zu versorgen; Futterreste und tote Tiere werden entfernt. Wenn sich zu wenige Collembolen auf dem Substrat befinden, kann es zu einer Inhibition durch verstärktes Wachstum von Pilzen kommen. Wird die Stammkultur zu häufig zur Gewinnung von Eiern genutzt, kann die Kultur ermüden. Anzeichen einer Erschöpfung sind tote adulte Tiere und Schimmel auf dem Substrat. Die nach der Erzeugung synchroner Tiere verbliebenen Eier können zur Verjüngung der Kultur genutzt werden.

In einer synchronen F. fimetaria-Kultur sind die männlichen Tiere hauptsächlich aufgrund ihrer Größe von weiblichen Tieren zu unterscheiden. Die männlichen Tiere sind deutlich kleiner als die weiblichen Tiere und bewegen sich rascher als die weiblichen Tiere. Trotzdem erfordert die zuverlässige Erkennung der Geschlechter ein wenig Übung; eine Bestätigung kann durch eine mikroskopische Kontrolle des Genitalbereichs erfolgen (13).

1.   Aufzucht

1.a.   Herstellen des Kultursubstrats

Als Kultursubstrat wird Gips (Calciumsulfat) mit Aktivkohle verwendet. In diesem feuchten Substrat absorbiert die Aktivkohle freigesetzte Gase und Exkremente (14) (15). Um die Beobachtung der Collembolen zu erleichtern, können verschiedene Formen von Holzkohle verwendet werden. Für F. candida und F. fimetaria beispielsweise wird Holzkohlepulver verwendet. (Entsprechend entsteht ein schwarz-grauer Gips.)

Bestandteile des Substrats:

20 ml Aktivkohle
200 ml destilliertes Wasser
200 ml Gips

oder

50 g Aktivkohlepulver
260-300 ml destilliertes Wasser
400 g Gips.

Die Substratmischung muss sich vor der Verwendung absetzen können.

1. b.   Bebrütung

Collembolen werden z. B. in Petrischalen (90 mm × 13 mm) gehalten, deren Boden mit einem 0,5 cm starken Gipssubstrat bzw. Holzkohlesubstrat bedeckt ist. Bei einer Temperatur von 20 ± 1 °C wird eine Photoperiode mit 12 h Licht und 12 h Dunkelheit (bei 400-800 lx) eingerichtet. Die Behältnisse sind ständig feucht zu halten, damit eine relative Luftfeuchte in den Behältnissen von 100 % gewährleistet ist. Dies kann durch freies Wasser im porösen Gips gewährleistet werden; allerdings ist die Entstehung eines Wasserfilms auf der Gipsoberfläche zu vermeiden. Wasserverluste können durch Zufuhr feuchter Umgebungsluft verhindert werden. Tote Tiere sind aus den Behältnissen zu entfernen, da sie die Schimmelbildung fördern könnten. Um die Eiablage anzuregen, müssen die adulten Tiere in Petrischalen mit frisch angesetztem Gips-/Aktivkohle-Substrat gesetzt werden.

1.c.   Futter

Als einziges Futter wird sowohl für F. candida als auch für F fimetaria Trockenhefe verwendet. Um Schimmelbildung vorzubeugen, wird frisches Futter ein- oder zweimal wöchentlich bereitgestellt. Das Futter wird in einem kleinen Haufen unmittelbar auf den Gips gegeben. Die Menge an bereitgestellter Backhefe ist der Größe der Collembolen-Population anzupassen, im Allgemeinen sind jedoch 2-15 mg ausreichend.

2.   Synchronisierung

Der Test wird mit synchronisierten Tieren durchgeführt, um hinsichtlich des Larvenstadiums und der Größe der Tiere eine homogene Struktur zu gewährleisten. Außerdem ermöglicht die Synchronisierung bei F. fimetaria die Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Tieren ab einem Alter von 3 Wochen aufgrund des Geschlechtsdimorphismus (d. h. des Größenunterschieds). Im Folgenden wird ein Verfahren zur Gewinnung synchronisierter Tiere vorgeschlagen. (In der Praxis können sich einzelne Schritte unterscheiden.)

2.a.   Synchronisierung

Die vorgesehenen Behältnisse werden mit einer 0,5 cm hohen Schicht Gips-/Aktivkohle-Substrat gefüllt.
Zur Eiablage werden 150-200 adulte Exemplare von F. fimetaria und 50-100 Exemplare von F. candida aus den 15-20 besten Stammkultur-Behältnissen mit dem 4-8 Wochen alten Substrat in die Behältnisse gesetzt und mit 15 mg Backhefe gefüttert. Die juvenilen Tiere dürfen nicht mit adulten Tieren zusammengebracht werden, da die Anwesenheit juveniler Tiere die Eiproduktion hemmen könnte.
Die Kultur wird bei 20 ± 1 °C (durchschnittlich 20 °C) und einem Licht-Dunkel-Zyklus von 12:12 Stunden (400-800 lx) gehalten. Es ist sicherzustellen, dass frisches Futter verfügbar ist und dass die Luft mit Wasser gesättigt ist. Futtermangel kann dazu führen, dass die Tiere auf die Eier koten und dass sich Pilze auf den Eiern bilden; bei F. candida kann es zudem vorkommen, dass die Tiere die eigenen Eier fressen. Nach 10 Tagen werden die Eier mit einer Nadel und einem Spatel vorsichtig entnommen und auf „Eier-Papier“ (kleine Stückchen Filterpapier, das in Gips-/Holzkohle-Schlamm getaucht wurde) gebracht. Dieses wird in ein Behältnis mit frischem Gips-/Holzkohle-Substrat gelegt. Danach werden einige Körner Hefe zum Substrat hinzugeben, um die juvenilen Tiere anzulocken und sie dazu zu bringen, das „Eier-Papier“ zu verlassen. Wichtig ist, dass das Eier-Papier und das Substrat feucht sind, da sonst die Eier austrocknen. Alternativ können adulte Tiere 2-3 Tage nach Beginn der Eiablage aus den Synchronisierungsbehältnissen entnommen werden.
Nach drei Tagen sind aus den meisten Eiern auf dem Eier-Papier Tiere geschlüpft; auch unter dem Papier können sich einige juvenile Tiere befinden.
Damit die juvenilen Tiere eine einheitliche Altersstruktur haben, wird das Eier-Papier (mit den Eiern, aus denen noch keine Tiere geschlüpft sind) mit einer Pinzette aus der Petrischale genommen. Die juvenilen Tiere (inzwischen im Alter von 0-3 Tagen) verbleiben auf der Schale und werden mit Backhefe gefüttert. Eier, aus denen keine Tiere geschlüpft sind, werden verworfen.
Eier und geschlüpfte juvenile Tiere werden auf die gleiche Weise gehalten wie die adulten Tiere. Bei F. fimetaria sind folgende Maßnahmen zu treffen: Es muss hinreichend frisches Futter bereitgestellt werden; altes schimmelndes Futter ist zu entfernen; nach einer Woche werden die juvenilen Tiere auf neue Petrischalen verteilt, wenn eine Populationsdichte von über 200 Tieren erreicht wurde.

2. b.   Behandlung der Collembolen zu Beginn des Tests

9-12 Tage alte F. candida bzw. 23-26 Tage alte F. fimetaria werden entnommen (z. B. durch Absaugung) und in ein kleines Behältnis mit einem feuchten Gips-/Holzkohle-Substrat gesetzt; der physische Zustand der Tiere wird unter einem binokularen Mikroskop geprüft. (Verletzte oder beschädigte Tiere werden verworfen.) Bei allen Behandlungsschritten müssen sich die Collembolen in einer feuchten Atmosphäre befinden, damit die Tiere nicht durch Austrocknung belastet werden; dazu können beispielsweise Oberflächen befeuchtet werden.
Das Behältnis wird umgedreht; durch Klopfen wird bewirkt, dass die Collembolen auf das Bodensubstrat fallen. Elektrostatische Aufladungen sind zu vermeiden; ansonsten könnten die Tiere nach oben oder an die Seitenwände der Prüfgefäße gezogen werden und austrocknen. Die Neutralisierung kann mit einem Ionisierer erfolgen oder indem ein feuchtes Tuch unter die Behältnisse gelegt wird.
Das Futter ist nicht an einer einzigen Stelle auszulegen, sondern über die gesamte Bodenfläche zu verteilen.
Beim Einsetzen der Tiere und während des Tests sollte nicht an die Testbehältnisse geklopft oder anderweitig physisch auf die Testbehältnisse eingewirkt werden, damit der Boden nicht verdichtet wird und die Collembolen nicht gestört werden.

3.   Alternative Collembolen-Arten

Für eine Untersuchung mit dieser Prüfmethode können auch andere Collembolen-Arten verwendet werden (beispielsweise Proisotoma minuta, Isotoma viridis, Isotoma anglicana, Orchesella cincta, Sinella curviseta, Paronychiurus kimi, Orthonychiurus folsomi oder Mesaphorura macrochaeta). Damit eine andere Art ausgewählt werden kann, müssen jedoch verschiedene Anforderungen erfüllt sein:

Die Art muss eindeutig identifiziert worden sein;
die Auswahl der jeweiligen Art ist zu begründen;
die Reproduktionsbiologie muss in der Testphase so berücksichtigt werden, dass eine potenzielle Wirkung auch diesbezüglich festgestellt werden könnte;
der Lebenszyklus der Art muss bekannt sein: Alter bei Erreichen der Geschlechtsreife, Dauer von der Eiablage bis zum Schlüpfen und exponierte Larvenstadien;
das Testsubstrat und das bereitgestellte Futter müssen optimale Bedingungen für Wachstum und Reproduktion der Tiere bieten;
die Variabilität muss so gering sein, dass die Toxizität präzise und genau abgeschätzt werden kann.

Anlage 4

Extraktion und Zählen der Tiere

1.   Zwei Extraktionsmethoden kommen in Betracht:

1.a. Erste Methode: Es kann ein auf den Grundsätzen von MacFadyen (1) beruhendes Extraktionsgerät mit kontrolliertem Temperaturgefälle verwendet werden. Die Wärme strömt (geregelt durch einen Thermistor auf der Oberfläche der Bodenprobe) aus einem Heizelement oben im Extraktionsbehälter. Die Temperatur in der gekühlten Flüssigkeit um das Aufnahmegefäß wird ebenfalls durch einen Thermistor auf der Oberfläche des (unter dem Boden befindlichen) Aufnahmegefäßes geregelt. Die Thermistoren sind an eine programmierbare Steuerung angeschlossen, die die Temperatur nach einem voreingestellten Programm regelt. Die Tiere fallen in das gekühlte Aufnahmegefäß (2 °C), dessen Boden mit Gips/Holzkohle bedeckt ist. Die Extraktion beginnt bei 25 °C; über insgesamt 48 Stunden wird die Temperatur alle 12 h automatisch um 5 °C erhöht. Nach 12 h bei einer Temperatur von 40 °C ist die Extraktion beendet.

1.b. Zweite Methode: Nach der Inkubationsdauer des Versuchs wird die Anzahl der juvenilen Collembolen durch Flotation ermittelt. Zu diesem Zweck wird der Test in Gefäßen mit einem Volumen von etwa 250 ml durchgeführt. Am Ende des Tests werden ca. 200 ml destilliertes Wasser hinzugegeben. Der Boden wird mit einem feinen Pinsel vorsichtig umgerührt, damit die Collembolen auf der Wasseroberfläche aufschwimmen können. Zum Wasser kann ein geringer Anteil (etwa 0,5 ml) schwarze Fotofarbe von Kentmere hinzugegeben werden, um durch Verstärken des Kontrasts zwischen dem Wasser und den weißen Collembolen die Zählung zu erleichtern. Die Farbe ist für Collembolen nicht giftig.

2.   Zählen:

Die Anzahl der Tiere kann mit bloßem Auge oder unter einem Lichtmikroskop mit einem Trägernetz über dem Flotationsgefäß oder durch Fotografieren der Oberfläche der einzelnen Gefäße und anschließendes Zählen der Collembolen auf Vergrößerungen oder projizierten Bildern ermittelt werden. Außerdem können Verfahren der digitalen Bildverarbeitung zum Zählen genutzt werden (12). Alle Verfahren müssen validiert werden.

Anlage 5

Ermittlung der maximalen Wasserrückhaltefähigkeit des Bodens

Die folgende Methode hat sich zur Bestimmung der maximalen Wasserrückhaltefähigkeit des Bodens bewährt. Sie wird in Anhang C von ISO DIS 11268-2 (Bodenbeschaffenheit — Wirkungen von Schadstoffen auf Regenwürmer (Eisenia fetida), Teil 2: Bestimmung der Wirkung auf die Reproduktionsleistung) erläutert.

Mit einer geeigneten Vorrichtung zur Probenahme (etwa einem Schneckenrohr) wird eine bestimmte Menge (z. B. 5 g) des Testsubstrats entnommen. Der Boden des Rohres wird mit einem Stück feuchtem Filterpapier bedeckt; anschließend wird das Rohr in einem Wasserbad auf ein Gestell gesetzt. Das Rohr wird allmählich eingetaucht, bis das Wasser oberhalb des Bodens steht. Das Rohr wird etwa drei Stunden im Wasser belassen. Da das Wasser nicht vollständig von den Kapillaren des Bodensubstrats aufgenommen werden kann, wird das Rohr zur Entwässerung zwei Stunden in einem geschlossenen Gefäß (um ein Austrocknen zu verhindern) auf ein Bett aus sehr nassem, fein gemahlenem Quarzsand gesetzt. Anschließend wird die Probe gewogen und bei 105 °C auf eine konstante Masse getrocknet. Die Wasserrückhaltefähigkeit (WHC = Water Holding Capacity) wird wie folgt berechnet:

Dabei sind:

S=mit Wasser gesättigtes Substrat + Masse des Rohrs + Masse des Filterpapiers
T=Tara (Masse des Rohrs + Masse des Filterpapiers)
D=Trockenmasse des Substrats

Anlage 6

pH-Bestimmung des Bodens

Die folgende Methode zur Ermittlung des pH-Werts eines Bodensubstrats beruht auf der Beschreibung in ISO DIS 10390: Bodenbeschaffenheit — Bestimmung des pH-Wertes.

Eine bestimmte Substratmenge wird mindestens 12 Stunden bei Raumtemperatur getrocknet. Eine Bodensuspension (mindestens 5 g Boden) wird mit dem fünffachen Volumen einer 1-M-Lösung Kaliumchlorid (KCl) in Analysequalität oder einer 0,01-M-Calciumchlorid-Lösung (CaCl2) in Analysequalität hergestellt. Die Suspension wird fünf Minuten sorgfältig geschüttelt und bleibt dann mindestens 2 und höchstens 24 Stunden zum Ausfällen stehen. Der pH-Wert der flüssigen Phase wird mit einem pH-Messgerät gemessen, das vor jeder Messung mit einer geeigneten Reihe an Pufferlösungen (z. B. pH 4,0 und 7,0) kalibriert wurde.

C.40.   LEBENSZYKLUS-TOXIZITÄTSTESTS BEI CHIRONOMIDEN IN SEDIMENT-WASSER-SYSTEMEN MIT DOTIERTEM SEDIMENT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 233 (2010). Sie dient der Bewertung der Wirkung einer lebenslangen Chemikalienexposition sedimentbewohnender Larven von Chironomus sp., einem in Süßwasser lebenden Zweiflügler, unter vollständiger Berücksichtigung der 1. Generation (Generation P) und eines frühen Stadiums der 2. Generation (Generation F1). Die Methode ist eine Erweiterung der bestehenden Prüfmethoden C.28 (1) bzw. C.27 (15), bei der die Exposition über dotiertes Wasser bzw. über ein dotiertes Sediment erfolgt. Dabei werden bestehende Protokolle für Toxizitätstests mit Chironomus riparius und Chironomus dilutus (früher auch als C. tentans bezeichnet (2)) berücksichtigt, die in Europa und in Nordamerika entwickelt (3)(4)(5)(6)(7)(8)(9) und anschließend in Ringtests geprüft wurden (1)(7)(10)(11)(12). Auch andere gut dokumentierte Chironomiden-Arten wie Chironomus yoshimatsui (13)(14) sind geeignet. Die Exposition erfolgt insgesamt über eine Dauer von etwa 44 Tagen (C. riparius und C. yoshimatsui) bzw. ca. 100 Tagen (C. dilutus).
2.
Für diese Prüfmethode wird sowohl die Wasser- als auch Sedimentexposition beschrieben. Die Wahl des Szenarios hängt von der intendierten Anwendung ab. Die Exposition über Wasser durch Dotieren der Wassersäule soll Sprühverluste beim Aufbringen von Pestiziden simulieren. Dieses Szenario erfasst die Ausgangsspitzen der Konzentration im Oberflächenwasser. Die Dotierung des Wassers ist auch zur Simulation anderer Expositionstypen geeignet (einschließlich Austritt von Chemikalien). Für Anreicherungsprozesse in Sedimenten über Zeiträume, die die Testdauer überschreiten, ist diese Prüfmethode hingegen nicht geeignet. In diesem Fall sowie wenn die Pestizide vorwiegend durch Ablauf in Wasserkörper gelangen, kann ein Prüfprotokoll mit einem dotierten Sediment eher angemessen sein. Sind andere Expositionsszenarien von Interesse, kann das Prüfprotokoll leicht entsprechend angepasst werden. Wenn die Verteilung der Prüfchemikalie zwischen der Wasserphase und der Sedimentschicht nicht von Belang ist und die Adsorption in das Sediment minimiert werden muss, kann die Verwendung eines künstlichen Sedimentsurrogats (z. B. Quarzsand) in Erwägung gezogen werden.
3.
An sedimentbewohnenden Organismen zu testende Chemikalien können in Sedimenten eine lange Persistenz haben. Bei sedimentbewohnenden Organismen kommen mehrere Expositionspfade in Betracht. Die relative Bedeutung der einzelnen Expositionspfade und die Geschwindigkeit, mit der diese jeweils zu den gesamten toxischen Wirkungen beitragen, hängen von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der betreffenden Chemikalie ab. Bei stark absorbierenden Chemikalien und bei kovalent an das Sediment gebundenen Chemikalien kann die Aufnahme von Schadstoffen über die Nahrung einen wichtigen Expositionspfad darstellen. Die Toxizität hoch lipophiler Chemikalien sollte nicht unterschätzt werden, weshalb gegebenenfalls vor Applikation der Prüfchemikalie dem Sediment Futter hinzugegeben werden sollte (siehe Nummer 31). Daher können alle Expositionspfade und alle Lebensstadien berücksichtigt werden.
4.
Zu messende Endpunkte sind die Gesamtzahl der geschlüpften Imagines (1. und 2. Generation), die Entwicklungsrate (1. und 2. Generation), das Geschlechterverhältnis vollständig entwickelter und lebendiger adulter Tiere (1. und 2. Generation), die Anzahl der Eigelege pro weibliches Tier (nur 1. Generation) und die Fertilität der Eigelege (1. Generation).
5.
Es wird nachdrücklich empfohlen, formuliertes Sediment zu verwenden, da es gegenüber natürlichen Sedimenten mehrere Vorteile hat:
Die Variabilität zwischen den Versuchen ist weniger groß, da formuliertes Sediment eine reproduzierbare „standardisierte Matrix“ ergibt und es nicht erforderlich ist, Quellen unkontaminierter, sauberer Sedimente ausfindig zu machen;
es kann jederzeit mit den Versuchen begonnen werden, ohne durch jahreszeitliche Schwankungen gestört zu werden und ohne dass eine Vorbehandlung zur Defaunierung des Sediments erforderlich wäre;
die Verwendung von formulierten Sedimenten reduziert die Kosten, die bei Feldprobenahmen ausreichender Sedimentmengen für Routineprüfungen anfallen;
die Verwendung formulierter Sedimente ermöglicht Toxizitätsvergleiche und die entsprechende Einstufung der Chemikalien (3).
6.
Definitionen der verwendeten Begriffe sind Anlage 1 zu entnehmen.

PRINZIP DER PRÜFUNG

7.
Chironomiden-Larven im ersten Larvenstadium (L1-Larven) werden einem bestimmten Konzentrationsbereich der Prüfchemikalie im Sediment-Wasser-System ausgesetzt. Zu Beginn des Tests werden die L1-Larven (1. Generation) in die Prüfgefäße mit dem dotierten Sediment gesetzt; alternativ kann die Prüfchemikalie auch erst nach dem Einsetzen der Larven zum Wasser hinzugegeben werden. Die Schlupfrate, der Zeitraum bis zum Schlüpfen und das Geschlechterverhältnis der vollständig entwickelten und lebenden Mücken werden bestimmt. Die geschlüpften Imagines werden in Zuchtkäfige umgesetzt, um die Schwarmbildung, die Paarung und die Eiablage zu fördern. Die Anzahl der entstandenen Eigelege und die Fertilität der Eigelege werden ermittelt. Aus diesen Eigelegen werden L1-Larven der 2. Generation im ersten Entwicklungsstadium entnommen. Die Larven werden in frisch vorbereitete Prüfgefäße gesetzt (Dotierung wie bei der 1. Generation), um die Lebensfähigkeit der 2. Generation anhand der Schlupfrate, des Zeitraums bis zur Emergenz und des Geschlechterverhältnisses der vollständig entwickelten und lebenden Mücken zu bestimmen. (Anlage 5 enthält Abbildungen zur Veranschaulichung des Lebenszyklustests.) Alle Daten werden entweder mit einem Regressionsmodell analysiert, um die Konzentration zu ermitteln, bei der sich für den relevanten Endpunkt eine Reduzierung um X % ergibt, oder einer Hypothesenprüfung zur Bestimmung der NOEC (höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete schädliche Wirkung) unterzogen. Hierzu sind die Reaktionen der Prüfchemikalien anhand statistischer Tests mit der Reaktion der Kontrollen zu vergleichen. Bei der Prüfung mit dotiertem Wasser sind im Falle sich rasch abbauender Chemikalien die späteren Entwicklungsstadien der einzelnen Generationen (z. B. das Puppenstadium) unter Umständen erheblich niedrigeren Konzentrationen im Überstandswasser ausgesetzt als die Larven im ersten Entwicklungsstadium. Wenn dies als problematisch betrachtet und ein für alle Stadien vergleichbares Expositionsniveau benötigt wird, sind die folgenden Änderungen der Prüfmethode in Erwägung zu ziehen:
parallele Versuche mit Dotierungen in unterschiedlichen Stadien oder
wiederholtes Dotieren (oder Erneuern des Überstandswassers) im Prüfsystem in beiden Testphasen (1. und 2. Generation); die Dotierungsintervalle (Erneuerungsintervalle) sind entsprechend der Beständigkeit der Prüfchemikalie anzupassen.

Die entsprechenden Änderungen können nur bei dem Verfahren mit dotiertem Wasser, nicht aber bei der Prüfung mit einem dotierten Sediment vorgenommen werden.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

8.
Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Prüfchemikalie und der log-Kow-Wert, die gemessene oder berechnete Verteilung der Prüfchemikalie im Sediment sowie ihre Stabilität im Wasser und im Sediment sollten bekannt sein. Ein zuverlässiges analytisches Verfahren für die Quantifizierung der Prüfchemikalie im Überstandswasser, Porenwasser und Sediment mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und Nachweisgrenze sollte vorhanden sein. Weitere nützliche Informationen sind z. B. die Strukturformel und der Reinheitsgrad der Prüfchemikalie. Informationen über die Persistenz und das Verhalten der Prüfchemikalie in der Umwelt (zu beurteilen u. a. anhand der Verlustrate sowie des abiotischen und biotischen Abbaus). Hinweise zu Prüfchemikalien mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind Quelle (16) zu entnehmen.

REFERENZCHEMIKALIEN

9.
Durch regelmäßige Tests mit Referenzchemikalien kann sichergestellt werden, dass sich die Empfindlichkeit der Laborpopulation nicht geändert hat. Ebenso wie bei Daphnien ist ein akuter Test über eine Dauer von 48 h ausreichend (nach 17). Solange noch keine validierte Leitlinie für einen Test zur akuten Toxizität verfügbar ist, kann auch ein Test zur Ermittlung der chronischen Toxizität (siehe in diesem Anhang Kapitel C.28) durchgeführt werden. Die folgenden Referenzstoffe beispielsweise wurden erfolgreich in Ringtests und Validierungsstudien verwendet: Lindan, Trifluralin, Pentachlorphenol, Cadmiumchlorid und Kaliumchlorid (1)(3)(6)(7)(18).

VALIDITÄT DES TESTS

10.
Der Test ist gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die mittlere Schlupfrate in der Kontrolle muss am Ende der Expositionsdauer für beide Generationen mindestens 70 % betragen (1)(7);
bei C. riparius und C. yoshimatsui sollten mindestens 85 % aller Imagines der Kontrolle in beiden Generationen 12-23 Tage nach dem Einsetzen der L1-Larven in die Gefäße geschlüpft sein; bei C. dilutus sind 20-65 Tage annehmbar;
das mittlere Geschlechterverhältnis vollständig entwickelter und lebender Imagines (weiblicher bzw. männlicher Anteil) der Kontrolle muss bei beiden Generationen mindestens 0,4 betragen und sollte nicht über 0,6 liegen;
in jedem Zuchtkäfig muss die Anzahl der Eigelege in den Kontrollen der 1. Generation mindestens 0,6 für jedes in den Zuchtkräfig eingesetzte weibliche Tier betragen;
der Anteil der befruchteten Eigelege in jedem Zuchtkäfig der Kontrollen der 1. Generation muss mindestens bei 0,6 liegen;
am Ende der Expositionsdauer für beide Generationen sind in jedem Gefäß der pH-Wert und die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu messen. Der Sauerstoffgehalt sollte mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes  betragen, und der pH-Wert des Überstandswassers sollte in allen Prüfgefäßen zwischen 6 und 9 liegen;
die Wassertemperatur sollte um nicht mehr als ± 1,0 °C schwanken.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfgefäße und Zuchtkäfige

11.
Die Larven werden der Prüfchemikalie in 600-ml-Glasbechergläsern mit einem Durchmesser von 8,5 cm ausgesetzt (siehe Anlage 5). Andere Gefäße sind ebenfalls geeignet, sofern sie Überstandswasser und Sediment in entsprechender Höhe aufnehmen können. Die Sedimentoberfläche muss so bemessen sein, dass auf jede Larve 2-3 cm2 kommen. Das Verhältnis zwischen Sedimentschicht und Überstandswasser beträgt 1:4. Die Zuchtkäfige (B × H × T jeweils mindestens 30 cm) werden oben und mindestens auf einer Seite mit einer Gaze (Maschenweite ca. 1 mm) verschlossen (siehe Anlage 5). In jeden Käfig wird eine 2-l-Kristallisierungsschale mit Testwasser und dem Sediment zur Eiablage gestellt. Auch bei der Kristallisierungsschale muss das Verhältnis zwischen Sedimentschicht und Überstandswasser etwa 1:4 betragen. Nachdem die Eigelege aus der Kristallisierungsschale entnommen wurden, werden sie in eine 12-Well Mikrotiterplatte gegeben (jeweils ein Eigelege pro Vertiefung mit jeweils mindestens 2,5 ml Wasser aus der dotierten Kristallisierungsschale); anschließend werden die Platten mit einem Deckel verschlossen, um signifikante Verdunstungsverluste auszuschließen. Alternativ können auch andere zur Aufnahme der Eigelege geeignete Gefäße verwendet werden. Mit Ausnahme der Mikrotiterplatten müssen alle Prüfgefäße und sonstigen Geräte, die mit dem Prüfsystem in Kontakt kommen, vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material (z. B. Polytetrafluorethylen) bestehen.

Auswahl der Prüfspezies

12.
Als Prüfspezies sollte bevorzugt Chironomus riparius eingesetzt werden. Alternativ kann auch C. yoshimatsui verwendet werden. C. dilutus ist ebenfalls geeignet, aber schwieriger zu handhaben und erfordert eine längere Prüfdauer. Einzelheiten zu den Anzuchtverfahren für C. riparius sind Anlage 2 zu entnehmen. Informationen zu Kulturbedingungen sind auch für C. dilutus (5) und C. yoshimatsui (14) verfügbar. Die Identität der Spezies ist vor der Prüfung zu bestätigen, allerdings ist dies nicht vor jedem Test erforderlich, wenn die Organismen aus laboreigener Zucht stammen.

Sediment

13.
Vorzugsweise ist formuliertes Sedimentmaterial (so genanntes rekonstituiertes, künstliches oder synthetisches Sediment) zu verwenden. Wenn jedoch natürliches Sediment verwendet wird, so ist es zu charakterisieren (zumindest pH-Wert und Gehalt an organischem Kohlenstoff; die Bestimmung sonstiger Parameter wie C/N-Verhältnis und Granulometrie wird ebenfalls empfohlen). Das Sediment muss frei von Verunreinigungen sowie von Konkurrenten und Fressfeinden der Chironomidlarven sein. Außerdem wird empfohlen, die Sedimente vor dem Versuch sieben Tage unter Testbedingungen zu akklimatisiern. Für den Versuch wird das folgende formulierte Sediment (siehe (1)) empfohlen (1)(20)(21):
a.
4-5 % (bezogen auf die Trockenmasse) Torf: so nahe wie möglich bei pH 5,5-6,0; wichtig: Torf in Pulverform, feingemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und nur luftgetrocknet, verwenden;
b.
20 % (bezogen auf die Trockenmasse) Kaolin-Ton (Kaolingehalt vorzugsweise über 30 %);
c.
75-76 % (bezogen auf die Trockenmasse) Quarzsand (hauptsächlich Feinsand, der zu mehr als 50 % eine Korngröße von 50-200 μm aufweist);
d.
der Feuchtegehalt der fertigen Mischung wird durch die Zugabe von entionisiertem Wasser auf einen Wert 30–50 % eingestellt;
e.
durch Zugabe von chemisch reinem Calciumcarbonat (CaCO3) wird die fertige Mischung des Sediments auf einen pH-Wert von 7,0 ± 0,5 eingestellt;
f.
der Gehalt der fertigen Mischung an organischem Kohlenstoff muss bei 2 % (± 0,5 %) liegen und ist durch Zugabe geeigneter Mengen Torf und Sand (siehe Buchstaben a und c) zu gewährleisten.
14.
Die Herkunft von Torf, Kaolin-Ton und Sand muss bekannt sein. Die Bestandteile des Sediments sind auf chemische Verunreinigungen (z. B. durch Schwermetalle, chlororganische Verbindungen, phosphororganische Verbindungen) zu prüfen. Ein Beispiel für die Herstellung des formulierten Sediments ist in Anlage 3 beschrieben. Die Bestandteile können auch in trockenem Zustand gemischt werden, sofern nachgewiesen ist, dass es nach Zugabe des Überstandswassers nicht zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile kommt (z. B. mit aufschwimmenden Torfpartikeln) und dass der Torf bzw. das Sediment ausreichend konditioniert ist.

Wasser

15.
Alle Wassersorten, die den chemischen Eigenschaften von zugelassenem Verdünnungswasser gemäß den Anlagen 2 und 4 entsprechen, sind als Testwasser geeignet. Natürliches Wasser (Oberflächen- oder Grundwasser), rekonstituiertes Wasser (siehe Anlage 2) oder entchlortes Leitungswasser sind als Hälterungs- und Verdünnungswasser zulässig, wenn die Chironomiden hierin während der Zucht- und Testphase ohne Stressanzeichen überleben. Bei Testbeginn muss der pH-Wert des Testwassers zwischen 6 und 9 liegen, und die Gesamthärte des Wassers darf nicht mehr als 400 mg/l (in CaCO3) betragen. Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfchemikalie vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden). Das Wasser muss über die gesamte Testdauer von gleichbleibender Qualität sein. Die Qualitätsparameter des Wassers gemäß Anlage 4 sind mindestens zweimal jährlich bzw. immer dann zu messen, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich erheblich verändert haben.

Stammlösungen — dotiertes Wasser

16. a. Die Prüfkonzentrationen werden auf der Grundlage der Konzentrationen in der Wassersäule, d. h. im Überstandswasser, berechnet. Die Prüflösungen werden in der Regel durch Verdünnung einer Stammlösung in den gewünschten Konzentrationen zubereitet. Stammlösungen sollten möglichst durch Auflösung der Prüfchemikalie im Testwasser hergestellt werden. In einigen Fällen kann der Einsatz von Lösungs- oder Dispersionsmitteln erforderlich sein, um eine Stammlösung von geeigneter Konzentration zu erzielen. Geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise Aceton, Ethylenglykol-Monoethylether, Ethylenglykol-Dimethylether, Dimethylformamid und Triethylenglykol. Geeignete Dispersionsmittel sind etwa Cremophor RH40, Tween 80, Methylzellulose 0,01 % und HCO-40. Die Konzentration des Lösungsvermittlers in dem endgültigen Prüfmedium sollte auf ein Mindestmaß (d. h. ≤ 0,1 ml/l) beschränkt und bei allen Behandlungen gleich sein. Wird ein Lösungsvermittler verwendet, darf er keine signifikanten Wirkungen auf die Überlebensquote haben, was anhand einer Lösungsmittelkontrolle im Vergleich mit einer negativen (Wasser-)Kontrolle nachzuweisen ist. Es sollten jedoch alle Anstrengungen unternommen werden, um den Einsatz derartiger Stoffe zu vermeiden.

Stammlösungen — dotiertes Sediment

16. b. Die dotierten Sedimente der gewünschten Konzentration werden in der Regel zubereitet, indem eine Lösung der Prüfchemikalie direkt dem Sediment hinzugegeben wird. Eine Stammlösung der in entionisiertem Wasser gelösten Prüfchemikalie wird mithilfe eines Walzwerks oder Futtermischers oder per Hand mit dem formulierten Sediment gemischt. Wenn die Prüfchemikalie im Wasser schwer löslich ist, kann sie in dem kleinstmöglichen Volumen eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Hexan, Aceton oder Chloroform) gelöst werden. Diese Lösung wird anschließend mit 10 g feinem Quarzsand je Prüfgefäß gemischt. Es wird abgewartet, bis das Lösungsmittel vollständig aus dem Sand verdunstet ist; danach wird der Sand mit einer geeigneten Menge des Sediments gemischt. Um die Prüfchemikalie zu lösen, zu dispergieren oder zu emulgieren, dürfen nur sich leicht verflüchtigende Lösungsmittel verwendet werden. Bei der Zubereitung des Sediments ist die in der Mischung von Prüfchemikalie und Sand enthaltene Sandmenge zu berücksichtigen (d. h. das Sediment sollte mit weniger Sand zubereitet werden). Es ist darauf zu achten, dass die Prüfchemikalie mit dem Sediment gut durchmischt wird, damit sie in dem Sediment homogen verteilt ist. Gegebenenfalls können Teilproben analysiert werden, um den Homogenitätsgrad zu bestimmen.

VERSUCHSAUFBAU

17.
Der Versuchsaufbau bezieht sich auf die gewählte Anzahl und den Abstand der Prüfkonzentrationen, die Anzahl der Prüfgefäße je Konzentration und die Anzahl der Larven je Gefäß sowie die Anzahl der Kristallisierungsschalen und der Zuchtkäfige. Im Folgenden wird der Versuchsaufbau für die Ermittlung der ECx und der NOEC sowie ein Limit-Test beschrieben.

Versuchsaufbau für die Analyse durch Regression

18.
Die Konzentration mit beobachteter Wirkung (ECx) und der für die Wirkung der betreffenden Prüfchemikalie relevante Konzentrationsbereich sind durch den Versuch abzudecken, damit der Endpunkt nicht über die erzeugten Daten hinaus extrapoliert werden muss. Extrapolationen weit unter der niedrigsten oder über der höchsten Konzentration müssen vermeiden werden. Ein Vorversuch nach den Prüfmethoden C.27 oder C.28 kann für die Auswahl eines geeigneten Konzentrationsbereichs hilfreich sein.
19.
Für die Bestimmung von ECx werden mindestens fünf Konzentrationen und acht Replikate pro Konzentration benötigt. Für jede Konzentration müssen zwei Zuchtkäfige (A und B) verwendet werden. Die acht Replikate werden in zwei Gruppen von jeweils vier Replikaten für die beiden Zuchtkäfige aufgeteilt. Diese Zusammenführung der Replikate ist aufgrund der Anzahl der Mücken erforderlich, die pro Käfig benötigt werden, um die Reproduktionsleistung zuverlässig bestimmen zu können. Für die 2. Generation werden wieder acht Replikate verwendet, die aus den der Prüfchemikalie ausgesetzten Populationen in den Zuchtkäfigen hervorgegangen sind. Die Konzentrationen dürfen sich höchstens um den Faktor 2 unterscheiden (eine Ausnahme könnte gemacht werden im Fall einer schwachen Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve). Die Anzahl der Replikate pro Behandlung kann auf sechs (drei pro Zuchtkäfig) reduziert werden, wenn die Anzahl der Prüfkonzentrationen mit unterschiedlicher Wirkung erhöht wird. Eine höhere Anzahl an Replikaten oder eine Verkürzung der Intervalle zwischen den Prüfkonzentrationen führt tendenziell zu engeren Konfidenzintervallen um den ECx-Wert.

Versuchsaufbau für die Bestimmung einer NOEC

20.
Zur Bestimmung einer NOEC sind fünf Prüfkonzentrationen mit mindestens acht Replikaten (jeweils 4 pro Zuchtkäfig (A und B)) zu verwenden; der Abstandsfaktor zwischen den einzelnen Konzentrationen darf nicht größer als 2 sein. Die Anzahl der Replikate muss ausreichen, um eine angemessene statistische Aussagekraft zu gewährleisten, mit der sich eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration bei einem Signifikanzniveau von 5 % (α = 0,05) nachweisen lässt. Die Entwicklungsrate, Fekundität und Fertilität können gewöhnlich mit einer Varianzanalyse (ANOVA) mit anschließendem Dunnett-oder Williams-Test ermittelt werden (22-25). Zur Bestimmung der Schlupfrate und des Geschlechterverhältnisses können der Cochran-Armitage-Test, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test durchgeführt werden.

Limit-Test

21.
Falls der fakultative Vorversuch bis zu einer bestimmten Höchstkonzentration keine Wirkungen zeigt, kann ein Limit-Test (mit einer Prüfkonzentration und einer oder mehreren Kontrollen) durchgeführt werden. Mit dem Limit-Test lassen sich etwaige toxische Wirkungen der Prüfchemikalie bei Konzentrationen oberhalb der getesteten Grenzkonzentration feststellen. Für Wasser werden 100 mg/l und für Sedimente 1 000  mg/kg (bezogen auf die Trockenmasse) empfohlen. In der Regel sind jeweils mindestens acht Replikate pro Behandlung und Kontrolle erforderlich. Es ist nachzuweisen, dass die statistische Aussagekraft ausreicht, um bei einem Signifikanzniveau von 5 % (α = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration festzustellen. Für metrische Effektdaten (z. B. Entwicklungsrate) ist der t-Test eine geeignete statistische Methode, sofern die Daten die Bedingungen für diesen Test (Normalverteilung, Varianzhomogenität) erfüllen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen oder ein nicht-parametrischer Test wie der Wilcoxon-Mann-Whitney-Test verwendet werden. Zur Bestimmung der Schlupfrate eignet sich der Exakte Test nach Fisher.

DURCHFÜHRUNG

Expositionsbedingungen

Herstellung des Wasser-Sediment-Systems (Dotieren des Wassers)

22. a. Ein formuliertes Sediment (siehe Nummern 13 und 14 und Anlage 3) wird in einer mindestens 1,5 cm und höchstens 3 cm starken Schicht in die einzelnen Prüfgefäße und Kristallisierungsschalen gegeben. (Bei den Kristallisierungsschalen kann die Schicht etwas dünner sein.) Anschließend wird so viel Wasser (siehe Nummer 15) hinzugegeben, dass das Verhältnis der Tiefe der Sedimentschicht zur Wassertiefe maximal 1:4 beträgt. Nach der Vorbereitung der Prüfgefäße wird das Sediment-Wasser-System etwa sieben Tage moderat belüftet, bevor die L1-Larven der 1. und 2. Generation eingesetzt werden (siehe Nummer 14 und Anlage 3). Das Sediment-Wasser-System der Kristallisierungsschalen wird während des Tests nicht belüftet, da die Larven nicht am Leben erhalten zu werden brauchen. (Die Eigelege werden bereits vor dem Schlüpfen entnommen.) Um zu verhindern, dass es während der Zugabe von Prüfwasser in die Wassersäule zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile und einer Resuspension der feinen Partikel kommt, kann das Sediment beim Einfüllen des Wassers mit einer Plastikschale abgedeckt werden. Die Schale wird anschließend sofort entfernt. Andere Hilfsmittel sind ebenfalls geeignet.

Herstellung des Wasser-Sediment-Systems mit dotiertem Wasser

22. b. Entsprechend der Beschreibung in Nummer 16b wird dotiertes Sediment in die Prüfgefäße und in die Kristallisierungsschalen gegeben und anschließend mit Wasser bis zu einem Sediment-Wasser-Verhältnis von 1:4 überschichtet. Das Sediment muss eine Tiefe von 1,5-3 cm haben. (In der Kristallisierungsschale kann die Schicht etwas dünner sein.) Um zu verhindern, dass es während der Zugabe von Prüfwasser in die Wassersäule zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile und einer Resuspension der feinen Partikel kommt, kann das Sediment beim Einfüllen des Wassers mit einer Plastikschale abgedeckt werden, die anschließend sofort entfernt wird. Andere Hilfsmittel können ebenfalls geeignet sein. Nach Fertigstellung des dotierten Sediments mit dem überschichteten Wasser ist abzuwarten, bis die Prüfchemikalie aus dem Sediment in die wässrige Phase partitioniert ist (4)(5)(7)(18). Dies sollte möglichst unter denselben Temperatur- und Belüftungsbedingungen wie im Versuch erfolgen. Die erforderliche Zeit für die Einstellung des Gleichgewichts hängt vom Sediment und der Chemikalie ab. Manchmal reichen ein paar Stunden oder Tage, in seltenen Fällen können aber auch mehrere Wochen (bis zu fünf) erforderlich sein. Es sollte nicht abgewartet werden, bis das Gleichgewicht hergestellt ist, da es in dieser Zeit bei vielen Chemikalien zu Abbauprozessen kommen kann. Empfohlen wird eine Wartezeit von 48 Std. Wenn jedoch bekannt ist, dass die im Sediment enthaltene Chemikalie eine lange Abbau-Halbwertszeit hat (siehe Nummer 8), kann mehr Zeit für den Ausgleich vorgesehen werden. Am Ende dieser Gleichgewichtseinstellungszeit wird die Konzentration der Prüfchemikalie im Überstandswasser, im Porenwasser und im Sediment gemessen — mindestens in der höchsten Konzentration und einer niedrigeren Konzentration (siehe Nummer 38). Diese analytischen Bestimmungen der Prüfchemikalie ermöglichen es, eine Massenbilanz zu berechnen und die Ergebnisse auf der Grundlage der gemessenen Konzentrationen darzustellen.

23.
Die Prüfgefäße werden abgedeckt (z. B. mit Glasplatten). Um etwaige Verdunstungsverluste auszugleichen, kann während des Versuchs Wasser bis zum Ausgangsvolumen nachgefüllt werden. Dazu ist destilliertes oder entionisiertes Wasser zu verwenden, damit sich keine Salze bilden. Die Kristallisierungsschalen in den Zuchtkäfigen werden nicht abgedeckt; Wasserverluste während des Tests können (müssen aber nicht) ausgeglichen werden; die Eigelege kommen nämlich nur etwa einen Tag mit dem Wasser in Berührung, und die Schalen werden während des Tests nur kurze Zeit verwendet.

Einsetzen der Prüforganismen

24.
Vier bis fünf Tage vor dem Einsetzen der L1-Larven werden Eigelege aus den Kulturen entnommen und in kleinen Gefäßen in das Kulturmedium eingesetzt. Es kann „altes“ Medium aus den Stammkulturen oder frisch zubereitetes Medium verwendet werden. In jedem Fall ist eine geringe Futtermenge (z. B. einige Tröpfchen Filtrat einer fein gemahlenen Suspension aus Fischfutterflocken) zum Kulturmedium hinzuzugeben (siehe Anlage 2). Es sollten nur frische Eigelege verwendet werden. Normalerweise beginnen die Larven einige Tage nach dem Einsetzen der Eier zu schlüpfen (C. riparius: 2-3 Tage bei 20 °C, C. tentans und C. yoshimatsui: 1-4 Tage bei 23 °C bzw. 25 °C) und durchlaufen während ihres Wachstums vier Stadien von jeweils 4-8 Tagen. Für den Versuch sollten Larven des ersten Larvenstadiums (L1) (maximal 48 h nach dem Schlüpfen) verwendet werden. Das Larvenstadium kann unter Umständen anhand der Kopfkapselbreite bestimmt werden (7).
25.
Jeweils 20 L1-Larven der 1. Generation werden nach dem Zufallsprinzip mit einer stumpfen Pipette in die einzelnen Prüfgefäße mit dem Sediment-Wasser-System eingesetzt. Während des Einsetzens der Larven in das Prüfgefäß und der folgenden 24 Stunden wird die Belüftung des Wassers abgestellt (siehe Nummer 32). Je nach Versuchsaufbau (siehe Nummern 19 und 20) werden pro Konzentration für die Ermittlung der ECx-Werte mindestens 120 Larven (6 Replikate pro Konzentration) und zur Bestimmung der NOEC mindestens 160 Larven (8 Replikate pro Konzentration) verwendet. Bei dem Versuchsaufbau mit dem dotierten Sediment beginnt die Exposition mit dem Einsetzen der Larven.

Dotieren des Überstandswassers

26.
24 Stunden nach dem Einsetzen der L1-Larven der 1. Generation wird die Prüfchemikalie in die überstehende Wassersäule dotiert und das System wird erneut schwach belüftet (zu möglichen Änderungen des Test Designs siehe Nummer 7). Kleine Mengen der Stammlösungen mit der Prüfchemikalie werden unterhalb der Oberfläche der Wassersäule pipettiert. Anschließend wird das Überstandswasser vorsichtig gemischt, um das Sediment nicht aufzuwirbeln. Beim Versuch mit dem dotierten Wasser beginnt die Exposition mit dem Dotieren des Wassers (d. h einen Tag nach Einsetzen der Larven).

Entnahme geschlüpfter Imagines

27.
Geschlüpfte Mücken der 1. Generation werden mindestens einmal, vorzugsweise sogar zweimal täglich mit einem Sauggerät, einem Abzug oder einem ähnlichen Gerät aus den Prüfgefäßen abgesaugt (Paragraf 36) (siehe Anlage 5). Dabei ist darauf zu achten, dass die Imagines nicht beschädigt werden. Die abgesaugten Mücken aus vier Prüfgefäßen jeweils einer Konzentration werden in den Zuchtkäfig entlassen, dem sie bereits vorher zugeordnet waren. Am Tag, an dem die ersten (männlichen) Imagines schlüpfen, werden die Kristallisierungsgefäße dotiert, indem eine kleine Menge der Stammlösung mit der Prüfchemikalie unter die Wasseroberfläche pipettiert wird (bei dem Versuchsaufbau mit dem dotierten Wasser). Anschließend wird das Überstandswasser vorsichtig gemischt, um das Sediment nicht aufzuwirbeln. Die nominelle Konzentration der Prüfchemikalie im Kristallisierungsgefäß stimmt mit der der Gefäße mit den Prüfkonzentrationen überein, die dem jeweiligen Zuchtkäfig zugeordnet sind. Bei dem Versuchsaufbau mit dem dotierten Sediment werden die Kristallisierungsschalen um Tag 11 nach Beginn der Exposition (d. h. nach Einsetzen der Larven der 1. Generation) angesetzt, damit sie im Laufe von etwa 48 Stunden ein Gleichgewicht erreichen, bevor die ersten Eigelege abgelegt werden.
28.
Die Eigelege werden mit einer Pinzette oder einer stumpfen Pipette aus der Kristallisierungsschale im Zuchtkäfig entnommen. Jedes Eigelege wird einzeln in ein Gefäß mit dem Kulturmedium aus der Kristallisierungsschale gebracht, aus der es auch entnommen wurde (z. B. eine Vertiefung einer Mikrotiterplatte mit 12 Vertiefungen mit mindestens 2,5 ml des Mediums). Die Gefäße mit den Eigelegen werden mit einem Deckel verschlossen, um eine signifikante Verdunstung zu verhindern. Die Eigelege werden mindestens sechs Tage nach der Ablage zur Beobachtung aufbewahrt, um sie als befruchtet oder unbefruchtes zu klassifizieren.

Als Ausgangsmaterial für die 2. Generation werden aus jedem Zuchtkäfig mindestens drei, vorzugsweise jedoch sechs befruchtete Eigelege entnommen; anschließend wird etwas Futter bereitgestellt und gewartet, bis die Mücken schlüpfen. Die Eigelege sollten zum Höhepunkt der Eiablage entstanden sein; dieser liegt bei den Kontrollen gewöhnlich um Tag 19 des Tests. Im Idealfall wird mit dem Aufbau der 2. Generation sämtlicher Konzentrationen der Prüfchemikalie am selben Tag begonnen; aufgrund chemischer Wirkungen auf die Entwicklung der Larven ist dies unter Umständen jedoch nicht immer möglich. In diesen Fällen kann der Aufbau in den höheren Konzentrationen später begonnen werden als bei den niedrigeren Konzentrationen und bei der (Lösungsmittel-)Kontrolle.

29. a. Beim Versuch mit dem dotierten Wasser wird das Sediment-Wasser-System für die Larven der 2. Generation hergestellt, indem etwa eine Stunde vor dem Einsetzen der L1-Larven in die Prüfgefäße die Prüfchemikalie in das Überstandswasser dotiert wird. Kleine Mengen der Lösungen mit der Prüfchemikalie werden unterhalb der Oberfläche der Wassersäule pipettiert. Anschließend wird das Überstandswasser vorsichtig gemischt, um das Sediment nicht aufzuwirbeln. Nach dem Dotieren erfolgt eine schwache Belüftung.

29. b. Beim Versuch mit dem dotierten Sediment werden die Expositionsgefäße mit dem Sediment-Wasser-System für Larven der 2. Generation auf die gleiche Weise vorbereitet wie für die Larven der 1. Generation.

30.
Jeweils 20 L1-Larven der 2. Generation werden spätestens 48 h nach dem Schlüpfen nach dem Zufallsprinzip mit einer stumpfen Pipette in die einzelnen Prüfgefäße mit dem dotierten Sediment-Wasser-System eingesetzt. Während des Einsetzens der L1-Larven in das Prüfgefäß und der folgenden 24 Std. wird die Belüftung gestoppt. Je nach Prüfprotokoll (siehe Nummern 19 und 20) werden pro Konzentration für die Ermittlung der ECx-Werte mindestens 120 Larven (6 Replikate pro Konzentration) und zur Bestimmung der NOEC mindestens 160 Larven (8 Replikate pro Konzentration) verwendet.

Futter

31.
Die Larven in den Prüfgefäßen müssen täglich, mindestens jedoch dreimal pro Woche gefüttert werden. Pro juvenile Larve und Tag sind in den ersten 10 Tagen ihres Lebenszyklus 0,25-0,5 mg (bzw. 0,35-0,5 mg bei C. yoshimatsui) Fischfutter (suspendiert in Wasser oder fein gemahlenen, z. B. Tetra-Min oder Tetra-Phyll; siehe Anlage 2) angemessen. Ältere Larven benötigen etwas mehr Nahrung. Für den Rest des Versuchs dürften 0,5-1,0 mg Futter pro Larve und Tag ausreichen. Bei Pilzbesatz oder Absterben von Kontrollorganismen wird die Futterration für alle behandelten Organismen und Kontrollorganismen reduziert. Lässt sich die Pilzentwicklung nicht stoppen, muss der Versuch wiederholt werden.

Die toxikologische Relevanz der Exposition durch Aufnahme mit dem Futter ist im Allgemeinen höher bei Chemikalien mit hoher Affinität für organischen Kohlenstoff und bei Chemikalien mit kovalenter Bindung an das Sediment. Wenn Chemikalien mit diesen Eigenschaften getestet werden, kann die Menge an Futter, die zur Gewährleistung des Überlebens und einer natürlichen Wachstumsentwicklung der Larven benötigt wird, je nach regulatorischen Anforderungen vor der Stabilisierungsphase zum formulierten Sediment hinzugegeben werden. Um eine Beeinträchtigung der Wasserqualität zu verhindern, wird das Fischfutter durch pflanzliches Material ersetzt, z. B. durch Zugabe von 0,5 % (Trockenmasse) feingeriebenen Blättern z. B. von Brennnessel (Urtica dioeca), Maulbeere (Morus alba), Weißklee (Trifolium repens) oder Spinat (Spinacia oleracea) oder von sonstigem pflanzlichen Material (Cerophyl oder Alphacellulose). Die Zugabe der gesamten Menge eines organischen Futters zum Sediment noch vor dem Dotieren ist für die Wasserqualität und die biologischen Parameter (21) nicht unerheblich und stellt auch keine standardisierte Methode dar. Neuere Studien lassen jedoch darauf schließen, dass diese Methode funktioniert (19)(26). Imagines im Zuchtkäfig brauchen normalerweise kein Futter; die Fekundität und die Fertilität verbessern sich jedoch, wenn ein in gesättigter Saccharoselösung getränktes Wattepad als Futterquelle für die adulten Mücken bereitgestellt wird (34).

Inkubationsbedingungen

32.
Das Überstandswasser in den Prüfgefäßen wird 24 Stunden nach dem Einsetzen der L1-Larven beider Generationen über den gesamten Versuchszeitraum moderat belüftet. (Es ist darauf zu achten, dass die Konzentration an gelöstem Sauerstoff nicht unter 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes fällt.) Die Belüftung erfolgt mit einigen Blasen pro Sekunde durch eine gläserne Pasteur-Pipette, deren Öffnung 2-3 cm über der Sedimentschicht angesetzt wird. Wenn flüchtige Chemikalien getestet werden, ist darauf zu achten, dass das Sediment-Wasser-System nicht belüftet wird; trotzdem muss allerdings das Validitätskriterium eines Luftsauerstoff-Sättigungswerts von mindestens 60 % (Nummer 10) erfüllt sein. Weitere Informationen sind Quelle (16) zu entnehmen.
33.
Der Test mit C. riparius wird bei einer konstanten Raumtemperatur von 20 ± 2 °C durchgeführt. Für C. dilutus und C. yoshimatsui wird eine Temperatur von 23 bzw. 25 ± 2 °C) empfohlen. Die Photoperiode beträgt 16 Std. und die Beleuchtungsstärke 500-1 000  lux. Für die Zuchtkäfige kann jeweils morgens und abends eine einstündige Dämmerungsphase eingerichtet werden.

Expositionsdauer

34.
Versuch mit dotiertem Wasser: Die Expositionsdauer für die 1. Generation beginnt, wenn die Prüfchemikalie in das Überstandswasser der Prüfgefäße dotiert wird (d. h. einen Tag nach Einsetzen der Larven; zu möglichen Änderungen des Expositionsaufbaus siehe Nummer 7). Die Exposition der 2. Generation beginnt sofort, da diese Larven in ein bereits dotiertes Sediment-Wasser-System eingesetzt werden. Bei C. riparius und C. yoshimatsui beträgt die maximale Expositionsdauer für die 1. Generation 27 Tage und für die 2. Generation 28 Tage. (Die Larven der 1. Generation verbringen einen Tag ohne Exposition in den Gefäßen). Aufgrund der Überschneidung ergibt sich eine Testdauer von insgesamt etwa 44 Tagen. Bei C. dilutus dauert die Exposition höchstens 64 bzw. 65 Tage (1. bzw. 2. Generation). Die Gesamtdauer beträgt etwa 100 Tage.

Versuch mit dotiertem Sediment: Die Exposition beginnt mit dem Einsetzen der Larven und dauert bei C. riparius und C. yoshimatsui bei beiden Generationen höchstens 28 Tage und bei C. dilutus, ebenfalls beide Generationen, höchstens 65 Tage.

Beobachtungen

Schlupf

35.
Es werden die Entwicklungsdauer und die Anzahl der vollständig geschlüpften lebenden männlichen und weiblichen Mücken in beiden Generationen bestimmt. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen und an ihrem schlanken Körper zu erkennen.
36.
Die Prüfgefäße sind bei beiden Generationen dreimal wöchentlich visuell auf Verhaltensänderungen der Larven (z. B. Verlassen des Sediments, ungewöhnliches Schwimmverhalten) gegenüber den Kontrollgefäßen zu prüfen. Während der Emergenzphase, die bei C. riparius und C. yoshimatsui etwa 12 Tage und bei C. dilutus etwa 20 Tage nach dem Einsetzen der Larven beginnt, werden die Imagines gezählt und mindestens einmal, vorzugsweise aber zweimal täglich (am frühen Morgen und am späten Nachmittag) nach Geschlechtern unterschieden. Nach der Unterscheidung werden die Mücken der 1. Generation sorgfältig aus den Gefäßen entnommen und in einen Zuchtkäfig gebracht. Mücken der 2. Generation werden entnommen und nach der Identifizierung getötet. In den Prüfgefäßen gelegte Eigelege der 1. Generation werden einzeln abgelesen und mit mindestens 2,5 ml nativem Wasser in Mikrotiterplatten mit 12 Vertiefungen (oder sonstige geeignete Gefäße) gelegt; diese werden anschließend mit einem Deckel verschlossen, um wesentliche Verdunstungsverluste zu vermeiden. Die Anzahl der toten Larven und der sichtbaren Puppen, die nicht geschlüpft sind, wird ebenfalls protokolliert. Beispiele für Zuchtkäfige, Prüfgefäße und Absaugvorrichtungen werden in Anlage 5 beschrieben.

Reproduktion

37.
Die Wirkung auf die Reproduktion wird anhand der Anzahl der von Mücken der 1. Generation gelegten Eigelege und der Fertilität dieser Eigelege beurteilt. Einmal täglich werden die Eigelege von der in den Zuchtbehältnissen befindlichen Kristallisierungsschale abgelesen. Die Eigelege werden entnommen und mit mindestens 2,5 ml nativem Wasser in eine Mikrotiterplatte mit 12 Vertiefungen (jeweils ein Eigelege pro Vertiefung) oder in sonstige geeignete Gefäße gesetzt; diese werden mit einem Deckel verschlossen, um signifikante Verdunstungsverluste zu vermeiden. Für jedes Eigelege werden folgende Merkmale dokumentiert: Tag der Entstehung, Größe (normal, d. h. 1,0 ± 0,3 cm oder kurz; in der Regel ≤ 0,5 cm) und Struktur (normal = bananenförmig mit spiraligem Eigelege oder anomal z. B. nicht mit spiraligem Eigelege) sowie Fertilität (befruchtet oder unbefruchtet). Im Laufe von sechs Tagen nach der Ablage wird geprüft, ob die Eigelege befruchtet sind. Ein Eigelege wird dann als befruchtet betrachtet, wenn aus mindestens einem Drittel aller Eier Mücken schlüpfen. Aufgrund der Gesamtzahl der in den Zuchtkäfig eingesetzten Weibchen werden die Anzahl der Eigelege pro Weibchen und die Anzahl der befruchteten Eigelege pro Weibchen berechnet. Erforderlichenfalls kann die Anzahl der Eier eines Eigeleges mit der Ringzählmethode zerstörungsfrei geschätzt werden (siehe Beschreibung in den Nummern 32 und 33).

Analysemessungen

Konzentration der Prüfchemikalie

38.
Als minimale Anforderung müssen zu Beginn der Exposition (bei dotiertem Wasser vorzugsweise eine Stunde nach Applikation der Prüfchemikalie) und am Ende des Versuchs Proben des Überstandswassers, des Porenwassers und des Sediments mindestens in der höchsten Konzentration und in einer niedrigeren Konzentration analysiert werden. Dies gilt für Gefäße beider Generationen. Aus den Kristallisierungsschalen im Zuchtkäfig wird nur das Überstandswasser analysiert, da die Eigelege nur mit diesem Wasser in Berührung kommen. (Bei dem Versuch mit dotiertem Sediment kann eine analytische Bestätigung der Sedimentkonzentration vorgenommen werden.) Wenn erforderlich, können während des Versuchs weitere Messungen des Sediments, des Porenwassers oder des Überstandswassers vorgenommen werden. Diese Bestimmung der Konzentration der Prüfchemikalie gibt Aufschluss über das Verhalten/die Verteilung der Prüfchemikalie im Wasser-Sediment-System. Wenn zu Beginn und während des Versuchs (siehe Nummer 39) Proben aus dem Sediment und aus dem Porenwasser entnommen und analysiert werden sollen, müssen zusätzliche Prüfgefäße verfügbar sein. Messungen des Sediments bei dem Versuchsaufbau mit dem dotierten Wasser sind möglicherweise nicht erforderlich, wenn die Verteilung der Prüfchemikalie zwischen Wasser und Sediment in einer Wasser-/Sediment-Untersuchung unter vergleichbaren Bedingungen eindeutig bestimmt wurde (z. B. Verhältnis Sediment/Wasser, Applikationsform, Gehalt des Sediments an organischem Kohlenstoff) oder wenn die gemessenen Konzentrationen im Überstandswasser ständig im Bereich von 80-120 % der nominellen Konzentration oder der gemessenen Ausgangskonzentration liegen.
39.
Falls Zwischenmessungen (z. B. am 7. und/oder am 14. Tag) vorgenommen werden und für die Analyse größere Proben erforderlich sind, die nicht aus den Prüfgefäßen entnommen werden können, ohne das Prüfsystem zu beeinflussen, sollten die Analysemessungen an Proben aus zusätzlichen Prüfgefäßen vorgenommen werden, die derselben Behandlung (einschließlich Präsenz von Testorganismen) unterzogen, aber nicht für biologische Beobachtungen verwendet wurden.
40.
Eine 30-minütige Zentrifugation bei z. B. 10 000  g und 4 °C wird empfohlen, um das Interstitialwasser (= Porenwasser) abzutrennen. Prüfchemikalien, die sich nachweislich nicht an Filtern anlagern, können aber auch filtriert werden. Bei zu kleinen Proben kann es passieren, dass sich die Konzentrationen im Porenwasser nicht analysieren lassen.

Physikalisch-chemische Parameter

41.
pH-Wert, gelöster Sauerstoff im Testwasser und Temperatur des Wassers in den Prüfgefäßen und in den Kristallisierungsschalen sind auf geeignete Weise zu messen (siehe Nummer 10). Zu Beginn und am Ende des Versuchs sind Härte und Ammonium-Gehalt bei der höchsten Konzentration und in den Kontrollgefäßen in einem Prüfgefäß und einer Kristallisierungsschale zu bestimmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

42.
Mit diesem Lebenszyklustest sollen die Wirkung der Prüfchemikalie auf die Reproduktion sowie — für zwei Generationen — die Entwicklungsrate und die Gesamtzahl der vollständig geschlüpften lebenden männlichen und weiblichen Mücken ermittelt werden. Zur Ermittlung der Schlupfrate werden die Daten männlicher und weiblicher Imagines zusammengefasst. Wenn keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Empfindlichkeiten der Entwicklungsraten der beiden Geschlechter bestehen, können die Ergebnisse für männliche und weibliche Mücken in der statistischen Analyse zusammengefasst werden.
43.
Die Effektkonzentrationen werden ausgedrückt als Konzentrationen im Überstandswasser (bei dotiertem Wasser) bzw. im Sediment (bei dotiertem Sediment) und gewöhnlich ausgehend von den zu Beginn der Exposition gemessenen Konzentrationen (siehe Nummer 38) berechnet. Daher werden die für dotiertes Wasser gewöhnlich zu Beginn der Exposition bei beiden Generationen im Überstandswasser der Gefäße gemessenen Konzentrationen und die Konzentrationen der Kristallisierungsschalen für jede Konzentrationsstufe gemittelt. Die Konzentrationen für dotierte Sedimente werden gewöhnlich zu Beginn der Exposition bei beiden Generationen in den Gefäßen (sowie optional in den Kristallisierungsschalen) gemessen und für jede Behandlung gemittelt.
44.
Für eine Punktschätzung (d. h. zur Ermittlung einer ECx-Konzentration) können die für die einzelnen Gefäße und Zuchtkäfige erstellten Statistiken als echte Replikate dienen. Bei der Berechnung eines Konfidenzintervalls für einen beliebigen ECx-Wert ist die Variabilität zwischen den Gefäßen zu berücksichtigen oder nachzuweisen, dass diese Variabilität so klein ist, dass sie übergangen werden kann. Wird das Modell nach der Methode der geringsten Abweichungsquadrate angepasst, sollten die pro Gefäß erstellten Statistiken transformiert werden, um die Varianzhomogenität zu verbessern. Allerdings werden die ECx-Werte berechnet, nachdem die Ergebnisse auf den ursprünglichen Wert rücktransformiert wurden (11).
45.
Wenn die statistische Analyse darauf abzielt, die NOEC anhand von Hypothesenprüfungen zu bestimmen, ist die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen zu berücksichtigen, z. B. mit ANOVA-Methoden (etwa dem Williams- oder dem Dunnett-Test). Der Williams-Test ist dann geeignet, wenn theoretisch eine monotone Dosis-Wirkungs-Beziehung zu erwarten wäre; der Dunnett-Test wird durchgeführt, wenn sich die Hypothese der Monotonie nicht bestätigt. Alternativ können in den Fällen, in denen von den herkömmlichen ANOVA-Annahmen abgewichen wird, robustere Tests (27) angewendet werden (31).

Schlupfrate

46.
Schlupfraten sind quantale Daten und können anhand des Cochran-Armitage-Tests im Step-Down-Verfahren analysiert werden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfdaten dieser Erwartung entsprechen. Andernfalls können ein Exakter Test nach Fisher oder ein Mantel-Haenszel-Test mit Bonferroni-Holm-angepassten p-Werten durchgeführt werden. Ist die Varianz zwischen den Replikaten mit derselben Konzentration nachweislich größer als bei einer Binomialverteilung zu erwarten (häufig als „extra-binomiale“ Variation bezeichnet), sollte ein robusterer Test (Cochran-Armitage-Test oder Exakter Test nach Fisher), wie in (27) vorgeschlagen, vorgenommen werden.

Die Summe geschlüpfter lebender männlicher und weiblicher Mücken (ne) je Prüfgefäß wird bestimmt und durch die Anzahl der eingesetzten Larven (na) dividiert:

Dabei sind:

ER=Schlupfrate
ne=Anzahl der geschlüpften lebenden Mücken je Prüfgefäß
na=Anzahl der eingesetzten Larven je Prüfgefäß (normalerweise 20)

Wenn ne größer als na ist (d. h., wenn versehentlich mehr als die vorgesehene Anzahl an Larven eingesetzt wurde), muss na an ne angepasst werden.

47.
Ein alternativer Ansatz, der sich insbesondere für große Proben mit erweiterter Binomialvarianz empfiehlt, ist die Behandlung der Schlupfrate als kontinuierliche Reaktion und die Verwendung entsprechender Verfahren. Als große Probe gilt hier eine Probe, bei der die Anzahl der geschlüpften Mücken und die Anzahl der nicht geschlüpften Mücken jeweils mehr als fünf pro Replikat(gefäß) beträgt.
48.
Für die Anwendung von ANOVA-Methoden sollten die ER-Werte zunächst einer Arcus-Sinus-Transformation oder einer Freeman-Tukey-Transformation unterzogen werden, um annähernd eine Normalverteilung und Varianzhomogenität zu erreichen. Bei der Verwendung von absoluten Frequenzen können auch der Cochran-Armitage-, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test angewendet werden. Bei der Arcus-Sinus-Transformation wird die Umkehrfunktion des Sinus (sin– 1) der Wurzel von ER berechnet.
49.
Für die Schlupfraten werden die ECx-Werte durch Regressionsanalysen bestimmt (z. B. Probit-, Logit- oder Weibull-Modell (28)). Versagt die Regressionsanalyse (z. B. bei weniger als zwei Teilantworten), können andere nicht-parametrische Methoden wie die Berechnung des gleitenden Durchschnitts oder eine einfache Interpolation angewendet werden.

Entwicklungsrate

50.
Die mittlere Entwicklungszeit ist die mittlere Zeitspanne zwischen dem Einsetzen der Larven (Tag 0 des Tests) und dem Schlüpfen der Mückenkohorte. (Zur Berechnung der tatsächlichen Entwicklungszeit ist das Alter der Larven zum Zeitpunkt des Einsetzens zu berücksichtigen.) Die Entwicklungsrate ist der Reziprokwert der Entwicklungszeit (Einheit: 1/Tag) und bezeichnet den Anteil der täglich entstehenden Larven. Für die Bewertung der Sedimenttoxizität ist die Entwicklungsrate zu bevorzugen, da sie gegenüber der Entwicklungszeit eine geringere Varianz aufweist und ihre Werte homogener sind und näher an der Normalverteilung liegen. Aus diesem Grund eignen sich leistungsfähigere parametrische Verfahren mit großer Teststärke eher für die Entwicklungsrate als für die Entwicklungszeit. Wird die Entwicklungsrate als kontinuierliche Antwort behandelt, können die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse geschätzt werden (z. B. (29)(30)). Eine NOEC für die mittlere Entwicklungsrate kann mit einer ANOVA (z. B. mit einem Williams- oder einem Dunnett-Test) ermittelt werden. Da männliche Imagines früher schlüpfen als weibliche und da sich entsprechend für Männchen eine höhere Entwicklungsrate ergibt, ist es sinnvoll, die Entwicklungsraten nicht nur für die Imagines insgesamt, sondern auch getrennt nach Geschlechtern zu ermitteln.
51.
Für statistische Tests gilt die Anzahl der am Kontrolltag x beobachteten Mücken als die Anzahl der Mücken, die in der Mitte des Zeitintervalls zwischen dem Tag x und dem Tag x – l geschlüpft sind (l = Länge des Kontrollintervalls, gewöhnlich 1 Tag). Die mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß (
) wird wie folgt berechnet:

Dabei sind:

:mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß
i:Index des Kontrollintervalls
m:maximale Anzahl der Kontrollintervalle
fi:Anzahl der Mücken, die im Kontrollintervall i geschlüpft sind
ne:Gesamtzahl der geschlüpften Mücken bei Versuchsende (=Σfi)
xi:Entwicklungsrate der geschlüpften Mücken im Intervall i

Dabei sind:

Tagi:Tag der Inspektion (Tage seit Einsetzen der Larven)
li:Länge des Kontrollintervalls i (Tage, in der Regel 1 Tag)

Geschlechterverhältnis

52.
Die Geschlechterverhältnisse sind quantale Daten und daher durch einen Exakten Test nach Fisher oder durch sonstige geeignete Methoden zu bestimmen. Das natürliche Geschlechterverhältnis ist bei C. riparius gleich 1, d. h. männliche und weibliche Mücken sind gleich häufig. Bei beiden Generationen sind die Daten zum Geschlechterverhältnis gleich zu behandeln. Da die maximale Anzahl der Mücken pro Gefäß (d. h. 20) für eine aussagekräftige statistische Analyse zu gering ist, wird die Gesamtzahl der vollständig geschlüpften und lebenden Mücken für beide Geschlechter in allen Gefäßen mit jeweils einer Prüfkonzentration summiert. Diese nicht transformierten Daten werden dann in einer Häufigkeitstabelle (2 × 2) bezogen auf die (Lösungsmittel-)Kontrolle oder auf die gepoolten Daten der Kontrollen erneut geprüft.

Reproduktion

53.
Die Reproduktion (gemessen als Fekundität) wird an der Anzahl der Eigelege pro Weibchen gemessen. Die Gesamtzahl der in einem Zuchtkäfig gelegten Eigelege wird durch die Gesamtzahl der lebenden und unbeschädigten Weibchen geteilt, die in diesen Käfig einsetzt wurden. Eine NOEC für die Fekundität kann mit einer ANOVA (z. B. mit einem Williams- oder einem Dunnett-Test) ermittelt werden.
54.
Die Fertilität der Eigelege dient als Maßstab zur Ermittlung der Anzahl der befruchteten Eigelege pro Weibchen. Die Gesamtzahl der in einem Zuchtkäfig gelegten befruchteten Eigelege wird durch die Gesamtzahl der lebenden und unbeschädigten Weibchen geteilt, die in diesen Käfig eingesetzt wurden. Eine NOEC für die Fertilität kann mit einer ANOVA (z. B. mit einem Williams- oder einem Dunnett-Test) ermittelt werden.

Prüfbericht

55.
Der Prüfbericht enthält die folgenden Informationen:

Prüfchemikalie:

physikalischer Zustand und physikalisch-chemische Eigenschaften (Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Verteilungskoeffizient im Boden (oder — falls verfügbar — im Sediment), Stabilität im Wasser und im Sediment usw.);
chemische Kenndaten (gebräuchliche Bezeichnung, chemische Bezeichnung, Strukturformel, CAS-Nummer usw.) einschließlich Reinheitsgrad und Analyseverfahren zur Quantifizierung der Chemikalie.

Testspezies:

Verwendete Testorganismen: Art, wissenschaftlicher Name, Bezugsquelle der Testorganismen und Zuchtbedingungen;
Angaben zur Handhabung der Gelege und der Larven;
Informationen zur Extraktion der Imagines der 1. Generation z. B. mit einer Absaugvorrichtung (siehe Anlage 5).
Alter der Testorganismen beim Einsetzen in die Prüfgefäße (1. und 2. Generation).

Prüfbedingungen:

verwendetes Sediment, d. h. natürliches oder formuliertes (künstliches) Sediment;
natürliches Sediment: Standort und Beschreibung der Entnahmestelle möglichst einschließlich Informationen über frühere Verunreinigungen, Merkmale des Sediments: pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, C/N-Verhältnis und gegebenenfalls Granulometrie;
formuliertes Sediment: Herstellung, Bestandteile und Merkmale (Gehalt an organischem Kohlenstoff, pH-Wert, Feuchte usw. (Messwerte bei Beginn des Versuchs));
Herstellung des Prüfwassers (falls rekonstituiertes Wasser verwendet wird) und Merkmale des Wassers (Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Härte usw. (bei Beginn des Tests gemessen));
Tiefe des Sediments und des Überstandswassers in den Prüfgefäßen und in den Kristallisierungsschalen;
Volumen des Überstandswassers und des Porenwassers; Gewicht des feuchten Sediments in den Prüfgefäßen und in den Kristallisierungsschalen mit und ohne Porenwasser;
Prüfgefäße (Material und Größe);
Kristallisierungsschalen (Material und Größe);
Zuchtkäfige (Material und Größe);
Methode für die Herstellung der Stammlösungen und Prüfkonzentrationen (Prüfgefäße und Kristallisierungsschalen);
Applikation der Prüfchemikalie in die Prüfgefäße und in die Kristallisierungsschalen: Prüfkonzentrationen, Anzahl der Replikate und Lösungsmittel (wenn benötigt);
Inkubationsbedingungen der Prüfgefäße; Temperatur, Photoperiode und Lichtintensität, Belüftung (Blasen pro Sekunde);
Inkubationsbedingungen für die Zuchtkäfige und die Kristallisierungsschalen: Temperatur, Photoperiode und Lichtintensität;
Inkubationsbedingungen für die Eigelege in den Mikrotiterplatten (oder in sonstigen Gefäßen); Temperatur, Photoperiode und Lichtintensität;
genaue Angaben zur Fütterung, einschließlich Art des Futters, Präparation des Futters, Futtermenge und Fütterungssystem.

Ergebnisse:

nominelle Prüfkonzentrationen, gemessene Prüfkonzentrationen und Ergebnisse sämtlicher Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen und in den Kristallisierungsschalen;
Qualität des Wassers in den Prüfgefäßen und in den Kristallisierungsschalen, d. h. pH-Wert, Temperatur, Gehalt an gelöstem Kohlenstoff, Härte und Ammoniakgehalt;
gegebenenfalls Ausgleich von Verdunstungsverlusten in den Prüfgefäßen;
Anzahl der geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken pro Gefäß und pro Tag (1. und 2. Generation);
Geschlechterverhältnis der vollständig geschlüpften und lebenden Mücken pro Prüfkonzentration (1. und 2. Generation);
Anzahl der Larven pro Gefäß, die sich nicht zu Mücken entwickelt haben (1. und 2. Generation);
Prozentanteil/Anteil Schlupf pro Replikat und Prüfkonzentration (männliche und weibliche Mücken gepoolt; 1. und 2. Generation);
mittlere Entwicklungsrate von voll entwickelten und lebenden Mücken pro Replikat und Prüfkonzentration (männliche und weibliche Mücken getrennt und gepoolt; 1. und 2. Generation);
Anzahl der in den Kristallisierungsschalen gelegten Eigelege pro Zuchtkäfig und Tag;
Merkmale der einzelnen Eigelege (Größe, Form und Fertilität);
Fekundität — Gesamtzahl der Eigelege pro Gesamtzahl der in den Zuchtkäfig eingesetzten Weibchen;
Fertilität — Gesamtzahl der befruchteten Eigelege pro Gesamtzahl der in den Zuchtkäfig eingesetzten Weibchen;
Schätzung der toxischen Endpunkte, z. B. ECx (und dazugehörige Konfidenzintervalle) und NOEC unter Angabe der zu ihrer Bestimmung verwendeten statistischen Methoden;
Diskussion der Ergebnisse einschließlich aller Auswirkungen auf das Testergebnis, die auf Abweichungen von dieser Prüfmethode zurückzuführen sind.

LITERATUR

(1) Kapitel C.28 dieses Anhangs, „Chironomiden-Toxizitätstest in Sediment-Wasser-Systemen mit gespiktem Wasser“.

(2) Shobanov, N.A., Kiknadze, I.I., und M.G. Butler (1999), Palearctic and Nearctic Chironomus (Camptochironomus) tentans Fabricius are different species (Diptera: Chironomidae). Entomologica Scandinavica, 30: 311–322.

(3) Fleming, R., et al. (1994), Sediment Toxicity Tests for Poorly Water-Soluble Substances, Final Report to the European Commission, Report No: EC 3738. August 1994. WRc, UK.

(4) SETAC (1993), Guidance Document on Sediment toxicity Tests and Bioassays for Freshwater and Marine Environments, WOSTA-Workshop in den Niederlanden.

(5) ASTM International (2009), E1706-05E01: Test Method for Measuring the Toxicity of Sediment-Associated Contaminants with Freshwater Invertebrates, In: Annual Book of ASTM Standards, Volume 11.06, Biological Effects and Environmental Fate; Biotechnology. ASTM International, West Conshohocken, PA.

(6) Environment Canada (1997), Test for Growth and Survival in Sediment using Larvae of Freshwater Midges (Chironomus tentans or Chironomus riparius), Biological Test Method, Report SPE 1/RM/32, Dezember 1997.

(7) US-EPA (2000), Methods for Measuring the Toxicity and Bioaccumulation of Sediment-associated Contaminants with Freshwater Invertebrates, Second edition, EPA 600/R-99/064, März 2000, Änderung der ersten Fassung, Juni 1994.

(8) US-EPA/OPPTS 850.1735 (1996), Whole Sediment Acute Toxicity Invertebrates.

(9) US-EPA/OPPTS 850.1790 (1996), Chironomid Sediment toxicity Test.

(10) Milani, D., Day, K.E., McLeay, D.J., und R.S. Kirby (1996), Recent intra- and inter-laboratory studies related to the development and standardisation of Environment Canada's biological test methods for measuring sediment toxicity using freshwater amphipods (Hyalella azteca) and midge larvae (Chironomus riparius), Technical Report, Environment Canada, National Water Research Institute, Burlington, Ontario, Kanada.

(11) Norberg-King, T.J., Sibley, P.K., Burton, G.A., Ingersoll, C.G., Kemble, N.E., Ireland, S., Mount, D.R., und C.D. Rowland (2006), Interlaboratory evaluation of Hyalella azteca and Chironomus tentans short-term and long-term sediment toxicity tests, Environ. Toxicol. Chem., 25: 2662-2674.

(12) Taenzler, V., Bruns, E., Dorgerloh, M., Pfeifle, V., und L. Weltje (2007), Chironomids: suitable test organisms for risk assessment investigations on the potential endocrine-disrupting properties of pesticides, Ecotoxicology, 16: 221-230.

(13) Sugaya, Y. (1997), Intra-specific variations of the susceptibility of insecticides in Chironomus yoshimatsui, Jp. J. Sanit. Zool., 48: 345-350.

(14) Kawai, K. (1986), Fundamental studies on chironomid allergy, I. Culture methods of some Japanese chironomids (Chironomidae, Diptera), Jp. J. Sanit. Zool., 37: 47-57.

(15) Kapitel C.27 dieses Anhangs, „Chironomiden-Toxizitätstest in Sediment-Wasser-Systemen mit gespiktem Sediment“.

(16) OECD (2000), Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures, Environment, Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 23, ENV/JM/MONO(2000)6, OECD, Paris.

(17) Weltje, L., Rufli, H., Heimbach, F., Wheeler, J., Vervliet-Scheebaum, M., und M. Hamer (2010), The chironomid acute toxicity test: development of a new test system, Integr. Environ. Assess. Management.

(18) Environment Canada. (1995), Guidance Document on Measurement of Toxicity Test Precision Using Control Sediments Spiked with a Reference Toxicant, Report EPS 1/RM/30, September 1995.

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(22) Dunnett, C.W. (1964), A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control. J. Amer. Statis. Assoc., 50: 1096-1121.

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(24) Williams, D.A. (1971), A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics, 27: 103-117.

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(30) Slob, W. (2002), Dose-response modelling of continuous endpoints. Toxicol. Sci., 66: 298-312.

(31) OECD (2006), Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application, OECD Series on Testing and Assessment No. 54, 146 S., ENV/JM/MONO(2006)18, OECD, Paris.

(32) Benoit, D.A., Sibley, P.K., Juenemann, J.L., und G.T. Ankley (1997), Chironomus tentans life-cycle test: design and evaluation for use in assessing toxicity of contaminated sediments, Environ. Toxicol. Chem., 16: 1165-1176.

(33) Vogt, C., Belz, D., Galluba, S., Nowak, C., Oetken, M., und J. Oehlmann (2007), Effects of cadmium and tributyltin on development and reproduction of the non-biting midge Chironomus riparius (Diptera) — baseline experiments for future multi-generation studies, J. Environ. Sci. Health Part A, 42: 1-9.

(34) OECD (2010), Validation report of the Chironomid full life-cycle toxicity test, Forthcoming publication in the Series on Testing and Assessment, OECD, Paris.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

Chemikalie : ein Stoff oder Gemisch.

Formuliertes Sediment oder rekonstituiertes, künstliches oder synthetisches Sediment : ein Gemisch aus Stoffen, mit denen die physikalischen Bestandteile eines natürlichen Sediments nachgeahmt werden sollen.

Überstandswasser : das im Prüfgefäß auf dem Sediment stehende Wasser.

Interstitialwasser oder Porenwasser : das Wasser in den Zwischenräumen zwischen Sedimentpartikeln bzw. zwischen Bodenpartikeln.

Dotiertes Wasser : Wasser, dem eine Prüfchemikalie hinzugefügt wurde.

Prüfchemikalie : ein beliebiger Stoff oder eine beliebige Mischung, der/die nach dieser Methode geprüft wird.

Anlage 2

Empfehlungen für die Anzucht von Chironomus riparius

1.
Für die Anzucht von Chironomus-Larven können Kristallisierungsschalen oder größere Behälter verwendet werden. Auf dem Boden des Behälters wird eine 5-10 mm dicke Schicht feiner Quarzsand aufgetragen. Kieselgur (z. B. Merck, Art 8117) hat sich ebenfalls als Substrat bewährt (eine dünnere Schicht von nur wenigen Millimetern ist ausreichend). Anschließend wird mit geeignetem Wasser auf eine Höhe von mehreren Zentimetern aufgefüllt. Soweit erforderlich ist bei Verdunstungsverlusten Wasser nachzufüllen, um ein Austrocknen zu verhindern. Nötigenfalls kann das Wasser ausgetauscht werden. Das Wasser wird leicht belüftet. Die Larvenzuchtgefäße sind in geeignete Käfige zu setzen, um zu verhindern, dass die schlüpfenden Imagines entweichen. Der Käfig muss groß genug sein (Mindestgröße ca. 30 × 30 × 30 cm), damit die geschlüpften Imagines schwärmen können. Ansonsten kommt es nicht zur Paarung.
2.
Die Käfige sind bei Raumtemperatur oder in einer Klimakammer bei 20 ± 2 °C und einer Licht-/Dunkelphase von 16:8 Std. (Lichtintensität ca. 1 000 lx) zu halten. Es wurde berichtet, dass eine relative Luftfeuchte von weniger als 60 % eine Vermehrung unterbinden kann.

Verdünnungswasser

3.
Es kann jedes natürliche oder synthetische Wasser verwendet werden. Im Allgemeinen werden Brunnenwasser, entchlortes Leitungswasser und künstliches Medium (z. B. Elendt-Medium „M4“ oder „M7“, siehe unten) verwendet. Das Wasser muss vor Verwendung belüftet werden. Soweit erforderlich kann das Anzuchtwasser durch vorsichtiges Abgießen oder Absaugen des gebrauchten Wassers aus den Prüfgefäßen erneuert werden; dabei ist darauf zu achten, dass die Wohnröhren der Larven nicht zerstört werden.

Fütterung der Larven

4.
Chironomus-Larven sind mit etwa 250 mg frischem Fischfutter (Flocken, Tetra Min®, Tetra Phyll® oder Fischfutter einer vergleichbaren Marke) pro Gefäß und Tag zu füttern. Das Futter kann als trocken gemahlenes Pulver oder suspendiert in Wasser angeboten werden (1,0 g Futterflocken mit 20 ml Verdünnungswasser zu einer homogenen Masse gemischt). Diese Zubereitung kann in 5-ml-Portionen pro Gefäß und Tag verfüttert werden (vor Gebrauch schütteln). Ältere Larven können etwas mehr Futter erhalten.
5.
Das Futter ist an die Wasserqualität anzupassen. Bei Trübung des Kulturmediums ist die Futterration zu reduzieren. Die Futterzugaben sind sorgfältig zu notieren. Zu wenig Futter kann dazu führen, dass die Larven in die Wassersäule abwandern, während zu viel Futter die mikrobielle Aktivität verstärkt und die Sauerstoffkonzentrationen verringert. In beiden Fällen kann sich das Wachstum der Organismen verlangsamen.
6.
Wenn neue Kulturgefäße angesetzt werden, können auch einige Grünalgenzellen (z. B. Scenedesmus subspicatus, Chlorella vulgaris) hinzugefügt werden.

Fütterung der geschlüpften Imagines

7.
Einige Experimentatoren empfehlen, als Futter für die geschlüpften Imagines ein mit gesättigter Zuckerlösung getränktes Wattepad zu verwenden.

Emergenz

8.
Nach ca. 13 bis 15 Tagen bei einer Temperatur von 20 ± 2 °C beginnen die Imagines in den Larvenzuchtgefäßen zu schlüpfen. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen und dem schlanken Körper zu erkennen.

Eiegelege

9.
Sobald sich Imagines in den Zuchtkäfigen befinden, sind alle Larvenzuchtgefäße dreimal wöchentlich auf gallertartige Eigelege zu kontrollieren. Vorhandene Gelege sind vorsichtig zu entnehmen und in eine kleine Schale mit einer Probe des Zuchtwassers zu geben. Mit den Eigelegen werden neue Kulturen angesetzt (z. B. 2-4 Eigelege pro Gefäß) oder Toxizitätstests durchgeführt.
10.
Nach 2-3 Tagen sollten L1-Larven schlüpfen.

Ansetzen neuer Kulturen

11.
Sobald die Zucht etabliert ist, müssten je nach Prüfungsanforderungen wöchentlich oder weniger häufig frische Kulturen angesetzt und die älteren Prüfgefäße nach dem Schlüpfen der Imagines entfernt werden können. So sind bei geringem Aufwand ständig neue Imagines verfügbar.

Zubereitung der Prüflösungen M4 und M7

12.
Das Medium M4 wurde von Elendt (1990) beschrieben. Das Medium M7 wird wie das Medium M4 zubereitet, mit Ausnahme der in Tabelle 1 angegebenen Stoffe, deren Konzentration bei M7 viermal niedriger ist als bei M4. Die Prüflösungen werden nicht nach den Anweisungen von Elendt und Bias (1990) zubereitet, da die für die Zubereitung der Stammlösungen angegebenen Konzentrationen von NaSiO3 · 5H2O, NaNO3, KH2PO4 und K2HPO4 für diesen Test nicht geeignet sind.

Herstellung des M7-Mediums

13.
Zunächst wird jede Stammlösung (I) einzeln zubereitet; diese Stammlösungen (I) werden anschließend zu einer kombinierten Stammlösung (II) zusammengegossen (siehe Tabelle 1). 50 ml der kombinierten Stammlösung (II) und die in Tabelle 2 angegebenen jeweiligen Mengen der Makronährstoff-Stammlösung werden zur Herstellung des M7-Mediums mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt. Durch Zugabe von drei Vitaminen gemäß Tabelle 3 zu entionisiertem Wasser wird eine kombinierte Vitamin-Stammlösung hergestellt, von der 0,1 ml vor der Verwendung dem fertigen M7-Medium zugesetzt werden. Die Vitaminstammlösung wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt. Das Medium wird belüftet und stabilisiert.



Tabelle 1

Stammlösungen der Spurenelemente für das M4- und das M7-Medium

Stammlösungen (I)Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wirdHerstellung der kombinierten Stammlösung (II): Folgende Mengen (ml) der Stammlösungen (I) werden gemischt und mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt.Endkonzentrationen der Prüflösungen (mg/l)
M4M7M4M7
H3BO3 (1)57 190 1,00,252,860,715
MnCl2 · 4H2O (1)7 210 1,00,250,3610,090
LiCl (1)6 120 1,00,250,3060,077
RbCl (1)1 420 1,00,250,0710,018
SrCl2 · 6H2O (1)3 040 1,00,250,1520,038
NaBr (1)3201,00,250,0160,004
Na2MoO4 · 2H2O (1)1 260 1,00,250,0630,016
CuCl2 · 2H2O (1)3351,00,250,0170,004
ZnCl22601,01,00,0130,013
CaCl2 · 6H2O2001,01,00,0100,010
KI651,01,00,00330,0033
Na2SeO343,81,01,00,00220,0022
NH4VO311,51,01,00,000580,00058
Na2EDTA · 2H2O (1) (2)5 000 20,05,02,50,625
FeSO4 · 7H2O (1) (2)1 991 20,05,01,00,249

(1)   Diese Stoffe sind in M4 und M7 unterschiedlich dosiert (siehe oben).

(2)   Diese Lösungen werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort autoklaviert.



Tabelle 2

Makronährstoff-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

(mg)

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Makronährstoff-Stammlösungen

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

CaCl2· 2H2O293 800 1,0293,8
MgSO4 · 7H2O246 600 0,5123,3
KCl58 000 0,15,8
NaHCO364 800 1,064,8
NaSiO3 · 9H2O50 000 0,210,0
NaNO32 740 0,10,274
KH2PO41 430 0,10,143
K2HPO41 840 0,10,184



Tabelle 3

Vitamin-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

(mg)

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Vitamin-Stammlösung

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

Thiaminhydrochlorid7500,10,075
Cyanocobalamin (B12)100,10,0010
Biotin7,50,10,00075

LITERATUR

BBA (1995), Long-term toxicity test with Chironomus riparius: Development and validation of a new test system, Hrsg. M. Streloke und H. Köpp. Berlin.

Elendt, B.P. (1990), Selenium deficiency in Crustacea, Protoplasma, 154: 25-33.

Elendt, B.P., und W.-R. Bias (1990), Trace nutrient deficiency in Daphnia magna cultured in standard medium for toxicity testing, Effects on the optimisation of culture conditions on life history parameters of D. magna, Water Research, 24: 1157-1167.

Anlage 3

Zubereitung des formulierten Sediments

ZUSAMMENSETZUNG DES SEDIMENTS

Das formulierte Sediment setzt sich wie folgt zusammen:



BestandteilBeschreibung% der Trockenmasse des Sediments
TorfSphagnum-Torf, ph-Wert möglichst 5,5-6,0, ohne sichtbare Pflanzenreste, fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und luftgetrocknet4-5
QuarzsandPartikelgröße: > 50 % der Partikel 50-200 μm75-76
Kaolin-TonKaolinitgehalt ≥ 30 %20
Organischer KohlenstoffEingestellt durch Zugabe von Torf und Sand2 (± 0,5)
CalciumcarbonatCaCO3, pulverisiert, chemisch rein0,05-0,1
WasserLeitfähigkeit ≤ 10 μS/cm30-50

ZUBEREITUNG

Der Torf wird luftgetrocknet und zu feinem Pulver zermahlen. Mit entionisiertem Wasser wird in einer leistungsstarken Homogenisiereinrichtung eine Suspension der erforderlichen Menge an Torfpulver hergestellt. Der pH-Wert dieser Suspension wird mit CaCO3 auf 5,5 ± 0,5 eingestellt. Diese Suspension wird bei 20 ± 2 °C für mindestens zwei Tage unter sanftem Rühren konditioniert, um den pH-Wert zu stabilisieren und eine Etablierung der mikrobiellen Fauna zu ermöglichen. Der pH-Wert wird erneut bestimmt und muss bei 6,0 ± 0,5 liegen. Nun werden die übrigen Komponenten (Sand und Kaolin-Ton) sowie entionisiertes Wasser zur Torf-Wasser-Suspension hinzugegeben und zu einem homogenen Sediment vermischt, dessen Wassergehalt 30-50 % der Trockenmasse des Sediments betragen sollte. Der pH-Wert der fertigen Mischung wird erneut gemessen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,5-7,5 eingestellt. Anhand von Sedimentproben werden die Trockenmasse und der Gehalt an organischem Kohlenstoff bestimmt. Es wird empfohlen, das formulierte Sediment vor der Verwendung in einem Chironomiden-Toxizitätstest sieben Tage unter denselben Bedingungen wie sie im anschließenden Test vorherrschen, zu konditionieren.

LAGERUNG

Die trockenen Bestandteile für die Zubereitung des künstlichen Sediments können an einem trockenen und kühlen Ort bei Raumtemperatur gelagert werden. Das formulierte (feuchte) Sediment darf vor seiner Verwendung im Prüfversuch nicht gelagert werden. Es ist unmittelbar nach Ablauf der siebentägigen Konditionierung, mit der die Zubereitung abschließt, zu verwenden.

LITERATUR

OECD (1984), Earthworm, Acute Toxicity Test, Test Guideline No. 207, Guidelines for the Testing of Chemicals, OECD, Paris.

Meller, M., Egeler, P., Roembke, J., Schallnass, H., Nagel, R., und B. Streit (1998), Short-term toxicity of lindane, hexachlorobenzene and copper sulfate on tubificid sludgeworms (Oligochaeta) in artificial media, Ecotox. Environ. Safety, 39: 10-20.

Anlage 4

Chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers



BESTANDTEILEKONZENTRATIONEN
Partikel< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen< 2 mg/l
Nicht ionisiertes Ammonium< 1 μg/l
Härte in CaCO3< 400 mg/l (*1)
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden und polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l
(*1)   Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfchemikalie vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden. (In diesem Fall ist das Elendt-Medium M4 zu vermeiden.)

Anlage 5

Leitlinien zur Durchführung des Tests

Zuchtkäfig (Beispiel):

A:Gaze-Abdeckung oben und mindestens auf einer Seite (Maschenweite ca. 1 mm)
B:Öffnung zum Einsetzen der Imagines in den Zuchtkäfig und zur Entnahme der gelegten Eigelege aus den Kristallisierungsschalen (in dieser Abbildung nicht dargestellt)
C:Mindestabmessungen der Zuchtkäfige (L × H × B): 30 cm × 30 cm × 30 cm

Prüfgefäß (Beispiel):

A:Pasteur-Pipette zur Belüftung des Überstandswassers
B:Glasdeckel, damit die Imagines das Gefäß nicht verlassen
C:Überstandswasser
D:Prüfgefäß (Becherglas mit einem Fassungsvermögen von mindestens 600 ml)
E:Sedimentschicht

Absaugvorrichtung zur Extraktion von Imagines (Luftdurchfluss in Pfeilrichtung):

A:Glasrohr (Innendurchmesser ca. 5 mm), mit einer selbstansaugenden Pumpe verbunden
B:Korken aus vulkanisiertem Kautschuk, durch den das Glasrohr (A) geführt wird; innen ist die Öffnung des Glasrohrs (A) mit etwas Watte und einer Gaze (Maschenweite ca. 1 mm2) verschlossen, damit die in die Vorrichtung eingesaugten Mücken nicht beschädigt werden.
C:transparentes Behältnis (Kunststoff oder Glas, Länge ca. 15 cm) für die extrahierten Mücken
D:Korken aus vulkanisiertem Kautschuk, durch den ein Rohr (E) geführt wird; um die Mücken in den Zuchtkäfig zu entlassen, wird der Korken (D) aus dem Behältnis (C) gezogen.
E:Rohr (Kunststoff oder Glas, Innendurchmesser ca. 8 mm) zur Aufnahme der Imagines aus dem Gefäß

Schematische Darstellung eines Lebenszyklustests:

A:1. Generation — Prüfgefäße mit einem Sediment-Wasser-System, acht Replikate, 20 L1-Larven pro Gefäß
B:vier Prüfgefäße pro Zuchtkäfig, A und B
C:Zuchtkäfige (A und B) zur Förderung der Schwarmbildung, der Paarung und der Eiablage
D:Kristallisierungsschalen zur Ablage der Eigelege
E:Mikrotiterplatten, für jedes Eigelege jeweils eine Vertiefung
F:2. Generation — Prüfgefäße mit einem Sediment-Wasser-System, acht Replikate, 20 L1-Larven pro Gefäß.

C.41.   FISH SEXUAL DEVELOPMENT TEST (TEST ZUR GESCHLECHTSENTWICKLUNG BEI FISCHEN)

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 234 (2011). Sie beruht auf dem 1998 gefassten Beschluss, neue Prüfmethoden zur Untersuchung und zum Testen von Stoffen mit potenziell endokriner Wirkung zu entwickeln bzw. bestehende Methoden zu aktualisieren. Der Test zur Geschlechtsentwicklung bei Fischen — Fish Sexual Development Test (FSDT) — wurde als viel versprechende Methode zur Berücksichtigung eines empfindlichen Stadiums im Lebenszyklus von Fischen bewertet, die gleichermaßen auf östrogen und auf androgen wirkende Chemikalien anspricht. Die Prüfmethode wurde in den Jahren 2006 bis 2010 einem Ringtest unterzogen, in dem Japanische Reiskärpflinge (Oryzias latipes), Zebrabärblinge (Danio rerio) und Dreistachlige Stichlinge (Gasterosteus aculeatus) vollständig und Dickkopfelritzen (Pimephales promelas) teilweise validiert wurden (41)(42)(43). Das hier beschriebene Protokoll umfasst Japanische Reiskärpflinge (Medakas), Dreistachlige Stichlinge und Zebrabärblinge. Das Protokoll ist im Prinzip eine Verlängerung der OECD-Prüfrichtlinie 210, Fish, Early Life Stage Toxicity Test (FELS-Test) (1); die Exposition wird fortgesetzt, bis die sexuelle Differenzierung erfolgt ist, d. h. bei Japanischen Reiskärpflingen, bei Dreistachligen Stichlingen und bei Zebrabärblingen etwa 60 Tage nach dem Schlüpfen (wobei die Expositionsdauer bei anderen künftig zu validierenden Arten noch länger oder kürzer sein kann); außerdem werden endokrinsensitive Endpunkte einbezogen. Im FSDT werden Wirkungen in frühen Lebensstadien und potenzielle nachteilige Folgen mutmaßlich endokrin wirkender Chemikalien (z. B. Östrogene, Androgene und Steroidogenese-Inhibitoren) auf die Geschlechtsentwicklung beurteilt. Aufgrund der Kombination der beiden wesentlichen endokrin relevanten Endpunkte (der VTG-Konzentration und des phänotypischen Geschlechterverhältnisses) kann die Wirkungsweise der Prüfchemikalie ermittelt werden. Wegen der populationsrelevanten Änderung des phänotypischen Geschlechterverhältnisses kann der FSDT zur Gefahren- und Risikobewertung verwendet werden. Wenn der Test allerdings zur Gefahren- oder Risikobewertung durchgeführt wird, dürfen keine Stichlinge verwendet werden, weil die bislang verfügbaren Validierungsdaten gezeigt haben, dass bei dieser Art ohnehin nur selten durch die Prüfchemikalien induzierte Änderungen des phänotypischen Geschlechterverhältnisses auftreten.
2.
Gemäß dem Prüfprotokoll werden die Fische in der für die Geschlechtsentwicklung labilen Phase, in der die Fische wahrscheinlich am empfindlichsten auf Chemikalien mit endokriner Wirkung reagieren, über das Wasser Chemikalien ausgesetzt, die Einfluss auf ihre Geschlechtsentwicklung haben. Zwei wichtige Endpunkte werden als Indikatoren für mit endokrinen Wirkungen verbundene Entwicklungsstörungen bewertet: die VTG-Konzentration und das Geschlechterverhältnis; die betreffenden Daten werden durch histologische Gonadenuntersuchungen ermittelt. Histopathologische Gonadenuntersuchungen (Bewertung und Bestimmung des Entwicklungsstadiums von Oozyten und von Spermatogenesezellen) können zusätzlich durchgeführt werden. Außerdem wird möglichst eine Bestimmung des genetischen Geschlechts vorgenommen (z. B. bei Japanischen Reiskärpflingen und bei Dreistachligen Stichlingen). Die Tatsache, dass ein Marker für die Bestimmung des genetischen Geschlechts verfügbar ist, stellt insoweit einen erheblichen Vorteil dar, als sie die Aussagekraft der Statistiken zum Geschlechterverhältnis erhöht und die Erkennung einer phänotypischen Geschlechtsumkehr bei einzelnen Exemplaren ermöglicht. Weitere ebenfalls zu messende apikale Endpunkte sind die Schlupfrate, die Überlebensrate, die Länge und das Körpergewicht. Die Prüfmethode kann an andere Arten als die oben genannten angepasst werden, wenn diese Arten einer Validierung entsprechend der Validierung für den Japanischen Reiskärpfling, den Dreistachligen Stichling und den Zebrabärbling unterzogen werden, wenn die Kontrollfische am Ende des Tests sexuell differenziert sind, wenn die VTG-Werte hinreichend hoch sind, um signifikante auf die betreffende Chemikalie zurückzuführende Variationen zu erkennen und wenn die Empfindlichkeit des Prüfsystems mit Referenzchemikalien mit endokriner Wirkung ((Anti-)Östrogene, (Anti-)Androgene, Aromatasehemmer usw.) nachgewiesen wurde. Außerdem müssen sämtliche Validierungsberichte, die auf FSDT-Daten anderer Arten Bezug nehmen, von der OECD geprüft worden sein. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Ergebnis der Validierung als zufriedenstellend zu betrachten.

Ausgangserwägungen und Einschränkungen

3.
Vitellogenin (VTG) wird gewöhnlich in der Leber weiblicher oviparer Vertebraten infolge des im Blutkreislauf zirkulierenden endogenen Östrogens produziert (2). VTG ist eine Vorstufe verschiedener Eidotter-Proteine und bewegt sich, einmal in der Leber produziert, durch die Blutbahn bis zum Ovar, wo es aufgenommen und unter Entwicklung von Eiern modifiziert wird. Die VTG-Synthese erfolgt auch bei unreifen Fischen und bei adulten Männchen, wenn auch in sehr beschränktem Umfang, ist aber nachweisbar. Die Leber kann VTG aber auch aufgrund einer exogenen Östrogenstimulation synthetisieren und sekretieren (3)(4)(5).
4.
Die Messung der VTG-Konzentration ermöglicht den Nachweis von Chemikalien mit östrogener, anti-östrogener und androgener Wirkung und die Erkennung von Chemikalien, die die Steroidogenese beeinträchtigen (beispielsweise Aromatasehemmer). Der Nachweis östrogener Chemikalien kann über die VTG-Induktion bei männlichen Fischen erfolgen und wurde in peer reviewed wissenschaftlichen Veröffentlichungen umfassend dokumentiert. Außerdem wurde eine VTG-Induktion infolge der Exposition gegenüber aromatisierbaren Androgenen nachgewiesen (6)(7). Eine Reduktion des im Blutkreislauf weiblicher Tiere zirkulierenden Östrogens beispielsweise durch Hemmung der Aromatase, die endogene Androgene in natürliches öströgenes 17β-Östradiol umwandelt, bewirkt eine Verringerung der VTG-Konzentration. Anhand dieser Reduzierung der VTG-Konzentration können Chemikalien mit Aromatase hemmender Wirkung oder Steroidogenese-Inhibitoren im Allgemeinen nachgewiesen werden (33). Die biologische Relevanz der VTG-Reaktion aufgrund einer Östrogen-/Aromatasehemmung wurde nachgewissen und umfassend dokumentiert (8)(9). Allerdings kann die VTG-Produktion bei weiblichen Tieren auch durch eine allgemeine Toxizität und durch toxische Wirkungsweisen unabhängig vom endokrinen System beeinträchtigt werden.
5.
Mehrere Messverfahren wurden entwickelt und für die regelmäßige Verwendung standardisiert, um die VTG-Konzentration im Blut, in der Leber, im gesamten Körper oder in Homogenatproben aus dem Kopf-/Schwanzgewebe einzelner Exemplare zu quantifizieren. Dies gilt für Zebrabärblinge, Dreistachlige Stichlinge und Japanische Reiskärpflinge, aber auch für die nur teilweise validierte Dickkopfelritze. Zur Bestimmung der VTG-Konzentration können auch artspezifische, auf Immunchemie gestützte ELISA-Verfahren (ELISA = Enzyme-Linked Immunosorbent Assay) verwendet werden (5)(10)(11)(12)(13)(14)(15)(16). Bei Japanischen Reiskärpflingen und bei Zebrabärblingen besteht eine ausgeprägte Korrelation zwischen der im Blutplasma, in der Leber und in Homogenatproben gemessenen VTG-Konzentration, wenn auch Homogenate allerdings leicht niedrigere Werte als Plasmabestimmungen (17)(18)(19) ergeben. In Anlage 5 werden empfohlene Verfahren zur Probenahme für VTG-Analysen beschrieben.
6.
Die Änderung des phänotypischen Geschlechterverhältnisses ist ein Endpunkt für eine Geschlechtsumkehr. Grundsätzlich können Östrogene, Antiöstrogene, Androgene, Antiandrogene und die Steroidogenese hemmende Chemikalien das Geschlechterverhältnis bei in der Entwicklung befindlichen Fischen beeinträchtigen (20). Es wurde nachgewiesen, dass diese Geschlechtsumkehr nach der Exposition gegenüber einer östrogenen Chemikalie bei Zebrabärblingen teilweise reversibel ist (21); eine Geschlechtsumkehr infolge der Exposition gegenüber einer androgenen Chemikalie ist hingegen irreversibel (30). Die Geschlechter werden erfasst als weiblich, männlich, intersexuell (in einer Gonade sowohl Oozyten als auch Spermatogenesezellen) oder nicht differenziert jeweils bezogen auf ein einzelnes Exemplar und ermittelt durch histologische Untersuchung der Gonaden. Nähere Informationen sind Anlage 7 sowie dem OECD Guidance Document on the Diagnosis of Endocrine-Related Histopathology of Fish Gonads (22) zu entnehmen.
7.
Das genetische Geschlecht wird mit genetischen Markern untersucht — soweit diese bei der jeweiligen Fischart vorkommen. Bei Japanischen Reiskärpflingen sind die beiden X-Chromosome (bei weiblichen Tieren) bzw. das X- und das Y-Chromosom (bei männlichen Tieren) durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR) nachweisbar, oder das männliche Determinationsgen DMY kann wie in den Quellen (23) und (24) beschrieben analysiert werden (DMY negativ oder positiv). Beim Dreistachligen Stichling kann das genetische Geschlecht durch ein entsprechendes PCR-Verfahren bestimmt werden (siehe Anlage 10). Wenn das genetische Geschlecht individuell dem phänotypischen Geschlecht zugeordnet werden kann, hat der Test eine höhere Aussagekraft; entsprechend sollte bei Arten mit dokumentierten Markern für das genetische Geschlecht auch eine Bestimmung des genetischen Geschlechts vorgenommen werden.
8.
Die endokrine Wirksweise einer Chemikalie lässt sich durch eine Kombination der beiden wesentlichen endokrin relevanten Endpunkte (die VTG-Konzentration und das Geschlechterverhältnis) nachweisen (Tabelle1). Das Geschlechterverhältnis ist ein populationsbezogener Biomarker (25)(26), und bei einigen gut definierten Wirkungsweisen können die Ergebnisse eines Fish Sexual Development Test (FSDT) für die Gefahren- und Risikobewertung verwendet werden, wenn die zuständige Behörde diesen Ansatz als geeignet betrachtet. Diese Wirkungsweisen sind bei Östrogenen, Androgenen und bei Steroidogenesehemmern gegeben.



Tabelle 1

Reaktion der endokrin relevanten Endpunkte auf unterschiedliche Wirkungsweisen von Chemikalien

WirkungsmechanismusVTG ♂VTG ♀GeschlechterverhältnisQuellen
Schwacher Östrogenagonist↑ ♀ oder ↑ nicht diff.(27) (40)
Starker Östrogenagonist↑ ♀ oder ↑ nicht diff., kein ♂(28) (40)
Östrogenantagonist--↓ ♀, ↑ nicht diff.(29)
Androgenagonist↓ oder —↓ oder —↑ ♂, kein ♀(28) (30)
Androgenantagonist--

↑ ♀

↑ intersex.

(31)
Aromatasehemmer↓ ♀(33)
9.
Im FSDT wird die Reproduktionsphase im Lebenszyklus der Fische nicht berücksichtigt; daher sind Chemikalien, bei denen der Verdacht besteht, dass sie bereits in geringeren Konzentrationen als bei der Geschlechtsentwicklung die Reproduktionsfähigkeit beeinträchtigen, einem Reproduktionstest zu unterziehen.
10.
Begriffsbestimmungen im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode sind Anlage 1 zu entnehmen.
11.
Mit dem In-vivo-FSDT sollen Chemikalien mit androgenen und östrogenen Eigenschaften sowie Antiandrogene, Antiöstrogene und die Steroidogenese hemmende Chemikalien nachgewiesen werden. Beim FSDT wurden in den Validierungsphasen (1 und 2) östrogene, androgene und die Steroidogenese hemmende Chemikalien berücksichtigt. Die Wirkung von Östrogen- und Androgenantagonisten im FSDT wird in Tabelle 1 dargestellt; die entsprechenden Wirkmechanismen sind aber gegenwärtig noch nicht umfassend dokumentiert.

PRINZIP DER PRÜFUNG

12.
In der Prüfung werden Fische aus frisch befruchteten Eiern bis zum Abschluss der Geschlechtsdifferenzierung mindestens drei Konzentrationen der in Wasser gelösten Prüfchemikalie ausgesetzt. Wenn die Verfügbarkeit bzw. die Beschaffenheit (z. B. eine begrenzte Löslichkeit) der Prüfchemikalie dies zulassen, wird der Test in einem Durchflusssystem vorgenommen. Die Prüfung beginnt mit dem Einsetzen frisch befruchteter Eier (vor dem Blastula-Stadium) in die Versuchsbecken. Wie das Einsetzen in die Versuchsbecken erfolgt, wird in Nummer 27 für die verschiedenen Arten beschrieben. Bei den validierten Fischarten (Japanischer Reiskärpfling, Dreistachliger Stichling und Zebrabärbling) wird die Prüfung 60 Tage nach dem Schlüpfen beendet. Am Ende der Prüfung werden alle Fische getötet. Für die VTG-Analyse wird von jedem Fisch eine Probe von biologischem Material (Blutplasma oder Leber oder Kopf-/Schwanz-Homogenat) entnommen; der verbleibende Teil der Fische wird zur histologischen Gonadenuntersuchung zur Bestimmung des phänotypischen Geschlechts fixiert. Optional kann eine histopathologische Untersuchung vorgenommen werden (z. B. Entwicklungsstadium der Gonaden oder Grad der Intersexualität). Bei Arten mit geeigneten Markern (siehe Anlagen 9 und 10) wird zur Bestimmung des genetischen Geschlechts eine Probe von biologischem Material (Schwanz- oder Rückenflosse) genommen.
13.
Anlage 2 bietet einen Überblick über die Prüfbedingungen der validierten Arten (Japanischer Reiskärpfling, Dreistachliger Stichling und Zebrabärbling).

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

14.
Ergebnisse einer Prüfung der akuten Toxizität oder eines sonstigen kurzzeitigen Toxizitätstests (z. B. Prüfmethode C.14 (34) und OECD-Prüfrichtlinie 210 (1)), vorzugsweise für die in diesem Test verwendete Art, sollten vorliegen. Dafür müssen die Wasserlöslichkeit und der Dampfdruck der Prüfchemikalie bekannt und eine zuverlässige Analysemethode zur quantitativen Erfassung der Chemikalie in den Versuchsbecken mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und Nachweisgrenze verfügbar sein.
15.
Weitere hilfreiche Informationen sind die Strukturformel, die Reinheit der Chemikalie, die Stabilität in Wasser und die Lichtbeständigkeit, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit (Prüfmethode C.4) (35).

Validitätskriterien

16.
Die Prüfergebnisse sind dann akzeptabel, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die Konzentration an gelöstem Sauerstoff liegt während der gesamten Prüfung mindestens bei 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts.
Die Wassertemperaturen der Versuchsbecken dürfen sich während der Expositionsdauer zu keinem Zeitpunkt um mehr als ± 1,5 °C unterscheiden und müssen in dem Temperaturbereich liegen, der für die jeweils im Test zu verwendenden Arten vorgesehen ist (Anlage 2);
eine validierte Methode zur Analyse der Prüfchemikalie mit einer Nachweisgrenze deutlich unter der niedrigsten nominellen Konzentration muss verfügbar sein, und es müssen hinreichende Belege dafür vorliegen, dass die Konzentrationen der Prüfchemikalie in der Lösung im Bereich von ± 20 % der mittleren Messwerte aufrechterhalten wurden;
insgesamt muss die Anzahl der überlebenden befruchteten Eier in den Kontrollen sowie ggf. in den Lösungsmittelkontrollen mindestens mit den in Anlage 2 genannten Grenzwerten übereinstimmen;
die Validitätskriterien im Zusammenhang mit dem Wachstum und dem Geschlechterverhältnis am Ende des Tests beruhen auf Daten der Kontrollgruppen (gepoolte Lösungsmittel- und Wasserkontrollen bzw. — wenn beide sich erheblich unterscheiden — ausschließlich der Lösungsmittelkontrolle):

 



Japanischer ReiskärpflingZebrabärblingDreistachliger Stichling
WachstumFeuchtmasse der Fische, trockengetupft> 150 mg> 75 mg> 120 mg
Länge (Standardlänge)> 20 mm> 14 mm> 20 mm
Geschlechterverhältnis (% männliche oder weibliche Tiere)30-70 %30-70 %30-70 %
Ein verwendetes Lösungsmittel darf keine statistisch signifikante Wirkung auf das Überleben und keine endokrine oder in sonstiger Weise beeinträchtigende Wirkung auf die frühen Lebensstadien haben; dass diese Wirkungen nicht zu erwarten sind, ist anhand einer Lösungsmittelkontrolle nachzuweisen.

Wenn eine Abweichung von den Annahmekriterien des Tests festgestellt wird, sind die Konsequenzen im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Testdaten zu prüfen; die Ergebnisse dieser Prüfung sind in den Bericht aufzunehmen.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Versuchsbecken

17.
Für den Test können beliebige Becken aus Glas, Edelstahl oder sonstigem chemisch inertem Material verwendet werden. Die Kammern müssen so groß bemessen sein, dass die im Folgenden genannten Besatzkriterien erfüllt werden. Vorzugsweise werden die Versuchsbecken im Prüfbereich randomisiert aufgestellt. Eine randomisierte Aufstellung, bei der jeweils sämtliche Konzentrationen in jedem Block enthalten sind, ist gegenüber einer vollständig randomisierten Aufstellung zu bevorzugen. Die Versuchsbecken sind gegen unerwünschte Störungen abzuschirmen.

Auswahl der im Test zu verwendenden Art

18.
In Anlage 2 werden empfohlene Fischarten genannt. Die Verfahren zur Einbeziehung neuer Arten werden in Nummer 2 erläutert.

Haltung der Elternfische

19.
Nähere Informationen zur Haltung der Elternfische sind der OECD-Prüfrichtlinie 210(1) zu entnehmen. Die Elternfische sind ein- oder zweimal täglich mit geeignetem Futter zu versorgen.

Handhabung von Embryos und Larven

20.
Zunächst können Embryos und Larven in einer Hauptkammer mit kleineren Glas- oder Edelstahlkammern ausgesetzt werden, die seitlich oder auf den Stirnseiten mit einem Sieb versehen sind, damit die Prüfchemikalie hindurchströmen kann. Um einen nicht verwirbelnden Strom durch diese kleinen Versuchsbecken zu erzeugen, können die Becken an einem Arm aufgehängt werden, mit dem sie angehoben und abgesenkt werden; die Organismen befinden sich dabei ständig unter Wasser.
21.
Wenn Eibehälter, Gitter oder Siebe verwendet wurden, um die Eier im Haupt-Versuchsbecken zu halten, sind die Behälter, Gitter oder Siebe nach dem Schlüpfen der Larven zu entfernen, es sei denn die Behälter werden benötigt, um ein Verlassen der Fische aus dem großen Behälter zu verhindern. Wenn die Larven umgesetzt werden, dürfen sie nicht mit der Umgebungsluft in Berührung kommen, und die Fische dürfen nicht mit einem Netz aus den Eierbehältern entnommen werden. Wann und ob überhaupt eine Umsetzung erfolgt, hängt von der jeweiligen Art ab.

Wasser

22.
Als Testwasser ist jedes Wasser geeignet, in dem die im Test verwendete Art unter kontrollierten Bedingungen nachweislich mindestens ebenso gut wie in dem in Anlage 3 beschriebenen Wasser überlebt. Während der gesamten Testdauer muss eine konstante Wasserqualität aufrechterhalten werden. Um sicherzustellen, dass das Wasser die Testergebnisse nicht unangemessen beeinträchtigt (indem es beispielsweise mit der Prüfchemikalie reagiert) oder dass das Wasser sich nicht auf das Verhalten des Zuchtbestands auswirkt, sind regelmäßig Proben zu nehmen. Zu messen sind der gesamte organisch gebundene Kohlenstoff (TOC), die Leitfähigkeit, der pH-Wert und die suspendierten Feststoffe, beispielsweise alle drei Monate, wenn das Wasser bekanntermaßen von verhältnismäßig konstanter Qualität ist. Bei zweifelhafter Wasserqualität müssen die Anteile an Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni) sowie an wichtigen Anionen und Kationen (z. B. Ca2+, mg2+, Na+, K+, Cl– und SO42–) und Pestiziden gemessen werden. Nähere Informationen zu chemischen Analysen und zur Entnahme des Wassers sind Nummer 34 zu entnehmen.

Prüflösungen

23.
Nach Möglichkeit sollten Durchflusssysteme verwendet werden. Für Durchflusstests wird für die Versorgung der Versuchsbecken mit unterschiedlichen Konzentrationen ein System benötigt, das kontinuierlich eine Stammlösung der Prüfchemikalie abgibt und verdünnt (z. B. eine Dosierpumpe, ein Proportionalverdünner oder eine Sättigungsvorrichtung). Die Durchflussraten von Stammlösungen und Wasser sind während des Tests regelmäßig zu prüfen und dürfen während des Tests höchstens um 10 % schwanken. Ein Durchfluss entsprechend mindestens fünf Becken-Volumina in 24 Stunden hat sich als angemessen erwiesen (1). Leitungen aus Kunststoff oder aus sonstigen Materialien, die zum Teil biologisch aktive Chemikalien enthalten oder die Prüfchemikalie adsorbieren können, sind zu vermeiden.
24.
Die Stammlösung wird vorzugsweise ohne Lösungsmittel hergestellt, indem die Prüfchemikalie einfach mechanisch (z. B. durch Rühren oder mit Ultraschall) in das Wasser gemischt wird. Wenn die Prüfchemikalie in Wasser schwer löslich ist, wird verfahren, wie im OECD Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures beschrieben (36). Der Einsatz von Lösungsmitteln sollte vermieden werden, ist aber unter Umständen in Einzelfällen erforderlich, um eine Stammlösung von geeigneter Konzentration zu erzielen. In (36) werden einige geeignete Lösungsmittel genannt.
25.
Semistatische Testbedingungen sollten vermieden werden, wenn keine zwingenden Gründe im Zusammenhang mit der jeweiligen Prüfchemikalie (Stabilität, eingeschränkte Verfügbarkeit, hohe Kosten oder Risiken usw.) gegeben sind. Bei semistatischen Tests können zwei unterschiedliche Verfahren zur Erneuerung des Wassers verwendet werden. Entweder werden neue Testlösungen in sauberen Kammern hergestellt, und die überlebenden Eier und Larven werden vorsichtig in die neuen Kammern umgesetzt, oder die Testorganismen werden in den Versuchsbecken belassen, und ein Teil des Testwassers (mindestens zwei Drittel) wird täglich erneuert.

VERFAHREN

Expositionsbedingungen

Entnahme der Eier und Dauer der Prüfung

26.
Um einen Bias durch genetische Effekte zu vermeiden, werden für den Beginn des Tests Eier von mindestens drei Brutpaaren oder Gruppen entnommen, gemischt und zufällig ausgewählt. Bei Dreistachligen Stichlingen ist die Beschreibung der künstlichen Befruchtung in Anlage 11 zu beachten. Der Test sollte möglichst bald nach der Befruchtung der Eier beginnen; die Embryos werden vorzugsweise vor dem Blastula-Stadium oder zumindest möglichst bald nach diesem Stadium und spätestens 12 h nach der Befruchtung in die Testlösungen eingesetzt. Der Test wird fortgesetzt, bis die Geschlechtsdifferenzierung in der Kontrollgruppe abgeschlossen ist (bei Japanischen Reiskärpflingen, Dreistachligen Stichlingen und Zebrabärblingen 60 Tage nach dem Schlüpfen).

Besatz

27.
Zu Beginn des Tests müssen mindestens 120 befruchtete Eier pro Konzentration auf mindestens 4 Replikate verteilt werden. (Eine Aufteilung auf die Kontrollen nach dem Quadratwurzelgesetz von Penrose ist annehmbar.) Die Eier werden randomisiert (mithilfe statistischer Tabellen) auf die verschiedenen Konzentrationen verteilt. Die Besatzrate (Begriffsbestimmung siehe Anlage 1) muss so gering sein, dass ein Gehalt an gelöstem Sauerstoff von mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts ohne direkte Belüftung der Kammern aufrechterhalten werden kann. Bei Durchflusstests ist eine Besatzrate von 0,5 g/l in 24 Stunden und ständig höchstens 5 g/l Lösung zu empfehlen. Spätestens 28 Tage nach der Befruchtung sind die Fische so auf die einzelnen Replikate umzuverteilen, dass die Replikate jeweils möglichst genau die gleiche Anzahl an Fischen enthalten. Wenn es zu expositionsbedingter Mortalität kommt, ist die Anzahl der Replikate entsprechend zu reduzieren, damit die Besatzdichte immer möglichst einheitlich ist.

Licht und Temperatur

28.
Die Photoperiode und die Wassertemperatur müssen auf die jeweilige Testspezies abgestimmt sein. (Zu den Versuchsbedingungen des FSDT siehe Anlage 2.)

Fütterung

29.
Die Futterqualität und die Bereitstellung des Futters sind von entscheidender Bedeutung; für jedes Entwicklungsstadium muss das richtige Futter in den richtigen Intervallen und in hinreichender Menge angeboten werden, damit die Tiere sich normal entwickeln können. Die Fütterung erfolgt ad libitum; ein Überangebot sollte aber möglichst vermieden werden. Um ein hinreichendes Wachstum zu ermöglichen, müssen die Fische mindestens zweimal (bzw. an Wochenenden auch nur einmal) täglich gefüttert werden; zwischen den Fütterungszeiten sollten jeweils mindestens drei Stunden liegen. Nicht verzehrtes Futter und Kot sind gegebenenfalls zu entfernen, damit sich keine Verunreinigungen ansammeln. Mit zunehmender praktischer Erfahrung werden Futterqualität und Fütterungszeiten kontinuierlich optimiert, um bestmögliche Überlebens- und Wachstumsbedingungen zu erzielen. Daher müssen anerkannte Fachleute das vorgeschlagene Fütterungsprotokoll bestätigen. 24 Stunden vor Ende des Tests ist die Fütterung einzustellen. In Anlage 2 werden einige Beispiele für geeignetes Futter genannt (siehe auch OECD-Rahmenleitlinien für Fischtests) (39).

Prüfkonzentrationen

30.
Die Prüfchemikalien sind in den in Anlage 4 genannten Konzentrationen zu verwenden. Bei mindestens vier Replikaten sind mindestens drei Prüfkonzentrationen zu verwenden. Die Kurve der LC50-Werte im Verhältnis zur Expositionsdauer in den verfügbaren akuten Toxizitätstests ist bei der Auswahl des Spektrums der Prüfkonzentrationen zu berücksichtigen. Wenn die Daten zur Risikobewertung verwendet werden sollen, werden fünf Prüfkonzentrationen empfohlen.
31.
Konzentrationen von mehr als 10 % des LC50-Werts für akute Toxizität bei adulten Tieren bzw. von mehr als 10 mg/l brauchen nicht geprüft zu werden. (Maßgeblich ist der jeweils niedrigere Wert.) Die maximale Prüfkonzentration sollte bei 10 % des LC50-Wertes für die Larven/juvenilen Tiere liegen.

Kontrollgefäße

32.
Zusätzlich zu den Prüfkonzentrationen werden eine Kontrolle mit Wasser (≥ 4 Replikate) sowie gegebenenfalls eine Lösungsmittelkontrolle (≥ 4 Replikate) benötigt. Im Test sind ausschließlich Lösungsmittel zu verwenden, die nachweislich keine statistisch signifikante Wirkung auf die Endpunkte des Tests haben.
33.
Wenn ein Lösungsmittel verwendet wird, darf die Endkonzentration nicht mehr als 0,1 ml/l (36) betragen; außerdem muss die Konzentration in allen Versuchsbecken mit Ausnahme der Kontrolle mit dem Wasser gleich sein. Allerdings sollte die Verwendung der Lösungsmittel möglichst unbedingt vermieden werden, und die Konzentrationen der Lösungsmittel sollten auf ein Minimum begrenzt werden.

Häufigkeit der analytischen Bestimmungen und Messungen

34.
Vor Beginn des Tests ist durch chemische Analysen der Konzentrationen der Prüfchemikalie zu prüfen, ob die Validitätskriterien erfüllt sind. Alle Replikate sind zu Beginn und am Ende des Tests einzeln zu analysieren. Pro Prüfkonzentration wird während der Testdauer mindestens einmal wöchentlich ein Replikat analysiert; dabei sind die Replikate regelmäßig abzuwechseln (1, 2, 3, 4, 1, 2…). Wenn Proben für eine Analyse zu einem späteren Zeitpunkt aufbewahrt werden, muss die Methode zur Lagerung der Proben zuvor validiert worden sein. Um sicherzustellen, dass die zu analysierende Chemikalie tatsächlich vollständig gelöst ist, sind die Proben zu filtern (z. B. mit einer Porengröße von 0,45 μm) oder zu zentrifugieren.
35.
Während des Tests werden der gelöste Sauerstoff, der pH-Wert, die Gesamthärte, die Leitfähigkeit, der Salzgehalt (soweit von Bedeutung) und die Temperatur in allen Becken gemessen. Der Anteil an gelöstem Sauerstoff, der Salzgehalt (soweit von Bedeutung) und die Temperatur sind mindestens wöchentlich und der pH-Wert, die Leitfähigkeit und die Härte jeweils zu Beginn und am Ende des Tests zu messen. Die Temperatur sollte vorzugsweise in mindestens einem Prüfgefäß kontinuierlich überwacht werden.
36.
Die Ergebnisse sollten auf gemessene Konzentrationen bezogen werden. Wenn die Konzentration der gelösten Prüfchemikalie während der gesamten Testdauer zufriedenstellend aufrechterhalten wurde (± 20 % der nominellen Konzentration), können auch die Nennwerte oder die gemessenen Werte zugrunde gelegt werden.

Beobachtungen und Messungen

Embryonale Entwicklungsstadien

37.
Die Exposition beginnt möglichst bald nach der Befruchtung, vor dem Balstula -Stadium und spätestens 12 h nach der Befruchtung, damit eine Exposition auch bereits im frühen Embryonalstadium gegeben ist.

Schlupfrate und Überlebensrate

38.
Mindestens einmal täglich wird geprüft, ob Jungtiere geschlüpft sind und wie viele noch leben; die entsprechenden Zahlen werden protokolliert. Tote Embryos, Larven und juvenile Fische sind möglichst zu entfernen, nachdem sie bemerkt wurden; sonst könnten sie sich rasch zersetzen und unter Einwirkung der übrigen Fische zerstört werden. Beim Entfernen toter Tiere ist mit höchster Sorgfalt vorzugehen, damit andere Eier bzw. Larven (die äußerst empfindlich sind) nicht durch Stöße oder auf sonstige Weise mechanisch beschädigt werden. Je nach Lebensstadium gibt es unterschiedliche Kriterien für die Mortalität:
Eier: insbesondere in den frühen Stadien eine ausgeprägte Verringerung der Lichtdurchlässigkeit sowie Farbänderungen durch Koagulation und/oder ausgefällte Proteine und entsprechend weißliches und opakes Aussehen der Eier;
Larven und juvenile Fische: Unbeweglichkeit und/oder Fehlen von Atembewegungen und/oder Herzschlägen und/oder opake weiße Verfärbung des zentralen Nervensystems und/oder fehlende Reaktion auf mechanische Reize.

Anomales Aussehen

39.
Die Anzahl der Larven oder Fische mit anomaler Körperform ist zu protokollieren; außerdem ist die Art der Anomalität zu beschreiben. Anomale Embryos und Larven kommen auch natürlich vor und können in den Kontrollen bei einigen Arten im Bereich von mehreren Prozent liegen. Anomale Tiere sind erst nach dem Tod aus den Becken zu entfernen. Nach Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere sind diese Tiere jedoch wie in Nummer 44 beschrieben zu betäuben und zu töten, wenn die Anomalien, Schmerzen, Leiden oder Stressbelastung oder anhaltende Schäden zur Folge haben und der Tod der Tiere zuverlässig absehbar ist; in der Datenanalyse sind die Tiere dann als gestorben zu behandeln.

Anomales Verhalten

40.
Festgestellte Anomalien (z. B. Hyperventilation, unkoordiniertes Schwimmverhalten, untypisch ruhiges Verhalten und untypisches Fressverhalten) sind zu protokollieren.

Gewicht

41.
Am Ende des Tests werden alle überlebenden Fische getötet (betäubt, wenn Blutproben genommen werden müssen); anschließend wird jeweils die Feuchtmasse (trockengetupft) gemessen.

Länge

42.
Am Ende des Tests ist die Länge (Standardlänge) der einzelnen Fische zu messen.
43.
Aufgrund dieser Beobachtungen können die folgenden Daten teilweise oder vollständig in den Berichten erfasst werden:
kumulative Mortalität;
Anzahl gesunder Fische am Ende des Tests;
Dauer des Schlupfprozesses (Beginn und Ende);
Länge und Gewicht der überlebenden Tiere;
Anzahl der Larven mit Fehlbildungen;
Anzahl der Fische mit Verhaltensauffälligkeiten.

Entnahme von Fischen

44.
Das Beproben der Fische wird am Ende des Tests durchgeführt. Die Fische werden z. B. mit MS-222 (100-500 mg/l gepuffert mit 200 mg NaHCO3/l) oder mit FA-100 (4-Allyl-2-methoxyphenol: Eugenol) getötet und einzeln gemessen und gewogen (Feuchtmasse, trockengetupft) bzw. betäubt, wenn eine Blutprobe genommen werden soll (siehe Nummer 49).

Probenahme für die VTG-Analyse und für die Geschlechtsbestimmung durch histologische Untersuchung

45.
Zur Probenahme sind alle Fische zu entnehmen und für die VTG-Analyse und die Geschlechtsbestimmung vorzubereiten. Zur Geschlechtsbestimmung werden alle Fische histologisch untersucht. Für die VTG-Messungen ist eine Teilprobe von mindestens 16 Fischen aus den einzelnen Replikaten annehmbar. Wenn die Ergebnisse der Teilproben sich als nicht eindeutig herausstellen, ist eine größere Anzahl an Fischen einer VTG-Analyse zu unterziehen.
46.
Die Verfahren zur Probenahme für VTG-Analysen und Geschlechtsbestimmungen hängen von der jeweils eingesetzten Methode zur VTG-Analyse ab:

VTG-Analyse mit der Kopf-/Schwarz-Homogenat-Methode

47.
Die Fische werden getötet. Kopf und Schwanz werden jeweils durch Schnitte unmittelbar hinter den Brustflossen und unmittelbar hinter der Rückenflosse mit einem scharfen Skalpell vom Körper getrennt (siehe Abbildung 1). Köpfe und Schwänze der Fische werden gepoolt, gewogen, einzeln nummeriert, in flüssigem Stickstoff gefroren und bei mindestens – 70 °C zur VTG-Analyse aufbewahrt. Der Körper der Fische wird ebenfalls nummeriert und in einer geeigneten Fixierlösung zur histologischen Untersuchung fixiert (22). Bei dieser Methode wird jedes einzelne Exemplar einer VTG-Analyse und einer histopathologischen Untersuchung unterzogen; eine mögliche Änderung des VTG-Wertes kann dann in Beziehung zum phänotypischen oder zum genotypischen Geschlecht (Japanischer Reiskärpfling und Dreistachliger Stichling) gesetzt werden. Weitere Informationen sind den Leitlinien zur Homogenisierung (Anlage 5) sowie den Leitlinien für eine quantitative Bestimmung des VTG-Wertes (Anlage 6) zu entnehmen.

VTG-Analyse mit der Leber-Homogenat-Methode

48.
Die Fische werden getötet. Die Leber wird herauspräpariert und bei mindestens – 70 °C gelagert. Empfohlene Verfahren zum Herauspräparieren und zur Vorbehandlung der Leber sind OECD-Prüfrichtlinie 229 (37) oder OECD-Prüfrichtlinie 230 zu entnehmen (38). Anschließend werden die Lebern einzeln homogenisiert, wie in den OECD-Prüfrichtlinien 229 oder 230 beschrieben. Der Überstand wird zur VTG-Messung mit einem homologen ELISA-Verfahren entnommen. (Ein Beispiel für die quantitative Bestimmung bei Zebrabärblingen wird in Anlage 6 beschrieben; die quantitative Bestimmung beim Japanischen Reiskärpfling wird in der OECD-Prüfrichtlinie 229 (37) erläutert.) Bei diesem Verfahren können auch Daten zu einzelnen Fischen sowohl aus der VTG-Analyse als auch aus der histologischen Gonadenuntersuchung ermittelt werden.

VTG-Analyse mit der Blutplasma-Methode

49.
Den betäubten Fischen wird mit einer Herzpunktion oder durch einen Schnitt in die Schwanzvene oder in den Schwanz Blut entnommen; das Blut wird zur Plasmagewinnung bei 4 °C zentrifugiert. Bis zur Verwendung wird das Plasma bei mindestens – 70 °C gelagert. Die Fische werden getötet und zur histologischen Untersuchung fixiert. Die Plasmaproben und die Fische werden einzeln nummeriert, um VTG-Konzentrationen dem Geschlecht der Fische zuordnen zu können.

Abbildung 1
Sezieren der Fische zur VTG-Messung an einem Kopf-/Schwanz-Homogenat und zur histologischen Analyse des mittleren Abschnitts

Bestimmung des genetischen Geschlechts

50.
Von einzelnen Fischen von Arten mit geeigneten Markern wird eine biologische Probe zur Bestimmung des genetischen Geschlechts entnommen. Bei Japanischen Reiskärpflingen werden die Afterflosse und die Rückenflosse verwendet. Eine detaillierte Beschreibung einschließlich Erläuterungen zur Entnahme von Gewebeproben und zur Geschlechtsbestimmung mit einem PCR-Verfahren (PCR = Polymerase-Kettenreaktion) ist Anlage 9 zu entnehmen. Die Entnahme von Gewebeproben und die Geschlechtsbestimmung durch PCR bei Dreistachligen Stichlingen werden in Anlage 10 beschrieben.

VTG-Messung

51.
Die Messung der VTG-Konzentration muss auf einer quantitativen und einer analytisch validierten Methode bestehen. Informationen zur Intra- und Inter-Assay-Variabilität der Methode sollten verfügbar sein. Ursache der Intra- und Inter-Assay-Variabilität sind (sehr wahrscheinlich) die verschiedenen Entwicklungsstadien der Fischpopulation. Angesichts der Variabilität bei den VTG-Messungen sind allein mit diesem Endpunkt ermittelte NOECs mit erheblicher Vorsicht zu bewerten. Die Bewertung der VTG-Produktion bei der in diesem Test berücksichtigten Fischart kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Ein sowohl verhältnismäßig empfindliches als auch hinreichend spezifisches Messverfahren besteht in der Bestimmung von Proteinkonzentrationen mit einem ELISA-Verfahren (ELISA = Enzyme-Linked Immuno Sorbent Assay). Im Test sind homologe Antikörper (gebildet gegen VTG der jeweiligen Art) sowie die wichtigsten homologen Standards zu verwenden.

Geschlechtsbestimmung

52.
Je nach Probenahmeverfahren bei VTG-Bestimmungen wird der gesamte Fisch oder der verbleibende mittlere Abschnitt der einzelnen Fische in eine bereits gekennzeichnete Bearbeitungskassette gelegt und in einer geeigneten Lösung zur histologischen Geschlechtsbestimmung (sowie optional auch zur Bewertung des Entwicklungszustands der Gonaden) fixiert. Nähere Informationen zum Fixieren und zum Einbetten sind Anlage 7 sowie dem OECD Guidance Document on the Diagnosis of Endocrine-Related Histopathology of Fish Gonads (22) zu entnehmen. Nach der Vorbereitung wird der Fisch in Paraffinblöcke eingebettet. Die einzelnen Tiere sind der Länge nach in einen Paraffinblock zu legen. Von jedem Fisch werden mindestens sechs Längsschnitte (mit einer Stärke von 3-5 μm) in der Frontalebene einschließlich des Gewebes aus beiden Gonaden hergestellt. Diese Schnitte sollten im Abstand von etwa 50 μm bei männlichen Tieren und von 250 μm bei weiblichen Tieren erfolgen. Da jeder Block häufig sowohl männliche als auch weibliche Tiere enthält (wenn in einen Block mehrere Fische eingebettet wurden), sollte der Abstand zwischen den einzelnen Schnitten etwa 50 μm betragen, bis von jedem männlichen Exemplar mindestens sechs Schnitte aus dem Gonadengewebe hergestellt wurden. Anschließend kann der Abstand zwischen den Schnitten bis auf etwa 250 μm bei weiblichen Fischen erhöht werden. Die Schnitte werden mit Hämatoxylin und Eosin angefärbt und unter einem Lichtmikroskop unter schwerpunktmäßiger Berücksichtigung des Geschlechts (männlich, weiblich, intersexuell oder nicht differenziert) untersucht. Eine Intersexualität ist dann festzustellen, wenn bei sechs analysierten Schnitten in den Hoden mehr als ein Oozyt erkannt wird, oder wenn in den Ovarien Spermatogenesezellen nachgewiesen werden (ja/nein). Die histopathologische Untersuchung und die Bewertung des Entwicklungsstadiums von Ovarien und Hoden ist fakultativ; wenn eine Untersuchung vorgenommen wird, müssen die Ergebnisse statistisch analysiert und im Bericht erfasst werden. Bei einigen Fischarten sind die Gonadenpaare von Natur aus nicht vollständig entwickelt; diese Fische verfügen vielleicht nur über eine einzelne Gonade (z. B. Japanische Reiskärpflinge und gelegentlich Zebrabärblinge). Die entsprechenden Beobachtungen sind zu protokollieren.
53.
Zur Bestimmung des genetischen Geschlechts bei einzelnen Japanischen Reiskärpflingen wird geprüft, ob das männliche Determinationsgen DMY auf dem Y-Chromosom vorhanden ist. Das genotypische Geschlecht der Reiskärpflinge kann durch Sequenzieren des DMY-Gens aus DNA bestimmt werden, die beispielsweise aus einem Stück der After- oder der Rückflosse gewonnen wurde. Unabhängig vom Phänotyp kennzeichnet das DMY-Gen die männlichen Tiere (XY); entsprechend ist das Fehlen des DMY-Gens unabhängig vom Phänotyp als Beleg für das Vorliegen eines weiblichen Tieres (XX) anzunehmen (23). Leitlinien zur Präparation der Gewebe und zur PCR-Methode sind Anlage 9 zu entnehmen. Die Bestimmung des genetischen Geschlechts bei einzelnen Dreistachligen Stichlingen erfolgt mit einer PCR-Methode (siehe Anlage 10).
54.
Eine festgestellte Intersexualität (Begriffsbestimmung siehe Anlage 1) ist im Bericht zu vermerken.

Sekundäre Geschlechtsmerkmale

55.
Sekundäre Geschlechtsmerkmale werden bei Arten wie dem Japanischen Reiskärpfling hormonell gesteuert. Daher ist am Ende der Expositionsdauer möglichst auch das physische Aussehen der Fische zu prüfen. Bei Japanischen Reiskärpflingen reagiert die Papillenbildung im hinteren Teil der Afterflosse bei Weibchen androgensensitiv. In diesem Anhang enthält Kapitel C.37 (38) Fotos sekundärer männlicher Geschlechtsmerkmale und maskulinisierter Weibchen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

56.
Wichtig ist, dass der Endpunkt mit dem gültigen statistischen Test mit der höchsten Aussagekraft bestimmt wird. Die Replikate werden jeweils als Versuchseinheit behandelt; Variabilität innerhalb eines Replikats ist in den statistischen Tests zu berücksichtigen. Anlage 8 enthält ein Flussdiagramm, das die Auswahl des angesichts der Merkmale der zu ermittelnden Daten jeweils am besten geeigneten statistischen Tests erleichtern soll. Das Signifikanzniveau beträgt für alle Endpunkte 0,05.

Geschlechterverhältnisse und genetisches Geschlecht

57.
Bei einer monotonen Dosis-Wirkungs-Beziehung sind die Geschlechterverhältnisse mit dem Jonckheere-Terpstra-Test (Trend-Test) im Hinblick auf signifikante Expositionswirkungen zu analysieren (NOEC-/LOEC-Ansatz). Wenn keine Monotonie festgestellt wird, kann ein paarweiser Test durchgeführt werden. Der Dunnett-Test ist bei Normalverteilung und Varianzhomogenität vorzunehmen. Bei heterogener Varianz wird der Tamhane-Dunnett-Test durchgeführt. Ansonsten ist der Exakt Mann-Whitney-Test mit Anpassung nach Bonferroni-Holm vorzunehmen. Anlage 8 enthält ein Flussidagramm mit statistischen Angaben zu den Geschlechterverhältnissen. Die Geschlechterverhältnisse sind tabellarisch als Konzentrationsverhältnisse ± Standardabweichung der männlichen, weiblichen, intersexuellen und nicht differenzierten Tiere darzustellen. Die statistische Signifikanz ist besonders hervorzuheben. Beispiele sind dem Validierungsbericht über den FSDT Phase 2 zu entnehmen (42). Das genetische Geschlecht ist als Prozentanteil der Umwandlung des phänotypischen Geschlechts bei männlichen, weiblichen, intersexuellen und nicht differenzierten Tieren zu protokollieren.

VTG-Konzentrationen

58.
VTG-Konzentrationen sind auf signifikante Expositionswirkungen zu untersuchen (NOEC-/LOEC-Ansatz). Der Dunnett-Test ist dem t-Test mit Bonferroni-Korrektur vorzuziehen. Wenn eine Bonferroni-Korrektur vorgenommen wird, ist eine Anpassung nach Bonferroni-Holm vorzuziehen. Zur Erzielung einer Normalverteilung und der nötigen Varianzhomogenität wird eine Log-Transformation der VTG-Werte vorgesehen. Wenn dann eine monoton ansteigende Dosis-Wirkungsbeziehung festgestellt werden kann, sollte anstelle aller oben genannten Tests der Jonckheere-Terpstra-Test vorgenommen werden. Wenn t-Tests oder der Dunnett-Test durchgeführt werden, können die folgenden Schritte ausgeführt werden, ohne im Rahmen einer ANOVA zunächst einen F-Test zur Prüfung auf Signifikanz durchzuführen. Nähere Informationen sind Anlage 8 zu entnehmen. Die Ergebnisse werden in einer Tabelle als mittlere Konzentrationen ± Standardabweichung für männliche, weibliche, intersexuelle und nicht differenzierte Fische getrennt dargestellt. Die statistische Signifikanz phänotypischer Weibchen und phänotypischer Männchen ist besonders hervorzuheben. Beispiele sind dem Validierungsbericht über den FSDT Phase 2 zu entnehmen (42).

Tatsächliche Konzentrationen der Prüfchemikalie

59.
Die tatsächlichen Konzentrationen der Prüfchemikalie in den Aquarien sind in den in Nummer 34 genannten Intervallen zu bestimmen. Die Ergebnisse werden in Tabellen als mittlere Konzentration ± Standardabweichung bezogen auf die Replikate sowie bezogen auf Konzentrationen unter Angabe der Anzahl der Proben erfasst; Ausreißer gegenüber der mittleren Prüfkonzentration ± 20 % sind besonders hervorzuheben. Beispiele sind dem Validierungsbericht über den FSDT Phase 2 zu entnehmen (42).

Interpretation der Ergebnisse

60.
Die Testergebnisse sind mit Vorsicht zu bewerten, wenn sich die gemessenen Konzentrationen der Prüfchemikalie in Testlösungen in der Nähe der Nachweisgrenze der jeweiligen Analysemethode bewegen.

Prüfbericht

61.
Das Prüfprotokoll enthält die folgenden Informationen:

Prüfchemikalie

relevante physikalisch-chemische Merkmale; chemischer Name; Daten u. a. zur Reinheit und zur Analysemethode zur Quantifizierung der Prüfchemikalie.

Prüfbedingungen

verwendetes Testverfahren (z. B. Durchfluss, semistatisch oder Erneuerung); Prüfprotokoll einschließlich Prüfkonzentrationen, Methode zur Herstellung der Stammlösungen (in einem Anhang), Häufigkeit der Erneuerung (wenn verwendet, sind das Lösungsmittel und die Konzentration des Lösungsmittels anzugeben);
die nominellen Prüfkonzentrationen, die Mittelwerte der gemessenen Werte und die jeweiligen Standardabweichungen in den Becken sowie die Methode zur Ermittlung dieser Werte (die verwendete Analysemethode ist in einem Anhang zu beschreiben); Nachweise dafür, dass sich die Messungen der Konzentrationen auf die vollständig gelöste Prüfchemikalie beziehen;
Wasserqualität in den Becken; pH-Wert, Härte, Temperatur und Anteil des gelösten Sauerstoffs;
detaillierte Angaben zur Fütterung (z. B. Art des Futters, Herkunft, Menge und Häufigkeit der Fütterung sowie gegebenenfalls Analysen auf Verunreinigungen (z B. PCB, PAH und chlororganische Pestizide)).

Ergebnisse

Belege dafür, dass die Kontrollen die Validitätskriterien erfüllt haben: Daten zur Schlupfrate sind in Tabellen als Prozentanteile pro Replikat und pro Konzentration anzugeben. Ausreißer bezogen auf die Validitätskriterien (in den Kontrollen) sind besonders hervorzuheben. Die Überlebensrate ist als Prozentanteil pro Replikat und pro Konzentration anzugeben. Ausreißer bezogen auf die Validitätskriterien (in den Kontrollen) sind besonders hervorzuheben.
klare Angaben der ermittelten Ergebnisse zu den verschiedenen Endpunkten: Überlebensrate der Embryos und Schlupfrate; äußerliche Anomalien; Länge und Gewicht; VTG-Messungen (ng/g Homogenat, ng/ml Plasma oder ng/mg Leber); histologische Gonadenuntersuchung, Geschlechterverhältnis; Daten zum genetischen Geschlecht; ungewöhnliche Reaktionen der Fische sowie jegliche sichtbare Wirkungen der Prüfchemikalie.
62.
Die Ergebnisse sind als Mittelwerte ± Standardabweichung (SD) bzw. Standardfehler anzugeben. Die Statistiken müssen mindestens die NOEC und die LOEC sowie die Konfidenzintervalle enthalten. Das statistische Flussdiagramm (Anlage 8) ist zu berücksichtigen.

LITERATUR

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(22) OECD (2010), Guidance Document on the Diagnosis of Endocrine-related Histopathology in Fish Gonads, Series on Testing and Assessment No. 123, ENV/JM/MONO(2010)14, OECD, Paris.

(23) Kobayashi, T., M. Matsuda, H. Kajiura-Kobayashi, A. Suzuki, N. Saito, M. Nakamoto, N. Shibata, und Y. Nagahama (2004), „Two DM domain genes, DMY and DMRT1, involved in testicular differentiation and development in the medaka, Oryzias latipes“, Developmental Dynamics 231, S. 518-526.

(24) Shinomiya, A., H. Otake, K. Togashi, S. Hamaguchi und M. Sakaizumi (2004), „Field survey of sex-reversals in the medaka, Oryzias latipes: genotypic sexing of wild populations“, Zoological Science 21, S. 613-619.

(25) Kidd, K.A., P.J. Blanchfield, K.H. Mills, V.P. Palace, R.E. Evans, J.M. Lazorchak und R.W. Flick (2007), „Collapse of a fish population after exposure to a synthetic estrogen“, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 104, S. 8897-8901.

(26) Palace,V.P., R.E. Evans, K.G. Wautier, K.H. Mills, P.J. Blanchfield, B.J. Park, C.L. Baron und K.A. Kidd (2009), „Interspecies differences in biochemical, histopathological, and population responses in four wild fish species exposed to ethynylestradiol added to a whole lake“, Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 66, S. 1920-1935.

(27) Panter, G.H., T.H. Hutchinson, K.S. Hurd, J. Bamforth, R.D. Stanley, S. Duffell, A. Hargreaves, S. Gimeno und C.R. Tyler (2006), „Development of chronic tests for endocrine active chemicals — Part 1. An extended fish early-life stage test for oestrogenic active chemicals in the fathead minnow (Pimephales promelas)“, Aquatic Toxicology 77, S. 279-290.

(28) Holbech, H., K. Kinnberg, G.I. Petersen, P. Jackson, K. Hylland, L. Norrgren und P. Bjerregaard (2006), „Detection of endocrine disrupters: Evaluation of a Fish Sexual Development Test (FSDT)“, Comparative Biochemistry and Physiology C-Toxicology & Pharmacology 144, S. 57-66.

(29) Andersen, L., K. Kinnberg, H. Holbech, B. Korsgaard und P. Bjerregaard (2004), „Evaluation of a 40 day assay for testing endocrine disrupters: Effects of an anti-estrogen and an aromatase inhibitor on sex ratio and vitellogenin concentrations in juvenile zebrafish (Danio rerio)“, Fish Physiology and Biochemistry 30, S. 257-266.

(30) Morthorst, J.E., H. Holbech und P. Bjerregaard (2010), „Trenbolone causes irreversible masculinization of zebrafish at environmentally relevant concentrations“, Aquatic Toxicology 98, S. 336-343.

(31) Kiparissis,Y., T.L. Metcalfe, G.C. Balch, and C.D. Metcalf (2003), „Effects of the antiandrogens, vinclozolin and cyproterone acetate on gonadal development in the Japanese medaka (Oryzias latipes)“, Aquatic Toxicology 63, S. 391-403.

(32) Panter, G.H., T.H. Hutchinson, K.S. Hurd, A. Sherren, R.D. Stanley und C.R. Tyler (2004), „Successful detection of (anti-) androgenic and aromatase inhibitors in pre-spawning adult fathead minnows (Pimephales promelas) using easily measured endpoints of sexual development“, Aquatic Toxicology 70, S. 11-21.

(33) Kinnberg, K., H. Holbech, G.I. Petersen und P. Bjerregaard (2007), „Effects of the fungicide prochloraz on the sexual development of zebrafish (Danio rerio)“, Comparative Biochemistry and Physiology C-Toxicology & Pharmacology 145, S. 165-170.

(34) Kapitel C.14 dieses Anhangs, Wachstumstest an Jungfischen.

(35) Kapitel C.4 in diesem Anhang, Leichte biologische Abbaubarkeit.

(36) OECD (2000), Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures, Series on Testing and Assessment No. 23, OECD, Paris.

(37) OECD (2009), Fish Short Term Reproduction Assay, Test Guideline No. 229, Guidelines for the Testing of Chemicals, OECD, Paris.

(38) Kapitel C.37 in diesem Anhang, 21-Tage-Fischtest: eine Kurzzeitprüfung auf Östrogen- und Androgenaktivität und auf Aromatasehemmung.

(39) OECD (2012), Fish Toxicity Testing Framework, Series on Testing and Assessment No. 171, OECD, Paris

(40) Schäfers, C., Teigeler, M., Wenzel, A., Maack, G., Fenske, M., Segner, H (2007), „Concentration- and time-dependent effects of the synthetic estrogen, 17 alpha-ethinylestradiol, on reproductive capabilities of the zebrafish, Danio rerio“ Journal of Toxicology and Environmental Health-Part A, 70, 9-10, S 768-779.

(41) OECD (2011), Validation Report (Phase 1) for the Fish Sexual Development Test, Series on Testing and Assessment No 141, ENV/JM/MONO(2011)22, OECD, Paris.

(42) OECD (2011), Validation Report ( Phase 2) for the Fish Sexual Development Test, Series on Testing and Assessment No 142, ENV/JM/MONO(2011)23, OECD, Paris.

(43) OECD (2011), Peer Review Report of the validation of the Fish Sexual Development Test, Series on Testing and Assessment No 143, ENV/JM/MONO(2011)24, OECD, Paris.

(44) Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere. ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 33.

Anlage 1

Abkürzungen und Begriffsbestimmungen

Apikaler Endpunkt : Punkt, an dem eine Wirkung auf Populationsebene verursacht wird.

ASV : Air Saturation Value (Luftsauerstoff-Sättigungswert)

Biomarker : Punkt, an dem eine Wirkung auf individueller Ebene verursacht wird.

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch

Dph : Days post hatch (Tage nach dem Schlüpfen)

DMY : Y-spezifisches Determinationsgen; wichtig für die Entwicklung männlicher Japanischer Reiskärpflinge

ELISA : Enzyme-Linked Immunosorbent Assay

Fischmasse : Feuchtmasse der Fische, trockengetupft

FSDT : Fish Sexual Development Test

HPG-Achse : Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse

Intersexueller Fisch : Fisch mit mehr als einem Oozyten in den Hoden bei 6 analysierten Schnitten bzw. mit Spermatogenesezellen in den Ovarien (ja/nein)

Besatzrate : Feuchtmasse eines Fischs pro Wasservolumen

MOA : Mode Of Action (Wirkmechanismus)

RT-PCR : Reverse Transcriptase Polymerase Chain-Reaction (Reverse Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion)

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Nicht differenzierter Fisch : Fisch mit Gonaden ohne identifizierbare (männlich/weiblich) Keimzellen.

VTG : Vitellogenin

Anlage 2

Versuchtsbedingungen des FSDT (Süsswasser-Arten)



1.  Empfohlene ArtenJapanischer Reiskärpfling (Oryzias latipes)Zebrabärbling (Danio rerio)Dreistachliger Stichling (Gasterostreus aculeatus)
2.  PrüftypDurchfluss oder semistatisch:Durchfluss oder semistatisch:Durchfluss oder semistatisch:
3.  Wassertemperatur25 ± 2 °C27 ± 2 °C20 ± 2 °C
4.  BeleuchtungLeuchtstofflampen (breites Spektrum)Leuchtstofflampen (breites Spektrum)Leuchtstofflampen (breites Spektrum)
5.  Lichtintensität10-20 μE/m2/s, 540-1 080 lx, oder 50-100 ft-c (Werte für Laborumgebung)10-20 μE/m2/s, 540-1 080 lx, oder 50-100 ft-c (Werte für Laborumgebung)10-20 μE/m2/s, 540-1 080 lx, oder 50-100 ft-c (Werte für Laborumgebung)
6.  Photoperiode12-16 h Licht, 8-12 h Dunkelheit12-16 h Licht, 8-12 h Dunkelheit16 h Licht, 8 h Dunkelheit
7.  Mindestgröße der AquarienDie einzelnen Aquarien müssen ein Fassungsvermögen von mindestens 7 l haben.Die einzelnen Aquarien müssen ein Fassungsvermögen von mindestens 7 l haben.Die einzelnen Aquarien müssen ein Fassungsvermögen von mindestens 7 l haben.
8.  Erneuerung der Prüflösungen (im Durchfluss)Mindestens 5-mal täglichMindestens 5-mal täglichMindestens 5-mal täglich
9.  Alter der Prüforganismen bei Beginn der ExpositionFrisch befruchtete Eier (frühes Blastula-Stadium)Frisch befruchtete Eier (frühes Blastula-Stadium)Frisch befruchtete Eier
10.  Anzahl der Eier pro BehandlungMind. 120Mind. 120Mind. 120
11.  Anzahl der BehandlungenMind. 3 (sowie entsprechende Kontrollen)Mind. 3 (sowie entsprechende Kontrollen)Mind. 3 (sowie entsprechende Kontrollen)
12.  Anzahl der Replikate pro BehandlungMind. 4 (wenn keine Aufteilung auf die Kontrollen nach dem Quadratwurzelgesetz von Penrose vorgenommen wird)Mind. 4 (wenn keine Aufteilung auf die Kontrollen nach dem Quadratwurzelgesetz von Penrose vorgenommen wird)Mind. 4 (wenn keine Aufteilung auf die Kontrollen nach dem Quadratwurzelgesetz von Penrose vorgenommen wird)
13.  FütterungsprotokollLebende Artemia, tiefgefrorene adulte Salinenkrebse, Flockenfutter usw., möglichst zweimal täglichSpezielle Jungfische, lebende Artemia, tiefgefrorene adulte Salinenkrebse, Flockenfutter usw., möglichst zweimal täglichLebende Artemia, tiefgefrorene adulte Salinenkrebse, Flockenfutter usw., möglichst zweimal täglich
14.  BelüftungKeine, wenn der Gehalt an gelöstem Sauerstoff nicht unter eine Sättigung von 60 % fälltKeine, wenn der Gehalt an gelöstem Sauerstoff nicht unter eine Sättigung von 60 % fälltKeine, wenn der Gehalt an gelöstem Sauerstoff nicht unter eine Sättigung von 70 % fällt
15.  WasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes WasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes WasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes Wasser
16.  Dauer der Exposition gegenüber der Prüfchemikalie60 Tage nach dem Schlüpfen60 Tage nach dem Schlüpfen60 Tage nach dem Schlüpfen
17.  Biologische EndpunkteSchlupfrate, Überlebensrate, Gesamtmorphologie, VTG histologische Gonadenuntersuchungen, genetisches Geschlecht, GeschlechterverhältnisSchlupfrate, Überlebensrate, Gesamtmorphologie, VTG histologische Gonadenuntersuchungen, GeschlechterverhältnisSchlupfrate, Überlebensrate, Gesamtmorphologie, VTG histologische Gonadenuntersuchungen, Geschlechterverhältnis
18.  Validitätskriterien der Prüfung bei gepoolten Replikaten der KontrollenSchlupfrate > 80 %Schlupfrate > 80 %Schlupfrate > 80 %
Überlebensrate nach dem Schlüpfen ≥ 70 %Überlebensrate nach dem Schlüpfen ≥ 70 %Überlebensrate nach dem Schlüpfen ≥ 70 %
Wachstum (Feuchtmasse der Fische, trockengetupft) > 150 mgWachstum (Feuchtmasse der Fische, trockengetupft) > 75 mgWachstum (Feuchtmasse der Fische, trockengetupft) > 120 mg
Länge (Standardlänge) > 20 mmLänge (Standardlänge) > 14 mmLänge (Standardlänge) > 20 mm

Geschlechterverhältnis (% männliche oder weibliche Fische)

30-70 %

Geschlechterverhältnis (% männliche oder weibliche Fische) 30-70 %Geschlechterverhältnis (% männliche oder weibliche Fische) 30-70 %

Anlage 3

Chemische Eigenschaften eines geeigneten Wassers



BESTANDTEILEKONZENTRATION
Partikelmaterial< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen< 2 mg/l
Nichtionisiertes Ammonium< 1 μg
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden und polychloriertem Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l

Anlage 4

Aus Prüfmethode C.14 / Leitlinien zu Prüfkonzentrationen



Spalte (Anzahl der Konzentrationen zwischen 100 und 10 oder zwischen 10 und 1) (*1)
1234567
100100100100100100100
32465663687275
10223240465256
3,2101825323742
1,04,61016222732
2,25,610151924
1,03,26,3101418
1,84,06,81013
1,02,54,67,210
1,63,25,27,5
1,02,23,75,6
1,52,74,2
1,01,93,2
1,42,4
1,01,8
1,3
1,0
(*1)   Aus einer Spalte kann eine Reihe von drei (oder mehr) aufeinanderfolgenden Konzentrationen ausgewählt werden. Die Mittelpunkte zwischen den Konzentrationen in Spalte (x) sind Spalte (2x + 1) zu entnehmen. Die aufgeführten Konzentrationen können Volumen- oder Masseprozent (mg/l oder μg/l) darstellen. Die Werte können gegebenenfalls mit jeder beliebigen Zehnerpotenz multipliziert bzw. durch sie dividiert werden. Spalte 1 kann verwendet werden, wenn erhebliche Unsicherheit hinsichtlich des Toxizitätsgrads besteht.

Anlage 5

Leitlinien zur Herstellung von Kopf- und Schwanz-Homogenaten von juvenilen Zebrabärblingen, Dickkopfelritzen, Dreistachligen Stichlingen und japanischen Reiskärpflingen

In diesem Abschnitt werden die Verfahren vor der Quantifizierung der VTG-Konzentration beschrieben. Es können jedoch auch andere Verfahren eingesetzt werden, mit denen die VTG-Konzentration in vergleichbarer Weise quantifiziert werden kann. Mit diesem Verfahren kann die VTG-Konzentration auch in Blutplasma oder in Leberpräparaten (statt in Kopf- oder Schwanz-Homogenaten) bestimmt werden.

Verfahren

1.
Die Fische werden betäubt und getötet, wie für den Test beschrieben.
2.
Kopf und Schwanz der Fische werden abgeschnitten, wie im Test erläutert. Wichtig: Jeweils nach der Präparation eines Fischs sind die Sezierinstrumente und das Sezierbrett abzuwaschen und ordnungsgemäß zu reinigen (z. B. mit 96 %igem Ethanol), um VTG-„Kontaminationen“ bei weiblichen Fischen oder Kontaminationen von induzierten Männchen auf nicht induzierte Männchen zu vermeiden.
3.
Das Gewicht der gepoolten Kopf- und Schwanz-Präparate der einzelnen Fische wird auf 1 mg genau gemessen.
4.
Nach dem Wiegen werden die Präparate in geeignete Röhrchen (z. B. 1,5 ml Eppendorf) gegeben und bei – 80 °C bis zur Homogenisierung gefroren oder unmittelbar mit zwei Kunststoff-Pistillen auf Eis homogenisiert. (Alternativ können auch andere Methoden verwendet werden, sofern sie auf Eis durchgeführt werden und eine homogene Masse entsteht.) Wichtig:Die Röhrchen sind ordnungsgemäß zu nummerieren, damit die Kopf- und Schwanz-Präparate der Fische für die histologische Gonadenuntersuchung dem jeweiligen Rumpf zugeordnet werden können.
5.
Wenn die Masse homogen ist, wird die eisgekühlte Homogenisierungs-Pufferlösung  (das 4- bis 10-Fache des Gewebegewichts) hinzugegeben. (Der Verdünnungsfaktor ist zu protokollieren.) Das Präparat wird weiter mit den Pistillen bearbeitet, bis eine homogene Mischung entstanden ist. Wichtiger Hinweis:Für jeden Fisch ist ein frisches Pistill zu verwenden.
6.
Die Proben werden bis zur Zentrifugierung (4 °C, 50 000 g, 30 Minuten) auf Eis gelegt.
7.
Mit einer Pipette werden Anteile von 20-50 μl (Volumen protokollieren) des Überstands in mindestens zwei Röhrchen gefüllt, indem die Spitze der Pipette unter die Fettschicht des Überstands getaucht und der Überstand vorsichtig eingesaugt wird, ohne jedoch Fett- oder Pelletfraktionen aufzunehmen.
8.
Die Röhrchen werden bis zur Verwendung bei – 80 °C gelagert.

Hinweis: Die Homogenisierungs-Pufferlösung ist am Tag der Herstellung zu verbrauchen. Während der Verwendung muss die Pufferlösung auf Eis gelegt werden.

Anlage 6

Leitlinien zur Bestimmung der Vitellogenin-Konzentration in Kopf- und Schwanz-Homogenaten von Zebrabärblingen (Danio rerio) (modifiziert nach Holbech et al., 2001); alternativ können auch andere Verfahren unter Verwendung homologer Antikörper und andere Standards angewendet werden.

1.
Mit 5 μg/ml Anti-Zebrabärbling-Lipovitellin-IgG beschichtete Mikrotiterplatten (zertifiziert Maxisorp F96, Nunc, Roskilde, Dänemark) werden aufgetaut und dreimal mit Waschpuffer gewaschen (*).
2.
Gereinigter Zebrabärblings-Vitellogenin-Standard  wird in einem Verdünnungspuffer (**) seriell auf 0,2, 0,5, 1, 2, 5, 10 und 20 ng/ml verdünnt; anschließend werden die Proben nochmals mindestens 200-mal in einem Verdünnungspuffer verdünnt (um Matrixeffekte zu verhindern) und in die Platten gegeben. Außerdem werden duplizierte Assay-Kontrollen hergestellt. In die Vertiefungen werden jeweils 150 μl gefüllt. Die Standards werden dupliziert und die Proben tripliziert. Die Inkubation erfolgt über Nacht bei 4 °C in einer Schüttelvorrichtung.
3.
Die Platten werden 5-mal mit Waschpuffer gewaschen (*).
4.
HRP gekoppelt an eine Dextrankette (z. B. AMDEX A/S, Dänemark) und konjugierte Antikörper werden im Waschpuffer verdünnt. Die Verdünnung ist je nach Charge und Alter unterschiedlich. In jede Vertiefung werden 150 μl gegeben; anschließend werden die Platten 1 Stunde bei Raumtemperatur in einer Schüttelvorrichtung inkubiert.
5.
Die Platten werden fünfmal mit Waschpuffer (*) gewaschen; die Unterseite der Platten wird sorgfältig mit Ethanol gereinigt.
6.
In die Vertiefungen werden jeweils 150 μl TMB plus (***) gegeben. Die Platte ist mit Alufolie gegen Lichteinfall zu schützen; in einer Schüttelvorrichtung wird die Farbentwicklung beobachtet.
7.
Wenn sich die Standardkurve vollständig entwickelt hat, wird die Enzymaktivität gestoppt, indem in die Vertiefungen jeweils 150 μl 0,2 M H2SO4 gegeben werden.
8.
Die Absorption wird bei 450 nm gemessen (z. B. auf einem Photometer für Mikrotiterplatten (Molecular Devices Thermomax Microplate Reader). Die Daten werden mit der dazugehörigen Software (z. B. Softmax) analysiert.

(*) Waschpuffer:



PBS-Stammlösung (****)500,0ml
BSA5,0g
Tween 205,0ml
Der pH-Wert wird auf 7,3 eingestellt; anschließend wird mit Millipore-H2O auf 5 l aufgefüllt. Die Proben werden bei 4 °C gelagert.

(**) Verdünnungspuffer:



PBS-Stammlösung (****)100,0ml
BSA3,0g
Tween 201,0ml
Der pH-Wert wird auf 7,3 eingestellt; anschließend wird mit Millipore-H2O auf 1 l aufgefüllt. Die Proben werden bei 4 °C gelagert.

(***) TMB plus ist ein „gebrauchsfertiges“ Substrat von KemEnTec (Dänemark). Das lichtempfindliche Substrat wird bei 4 °C gelagert.

(****) PBS-Stammlösung



NaCl160,0g
KH2PO44,0g
Na2HPO4, 2H2O26,6g
KCl4,0g
Der pH-Wert wird auf 6,8 eingestellt; anschließend wird mit Millipore-H2O auf 2 l aufgefüllt. Die Proben werden bei Raumtemperatur gelagert.

Anlage 7

Leitlinien zur Präparation von Gewebeschnitten zur Geschlechtsbestimmung und zur Beurteilung des Stadiums der Gonadenentwicklung

In diesem Abschnitt werden die Verfahren vor der Untersuchung der histologischen Schnitte beschrieben. Alternativ können auch andere Verfahren verwendet werden, mit denen eine Geschlechtsbestimmung vorgenommen und das Stadium der Gonadenentwicklung festgestellt werden kann.

Mit einigen wenigen Ausnahmen sind diese Verfahren bei Japanischen Reiskärpflingen (JMD = Japanische Medaka) und Zebrabärblingen (ZF = Zebrafish) ähnlich.

Tötung, Sektion und Gewebefixierung

Ziele:

1.
Gewährleistung einer schmerzlosen Tötung der Fische;
2.
Ermittlung der benötigten Körpergewichte und Durchführung der erforderlichen Messungen;
3.
Beurteilung sekundärer Geschlechtsmerkmale;
4.
Herstellung von Gewebesektionen für VTG-Analysen;
5.
Fixierung der Gonaden;

Verfahren:

1.
Die Fische sind unmittelbar vor der Sektion zu töten. Wenn nicht mehrere Prosektoren verfügbar sind, dürfen daher nicht mehrere Fische gleichzeitig getötet werden.
2.
Mit dem kleinen Kescher wird ein Fisch aus der Versuchskammer entnommen und in einem Transportbehältnis in den Sektionsbereich gebracht.
3.
Der Fisch wird in die Tötungslösung gesetzt. Wenn die Atmung zum Stillstand gekommen ist und der Fisch auf äußere Reize nicht mehr reagiert, wird der Fisch aus der Lösung genommen.
4.
Danach wird die Feuchtmasse des Fischs ermittelt.
5.
Für die Präparation der Gewebe zur VTG-Analyse kann der Fisch auf eine Korkplatte auf dem Tisch eines Präpariermikroskops gelegt werden.
a.
Bei Zebrabärblingen wird der Kopf unmittelbar hinter der Brustflosse und der Schwanz unmittelbar hinter der Rückenflosse abgeschnitten.
b.
Bei Japanischen Reiskärpflingen wird der Bauch mit einem sorgfältigen Schnitt entlang der Bauchmittellinie vom Schultergürtel bis zu einem Punkt unmittelbar kranial zum After aufgetrennt. Mit der kleinen Pinzette und mit einer kleinen Schere wird vorsichtig die Leber entnommen.
6.
Proben für die VTG-Analyse werden in Eppendorf-Röhrchen gegeben und umgehend in flüssigem Stickstoff gefroren.
7.
Der Fischkörper wird einschließlich der Gonaden in eine gekennzeichnete Gewebe-Kassette gelegt, die anschließend in eine Fixierlösung (Davidson oder Bouin) gestellt wird. Von der Fixierlösung wird mindestens das zehnfache Volumen des ungefähren Gewebevolumens benötigt. Das Behältnis mit der Fixierlösung wird fünf Sekunden lang vorsichtig geschüttelt, um Luftblasen vollständig aus der Kassette zu entfernen.

8.

 
a.
Alle Gewebe verbleiben über Nacht in der Davidson-Fixierlösung; am folgenden Tag werden sie in einzelne Behältnisse mit 10 %igem neutral gepuffertem Formalin gegeben. Die Behältnisse mit den Kassetten werden fünf Sekunden lang vorsichtig geschüttelt, um eine angemessene Durchdringung der Kassette mit dem Formalin sicherzustellen.
b.
Die Gewebe werden 24 h in der Bouin-Fixierlösung belassen; anschließend werden sie in 70 %iges Ethanol gelegt.

Präparation der Gewebe

Ziele:

1.
Dehydrieren der Gewebe, damit eine angemessene Durchdringung mit Paraffin ermöglicht wird;
2.
Imprägnieren der Gewebe mit Paraffin, um die Gewebe unversehrt zu konservieren und eine feste Oberfläche für die Mikrotomie zu schaffen;

Verfahren:

3.
Die gekennzeichneten Kassetten werden aus der Formalin-/Ethanol-Lösung genommen und in die Einbettungskörbe gesetzt. Diese werden in den Gewebeeinbetter gestellt.
4.
Danach wird das Einbettungsprogramm ausgewählt.
5.
Nach Abschluss des Einbettungsvorgangs können die Körbe im Aufbewahrungsbereich abgelegt werden.

Einbettung

Ziel:

Ordnungsgemäße Ausrichtung der Proben in verfestigtem Paraffin zur anschließenden Mikrotomie.

Verfahren:

1.
Die Körbe mit den Kassetten werden aus dem Gewebeeinbetter genommen und in die mit Paraffin gefüllte Frontkammer der Heizkonsole der Einbettungsstation oder separat in einen Paraffin-Erwärmer gestellt.
2.
Die erste einzubettende Kassette wird aus der Frontkammer der Heizkonsole des Paraffin-Erwärmers genommen. Der Deckel der Kassette wird geöffnet und entsorgt; die Kennzeichnung der Kassette wird mit den Daten des jeweiligen Tiers verglichen, um mögliche Diskrepanzen noch vor dem Einbetten festzustellen.
3.
Danach wird eine Einbettungsform mit geeigneter Größe ausgewählt.
4.
Die Form wird unter den Auslass der Gießkonsole gestellt und mit geschmolzenem Paraffin gefüllt.
5.
Danach wird die Probe aus der Kassette genommen und in die Form in das geschmolzene Paraffin gelegt. Dieser Vorgang wird für jede Paraffinform mit 4-8 Proben wiederholt. Die Fische werden so eingelegt, dass Fisch Nr. 1 im Winkel von 180° zu den Fischen 2-4/8 liegt.
6.
Anschließend wird weiteres Paraffin eingefüllt, bis die gesamte Probe abgedeckt ist.
7.
Die Form mit der Kassette wird auf die Abkühlplatte der Kryokonsole gestellt.
8.
Nach dem Aushärten des Paraffins wird der Block (d. h. das feste Paraffin mit den Geweben und mit der Kassette) aus der Form herausgenommen.

Mikrotomie

Ziel:

Herstellen und Aufziehen der Gewebeschnitte zur Beurteilung der Entwicklungsphasen.

Verfahren:

1.
Die Anfangsphase der Mikrotomie („Facing“) gestaltet sich wie folgt:
a.
Der Paraffinblock wird in das Spannfutter des Mikrotoms gesetzt.
b.
Das Spannfutter wird durch Drehen des Mikrotomrads vorgeschoben, und aus der Paraffinfläche des Blocks werden dicke Schnitte abgetragen, bis das Messer zu den eingebetteten Geweben gelangt.
c.
Das Mikrotom wird auf eine Schnittstärke von 3-5 μm eingestellt. Anschließend wird das Futter vorgeschoben, und aus dem Block werden mehrere Schnitte hergestellt, um bei den Grobschnitten eventuell entstandene Verunreinigungen an der Schnittfläche des Gewebes zu entfernen.
d.
Danach kann der Block aus dem Spannfutter genommen und mit der Oberseite nach unten auf Eis gelegt werden, damit das Gewebe Feuchtigkeit aufnehmen kann.
2.
In der nächsten Phase der Mikrotomie werden die endgültigen Schnitte hergestellt und die Gewebeschnitte auf Objektträger aufgezogen. Diese Schritte werden wie folgt durchgeführt:
a.
Wenn der Block auf Eis gesetzt wurde, wird er heruntergenommen und wieder in das Futter des Mikrotoms gespannt.
b.
Nachdem das Mikrotom auf eine Schnittstärke von 3-5 μm eingestellt wurde, wird das Spannfutter durch Drehen des Mikrotomrads vorgeschoben. Von dem Block werden Schnitte abgetragen, bis ein Schnittband mit mindestens einem annehmbaren Schnitt einschließlich der Gonaden vorliegt. (Während des Schneidvorgangs kann der Block aus dem Spannfutter genommen und erneut auf Eis gesetzt werden, damit das Gewebe die Feuchtigkeit aufnehmen kann; anschließend wird der Block wieder in das Mikrotom gespannt.)
c.
Die Schnitte schwimmen im Wasserbad flach auf der Wasseroberfläche auf. Es wird versucht, mindestens einen Schnitt ohne Falten und ohne eingeschlossene Luftblasen zu erhalten.
d.
Unter den besten Schnitt wird ein Objektträger geschoben, um den Schnitt dann mit dem Objektträger aus dem Wasser zu heben. Dieser Schritt wird als „Aufziehen“ des Schnitts bezeichnet.
e.
Für die Proben eines Fischs werden jeweils drei Schnitte angefertigt. Der zweite und der dritte Schnitt werden in Abständen von 50 μm vom ersten Schnitt angesetzt. Wenn die Fische nicht mit den Gonaden auf derselben Schnittebene eingebettet wurden, müssen mehrere Schnitte angefertigt werden, um sicherzustellen, dass von jedem Fisch mindestens sechs Schnitte mit den Gonaden verfügbar sind.
f.
Mit einem Folienstift wird auf dem Objektträger die Nummer des Blocks notiert, aus dem der Schnitt stammt.
g.
Danach wird der Objektträger in ein Färbegestell gesetzt.
h.
Nun wird der Block aus dem Spannfutter genommen und zur Lagerung mit der Oberseite nach unten gedreht.

Färben, Eindecken und Kennzeichnen der Objektträger

Ziele:

Färben der Schnitte zur histopathologischen Untersuchung;
Permanentversiegeln der aufgezogenen und gefärbten Gewebe;
Permanente Kennzeichnung der gefärbten Schnitte, um eine uneingeschränkte Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten;

Verfahren:

1.
Färben
a.
Die Objektträger werden vor dem Färben über Nacht an der Luft getrocknet.
b.
Zur Färbung der Schnitte wird Hematoxylin-Eosin verwendet.
2.
Eindecken
a.
Die Deckel können von Hand oder automatisch aufgesetzt werden.
b.
Die Objektträger werden in Xylol oder TissueClear getaucht; anschließend wird das überschüssige Xylol/TissueClear vorsichtig abgeklopft.
c.
Zum Ende des Objektträgers hin werden auf die der gefrorenen Seite gegenüberliegende Seite oder auf das Deckglas etwa 0,1 ml Eindeckmedium gegeben.
d.
Das Deckglas wird in spitzem Winkel gekippt auf den Objektträger aufgesetzt.
3.
Kennzeichnung
a.
Die Objektträger müssen jeweils mit folgenden Informationen gekennzeichnet werden:
i.
Name des Labors
ii.
Arten
iii.
Proben-Nr. / Objektträger-Nr.
iv.
Chemikalie / Behandlungsgruppe
v.
Datum

Anlage 8

Statistisches Flussdiagramm zur Vitellogenin-Analyse

Statistisches Flussdiagramm zur Analyse des Geschlechterverhältnisses

Anlage 9

Leitlinien zur Bestimmung des genetischen Geschlechts mit Gewebeproben und durch Polymerase-Kettenreaktion

Entnahme, Präparation und Lagerung von Gewebeproben vor der Bestimmung des genetischen Geschlechts durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bei Medakas (erstellt vom Labor für aquatische Organismen der Bayer CropScience AG)

1.
Mit einer feinen Schere wird bei den einzelnen Fischen die After- oder die Rückenflosse abgeschnitten und in ein Röhrchen mit 100 μl Extraktionspuffer 1 gegeben (Informationen zur Herstellung der Pufferlösung s. u.). Nach jedem Fisch wird die Schere in einem mit destilliertem H2O gefüllten Becherglas gereinigt und mit einem Papiertuch getrocknet.
2.
Danach wird das Flossengewebe mit einem Teflon-Mikro-Pistill homogenisiert, um die Zellen aufzuschließen. Um Kontaminationen zu vermeiden, wird für jedes Röhrchen ein neues Pistill verwendet. Die Pistillen werden über Nacht in 0,5 M NaOH gestellt, anschließend 5 Minuten in destilliertem H2O gewaschen und bis zum Gebrauch in Ethanol bzw. (nach dem Autoklavieren) steril aufbewahrt.
3.
Das Flossengewebe kann auch ohne den Extraktionspuffer 1 auf Trockeneis aufbewahrt und dann bei – 80 °C gefroren gelagert werden, um eine Beeinträchtigung der DNA zu vermeiden. Die Extraktion gelingt jedoch besser, wenn die DNA gleichzeitig extrahiert wird (Handhabung s. o.; bei – 80 °C gelagerte Proben sind auf Eis aufzutauen, bevor die Pufferlösung in die Röhrchen gefüllt wird).
4.
Nach dem Homogenisieren werden alle Röhrchen in ein Wasserbad gesetzt und 15 Minuten bei 100 °C aufgekocht.
5.
Anschließend werden jeweils 100 μl des Extraktionspuffers 2 (Hinweise zur Herstellung der Pufferlösung s. u.) in die Röhrchen pipettiert. Die Proben werden 15 Minuten bei Raumtemperatur belassen; während dieser 15 Minuten werden sie vorsichtig von Hand geschüttelt.
6.
Dann werden alle Röhrchen in das Wasserbad gesetzt und nochmals 15 Minuten bei 100 °C aufgekocht.
7.
Bis zur Durchführung der Analysen werden die Röhrchen bei – 20 °C gefroren.

Herstellen der Pufferlösung

PCR-Puffer 1:

500 mg N-Lauroylsarcosine (z. B. Merck KGaA, Darmstadt, DE)

2 ml 5M NaCl

ad 100 ml dest. H2O

→ autoklavieren

PCR-Puffer 2:

20 g Chelex (z. B.. Biorad, München, DE)

In 100 ml dest. H2O quellen lassen.

→ autoklavieren

Bestimmung des genetischen Geschlechts durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bei Medakas (erstellt vom Labor für aquatische Organismen der Bayer CropScience AG)

Die präparierten und gefrorenen Röhrchen (siehe Beschreibung im vorstehenden Abschnitt) werden auf Eis aufgetaut. Anschließend werden sie mit einer Eppendorf-Zentrifuge zentrifugiert (30 s mit maximaler Drehzahl bei Raumtemperatur). Für die PCR wird der vom Niederschlag getrennte klare Überstand verwendet. Es ist unbedingt zu vermeiden, dass Spuren von Chelex (aus dem Niederschlag) in die PCR gelangen, da sonst die Taq-Polymerase gestört wird. Der Überstand ist umgehend zu verwenden oder gefroren (bei – 20 °C) aufzubewahren und in mehreren Schritten aufzutauen (damit bei später durchzuführenden Analysen die DNA nicht beeinträchtigt ist).

1.   Herstellung des „Reaktionsgemischs“ (25 μl pro Probe):



MengeEndkonzentration
Template-DNA0,5-2 μl
10 x PCR-Puffer mit MgCl22,5 μl1 x
Nukleotide (jeweils dATP, dCTP, dGTP, dTTP)4 μl (5 mM)200 μM
Vorwärtsprimer (10 μM) (s. u. 3-5)0,5 μl200 nM
Rückwärtsprimer (10 μM) (s. u. 3-5)0,5 μl200 nM
DMSO1,25 μl5 %
Wasser (PCR-Qualität)bis zu 25 μl
Taq-E-Polymerase0,3 μl1.5U
10 x PCR-Puffer mit MgCl2: 670mM Tris/HCl (pH 8,8 bei 25 °C), 160 mM (NH4)2SO4, 25 mM MgCl2, 0,1 % Tween 20

Bei jeder PCR (s. u. 3-5) werden für jede einzelne Probe (s. o.) der Spezialprimer als neue „Reaktionsmischung“ und die entsprechende Menge an Template-DNA benötigt. Die betreffenden Mengen werden in frische Röhrchen pipettiert. Danach werden alle Röhrchen verschlossen, gerührt (ca. 10 s) und zentrifugiert (10 s bei Raumtemperatur). Anschließend kann mit den jeweiligen PCR-Programmen begonnen werden. Für jedes PCR-Programm werden außerdem eine positive Kontrolle (eine exemplarische DNA-Probe mit bekannter Aktivität und eindeutigen Ergebnissen) und eine negative Kontrolle (1 μl dest. H2O) benötigt.

2.   Herstellung des Agarosegels (1 %) — während der PCR-Programme:

3 g Agarose werden in 300 ml 1 × TAE-Puffer gelöst (1- %-Agarosegel).
Diese Lösung wird in einem Mikrowellengerät aufgekocht (ca. 2-3 min).
Die heiße Lösung wird in einen auf Eis stehenden speziellen Gießkasten gegeben.
Nach etwa 20 min kann das Agarosegel verwendet werden.
Das Agarosegel wird bis zum Ende der PCR-Programme in 1 × TAE-Puffer aufbewahrt.

3.   Actin-PCR-Programm:

Mit dieser PCR soll nachgewiesen werden, dass die DNA der Probe nicht beschädigt ist.

Spezialprimer:

 

„Mact1(aufwärts/vorwärts)“ → TTC AAC AGC CCT GCC ATG TA

„Mact2(abwärts/rückwärts)“ → GCA GCT CAT AGC TCT TCT CCA GGG AG

Programm:

 

5 min bei 95 °C

Zyklus (35-mal):



Denaturierung→ 45 s bei 95 °C
Annealing→ 45 s bei 56 °C
Verlängerung→ 1 min bei 68 °C

15 min bei 68 °C

4.   X- und Y-Gen-PCR-Programm:

Bei diesem PCR-Programm werden die X- und Y-Gene anhand der Proben mit unversehrter DNA nachgewiesen. Proben männlicher Tiere müssen eine doppelsträngige und weiblicher Tiere eine einsträngige DNA aufweisen (nach dem Färben und nach der Gel-Elektrophorese). Bei diesem Programmdurchlauf ist jeweils eine positive Kontrolle für männliche (XY-Probe) und für weibliche Tiere (XX-Probe) zu berücksichtigen.

Spezialprimer:

 

„PG 17,5“ (aufwärts/vorwärts) → CCG GGT GCC CAA GTG CTC CCG CTG

„PG 17,6“ (abwärts/rückwärts) → GAT CGT CCC TCC ACA GAG AAG AGA

Programm:

 

5 min bei 95 °C

Zyklus (40-mal):



Denaturierung→ 45 s bei 95 °C
Annealing→ 45 s bei 55 °C
Verlängerung→ 1 min 30 s bei 68 °C

15 min bei 68 °C

5.   Y-Gen-PCR-Programm als „Kontrolle“ für das X- und Y-Gen-PCR-Programm:

Mit diesem PCR-Programm werden die Ergebnisse des „X- und Y-Gen-PCR-Programms“ verifiziert. Die „männlichen“ Proben müssen einen Strang aufweisen, in den „weiblichen“ Proben darf kein Strang enthalten sein (nach dem Färbern und der Gel-Elektrophorese).

Spezialprimer:

 

„DMTYa (aufwärts/vorwärts)“ → GGC CGG GTC CCC GGG TG

„DMTYd (abwärts/rückwärts)“ → TTT GGG TGA ACT CAC ATG G

Programm:

 

5 min bei 95 °C

Zyklus (40-mal):



Denaturierung→ 45 s bei 95 °C
Annealing→ 45 s bei 56 °C
Verlängerung→ 1 min bei 68 °C

15 min bei 68 °C

6.   Färben der PCR-Proben:

Färbelösung:

50 % Glycerol

100 mM EDTA

1 % SDS

0,25 % Bromphenolblau

0,25 % Xylencyanol

In die Röhrchen wird jeweils 1 μl der Färbelösung pipettiert.

7.   Beginn der Gel-Elektrophorese:

Das hergestellte 1 %ige Agarosegel wird in eine mit 1 × TAE-Puffer gefüllte Gel-Elektrophoresekammer gegeben.
Von den gefärbten PCR-Proben werden jeweils 10-15 μl in einen Agarosegel-Slot pipettiert.
Außerdem werden 5-15 μl der 1kb-Ladder (Invitrogen) in einen eigenen Slot pipettiert.
Die Elektrophorese wird mit 200 V begonnen.
Nach 30-45 min wird die Elektrophorese beendet.

8.   Bestimmung der Banden:

Das Agarosegel wird in destilliertem H2O gereinigt.
Anschließend wird das Agarosegel 15-30 min in Ethidiumbromid gegeben.
Danach ist in einem UV-Lichtschrank eine Aufnahme des Agarosegels herzustellen.
Zum Schluss werden die Proben im Vergleich zum positiven Kontrollband (bzw. den positiven Kontrollbanden) und zur DNA-Leiter analysiert.

Anlage 10

Leitlinien zur Herstellung von Gewebeproben zur Bestimmung des genetischen Geschlechts durch PCR beim Dreistachligen Stichling

Herstellung von Gewebeproben und DNA-Extraktion

Die DNA kann mit verschiedenen handelsüblichen Reagenzien und mit manuellen oder automatischen Systemen extrahiert werden. Im Folgenden wird das Protokoll des CEFAS-Labors (CEFAS = Centre for Environment, Fisheries and Aquaculture Science) in Weymouth beschrieben; gegebenenfalls werden auch alternative Methoden erläutert.

1.
Bei jedem einzelnen Fisch wird mit einer feinen Schere jeweils etwas Gewebematerial (10-20 mg) aus dem Rückenbereich (dorsolateral) entnommen (nachdem der Kopf und der Schwanz für die VTG-Analyse abgetrennt wurden). Das Gewebe wird in ein Röhrchen gegeben und entweder sofort in flüssigen Stickstoff gestellt (zur Lagerung bei – 80 °C) oder mit 70 %igem Ethanol gefüllt (zum Transport und zur anschließenden Aufbewahrung bei 4 °C). Jeweils nach Entnahme der Gewebeprobe bei einem Fisch wird die Schere zunächst mit 70 %igem Ethanol und dann mit destilliertem Wasser gereinigt und mit Hygienepapier trockengetupft.
2.
Das Ethanol wird (soweit vorhanden) abgesaugt und das Gewebe über Nacht mit Proteinase K in 400 μl ATL-Pufferlösung (Qiagen) gelöst. Eine Aliquote (200 μl) des gelösten Gewebes wird in einen S-Block (Qiagen) mit 96 Vertiefungen gegeben, und die DNA wird in mit Qiagen Universal BioRobot und dem QIamp-Investigator-BioRobot-Kit mit 96 Vertiefungen Qlamp-Ivestigator-BioRobot-Kit extrahiert. Die DNA wird in 50 μl DNase- und RNase-freies Wasser eluiert. Wenn feste Gewebe zur DNA-Extraktion verwendet werden (z. B. die Wirbelsäule oder eine Brustflosse), muss die Probe unter Umständen mit einem FastPrep®-Tissue-Lyser oder mit einem gleichwertigen Aufschlusssystem im Lysepuffer homogenisiert werden.

Alternativ kann wie folgt verfahren werden:

(a) Das Gewebe wird über Nacht mit Proteinase K in 400 μl G2-Lysepuffer (Qiagen) gelöst, und die DNA wird entweder mit dem EZ-1-DNA-Easy-Tissue-Kit und dem EZ-1-Biorobot oder mit dem DNA-Easy-Tissue-Mini-Kit aus 200 μl des gelösten Gewebes extrahiert. Anschließend wird die DNA in ein Flüssigkeitsvolumen von 50 μl eluiert.

(b) Die Gewebe werden mit DNAzol-Reagens verarbeitet. Die Gewebeproben werden 10 Minuten lang in einem Mikrozentrifugen-Röhrchen (1,5 ml) in 1 ml DNAzol gelöst und dann 5 Minuten mit 13 000 U/min zentrifugiert, um vorhandene Partikel vollständig abzutrennen. Die gelöste Probe wird dann in ein frisches 1,5-ml-Mikrozentrifugen-Röhrchen mit 500 μl 100 % molekular reinem Ethanol gegeben und dann 10 Minuten mit 13 000 U/min zentrifugiert, um die DNA auszufällen. Das Ethanol wird entfernt, durch 400 μl molekular reines Ethanol (70 %) ersetzt und nochmals 5 Minuten mit 13 000  U/min zentrifugiert. Anschließend wird das DNA-Pellet in 50 μl molekularem DNase- und RNase-freiem Wasser gelöst. Auch in diesem Fall muss die Probe unter Umständen mit einem FastPrep®-Tissue-Lyser oder mit einem gleichwertigen Aufschlusssystem im Lysepuffer homogenisiert werden, wenn feste Gewebe zur DNA-Extraktion verwendet werden (z. B. die Wirbelsäule oder eine Brustflosse),

3.
Die DNA wird bis zur Verwendung bei – 20 °C gespeichert.

Wichtiger Hinweis: Während der Verfahren sind Handschuhe zu tragen.

Analyse durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

Mit 2,5 μl des DNA-Extrakts in 50 μl Reaktionsvolumen wurden unter Verwendung der IDH-Locus-Primer (nach Peichel et al., 2004. Current Biology 1:1416-1424) Amplifikationen vorgenommen:



Vorwärtsprimer5' GGG ACG AGC AAG ATT TAT TGG 3'
Rückwärtsprimer5' TAT AGT TAG CCA GGA GAT GG 3'

Geeignete PCR-Reagenzien werden von zahlreichen Herstellern angeboten. Die im Folgenden beschriebene Methode wird im CEFAS-Labor in Weymouth praktiziert.

1.   Herstellung des „Reaktionsgemischs“ (50 μl pro Probe):

Im Folgenden wird die Herstellung eines Mastermix erläutert. Die Herstellung kann vorab erfolgen; anschließend wird der Mastermix bis zur Verwendung bei – 20 °C gelagert. Der hergestellte Mastermix muss auch für eine negative Kontrolle (nur Wasser in für die Molekularbiologie geeigneter Qualität) ausreichen.



Menge (Konz. Stammlösung) / ProbeEndkonzentration
5xGoTaq® Reaktionspuffer10 μl1 x
MgCl25 μl (25 mM)2,5 mm
Nukleotide (dATP, dCTP, dGTP, dTTP)0,5 μl (jeweils 25 mM)jeweils 250 μM
Vorwärtsprimer0,5 μl (0,1 nmol/μl)2,0 μM
Rückwärtsprimer0,5 μl (0,1 nmol/μl)2,0 μM
Wasser in für die Molekularbiologie geeigneter Qualität30,75 μl
GoTaq-Polymerase0,25 μl1,25 U
47,5 μl werden in ein gekennzeichnetes dünnwandiges 0,5 ml-PCR-Röhrchen gegeben.
2,5 μl der gereinigten DNA werden in das entsprechend gekennzeichnete Röhrchen geben. Dieser Schritt ist für alle Proben und für die negative Kontrolle zu wiederholen.
Mit 2 Tropfen Mineralöl wird ein Überstand erzeugt. Alternativ kann ein Thermocycler mit beheiztem Deckel verwendet werden.
Die Proben werden verschlossen.
Die Proben wurden 5 Minuten in einem Thermocycler (Peltier PTC-225) bei 94 ± 2 °C denaturiert; danach folgen weitere 39 Zyklen von jeweils 1 Minute bei 94 ± 2 °C, 1 Minute bei 55 ± 2 °C, 1 Minute bei 72 ± 2 °C und schließlich nochmals 10 Minuten bei 72 ± 2 °C.

2.   Herstellung des Agarosegels (2 %):

Traditionell werden die PCR-Produkte auf einem 20 %igen Agarosegel mit Ethidiumbromid gelöst.

Alternativ können auch Kapillar-Elektrophoresesysteme verwendet werden.

2 g Agarose werden in 100 ml 1 × TAE-Puffer eingewogen.
Die Agarose wird unter Erwärmung in einem Mikrowellengerät (ca. 2-3 min) aufgelöst.
2 Tropfen Ethidiumbromid werden hinzugegeben (Endkonzentration 0,5 μg/ml).
Die heiße Lösung wird in den Gießstand gegossen.
Anschließend muss gewartet werden, bis das Gel sich verfestigt hat.

3.   Gel-Electrophorese:

Das Agarosegel wird in das Elektrophorese-Gerät gegeben und mit 1 × TAE-Puffer bedeckt.
Von den Proben werden jeweils 20 μl in jeweils eine Vertiefung gefüllt; außerdem wird ein Molekulargewichtsmarker (100 bp DNA-Leiter, Promega) in eine freie Vertiefung gegeben.
Die Elektrophorese erfolgt über einen Zeitraum von 30-45 Minuten mit einer Spannung von 120 V.

4.   Visualisierung der Amplifikationsprodukte

Wenn das Ethidiumbromid mit dem Agarosegel gemischt wurde, wie oben beschrieben, werden die DNA-Produkte unter einer UV-Quelle sichtbar gemacht. Alternativ kann das Agarosegel angefärbt werden, indem das Gel vor der Visualisierung 30 Minuten mit einer Ethidiumbromid-Verdünnungslösung (0,5 μg/ml in Wasser) bedeckt wird.

Anlage 11

Leitlinien zur künstlichen Befruchtung bei Dreistachligen Stichlingen

In diesem Abschnitt wird beschrieben, wie Laich des Dreistachligen Stichlings zur anschließenden Verwendung im FSDT befruchtet wird.

Verfahren

Gewinnung des Spermas von den männlichen Fischen

1.
Ein kräftig gefärbtes Männchen der gewünschten Population wird getötet.
2.
Auf beiden Seiten werden die Hoden entnommen. Die Hoden sind gewöhnlich als stark pigmentierte, rote Strukturen an der seitlichen Mittellinie des Körpers gut erkennbar. Dabei kann eine der folgenden Methoden verwendet werden:
3.
Mit einer feinen Schere wird von der Kloake im Winkel von etwa 45° mit einem einzigen Schnitt ein 1-1,5 cm langer Einschnitt vorgenommen.
4.
Mit einem Skalpell wird ein kurzer seitlicher Schnitt hinter dem Becken und ventral zu den Knochenplatten entlang der Seitenlinie geführt.
5.
Die Hoden werden mit einer feinen Pinzette entnommen und in eine Petrischale gelegt.
6.
Jeder Hoden wird mit 100 μl frisch hergestellter Hankscher Lösung  bedeckt.
7.
Die Hoden werden mit einer Rasierklinge oder einem Skalpell fein geschnitten. Dadurch wird das Sperma freigesetzt, und die Hanksche Lösung erhält ein milchiges Aussehen.
8.
Die Flüssigkeit mit dem Sperma wird in ein Röhrchen gefüllt; beim Pipettieren ist darauf zu achten, dass kein Hodengewebe aufgenommen wird.
9.
800 μl Hankscher Lösung werden in das Röhrchen gegeben und gut gemischt.
10.
Wenn erforderlich, kann das Männchen mit 100 %igem Ethanol oder einer sonstigen Fixierlösung fixiert und aufbewahrt werden. Dies ist besonders wichtig, wenn die juvenilen Fische bei der Untersuchung den Elterntieren zugeordnet werden sollen.

Wichtiger Hinweis:Die meisten benötigten Stammlösungen können im Voraus hergestellt werden; nur Stammlösung 5 und schließlich die endgültige Lösung müssen am Tag der Verwendung frisch hergestellt werden.



Stammlösung 1
NaCl8,00 g
KCl0,40 g
Destilliertes Wasser (DW)100 ml
Stammlösung 2
Na2HPO4 (wasserfrei)0,358 g
KH2PO40,60 g
DW100 ml
Stammlösung 3
CaCl20,72 g
DW50 ml
Stammlösung 4
MgSO4,7H2O1,23 g
DW50 ml
Stammlösung 5 (frisch hergestellt)
NaHCO30,35 g
DW10 ml

Hinweis: Wenn einige der vorstehenden Salze bereits hergestellt wurden, aber einen anderen Wasseranteil aufweisen (d. h. statt wasserfrei 2H2O), können auch diese verwendet werden, sofern sie vor der Verwendung auf das richtige Gewicht (bezogen Molekulargewicht) gebracht werden.

Die Hanksche Lösung wird in der nachstehenden Reihenfolge hergestellt:



Stammlösung 11,0 ml
Stammlösung 20,1 ml
Stammlösung 30,1 ml
DW8,6 ml
Stammlösung 40,1 ml
Stammlösung 50,1 ml

Vor der Verwendung müssen die Lösungen gut gemischt werden.

Befruchtung

1.
Aus der betreffenden Population werden große gravide Weibchen ausgewählt. Die Weibchen sind nur dann zum Herausdrücken des Laichs geeignet, wenn Eier aus der Kloake hervortreten. Typisch für laichbereite Weibchen ist der „angehobene“ Kopf.
2.
Mit dem Daumen oder mit einem anderen Finger wird seitlich zum Schwanz über den Fisch gestrichen, um die Abgabe eines Eiersacks in eine frische Petrischale zu provozieren. Diese Behandlung wird auf der anderen Seite wiederholt. Anschließend wird der Fisch wieder in das Becken zurückgesetzt.
3.
Die Eier können mit einem feinen Pinsel (zu einer Monolage) verteilt werden. Wichtig ist, dass möglichst viele Eier mit dem Sperma in Berührung gebracht werden; hilfreich ist daher die Ausbreitung der Eier über eine möglichst große Fläche. Wichtiger Hinweis: Um die Eier herum müssen feuchte Tücher gelegt werden, damit sie nicht austrocknen. (Dabei ist darauf zu achten, dass die Eier nicht unmittelbar mit Wasser in Berührung kommen, damit das Chorion nicht vorzeitig verhärtet und eine Befruchtung verhindern würde.) Die Anzahl der von einem Weibchen produzierten Eier kann erheblich schwanken; in der Regel werden aber von einem einzigen graviden Weibchen leicht etwa 150 Eier gewonnen.
4.
25 μl Sperma in der Hankschen Lösung werden mit einem Pinsel gleichmäßig über die gesamte Fläche der Eier verteilt. Die Eier verhärten rasch und ändern (innerhalb einer Minute) ihre Farbe, sobald die Befruchtung begonnen hat. Wenn geschätzt mehr als 150 Eier entnommen wurden, ist der Schritt zu wiederholen. Verhärten die Eier nicht binnen einer Minute, ist etwas mehr Sperma hinzugeben. Wichtiger Hinweis: Die Zugabe einer größeren Spermamenge erhöht nicht zwangsläufig die Befruchtungsrate.
5.
Die Eier und die Spermalösung müssen mindestens 15 Minuten miteinander „reagieren“ können; anschließend sind die befruchteten Eier spätestens 1,5 Stunden nach der Befruchtung in das Expositionsbecken zu bringen.
6.
Das Verfahren wird mit einem anderen Weibchen wiederholt, bis die benötigte Anzahl an Eiern entnommen wurde.
7.
Vom letzten Entnahmeschritt sind einige Eier aufzubewahren und in 10 %iger Essigsäure zu fixieren.

Zählen und Verteilen der Eier im Prüfbecken

1.
Um einen Bias durch genetische Effekte zu vermeiden, werden die Eier gleichmäßig auf die einzelnen Konzentrationen verteilt. Die Chargen der befruchteten Eier sind mit einem stumpfen Instrument (d. h. mit einer breiten Entomologiepinzette oder mit einer Inokulationsöse) jeweils in gleich große Gruppen zu teilen (entsprechend der Anzahl der Konzentrationen). Wenn 4 Replikate mit jeweils 20 Eiern pro Konzentration vorgesehen sind, müssen in jedes Expositionsbecken mindestens 80 Eier gegeben werden. Wichtiger Hinweis: Eine Zugabe von 20 % (d. h. insgesamt 96 Eier pro Konzentration) ist empfehlenswert, bis mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Eier zu 100 % befruchtet sind.
2.
Stichling-Eier entwickeln außerhalb des von den Männchen bewachten Nests sehr leicht Pilzinfektionen. Daher ist entscheidend, dass alle Eier während der ersten 5 Tage des Tests mit Methylenblau behandelt werden. Methylenblau-Stammlösung wird mit einer Konzentration von 1 mg/ml hergestellt und in das Expositionsbecken gegeben, bis eine endgültige Konzentration von höchstens 2,125 mg/l erreicht ist. Wichtiger Hinweis: Stichlinge dürfen nicht mit Methylenblau in Berührung kommen; nach dem Schlüpfen muss das Methylenblau entfernt werden, und an Tag 6 darf sich kein Methylenblau mehr im Becken befinden.
3.
Die Eier werden täglich geprüft; die Anzahl der abgestorbenen und nicht befruchteten Eier wird protokolliert. Wichtiger Hinweis: Die Eier müssen bis zum Schlüpfen ständig unter Wasser bleiben und dürfen auch kurzzeitig nicht aus dem Wasser genommen werden.

C.42.   BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT IN MEERWASSER

ALLGEMEINE EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 306 (1992). Als die ursprünglichen Prüfmethoden entwickelt wurden, war nicht bekannt, in welchem Umfang Ergebnisse der Screening-Tests zur Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit in Süßwasser mit Abwässern oder Belebtschlamm als Inokulum auf die Meeresumwelt übertragbar waren. In diesem Zusammenhang wurde über unterschiedliche Ergebnisse berichtet (z. B. (1)).
2.
Viele industrielle Abwässer enthalten zahlreiche Chemikalien. Diese gelangen entweder über direkte Einleitung oder über Ästuarien und Flüsse, in denen die Verweilzeiten gemessen an den für einen vollständigen biologischen Abbau erforderlichen Zeiträumen vieler Chemikalien verhältnismäßig kurz sind, in die Meere. Da die Notwendigkeit des Schutzes der Meeresumwelt vor steigenden Belastungen durch Chemikalien zunehmend ins Bewusstsein rückt und da die wahrscheinlichen Konzentrationen von Chemikalien im Meer abgeschätzt werden müssen, wurden Methoden zur Prüfung der biologischen Abbaubarkeit in Meerwasser entwickelt.
3.
In den hier beschriebenen Methoden wird natürliches Meerwasser sowohl als wässrige Phase als auch als Bezugsquelle für Mikroorganismen. genutzt. Analog zu den Methoden zur Prüfung der leichten biologischen Abbaubarkeit in Süßwasser wurde ultragefiltertes und zentrifugiertes Meerwasser untersucht, und Meeressedimente wurden als Inokulum verwendet. Diese Untersuchungen führten nicht zum Ziel. Als Prüfmedium wird daher natürliches Meerwasser verwendet, aus dem grobe Partikel abgetrennt wurden.
4.
Um die vollständige biologische Abbaubarkeit mit der Schüttelmethode zu ermitteln, müssen angesichts der geringen Empfindlichkeit der analytischen Methode für gelösten organischen Kohlenstoff (DOC Die-Away-Tests) verhältnismäßig hohe Konzentrationen des Prüfstoffes verwendet werden. Dazu wiederum müssen zum Meerwasser mineralische Nährstoffe (N und P) hinzugegeben werden; ansonsten würden die betreffenden niedrigen Konzentrationen den Abbau des gelösten organischen Kohlenstoffs beeinträchtigen. Es ist auf Grund der Konzentration des verwendeten Prüfstoffes ebenfalls erforderlich, Nährstoffe in den geschlossenenen Flaschentest (Closed Bottle-Method) hinzuzugeben.
5.
Insoweit handelt es sich bei den Methoden nicht um Tests auf leichte biologische Abbaubarkeit, da über die bereits im Meerwasser befindlichen Mikroorganismen hinaus kein Inokulum zugegeben wird. In den Tests wird auch die Meeresumwelt nicht simuliert, weil Nährstoffe hinzugegeben werden und weil die Konzentration des Prüfstoffes wesentlich höher ist als in natürlicher Umgebung. Aus diesen Gründen werden die Methoden unter dem neuen Unterabschnitt „Biologische Abbaubarkeit in Meerwasser“ vorgeschlagen.

ANWENDUNG

6.
Die Ergebnisse der Prüfungen, die für Stoffe durchgeführt werden, die aufgrund ihrer Verwendungsformen und ihrer Entsorgung letztlich ins Meer gelangen können, vermitteln einen ersten Eindruck von der biologischen Abbaubarkeit in Meerwasser. Bei positivem Ergebnis (Abbau des gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC) > 70 %; theoretischer Sauerstoffbedarf (ThSB) > 60 %) kann ein Potenzial für den biologischen Abbau in der Meeresumwelt festgestellt werden. Ein negatives Ergebnis schließt ein solches Potenzial jedoch nicht zwangsläufig aus, sondern bedeutet nur, dass weitere Untersuchungen vorgenommen werden müssen (beispielsweise mit einer möglichst niedrigen Konzentration des Prüfstoffes).
7.
Wenn ein definitiverer Wert für die Rate des biologischen Abbaus in Meerwasser an einem bestimmten Standort benötigt wird, müssen in beiden Fällen komplexere, aufwendigere und entsprechend kostspieligere Methoden verwendet werden. Beispielsweise könnte ein Simulationstest mit einer Konzentration des Prüfstoffs durchgeführt werden, die näher an der wahrscheinlichen Konzentration in der Umwelt liegt. Auch nicht angereichertes, nicht behandeltes Meerwasser, das am betreffenden Standort entnommen wurde, kann verwendet werden, und nach dem primären biologischen Abbau kann eine spezifische chemische Analyse vorgenommen werden. Zur Prüfung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit werden 14C markierte Stoffe benötigt, damit der Abbau von löslichem organischem 14C sowie die Entstehung von 14CO2 bei umweltrelevanten Konzentrationen gemessen werden können.

WAHL DER METHODEN

8.
Die Wahl der zu verwendenden Methode hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick, der die Wahl erleichtern soll. Während Stoffe mit einer Wasserlöslichkeit unterhalb eines Wertes von etwa 5 mg C/l mit der Schüttelmethode nicht getestet werden können, lassen sich schlecht lösliche Stoffe prinzipiell zumindest mit einem geschlossenen Flaschen-Test untersuchen.



Tabelle

Vorteile und Nachteile des Schüttelkolben-Tests und des geschlossenen Flaschentests

METHODEVORTEILENACHTEILE
SCHÜTTELKOLBEN

— einfache Apparatur (abgesehen vom C-Analysegerät)

— eine Testdauer von 60 Tagen ist unproblematisch

— keine Beeinflussung durch Nitrifikation

— Anpassung zur Berücksichtigung flüchtiger Stoffe möglich

— C-Analysegerät erforderlich

— bei Verwendung von 5-40 mg DOC/1 können Hemmwirkungen auftreten

— Ermittlung des gelösten organischen Kohlenstoffs mit geringen Konzentrationen im Meerwasser ist schwierig (Chlorideffekt)

— DOC ist bei Meerwasser manchmal hoch

GESCHLOSSENE FLASCHE

— einfache Apparatur

— einfache Endbestimmung

— durch Verwendung geringer Konzentrationen des Prüfstoffes (2 mg/l); entsprechend geringeres Hemmpotenzial

— einfache Anpassung zur Berücksichtigung flüchtiger Stoffe

— unter Umständen Schwierigkeiten beim Aufrechterhalten der Luftdichtheit der Flaschen

— mögliche Verfälschung der Werte durch Bakterienwachstum an den Wänden

— die Werte für die Sauerstoffaufnahme der Blindkontrolle können hoch sein, besonders nach 28 Tagen; Abhilfe möglicherweise durch Alterung des Meerwassers

— mögliche Störungen infolge der Sauerstoffaufnahme durch die Nitrifikation

SCHÜTTELMETHODE

EINLEITUNG

1.
Diese Methode ist die Meerwasser-Variante des in diesem Anhang in Kapitel C.4B beschriebenen modifizierten OECD-Screening-Tests (2). Der Test wurde nach einem vom Dänischen Institut für Wasserqualität im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführten Ringtest abschließend beschrieben (3).
2.
Wie beim begleitenden geschlossenen Flaschen-Test für Meerwasser sind auch die Ergebnisse dieses Tests nicht als Indikatoren für eine leichte biologische Abbaubarkeit zu betrachten, sondern vielmehr zur Ermittlung weiterer Informationen über die biologische Abbaubarkeit von Stoffen in der Meeresumwelt zu verwenden.

PRINZIP DER METHODE

3.
Eine vorher festgelegte Menge des Prüfstoffes wird im Testmedium so gelöst, dass sich eine Konzentration von 5-40 mg gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC)/l ergibt. Wenn die Nachweisgrenzen der Analysen auf organischen Kohlenstoff verbessert werden, kann die Verwendung geringerer Konzentrationen des jeweiligen Prüfstoffes von Vorteil sein, insbesondere bei Stoffen mit hemmender Wirkung. Die Lösung des Prüfstoffes im Prüfmedium wird unter Schütteln im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung unter aeroben Bedingungen bei einer konstanten Temperatur (gewöhnlich im Bereich von 15-20 °C,), geregelt auf ± 2 °C inkubiert. Wenn mit der Untersuchung Umweltbedingungen simuliert werden sollen, können die Tests auch außerhalb dieses normalen Temperaturbereichs durchgeführt werden. Der Test sollte im Allgemeinen höchstens etwa 60 Tage dauern. Der Abbau wird durch DOC-Messungen überwacht (endgültiger Abbau); in manchen Fällen erfolgt die Überwachung durch spezifische Analysen (primärer Abbau).

INFORMATIONEN ZUM PRÜFSTOFF

4.
Um festzustellen, welcher Test bei einem bestimmten Stoff durchzuführen ist, müssen einige Merkmale des Stoffes bekannt sein. Der Gehalt des Stoffes an organischen Kohlenstoffen ist zu ermitteln; die Flüchtigkeit muss so weit begrenzt sein, dass es während des Tests nicht zu erheblichen Verlusten kommt, und die Löslichkeit in Wasser muss einem Wert von mehr als 25-40 mg C/l entsprechen. Außerdem darf der Prüfstoff nicht erheblich auf Glasflächen adsorbieren. Informationen zur Reinheit oder zu den relativen Anteilen der Hauptkomponenten des Prüfstoffes werden benötigt, damit die Testergebnisse entsprechend interpretiert werden können. Dies gilt insbesondere bei sehr knappem Testergebnis im Bereich des „Pass“-Levels.
5.
Informationen über die Toxizität des Prüfstoffes für Bakterien (beispielsweise gemessen anhand des Kurzzeit-Atemfrequenztests (4)) können für die Wahl geeigneter Prüfkonzentrationen zweckdienlich und für die korrekte Interpretation niedriger Abbaubarkeitswerte erforderlich sein. Diese Informationen sind jedoch nicht immer hinreichend für die Interpretation der Ergebnisse von Tests zur Prüfung der biologischen Abbaubarkeit; eher geeignet ist gegebenenfalls das in Nummer 18 beschriebene Verfahren.

REFERENZSTOFFE

6.
Zur Prüfung der mikrobiologischen Aktivität der Meerwasserproben sind geeignete Referenzstoffe zu verwenden, beispielsweise Natriumbenzoat, Natriumacetat und Anilin. Die Referenzstoffe müssen in einer relativ kurzen Zeitspanne abgebaut sein; ansonsten sollte der Test mit einer anderen Meerwasserprobe wiederholt werden.
7.
Im Ringtest der Europäischen Kommission, bei dem Meerwasserproben an unterschiedlichen Standorten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Laufe eines Jahres genommen wurden (3), betrugen bei Natriumbenzoat die „Lag“-Phase (tL) 1 bis 4 Tage und die Zeitdauer bis zu einem Abbau von 50 % (t50) (ohne „Lag“-Phase) 1 bis 7 Tage. Bei Anilin belief sich tL auf 0-10 Tage; t50 lag bei 1-10 Tagen.

REPRODUZIERBARKEIT UND EMPFINDLICHKEIT DER METHODE

8.
Die Reproduzierbarkeit der Methode wurde im Ringtest nachgewiesen (3). Die niedrigste Konzentration des Prüfstoffes, bei der diese Methode noch in Verbindung mit einer DOC-Analyse verwendet werden kann, hängt weitgehend von der Nachweisgrenze bei der Ermittlung des Gehalts an organischen Kohlenstoff (gegenwärtig etwa 0,5 mg C/l) und von der Konzentration des gelösten organischen Kohlenstoffs im verwendeten Meerwasser (gewöhnlich 3-5 mg/l bei Proben aus dem offenen Meer) ab. Die Hintergrundkonzentration an gelöstem organischem Kohlenstoff darf nicht mehr als etwa 20 % der gesamten DOC-Konzentration nach Zugabe des Prüfstoffes betragen. Wenn dies nicht möglich ist, kann die DOC-Hintergrundkonzentration manchmal durch Alterung des Meerwassers vor dem Testen reduziert werden. Wird diese Methode ausschließlich in Verbindung mit bestimmten chemischen Analysen verwendet (um den primären Abbau zu messen), muss der Prüfer anhand zusätzlicher Informationen angeben, ob ein vollständiger Abbau zu erwarten ist. Diese zusätzlichen Informationen können aus den Ergebnissen anderer Tests zum Nachweis einer leichten oder inhärenten biologischen Abbaubarkeit bestehen.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

9.
Übliche Laborausrüstung und folgende Geräte:
a.
Schüttelmaschine für 0,5- bis 2-l-Erlenmeyer-Kolben, entweder mit automatischer Temperaturregelung oder zur Verwendung in einem Raum mit konstanter Temperatur von 15-20 °C (geregelt auf ± 2 °C);
b.
0,5- bis 2-l-Erlenmeyer-Kolben mit engem Hals;
c.
Membranfiltrationsgerät oder Zentrifuge;
d.
Membranfilter, 0,2-0,45μm;
e.
Kohlenstoffanalysator;
f.
Ausrüstung für spezifische Analysen (optional).

Meerwasser

10.
In einem gründlich gereinigten Behältnis wird eine Meerwasserprobe genommen und möglichst innerhalb von ein bis zwei Tagen nach der Entnahme ins Labor gebracht. Während des Transports darf die Probentemperatur die Testtemperatur nicht erheblich überschreiten. Der Entnahme-Standort ist genau zu bezeichnen und hinsichtlich seines Verschmutzungsgrads und des Nährstoffgehalts zu beschreiben. Insbesondere bei Proben aus Küstengewässern werden zudem die Koloniezahl heterotropher Mikroorganismen und die Konzentrationen an gelöstem Nitrat, Ammonium und Phosphat angegeben.
11.
Für die eigentliche Meerwasserprobe sind folgende Informationen anzugeben:
Entnahmedatum:
Tiefe der Probenahme;
Aussehen der Probe — z. B. trüb;
Temperatur zum Entnahmezeitpunkt;
Salzgehalt;
DOC;
Zeitspanne zwischen der Probenahme und der Verwendung im Test.
12.
Wenn der DOC-Gehalt der Meerwasserprobe zu hoch ist (Nummer 8), wird vor der Verwendung eine Alterung des Meerwassers um etwa eine Woche empfohlen. Die Alterung erfolgt durch Aufbewahrung unter aeroben Bedingungen bei Testtemperatur im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung. Erforderlichenfalls ist durch mäßige Belüftung Sauerstoff zuzuführen. Bei der Alterung verringert sich der Anteil leicht abbaubaren organischen Materials. Im Ringtest (3) wurde kein Unterschied zwischen dem Abbaupotenzial gealterter und frisch entnommener Meerwasserproben festgestellt. Vor der Verwendung werden grobe Partikel aus dem Meerwasser abgetrennt (beispielsweise unter Filtration durch einen Nylonfilter oder ein grobes Papier (jedoch keine Membran- und keine GF-C-Filter) oder durch Ausfällen und Dekantieren). Das verwendete Verfahren wird im Bericht vermerkt. Eine Vorbehandlung wird ggf. nach der Alterung durchgeführt.

Stammlösungen mit mineralischen Nährstoffen

13.
Die folgenden Stammlösungen werden mit Reagenzien in Analysequalität hergestellt:



(a)Kaliumdihydrogenorthophosphat, KH2PO48,50 g
Dikaliummonohydrogenorthophosphat, K2HPO421,75 g
Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dihydrat, Na2HPO4.2H2O33,30 g
Ammoniumchlorid, NH4Cl0,50 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.
(b)Calciumchlorid, CaCl227,50 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.
(c)Magnesiumsulfat-Heptahydrat, MgSO47H2O22,50 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.
(d)Eisen (III)chlorid-Hexahydrat, FeCl3 6H2O0,25 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.

Das Ausfällen aus Lösung (d) kann verhindert werden, indem ein Tropfen konzentrierter Salzsäure oder 0,4 g Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA, Dinatriumsalz) pro Liter hinzugegeben werden. Wenn es in einer Stammlösung zu einer Ausfällung kommt, ist die Lösung durch eine frisch hergestellte Lösung zu ersetzen.

Herstellung des Prüfmediums

14.
Pro Liter vorbehandeltes Meerwasser wird jeweils 1 ml der oben genannten Stammlösungen hinzugegeben.

Inokulum

15.
Zusätzlich zu den bereits im Meerwasser vorhandenen Mikroorganismen darf kein spezifisches Inokulum hinzugegeben werden. Die Anzahl der koloniebildenden Heterotrophe im Meerwasser-Prüfmedium (sowie vorzugsweise auch in den ursprünglichen Meerwasserproben) kann fakultativ (beispielsweise durch Plattenzählung mit Meerwasseragar) bestimmt werden. Dies ist insbesondere bei Proben aus Küstengewässern oder aus verschmutzten Standorten wünschenswert. Die heterotrophe mikrobiologische Aktivität des Meerwassers wird anhand eines Tests mit einem Referenzstoff geprüft.

Ansetzen der Flaschen

16.
Um Kontaminationen durch Rückstände aus früheren Tests zu vermeiden, müssen sämtliche Glasgeräte äußerst sauber, wenn auch nicht unbedingt steril, sein (beispielsweise kann alkoholische Salzsäure verwendet werden) und vor der Verwendung gewaschen und getrocknet werden. Auch vor der erstmaligen Verwendung sind die Kolben zu reinigen.
17.
Die Prüfstoffe werden jeweils in zwei Kolben (Duplikate) zusammen mit einer einzelnen Flasche mit dem Referenzstoff untersucht. Zur Bestimmung des analytischen Blindwerts wird ein doppelter Blindtest durchgeführt, bei dem weder der Prüfstoff noch ein Referenzstoff verwendet werden. Die Prüfstoffe werden so im Prüfmedium gelöst (einfache Zugabe über eine konzentrierte Stammlösung), dass die gewünschten Ausgangskonzentrationen von gewöhnlich 5-40 mg DOC/l erhalten wird. Die Referenzstoffe werden in der Regel bei einer Ausgangskonzentration von 20 mg DOC/l getestet. Wenn Stammlösungen der Prüfstoffe und/oder der Referenzstoffe verwendet werden, ist sicherzustellen, dass der Salzgehalt des Meerwassermediums nicht erheblich verändert wird.
18.
Wenn toxische Wirkungen zu erwarten sind oder nicht ausgeschlossen werden können, kann es empfehlenswert sein, im Versuchsaufbau einen Inhibitionstest in doppelter Ausführung vorzusehen. Die Prüfstoffe und die Referenzstoffe werden in das gleiche Gefäß gegeben. Die Konzentration des Referenzstoffes sollte identisch sein wie im Kontrollansatz (d. h. 20 mg DOC/l).
19.
In die Erlenmeyer-Kolben werden geeignete Mengen an Testlösungen gegeben (bewährt hat sich eine Füllung bis etwa zur Hälfte des Fassungsvermögens); und diese anschließend lose verschlossen (z. B. mit einer Alufolie), damit noch ein Gasaustausch zwischen dem Kolben und der Umgebungsluft stattfinden kann. (Baumwollstopfen sind für DOC-Analysen ungeeignet.) Die Gefäße werden in die Schüttelmaschine gestellt und während des gesamten Tests kontinuierlich mit mäßiger Bewegung (z. B. 100 U/min) geschüttelt. Die Temperatur wird geregelt auf 15-20 (± 2 °C), und die Gefäße werden vor Lichteinfall geschützt, damit sich keine Algen bilden. Die Umgebungsluft muss frei von toxischen Materialien sein.

Physikalisch-chemische Kontrolle (optional)

20.
Wenn ein abiotischer Abbau oder andere Verlustprozesse, wie Hydrolyse (ein Problem nur bei der spezifischen Analyse), eine Verflüchtigung oder eine Adsorption zu erwarten sind, ist anzuraten, eine physikalisch-chemische Kontrolle durchzuführen. Das kann durch Zugabe von Quecksilber(II)-chlorid (HgCl2)  (50-100 mg/l) in die Gefäße erfolgen, um die mikrobielle Aktivität zu unterbinden. Ein erheblicher Rückgang des DOC oder eine spezifische Konzentration eines Stoffes in der physikalisch-chemischen Kontrolle deutet auf abiotische Abbaumechanismen hin. (Wenn Quecksilberchlorid verwendet wird, ist bei der DOC-Analyse auf etwaige Störungen oder die Freisetzung von Katalysatorgiften zu achten.)

Anzahl der Kolben

21.
Bei einem typischen Test werden die folgenden Flaschen verwendet:
Kolben 1 und 2Prüfstoff (Testsuspension);
Kolben 3 und 4nur Meerwasser (Blindprobe);
Kolben 5Referenzstoff (Verfahrenskontrolle);
Kolben 6Prüfstoff und Referenzstoff (Toxizitätskontrolle) — optional;
Kolben 7Prüfstoff und Sterilisationsmittel (abiotische sterile Kontrolle) — optional.

DOC-Analyse

22.
Im Laufe des Tests werden in geeigneten Intervallen Proben zur DOC-Analyse entnommen (Anlage 1). Grundsätzlich muss eine Entnahme zu Beginn des Tests (Tag 0) und an Tag 60 erfolgen. Insgesamt werden mindestens fünf Proben benötigt, um den zeitlichen Verlauf des Abbaus beschreiben zu können. Ein bestimmter zeitlicher Rahmen für die Probenahme kann nicht vorgegeben werden, da die Geschwindigkeit des biologischen Abbaus stark variiert. Die DOC-Analyse wird für die einzelnen Proben jeweils doppelt vorgenommen.

Probenahme

23.
Das benötigte Probenvolumen hängt von der Analysemethode (spezifische Analyse) sowie vom verwendeten Kohlenstoffanalysator und vom gewählten Verfahren (Membranfiltration oder Zentrifugierung) zur Behandlung der Probe vor der Bestimmung des Kohlenstoffgehalts ab (Nummern 25 und 26). Vor der Probenahme ist sicherzustellen, dass das Prüfmedium gut gemischt wird und dass jegliches an den Wänden der Kolben anhaftende Material gelöst oder suspendiert wird.
24.
Unmittelbar nach der Probenahme wird eine Membranfiltration oder eine Zentrifugierung vorgenommen. Erforderlichenfalls werden die gefilterten oder zentrifugierten Proben bis zu 48 Stunden bei 2-4 °C oder über längere Zeiträume bei – 18 °C aufbewahrt. (Wenn bekannt ist, dass der Stoff dadurch nicht beeinträchtigt wird, wird die Probe vor der Lagerung auf einen pH-Wert von 2 eingestellt.)
25.
Membranfilter (0,2-0,45 μm) können verwendet werden, wenn gewährleistet ist, dass sie bei der Filtration weder Kohlenstoff freisetzen noch den Stoff adsorbieren (z. B. Polycarbonat-Filter). Manche Membranfilter werden mit Tensiden imprägniert und können beträchtliche Mengen an gelöstem Kohlenstoff freisetzen. Diese Filter sind dreimal nacheinander jeweils für eine Stunde in entionisiertem Wasser auszukochen. Nach dem Auskochen werden die Filter in entionisiertem Wasser aufbewahrt. Die ersten 20 ml des Filtrats werden verworfen.
26.
Alternativ zur Membranfiltration können die Proben auch zentrifugiert werden. Die Zentrifugierung erfolgt über 15 Minuten bei 40 000 m.s– 2 (~ 4 000 g), vorzugsweise in einer Kühlzentrifuge.

Hinweis: Beim Zentrifugieren mit sehr niedrigen Konzentrationen scheint die Unterscheidung zwischen TOC (Total Organic Carbon = gesamter organisch gebundener Kohlenstoff) und DOC (Dissolved Organic Carbon = gelöster Kohlenstoff) nicht möglich zu sein, da entweder nicht alle Bakterien abgetrennt werden oder da der im Bakterienplasma enthaltene Kohlenstoff wieder gelöst wird. Bei höheren Prüfkonzentrationen (> 10 mg C/l) scheint der Fehler beim Zentrifugieren verhältnismäßig gering zu sein.

Häufigkeit der Probenahme

27.
Wenn Analysen unmittelbar nach der Probenahme vorgenommen werden, richtet sich der Zeitpunkt der nächsten Probenahme nach dem Ergebnis der Analyse.
28.
Werden Proben zur Analyse zu einem späteren Zeitpunkt aufbewahrt (Nummer 24), sind mehr als die mindestens erforderlichen fünf Proben zu nehmen. Die zuletzt entnommenen Proben werden zuerst analysiert; durch eine schrittweise „rückwärts“- Auswahl der entsprechenden Proben für die Analyse ist es möglich, eine gute Beschreibung der Bioabbaukurve mit einer relativ geringen Anzahl analytischer Bestimmungen zu erhalten. Wenn am Ende des Tests kein biologischer Abbau erfolgt ist, brauchen keine weiteren Proben analysiert zu werden. In diesem Fall kann die Strategie der „Rückwärtszählung“ Analysekosten in erheblichem Umfang einsparen.
29.
Wenn die Abbaukurve vor Tag 60 ein Plateau erreicht, wird der Test beendet. Findet der Abbau am Tag 60 offensichtlich statt, aber ist noch kein Plateau erreicht, ist der Versuch zu verlängern.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

30.
Die Ergebnisse der Analyse werden auf dem beigefügten Datenblatt (Anlage 2) protokolliert; anschließend wird der biologische Abbau des Prüfstoffes und der Referenzstoffe mit folgender Gleichung ermittelt:

Dabei sind:

Dt=Abbau in Prozent DOC oder spezifischer Stoffabbau zum Zeitpunkt t,
Co=Ausgangskonzentration DOC oder des spezifischen Stoffs im Prüfmedium,
Ct=Konzentration DOC oder des spezifischen Stoffs im Prüfmedium zum Zeitpunkt t,
Cbl(0)=Ausgangskonzentration DOC oder des spezifischen Stoffs in der Blindprobe,
Cbl(t)=Konzentration DOC oder des spezifischen Stoffs in der Blindprobe zum Zeitpunkt t,
31.
Der Abbau ist als prozentualer Abbau des gelösten organischen Kohlenstoffs (vollständiger Abbau) oder als Abbau spezifischer Stoffe (primärer Abbau) zum Zeitpunkt t anzugeben. Die DOC-Konzentrationen werden auf 0,1 mg/l berechnet; die Mittelwerte von Dt werden auf volle Prozentwerte gerundet.
32.
Der Verlauf des biologischen Abbaus wird grafisch dargestellt (siehe Abbildung „Validität und Interpretation der Ergebnisse“. Wenn hinreichende Daten vorliegen, werden aus der Kurve die „Lag“-Phase (tL) und der Zeitpunkt berechnet, zu dem seit dem Ende der „Lag“-Phase ein Abbau um 50 % erreicht ist (t50).

Prüfbericht

33.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfstoff:

physikalischer Zustand und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften.
Kenndaten;

Prüfbedingungen:

Lage und Beschreibung des Standorts der Probenahme; Verschmutzungsgrad und Nährstoffgehalt (ggf. Koloniezahl, Nitrat, Ammonium, Phosphat);
Merkmale der Probe (Datum der Probenahme, Tiefe, Aussehen, Temperatur, Salzgehalt, DOC (optional), Zeitraum zwischen Probenahme und Verwendung im Test;
verwendete Methode (ggf.) zur Alterung des Meerwassers;
Methode zur Vorbehandlung (Filtration/Sedimentation) des Meerwassers;
Methode zur DOC-Bestimmung;
Ausrüstung für spezifische Analysen (optional);
Methode zur Bestimmung der Anzahl der Heterotrophen im Meerwasser (Plattenzählung oder alternatives Verfahren) (optional);
sonstige Methoden (optional) zur Beschreibung des Meerwassers (ATP-Messungen usw.).

Ergebnisse:

auf einem Datenblatt eingetragene Analysedaten (Anlage 2);
Der Verlauf des Abbautests wird in einem Diagramm dargestellt, aus dem die „Lag“-Phase (tL), die Steigung und die Dauer (ab dem Ende der „Lag“-Phase) bis zu einem Abbau von 50 % (t50) hervorgehen. Die „Lag“-Phase kann aufgrund der grafischen Darstellung abgeschätzt (siehe Abbildung im Abschnitt „Validität und Interpretation der Ergebnisse“) oder auch einfach als Dauer bis zu einem Abbau von 10 % angenommen werden.
gemessener Abbau in Prozent. nach 60 Tagen oder am Ende des Tests

Diskussion der Ergebnisse.

Validität und Interpretation der Ergebnisse

34.
Die mit den Referenzstoffen (z. B. Natriumbenzoat, Natriumacetat oder Anilin) ermittelten Ergebnisse sollten mit den im Ringtest erhaltenen Ergebnissen (3) vergleichbar sein (siehe Abschnitt „Referenzstoffe“, Nummer 7). Wenn mit Referenzstoffen untypische Ergebnisse ermittelt werden, ist der Test mit einer anderen Meerwasserprobe zu wiederholen. Obwohl die Ergebnisse von Inhibitionstests auf Grund der Beteiligung von DOC durch den Prüfstoff nicht immer einfach zu interpretieren sind, ist eine signifikante Verringerung des gesamten gelösten Kohlenstoffs gegenüber der Kontrolle ein klares Anzeichen für toxische Effekte.
35.
Wegen der Verwendung verhältnismäßig hoher Prüfkonzentrationen im Vergleich zu den meisten natürlichen Systemen (und entsprechend einem ungünstigen Verhältnis zwischen den Konzentrationen der Prüfstoffe und sonstiger Kohlenstoffquellen) wird diese Methode als Vorversuch betrachtet, mit dem ermittelt werden kann, ob ein Stoff grundsätzlich leicht biologisch abbaubar ist. Ein niedriges Ergebnis bedeutet daher nicht unbedingt, dass der Prüfstoff in der Meeresumwelt nicht biologisch abbaubar wäre, sondern ist Anzeichen dafür, dass zur Klärung weitere Arbeiten durchgeführt werden müssen.

In der folgenden Abbildung ist ein Beispiel zur Ermittlung des theoretischen Abbaus als Möglichkeit zur Abschätzung von tL (Dauer der „Lag“-Phase) und t50 (Zeitdauer ab tL bis zu einem Abbau von 50 %) dargestellt:

GESCHLOSSENER FLASCHEN-TEST

EINLEITUNG

1.
Diese Methode ist eine für Meerwasser angepasste Variante des geschlossenen Flaschen-Tests (5); sie beruht auf einem von der Europäischen Kommission organisierten und vom Dänischen Institut für Wasserqualität durchgeführten Ringtest (3).
2.
Analog zur beschriebenen Schüttelmethode sind auch die Ergebnisse dieses Tests nicht als Indikatoren für eine leichte biologische Abbaubarkeit zu betrachten, sondern vielmehr zum Erhalt weiterer Informationen über die biologische Abbaubarkeit von Stoffen in der Meeresumwelt zu verwenden.

PRINZIP DER METHODE

3.
Eine zuvor festgelegte Menge des Prüfstoffes wird im Prüfmedium in einer Konzentration von gewöhnlich 2-10 mg/l gelöst. (Es können eine oder auch mehrere Konzentrationen verwendet werden.) Die Lösung wird in einer geschlossenen Flasche im Dunkeln in einem Bad mit konstanter Temperatur oder in einem Schrank bei einer auf ± 1 °C geregelten Temperatur von 15-20 °C aufbewahrt. Wenn mit der Untersuchung Umweltbedingungen simuliert werden sollen, können die Tests auch außerhalb dieses normalen Temperaturbereichs durchgeführt werden, sofern eine geeignete Temperaturregelung gegeben ist. Der Abbau wird über einen Zeitraum von 28 Tagen mithilfe von Sauerstoffanalysen überwacht.
4.
Der Ringtest hat gezeigt, dass durch eine Ausdehnung des Tests auf mehr als 28 Tage wegen der dann meist auftretenden erheblichen Störungen keine verwendbaren Informationen erhalten wurden. Der biologische Sauerstoffbedarf (BSB) der Blindkontrolle war wahrscheinlich wegen des Wachstums an den Wänden (wegen fehlender Schüttelung) und aufgrund der Nitrifikation übermäßig hoch. Daher wird eine Dauer von 28 Tagen empfohlen. Wenn jedoch der BSB-Wert einen Anteil von 30 % nicht übersteigt (Nummern 15 und 40), kann der Test auch über einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden.

INFORMATIONEN ZUM PRÜFSTOFF

5.
Um festzustellen, ob ein Test bei einem bestimmten Stoff durchzuführen ist, müssen einige Eigenschaften des Stoffes bekannt sein. Die Summenformel wird benötigt, um den theoretischen Sauerstoffbedarf (ThSB) zu berechnen (siehe Anlage 3). Ansonsten ist als Referenzwert der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) des jeweiligen Stoffes zu bestimmen. Die Verwendung des CSB ist weniger zufriedenstellend, da manche Stoffe beim CSB-Test nicht vollständig oxidieren.
6.
Die Löslichkeit des Stoffes muss mindestens bei 2 mg/l liegen, wenngleich grundsätzlich auch weniger lösliche Stoffe (z. B. unter Ultraschallbehandlung) und flüchtige Stoffe getestet werden könnten. Informationen zur Reinheit oder zu den relativen Anteilen der Hauptkomponenten des Prüfstoffes werden benötigt, damit die Testergebnisse entsprechend interpretiert werden können. Dies gilt insbesondere bei sehr Testergebnissen nahe am „Pass“-Level.
7.
Informationen über die Toxizität des Prüfstoffes für Bakterien (beispielsweise gemessen im Kurzzeit-Atemfrequenztests (4)) können für die Wahl geeigneter Prüfkonzentrationen sehr hilfreich und für die korrekte Auswertung niedriger Abbaubarkeitswerte ausschlaggebend sein. Diese Informationen sind jedoch nicht immer hinreichend für die Interpretation der Ergebnisse von Tests zur Prüfung der biologischen Abbaubarkeit; eher geeignet ist gegebenenfalls das in Nummer 27 beschriebene Verfahren.

REFERENZSTOFFE

8.
Zur Prüfung der mikrobiologischen Aktivität der Meerwasserproben sind geeignete Referenzstoffe zu verwenden. Geeignet sind beispielsweise Anilin, Natriumacetat und Natriumbenzoat. Diese Stoffe müssen in einer angemessen kurzen Zeitspanne zu mindestens 60 % ihres jeweiligen ThSB abgebaut werden; ansonsten sollte der Test mit einer anderen Meerwasserprobe wiederholt werden.
9.
Im Ringtest der Europäischen Kommission, bei dem Meerwasserproben an unterschiedlichen Standorten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Laufe eines Jahres genommen wurden, betrug bei Natriumbenzoat die „Lag“-Phase (tL) 0-2 Tage und die Zeitdauer bis zu einem Abbau von 50 % (t50) (ohne „Lag“-Phase) 1-4 Tage. Für Anilin betrugen die tL-Werte 0-7 Tage und die t50-Werte 2-12 Tage.

REPRODUZIERBARKEIT

10.
Die Reproduzierbarkeit der Methode wurde im Ringtest der Europäischen Kommission nachgewiesen (3).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

11.
Übliche Laborausrüstung und folgende Geräte:

(a) 250-300 ml-BSB-Flaschen mit Glasstopfen oder 250-ml-Flaschen mit engem Hals und mit Glasstopfen;

(b) mehrere 2-, 3- und 4-l-Flaschen mit Literteilung zur Vorbereitung des Versuchs und zum Füllen der BSB-Flaschen;

(c) Wasserbad oder Raum mit konstanter Temperatur zur Aufbewahrung der Flaschen bei einer konstanten Temperatur (± 1 °C) unter Lichtabschluss;

(d) Ausrüstung zur Analyse des gelösten Sauerstoffs;

(e) Membranfilter, 0,2-0,45 μm (optional);

(f) Ausrüstung für spezifische Analysen (optional).

Meerwasser

12.
Eine Meerwasserprobe wird in einem gründlich gereinigten Behältnis genommen und möglichst innerhalb von ein bis zwei Tagen nach der Entnahme ins Labor gebracht. Während des Transports darf die Probentemperatur die Testtemperatur nicht erheblich überschreiten.
13.
Der Entnahme-Standort ist genau zu bezeichnen und hinsichtlich seines Verschmutzungsgrads und des Nährstoffgehalts zu beschreiben. Insbesondere bei Proben aus Küstengewässern und bei verschmutzten Gewässern werden zudem die Koloniezahl heterotropher Mikroorganismen und die Konzentrationen an gelöstem Nitrat, Ammonium und Phosphat angegeben.
14.
Für die eigentliche Meerwasserprobe sind folgende Informationen anzugeben:
Entnahmedatum:
Tiefe der Probenahme;
Aussehen der Probe — z. B. trüb;
Temperatur zum Entnahmezeitpunkt;
Salzgehalt;
gelöster organischer Kohlenstoff (DOC = Dissolved organic Carbon);
Zeitspanne zwischen der Probenahme und der Verwendung im Test.
15.
Wenn der DOC-Gehalt der Probe zu hoch ist oder wenn vermutet wird, dass der BSB der Blindkontrolle nach 28 Tagen mehr als 30 % über dem BSB des Referenzstoffes liegt, wird vor der Verwendung eine Alterung des Meerwassers um etwa eine Woche empfohlen.
16.
Die Alterung der Probe erfolgt durch Lagerung unter aeroben Bedingungen bei Testtemperatur im Dunkeln oder bei diffuser Beleuchtung. Bei Bedarf ist Sauerstoff durch mäßige Belüftung zuzuführen. Bei der Alterung verringert sich der Anteil leicht abbaubaren organischen Materials. Im Ringtest (3) wurden keine Unterschiede zwischen dem Abbaupotenzial gealterter und frisch entnommener Meerwasserproben festgestellt.
17.
Vor der Verwendung werden grobe Partikel aus dem Meerwasser abgetrennt, beispielsweise unter Filtration durch einen Nylonfilter oder ein grobes Papier (jedoch keine Membran oder GF-C-Filter) oder durch Ausfällen und Dekantieren. Das verwendete Verfahren ist zu protokollieren. Diese Vorbehandlung erfolgt nach der Alterung, falls verwendet.

Stammlösungen mit mineralischen Nährstoffen

18.
Die folgenden Stammlösungen werden mit Reagenzien in Analysequalität hergestellt:



(a)Kaliumdihydrogenorthophosphat, KH2PO48,50 g
Dikaliummonohydrogenorthophosphat, K2HPO421,75 g
Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dihydrat, Na2HPO4.2H2O33,30 g
Ammoniumchlorid, NH4Cl0,50 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.
(b)Calciumchlorid, CaCl227,50 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.
(c)Magnesiumsulfat-Heptahydrat, MgSO47H2O22,50 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.
(d)Eisen(III)chlorid-Hexahydrat, FeCl3 6H2O0,25 g
In Wasser lösen und mit destilliertem Wasser auf 1 l auffüllen.

Das Ausfällen in der Lösung (d) kann verhindert werden, indem ein Tropfen konzentrierter Salzsäure oder 0,4 g Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA, Dinatriumsalz) pro Liter hinzugegeben werden. Wenn es in einer Stammlösung zu einer Ausfällung kommt, ist die Lösung durch eine frisch hergestellte Lösung zu ersetzen.

Herstellung des Prüfmediums

19.
Pro Liter vorbehandeltes Meerwasser wird jeweils 1 ml der oben genannten Stammlösungen hinzugegeben. Das Prüfmedium wird mit Luft (auf Testtemperatur) gesättigt, indem es etwa 20 Minuten mit sauberer Druckluft belüftet wird. Danach wird die Konzentration des gelösten Sauerstoffs für Kontrollzwecke ermittelt. Die gesättigte Konzentration an gelöstem Sauerstoff in Abhängigkeit vom Salzgehalt und von der Temperatur kann dem dieser Prüfmethode beigefügten Nomogramm entnommen werden (Anlage 4).

Inokulum

20.
Zusätzlich zu den bereits im Meerwasser vorhandenen Mikroorganismen darf kein spezifisches Inokulum hinzugegeben werden. Die Anzahl der koloniebildenden Heterotrophe im Meerwasser-Prüfmedium (sowie vorzugsweise auch in der ursprünglichen Meerwasserprobe) wird beispielsweise durch Plattenzählung mit Meerwasseragar (fakultativ) bestimmt. Dies ist insbesondere bei Proben aus Küstengewässern oder aus verschmutzten Standorten wünschenswert. Die heterotrophe mikrobiologische Aktivität des Meerwassers wird anhand eines Tests mit einem Referenzstoff geprüft.

Ansetzen der Testflaschen

21.
Alle erforderlichen Schritte einschließlich des Alterns und der Vorbehandlung des Meerwassers sind bei der gewählten Testtemperatur im Bereich von 15-20 °C durchzuführen; die verwendeten Glasgeräte müssen sauber sein, brauchen aber nicht sterilisiert zu werden.
22.
Zur Bestimmung des BSB der Prüfstoffe und der Referenzstoffe werden mehrere Gruppen von BSB-Flaschen für gleichzeitige Versuchsreihen vorbereitet. Sämtliche Analysen sind an jeweils zwei Flaschen (Blindkontrollen, Referenzstoffe und Prüfstoffe) vorzunehmen, d. h. für jede Messung werden jeweils zwei Flaschen vorbereitet. Die Analysen werden mindestens an den Tagen 0, 5, 15 und 28 vorgenommen (4 Messungen). Für die Analysen des Sauerstoffbedarfs werden insgesamt 3 × 2 × 4 = 24 Flaschen (Blindprobe, Referenzstoff und Prüfstoff) und entsprechend etwa 8 l Prüfmedium (pro Konzentration des Prüfstoffes) benötigt.
23.
Von den Prüfstoffen und den Referenzstoffen werden in großen Flaschen mit hinreichendem Fassungsvermögen (siehe Nummer 11) getrennte Lösungen hergestellt, indem die Prüfstoffe bzw. die Referenzstoffe zunächst entweder direkt oder über eine konzentrierte Stammlösung in die teilweise gefüllten großen Flaschen gegeben werden. Danach wird weiteres Prüfmedium hinzugefügt, bis die gewünschte Endkonzentration erreicht ist. Wenn Stammlösungen der Prüfstoffe und/oder der Referenzstoffe verwendet werden, ist sicherzustellen, dass der Salzgehalt des Meerwassermediums nicht erheblich verändert wird.
24.
Bei der Auswahl der Prüfstoffe und der Referenzstoffe sind die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

(a) die Löslichkeit des gelösten Sauerstoffs im Meerwasser bei der jeweiligen Testtemperatur und beim jeweiligen Salzgehalt (siehe beigefügtes Nomogramm, Anlage 4);

(b) der BSB der Blindprobe des Meerwassers und

(c) der erwartete biologische Abbau des Prüfstoffes.

25.
Bei einer Temperatur von 15 °C bzw. 20 °C und einem Salzgehalt von 32 ppm (Meerwasser) liegt die Löslichkeit des gelösten Sauerstoffs etwa bei 8,1 bzw. 7,4 mg/l. Der Sauerstoffbedarf des eigentlichen Meerwassers (Sauerstoffzehrung der Blindprobe) kann 2 mg O2/l oder mehr betragen, wenn das Meerwasser nicht gealtert ist. Um eine signifikante Sauerstoffkonzentration nach der Oxidation des Prüfstoffes sicherzustellen, wird bei Stoffen, bei denen (ebenso wie bei den Referenzstoffen) unter den Testbedingungen ein vollständiger Abbau erwartet wird, mit einer Ausgangskonzentration des Prüfstoffes von etwa 2-3 mg/l (je nach ThSB) begonnen. Weniger leicht abbaubare Stoffe werden mit höheren Konzentrationen (bis zu etwa 10 mg/l) getestet, wenn keine toxischen Wirkungen eintreten. Es kann vorteilhaft sein, Tests gleichzeitig mit einer niedrigen (ca. 2 mg/l) und einer hohen (ca. 10 mg/l) Konzentration des Prüfstoffesdurchzuführen.
26.
Parallel muss eine Sauerstoff-Kontrolle in Flaschen geprüft werden, die weder den Prüfstoff noch einen Referenzstoff enthalten.
27.
Wenn Inhibitionswirkungen festgestellt werden sollen, sind die folgenden Reihen von Lösungen in getrennten großen Flaschen herzustellen (Nummer 13):

(a) 2 mg/l eines leicht abbaubaren Stoffs (z. B. eine der genannten Referenzstoffe);

(b) x mg/l Prüfstoff (x ist gewöhnlich 2);

(c) 2 mg/l leicht abbaubarer Stoff und x mg/l Prüfstoff.

Physikalisch-chemische Kontrolle (optional)

28.
Wenn spezifische Analysen durchgeführt werden sollen, kann mit einem physikalisch-chemischen Versuch geprüft werden, ob der Prüfstoff durch abiotische Prozesse (z. B. Hydrolyse oder Adsorption) abgebaut wird. Ein physikalisch-chemischer Kontrolltest kann durchgeführt werden durch Zugabe von Quecksilber(II)-chlorid (HgCl2)  (50-100 mg/l) zu zwei Gefäßen mit dem Prüfstoff, um das Wachstum von Mikroorganismen zu unterbinden. Ein signifikanter Rückgang der Konzentration des spezifischen Stoffs im Laufe des Tests ist Anzeichen für die Wirkung abiotischer Abbaumechanismen.

Anzahl der BSB-Flaschen bei einem typischen Testdurchlauf

29.
Bei einem typischen Test werden die folgenden Flaschen verwendet:
mindestens 8 Flaschen mit des Prüfstoffs,
mindestens 8 Flaschen mit Meerwasser, das nur mit Nährstoffen angereichert wurde,
mindestens 8 Flaschen mit dem Referenzstoff und (erforderlichenfalls)
6 Flaschen mit Prüfstoffen und Referenzstoffen (zur Toxizitätskontrolle).

VERFAHREN

30.
Nach der Herstellung werden die einzelnen Lösungen umgehend aus dem unteren Viertel (aber nicht ganz vom Boden) der jeweiligen großen Flasche abgesaugt, um die entsprechende Gruppe von BSB-Flaschen zu füllen. Unmittelbar danach wird der Anteil des gelösten Sauerstoffs in den Null-Kontrollen (d. h. den Kontrollen zum Zeitpunkt 0) geprüft (Nummer 33), oder die Kontrollen werden für eine spätere chemische Analyse durch Ausfällung mit MnCl2 (Mangan(II)-chlorid) und NaOH (Natriumhydroxid) aufbewahrt.
31.
Die übrigen parallelen BSB-Flaschen werden bei Testtemperatur (15-20 °C) im Dunkeln inkubiert; in regelmäßigen Zeitabständen werden sie aus dem Inkubationsbereich genommen (mindestens z. B. nach 5, 15 und 28 Tagen) und auf den Anteil an gelöstem Sauerstoff geprüft (Nummer 33).
32.
Die Proben werden einer Membranfilteration (0,2-0,45 μm) unterzogen oder 15 Minuten lang zentrifugiert, um spezifische Analysen durchzuführen (optional). Werden die Analysen nicht unmittelbar danach durchgeführt, sind die gefilterten oder zentrifugierten Proben bis zu 48 Stunden bei 2-4 °C oder über längere Zeiträume bei – 18 °C aufzubewahren. (Wenn bekannt ist, dass der Prüfstoff dadurch nicht beeinträchtigt wird, wird die Probe vor der Lagerung auf einen pH-Wert von 2 eingestellt.)

Bestimmung der Konzentration des gelösten Sauerstoffs

33.
Die Konzentration des gelösten Sauerstoffs wird mit einer national oder international anerkannten chemischen oder elektrochemischen Methode ermittelt.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

34.
Die Analyseergebnisse werden auf den beigefügten Datenblättern protokolliert (Anlage 5).
35.
Der BSB wird als Unterschied zwischen dem Sauerstoffabbau einer Blindprobe und einer Lösung des Prüfstoffs unter den Testbedingungen ermittelt. Der Nettoabbau des Sauerstoffs wird durch die Konzentration (w/w) des jeweiligen Stoffs geteilt, um den BSB als mg BSB/mg Prüfsubstanz auszudrücken. Als Abbau wird das Verhältnis des biochemischen Sauerstoffbedarfs entweder (vorzugsweise) zum theoretischen Sauerstoffbedarf (ThSB) oder zum chemischen Sauerstoffbedarf (CSD) in Prozent bezeichnet (siehe Nummer 36).
36.
Der biologische Abbau wird für die Prüfstoffe und die Referenzstoffe bezogen auf die einzelnen Zeitpunkte der Probenahme mit einer der folgenden Gleichungen ermittelt:

Dabei sind:

ThSB=theoretischer Sauerstoffbedarf (Berechnung, Anlage 3)
CSB=chemischer Sauerstoffbedarf; experimentell zu bestimmen

Hinweis: Manchmal führen die zwei Berechnungsmethoden (prozentualer ThSB oder prozentualer CSB) zu unterschiedlichen Ergebnissen. In diesen Fällen ist vorzugsweise vom ThSB auszugehen, da manche Stoffe im CSB-Test nicht vollständig oxidiert werden.

37.
Der Verlauf des Tests zum biologischen Abbau wird grafisch dargestellt (siehe z. B. Abbildung „Validität und Interpretation der Ergebnisse“). Wenn hinreichende Daten vorliegen, werden aus der Kurve die „Lag“-Phase (tL) und der Zeitpunkt berechnet, zu dem seit dem Ende der „Lag“-Phase ein Abbau um 50 % erreicht ist (t50).
38.
Wenn spezifische Analysen durchgeführt werden (optional), ist der prozentuale primäre Abbau als Prozentanteil des Abbaus eines spezifischen Stoffs während der Prüfdauer (bereinigt um Blindproben) anzugeben.

Prüfbericht

39.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfstoff:

physikalischer Zustand und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften.
Kenndaten;

Prüfbedingungen:

Lage und Beschreibung des Standorts der Probenahme; Verschmutzungsgrad und Nährstoffgehalt (ggf. Koloniezahl, Nitrat, Ammonium, Phosphat);
Merkmale der Probe (Datum der Probenahme, Tiefe, Aussehen, Temperatur, Salzgehalt, DOC (optional), Zeitraum zwischen Probenahme und Verwendung im Test;
verwendete Methode (ggf.) zur Alterung des Meerwassers;
Methode zur Vorbehandlung (Filtration/Sedimentation) des Meerwassers;
Methode zur CSB-Bestimmung (wenn durchgeführt);
Methode für die Sauerstoffmessungen;
Verfahren zur Dispergierung von unter den Testbedingungen schlecht löslichen Stoffen;
Methode zur Bestimmung der Anzahl der Heterotrophen im Meerwasser (Plattenzählung oder alternatives Verfahren);
Methode zur Bestimmung des Meerwasser-DOC (optional);
Ausrüstung für spezifische Analysen (optional);
sonstige optionale Methoden zur Beschreibung des Meerwassers (ATP-Messungen usw.).

Ergebnisse:

auf einem Datenblatt eingetragene Analysedaten (beigefügt, Anlage 5);
der Verlauf des Abbautests wird in einem Diagramm dargestellt, aus dem die „Lag“-Phase (tL), die Steigung und die Dauer (ab dem Ende der „Lag“-Phase) bis zu einem Anteil von 50 % der durch die Oxidation des Prüfstoffes bewirkten endgültigen Sauerstoffzehrung (t50) hervorgehen. Die „Lag“-Phase kann aufgrund der grafischen Darstellung (in der beigefügten Abbildung) abgeschätzt werden oder einfach aufgrund des Zeitbedarfs für einen Abbau um 10 % ermittelt werden;
prozentualer Abbau, gemessen nach 28 Tagen.

Diskussion der Ergebnisse.

Validität und Interpretation der Ergebnisse

40.
Die Sauerstoffzehrung der Blindprobe muss sich auf 30 % des Sauerstoffs in der Testflasche beschränken. Wenn dieses Kriterium mit frisch entnommenem Meerwasser nicht erfüllt werden kann, muss das Meerwasser vor der Verwendung altern (stabilisiert werden).
41.
Zu berücksichtigen ist, dass stickstoffhaltige Stoffe die Ergebnisse beeinträchtigen können.
42.
Mit den Referenzstoffen Natriumbenzoat und Anilin ermittelte Ergebnisse müssen mit den Ergebnissen des Ringtests (3) (Nummer 9) vergleichbar sein. Wenn mit Referenzstoffen untypische Ergebnisse ermittelt werden, ist der Test mit einer anderen Meerwasserprobe zu wiederholen.
43.
Es kann davon ausgegangen werden, dass der Prüfstoff das Bakterienwachstum (bei der verwendeten Konzentration) hemmt, wenn der BSB des Referenzstoffs und des Prüfstoffes geringer ist als die Summe der BSB-Werte der getrennten Lösungen der beiden Stoffe.
44.
Wegen der verhältnismäßig hohen Prüfkonzentrationen im Vergleich zu den meisten natürlichen Systemen (und entsprechend einem ungünstigen Verhältnis zwischen den Konzentrationen des Prüfstoffes und sonstiger Kohlenstoffquellen) wird diese Methode als Vorversuch betrachtet, mit dem ermittelt werden kann, ob ein Stoff grundsätzlich leicht biologisch abbaubar ist. Ein niedriges Ergebnis bedeutet entsprechend nicht unbedingt, dass der Prüfstoff in der Meeresumwelt nicht biologisch abbaubar wäre, sondern ist Anzeichen dafür, dass zur Klärung weitere Arbeiten durchgeführt werden müssen.

In der folgenden Abbildung ist ein Beispiel zur Ermittlung des theoretischen Abbaus als Möglichkeit zur Abschätzung von tL (Dauer der „Lag“-Phase) und t50 (Zeitdauer ab tL bis zu einem Anteil von 50 % der endgültigen Sauerstoffzehrung infolge der Oxidation des Prüfstoffs) dargestellt:

LITERATUR

(1) de Kreuk J.F., und Hanstveit A.O. (1981). Determination of the biodegradability of the organic fraction of chemical wastes. Chemosphere, 10 (6); 561-573.

(2) Kapitel C.4-B in diesem Anhang: Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit, Teil III, Modifizierter OECD-Screening-Test.

(3) Nyholm N., und Kristensen P. (1987). Screening Test Methods for Assessment of Biodegradability of Chemical Substances in Seawater. Final Report of the ring test programme 1984-1985, März 1987, Kommission der Europäischen Gemeinschaften.

(4) Kapitel C.11 in diesem Anhang: Biologische Abbaubarkeit — Belebtschlamm-Atmungshemmungstest

(5) Kapitel C.4-E in diesem Anhang: Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit, Teil IV: Geschlossener Flaschen-Test.

Anlage 1

Bestimmung des Gehalts an organischem Kohlenstoff in Meerwasser

SCHÜTTELMETHODE

Zur Ermittlung des Anteils an organischem Kohlenstoff in einer Wasserprobe werden die organischen Bestandteile der Probe mit einem der folgenden Verfahren zu Kohlendioxid oxidiert:

Nassoxidation durch Persulfat/UV-Bestrahlung;
Nassoxidation durch Persulfat/höhere Temperatur (116-130 °C);
Verbrennung.

Die Menge des entstandenen CO2 wird durch Infrarotspektrometrie oder Titrimetrie ermittelt. Alternativ wird das CO2 zu Methan reduziert; dieses wird auf einem Flammenionisations-Detektor (FID) quantifiziert.

Die Methode mit Persulfat/UV-Bestrahlung ist bei der Analyse von „sauberem“ Wasser mit geringem Partikelgehalt allgemein üblich. Die beiden letztgenannten Methoden können bei den meisten Wasserproben angewendet werden; die Methode der Oxidation mit Persulfat und einer höheren Temperatur ist besonders für Proben mit niedriger Konzentration geeignet, und die Verbrennung empfiehlt sich für Verfahren mit nicht flüchtigen organischen Kohlenstoffen (NVOC = Non-Volatile Organic Carbon) in einer Konzentration von deutlich über 1 mg C/l.

Störungen

Bei allen drei Verfahren muss in den Proben vorhandener anorganischer Kohlenstoff entfernt oder kompensiert werden. Die für die Entfernung von anorganischem Kohlenstoff am häufigsten verwendete Methode ist die Ausschleusung von CO2, auch wenn dabei flüchtige organische Verbindungen verloren gehen (1). Die vollständige Entfernung oder Kompensation des anorganischen Kohlenstoffs ist für jede einzelne Probenmatrix sicherzustellen; je nach Probentyp muss zusätzlich zum NVOC der Anteil an flüchtigem Kohlenstoff (VOC = Volatile Organic Carbon) bestimmt werden.

Bei Verwendung der Persulfat-/UV-Methode (2) führen hohe Chloridkonzentrationen zu einer Verringerung der Oxidationseffizienz. Mit einem durch Zusatz von Quecksilber-(II)-nitrat modifizierten Oxidationsreagens kann diese Störung jedoch verhindert werden. Es wird empfohlen, dass zur Untersuchung der verschiedenen Typen chloridhaltiger Proben das maximal zulässige Probenvolumen verwendet wird. Hohe Salzkonzentrationen der mit der Verbrennungsmethode analysierten Proben können zur Bildung einer Salzschicht auf dem Katalysator und zu übermäßiger Korrosion des Verbrennungsrohrs führen. Daher sind die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen gemäß den Herstelleranweisungen (Handbuch) zu treffen.

Stark getrübte Proben sowie Proben mit Partikelmaterial können mit der Persulfat-/UV-Methode unter Umständen nicht vollständig oxidieren.

Beispiel einer geeigneten Methode

Der Anteil an nicht flüchtigem organischem Kohlenstoff wird durch Oxidation mit Persulfat/UV-Bestrahlung und anschließende Quantifizierung des entstandenen CO2 durch nichtdispersive Infrarotspektronomie ermittelt.

Das Oxidationsreagens wird nach den Vorschlägen in (2) und gemäß den Herstelleranweisungen modifiziert:

a)
8,2 g HgCl2 und 9,6 g Hg(NO3)2.H2O werden in mehreren Hundert Millilitern Reagenzwasser mit niedriger Kohlenstoffkonzentration gelöst.
b)
20 g K2S2O8 werden in Quecksilbersalzlösung gelöst.
c)
5 ml HNO3 (konz.) werden zum Gemisch hinzugegeben.
d)
Das Reagens wird auf 1 000  ml verdünnt.

Die Störung durch das Chlorid wird unterbunden, indem für 10 %iges Chlorid ein Probenvolumen von 40 μl und für 1,9 %iges Chlorid ein Probenvolumen von 200 μl verwendet wird. Proben mit hohen Chloridkonzentrationen und/oder größere Probenvolumina können mit dieser Methode analysiert werden, wenn eine Chloridakkumulation im Oxidationsgefäß verhindert wird. Anschließend kann (wenn für den betreffenden Probentyp von Bedeutung) der Anteil an flüchtigem organischem Kohlenstoff ermittelt werden.

LITERATUR

(1) ISO, Water quality — determination of total organic carbon. Draft International Standard ISO/DIS 8245, 16. Januar 1986.

(2) American Public Health Association, Standard Methods for the Estimation of Water and Wastewater. American Water Works Association & Water Pollution Control Federation, 16th edition, 1985.

Ebenfalls von Interesse (Beschreibung eines automatischen Analysesystems):

(3) Schreurs W. (1978). An automated colorimetric method for the determination of dissolved organic carbon in seawater by UV destruction. Hydrobiological Bulletin 12, 137-142.

Anlage 2

Biologischer abbau in Meerwasser

SCHÜTTELMETHODE

DATENBLATT

1.
LABOR:
2.
DATUM DES TESTBEGINNS:
3.
PRÜFSTOFF:

Name:



Konzentration der Stammlösung:mg/l als Stoff
Ausgangskonzentration im Medium, to:mg/l als Stoff
:mg DOC/l
4.
MEERWASSER:

Herkunft:

Entnahmedatum:

Tiefe der Probenahme:

Aussehen zum Entnahmezeitpunkt (z. B. trüb):



Salzgehalt bei Entnahme:
Temperatur bei Entnahme:°C
DOC „x“ Stunden nach der Entnahme:mg/l

Vorbehandlung vor dem Test (Filtration, Sedimentation, Alterung usw.):



Mikrobenkoloniezahl—  ursprüngliche Probe:Kolonien/ml
—  zu Beginn des Tests:Kolonien/ml
Sonstige Merkmale:
5.
ERMITTLUNG DES KOHLENSTOFFGEHALTS:

Kohlenstoffanalysator:



Kolben Nr.DOC nach n Tagen (mg/l)
0n1n2n3nx
Test: mit Nährstoffen angereichertes Meerwasser mit Prüfstoff1a1
a2
mittlere Ca(t)
2b1
b2
mittlere Cb(t)
Blindprobe: mit Nährstoffen angereichertes Meerwasser ohne Prüfstoff1c1
c2
mittlere Cc(t)
2d1
d2
mittlere Cd(t)
mittlere
6.
EVALUIERUNG DER ROHDATEN:



Kolben Nr.Berechnung der Ergebnisse:% Abbau nach n Tagen
0n1n2n3nx
10
20
Mittelwert (*1)0
(*1)   Bei erheblichen Unterschieden darf kein Mittelwert aus D1 und D2 gebildet werden.

Hinweis: Ähnliche Formate können bei Durchführung einer spezifischen Analyse sowie für die Referenzstoffe und für Toxizitätskontrollen verwendet werden.

7.
ABIOTISCHER ABBAU (optional)



Zeit (Tage)
0T
Konzentration DOC (mg/l) in steriler KontrolleCs(o)Cs(t)

Anlage 3

Berechnung des theoretischen biochemischen Sauerstoffbedarfs

GESCHLOSSENER FLASCHEN-TEST

Der ThSB des Stoffs CcHhClclNnNanaOoPpSs mit der Molekülmasse MW wird wie folgt berechnet:

Diese Berechnung geht davon aus, dass C in CO2, H in H2O, P in P2O5 und Na in Na2O umgewandelt wird. Halogene werden zu Halogenwasserstoff und Stickstoff zu Ammoniak abgebaut.

Beispiel:

Glucose C6H12O6, MW = 180

Die Molekülmassen von Salzen (mit Ausnahme der Alkalimetalle) werden unter der Annahme berechnet, dass die Salze durch Hydrolyse aufgelöst wurden.

Es wird angenommen, dass Schwefel bis auf Stufe +6 oxidiert wurde.

Beispiel:

Natrium n-dodecylbenzolsulfonat C18H29SO3Na, MW = 348

Bei stickstoffhaltigen Stoffen kann der Stickstoff entsprechend dem jeweiligen theoretischen biochemischen Sauerstoffbedarf zu Ammoniak, Nitrit oder Nitrat abgebaut werden.

Annahme: Bei einem sekundären Amin wurde durch Analyse eine vollständige Nitratbildung festgestellt:

(C12H25)2 NH, MW = 353

Anlage 4

Anlage 5

Biologischer Abbau in Meerwasser

GESCHLOSSENER FLASCHEN-TEST

DATENBLATT

1.
LABOR:
2.
DATUM DES PRÜFBEGINNS:
3.
PRÜFSTOFF:

Name:



Konzentration der Stammlösung:mg/l
Ausgangskonz. in Meerwassermedium:mg/l
ThSB oder CSB:mg O2/mg Prüfstoff
4.
MEERWASSER:

Herkunft:

Entnahmedatum:

Tiefe der Probenahme:

Aussehen zum Entnahmezeitpunkt (z. B. trüb):



Salzgehalt bei Entnahme:
Temperatur bei Entnahme:°C
DOC „x“ Stunden nach der Entnahme:mg/l

Vorbehandlung vor dem Test (Filtration, Sedimentation, Alterung usw.):



Mikrobenkoloniezahl—  ursprüngliche Probe:Kolonien/ml
—  zu Beginn des Tests:Kolonien/ml
Sonstige Merkmale:
5.
PRÜFMEDIUM:



Temperatur nach Belüftung:°C
O2-Konzentration nach Belüftung und Stand vor Beginn des Tests:mg O2/l
6.
BESTIMMUNG DES GELÖSTEN SAUERSTOFFS:

Methode: Winkler/Elektrode



Kolben Nr.mg O2/l nach n Tagen
051528
Test: Nährstoff angereichertes Meerwasser mit Prüfstoff1a1
2a2
Mittelwert Blindkontrolle
Blindprobe: Nährstoff — angereichertes Meerwasser ohne Prüfstoff1c1
2c2
Mittelwert Test

Hinweis: Ein ähnliches Format kann für den Referenzstoff und für die Toxizitätskontrollen verwendet werden.

7.
ABBAU DES GELÖSTEN SAUERSTOFFS (DO): PROZENTUALER ABBAU ( % D):



DO-Abbau nach n Tagen
51528
(mb – mt) (1)
(1)   Es wird angenommen mb(o) = mt(o), Dabei sind:
mb(o) = Wert der Blindprobe an Tag 0,
mt(o) = Wert des Prüfstoffs an Tag 0.
mb(x) = Wert der Blindprobe an Tag x,
mt(x) = Wert des Prüfstoffs an Tag x.

C.43.   ANAEROBE BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT ORGANISCHER STOFFE IN FAULSCHLAMM: BESTIMMUNG DURCH MESSUNG DER GASPRODUKTION

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 311 (2006). Es gibt eine Reihe von Screening-Tests zur Bewertung der aeroben biologischen Abbaubarkeit organischer Stoffe (Prüfmethoden C.4, C.9, C.10 und C.11 (1) und OECD-Prüfrichtlinie TG 302C (2)). Die Ergebnisse dieser Tests konnten erfolgreich zur Vorhersage des Verhaltens von Chemikalien in der aeroben Umwelt, insbesondere in den aeroben Stufen der Abwasserbehandlung, verwendet werden. Verschiedene Anteile von wasserunlöslichen Chemikalien, sowie jene Stoffanteile, die an Feststoffe gebunden sind, werden aerob umgewandelt. Der größere Anteil dieser Stoffe wird jedoch an den primär ausgefällten Schlamm gebunden, der in den Absetzbecken vom Rohabwasser getrennt wird, bevor der abgesetzte Schlamm bzw. der Überstand aerob umgewandelt wird. Der Schlamm, der einige der löslichen Stoffe im Porenwasser enthält, wird dann zur anaeroben Umwandlung in die beheizten Faulbehälter geführt. Bislang gibt es in dieser Reihe noch keine Tests zur Bewertung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit in anaeroben Faulbehältern; der hier beschriebene Test soll diese Lücke schließen. Der Test ist nicht zwangsläufig auf andere, anoxische Umweltkompartimente übertragbar.
2.
Respirometrische Verfahren zur Messung der Mengen an produzierten Gasen — vorwiegend Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) unter anaeroben Bedingungen — wurden erfolgreich zur Bewertung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit eingesetzt. Birch et al. (3) haben diese Verfahren untersucht und bezeichnen die auf früheren Studien (5)(6)(7) beruhende Arbeit von Shelton und Tiedje (4) als die umfassendste Untersuchung. Die von anderen (8) weiterentwickelte Methode (4) hat sich in den USA als Standard etabliert (9)(10); mit dieser Methode wurden die Probleme im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Löslichkeiten von CO2 und CH4 im Prüfmedium und in Verbindung mit der Berechnung der theoretischen Gasproduktion eines Prüfstoffs aber nicht gelöst. Im ECETOC-Bericht (3) wurde die zusätzliche Messung des gelösten anorganischen Kohlenstoffs (DIC = Dissolved Inorganic Carbon) im flüssigen Überstand empfohlen; dadurch wurde das Verfahren in größerem Umfang einsetzbar. Die ECETOC-Methode wurde einer internationalen Kalibrierungsuntersuchung (einem Ringtest) unterzogen und zur ISO-Norm 11734 entwickelt (11).
3.
Die hier beschriebene Prüfmethode beruht auf ISO 11734 (11) und beschreibt ein Screeningverfahren zur Bewertung der potenziellen anaeroben biologischen Abbaubarkeit organischer Stoffe unter bestimmten Gegebenheiten (d. h. in einem anaeroben Faulbehälter zu einem bestimmten Zeitpunkt und mit verschiedenen Konzentrationen von Mikroorganismen). Da ein verdünnter Schlamm mit verhältnismäßig hoher Konzentration des Prüfstoffes verwendet wird und da die Prüfdauer in der Regel nicht mit der Retentionszeit in anaeroben Faulbehältern übereinstimmt, decken sich die Prüfbedingungen nicht unbedingt mit den Bedingungen in anaeroben Faulbehältern; außerdem kann die Prüfung nicht zur Beurteilung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit organischer Stoffe unter verschiedenen Umweltbedingungen verwendet werden. Der Schlamm wird dem Prüfstoff bis zu 60 Tage lang ausgesetzt; dieser Zeitraum ist länger als die normale Rententionszeit des Schlamms (25-30 Tage) in anaeroben Faulbehältern; in Industrieanlagen können die Rententionszeiten unter Umständen allerdings erheblich länger sein. Die Prognosen aufgrund der Ergebnisse dieser Prüfung sind weniger zuverlässig als beim aeroben biologischen Abbau, denn die Hinweise, die über das Verhalten von Prüfstoffen in Tests zur „leichten“ biologischen Abbaubarkeit und in Simulationstests sowie in der aeroben Umwelt gewonnen wurden, reichen aus, um von einem Zusammenhang ausgehen zu können. Für die anaeroben Umweltbedingungen liegen wenig vergleichbare Erfahrungen vor. Ein vollständiger anaerober biologischer Abbau kann als erfolgt betrachtet werden, wenn 75-80 % der theoretischen Gasproduktion erreicht sind. Aufgrund der hohen Konzentrationen des Prüfstoffs im Vergleich zur Biomasse in diesen Prüfungen kann davon ausgegangen werden, dass ein Stoff, der als aerob abbaubar eingestuft wird, eher auch in einem anaeroben Faulbehälter abgebaut wird. Wenn Stoffe im Test nicht zu Gas umgewandelt werden, sind diese nicht zwangsläufig auch bei realistischeren Umweltbedingungen (Konzentration Stoff: Biomasse) persistent. Außerdem kommt es zu weiteren anaeroben Reaktionen, durch die Stoffe mindestens teilweise abgebaut werden können (z. B. durch Dechlorierung); diese Reaktionen werden mit diesem Test aber nicht nachgewiesen. Mit spezifischen Analysemethoden zum Nachweis des Prüfstoffs kann auch ihr Verschwinden überwacht werden (siehe Nummern 6, 30, 44 und 53).

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

4.
Gewaschener Faulschlamm  mit niedrigen (< 10 mg/l) Konzentrationen an anorganischem Kohlenstoff (IC, inorganic carbon) wird etwa zehnfach auf eine Feststoffkonzentration von insgesamt 1-3 g/l verdünnt und bis zu 60 Tage bei 35 °C ± 2 °C in verschlossenen Gefäßen mit dem Prüfstoff in einer Konzentration von 20-100 mg C/l inkubiert. Um die Aktivität des Schlamms zu berücksichtigen, werden parallel Blindkontrollen mit einem Schlamm-Inokulum (aber ohne den Prüfstoff) im Medium geprüft.
5.
Der durch die Kohlendioxid- und Methanproduktion verursachte Druckanstieg im Gasraum (headspace) der Prüfgefäße wird gemessen. Das erzeugte CO2 wird unter Prüfbedingungen zu einem erheblichen Teil in der flüssigen Phase gelöst oder in Karbonat oder Hydrogencarbonat umgewandelt. Dieser Anteil an anorganischem Kohlenstoff wird am Ende der Prüfung gemessen.
6.
Der Kohlenstoffanteil (anorganisch und Methan) infolge des biologischen Abbaus des Prüfstoffs wird aus der Netto-Gasproduktion und der Netto-Produktion an anorganischem Kohlenstoff in der flüssigen Phase berechnet, die über die Produktion in der Blindkontrolle hinausgeht. Der Umfang des biologischen Abbaus wird aus dem insgesamt produzierten anorganischen Kohlenstoff und dem Methan-C als Prozentanteil des gemessenen oder berechneten Anteils des als Prüfstoff hinzugefügten Kohlenstoffs ermittelt. Der Verlauf des biologischen Abbaus kann durch Zwischenmessungen der Gasproduktion allein gemessen werden. Außerdem kann durch spezifische Analysen zu Beginn und am Ende der Prüfung der biologische Primärabbau ermittelt werden.

INFORMATIONEN ZUM PRÜFSTOFF

7.
Die Reinheit, Wasserlöslichkeit, Flüchtigkeit und das Adsorptionsverhalten des Prüfstoffs müssen bekannt sein, damit die Ergebnisse korrekt ausgewertet werden können. Der Gehalt des Prüfstoffs an organischem Kohlenstoff ( % w/w) muss entweder aufgrund ihrer chemischen Struktur oder aus Messungen bekannt sein. Bei flüchtigen Prüfstoffen bietet die gemessene oder berechnete Henry-Konstante einen Anhaltspunkt dafür, ob die Prüfung geeignet ist. Angaben über die Toxizität des Prüfstoffs gegenüber anaeroben Bakterien sind wichtig für die Auswahl einer geeigneten Prüfkonzentration und die Interpretationg der Ergebnisse bei einem geringen Abbau. Es wird empfohlen, eine Hemmkontrolle vorzusehen, außer wenn bekannt ist, dass der Prüfstoff keine Hemmung der Aktivität anaerober Mikroorganismen bewirkt (siehe Nummer 21 und ISO 13641-1 (12)).

ANWENDBARKEIT DER PRÜFMETHODE

8.
Die Prüfmethode kann bei wasserlöslichen Stoffen angewendet werden. Bei schlecht löslichen und nicht löslichen Stoffen ist sie anwendbar, wenn eine Methode mit exakter Dosierung verwendet wird (siehe z. B. ISO 10634 (13)). Generell ist bei flüchtigen Stoffen im Einzelfall zu entscheiden. Beispielsweise müssen besondere Schritte eingeleitet werden, damit während der Prüfung kein Gas freigesetzt wird.

REFERENZSTOFFE

9.
Um das Verfahren zu überprüfen, wird ein Referenzstoff getestet; dazu werden im Rahmen der normalen Testdurchläufe parallel geeignete Gefäße bereitgestellt. Beispiele sind etwa Phenol, Natriumbenzoat und Polyethylenglykol 400; bei diesen Stoffen ist innerhalb von 60 Tagen ein Abbau um mehr als 60 % der theoretischen Gasproduktion (d.h. Methan und anorganischer Kohlenstoff) zu erwarten (3)(14).

REPRODUZIERBARKEIT VON PRÜFERGEBNISSEN

10.
In einem internationalen Ringtest (14) wurde eine gute Reproduzierbarkeit bei den Messungen des Gasdrucks in drei Replikaten festgestellt. Die relative Standardabweichung (Variationskoeffizient) lag überwiegend unter 20 %; allerdings stieg dieser Wert in Verbindung mit toxischen Stoffen sowie gegen Ende der 60-tägigen Inkubationsdauer häufig auf über 20 %. Stärkere Abweichungen wurden auch bei Gefäßen mit einem Fassungsvermögen von < 150 ml festgestellt. Die endgültigen pH-Werte der Prüfmedien lagen zwischen 6,5 und 7,0.
11.
Im Ringtest wurden folgende Ergebnisse ermittelt:



Prüfstoff

Daten insg.

n1

Mittlerer Abbau

(bezogen auf die Gesamtdaten)

(%)

Relative Standardabweichung

(bezogen auf die Gesamtdaten)

(%)

Valide Daten

n2

Mittlerer Abbau

(aus validen Daten)

(%)

Relative Standardabweichung

(aus validen Daten)

(%)

Daten > 60 % Abbau in validen Tests

n3

Palmitinsäure3668,7 + 30,7452772,2 + 18,82619 = 70 % (*1)
Polyethylen Glycol 4003879,8 + 28,0352977,7 + 17,82324 = 83 % (*1)
(*1)   Anteil n2
12.
Die Variationskoeffizienten des Mittelwerts aller mit Palmitinsäure und Polyethylenglykol 400 ermittelten Werte lagen bei 45 % (n = 36) bzw. 35 % (n = 38). Wenn Werte von < 40 % und > 100 % weggelassen werden (wobei erstere auf suboptimale Bedingungen und letztere auf unbekannte Gründe zurückgeführt wurden), reduzierten sich die Variationskoeffizienten auf 26 % bzw. 23 %. Die Anteile „valider“ Werte (Abbau von mindestens 60 %) betrugen 70 % bei Palmitinsäure und 83 % bei Polyethylenglykol 400. Der prozentuale biologische Abbau, der aus dem Anteil an gelöstem anorganischem Kohlenstoff (DIC) ermittelt wurde, war verhältnismäßig gering, aber variabel. Bei Palmitinsäure bewegte der Wert sich zwischen 0-35 % (Mittelwert 12 %) bei einem Variationskoeffizienten von 92 %; für Polyethyleneglykol 400 wurden 0-40 % (Mittelwert 24 %) bei einem Variationskoeffizienten von 54 % ermittelt.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Apparatur

13.
Benötigt werden die übliche Laborausrüstung sowie die folgenden Geräte und Hilfsmittel:
a.
Inkubator — funkensicher und auf 35 °C ± 2 °C geregelt
b.
Druckbeständige Glasgefäße mit geeigneter Nenngröße  jeweils mit einem gasdichten Septum, das bis zu etwa 2 bar druckbeständig ist; das Volumen des Gasraums (Headspace) muss etwa 10-30 % des Gesamtvolumens betragen. Wenn regelmäßig Biogas freigesetzt wird, sind ca. 10 % Gasraum (Headspace) angemessen. Wird das Gas aber erst am Ende des Tests freigesetzt, werden 30 % benötigt. Wenn bei jeder Probenahme der Druck abgebaut wird, sind gläserne Serumflaschen mit einem nominellen Inhalt von 125 ml, einem tatsächlichen Volumen von etwa 160 ml, mit Serumseptum  und gepressten Aluminiumringen zu empfehlen;
c.
Druckmesser , angepasst zur Messung und zum Ablassen des erzeugten Gases, beispielsweise ein handgeführter Präzisionsdruckmesser, der mit einer geeigneten Spritzennadel verbunden wurde; ein gasdichtes 3-Wege-Ventil erleichtert das Ablassen des überschüssigen Drucks (Anlage 1). Das Innenvolumen der Leitung und des Ventils des Druckaufnehmers muss möglichst gering sein, damit Fehler infolge der Vernachlässigung des Volumens der Ausrüstung nicht erheblich ins Gewicht fallen;

Hinweis — Die Druckwerte werden direkt zur Berechnung des erzeugten Kohlenstoffs im Gasraum verwendet (Nummern 42-44). Alternativ können aus den angezeigten Druckwerten mithilfe eines Umrechnungsdiagramms die Volumina des (bei 35 °C, Atmosphärendruck) erzeugten Gases ermittelt werden. Das Diagramm wird ausgehend von Daten erstellt, die nach Injektion bekannter Volumina an Stickstoffgas bei 35 +/- 2 °C in verschiedene Prüfgefäße (z. B. Serumflaschen) nach Stabilisierung der Druckanzeigen ermittelt wurden (siehe Anlage 2). Die durchzuführende Berechnung wird im Hinweis in Nummer 44 erläutert.

Achtung! — Die Mikroinjektionsspritzen sind vorsichtig zu handhaben, damit es nicht zu Stichverletzungen kommt.

d.
Kohlenstoffanalysator, geeignet für die direkte Bestimmung des Gehalts an anorganischem Kohlenstoff im Bereich 1-200 mg/l;
e.
Präzisionsspritzen für Gas- und Flüssigproben;
f.
Magnetrührer und Rührfische (optional);
g.
Gasdichter Handschuhkasten (Glove Box) (empfohlen).

Reagenzien

14.
In der gesamten Prüfung sind ausschließlich Reagenzien in Analysequalität zu verwenden.

Wasser

15.
Destilliertes oder deionisiertes Wasser (dessen Sauerstoffkonzentration durch Besprühen mit Stickstoffgas auf weniger als 5 μl/l reduziert wurde) mit weniger als 2 mg/l gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC).

Prüfmedium

16.
Das Verdünnungsmedium wird so vorbereitet, dass die folgenden Bestandteile in den jeweils genannten Anteilen enthalten sind:



Wasserfreies Kaliumdihydrogenorthophosphat (KH2PO4)0,27 g
Dinatriumhydrogenphosphat Dodecahydrat (Na2HPO4·12H2O))1,12 g
Ammoniumchlorid (NH4Cl)0,53 g
Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2·2H2O)0,075 g
Magnesiumchlorid-Hexahydrat (MgCl2·6H2O)0,10 g
Eisen(II)-Chloridtetrahydrat (FeCl2·4H2O)0,02 g
Resazurin (Sauerstoffindikator)0.001 g
Natriumsulfid-Nonahydrat (Na2S·9H2O)0,10 g
Stammlösung mit Spurenelementen (optional, Nummer 18)10 ml.
Deoxygeniertes Wasser wird hinzugegeben (Nummer 15).auf 1 l

Hinweis: Um eine hinreichende Reduktionsfähigkeit zu gewährleisten, ist frisches Natriumsulfid zu verwenden oder das zu verwendende Natriumsulfid vor der Verwendung zu waschen und zu trocknen. Der Test kann auch ohne Glove Box durchgeführt werden (siehe Nummer 26). In diesem Fall ist die Endkonzentration im Medium auf 0,20 g Na2S·9H2O/l zu erhöhen. Natriumsulfid kann auch aus einer geeigneten anaeroben Stammlösung durch das Septum der verschlossenen Prüfgefäße gegeben werden, da bei diesem Verfahren das Oxidationsrisiko verringert wird. Statt Natriumsulfid kann Titan-(III)-citrat verwendet werden; der Stoff ist durch das Septum der verschlossenen Prüfgefäße bis zu einer Endkonzentration von 0,8-1,0 mmol/l hinzuzugeben. Titan-(III)-citrat ist ein hoch wirksames Reduziermittel mit geringer Toxizität, das wie folgt hergestellt wird: 2,94 g Trinatriumcitrat-Dihydrat wird in 50 ml deoxygeniertem Wasser gelöst (bis zu einer Konzentration von 200 mmol/l); anschließend werden 5 ml einer 15 %igen (w/v) Titan-(III)-chlorid-Lösung hinzugegeben. Mit Natriumcarbonat wird der pH-Wert mit mineralischem Alkali auf 7 ± 0,2 eingestellt; danach wird die Lösung unter einem Stickstoff-Gasstrom in ein geeignetes Gefäß gegeben. Die Konzentration des Titan-(III)-citrats in dieser Stammlösung beträgt 164 mmol/l.

17.
Die Bestandteile des Prüfmediums mit Ausnahme des Reduziermittels (Natriumsulfid bzw. Titan-(III)-citrat) werden gemischt; anschließend wird die Lösung unmittelbar vor der Verwendung etwa 20 Minuten lang mit Stickstoffgas besprüht, um den vorhandenen Sauerstoff abzubauen. Danach wird unmittelbar vor der Verwendung des Mediums eine geeignete Menge an frisch hergestellter Lösung des Reduziermittels (mit deoxygeniertem Wasser zubereitet) hinzugegeben. Das Medium wird erforderlichenfalls mit verdünnter Mineralsäure oder Lauge auf einen pH-Wert von 7 ± 0,2 eingestellt.

Stammlösung mit Spurenelementen (optional)

18.
Das Prüfmedium sollte die folgenden Spurenelemente enthalten, um anaerobe Abbauprozesse insbesondere bei niedrigen Inokulum-Konzentrationen (z. B. 1 g/l) zu unterstützen (11):



Manganchlorid-Tetrahydrat (MnCl2·4H2O)50 mg
Borsäure (H3BO3)5 mg
Zinkchlorid (ZnCl2)5 mg
Kupfer(II)-chlorid (CuCl2)3 mg
Dinatriummolybdat-Dihydrat (Na2MoO4·2H2O)1 mg
Kobaltchlorid-Hexahydrat (CoCl2·6H2O)100 mg
Nickelchlorid-Hexahydrat (NiCl2·6H2O)10 mg
Dinatriumselenit (Na2SeO3)5 mg
Deoxygeniertes Wasser wird hinzugegeben (Nummer 15).auf 1 l

Prüfstoff

1.
Der Prüfstoff wird als Stammlösung, Suspension oder Emulsion oder unmittelbar als Feststoff oder Flüssigkeit oder absorbiert auf Glasfaserfilter bis zu einer Konzentration von höchstens 100 mg/l organischem Kohlenstoff hinzugegeben. Wenn Stammlösungen verwendet werden, ist mit Wasser (Nummer 15) (das zuvor durch Besprühen mit Stickstoffgas deoxygeniert wurde) eine geeignete Lösung in einer Konzentration herzustellen, bei der das hinzugefügte Volumen weniger als 5 % des Gesamtvolumens des Reaktionsgemischs ausmacht. Die Stammlösung kann erforderlichenfalls auf einen pH-Wert von 7 ± 0,2 eingestellt werden. Bei in Wasser nicht hinreichend löslichen Prüfsubstanzen ist ISO 10634 (13) zu beachten. Wenn ein Lösungsmittel verwendet wird, muss eine zusätzliche Kontrolle hergestellt werden, bei der ausschließlich das Lösungsmittel zum geimpften Medium hinzugegeben wird. Organische Lösungsmittel, die erfahrungsgemäß die Methanproduktion hemmen (z. B. Chloroform und Tetrachlorkohlenstoff), sind zu vermeiden.

Achtung! — Toxische Prüfstoffe und Prüfstoffe mit unbekannten Eigenschaften sind mit Vorsicht zu handhaben.

Referenzstoffe

20.
Referenzstoffe wie z. B. Natriumbenzoat, Phenol und Polyethylenglykol 400 sind innerhalb von 60 Tagen zu mehr als 60 % abbaubar und haben sich zur Prüfung des Verfahrens bewährt. Von dem ausgewählten Referenzstoff wird auf die gleiche Weise wie für den Prüfstoff eine Stammlösung (in deoxygeniertem Wasser) hergestellt; die Stammlösung ist erforderlichenfalls auf einen pH-Wert von 7 ± 0,2 einzustellen.

Inhibitionskontrolle (bedingt)

21.
Um Informationen über die Toxizität des Prüfstoffs für anaerobe Mikroorganismen zu erhalten und entsprechend die am besten geeignete Prüfkonzentration zu ermitteln, werden der Prüfstoff und der Referenzprüfstoff in ein Gefäß mit dem Prüfmedium gegeben (siehe Nummer 16); dabei sind jeweils die gleichen Konzentrationen hinzuzufügen (siehe Nummern 19 und 20 und ISO 13641-1 (12)).

Faulschlamm

22.
Der Faulschlamm wird aus einem Faulbehälter einer Kläranlage entnommen, in der vorwiegend häusliche Abwässer aufbereitet werden. Der Schlamm muss vollständig charakterisiert werden; entsprechende Hintergrundinformationen sind zu protokollieren (siehe Nummer 54). Wenn ein modifiziertes Inokulum verwendet werden soll, kann der Faulschlamm auch aus einer Anlage zur Klärung von Industrieabwässern entnommen werden. Zur Entnahme des Faulschlamms werden Flaschen mit weitem Hals aus hochdichtem Polyethylen oder ähnlichem dehnbarem Material verwendet. Der Schlamm wird bis zu einer Höhe von etwa 1 cm unter der Oberkante in die Flaschen gegeben; anschließend werden die Flaschen luftdicht verschlossen — vorzugsweise mit einem Druckventil. Nach der Beförderung ins Labor kann der entnommene Schlamm entweder sofort verwendet oder in einen Laborkocher gegeben werden. Überschüssiges Biogas wird unter vorsichtigem Öffnen der Flaschen freigesetzt. Alternativ kann im Labor gereifter anaerober Schlamm als Inokulum verwendet werden; in diesem Fall kann das Aktivitätsspektrum allerdings beeinträchtigt sein.

Achtung! — Faulschlamm erzeugt entzündbare Gase; die Gase können verbrennen oder eine Explosion verursachen. Außerdem enthalten die Gase potenziell pathogene Organismen. Daher sind beim Umgang mit Faulschlamm entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Aus Sicherheitsgründen dürfen zur Entnahme des Schlamms keine Glasgefäße verwendet werden.

23.
Um die Hintergrundgasproduktion und den Einfluss der Blindkontrollen zu reduzieren, kann eine Vorfaulung des Schlamms in Betracht gezogen werden. Wenn eine Vorfaulung erforderlich ist, muss die Faulung ohne Zugabe von Nährstoffen oder Substraten über einen Zeitraum von höchstens 7 Tagen bei einer Temperatur von 35 ± 2 °C erfolgen. Mit einer Vorfaulung von etwa 5 Tagen wird (Erfahrungen mit einer geringen Anzahl an Stoffen zufolge) gewöhnlich eine optimale Reduzierung der Gasproduktion der Blindkontrolle ohne unannehmbare Erhöhung der „Lag“-Phase oder der Inkubationszeiten in der Prüfung und ohne Beeinträchtigung der Aktivität erzielt.
24.
Bei biologisch nur schwer abbaubaren Prüfsstoffen bzw. bei Prüfstoffen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie biologisch schwer abzubauen sind, kann eine Vorexposition des Schlamms gegenüber dem Prüfstoff vorgenommen werden, um ein besser angepasstes Inokulum zu erhalten. In diesem Fall ist der Prüfstoff mit einer Konzentration von 5-20 mg/l an organischem Kohlenstoff in den Faulschlamm zu geben und bis zu 2 Wochen zu inkubieren. Nach dieser Vorexposition ist der Schlamm vor der Verwendung sorgfältig zu waschen (siehe Nummer 25); im Prüfprotokoll werden die Bedingungen der Vorexposition vermerkt.

Inokulum

25.
Unmittelbar vor der Verwendung wird der Schlamm gewaschen (siehe Nummern 22 bis 24), um die Konzentration an anorganischem Kohlenstoff in der endgültigen Testsuspension auf weniger als 10 mg/l zu reduzieren. Der Schlamm wird in verschlossenen Röhrchen zentrifugiert (z. B. 5 Minuten mit 3 000 g); anschließend wird der Überstand entsorgt. Das entstandene Pellet wird in deoxygeniertem Medium (Nummern 16 und 17) suspendiert. Danach wird die Suspension nochmals zentrifugiert und wiederum die überstehende Flüssigkeit abgegossen. Wenn der Anteil an anorganischem Kohlenstoff nicht ausreichend verringert wurde, kann der Waschvorgang noch höchstens zweimal wiederholt werden. Dadurch scheint die Aktivität der Mikroorganismen nicht beeinträchtigt zu werden. Schließlich wird das Pellet auf das benötigte Volumen des Prüfmediums suspendiert und die Konzentration der Gesamtfeststoffe ermittelt (siehe z. B. ISO 11923 (15)). Die Endkonzentration der Gesamtfeststoffe in den Prüfgefäßen muss bei 1-3 g/l (oder ca. 10 % der Konzentration des nicht verdünnten Faulschlamms) liegen. Die vorstehenden Schritte sind so durchzuführen, dass der Schlamm möglichst wenig mit Sauerstoff in Berührung kommt (beispielsweise, indem in einer Stickstoffatmosphäre gearbeitet wird).

PRÜFVERFAHREN

26.
Zunächst sind die folgenden Schritte mit Verfahren durchzuführen, bei denen der Faulschlamm möglichst wenig mit Sauerstoff in Berührung kommt. Beispielsweise kann die Verwendung einer Glove-Box in einer Stickstoffatmosphäre und/oder eine Stickstoffspülung der Flaschen erforderlich sein (4).

Vorbereitung der Prüfgefäße und der Kontrollen

27.
Es werden jeweils mindestens drei Prüfgefäße (siehe Nummer 13-b) für den Prüfstoff, die Blindkontrollen, den Referenzstoff und die Inhibitionskontrollen (bedingt) sowie Kammern mit Druckregelung (optionales Verfahren) vorbereitet (siehe Nummern 7 und 19-21). Außerdem können Gefäße zur Prüfung des primären biologischen Abbaus mit für den jeweiligen Prüfstoff spezifischen Analysen vorbereitet werden. Innerhalb einer Prüfung können für mehrere Prüfstoffe dieselben Blindkontrollen verwendet werden, sofern die Gasraumvolumina einheitlich sind.
28.
Das verdünnte Inokulum wird hergestellt und in die Gefäße gegeben (z.B. mit einer Pipette mit großer Öffnung). Aliquote des gut gemischten Inokulums (Nummer 25) werden hinzugegeben, bis in allen Gefäßen die gleiche Konzentration an Gesamtfeststoffen besteht (1-3 g/l). Stammlösungen des Prüfstoffes und des Referenzstoffes werden erforderlichenfalls auf einen pH-Wert von 7 ± 0,2 eingestellt und hinzugefügt. Die Prüfsubstanz und der Referenzstoff sind in der jeweils geeignetsten Weise hinzuzugeben (Nummer 19).
29.
Die Prüfkonzentration an organischem Kohlenstoff sollte üblicherweise zwischen 20 und 100 mg/l (Nummer 4) liegen. Wenn der Prüfstoff toxisch ist, muss die Prüfkonzentration auf 20 mg C/l reduziert werden; diese Konzentration kann noch unterschritten werden, wenn mit speziellen Analysen nur der primäre biologische Abbau ermittelt werden soll. Es gilt zu beachten, dass es bei niedrigeren Prüfkonzentrationen zu größeren Unterschieden zwischen den Prüfergebnissen kommt.
30.
In die Gefäße mit den Blindkontrollen ist anstelle einer Stammlösung, Suspension oder Emulsion eine entsprechende Menge der zur Dosierung des Prüfstoffes verwendeten Trägerlösung hinzuzugeben. Wenn der Prüfstoff absorbiert auf einem Glasfaserfilter oder mit organischen Lösungsmitteln hinzugegeben wurde, ist auch bei den Blindkontrollen ein Filter zu verwenden bzw. eine den verdunsteten Lösungsmitteln entsprechende Menge hinzuzugeben. Zur Messung des pH-Werts wird ein zusätzliches Replikat mit dem Prüfstoff hergestellt. Das Medium ist erforderlichenfalls mit geringen Mengen an verdünnter Mineralsäure oder Lauge auf einen pH-Wert von 7 ± 0,2 einzustellen. In alle Prüfgefäße wird die gleiche Menge an Neutralisierungsmitteln gegeben. Diese Zugaben dürften allerdings nicht erforderlich sein, weil der pH-Wert der Stammlösungen des Prüfstoffes und des Referenzstoffes bereits eingestellt wurde (siehe Nummern 19 und 20). Wenn der biologische Primärabbau gemessen werden soll, ist eine geeignete Probe aus dem Gefäß zur pH-Kontrolle oder aus einem zusätzlichen Prüfgefäß zu entnehmen; die Konzentration des Prüfstoffes ist dann mit spezifischen Analysen zu messen. In alle Gefäße können beschichtete Magnetrührstäbchen gegeben werden, wenn die Reaktionsgemische umgerührt werden sollen (optional).
31.
Das Gesamtvolumen der Flüssigkeit V1 und das Volumen des Gasraums Vh müssen in allen Gefäßen gleich sein. Die Werte für V1 und Vh sind zu messen und zu protokollieren. Die Gefäße werden mit gasdichten Septa verschlossen und in der Glove-Box (siehe Nummer 26) in den Inkubator gestellt (siehe Nummer 13-a).

Nicht lösliche Prüfstoffe

32.
Wenn Stoffe in Wasser schwer löslich sind, werden die betreffenden Mengen direkt in die vorbereiteten Gefäße eingewogen. Muss ein Lösungsmittel verwendet werden (siehe Nummer 19), wird die Lösung oder Suspension mit dem Prüfstoff in die leeren Gefäße gegeben. Wenn möglich, wird das Lösungsmittel verdampft, indem Stickstoffgas durch die Gefäße geleitet wird; anschließend werden die anderen Bestandteile (verdünnter Klärschlamm (Nummer 25) und — nach Bedarf — deoxygeniertes Wasser) hinzugegeben. Außerdem wird eine zusätzliche Lösungsmittelkontrolle hergestellt (siehe Nummer 19). Bezüglich anderer Methoden zur Zugabe unlöslicher Stoffe wird auf ISO 10634 (13) verwiesen. Flüssige Prüfstoffe können mit einer Spritze in die entsprechend vorbereiteten und verschlossenen Gefäße injiziert werden, wenn davon ausgegangen wird, dass der pH-Ausgangswert bei 7 ± 1 liegt; ansonsten ist die Dosierung vorzunehmen, wie oben beschrieben (siehe Nummer 19).

Inkubation und Gasdruckmessungen

33.
Die vorbereiteten Gefäße werden etwa 1 Stunde bei 35 ± 2 °C inkubiert, um die Gleichgewichtseinstellung zu ermöglichen. Um die Freisetzung von überschüssigem Gas in die Umgebungsluft zu ermöglichen, kann beispielsweise wie folgt verfahren werden: Die Gefäße werden nacheinander geschüttelt; die Nadel des Druckmessers (Nummer 13-c) wird durch den Verschluss gestochen und das Ventil geöffnet, bis der Druckmesser auf 0 steht. Wenn bei diesem Schritt oder bei Zwischenmessungen der Druck im Gasraum unter den Atmosphärendruck fällt, sollte Stickstoffgas zugeführt werden, um den Atmosphärendruck wiederherzustellen. Das Ventil wird geschlossen (siehe Nummer 13-c); danach wird die Inkubation im Dunkeln fortgesetzt. Dabei ist sicherzustellen, dass in allen Bereichen der Gefäße die nötige Faultemperatur aufrechterhalten wird. Nach einer Inkubationsdauer von 24-48 h Stunden werden die Gefäße kontrolliert. Gefäße, bei denen die überstehende Flüssigkeit deutlich rosa gefärbt ist, sind zu verwerfen. (Wenn sich das Resazurin (siehe Nummer 16) verfärbt hat, ist Sauerstoff vorhanden (siehe Nummer 50)). Im System sind kleine Mengen an Sauerstoff annehmbar; höhere Konzentrationen können den anaeroben biologischen Abbau aber erheblich hemmen. Die Verwerfung einzelner Gefäße (von jeweils drei gleichen Gefäßen) ist annehmbar. Wenn jedoch mehr Gefäße verworfen werden müssen, sind die Versuchsverfahren zu prüfen; außerdem muss der betreffende Test wiederholt werden.
34.
Der Inhalt der einzelnen Gefäße wird sorgfältig gemischt, indem der Inhalt der Gefäße mindestens 2- oder 3-mal wöchentlich sowie kurz vor den Druckmessungen einige Minuten gerührt oder geschüttelt wird. Beim Schütteln wird das Inokulum neu suspendiert, und das erforderliche Gleichgewicht der Gase hergestellt. Alle Druckmessungen sind rasch vorzunehmen, da die Messergebnisse infolge der sinkenden Temperatur der Prüfgefäße beeinträchtigt werden könnten. Bei den Druckmessungen muss im gesamten Prüfgefäß (einschließlich des Gasraums) die Faultemperatur aufrechterhalten werden. Der Gasdruck wird gemessen, indem beispielsweise die mit dem Druckmesser verbundene Spritzennadel durch das Septum gestochen wird (Nummer 13-c). Dabei ist darauf zu achten, dass kein Wasser in die Spritzennadel gelangt. Ansonsten müssen die feuchten Teile getrocknet und eine frische Nadel verwendet werden. Der Druck ist in Millibar zu messen (siehe Nummer 42). Der Gasdruck in den Gefäßen kann regelmäßig (z. B. wöchentlich) gemessen werden; das überschüssige Gas kann in die Umgebungsluft freigesetzt werden. Alternativ wird der Gasdruck erst am Ende der Prüfung gemessen, um die Menge des erzeugten Biogases zu ermitteln.
35.
Zwischenmessungen des Gasdrucks sind zu empfehlen, da ein Druckanstieg einen Anhaltspunkt dafür bietet, wann die Prüfung beendet werden kann; außerdem kann die Kinetik der Prüfung überwacht werden (siehe Nummer 6).
36.
Normalerweise wird die Prüfung nach einer Inkubationsdauer von 60 Tagen beendet, wenn die aufgrund der Druckmessungen erstellte Kurve des biologischen Abbaus nicht bereits vorher ein Plateau erreicht hat. Dann ist der maximale Abbaugrad erreicht, und die Abbaukurve flacht ab. Wird ein Plateau bei weniger als 60 % erreicht, ist die Bewertung schwierig, weil davon auszugehen ist, dass die vorhandenen Moleküle nur teilweise mineralisiert wurden oder bei der Durchführung des Versuchs ein Fehler gemacht wurde. Wenn am Ende der normalen Inkubationsdauer Gas erzeugt wird, aber offensichtlich kein Plateau erreicht wurde, ist eine Verlängerung der Prüfung in Betracht zu ziehen, um zu prüfen, ob sich vielleicht doch noch ein Plateau (> 60 %) einstellt.

Messung des anorganischen Kohlenstoffs

37.
Am Ende des Tests nach der letzten Messung des Gasdrucks wird abgewartet, bis der Faulschlamm sich gesetzt hat. Die Gefäße werden nacheinander geöffnet; anschließend wird umgehend eine Probe zur Bestimmung der Konzentration an anorganischem Kohlenstoff in der überstehenden Flüssigkeit (in mg/l) entnommen. Die überstehende Flüssigkeit ist weder zu zentrifugieren noch zu filtern; ansonsten würde es zu einem inakzeptablen Verlust an gelöstem Kohlendioxid kommen. Wenn eine Analyse der Flüssigkeit unmittelbar nach der Probenahme nicht möglich ist, ist die Flüssigkeit bei etwa 4 °C bis zu 2 Tage in einem gedichteten Probengefäß ohne Gasraum aufzubewahren. Nach der Messung der Konzentration an anorganischem Kohlenstoff wird der pH-Wert bestimmt und protokolliert.
38.
Alternativ kann die Konzentration des anorganischen Kohlenstoffs auch unmittelbar bestimmt werden; dazu wird der gelöste anorganische Kohlenstoff als Kohlendioxid freigesetzt und dann im Gasraum gemessen. Nach der letzten Messung des Gasdrucks wird in den einzelnen Prüfgefäßen der Atmosphärendruck hergestellt. Der Inhalt der einzelnen Gefäße wird etwa auf den pH-Wert 1 eingestellt, indem durch das Septum der verschlossenen Gefäße konzentrierte Mineralsäure (z. B. H2SO4) hinzugegeben wird. Die geschüttelten Gefäße werden etwa 24 Stunden bei 35 ± 2 °C inkubiert. Anschließend wird der durch die Freisetzung von Kohlendioxid entstandene Gasdruck mit dem Druckmesser ermittelt.
39.
Für die entsprechende Blindkontrolle sowie für den Referenzstoff und (soweit vorhanden) für die Gefäße zur Inhibitionskontrolle werden ähnliche Messungen vorgenommen (siehe Nummer 21).
40.
Manchmal, insbesondere wenn für mehrere Prüfstoffe dieselben Kontrollgefäße verwendet werden, können Zwischenmessungen der Konzentrationen an anorganischem Kohlenstoff in den Gefäßen mit dem Prüfstoff und mit den Kontrollen in Betracht gezogen werden. In diesem Fall ist eine hinreichende Anzahl an Gefäßen für alle vorgesehenen Zwischenmessungen vorzubereiten. Dieses Verfahren wird gegenüber der Entnahme sämtlicher Proben aus einem einzigen Gefäß bevorzugt. Letzteres kommt nur dann in Betracht, wenn für die Analyse des gelösten anorganischen Kohlenstoffs kein allzu großes Volumen benötigt wird. Die Messung der Konzentration des gelösten anorganischen Kohlenstoffs ist nach der Messung des Gasdrucks, ohne das Ablassen von überschüssigem Gas, wie im Folgenden beschrieben vorzunehmen:
Mit einer durch das Septum gestochenen Spritze wird eine möglichst geringe Menge des Überstands entnommen, ohne die Gefäße zu öffnen; anschließend wird die Konzentration des anorganischen Kohlenstoffs in der Probe ermittelt;
nach der Probenahme kann das überschüssige Gas freigesetzt werden;
selbst bei einer geringen Reduzierung der Menge des Überstands (z. B. um etwa 1 %) kann sich das Gasvolumen im Gasraum (Vh) beträchtlich erhöhen;
die Gleichungen (siehe Nummer 44) werden gegebenenfalls korrigiert, indem in Gleichung 3 der Wert für Vh erhöht wird.

Spezifische Analysen

41.
Wenn der primäre anaerobe Abbau (siehe Nummer 30) bestimmt werden soll, wird am Anfang und am Ende der Prüfung aus den Gefäßen mit dem Prüfstoff eine geeignete Menge der Probe für spezifische Analysen entnommen. Dadurch ändern sich die Volumina des Gasraums (Vh) und der Flüssigkeit (Vl). Dies ist bei der Berechnung der Gasproduktion zu berücksichtigen. Alternativ können Proben für spezifische Analysen auch aus zusätzlichen Gemischen entnommen werden, die zuvor für diesen Zweck hergestellt wurden (Nummer 30).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

42.
Aus praktischen Gründen werden der Gasdruck in Millibar (1 mbar = 1h Pa = 102 Pa; 1 Pa = 1 N/m2), das Volumen in Litern und die Temperatur in Grad Celsius gemessen.

Kohlstoff im Gasraum

43.
Da 1 mol Methan und 1 mol Kohlendioxid jeweils 12 g Kohlenstoff enthalten, kann die Masse des Kohlenstoffs in einem bestimmten Volumen eines entstandenen Gases wie folgt ausgedrückt werden:



m = 12 × 103×nGleichung [1]

Dabei sind:

m=Masse des Kohlenstoffs (mg) in einem bestimmten Volumen des entwickelten Gases;
12=relative Atommasse des Kohlenstoffs;
n=Molzahl des Gases in einem bestimmten Volumen.

Wenn ein anderes Gas als Methan oder Kohlendioxid) (z. B. N2O) in erheblichen Mengen entsteht, ist die Formel [1] entsprechend abzuändern, um mögliche Effekte der enstehenden Gase abzubilden.

44.
Nach den Gasgesetzen kann n ausgedrückt werden als:



Gleichung [2]

Dabei sind:

p=Gasdruck (Pascal);
V=Gasvolumen (m3);
R=molare Gaskonstante [8,314 J/(mol K)];
T=Inkubationstemperatur (Kelvin).

Durch Kombination der Gleichungen [1] und [2] und durch Rationalmachen ergibt sich für die Berechnung der Gasproduktion der Blindkontrolle:



Gleichung [3]

Dabei sind:

mh=Nettomasse des im Gasraum erzeugten gasförmigen Kohlenstoffs (mg);
Δp=Mittelwert des Unterschieds zwischen Ausgangs- und Enddruck in den Prüfgefäßen abzüglich des entsprechenden Mittelwerts der Blindgefäße (Millibar);
Vh=Gasraumvolumen (l);
0,1=Umrechnung Newton/m2 in Millibar und m3 in l.

Gleichung [4] ist für die normale Inkubationstemperatur von 35 °C (308 K) zu verwenden:



mh = 0,468(Δp·Vh)Gleichung [4]

Hinweis: Alternative Volumenberechnung: Aus den auf dem Druckmesser angezeigten Werten wird anhand der erstellten Standardkurve (injiziertes Volumen (ml) vs. angezeigter Messwert) in ml das produzierte Gasvolumen berechnet (Anlage 2). Die Molzahl (n) des Gases im Gasraum der einzelnen Gefäße wird berechnet, indem die gesamte Gasproduktion (ml) durch 25 286  ml/mol geteilt wird. (Dies ist das von einem mol des Gases bei einer Temperatur von 35 °C und dem normalen Atmosphärendruck beanspruchte Volumen.) Da 1 mol CH4 und 1 mol CO2 jeweils 12 g Kohlenstoff enthalten, kann die Menge des Kohlenstoffs (mg) im Gasraum (mh) mit der folgenden Gleichung [5] ermittelt werden:



mh= 12 × 103×nGleichung [5]

Durch Rationalmachen wird die Gasproduktion in der Blindkontrolle berechnet



Gleichung [6]

Dabei sind:

mh=Nettomasse des im Gasraum erzeugten gasförmigen Kohlenstoffs (mg);
ΔV=Mittelwert des Unterschieds zwischen dem Volumen des im Gasraum der Prüfgefäße und der Gefäße mit den Blindkontrollen erzeugten Gases;
25 286 =von 1 mol Gas bei 35 °C, 1 atm beanspruchtes Volumen.
45.
Der biologische Abbau kann verfolgt werden, indem der kumulierte Druckanstieg Δp (millibar), ggf. zeitbezogen, grafisch dargestellt wird. Aus der entsprechenden Kurve kann die lag-Phase (in Tagen) ermittelt und protokolliert werden. Als lag-Phase wird der Zeitraum vom Beginn der Prüfung bis zum Einsetzen eines signifikanten Abbaus bezeichnet (siehe z. B. Anlage 3). Wenn Zwischenproben des Überstands genommen und analysiert wurden (siehe Nummern 40, 46 und 47), kann anstelle des bloßen Gesamtdrucks auch die Summe des erzeugten Kohlenstoffs (gasförmig und flüssig) dargestellt werden.

Kohlstoff im Gasraum

46.
Die Menge des Methans in der Flüssigkeit ist unerheblich, da sich Methan in Wasser sehr schlecht löst. Mit der folgenden Gleichung [7] wird die Masse des anorganischen Kohlenstoffs in der Flüssigkeit der Prüfgefäße ermittelt:



ml=Cnet=VlGleichung [7]

Dabei sind:

ml=Masse des anorganischen Kohlenstoffs in der Flüssigkeit (mg);
Cnet=Konzentration des anorganischen Kohlenstoffs in den Prüfgefäßen abzüglich des organischen Kohlenstoffs in den Kontrollgefäßen am Ende des Tests (mg/l);
Vl=Volumen der Flüssigkeit im Gefäß (l).

Gasförmiger Kohlenstoff insgesamt

47.
Die Gesamtmasse des gasförmigen Kohlenstoffs im Gefäß wird mit der folgenden Gleichung [8] berechnet:



mt=mh+mlGleichung [8]

Dabei sind:

mt = Gesamtmasse des gasförmigen Kohlenstoffs (mg);

und
und ml wie oben angegeben.

Kohlstoff im Prüfstoff

48.
Mit der folgenden Gleichung [9] wird die Masse des Kohlenstoffs in den Prüfgefäßen ermittelt, die sich aus dem hinzugegebenen Prüfstoff ableitet:



mv=Cc×VlGleichung [9]

Dabei sind:

mv=Masse des Kohlenstoffs im Prüfstoff (mg);
Cc=Konzentration des im Prüfstoff enthaltenen Kohlenstoffs im Prüfgefäß (mg/l)
Vl=Volumen der Flüssigkeit im Prüfgefäß (l).

Umfang des biologischen Abbaus

49.
Der prozentuale biologische Abbau, ermittelt anhand des Gases im Gasraum, wird mit der folgenden Gleichung [10] berechnet; mit Gleichung [11] wird die prozentuale Gesamtsumme für den biologischen Abbau ermittelt:



Dh=(mh/mv)×100Gleichung [10]
Dt=(mt/mv)×100Gleichung [11]

Dabei sind:

Dh = biologischer Abbau anhand des Gases im Gasraum ( %);

Dt = Gesamtsumme biologischer Abbau ( %);

mh, mv und mt wie oben angegeben.

Der Umfang des primären biologischen Abbaus wird mit der folgenden Gleichung [12] aus den (optionalen) Messungen der Konzentration des Prüfstoffs zu Beginn und am Ende der Inkubationsdauer berechnet:



Dp=(1 –Se/Si)×100Gleichung [12]

Dabei sind:

Dp=primärer Abbau des Prüfstoffs ( %);
Si=Ausgangskonzentration des Prüfstoffs (mg/l);
Se=Konzentration des Prüfstoffs am Ende der Inkubationsdauer (mg/l).

Wenn die Analysemethode ergibt, dass sich im unbehandelten anaeroben Schlamm-Inokulum erhebliche Konzentrationen des Prüfstoffs befinden, ist Gleichung [13] zu verwenden:



Dp1=[1 – (SeSeb)/(SiSib)]×100Gleichung [13]

Dabei sind:

Dp1=korrigierter primärer Abbau des Prüfstoffs ( %);
Sib=„scheinbare“ Ausgangskonzentration des Prüfstoffs in den Blindkontrollen (mg/l);
Seb=„scheinbare“ Konzentration des Prüfstoffs in den Blindkontrollen am Ende (mg/l).

Gültigkeit der Ergebnisse

50.
Angezeigte Druckwerte sind nur von den Gefäßen zu berücksichtigen, die sich nicht rosa verfärbt haben (siehe Nummer 33). Die Kontamination durch Sauerstoff wird durch die Verwendung geeigneter Verfahren zur anaeroben Handhabung minimiert.
51.
Ein Test ist dann als gültig zu betrachten, wenn die Kurve des Referenzstoffes ein Plateau erreicht, das einem biologischen Abbau von mehr als 60 % entspricht .
52.
Wenn der pH-Wert am Ende der Prüfung nicht mehr im Bereich 7 ± 1 liegt und kein ausreichender biologischer Abbau erfolgt ist, wird die Pufferkapazität des Mediums erhöht und der Test wiederholt.

Hemmung des Abbaus

53.
In den Gefäßen, die sowohl den Prüfstoff als auch den Referenzstoff enthalten, muss mindestens die gleiche Menge an Gas produziert werden wie in den Gefäßen ausschließlich mit dem Referenzstoff. Ansonsten ist eine Inhibition der Gasproduktion festzustellen. Manchmal ist die Gasproduktion in Gefäßen mit dem Prüfstoff ohne den Referenzstoff geringer als in den Blindkontrollen; auch in diesem Fall ist eine hemmende Wirkung des Prüfstoffs festzustellen.

Prüfbericht

54.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfstoff:

Trivialname, chemische Bezeichnung, CAS-Nummer, Strukturformel und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
Reinheit (Verunreinigungen) des Prüfstoffs.

Prüfbedingungen:

Volumina der verdünnten Flüssigkeit (Vl) und des Gasraums (Vh) im Gefäß;
Beschreibung der Prüfgefäße, der wesentlichen Merkmale der Biogasmessung (z. B. Druckmessertyp) und des Geräts zur Analyse des Gehalts an anorganischem Kohlenstoff;
Applikation der Prüf- und der Referenzsubstanz in das Prüfsystem: verwendete Prüfkonzentration und Verwendung von Lösungsmitteln;
nähere Angaben zum verwendeten Inokulum: Name der Kläranlage, Angaben zur Herkunft des behandelten Abwassers (Betriebstemperatur, Verweilzeit des Abwassers in der Kläranlge, vorwiegend häusliche Abwässer usw.), Konzentration, erforderliche Belege für diese Angaben und Informationen zu Vorbehandlungen des Inokulums (Vorfaulung, Vorexposition usw.);
Inkubationstemperatur;
Anzahl der Replikate.

Ergebnisse:

pH-Werte und Konzentration des anorganischen Kohlenstoffs am Ende des Tests;
Konzentration des Prüfstoffs zu Beginn und am Ende des Tests, wenn eine spezifische Messung vorgenommen wurde;
alle gemessenen Daten zu den Prüfgefäßen und Blindgefäßen sowie zu den Gefäßen mit dem Referenzstoff und den Inhibitionskontrollen (soweit verwendet) (z. B. Druck in Millibar und Konzentration des anorganischen Kohlenstoffs (mg/l)) in tabellarischer Form (unter getrennter Angabe der Messwerte für den Gasraum und für die Flüssigkeit);
statistische Aufbereitung der Daten, Prüfdauer und grafische Darstellung des biologischen Abbaus (Prüfstoff, Referenzstoff und Inhibitionskontrolle);
prozentualer biologischer Abbau des Prüfstoffs und des Referenzstoffs;
Angabe von Gründen, falls die Prüfergebnisse verworfen werden;
Diskussion der Ergebnisse.

LITERATUR

(1) Die folgenden Kapital in diesem Anhang:

C.4, Bestimmung leichter biologischer Abbaubarkeit;

C.9, Biologische Abbaubarkeit — Zahn-Wellens-Test;

C.10, Simulationstest — Aerobe Abwasserbehandlung:

A: Belebtschlamm-Anlagen, B: Biofilme

C.11, Biologische Abbaubarkeit — Belebtschlamm-Atmungshemmungstest

(2) OECD (2009) Inherent Biodegradability: Modified MITI Test (II), OECD Guideline for Testing of Chemicals, No. 302C, OECD, Paris

(3) Birch, R. R., Biver, C., Campagna, R., Gledhill, W.E., Pagga,U., Steber, J., Reust, H., und Bontinck, W.J. (1989) Screening of chemicals for anaerobic biodegradation. Chemosphere 19, 1527-1550. (veröffentlicht auch als ECETOC Technical Report Nr. 28, Juni 1988).

(4) Shelton, D.R., und Tiedje, J.M. (1984) General method for determining anaerobic biodegradation potential. Appl. Environ. Mircobiology, 47, 850-857.

(5) Owen, W.F., Stuckey, D.C., Healy, J.B., Jr, Young, L.Y., und McCarty, P.L. (1979) Bioassay for monitoring biochemical methane potential and anaerobic toxicity. Water Res. 13, 485-492.

(6) Healy, J.B. Jr., und Young, L.Y. (1979) Anaerobic biodegradation of eleven aromatic compounds to methane. Appl. Environ. Microbiol. 38, 84-89.

(7) Gledhill, W.E. (1979) Proposed standard practice for the determination of the anaerobic biodegradation of organic chemicals. Working document. Draft 2 no.35.24. American Society for Testing Materials, Philadelphia.

(8) Battersby, N.S., und Wilson, V. (1988) Evaluation of a serum bottle technique for assessing the anaerobic biodegradability of organic chemicals under methanogenic conditions. Chemosphere, 17, 2441-2460.

(9) E1192-92. Standard Test Method for Determining the Anaerobic Biodegradation Potential of Organic Chemicals. ASTM, Philadelphia.

(10) US-EPA (1998) Fate, Transport and Transformation Test Guidelines OPPTS 835.3400 Anaerobic Biodegradability of Organic Chemicals.

(11) Internationale Organisation für Normung (1995) ISO 11734 Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der vollständigen anaerobischen Abbaubarkeit organischer Verbindungen in Belebtschlamm — Verfahren durch Messung der Biogasproduktion

(12) Internationale Organisation für Normung (2003) ISO 13 641-1 Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmwirkung der Gasproduktion auf anaerobe Bakterien — Teil 1: Allgemeiner Test.

(13) Internationale Organisation für Normung (1995) ISO 10634, Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die Vorbereitung und Behandlung von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen für die nachfolgende Bestimmung ihrer biologischen Abbaubarkeit in einem wässrigen Medium.

(14) Pagga, U., und Beimborn, D.B., (1993) Anaerobic biodegradation test for organic compounds. Chemosphere, 27, 1499-1509.

(15) Internationale Organisation für Normung (1997) ISO 11 923 Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Schwebstoffe mittels Filtration durch ein Glasfaserfilter.

Anlage 1

Beispiel einer Apparatur zur Messung der Biogasproduktion anhand des Gasdrucks

Legende:

1Druckmesser
2Gasdichtes 3-Wege-Ventil
3Spritzennadel
4Gasdichter Verschluss (gepresster Deckel und Septum)
5Gasraum (Headspace) (Vh)
6Faulschlamm-Inokulum, Volumen der Flüssigkeit (Vl)

Inkubation der Prüfgefäße bei einer Temperatur von 35 °C ± 2 °C

Anlage 2

Umrechnung der Messwerte des Druckmessers

Anhand einer Standardkurve, die nach Injektion bekannter Luftvolumina bei einer Temperatur von mindestens 35 ± 2 °C in Serumflaschen mit einem Wasseranteil entsprechend dem Reaktionsgemisch (VR) erstellt wurde, können die angezeigten Druckwerte Gasvolumina zugeordnet werden:

Auf 35 ± 2 °C temperierte Wasseraliquote mit einem Volumen von VR ml werden in fünf Serumflaschen gegeben. Die Flaschen werden verschlossen und 1 Stunde zum Ausgleichen in ein Wasserbad mit einer Temperatur von 35 °C gestellt;
der Druckmesser wird eingeschaltet, und nach der Stabilisierung der Anzeige wird das Gerät auf null gestellt;
die Spritzennadel wird durch den Verschluss in eine der Flaschen gestochen, und das Ventil wird geöffnet; wenn der Druckmesser den Wert null anzeigt, wird das Ventil wieder geschlossen;
dieses Verfahren ist mit den übrigen Flaschen zu wiederholen;
In jede Flasche wird 1 ml Luft mit einer Temperatur von 35 ± 2 °C injiziert. Die Nadel (am Druckmesser) wird durch den Verschluss einer Flasche gestochen; danach muss abgewartet werden, bis sich die Druckanzeige stabilisiert hat. Nachdem der Druckwert protokolliert wurde, wird das Ventil geöffnet, bis die Anzeige wieder auf null steht. Danach wird das Ventil geschlossen;
dieses Verfahren ist mit den übrigen Flaschen zu wiederholen;
anschließend wird das gesamte Verfahren mit 2 ml, 3 ml, 4 ml, 5 ml, 6 ml, 8 ml, 10 ml, 12 ml, 16 ml, 20 ml und 50 ml Luft wiederholt;
die Kurve der umgerechneten Druckwerte (Pa) wird bezogen auf das injizierte Gasvolumen Vb (ml) grafisch dargestellt. Das Messgerät reagiert im Bereich von 0-70 000  Pa und bei einer Gasproduktion von 0-50 ml linear.

Anlage 3

Beispiel einer Abbaukurve (Kumulativer Netto-Druckanstieg)

Anlage 4

Datenblätter zur Prüfung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit (Beispiel) — Datenblatt zum Prüfstoff



Labor: …Prüfstoff: …Test Nr.: …
Prüftemperatur: (°C): …Volumen des Gasraums (Vh): …(l)Volumen der Flüssigkeit (Vl): …(l)
Kohlenstoff im Prüfstoff Cc,v: …(mg/l)mv (1): …(mg)
Tag

p1 (Test)

(mbar)

p2 (Test)

(mbar)

p3 (Test)

(mbar)

p (Test)

Mittelwert

(mbar)

p4 (Blind)

(mbar)

p5 (Blind)

(mbar)

p6 (Blind)

(mbar)

p (Blind)

Mittelwert

(mbar)

p (Netto)

Test — Blindkontrolle

Mittelwert (mbar)

Δp (Netto)

Kumulativ

(mbar)

mh

Kohlenstoff im Gasraum, C (2)

(mg)

Dh

Biologischer Abbau (3)

(%)

CIC, 1

Prüfung

(mg)

CIC, 2

Prüfung

(mg)

CIC, 3

Prüfung

(mg)

CIC

Mittelwert Prüfung

(mg)

CIC, 4

Blindkontrolle

(mg)

CIC, 5

Blindkontrolle

(mg)

CIC, 6

Blindkontrolle

(mg)

CIC

Mittelwert Blindkontrolle

(mg)

CIC, net

Test — Blindkontrolle

Mittelwert

(mg)

ml

Flüssiger Kohlenstoff (4)

(mg)

MT

Kohlenstoff insgesamt (5)

(mg)

Dt

Biologischer Abbau (6)

(%)

Anorganischer Kohlenstoff (Ende)
pH-Wert (Ende)

(1)   Kohlenstoff im Prüfgefäß, mv (mg): mv = CC,v × Vl

(2)   Kohlenstoff im Gasraum, mh (mg) bei normaler Inkubationstemperatur (35 °C): mh = 0,468 Δp × Vh

(3)   Biologischer Abbau berechnet aus dem Gas im Gasraum, Dh (%): Dh = (mh × 100) / mv

(4)   Kohlenstoff in der Flüssigkeit, ml (mg): ml = CIC,net × Vl

(5)   Gasförmger Kohlenst°ff insgesamt, mt (mg): mt + ml

(6)   Biolpgischer Abbau insgesamt, Dt (%): Dt = (mt × 100) / mv



Labor: …Referenzstoff: …Test Nr.: …
Testtemperatur: (°C): …Volumen des Gasraums (Vh): …(l)Volumen der Flüssigkeit (Vl) (l): …
Kohlenstoff im Prüfstoff Cc,v (mg/l): …mv (1) (mg):
Tag

p1 (Ref.)

(mbar)

p2 (Ref.)

(mbar)

p3 (Ref.)

(mbar)

p (Ref.)

Mittelwert

(mbar)

p4 (Inhib.)

(mbar)

p5 (Inhib.)

(mbar)

p6 (Inhib.)

(mbar)

p (Inhib.)

Mittelwert

(mbar)

p (Ref.)

Ref. — Blind

(mbar)

Δp (Ref.)

Kumulativ

(mbar)

MH

Kohlenstoff im Gasraum, C (2)

(mg)

Dh

Biologischer Abbau (3)

(%)

CIC, 1

Ref.

(mg)

CIC, 2

Ref.

(mg)

CIC, 3

Ref.

(mg)

CIC

Mittelwerte Ref.

(mg)

CIC, 4

Inhib.

(mg)

CIC, 5

Inhib.

(mg)

CIC, 6

Inhib.

(mg)

CIC

Mittelwerte Inhib.

(mg)

CIC, net

Ref. — Inhib.

(mg)

ml

Flüssiger Kohlenstoff (4)

(mg)

MT

Kohlenstoff insgesamt (5)

(mg)

Dt

Biologischer Abbau (6)

(%)

Anorganischer Kohlenstoff (Ende)
pH-Wert (Ende)

(1)   Kohlenstoff im Prüfgefäß, mv (mg): mv = CC,v × Vl

(2)   Kohlenstoff im Gasraum, mh (mg) bei normaler Inkubationstemperatur (35 °C): mh = 0,468 Δp × Vh

(3)   Biologischer Abbau, berechnet aus dem Gas im Gasraum, Dh (%): Dh = (mh × 100) / mv

(4)   Kohlenstoff in der Flüssigkeit, ml (mg): ml = CIC,net × Vl

(5)   Gasförmiger Kohlenstoff insgesamt, mt (mg): mt + ml

(6)   Biologischer Abbau insgesamt, Dt (%): Dt = (mt × 100) / mv

C.44.   VERSICKERUNG IN BODENSÄULEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 312 (2004). Synthetisch hergestellte Chemikalien können durch bewusste Ausbringung (z. B. Agrochemikalien) oder über indirekte Wege (z. B. Abwasser → Klärschlamm → Boden oder Luft → feuchte/trockene Deposition) in den Boden gelangen. Für eine Bewertung des mit diesen Chemikalien verbundenen Risikos müssen das Potenzial der Chemikalien zur Transformation und zur Verlagerung in tiefere Bodenschichten sowie eventuell das Eindringen in das Grundwasser ermittelt werden.
2.
Das Versickerungspotenzial von Chemikalien im Boden kann unter kontrollierten Laborbedingungen mit verschiedenen Verfahren ermittelt werden (Dünnschichtchromatographie, Dickschichtchromatographie, Bodensäulenchromatographie und Adsorptions-/Desorptionsmessungen) (1)(2). Bei nicht ionisierten Chemikalien ermöglicht der n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (Pow) eine frühzeitige Abschätzung des Adsorptionsverhaltens und des Versickerungspotenzials (3)(4)(5).
3.
Das in dieser Prüfmethode beschriebene Verfahren beruht auf der Bodensäulenchromatographie mit gestörten Böden (zur Begriffsbestimmung siehe Anlage 1). Das Versickerungspotenzial (i) des Prüfstoffs und (ii) von Transformationsprodukten (Untersuchung mit gealterten Rückständen) von Böden unter kontrollieren Laborbedingungen wurde mit zwei Testtypen ermittelt . Die Prüfmethode beruht auf bestehenden Methoden (6)(7)(8)(9)(10)(11).
4.
In einem OECD-Workshop zur Auswahl von Böden/Sedimenten, der 1995 in Belgirate, Italien (12) stattfand, wurde eine Einigung über Anzahl und Typ der für diese Prüfmethode zu verwendenden Böden erzielt. Außerdem wurden Empfehlungen bezüglich der Entnahme, Handhabung und Lagerung von Bodenproben für Versickerungstests formuliert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

5.
Säulen aus geeignetem inertem Material (Glas, Edelstahl, Aluminium, Teflon, PVC usw.) werden mit Bodenmaterial gepackt. Anschließend wird die Packung mit einer künstlichen Regenlösung (Begriffsbestimmung siehe Anlage 1) gesättigt und äquilibriert bis ein Gleichgewicht hergestellt und die überschüssige Flüssigkeit abgelaufen ist. Danach wird die Oberfläche der Bodensäulen jeweils mit der Prüfchemikalie und/oder mit gealterten Rückständen der Prüfchemikalie behandelt. Die Bodensäulen werden künstlich beregnet, und das Sickerwasser wird aufgefangen. Nach dem Versickerungsprozess wird der Boden aus den Säulen entnommen und je nach den zu untersuchenden Merkmalen in eine geeignete Anzahl an Bodensegmenten geteilt. Diese Bodensegmente und das Sickerwasser werden auf Rückstände der Prüfchemikalie sowie gegebenenfalls auf Transformationsprodukte oder sonstige relevante Chemikalien untersucht.

ANWENDBARKEIT DER PRÜFMETHODE

6.
Die Prüfmethode kann bei (nicht markierten oder radioaktiv (etwa mit 14C) markierten) Prüfchemikalien verwendet werden, für die eine hinreichend genaue und empfindliche Analysemethode verfügbar ist. Für Chemikalien, die sich aus dem Boden und aus Wasser verflüchtigen und somit unter den Bedingungen dieser Prüfmethode nicht im Boden und/oder im Sickerwasser verbleiben, ist die Methode nicht geeignet.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

7.
Zur Messung des Versickerungsverhaltens in Bodensäulen können nicht markierte oder radioaktiv markierte Prüfchemikalien verwendet werden. Um das Versickerungsverhalten von Transformationsprodukten (gealterten Rückständen des Prüfstoffs) zu untersuchen und um die Massenbilanz zu ermitteln, wird radioaktiv markiertes Material benötigt. Die Markierung mit 14C wird empfohlen; es können aber auch andere Isotope (z. B. 13C, 15N, 3H oder 32P) verwendet werden. Nach Möglichkeit ist die Markierung im stabilsten Teil (in den stabilsten Teilen) des jeweiligen Moleküls zu setzen. Die Prüfchemikalie muss eine Reinheit von mindestens 95 % haben.
8.
Die meisten Chemikalien sollten in reiner Form appliziert werden. Nur bei Wirkstoffen von Pflanzenschutzmitteln können die fertigen Produkte zur Untersuchung des Versickerungsverhaltens des Ausgangsprüfstoffes verwendet werden. Dies ist besonders dann empfehlenswert, wenn das jeweilige Produkt die Freisetzungsrate des zu untersuchenden Prüfstoffs beeinflussen kann (z. B. Granulate oder Formulierungen zur kontrollierten Freisetzung). Bezüglich der für die betreffende Formulierung spezifischen Anforderungen an das jeweilige Prüfprotokoll kann es hilfreich sein, sich vor Durchführung einer Prüfung bei der zuständigen Behörde zu erkundigen. Bei Versickerungstests mit gealterten Rückständen ist der Ausgangsprüfstoff in reiner Form zu verwenden.
9.
Vor der Durchführung von Versickerungstests mit Bodensäulen sollten die folgenden Informationen zur Prüfchemikalie verfügbar sein:

(1) Löslichkeit in Wasser [Prüfmethode A.6] (13);

(2) Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln;

(3) Dampfdruck [Prüfmethode A.4] (13) und Henry-Konstante;

(4) n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient [Prüfmethoden A.8 und A.24] (13);

(5) Adsorptionskoeffizient (Kd, Kf oder KOC) [Prüfmethoden C.18 und/oder C.19] (13);

(6) Hydrolyse [Prüfmethode C.7] (13);

(7) Dissoziationskonstante (pKa) [OECD-Prüfrichtlinie 112] (25);

(8) aerobe und anaerobe Transformation im Boden [Prüfmethode C.23] (13).

Hinweis: Die Temperatur, bei der diese Messungen vorgenommen wurden, ist in den jeweiligen Prüfprotokollen zu vermerken.

10.
Die Prüfchemikalie ist in hinreichender Menge in die Bodensäulen einzubringen, um in den einzelnen Segmenten mindestens 0,5 % der eingebrachten Dosierung nachweisen zu können. Bei Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln kann die Menge der eingebrachten Prüfchemikalie der für die Verwendung des Produktes empfohlenen maximalen Aufwandmenge entsprechen (einmalige Applikation).
11.
Zur Quantifizierung der Prüfchemikalie sowie gegebenenfalls ihrer Transformationsprodukte im Boden und im Sickerwasser muss eine geeignete Analysemethode mit bekannter Genauigkeit, Präzision und Empfindlichkeit verfügbar sein. Die analytische Nachweisgrenze für die Prüfchemikalie und ihrer wesentlichen Transformationsprodukte (im Allgemeinen mindestens alle Transformationsprodukte, die in Konzentrationen von ≥ 10 % der applizierten Aufwandmenge in Abbaustudien nachgewiesen wurden, vorzugsweise aber alle relevanten Transformationsprodukte) sollten bekannt sein (siehe Nummer 17).

REFERENZCHEMIKALIEN

12.
Zur Bewertung der relativen Mobilität der Prüfchemikalie im Boden werden Referenzchemikalien mit bekanntem Versickerungsverhalten (z. B. Atrazin oder Monuron) verwendet, von denen aus praktischen Erfahrungen bekannt ist, dass sie in mäßigem Umfang versickern (1)(8)(11). Eine nicht sorbierende und nicht abbaubare polare Referenzchemikalie (z. B. Tritium, Bromid, Fluoreszein oder Eosin) zur Nachverfolgung des Wassertransports in der Säule kann hilfreich sein, um die hydrodynamischen Eigenschaften der Bodensäule zu ermitteln.
13.
Chemikalien in Analysequalität können verwendet werden, um durch Chromatographie, Spektroskopie oder sonstige geeignete Verfahren Transformationsprodukte zu beschreiben und/oder zu identifizieren, die in den Bodensegmenten und im Sickerwasser enthalten sind.

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND EINHEITEN

14.
siehe Anlage 1.

QUALITÄTSKRITERIEN

Wiederfindung

15.
Im Versickerungstest ist die Summe der Prozentanteile der Prüfchemikalie, die nach der Versickerung in den Bodensegmenten und im Sickerwasser der Säulen nachgewiesen wird, als Wiederfindungsrate zu betrachten. Die Wiederfindungsraten müssen bei radioaktiv markierten Substanzen bei 90-110 % (11) und bei nicht markierten Substanzen bei 70-110 % liegen (8).

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der Analysemethode

16.
Die Wiederholbarkeit der Analysemethode zur Quantifizierung der Prüfchemikalie und der Transformationsprodukte kann durch erneute Analyse desselben Extrakts eines Bodensegments oder des betreffenden Sickerwassers geprüft werden (siehe Nummer 11).
17.
Die Nachweisgrenze (LOD) der Methode zur Analyse der Prüfchemikalie und der Transformationsprodukte muss bei den einzelnen Bodensegmenten und im Sickerwasser (als Prüfchemikalie) jeweils mindestens 0,01 mg · kg– 1 oder 0,5 % der in die einzelnen Segmente eingebrachten Dosis betragen; maßgeblich ist der jeweils niedrigere Wert. Der Quantifizierungsgrenze (LOQ) ist ebenfalls zu bestimmen.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Prüfsystem

18.
Für die Prüfung werden Bodensäulen (teilbar und unteilbar) aus geeignetem inertem Material (Glas, Edelstahl, Aluminium, Teflon, PVC usw.) mit einem Innendurchmesser von mindestens 4 cm und einer Mindesthöhe von 35 cm verwendet. Das Säulenmaterial ist auf potenzielle Wechselwirkungen mit der Prüfchemikalie und/oder mit Transformationsprodukten der Prüfchemikalie zu testen. In Anlage 2 werden einige geeignete teilbare und nicht teilbare Säulen beschrieben.
19.
Zum Füllen und Packen der Bodensäulen sind Löffel, Kolben und Vibrationsvorrichtungen zu verwenden.
20.
Zur Einbringung der künstlichen Beregnung in die Bodensäulen können Kolbenpumpen, peristaltische Pumpen, Brauseköpfe, Mariottesche Flaschen oder einfache Tropftrichter verwendet werden.

Laborausrüstung und Chemikalien

21.
Es wird die übliche Laborausrüstung insbesondere mit folgenden Bestandteilen benötigt:

(1) Analysegeräte (u. a. GLC-, HPLC- und TLC-Ausrüstung) einschließlich geeigneter Nachweissysteme zur Analyse markierter oder nicht markierter Chemikalien oder zur Analyse mit der inversen Isotopenverdünnungsmethode;

(2) Bestimmungsgeräte (MS, GC-MS, HPLC-MS, NMR usw.);

(3) Flüssigszintillationszähler für nicht radioaktiv markierte Prüfchemikalien;

(4) Oxidationsmittel zur Verbrennung von markiertem Material;

(5) Extraktionsgerät (z. B. Zentrifugenröhrchen zur Kaltextraktion und Soxhlet-Apparat zur kontinuierlichen Extraktion unter Rückfluss);

(6) Geräte zur Konzentration von Lösungen und Extrakten (z. B. Rotationsverdampfer).

22.
Folgende Chemikalien werden verwendet: organische Lösungsmittel in Analysequalität (Aceton, Methanol usw.); Szintillationsflüssigkeit: 0,01 M CaCl2-Lösung in destilliertem oder entionisiertem Wasser (= „künstlicher Regen“).

Prüfchemikalie

23.
Um die Prüfchemikalie in die Bodensäule einzubringen, wird der Stoff in (destilliertem oder entionisiertem) Wasser gelöst. Wenn die Prüfchemikalie in Wasser schlecht löslich ist, kann sie entweder als fertige Formulierung (erforderlichenfalls nach Suspension oder Emulgierung in Wasser) aufgebracht werden, oder die Applikation kann in einem beliebigen organischen Lösungsmittel erfolgen. Soweit überhaupt verwendet, sind organische Lösungsmittel auf ein Minimum zu begrenzen und vor Beginn des Versickerungsprozesses von der Oberfläche des Bodenmaterials zu verdampfen. Feste Zubereitungen (z. B. Granulate) werden in fester Form ohne Wasser in die Säulen gegeben. Um die Verteilung der Materialien über die Oberfläche der Bodensäule zu unterstützen, können die formulierten Produkte vor der Applikation mit einem geringen Anteil an Quarzsand (z. B. 1 g) gemischt werden.
24.
Die Prüfchemikalie ist in hinreichender Menge in die Bodensäulen einzubringen, um mindestens 0,5 % der applizierten Dosis in den einzelnen Segmenten nachweisen zu können. Bei Wirkstoffen von Pflanzenschutzmitteln kann die applizierte Dosis auf Basis der empfohlenen maximalen Aufwandmenge (Einzelapplikation) erfolgen und sowohl für den Wirkstoff als auch für gealterte Wirkstoffe sollte sich die applizierte Menge auf die Oberfläche der verwendeten Bodensäule beziehen .

Referenzchemikalie

25.
In den Versickerungsstests ist eine Referenzchemikalie zu verwenden (siehe Nummer 12). Die Referenzchemikalie ist in ähnlicher Weise wie die Prüfchemikalie auf die Oberfläche der Bodensäule aufzubringen und in ausreichender Menge, um eine angemessene Nachweisgenauigkeit entweder als interner Standard zusammen mit der Prüfchemikalie in derselben Bodensäule oder separat in einer eigenen Bodensäule zu gewährleisten. Vorzugsweise werden beide Chemikalien gemeinsam in derselben Säule zur Versickerung gebracht, außer wenn beide Chemikalien ähnlich markiert wurden.

Böden

Auswahl der Böden

26.
Für die Versickerungsuntersuchungen mit der Ausgangsprüfchemikalie werden 3 bis 4 Böden mit unterschiedlichen pH-Werten, Anteilen an organischen Kohlenstoffen und Texturen verwendet (12). Die folgende Tabelle 1 enthält Leitlinien zur Auswahl von Böden für Versickerungsstudien. Bei ionisierbaren Prüfchemikalien müssen die ausgewählten Böden ein breites Spektrum an pH-Werten abdecken, damit die Mobilität der Chemikalien in ionisierter und in nicht ionisierter Form beurteilt werden kann. Mindestens 3 Böden müssen einen pH-Wert aufweisen, bei dem die Prüfchemikalie in mobiler Form vorliegt.



Tabelle 1

Leitlinien zur Auswahl von Böden für Versickerungsstudien

Boden Nr.pH-Wert

Organischer Kohlenstoff

%

Tonanteil

%

Textur (*1)
1> 7,53,5 - 5,020 - 40lehmiger Tonboden
25,5 - 7,01,5 - 3,015 - 25lehmiger Schluff
34,0 - 5,53,0 - 4,015 - 30Lehm
4< 4,0 - 6,0 (§)< 0,5 - 1,5 (§) (‡)< 10 - 15 (§)lehmiger Sand
5< 4,5> 10 (#)< 10lehmiger Sand/Sand

(*1)   Nach dem FAO- und dem USDA-System (14).

§  Die Werte der entsprechenden Variablen sollten im genannten Bereich liegen. Wenn geeignetes Bodenmaterial schwer zu finden ist, können die genannten Mindestwerte unterschritten werden.

‡  Böden mit einem Anteil von weniger als 0,3 % organischem Kohlenstoff können die Korrelation zwischen dem Gehalt an organischen Bestandteilen und der Adsorptionsleistung beeinträchtigen. Daher sollten Böden mit mindestens 0,3 % organischem Kohlenstoff verwendet werden.

#  Böden mit sehr hohem Kohlenstoffanteil (z. B. > 10 %) sind aus rechtlichen Gründen unter Umständen nicht annehmbar (z. B. bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln).

27.
Manchmal sind andere Bodentypen erforderlich, wenn die Gegebenheiten in kühleren, gemäßigten oder tropischen Regionen nachgebildet werden sollen. Wenn andere Bodentypen bevorzugt werden, müssen diese daher denselben Parametern entsprechen und sollten sich in ihren Merkmalen in ähnlicher Weise unterscheiden wie die in den Leitlinien zur Auswahl von Böden für Versickerungsstudien (siehe vorstehende Tabelle 1) beschriebenen Böden. Dies gilt auch dann, wenn die betreffenden Kriterien nicht genau erfüllt werden.
28.
Bei Versickerungstests mit „gealterten Rückständen“ ist eine Bodenprobe (12) mit einem Sandanteil von > 70 % und einem Anteil von 0,5-1,5 % an organischen Kohlenstoffen zu verwenden (z. B. Boden Nr. 4 in Tabelle 1). Wenn Daten zu den Transformationsprodukten hohe Bedeutung zukommt, müssen unter Umständen mehr Bodentypen verwendet werden.
29.
Alle Böden sind mindestens hinsichtlich ihrer Textur ( % Sand, % Schluff, % Ton nach FAO- und USDA-Klassifizierung (14)), des pH-Werts, der Kationenaustauschkapazität, des Anteils an organischen Kohlenstoffen, der Schüttdichte (bei gestörten Böden) und der Wasserrückhaltefähigkeit zu beschreiben. Die mikrobielle Biomasse muss nur für die Böden bestimmt werden, die während der Alterungs-/Inkubationsphase vor dem Versickerungstest mit den gealterten Rückständen verwendet werden. Angaben zu weiteren Eigenschaften der Böden (z. B. Klassifizierung, Tonmineralogie, spezifische Oberfläche) können bei der Interpretation der Prüfergebnisse hilfreich sein. Zur Bestimmung der Bodenbeschaffenheit können die in den Quellen (15)(16)(17)(18)(19) empfohlenen Methoden verwendet werden.

Entnahme und Lagerung der Böden

30.
Die Böden sind aus der oberen Schicht (A-Horizont) bis zu einer Tiefe von höchstens 20 cm zu entnehmen. Pflanzenrückstände, Makrofauna und Steine sind zu entfernen. Die Böden (mit Ausnahme der zur Alterung der Prüfchemikalie verwendeten Böden) werden bei Raumtemperatur (vorzugsweise 20-25 °C) an der Luft getrocknet. Die Zerkleinerung des Materials ist unter möglichst geringem Kraftaufwand vorzunehmen, damit die ursprüngliche Textur des Bodens möglichst wenig verändert wird. Die Böden werden mit einem Sieb mit einer Maschenweite von ≤ 2 mm gesiebt. Eine sorgfältige Homogenisierung ist zu empfehlen, da dadurch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse verbessert wird. Vor der Verwendung können die Böden bei Raumtemperatur und lufttrocken aufbewahrt werden; (12). Zur Lagerfähigkeit werden keine Empfehlungen abgegeben; Böden, die aber länger als drei Jahre gelagert wurden, sollten vor der Verwendung nochmals auf ihren Gehalt an organischen Kohlenstoffen und auf ihren pH-Wert untersucht werden.
31.
Zur Historie der Feldstandorte, an denen die Prüfböden entnommen wurden, sollten detaillierte Informationen verfügbar sein. Zu diesen Informationen zählen die genaue Lage (exakt definiert durch UTM (Universale Transversale Mercator-Projektion/European Horizontal Datum) oder geografische Koordinaten) sowie Bewuchs, Behandlungen mit Pestiziden, Behandlungen mit organischen und anorganischen Düngemitteln, biologische Anlagerungen oder unfallbedingte Verschmutzungen (12). Böden, die in den letzten vier Jahren mit der Prüfchemikalie oder mit strukturell analogen Stoffen behandelt wurden, dürfen für Versickerungsstudien nicht verwendet werden.

Prüfbedingungen

32.
Während der Prüfung werden die Versickerungssäulen bei Raumtemperatur im Dunkeln aufbewahrt; wichtig ist, dass eine konstante Raumtemperatur (± 2 °C) besteht. Zu empfehlen sind Temperaturen zwischen 18 und 25 °C.
33.
Die Oberfläche der Bodensäulen ist kontinuierlich mit künstlichem Regen (0,01 M CaCl2, 200 mm innerhalb von 48 Stunden) zu beregnen ; diese Beregnungsmenge entspricht einem Niederschlag von 251 ml bei einer Wassersäule mit einem Innendurchmesser von 4 cm. Wenn für die Prüfung benötigt, kann die künstliche Beregnung modifiziert und die Dauer der Beregnung erhöht werden.

Prüfverfahren

Versickerung mit der Ausgangsprüfchemikalie

34.
Mindestens zwei Bodensäulen werden bis zu einer Höhe von etwa 30 cm mit unbehandeltem, luftgetrockneten und (mit einer Maschenweite von < 2 mm) gesiebtem Bodenmaterial gefüllt. Um eine einheitliche Packung herzustellen, wird der Boden in kleinen Anteilen mit einem Löffel in die Säulen gegeben und mit einem Kolben unter leichtem Vibrieren der Säule verdichtet, bis die Bodensäule nicht mehr weiter nachgibt. Diese einheitliche Packung wird benötigt, um mit den Bodensäulen reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen. Nähere Informationen zu Verfahren zum Packen der Säulen sind den Quellen (20), (21) und (22) zu entnehmen. Um die Reproduzierbarkeit des Packungsvorgangs kontrollieren zu können, wird das Gesamtgewicht der in die Säulen gepackten Böden ermittelt . Die beiden verwendeten Säulen müssen ein ähnliches Gewicht haben.
35.
Nach dem Packen werden die Bodensäulen mit künstlichem Regen (0,01 M CaCl2) von unten nach oben gesättigt, um in den Bodenporen vorhandene Luft durch Wasser zu verdrängen. Anschließend wird gewartet, bis die Säulen im Gleichgewicht sind und das überschüssige Wasser abgelaufen ist. Methoden zur Sättigung der Säulen werden in (23) erläutert.
36.
Anschließend werden die Prüfchemikalie und/oder die Referenzchemikalie in die Bodensäulen gegeben (siehe auch Nummern 23-25). Um eine homogene Verteilung zu erreichen, werden die Lösungen, Suspensionen oder Emulsionen der Prüfchemikalie und/oder der Referenzchemikalie gleichmäßig auf die Oberfläche der Bodensäulen aufgebracht. Wenn eine Einarbeitung in den Boden empfohlen wird, ist die Prüfchemikalie zunächst in eine geringe Menge (z. B. 20 g) des Bodens zu mischen und auf die Oberfläche der Bodensäule zu bringen.
37.
Danach werden die Oberflächen der Bodensäulen mit einer Glassinterplatte, Glasperlen, Glasfaserfiltern oder einem runden Filterpapier bedeckt, damit der künstliche Regen gleichmäßig über die gesamte Fläche verteilt und die Oberfläche des Bodens nicht durch die Beregnungstropfen gestört wird. Je größer der Durchmesser der Säule, desto sorgfältiger ist bei der künstlichen Beregnung der Bodensäulen vorzugehen, um eine gleichmäßige Verteilung des künstlichen Regens über die gesamte Bodenfläche sicherzustellen. Der künstliche Regen wird danach mit einer Kolbenpumpe, einer peristaltischen Pumpe oder einem Tropftrichter auf die Bodensäulen getropft. Das Sickerwasser ist vorzugsweise in Fraktionen aufzufangen; die jeweiligen Mengen sind zu protokollieren .
38.
Nach der Versickerung und dem Abtropfen der Säulen werden die Bodensäulen je nach den gemäß der Studie benötigten Informationen in eine geeignete Anzahl an Segmenten geteilt; die Segmente werden mit geeigneten Lösungsmitteln oder Lösungsmittelgemischen extrahiert und auf die Prüfchemikalie sowie ggf. auf Transformationsprodukte, die Gesamt-Radioaktivität und die Referenzchemikalie analysiert. Das Sickerwasser bzw. die Sickerwasserfraktionen werden unmittelbar nach der Extraktion auf die genannten Produkte untersucht. Wenn radioaktiv markierte Prüfchemikalien verwendet werden, sind alle Fraktionen mit ≥ 10 % der eingebrachten Radioaktivität zu ermitteln.

Auswaschen bei gealterten Rückständen

39.
Frischer Boden (nicht zuvor luftgetrocknet) wird mit einer der Oberfläche der Bodensäulen angepassten Menge der radioaktiv markierten Prüfchemikalie (siehe Nummer 24) behandelt und unter aeroben Bedingungen gemäß Prüfmethode C.23 inkubiert (13). Die Inkubationsdauer (Alterungsdauer) muss so lang sein, dass erhebliche Mengen an Transformationsprodukten entstehen können; zu empfehlen ist eine Alterung über die Halbwertszeit der jeweiligen Prüfchemikalie ; eine Dauer von 120 Tagen sollte aber nicht überschritten werden. Vor der Versickerung wird der gealterte Boden auf die Prüfchemikalie und ihre Transformationsprodukte analysiert.
40.
Die Versickerungssäulen werden bis zu einer Höhe von 28 cm mit dem gleichen Boden (allerdings luftgetrocknet) wie im Alterungstest (siehe Nummer 34) gepackt; anschließend wird das Gesamtgewicht der gepackten Bodensäulen bestimmt. Danach werden die Bodensäulen vorgefeuchtet, wie in Nummer 35 erläutert.
41.
Die Prüfchemikalie und ihre Transformationsprodukte werden in Form von gealterten Bodenrückständen (siehe Nummer 39) als 2 cm starkes Bodensegment auf die Oberfläche der Bodensäulen gebracht. Die Gesamthöhe der Bodensäulen (unbehandelter Boden + gealterter Boden) sollte nicht mehr als 30 cm betragen (siehe Nummer 34).
42.
Die Versickerung wird vorgenommen, wie in Nummer 37 beschrieben.
43.
Nach der Versickerung werden die Bodensegmente und das Sickerwasser auf die Prüfchemikalie, ihre Transformationsprodukte und nicht extrahierte Radioaktivität untersucht, wie in Nummer 38 erläutert. Um zu ermitteln, welcher Anteil der gealterten Rückstände in der obersten 2 cm starken Bodenschicht nach der Versickerung noch vorhanden ist, wird dieses Segment getrennt analysiert.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

44.
Die Anteile der Prüfchemikalie, der Transformationsprodukte und der nicht extrahierbaren radioaktiven Bestandteile sowie — wenn vorhanden — der Referenzchemikalie werden in Prozent bezogen auf die Ausgangsdosis der einzelnen Bodensegmente und der Sickerwasserfraktion angegeben. Für jede Säule werden die ermittelten Prozentanteile bezogen auf die jeweilige Bodentiefe grafisch dargestellt.
45.
Wenn bei den Versickerungstests eine Referenzchemikalie verwendet wurde, kann die Versickerung der Referenzchemikalie auf einer relativen Skala anhand von relativen Mobilitätsfaktoren (RMF; Begriffsbestimmung siehe Anlage 3) bestimmt werden (1)(11); die RMF ermöglichen einen Vergleich der Versickerungsdaten verschiedener Chemikalien bei unterschiedlichen Bodentypen. Anlage 3 enthält Beispiele für RMF-Werte verschiedener Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln.
46.
Ungefähre Werte für Koc (auf organischen Kohlenstoff normalisierter Adsorptionskoeffizient) und Kom (auf organische Bestandteile normalisierter Verteilungskoeffizient) können ebenfalls aus den Ergebnissen des Versickerungstests abgeleitet werden; Ausgangsparameter sind die durchschnittliche Versickerungsstrecke oder festgestellte Korrelationen zwischen dem RMF und Kom bzw. Koc (4); alternativ kann von allgemeinen theoretischen Prinzipien der Chromatographie ausgegangen werden (24). Der letztgenannte Ansatz ist jedoch mit Vorsicht zu bewerten, insbesondere wenn das verwendete System während der Versickerung eher nicht gesättigt war.

Interpretation der Ergebnisse

47.
Die bei dieser Methode beschriebenen Versickerungstests mit Bodensäulen ermöglichen die Ermittlung des Versickerungs- oder des Mobilitätspotenzials der Prüfchemikalie (bei Versickerungstests mit Ausgangsstoffen) und/oder bei ihren Transformationsprodukten (bei Versickerungstests mit gealterten Rückständen) aus bzw. in Böden. Aufgrund dieser Prüfungen können keine quantitativen Aussagen über das Versickerungsverhalten in der Natur getroffen werden; die Prüfungen können aber einen Maßstab für den Vergleich des „Versickerungsverhaltens“ eines Stoffs mit anderen Stoffen bieten, deren Versickerungsverhalten vielleicht bereits bekannt ist (24). Ebenso kann nicht ermittelt werden, welcher Prozentanteil des zugeführten Stoffs in das Grundwasser gelangen könnte (11). Die Ergebnisse der Versickerungstests mit Bodensäulen können aber einen Anhaltspunkt dafür bieten, ob bei Chemikalien mit hohem Mobilitätspotenzial in Labortests weitere Halbfreiland- und Freilandstudien durchgeführt werden müssen.

Prüfbericht

48.
Der Prüfbericht enthält die folgenden Angaben:

Prüfchemikalie und Referenzchemikalie (sofern verwendet):

Trivialname, chemische Bezeichnung (IUPAC- und CAS-Name), CAS-Nummer, chemische Struktur (Position der Markierung, wenn radioaktiv markiertes Material verwendet wurde) und maßgebliche physikalisch-chemische Merkmale;
Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfchemikalie;
radiochemische Reinheit markierter Chemikalien und (ggf.) spezifische Aktivität.

Im Test verwendete Böden:

Beschreibung des Entnahmestandorts;
Merkmale des Bodens (pH-Wert, Gehalt an organischen Kohlenstoffen und an Ton, Textur und Schüttdichte (bei gestörten Böden));
mikrobiologische Aktivität (nur für Böden, die für die Alterung der Prüfchemikalie verwendet wurden);
Dauer der Lagerung des Bodens und Lagerbedingungen.

Prüfbedingungen:

Daten der Durchführung der Prüfungen;
Länge und Durchmesser der Versickerungssäulen;
Gesamtgewicht des Bodens in den Bodensäulen;
Menge der Prüfchemikalie und ggf. der Referenzchemikalie;
Umfang, Häufigkeit und Dauer der künstlichen Beregnung;
Temperatur des Versuchsaufbaus;
Anzahl der Replikate (mindestens zwei);
Methoden zur Analyse der Prüfchemikalie, der Transformationsprodukte und ggf. der Referenzchemikalie in den verschiedenen Bodensegmenten und Sickerwasserproben;
Methoden zur Beschreibung und Identifizierung von Transformationsprodukten in den Bodensegmenten und im Sickerwasser.

Prüfergebnisse:

Tabellen mit den Testergebnissen, ausgedrückt als Konzentrationen und als Prozentanteile der zugeführten Dosis für Bodensegmente und Sickerwasser;
Massenbilanz (ggf.);
Sickerwasservolumen;
Versickerungsstrecke und ggf. relative Mobilitätsfaktoren;
grafische Darstellung der ermittelten Prozentanteile in den Bodensegmenten bezogen auf die Tiefe der Bodensegmente;
Diskussion und Interpretation der Ergebnisse.

LITERATUR

(1) Guth, J.A., Burkhard, N., und Eberle, D.O. (1976). Experimental Models for Studying the Persistence of Pesticides in Soil. Proc. BCPC Symposium: Persistence of Insecticides and Herbicides.

(2) Russel, M.H. (1995). Recommended approaches to assess pesticide mobility in soil. In progress in Pesticide Biochemistry and Toxicology, Vol. 9 (Environmental Behaviour of Agrochemicals — T.R. Roberts and P.C. Kearney, Hrsg.). J. Wiley & Sons.

(3) Briggs, G.G. (1981). Theoretical and experimental relationships between soil adsorption, octanol-water partition coefficient, water solubilities, bioconcentration factors, and the parachor. J.Agric. Food Chem. 29, 1050-1059.

(4) Chiou, C.T., Porter, P.E., und Schmedding, D.W. (1983). Partition equilibria of non-ionic organic compounds between soil organic matter and water. Environ. Sci. Technol. 17, 227-231.

(5) Guth, J.A. (1983). Untersuchungen zum Verhalten von Pflanzenschutzmitteln im Boden. Bull. Bodenkundliche Gesellschaft Schweiz 7, 26-33.

(6) US-Environmental Protection Agency (1982). Pesticide Assessment Guidelines, Subdivision N. Chemistry: Environmental Fate.

(7) Agriculture Canada (1987). Environmental Chemistry and Fate Guidelines for registration of pesticides in Canada.

(8) Anhang I der Richtlinie 95/36/EG der Kommission vom 14. Juli 1995 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, ABl. L 172, 22.7.1995, S. 8.

(9) Dutch Commission for Registration of Pesticides (1991). Application for registration of a pesticide. Section G: Behaviour of the product and its metabolites in soil, water and air.

(10) BBA (1986). Richtlinie für die amtliche Prüfung von Pflanzenschutzmitteln, Teil IV, 4-2. Versickerungsverhalten von Pflanzenschutzmitteln.

(11) SETAC (1995). Procedures for Assessing the Environmental Fate and Ecotoxicity of Pesticides. Mark R. Lynch, Ed.

(12) OECD (1995). Final Report of the OECD Workshop on Selection of Soils/Sediments. Belgirate, Italien, 18.-20. Januar 1995.

(13) Die folgenden Kapital in diesem Anhang:

Kapitel A.4, Dampfdruck

Kapitel A.6, Wasserlöslichkeit

Kapitel A.8, Verteilungskoeffizient, Schüttelmethode

Kapitel A.24, Verteilungskoeffizient, HPLC-Methode

Kapitel C.7, Abbaubarkeit — abiotischer Abbau: Hydrolyse in Abhängigkeit vom pH

Kapitel C.18, Adsorption/Desorption nach einer Schüttelmethode

Kapitel C.23, Aerobe und anaerobe Transformation im Boden

(14) Soil Texture Classification (US and FAO systems). Weed Science, 33, Suppl. 1 (1985) und Soil Sci. Soc. Amer. Proc. 26, 305 (1962).

(15) Methods of Soil Analysis (19821986). Part 2, Chemical1, Physical and Microbiological PropertiesMineralogical Methods (A.L. Page, R.H. Miller und D.R. Kelney, Eds Klute, Ed.). Agronomy Series No. 9, 2nd Edition.

(16) Methods of Soil Analysis (1982). Part 2, Chemical and Microbiological Properties (A.L. Page, R.H. Miller und D.R. Kelney, Hrsg.). Agronomy Series No. 9, 2nd Edition.

(17) ISO Standard Compendium Environment (1994). Soil Quality — General aspects; chemical and physical methods of analysis; biological methods of analysis. First Edition.

(18) Mückenhausen, E. (1975). Die Bodenkunde und ihre geologischen, geomorphologischen, mineralogischen und petrologischen Grundlagen. DLG-Verlag, Frankfurt/Main.

(19) Scheffer, F., und Schachtschabel, P. (1998). Lehrbuch der Bodenkunde. F. Enke Verlag, Stuttgart.

(20) Weber, J.B., und Peeper, T.F. (1977). In Research Methods in Weed Science, 2nd Edition (B. Truelove, Ed.). Soc. Weed Sci., Auburn, Alabama, 73-78.

(21) Weber, J.B., Swain, L.R., Strek, H.J., und Sartori, J.L. (1986). In Research Methods in Weed Science, 3rd Edition (N.D. Camper, Ed.). Soc. Weed Sci., Champaign, IL, 190-200.

(22) Oliveira, et al. (1996). Packing of sands for the production of homogeneous porous media. Soil Sci. Soc. Amer. J. 60(1): 49-53.

(23) Shackelford, C. D. (1991). Laboratory diffusion testing for waste disposal. — A review. J. Contam. Hydrol. 7, 177-217.

(24) Hamaker, J.W. (1975). Interpretation of soil leaching experiments. In Environmental Dynamics of Pesticides (R. Haque, V.H. Freed, Hrsg.), 115-133. Plenum Press, New York.

(25) OECD (1981). Dissociation constants in water. OECD Guideline for Testing of Chemicals, No. 4112, OECD, Paris

Anlage 1

Begriffsbestimmungen und Einheiten

Gealterte Bodenrückstände : Prüfchemikalie und Transformationsprodukte, die nach der Applikation und nach einem hinreichend langen Zeitraum für Transport-, Adsorptions-, Stoffwechsel- und Ableitungsprozesse zur Änderung der Verteilung und der chemischen Beschaffenheit eines Anteils des zugeführten Stoffs noch im Boden vorhanden sind (1).

Künstlicher Regen : 0,01 M CaCl2-Lösung in destilliertem oder entionisiertem Wasser.

Durchschnittliche Versickerungsstrecke (leaching distance) : [normaler Versickerungstest] unterste Schicht des Bodensegments, in der die Summe des wiedergefundenen Stoffs 50 % der insgesamt wiedergefundenen Prüfchemikalie entspricht, oder: [Versickerungstest mit gealterten Rückständen] unterste Schicht des Bodensegments, in der die Summe der wiedergefundenen Chemikalie 50 % der insgesamt wiedergefundenen Prüfchemikalie entspricht — (Höhe der Schicht mit den gealterten Rückständen) / 2).

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch

Sickerwasser : wässrige Phase, die durch ein Bodenprofil oder eine Bodensäule gesickert ist (1).

Versickerung : Prozess, bei dem sich ein Stoff abwärts durch ein Bodenprofil oder eine Bodensäule bewegt (1).

Versickerungsstrecke : Unterstes Bodensegment, in dem nach der Versickerung eine Konzentration von ≥ 0,5 % der zugeführten Prüfchemikalie oder der gealterten Rückstände ermittelt wurde (entspricht der Eindringtiefe).

Nachweisgrenze (LOD = Limit of Detection) und Quantifizierungsgrenze (LOQ = Limit of Quantification) : Als Nachweisgrenze (LOD) wird die Konzentration einer Chemikalie bezeichnet, unter der die Chemikalie nicht mehr von analytischen Artefakten unterschieden werden kann. Als Quantifizierungsgrenze (LOQ) gilt die Konzentration einer Chemikalie, unter der die Konzentration nicht mehr mit annehmbarer Genauigkeit bestimmt werden kann.

RMF, relativer Mobilitätsfaktor : (Versickerungsstrecke der Prüfchemikalie (cm)) / (Versickerungsstrecke der Referenzchemikalie (cm))

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Transformationsprodukt : alle aus biotischen und abiotischen Transformationsreaktionen der Prüfchemikalie entstandenen Chemikalien einschließlich CO2 und der an Rückstände gebundenen Produkte.

Boden

:

ein Gemisch mineralischer und organisch-chemischer Bestandteile, wobei letztere Verbindungen mit hohem Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt sowie einem hohen Molekulargewicht enthalten und mit kleinen (zumeist Mikro-)Organismen belebt sind; Boden kann in zwei Zustandsformen vorliegen:

nicht gestört, d. h. so, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt haben, mit charakteristischen Schichten einer Vielzahl von Bodentypen;
gestört, d. h. so, wie die Böden gewöhnlich in bewirtschafteten Flächen vorkommen oder wie sie zur Verwendung bei dieser Prüfmethode durch Graben entnommen werden (2).

(1) Holland, P.T. (1996). Glossary of Terms Relating to Pesticides. IUPAC Reports on Pesticide (36). Pure & Appl. Chem. 68, 1167-1193.

(2) OECD Test Guideline 304 A: Inherent Biodegradability in Soil (angenommen am 12. Mai 1981).

Anlage 2

Abbildung 1

Nicht teilbare Versickerungssäulen aus Glas (Beispiel);

Länge 35 cm, Innendurchmesser 5 cm (1)

(1) Drescher, N. (1985). Moderner Acker- und Pflanzenbau aus Sicht der Pflanzenschutzmittelindustrie. In Unser Boden — 70 Jahre Agrarforschung der BASF AG, 225-236. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln.

Abbildung 2

Teilbare Metallsäule mit 4 cm Innendurchmesser (Beispiel) (1)

(1) Burkhard, N., Eberle D.O., und Guth, J.A. (1975). Model systems for studying the environmental behaviour of pesticides. Environmental Quality and Safety, Suppl. Vol. III, 203-213

Anlage 3



Relative Mobilitätsfaktoren (*1)(RMF) der Chemikalien einiger Pflanzenschutzmittel (Beispiele) (1)(2) und entsprechende Mobilitätsklassen (+)

RMF-BereichChemikalie (RMF)Mobilitätsklasse
≤ 0,15Parathion (< 0,15), Flurodifen (0,15)

I

immobil

0,15 - 0,8Profenophos (0,18), Propiconazol (0,23), Diazinon (0,28), Diuron (0,38), Terbuthylazin (0,52), Methidathion (0,56), Prometryn (0,59), Propazin (0,64), Alachlor (0,66), Metolachlor (0,68)

II

leicht mobil

w 0,8 - 1,3Monuron (*2) (1,00), Atrazin (1,03), Simazin (1,04), Fluometuron (1,18)

III

mäßig mobil

1,3 - 2,5Prometon (1,67), Cyanazin (1,85), Bromacil (1,91), Karbutilat (1,98)

IV

verhältnismäßig mobil

2,5 - 5,0Carbofuran (3,00), Dioxacarb (4,33)

V

mobil

> 5,0Monocrotophos (> 5,0), Dicrotophos (> 5,0)

VI

sehr mobil

(*1)   Der relative Mobilitätsfaktor wird wie folgt ermittelt (3):

(*2)   Referenzchemikalie

+  Andere Systeme zur Klassifizierung der Mobilität von Chemikalien im Boden beruhen auf Rf-Werten von Bodenanalysen durch Dünnschichtchromatographie (4) und auf Koc-Werten (5)(6).

(1) Guth, J.A. (1985). Adsorption/desorption. In Joint International Symposium „Physicochemical Properties and their Role in Environmental Hazard Assessment“. Canterbury, UK, 1.-3. Juli 1985.

(2) Guth, J.A., und Hörmann, W.D. (1987). Problematik und Relevanz von Pflanzenschutzmittel-Spuren im Grund (Trink-) Wasser. Schr.Reihe Verein WaBoLu, 68, 91-106.

(3) Harris, C.I. (1967). Movement of herbicides in soil. Weeds 15, 214-216.

(4) Helling, C.S. (1971). Pesticide mobility in soils. Soil Sci. Soc. Am. Proc. 35, 743-748.

(5) McCall, P.J., Laskowski, D.A., Swann, R.L., und Dishburger, H.J. (1981). Measurements of sorption coefficients of organic chemicals and their use in environmental fate analysis. In Test Protocols for Environmental Fate and Movement of Toxicants. Proceedings of AOAC Symposium, AOAC, Washington D.C.

(6) Hollis, J.M. (1991). Mapping the vulnerability of aquifers and surface waters to pesticide contamination at the national/regional scale. BCPC Monograph No. 47 Pesticides in Soil and and Water, 165-174.

C.45.   ABSCHÄTZUNG DER EMISSIONEN VON MIT HOLZSCHUTZMITTELN BEHANDELTEM HOLZ IN DIE UMWELT: LABORMETHODE FÜR UNBESCHICHTETE HOLZPRODUKTE, DIE MIT SÜSSWASSER ODER MIT MEERWASSER IN BERÜHRUNG KOMMEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 313 (2007). Die Emissionen aus mit Holzschutzmitteln behandeltem Holz in die Umwelt müssen quantifiziert werden, um das mit behandeltem Holz verbundene Umweltrisiko bewerten zu können. Diese Prüfmethode beschreibt eine Labormethode zur Abschätzung der Emissionen aus mit Holzschutzmitteln behandeltem Holz in zwei Situationen, bei denen Emissionen in die Umwelt gelangen könnten:
Emissionen aus behandeltem Holz, das mit Süßwasser in Berührung kommt, und Emissionen, die bei behandeltem Holz von der Oberfläche in Wasser gelangen könnten;
Emissionen aus behandeltem Holz, das mit Salzwasser in Berührung kommt, und Emissionen, die bei behandeltem Holz von der Oberfläche in Meerwasser gelangen könnten.
2.
Diese Prüfmethode ist zur Ermittlung der Emissionen aus Hölzern und Holzprodukten vorgesehen, die nicht abgedeckt sind und mit Süßwasser oder mit Meerwasser in Berührung kommen. International werden Gebrauchsklassen verwendet, um die biologische Gefährdung zu beschreiben, der behandelte Holzprodukte ausgesetzt sind. Außerdem beschreiben die Klassen die Verwendungssituation der behandelten Produkte und die Umweltbereiche (Luft, Wasser, Boden), die potenziell durch das mit Holzschutzmitteln behandelte Holz gefährdet sein könnten.
3.
Die Prüfmethode besteht in einem Laborverfahren zur Gewinnung von Proben (Eluaten) aus dem Wasser, in die das behandelte Holz untergetaucht wurde; die Probenahme erfolgt nach zunehmenden Expositionsintervallen. Die Menge der Emissionen im Eluat hängt von der Oberfläche des Holzes und von der Expositionsdauer ab; zu ermitteln ist die Emissionsrate in mg/m2/Tag. Auf diese Weise kann die Emissionsrate (die Auswaschungsrate) bei zunehmender Expositionsdauer abgeschätzt werden.
4.
Die Menge der Emissionen kann als Parameter in Bewertungen des Umweltrisikos von behandeltem Holz verwendet werden.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

5.
Das Auswaschverhalten der Holzoberfläche mit Süßwasser wird hinsichtlich der Art und des Umfangs der Auswaschung nicht als gleichwertig mit dem Auswaschverhalten einer Holzoberfläche durch Meerwasser betrachtet. Für Holzschutzmittel oder entsprechende Gemische zur Behandlung von Holz, das mit Meerwasser in Berührung kommt, muss ein Auswaschungstest mit Meerwasser durchgeführt werden.
6.
Mit einem Holzschutzmittel behandeltes Holz muss für das im Handel angebotene Holz repräsentativ sein. Es muss entsprechend den Anweisungen des Holzschutzmittelherstellers sowie unter Berücksichtigung der geltenden Normen und Spezifikationen behandelt worden sein. Parameter einer Nachbehandlung des Holzes zur Konditionierung vor Testbeginn sind zu spezifizieren.
7.
Die verwendeten Holzproben müssen für die verwendeten Erzeugnisse repräsentativ sein (bezüglich der jeweiligen Art, der Dichte und sonstiger Merkmale).
8.
Die Prüfung kann in Verbindung mit einer Druckimprägnierung (Penetrationsverfahren) oder einer Oberflächlenbehandlung sowie mit Holz durchgeführt werden, das eine zusätzliche obligatorische Oberflächenbehandlung erhält (z. B. eine Lackierung als Voraussetzung für die wirtschaftliche Nutzung).
9.
Zusammensetzung, Menge, pH-Wert und physikalische Beschaffenheit des Wassers sind für die Bestimmung des Umfangs, der Art und der Beschaffenheit der von dem Holz ausgehenden Emissionen von Bedeutung.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

10.
Proben von mit Holzschutzmitteln behandeltem Holz werden in Wasser eingetaucht. Von dem Wasser (Eluat) werden im Laufe des Expositionszeitraumes hinreichend oft Proben entnommen und analysiert, um statistische Berechnungen vornehmen zu können. Aus den Ergebnissen der Analysen werden die Emissionsraten in mg/m2/Tag berechnet. Die Zeitintervalle der Probenahmen sind zu protokollieren. Prüfungen mit unbehandelten Proben können abgebrochen werden, wenn für die ersten drei Datenpunkte keine Hintergrundkonzentration festgestellt wurde.
11.
Die Berücksichtigung unbehandelter Holzproben ermöglicht die Bestimmung von Hintergrundkonzentrationen der Eluate aus dem Holz, die nicht auf das verwendete Holzschutzmittel zurückzuführen sind.

QUALITÄTSKRITERIEN

Genauigkeit

12.
Die Genauigkeit der Prüfmethode zur Abschätzung der Emissionen hängt von der Repräsentativität der in der Prüfung verwendeten Proben für das handelsübliche Holz, der Repräsentativität des Wassers für natürliches Wasser und von der Repräsentativität des Expositionsschemas für die natürlichen Gegebenheiten ab.
13.
Die Genauigkeit, die Präzision und die Wiederholbarkeit der Analysemethode sind vor Beginn der Prüfung zu ermitteln.

Reproduzierbarkeit

14.
Drei Wasserproben werden entnommen und analysiert; der Mittelwert der Proben ist als Emissionswert anzunehmen. Die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse innerhalb eines Labors und zwischen den verschiedenen Labors hängt vom Tauchprotokoll und von den verwendeten Holzproben ab.

Annehmbare Wertebereiche

15.
Ein Ergebnisspektrum, bei dem die oberen und die unteren Werte um weniger als eine Größenordnung voneinander entfernt sind, ist bei dieser Prüfung annehmbar.

PRÜFBEDINGUNGEN

Wasser

16.
Szenarien für die Auswaschung in Süßwasser: Für den Auswaschungstest wird demineralisiertes Wasser (z. B. ASTM D 1193 Typ II) empfohlen, wenn das zu bewertende Holz Süßwasser ausgesetzt wird. Die Wassertemperatur muss bei 20 +/- 2 °C liegen; der gemessene pH-Wert und die Wassertemperatur sind im Prüfbericht zu vermerken. Mittels einer Analyse der Wasserproben, die vor dem Tauchen der behandelten Proben entnommen wurden, kann der Anteil der zu untersuchenden Stoffe im Wasser abgeschätzt werden. Auf diese Weise können die Hintergrundkonzentrationen von Chemikalien ermittelt werden, welche anschließend einer chemischen Analyse unterzogen werden.
17.
Szenarien für die Auswaschung in Meerwasser: Für den Auswaschungstest wird künstliches Meerwasser (z. B. ASTM D 1141, künstliches Meerwasser ohne Schwermetalle) empfohlen, wenn das zu bewertende Holz Meerwasser ausgesetzt wird. Die Wassertemperatur muss bei 20 +/- 2 °C liegen; der gemessene pH-Wert und die Wassertemperatur sind im Prüfbericht zu vermerken. Mittels einer Analyse der Wasserproben, die vor dem Tauchen der behandelten Proben entnommen wurden, kann der Anteil der zu untersuchenden Chemikalien im Wasser abgeschätzt werden. Diese Kontrolle ist für die Analyse der Hintergrundkonzentrationen relevanter Chemikalien von Bedeutung.

Im Test zu verwendende Holzproben

18.
Die Holzproben müssen typisch für die tatsächlich zur Prüfung der Wirksamkeit von Holzschutzmitteln verwendete Holzart sein. Empfohlene Arten sind Pinus sylvestris L. (Waldkiefer), Pinus resinosa Ait. (Rotkiefer) und Pinus spp (Südkiefer). Mit anderen Arten können weitere Prüfungen durchgeführt werden.
19.
Für die Prüfungen ist geradfaseriges astfreies Holz zu verwenden. Harziges Material ist zu vermeiden. Das Holz muss von typischer handelsüblicher Beschaffenheit sein. Herkunft, Dichte und Anzahl der Jahresringe sind jeweils bezogen auf eine Breite von 10 mm zu protokollieren.
20.
Zu empfehlen sind immer jeweils fünf Holzproben in Form von Klötzen gemäß EN 113 (25 mm × 50 mm × 15 mm), deren Längsseiten parallel zur Faser verlaufen; es können aber auch andere Abmessungen (z. B. 50 mm × 150 mm × 10 mm) verwendet werden. Die Holzproben sollten vollständig von Wasser bedeckt sein. Sie müssen vollständig aus Splintholz bestehen. Die Proben werden jeweils individuell gekennzeichnet, damit sie während des gesamten Tests identifiziert werden können.
21.
Alle Proben werden gehobelt oder flach gesägt; die Oberflächen dürfen nicht geschmirgelt werden.
22.
Für jede Analyse sind mindestens fünf Gruppen von Holzproben zu verwenden: Drei Gruppen werden mit einem Holzschutzmittel behandelt, eine Gruppe wird nicht behandelt und eine Gruppe wird zur Ermittlung des Feuchtegehalts der unbehandelten Proben nach der Ofentrocknung verwendet. Es werden hinreichend viele Proben hergestellt, damit drei Probengruppen ausgewählt werden können, bei denen die Werte für die Aufnahme des Holzschutzmittels im Bereich von +/- 5 % um die mittleren Aufnahmewerte aller Proben liegen.
23.
Alle Proben werden auf der Stirnseite mit einer Chemikalie versiegelt, die das Eindringen des Holzschutzmittels in die Stirnseite und die Auswaschung über die Stirnseite verhindert. Beim Aufbringen der Versiegelung ist zwischen Proben zur Prüfung einer Oberflächenbehandlung und Proben zur Prüfung einer Druckimprägnierung zu unterscheiden. Die Aufbringung der Versiegelung auf der Stirnseite muss nur bei der oberflächlichen Applikation vor der Behandlung erfolgen.
24.
Bei einer Druckimprägnierung muss die Stirnseite für die Holzschutzmittel durchlässig sein. Daher müssen die Proben am Ende der Vorbehandlung versiegelt werden. Die Emissionen sind ausschließlich für die Fläche auf der Längsseite zu bestimmen. Die Versiegelungen sind zu prüfen und gegebenenfalls zu erneuern, bevor mit der Auswaschung begonnen wird. Nach Beginn der Auswaschung darf die Versiegelung nicht noch einmal aufgetragen werden.

Tauchbehältnis

25.
Das Behältnis besteht aus inertem Material und ist groß genug zur Aufnahme von fünf Holzproben nach EN113 in 500 ml Wasser bei einem Oberflächen-Wasservolumen-Verhältnis von 0,4 cm2/ml.

Versuchsaufbau (Proben)

26.
Die Proben werden so aufgebaut, dass alle exponierten Flächen der Proben mit Wasser in Berührung kommen.

SCHUTZBEHANDLUNG

Vorbereitung der behandelten Proben

27.
Die Holzproben, die mit dem zu untersuchenden Holzschutzmittel behandelt werden sollen, werden nach dem für das jeweilige Holzschutzmittel beschriebenen Verfahren behandelt; in Betracht kommen eine Druckimprägnierung sowie eine Oberflächlichenapplikation (etwa durch Tauchen, Sprühen oder Streichen).

Schutzmittel die mit einer Druckimprägnierung eingebracht werden

28.
Von dem zu prüfenden Holzschutzmittel wird eine Lösung so hergestellt, dass die spezifizierte Aufnahme oder Retention erreicht wird, wenn das Mittel mit einer Druckimprägnierung eingebracht wird. Die Holzprobe wird gewogen und gemessen. Das Verfahren zur Druckimprägnierung ist durchzuführen, wie für die Applikation des Holzschutzmittels für Holz zur Verwendung gemäß den Gebrauchsklassen 4 oder 5 vorgesehen. Nach der Behandlung wird die Probe nochmals gewogen und mit der folgenden Gleichung die Retention des Holzschutzmittels (kg/m3) berechnet:

29.
Für diesen Test kann in einer Industrieanlage (z. B. durch Vakuumdruckimprägnierung) behandeltes Holz verwendet werden. Die Aufnahmewerte des auf diese Weise behandelten Materials werden ermittelt und sind ebenso wie die verwendeten Verfahren zu protokollieren.

Durch Oberflächlichenapplikation aufzubringende Holzschutzmittel

30.
Die Oberflächlichenapplikation kann u. a. durch Tauchen, Sprühen oder Streichen der Holzproben erfolgen. Das Verfahren und die Dosis des Holzschutzmittels (z. B. in l/m2) richten sich nach den Spezifikationen für die oberflächliche Aufbringung des jeweiligen Mittels.
31.
Auch in diesem Fall kann in einer Industrieanlage behandeltes Holz für den Test verwendet werden. Die Retentionswerte des auf diese Weise behandelten Materials werden ermittelt und sind ebenso wie die verwendeten Verfahren zu protokollieren.

Weitere Konditionierung der Proben nach der Behandlung

32.
Nach der Behandlung werden die behandelten Proben gemäß den Empfehlungen des Holzschutzmittelherstellers auf dem Etikett des Holzschutzmittels bzw. gemäß den bei gewerblicher Verwendung üblichen Verfahren oder nach der Norm EN 252 weiter konditioniert.

Konditionierung und Auswahl der Proben

33.
Im Anschluss an die Nachbehandlung wird die mittlere Retention der jeweiligen Probengruppe berechnet, und drei repräsentative Probengruppen mit Retentionswerten im Bereich von +/- 5 % um den Mittelwert der Gruppe werden zufällig für die Auswaschungsmessungen ausgewählt.

MESSUNG DER VON DEN HOLZSCHUTZMITTELN AUSGEHENDEN EMISSIONEN

Tauchverfahren

34.
Die Proben werden gewogen und anschließend vollständig in Wasser getaucht; Datum und Uhrzeit werden protokolliert. Um die Verdunstung zu reduzieren, werden die Behältnisse abgedeckt.
35.
Das Wasser wird in folgenden Intervallen gewechselt: nach 6 Stunden, 1 Tag, 2 Tagen, 4 Tagen, 8 Tagen, 15 Tagen, 22 Tagen, 29 Tagen. (Hinweis: Dies sind Zeiträume und keine Zeitpunkte.) Zeitpunkt und Datum der Wasserwechsel und die Masse des aus den Behältnissen entnommenen Wassers sind zu protokollieren.
36.
Nach jedem Wasserwechsel wird eine Probe des Wassers, in das die Holzproben eingetaucht waren, zur anschließenden chemischen Analyse aufbewahrt.
37.
Das Probenahmeverfahren ermöglicht die zeitbezogenen Berechnung des Profils der Emissionsmengen. Die Proben sind unter Bedingungen aufzubewahren, bei denen der Analyt nicht beeinträchtigt wird (z. B. in einem Kühlschrank und vor Lichteinfall geschützt, um die Entwicklung von Mikroorganismen in der Probe vor der Analyse zu reduzieren).

EMISSIONSMESSUNGEN

Behandelte Proben

38.
Das entnommene Wasser wird chemisch auf den Wirkstoff und/oder — so weit von Bedeutung — auf relevante Abbau-/Transformationsprodukte untersucht.

Unbehandelte Proben

39.
Die Entnahme des Wassers (Eluat) bei diesem System und die anschließende Analyse der aus den unbehandelten Holzproben ausgewaschenen Chemikalien ermöglichen die Abschätzung der potenziellen Emissionsrate des Holzschutzmittels bei dem unbehandelten Holz. Wenn das Eluat nach jeweils längeren Expositionszeiträumen entnommen und analysiert wird, kann die Geschwindigkeit abgeschätzt werden, mit der sich die Emissionsrate im Laufe der Zeit ändert. Dieses Kontrollverfahren dient zur Ermittlung von Hintergrundkonzentrationen der Prüfchemikalie bei unbehandeltem Holz und soll sicherstellen, dass die verwendeten Holzproben tatsächlich nicht vorher mit dem Holzschutzmittel behandelt wurden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Chemische Analysen

40.
Das entnommene Wasser wird chemisch analysiert, und die Ergebnisse der Analyse werden in geeigneten Einheiten angegeben (z. B. in μg/l).

Datenerfassung

41.
Alle Ergebnisse werden protokolliert. In der Anlage sind ein Berichtsformular für eine Gruppe behandelter Proben und die Übersichtstabelle zur Berechnung der mittleren Emissionswerte für die jeweiligen Expositionszeiträume dargestellt.
42.
Die tägliche Emissionsrate in mg/m2/Tag wird berechnet, indem der Mittelwert der drei Messungen der drei Replikate durch die Anzahl der Tage im Tauchbad geteilt wird.

Prüfbericht

43.
Der Prüfbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:
Name des Herstellers des zu untersuchenden Holzschutzmittels;
spezifischer und individueller Name oder Code des zu untersuchenden Holzschutzmittels;
Handelsname oder Trivialname der Wirkstoffe mit einer allgemeinen Beschreibung der Beistoffe (z. B. zweites Lösungsmittel, Harz) und Angabe der Anteile der verschiedenen Inhaltsstoffe in % m/m;
für Holz mit Wasserkontakt angegebene relevante Retention oder Aufnahmemasse (in kg/m3 bzw. l/m2);
verwendete Holzart mit Angabe der Dichte und der Wachstumsrate in Ringen je 10 mm;
Aufnahmemasse oder Retention des getesteten Holzschutzmittels und verwendete Formel zur Berechnung der Retention (in l/m2 bzw. kg/m3);
das Verfahren zur Applikation des Holzschutzmittels unter Angabe des Behandlungsprotokolls bei Druckimprägnierung bzw. des Applikationsverfahrens bei Oberflächlichenbehandlung;
Datum der Applikation des Holzschutzmittels und Bestimmung des Feuchtegehalts der Proben in Prozent;
durchgeführte Vorbehandlung (Typ, Bedingungen und Dauer);
Angaben zur verwendeten Versiegelung der Stirnseite und Anzahl der Behandlungen;
Angaben zu anschließenden Behandlungen des Holzes (z. B. Hersteller, Typ, Merkmale und Schichtdicke einer Lackierung);
Zeitpunkt und Datum der Tauchvorgänge, jeweils verwendete Wassermenge beim Eintauchen der Proben und Volumen des im Tauchbad vom Holz aufgenommenen Wassers;
jegliche Abweichungen von dem beschriebenen Verfahren und sämtliche Faktoren, die sich auf die Ergebnisse ausgewirkt haben könnten.

LITERATUR

(1) Europäische Norm, EN 84 — 1997. Holzschutzmittel — Beschleunigte Alterung von behandeltem Holz vor biologischen Prüfungen — Auswaschbeanspruchung.

(2) Europäische Norm, EN 113/A1 — 2004. Holzschutzmittel — Prüfverfahren zur Bestimmung der vorbeugenden Wirksamkeit gegen holzzerstörende Basidiomyceten — Bestimmung der Grenze der Wirksamkeit.

(3) Europäische Norm, EN 252 — 1989; Holzschutzmittel; Freiland-Prüfverfahren zur Bestimmung der relativen Schutzwirkung eines Holzschutzmittels im Erdkontakt.

(4) Europäische Norm, EN 335 — Teil 1: 2006. Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten — Definition der Gebrauchsklassen — Teil 1: Allgemeines.

(5) American Society for Testing and Materials Standards, ASTM D 1141 — 1998. Standard Practice for the Preparation of Substitute Ocean Water, Without Heavy Metals. Annual Book of ASTM Standards, Volume 11.02.

(6) American Society for Testing and Materials Standards, ASTM D 1193-77 Type II — 1983. Specifications for Reagent Water. Annual Book of ASTM Standards, Volume 11.01.

Anlage 1

Berichtsformular für das Prüfverfahren



Abschätzung der Emissionen von mit Holzschutzmitteln behandeltem Holz in die Umwelt: Labormethode für unbeschichtete Holzprodukte, die mit Süßwasser oder mit Meerwasser in Berührung kommen

Prüfinstitut
Holzschutzmittel
Hersteller des Holzschutzmittels
spezifischer und individueller Name oder Code des Holzschutzmittels
Handelsname oder Trivialname des Holzschutzmittels
Beistoffe
Relevante Retention (Schutzmittelaufnahme) des Holzes, das mit Wasser in Berührung kommt
Anwendung
Applikationsverfahren
Datum der Applikation
Formel zur Berechnung der Retention:
Vorbehandlungsverfahren
Dauer der Vorbehandlung
Mittel zur Versiegelung der Stirnseite / Anzahl der Behandlungen
Folgebehandlung(gegebenenfalls)
Proben
Holzart
Dichte des Holzes(Mindestwert … Mittelwert … Höchstwert)
Wachstumsrate (Ringe je 10 mm)(Mindestwert … Mittelwert … Höchstwert)
Feuchtegehalt
Versuchsaufbau (*1)Retention (z. B. kg/m3)
Behandelt: „x“Mittelwert und Standardabweichung oder Bereich bei 5 Proben
Behandelt: „y“Mittelwert und Standardabweichung oder Bereich bei 5 Proben
Behandelt: „z“Mittelwert und Standardabweichung oder Bereich bei 5 Proben
Unbehandelt
Variable Prüfparameter(z. B. Wasserqualität oder Abmessungen der Proben)
(*1)   x, y und z bezeichnen die drei Replikate.



ZeitWasseraustauschProbenmasseWasseraufnahmeWasserprobe
Behandelt (Mittelwert)UnbehandeltBehandelt (Mittelwert)UnbehandeltTestwasserXyZ
DatumggggNr.pH-WertpH-WertpH-WertpH-Wert
Start
6 h1
24 h2
2 d3
4 d4
8 d5
15 d6
22 d7
29 d8

Für jeden Wirkstoff sind eigene Tabellen zu erstellen.



ZeitWasseraustauschAnalyseergebnisse
Unbehandelte ProbenBehandelte Proben

Wirkstoffkonzentration in Wasser

mg/l

Abgegebene Menge

mg/m2

Emissionsrate

mg/m2/d

Wirkstoffkonzentration in WasserAbgegebene MengeEmissionsrate
xyzMittelwertxyzMittelwertxyzMittelwert
Datummg/lmg/lmg/lmg/lmg/m2mg/m2mg/m2mg/m2mg/m2/dmg/m2/dmg/m2/dmg/m2/d
6 h
24 h
2 d
4 d
8 d
15 d
22 d
29 d

Hinweis: Da die Emissionsraten behandelter Proben unter Umständen anhand der Ergebnisse unbehandelter Proben korrigiert werden müssen, sind zunächst die Ergebnisse der unbehandelten Proben anzugeben; alle Werte der behandelten Proben sind dann „berichtigte Werte“. Außerdem muss unter Umständen eine Berichtigung der ursprünglichen Wasseranalyse vorgenommen werden.

Anlage 2

Begriffsbestimmungen

Chemikalie : ein Stoff oder ein Gemisch

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

C.46.   BIOAKKUMULATION IN SEDIMENTBEWOHNENDEN BENTHISCHEN OLIGOCHAETEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 315 (2008). Sedimentfressende endobenthische Tiere können den in den Sedimenten gebundenen Stoffen ausgesetzt sein (1). Unter diesen sedimentfressenden Tieren kommt den aquatischen Oligochaeten große Bedeutung für die Sedimente aquatischer Systeme zu. Aquatische Oligochaeten leben in den Sedimenten und sind häufig die am meisten verbreitete Art, insbesondere in Lebensräumen mit für andere Tiere ungünstigen Umweltbedingungen. Durch Bioturbation der Sedimente und als Beutetiere haben sie erheblichen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit dieser Stoffe für andere Organismen (z. B. benthivore Fischarten). Im Gegensatz zu epibenthischen Organismen graben sich endobenthische aquatische Oligochaeten in die Sedimente ein und nehmen unter der Oberfläche der Sedimente befindliche Partikel auf. Daher sind diese Organismen über viele Expositionspfade vorhandenen Stoffen ausgesetzt (u. a. durch direkten Kontakt und durch Aufnahme von kontaminierten Sedimentpartikeln, Porenwasser und Überstandswasser). In Anlage 6 sind einige Arten benthischer Oligochaeten beschrieben, die gegenwärtig in ökotoxikologischen Untersuchungen verwendet werden.
2.
Zu den charakteristischen Parametern der Bioakkumulation eines Stoffs gehören an erster Stelle der Bioakkumulationsfaktor (BAF), die Konstante der Sedimentaufnahme (ks) und die Eliminationskonstante (ke). Ausführliche Definitionen dieser Parameter sind Anlage 1 zu entnehmen.
3.
Um das Bioakkumulationspotenzial von Stoffen im Allgemeinen zu beurteilen und um die Bioakkumulation von Stoffen zu untersuchen, die dazu neigen, sich in oder auf Sedimente zu verteilen, wird eine für diesen Umweltbereich spezifische Prüfmethode benötigt (1)(2)(3)(4).
4.
Mit dieser Prüfmethode soll die Bioakkumulation sedimentgebundener Stoffe in endobenthischen Oligochaeten ermittelt werden. Der Prüfstoff wird in das Sediment dotiert. Durch die Verwendung eines dotierten Sediments soll ein kontaminiertes Sediment simuliert werden.
5.
Diese Prüfmethode beruht auf bestehenden Methoden zur Prüfung der Toxizität von Sedimenten und zur Ermittlung der Bioakkumulation (1)(4)(5)(6)(7)(8)(9). Ebenfalls hilfreich sind die in einem internationalen Workshop (11) geführten Diskussionen und die dort erzielten Ergebnisse sowie das Ergebnis eines internationalen Ringtests (12).
6.
Diese Prüfung bezieht sich auf stabile, neutrale organische Stoffe, die sich leicht an Sedimente binden. Die Bioakkumulation sedimentgebundener, stabiler metall-organischer Verbindungen kann mit dieser Methode ebenfalls gemessen werden (12). Für Metalle und sonstige Spurenelemente ist diese Methode nicht geeignet (11), wenn nicht vorher das Prüfprotokoll hinsichtlich des Substrats und der Wasservolumina sowie möglicherweise der Größe der Gewebeproben modifiziert wird.

VORAUSSETZUNGEN UND INFORMATIONEN ZUM PRÜFSTOFF

7.
Zurzeit gibt es nur wenige allgemein anerkannte QSARs (Quantitative Structure-Activity Relationships = quantitative Struktur-Aktivitätsbeziehungen) für Bioakkumulationsprozesse (14). Die am weitesten verbreitete Beziehung ist die Korrelation zwischen der Bioakkumulation und der Biokonzentration stabiler organischer Stoffe und ihrer jeweiligen Lipophilität (ausgedrückt als Logarithmus des Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (log Kow); Begriffsbestimmung siehe Anlage 1); diese Korrelation wurde entwickelt, um die Verteilung eines Stoffs zwischen Fischen und dem umgebenden Wasser zu beschreiben. Aufgrund dieser Beziehung wurden Korrelationen auch für den Sedimentbereich ermittelt (15)(16)(17)(18). Die Korrelation zwischen log Kow und log BCF als wichtiger QSAR kann für eine erste vorläufige Abschätzung des Bioakkumulationspotenzials sedimentgebundener Stoffe hilfreich sein. Der BAF (Bioakkumulationsfaktor) kann jedoch vom Lipidgehalt der Testorganismen und vom Anteil an organischen Kohlenstoffen im Sediment abhängen. Daher kann auch der Koeffizient für die Verteilung organischer Kohlenstoff/Wasser (Koc) als wichtige Determinante der Bioakkumulation sedimentgebundener organischer Stoffe dienen.
8.
Diese Prüfung ist geeignet für:
stabile organische Stoffe mit log-Kow-Werten zwischen 3,0 und 6,0 (5)(19) und für superlipophile Stoffe mit einem log-Kow-Wert von über 6,0 (5);
Stoffe, die zu einer Klasse organischer Stoffe gehören, die für ihr Bioakkumulationspotenzial in lebenden Organismen bekannt sind (z. B. Tenside oder hoch adsorptive Stoffe (z. B. mit hohen Koc-Werten).
9.
Vor der Untersuchung sind Informationen zum Prüfstoff (z. B. Sicherheitsvorkehrungen, geeignete Lagerbedingungen/Stabilität und Analysemethoden) zu beschaffen. Weitere Hinweise zu Prüfstoffen mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind den Quellen (20) und (21) zu entnehmen. Vor der Durchführung eines Bioakkumulationstests bei aquatischen Oligochaeten sollte Folgendes über den Prüfstoff bekannt sein:
Trivialname, chemische Bezeichnung (vorzugsweise IUPAC-Name), Strukturformel, CAS-Registernummer, Reinheit;
Löslichkeit in Wasser (Prüfmethode A.6 (22));
Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient, Kow (Prüfmethoden A.8, A.24 (22));
Sediment- Wasser-Verteilungskoeffizient, ausgedrückt als Kd oder Koc (Prüfmethode C.19 (22));
Hydrolyse (Prüfmethode C.7 (22));
Fototransformation in Wasser (23);
Dampfdruck (Prüfmethode A.4 (22));
leichte biologische Abbaubarkeit (Prüfmethoden C.4 und C.29 (22));
Oberflächenspannung (Prüfmethode A.5 (22));
kritische Micellenkonzentration (24).

Außerdem sind — soweit verfügbar — folgende Informationen von Interesse:

biologischer Abbau in aquatischer Umgebung (Prüfmethoden C.24 und C.25 (22));
Henry-Konstante.
10.
Radioaktiv markierte Prüfstoffe können die Analyse von Wasser, Sedimenten und biologischen Proben erleichtern; außerdem kann anhand radioaktiv markierter Prüfstoffe festgestellt werden, ob Abbauprodukte identifiziert und quantifiziert werden müssen. Die hier beschriebene Methode wurde in einem internationalen Ringtest (12) mit Stoffen validiert, die mit 14C markiert wurden. Wenn die Summe radioaktiver Rückstände gemessen wird, beruht der BAF (Bioakkumulationsfaktor) auf dem Ausgangsstoff einschließlich gebundener Abbauprodukte. Außerdem kann eine Untersuchung des Stoffwechsels mit einem Bioakkumulationstest kombiniert werden, indem der Prozentanteil des Ausgangsstoffs und seiner Abbauprodukte in Proben ermittelt wird, die am Ende der Aufnahmephase oder zum Zeitpunkt der maximalen Bioakkumulation entnommen wurden. In jedem Fall wird empfohlen, bei der Berechnung des BAF von der Konzentration des Ausgangsstoffs in den Organismen und nicht allein von der Summe der radioaktiven Rückstände auszugehen.
11.
Zusätzlich zu den Merkmalen des Prüfstoffs werden Informationen über die Toxizität für die im Test zu verwendende Oligochaetenart benötigt (z. B. der Medianwert der letalen Konzentration (LC50) in der Aufnahmephase, um sicherzustellen, dass die ausgewählten Expositionskonzentrationen deutlich unter den toxischen Konzentrationen liegen. Nach Möglichkeit sind Toxizitätswerte zu verwenden, die in Langzeituntersuchungen subletaler Endpunkte (EC50) ermittelt wurden. Wenn derartige Daten nicht verfügbar sind, können Daten aus einem Test zur akuten Toxizität unter den Bedingungen des Bioakkumulationstests oder Toxizitätsdaten zu stellvertretenden Arten hilfreich sein.
12.
Eine geeignete Analysemethode von bekannter Genauigkeit, Präzision und Empfindlichkeit sollte für die Quantifizierung des Prüfstoffs in den Testlösungen, im Sediment und im biologischen Material ebenso verfügbar sein wie Einzelheiten zur Probenvorbereitung und -aufbewahrung und Sicherheitsdatenblätter. Auch die analytischen Nachweisgrenzen des Prüfstoffs in Wasser, Sedimenten und Wurmgewebe sollten bekannt sein. Wenn ein radioaktiv markierter Prüfstoff verwendet wird, müssen auch die spezifische Radioaktivität (in Bq mol– 1), die Position des radioaktiv markierten Atoms und der Prozentanteil der an Verunreinigungen gebundenen Radioaktivität bekannt sein. Die spezifische Radioaktivität des Prüfstoffs sollte möglichst hoch sein, damit möglichst niedrige Prüfkonzentrationen nachgewiesen werden können (11).
13.
Informationen zu Merkmalen des zu verwendenden Sediments (Herkunft oder Bestandteile des Sediments, pH-Wert und Ammoniakkonzentration des Porenwassers (Feldsedimente), Gehalt an organischen Kohlenstoffen (TOC), Partikelgrößenverteilung (Prozentanteile an Sand, Schluff und Ton), Trockenmasse in Prozent usw.) sollten verfügbar sein (6).

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

14.
Der Test besteht aus zwei Phasen: der Aufnahme-(Expositions-)Phase und der Eliminations-(Post-Expositions-)Phase. In der Aufnahmephase werden die Würmer dem mit dem Prüfstoff dotierten Sediment ausgesetzt; das Sediment ist mit rekonstituiertem Wasser bedeckt, gegebenenfalls muss abgewartet werden, bis sich ein Gleichgewicht eingestellt hat (11). Gruppen mit Kontrollwürmern werden unter identischen Bedingungen, aber ohne den Prüfstoff kultiviert.
15.
Für die Eliminationsphase werden die Würmer in ein prüfstofffreies Sediment-Wasser-System umgesetzt. Um Informationen über die Geschwindigkeit zu erhalten, mit der der Prüfstoff durch die Testorganismen ausgeschieden wird, ist eine Eliminationsphase grundsätzlich erforderlich (19)(25). Die Eliminationsphase ist nur dann verzichtbar, wenn der Prüfstoff in der Expositionsphase nur in unerheblichem Umfang aufgenommen wurde (d. h., wenn beispielsweise kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Konzentration des Prüfstoffs in den Würmern der Prüf- und Kontrollansätze besteht). Wenn in der Aufnahmephase kein Gleichgewichtszustand erreicht wurde, kann aufgrund der Ergebnisse in der Eliminationsphase die Kinetik — BAFk, und die Konstante(n) der Aufnahme- und der Eliminationsrate — bestimmt werden. Die Konzentration des Prüfstoffs in/an den Würmern wird während der beiden Phasen durchgehend auf Veränderungen überwacht.
16.
In der Aufnahmephase werden Messungen vorgenommen, bis der BAF ein Plateau oder einen Gleichgewichtszustand erreicht hat. Die Aufnahmephase beträgt in der Regel 28 Tage. Praktische Erfahrungen haben gezeigt, dass bei verschiedenen stabilen, neutralen organischen Stoffen bereits in einer Aufnahmephase von 12-14 Tagen ein Gleichgewichtszustand erreicht wird (6)(8)(9).
17.
Wenn auch nach 28 Tagen kein Gleichgewichtszustand erreicht wird, beginnt die Eliminationsphase, indem die exponierten Oligochaeten in Gefäße mit demselben Medium, aber ohne den Prüfstoff umgesetzt werden. Die Eliminationsphase wird beendet, wenn entweder 10 % der an Tag 28 der Aufnahmephase in den Würmern gemessenen Konzentration erreicht ist oder nachdem maximal 10 Tage vergangen sind. Die Rückstandskonzentrationen in den Würmern am Ende der Eliminationsphase werden als zusätzlicher Endpunkt protokolliert (z. B. als NER (nicht eliminierte Rückstände)). Der Bioakkumulationsfaktor (BAFss) wird vorzugsweise sowohl als Verhältnis der Konzentration in den Würmern (Ca) und im Sediment (Cs) nach Erreichen eines offensichtlichen Gleichgewichtszustands als auch als kinetischer Bioakkumulationsfaktor (BAFK), ausgedrückt als Verhältnis der Konstante der Aufnahmerate (Aufnahme aus dem Sediment) (ks) zur Konstante der Eliminationsrate (ke) bei angenommener Kinetik erster Ordnung, berechnet. Wenn in 28 Tagen kein Gleichgewichtszustand erreicht wird, ist BAFK aus den Konstanten der Aufnahmerate und der Eliminationsrate zu ermitteln. Das Berechnungsverfahren wird in Anlage 2 erläutert. Wenn nicht von einer Kinetik erster Ordnung ausgegangen werden kann, sind komplexere Modelle zu verwenden (Anlage 2 und Quelle (25)).
18.
Wenn in 28 Tagen kein Gleichgewichtszustand erreicht wird, kann die Aufnahmephase auch verlängert werden, indem Gruppen exponierter Würmer — soweit verfügbar — weiteren Messungen unterzogen werden, bis der Gleichgewichtszustand gegeben ist. Die Eliminationsphase beginnt jedoch trotzdem parallel an Tag 28 der Aufnahmephase.
19.
Die Aufnahmekonstante, die Eliminationskonstante (oder Konstanten, wenn komplexere Modelle verwendet werden), der kinetische Bioakkumulationsfaktor (BAFK) und, wenn möglich, die Konfidenzgrenzen eines jeden dieser Parameter werden anhand computergestützter Modellgleichungen berechnet (Modelle siehe Anlage 2). Die Anpassungsgüte eines Modells lässt sich z. B. anhand des Korrelationskoeffizienten oder des Bestimmungskoeffizienten feststellen. (Koeffizienten nahe an 1 deuten auf eine gute Anpassung hin.)
20.
Um Schwankungen der Testergebnisse bei organischen Stoffen mit hoher Lipophilität zu reduzieren, sind die Bioakkumulationsfaktoren außerdem bezogen auf den Lipidgehalt der Testorganismen und auf den Gehalt des Sediments an organischen Kohlenstoffen (TOC) (Biota-Sediment-Akkumulationsfaktor oder BSAF in kg TOC Sediment kg– 1 Lipidgehalt der Würmer) auszudrücken. Dieser Ansatz beruht auf Erfahrungen und theoretischen Korrelationen des aquatischen Kompartiments, wenn — bei einigen Chemikalienklassen — eine eindeutige Beziehung zwischen dem Bioakkumulationspotenzial eines Stoffs und seiner Lipophilität besteht, die für Fische als Modellorganismen gut dokumentiert wurde (14)(25)(27). Außerdem besteht ein Zusammenhang zwischen dem Lipidgehalt der Testfische und der festgestellten Bioakkumulation solcher Stoffe. Für benthische Organismen wurden ähnliche Korrelationen festgestellt (15)(16)(17)(18). Wenn genügend Wurmgewebe zur Verfügung steht, kann der Lipidgehalt der Testtiere mit dem biologischen Material bestimmt werden, das auch für die Bestimmung der Prüfstoffkonzentration verwendet wurde. Aus praktischen Gründen sollten akklimatisierte Kontrolltiere zumindest zu Beginn oder — vorzugsweise — am Ende der Aufnahmephase verwendet werden, um den Lipidgehalt zu messen; dieser kann dann zur Normalisierung der BAF-Werte verwendet werden.

VALIDITÄT DES TESTS

21.
Der Test ist gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die kumulative Mortalität der Würmer (Kontrollen und Behandlungen) bis Ende des Tests darf sich höchstens auf 20 % der ursprünglichen Anzahl belaufen.
Außerdem ist nachzuweisen, dass sich die Würmer in das Sediment eingraben, damit eine größtmögliche Exposition gegeben ist (siehe Nummer 28).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfspezies

22.
Für den Test können verschiedene Arten aquatischer Oligochaeten verwendet werden. In Anlage 6 werden die gebräuchlichsten Arten genannt.
23.
In regelmäßigen Intervallen (z. B. einmal monatlich) werden Toxizitätstests (96 h, nur in Wasser) mit einem Referenzgiftstoff wie z. B. Kaliumchlorid (KCl) oder Kupfersulfat (CuSO4) durchgeführt (1), um Aufschluss über den Gesundheitszustand der Testtiere zu erhalten (1)(6). Wenn nicht regelmäßig Referenz-Toxizitätstests durchgeführt werden, ist die Charge der in einem Sediment-Bioakkumulationstest zu verwendenden Organismen anhand eines Referenzgiftstoffs zu prüfen. Auch aufgrund von Messungen des Lipidgehalts können Rückschlüsse auf den Zustand der Tiere gezogen werden.

Kultivierung der Testorganismen

24.
Damit eine ausreichende Anzahl an Würmern für die Sediment-Bioakkumulationstests verfügbar ist, müssen die Würmer unter Umständen in einer Dauerkultur mit einer Einzel-Spezies vorrätig gehalten werden. Labormethoden zur Kultivierung der für den Test ausgewählten Arten werden in Anlage 6 beschrieben. Nähere Informationen sind den folgenden Quellen zu entnehmen: (8)(9)(10)(18)(28)(29)(30)(31)(32).

Apparatur

25.
Die Verwendung von Materialien, die sich auflösen können, die Prüfstoffe absorbieren oder andere chemische Stoffe auslaugen bzw. schädigende Auswirkungen auf die Testtiere haben können, sollte für alle verwendeten Teile unbedingt vermieden werden. Es können rechteckige oder zylindrische Standardkammern aus chemisch inertem Material, die ein der Besatzdichte (Anzahl der Testwürmer) entsprechendes Fassungsvermögen haben, verwendet werden. Die Verwendung weicher Kunststoffschläuche zur Zuführung von Wasser oder Luft ist zu vermeiden. Geräte, die mit dem Prüfmedium in Berührung kommen, können aus Polytetrafluorethylen, rostfreiem Stahl und/oder Glas bestehen. Bei Stoffen mit hohen Adsorptionskoeffizienten, wie z. B. synthetischen Pyrethroiden, kann die Verwendung von silanisiertem Glas nötig sein. In solchen Fällen muss die Apparatur/Anlage nach der Benutzung entsorgt werden (5). Bei radioaktiv markierten Prüfstoffen und bei flüchtigen Stoffen ist darauf zu achten, dass es nicht zu einem Stripping und zum Austreten des gestrippten Prüfstoffs kommt. Dazu sind Abscheider (z. B. Gaswaschflaschen aus Glas) mit geeigneten Absorberstoffen zu verwenden, um etwaige Rückstände aufzufangen, die aus den Prüfgefäßen verdunsten könnten (11).

Wasser

26.
Die Qualität des Überstandswassers sollte so beschaffen sein, dass die im Test verwendete Art während der Akklimatisierungs- und Testphasen überleben kann, ohne ein abnormales Aussehen oder Verhalten zu entwickeln. Als Überstandswasser für die Tests und für die Laborkulturen der Würmer wird rekonstituiertes Wasser gemäß der Prüfmethode C.1 (25) empfohlen. Es wurde nachgewiesen, dass mehrere für den Test geeignete Arten in diesem Wassertyp überleben, wachsen und sich vermehren (8); außerdem ist eine größtmögliche Standardisierung der Testbedingungen und der Kulturbedingungen gewährleistet. Das Wasser ist mindestens unter Angabe des pH-Werts, der Leitfähigkeit und der Härte zu beschreiben. Mit Wasseranalysen auf Mikroverunreinigungen vor der Verwendung können hilfreiche Informationen ermittelt werden (Anlage 4).
27.
Während der gesamten Testdauer muss eine konstante Wasserqualität aufrechterhalten werden. Der pH-Wert des Überstandswassers muss zwischen 6 und 9 liegen. Die Gesamthärte liegt zu Beginn des Tests bei 90-400 mg CaCO3 pro Liter (7). In der Prüfmethode C.1 (25) werden die pH- und Härtebereiche des rekonstituierten Wassers festgelegt. Wenn eine Wechselwirkung zwischen den Härte-Ionen und dem Prüfstoff zu erwarten ist, muss Wasser geringerer Härte verwendet werden. Anlage 4 gibt einen Überblick über die zusätzlichen Kriterien für annehmbares Verdünnungswasser entsprechend der OECD-Prüfrichtlinie 210 (34).

Sediment

28.
Die Qualität des Sediments sollte so beschaffen sein, dass die Testorganismen während der Akklimatisierungs- und Testphasen überleben und sich möglichst vermehren können, ohne ein abnormales Aussehen oder Verhalten zu zeigen. Die Würmer sollten sich in das Sediment eingraben. Ob sich die Würmer eingraben, kann Einfluss auf die Exposition und entsprechend auf den BAF haben. Daher ist — soweit die Trübheit des Überstandswassers dies zulässt — zu protokollieren, ob die Prüforganismen das Sediment verlassen oder sich in das Sediment eingraben. Die Würmer (Kontrollen und Proben mit den Prüfstoffen) müssen sich innerhalb von 24 h nach dem Einsetzen in die Prüfgefäße in das Sediment eingegraben haben. Wenn beobachtet wird, dass die Würmer sich nicht eingraben oder ständig (z. B. mehr als 20 % über mehr als die Hälfte der Aufnahmephase) das Sediment verlassen, deutet dies darauf hin, dass entweder die Prüfbedingungen nicht angemessen sind oder dass die Testorganismen nicht gesund sind oder dass dieses Verhalten auf die Konzentration des Prüfstoffs zurückzuführen ist. In diesem Fall muss der Test gestoppt und unter günstigeren Bedingungen wiederholt werden. Weitere Informationen über die Sedimentaufnahme sind mit den in (35) und (36) beschriebenen Methoden zu beschaffen, mit denen die Sedimentaufnahme und die Partikelauswahl durch die Testorganismen bestimmt werden können. So weit feststellbar ist zumindest das Vorkommen bzw. Fehlen von Kotbällchen auf der Oberfläche des Sediments als Maßstab für die Sedimentaufnahme durch die Würmer zu protokollieren; dieser Parameter kann für die Interpretation der Testergebnisse im Hinblick auf die Expositionspfade von Bedeutung sein.
29.
Sowohl für die Tests als auch für die Laborkulturen der Würmer (Anlage 5) wird ein künstliches Sediment empfohlen, welches auf dem im Zusammenhang mit Prüfmethode C.8 (40) beschriebenen künstlichen Boden beruht, da natürliche Sedimente geeigneter Qualität unter Umständen nicht ganzjährig verfügbar sind. Außerdem können in natürlichen Sedimenten vorkommende einheimische Organismen sowie eventuell vorhandene Mikroverunreinigungen die Testergebnisse beeinflussen. Mehrere in den Tests zu verwendende Arten überleben, wachsen und vermehren sich in künstlichem Sediment (8).
30.
Das künstliche Sediment muss mindestens durch die Herkunft seiner Bestandteile, die Korngrößenverteilung (Prozent Sand, Schluff und Ton), den organisch gebundenen Kohlenstoff (TOC), den Wassergehalt und den pH-Wert beschrieben werden. Außerdem kann das Redoxpotenzial gemessen werden. Natürliche Sedimente von nicht kontaminierten Standorten können ebenfalls als Prüf- und/oder Anzuchtsedimente dienen (1). Zur Charakterisierung von natürlichen Sedimenten sind zumindest die Herkunft (Entnahmestandort), der pH-Wert und der Ammoniakgehalt des Porenwassers, der Gehalt an organischem Kohlenstoff, die Korngrößenverteilung (Anteil an Sand, Schluff und Lehm) und der prozentuale Wassergehalt anzugeben (6). Ferner wird empfohlen, natürliches Sediment vor dem Spiken mit dem Prüfstoff für sieben Tage unter denselben Bedingungen wie im anschließenden Test zu konditionieren, wenn die Bildung von Ammoniak zu erwarten ist. Nach dieser Konditionierung ist das Überstandswasser zu entfernen und zu entsorgen. Eine vor Gebrauch durchgeführte Analyse des Sediments oder seiner Bestandteile auf Mikroschadstoffe könnte nützliche Informationen liefern.

Zubereitung

31.
Die Handhabung natürlicher Sedimente vor der Verwendung im Labor wird in den Quellen (1)(6)(44) beschrieben. Wie das künstliche Sediment vorzubereiten ist, wird in Anlage 5 erläutert.

Lagerung

32.
Natürliche Sedimente sollten im Labor so kurz wie möglich gelagert werden. Nach Empfehlungen der US-amerikanischen EPA (6) beträgt die Haltbarkeit bei Lagerung im Dunkeln bei einer Temperatur von 4 ± 2 °C maximal 8 Wochen. Über dem Sediment darf sich in den Vorratsbehältnissen kein Luftraum mehr befinden. Empfehlungen für die Lagerung künstlicher Sedimente sind Anlage 5 zu entnehmen.

Applikation des Prüfstoffs:

33.
Der Prüfstoff wird in das Sediment dotiert. Zur Dotierung werden ein oder mehrere Bestandteile des Sediments mit dem Prüfstoff behandelt. So kann z. B. der Quarzsand (oder ein Teil davon, beispielsweise 10 g je Prüfgefäß) mit einer Lösung des Prüfstoffs in einem geeigneten Lösungsmittel durchtränkt werden; das Lösungsmittel wird anschließend durch Trocknen abgedampft. Die beschichtete Quarzsandfraktion wird sodann mit dem befeuchteten Sediment vermischt. Bei der Zubereitung des Sediments ist die im Gemisch aus Prüfstoff und Sand enthaltene Sandmenge zu berücksichtigen (d. h. das Sediment sollte mit weniger Sand zubereitet werden) (6).
34.
Bei natürlichen Sedimenten kann der Prüfstoff, wie oben für das künstliche Sediment beschrieben, durch Dotieren eines luftgetrockneten Teils des Bodens oder durch Einrühren des Prüfstoffs in den feuchten Boden mit anschließendem Abdampfen im Falle der Verwendung eines Lösungsmittels hinzugefügt werden. Geeignete Lösungsmittel zum Dotieren feuchter Sedimente sind Ethanol, Methanol, Ethylenglycolmonomethylether, Ethylenglycoldimethylether, Dimethylformamid und Triethylenglycol (5)(34). Hauptkriterien für die Wahl eines geeigneten Lösungsvermittlers sollten die Toxizität und Flüchtigkeit des Lösungsmittels und die Löslichkeit des Prüfstoffs in dem gewählten Lösungsmittel sein. Weitere Hinweise zu Dotierungsverfahren sind Environment Canada (1995) zu entnehmen (41). Es ist darauf zu achten, dass der Prüfstoff gut mit dem Sediment gemischt wird, damit er in dem Sediment homogen verteilt ist. Unterproben (mit Replikaten) des dotierten Sediments werden analysiert, um die Konzentrationen des Prüfstoffs im Sediment und die Homogenität der Verteilung des Prüfstoffs zu ermitteln.
35.
Nach Fertigstellung des dotierten Sediments mit dem überschichteten Wasser ist abzuwarten, bis sich der Prüfstoff zwischen dem Sediment und der wässrigen Phase verteilt hat. Dies sollte bevorzugt unter denselben Temperatur- und Belüftungsbedingungen wie im Versuch erfolgen. Die erforderliche Zeit für die Einstellung des Gleichgewichts hängt vom Sediment und der Chemikalie ab. In einigen Fällen reichen ein paar Stunden oder Tage, in seltenen Fällen können sogar mehrere Wochen (4-5 Wochen) erforderlich sein (28)(42)). Bei diesem Test wird eine Gleichgewichtseinstellung nicht abgewartet; es wird jedoch eine Wartezeit von 48 Stunden bis 7 Tagen empfohlen. Je nach Zweck der Untersuchung (z. B. Nachbildung von Umweltbedingungen) kann ein Gleichgewicht des dotierten Sediments eingestellt oder das Sediment auch über einen längeren Zeitraum stehen gelassen werden (11).

DURCHFÜHRUNG DER PRÜFUNG

Vorversuch

36.
Die Durchführung eines Vorversuchs kann hilfreich sein, um die Prüfbedingungen des definitiven Tests zu optimieren (beispielsweise hinsichtlich der Festlegung der Prüfstoffkonzentration(en) und der Dauer der Aufnahme- und der Eliminationsphase). Verhaltensweisen der Würmer (z. B. das Hervorkommen aus dem Sediment), die auf den Prüfstoff und/oder das Sediment an sich zurückzuführen sein könnten, sind in einem Vorversuch zu erfassen und zu protokollieren. Das Verlassen des Sediments kann in einem Vorversuch zur Abschätzung der Prüfstoffkonzentration(en) für einen Bioakkumulationstest auch als subletaler Parameter verwendet werden.

Expositionsbedingungen

Dauer der Aufnahmephase

37.
Die Testorganismen werden während der Aufnahmephase gegenüber dem Prüfstoff exponiert. Die erste Probe wird 4-24 h nach Beginn der Aufnahmephase genommen. Die Aufnahmephase kann bis zu 28 Tage dauern (1)(6)(11), wenn nicht nachgewiesen wurde, dass ein Gleichgewicht bereits vorher erreicht ist. Der Gleichgewichtszustand ist gegeben, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: (i) Die Kurve der Bioakkumulationsfaktoren zu den verschiedenen Zeitpunkten der Probenahme verläuft parallel zur Zeitachse, (ii) drei aufeinanderfolgende Analysen der BAF an Proben, die im Abstand von mindestens zwei Tagen genommen wurden, unterscheiden sich um höchstens ± 20 %,und (iii) es bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Zeiträumen der drei Probenahmen (statistischen Vergleichen beispielsweise anhand von Varianz- und Regressionsanalysen zufolge). Wenn in 28 Tagen kein Gleichgewichtszustand erreicht wurde, kann die Aufnahmephase durch Einleitung der Eliminationsphase beendet werden; danach kann aus den Konstanten der Aufnahme- und der Eliminationsrate der BAFK berechnet werden (siehe auch Nummern 16-18).

Dauer der Eliminationsphase

38.
Die erste Probe ist 4-24 h nach Beginn der Eliminationsphase zu nehmen, da in der Anfangsphase rasche Änderungen hinsichtlich der Rückstände in Geweben auftreten können. Es wird empfohlen, die Eliminationsphase entweder wenn die Konzentration des Prüfstoffs weniger als 10 % der Gleichgewichtskonzentration beträgt oder spätestens nach 10 Tagen zu beenden. Die Rückstandswerte der Würmer am Ende der Eliminationsphase werden als ein weiterer Endpunkt protokolliert. Die Dauer der Phase kann jedoch von dem Zeitraum abhängen, über den die Konzentration des Prüfstoffs in den Würmern oberhalb der analytischen Nachweisgrenze bleibt.

Testorganismen

Anzahl der Testwürmer

39.
Die in einer Probe enthaltenen Würmer müssen so viel Wurmgewebe ergeben, dass die Masse des Prüfstoffs pro Probe zu Beginn der Aufnahmephase und am Ende der Eliminationsphase erheblich über der Nachweisgrenze des Prüfstoffs in biologischem Material liegt. In den genannten Stadien der Aufnahme- und der Eliminationsphase ist die Konzentration in den Testtieren gewöhnlich verhältnismäßig gering (6)(8)(18). Da das individuelle Gewicht bei vielen Arten aquatischer Oligochaeten sehr gering ist (5-10 mg Feuchtmasse pro Tier bei Lumbriculus variegatus und Tubifex tubifex), können die Würmer einer Replikatkammer zum Wiegen und zur Analyse auf die Prüfchemikalie gepoolt werden. Bei Arten mit höherem individuellem Gewicht (z. B. Branchiura sowerbyi) können Replikate mit jeweils einem Tier verwendet werden; in diesen Fällen ist jedoch die Anzahl der Replikate auf fünf pro Zeitpunkt der Probenahme zu erhöhen (11). Es ist jedoch zu beachten, dass B. sowerbyi im Ringtest nicht berücksichtigt wurde (12); dementsprechend wird diese Art für diese Methode nicht ausdrücklich empfohlen.
40.
Im Test sind Würmer ähnlicher Größe zu verwenden (zu L. variegatus siehe Anlage 6). Es sollten adulte oder große Tiere identischer Herkunft und derselben Altersklasse sein (siehe Anlage 6). Das Gewicht und das Alter eines Tieres kann entscheidenden Einfluss auf die BAF-Werte haben (beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Lipidgehalte und/oder weil Eier vorhanden sind). Diese Parameter sind genau zu protokollieren. Zur Feststellung der mittleren Feucht- und Trockenmasse wird vor Beginn des Tests eine Unterprobe der Würmer gewogen.
41.
Bei Tubifex tubifex und Lumbriculus variegatus ist während der Dauer des Tests eine Vermehrung zu erwarten. Eine fehlende Reproduktion bei einem Bioakkumulationstest ist zu protokollieren und bei der Interpretation der Testergebnisse zu berücksichtigen.

Besatz

42.
Um die Verringerung der Prüfstoffkonzentration im Sediment während der Aufnahmephase und einen Rückgang der Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu verhindern, ist ein hohes Verhältnis von Sedimenten zu Würmern und von Wasser zu Würmern erforderlich. Die gewählte Besatzrate sollte auch den in der Natur gegebenen Populationsdichten der ausgewählten Art entsprechen (43). Bei Tubifex tubifex beispielsweise ist eine Besatzrate von 1-4 mg Wurmgewebe (Feuchtmasse) pro Gramm feuchtes Sediment zu empfehlen (8)(11). In den Quellen (1) und (6) wird für L. variegatus eine Besatzrate von ≤ 1 g Wurmgewebe (Trockenmasse) je 50 g organischer Kohlenstoff im Sediment empfohlen.
43.
Die in einem Test zu verwendenden Würmer werden durch Aussieben des Kultursediments aus der Kultur gewonnen. Die Tiere (adulte oder große Tiere, die keine Anzeichen einer kürzlich erfolgten Teilung aufweisen) werden in Glasgefäße (z. B. Petrischalen) mit sauberem Wasser gesetzt. Wenn sich die Testbedingungen von den Kulturbedingungen unterscheiden, ist eine Akklimatisierung vorzunehmen; eine Akklimatisierungsphase von 24Stunden dürfte ausreichend sein. Vor dem Wiegen ist überschüssiges Wasser von den Würmern zu entfernen. Dazu können die Würmer vorsichtig auf ein befeuchtetes Papiertuch gelegt werden. Es wird nicht empfohlen, die Würmer mit saugendem Papier zu trocknen, da die Würmer dadurch eine Stressbelastung erfahren oder beschädigt werden könnten. Brunson et al. (1998) empfehlen die Verwendung nicht trockengetupfter Würmer mit etwa dem 1,33-Fachen der gewünschten endgültigen Biomasse. Die Zugabe von 33 % entspricht dem Unterschied zwischen der Masse trockengetupfter und nicht abgetrockneter Würmer (28).
44.
Zu Beginn der Aufnahmephase (Tag 0 des Tests) werden die Testorganismen aus dem Akklimatisierungsbecken genommen und randomisiert auf die Gefäße (z. B. Petrischalen) mit rekonstituiertem Wasser verteilt, indem jeweils zwei Würmer in die Gefäße gegeben werden, bis sich in jedem Gefäß zehn Würmer befinden. Die Gruppen werden dann zufällig auf getrennte Prüfgefäße verteilt (z. B. mit einer weichen Stahlpinzette). Danach werden die Prüfgefäße unter Testbedingungen inkubiert.

Fütterung

45.
Angesichts des niedrigen Nährstoffgehalts des künstlichen Sediments ist das Sediment mit Futter anzureichern. Damit die Exposition der Testorganismen nicht unterschätzt wird (indem beispielsweise selektiv nicht kontaminiertes Futter bereitgestellt wird), muss das zum Wachstum und zur Vermehrung der Testorganismen benötigte Futter mit einem Mal vor oder während der Applikation des Prüfstoffs bereitgestellt werden (siehe Anlage 5).

Sediment-Wasser-Verhältnis

46.
Das empfohlene Sediment-Wasser-Verhältnis beträgt 1:4 (45). Dieses Verhältnis wird als geeignet betrachtet, um geeignete Sauerstoffkonzentrationen aufrechtzuerhalten und um die Ammoniakbildung im Überstandswasser zu vermeiden. Im Überstandswasser muss ein Sauerstoffgehalt von ≥ 40 % aufrechterhalten werden. Das Überstandswasser der Prüfgefäße ist vorsichtig zu belüften (z. B. mit 2-4 Blasen pro Sekunde); die dazu verwendete Pasteur-Pipette wird etwa 2 cm über der Oberfläche des Sediments angesetzt, um Trübungen des Sediments zu minimieren.

Licht und Temperatur

47.
Die Fotoperiode für die Kultur und für den Versuch beträgt 16 Stunden (1)(6). Die Lichtintensität im Prüfbereich soll etwa 500-1 000  lx betragen. Die Prüftemperatur soll während des gesamten Tests bei 20 ± 2 °C liegen.

Prüfkonzentrationen

48.
Die Bestimmung der Aufnahmekinetik erfolgt bei einer einzigen (möglichst niedrigen) Prüfkonzentration; es kann aber auch eine zweite (höhere) Konzentration verwendet werden (siehe z. B. (46)). In diesem Fall werden im Gleichgewichtszustand oder nach 28 Tagen Proben entnommen, um die bei der niedrigeren Konzentration gemessenen BAF-Werte zu verifizieren (11). Die höhere Konzentration ist so zu wählen, dass Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können (beispielsweise indem eine Konzentration in Höhe von etwa 1 % der in maßgeblichen Untersuchungen der chronischen Toxizität ermittelten niedrigsten Konzentration mit bekannter chronischer Wirkung ECx verwendet wird). Die niedrigere Prüfkonzentration muss erheblich über der Nachweisgrenze der verwendeten Methode zur Analyse von Sedimenten und biologischen Proben liegen). Liegt die Wirkungskonzentration des Prüfstoffs in der Nähe der analytischen Nachweisgrenze, wird empfohlen, radioaktiv markierte Prüfstoffe mit hoher spezifischer Radioaktivität zu verwenden.

Replikate mit dem Prüfstoff und Kontrollreplikate

49.
Für die kinetischen Messungen in der Aufnahme- und der Eliminationsphase sind pro Messzeitpunkt (11) mindestens drei behandelte Replikate vorzusehen. Zusätzliche Replikate sind beispielsweise zu verwenden, wenn (optional) weitere Probendaten ermittelt werden sollen. Für die Eliminationsphase wird eine entsprechende Anzahl an Replikaten mit nicht dotiertem Sediment und mit Überstandswasser hergestellt, damit die dem Prüfstoff ausgesetzten Würmer aus den betreffenden Gefäßen mit dem Prüfstoff am Ende der Aufnahmephase in Gefäße ohne Prüfstoff gegeben werden können. Die Gesamtzahl der behandelten Replikate mit dem Prüfstoff muss für die Aufnahme- und die Eliminationsphase ausreichend sein.
50.
Alternativ können die für die Probenahme während der Eliminationsphase vorgesehenen Würmer in einem großen Behältnis mit dotiertem Sediment aus derselben Charge wie bei der Ermittlung der Aufnahmekinetik des Prüfstoffs exponiert werden. Es muss nachgewiesen werden, dass die Testbedingungen (Sedimenttiefe, Sediment-Wasser-Verhältnis, Besatz, Temperatur, Wasserqualität usw.) den entsprechenden Parametern der für die Aufnahmephase vorgesehenen Replikate vergleichbar sind. Am Ende der Aufnahmephase sind Wasser-, Sediment- und Wurmproben aus diesem Behältnis zur Analyse zu entnehmen; außerdem muss eine hinreichende Anzahl großer Würmer, die keine Anzeichen einer kürzlich erfolgten Teilung aufweisen, vorsichtig entnommen und in die für die Eliminationsphase vorgesehenen Replikate gesetzt werden (z. B. zehn Organismen pro Replikatgefäß).
51.
Wenn ausschließlich Wasser als Lösungsmittel eingesetzt wird, sind mindestens 9 Replikate einer negativen Kontrolle (mindestens 3 Probenahmen zu Beginn, 3 am Ende der Aufnahmephase und 3 am Ende der Eliminationsphase) für biologische Analysen und für Analysen der Hintergrundkonzentrationen vorzusehen. Wenn zur Applikation des Prüfstoffs ein Lösungsmittel verwendet wird, ist eine Lösungsmittelkontrolle herzustellen (Probenahmen bei mindestens 3 Replikaten zu Beginn, 3 Replikaten am Ende der Aufnahmephase und 3 Replikaten am Ende der Eliminationsphase). In diesem Fall sind 4 Replikate einer negativen Kontrolle (ohne Lösungsmittel) zur Probennahme am Ende der Aufnahmephase vorzusehen. Diese Replikate können biologisch mit der Lösungsmittelkontrolle verglichen werden, um Informationen über einen möglichen Einfluss des Lösungsmittels auf den Testorganismus zu erhalten. Nähere Informationen sind Anlage 3 zu entnehmen.

Häufigkeit der Messungen der Wasserqualität

52.
Während der Aufnahmephase und der Eliminationsphase müssen mindestens folgende Parameter des Überstandswassers gemessen werden:



TemperaturMessung in jeweils einem Gefäß pro Prüfkonzentration und Datum der Probenahme und in einem Kontrollgefäß einmal wöchentlich sowie zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase und der Eliminationsphase; außerdem kann die Temperatur des umgebenden Mediums (Umgebungsluft oder Wasserbad) oder in einem repräsentativen Prüfgefäß protokolliert werden (beispielsweise kontinuierlich oder stündlich);
Gehalt an gelöstem Sauerstoffje Prüfkonzentration in einem Gefäß sowie in einem Kontrollgefäß pro Datum der Probenahme; ausgedrückt in mg/l und % Luftsauerstoff-Sättigungswert;
Luftzufuhrmindestens einmal täglich (an Werktagen) zu kontrollieren und erforderlichenfalls anzupassen;
pH-Wertin jeweils einem Gefäß pro Prüfkonzentration mit dem Prüfstoff pro Zeitpunkt der Probenahme und in einem Kontrollgefäß einmal wöchentlich sowie zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase und der Eliminationsphase;
Gesamt-Wasserhärtein mindestens einem Gefäß mit dem Prüfstoff und in einem Kontrollprüfgefäß zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase und der Eliminationsphase, ausgedrückt in mg/l CaCO3;
Gesamt-Ammoniakgehaltin mindestens einem Gefäß mit dem Prüfstoff und in einem Kontrollprüfgefäß am Anfang und am Ende der Aufnahmephase und der Eliminationsphase; ausgedrückt in mg/l NH4+ oder NH3 oder Ammoniak-N gesamt.

Probenahme und Analyse der Wurm-, Sediment- und Wasserproben

Probenahmeplan

53.
Anlage 3 enthält Beispiele von Probenahmeplänen für eine Aufnahmephase von 28 Tagen und eine Eliminationsphase von 10 Tagen.
54.
Vor dem Einsetzen der Würmer sowie in der Aufnahmephase und in der Eliminationsphase werden von dem Wasser und dem Sediment in den Prüfbecken Proben zur Bestimmung der Prüfstoffkonzentration entnommen. Während des Tests werden die Konzentrationen des Prüfstoffs in den Würmern, im Sediment und im Wasser ermittelt, um die Verteilung des Prüfstoffs in den verschiedenen Kompartimenten des Prüfsystems zu überwachen.
55.
Wurm-, Sediment- und Wasserproben werden jeweils in der Aufnahmephase und in der Eliminationsphase mindestens sechsmal entnommen.
56.
Die Probenahmen werden fortgesetzt, bis ein Plateau (Gleichgewichtszustand) erreicht wird (siehe Anlage 1) bzw. bis 28 Tage vergangen sind. Auch wenn sich binnen 28 Tagen kein Plateau einstellt, wird mit der Eliminationsphase begonnen. Zu Beginn der Eliminationsphase werden die vorgesehenen Würmer in die Replikatbecken mit unbehandeltem Sediment und Wasser gesetzt (siehe auch Nummern 17 und 18).

Probenahme und Probenvorbereitung

57.
Die Entnahme der Wasserproben erfolgt durch Dekantieren, Absaugen oder Pipettieren eines ausreichenden Volumens zur Quantifizierung des Prüfstoffs in den Proben.
58.
Das verbleibende Überstandswasser wird vorsichtig aus den Prüfbecken dekantiert oder abgesaugt. Sedimentproben sind vorsichtig zu entnehmen, damit die Würmer möglichst wenig gestört werden.
59.
Bei der Probenahme werden alle Würmer aus dem Replikat entnommen (beispielsweise indem das Sediment mit dem Überstandswasser suspendiert und der Inhalt der einzelnen Replikate auf einer flachen Schale verteilt wird, um die Würmer mit einer weichen Stahlpinzette aufnehmen zu können). Anschließend werden die Würmer kurz in einer flachen Schale aus Glas oder Stahl mit Wasser gespült. Anhaftendes Wasser ist zu entfernen. Die Würmer vorsichtig in ein vorgewogenes Gefäß geben und wiegen. Anschließend werden die Würmer durch Gefrieren (z. B. bei ≤ — 18 °C) getötet. Das Vorhandensein und die Anzahl von Kokons und/oder juvenilen Tieren sind zu protokollieren.
60.
Im Allgemeinen sind die Würmer unmittelbar nach der Probenahme ohne eine Phase der Darmentleerung zu wiegen und zu töten, um die BAF-Werte konservativ zu ermitteln und um Verluste von Rückständen im Gewebe während der Entleerung des Darminhalts nur in Wasser zu vermeiden. Bei log-Kow-Werten über 5 wird davon ausgegangen, dass die betreffenden Stoffe bei Entleerung des Darminhalts nur in Wasser nicht in erheblichem Umfang eliminiert werden; bei Stoffen mit log-Kow-Werten unter 4 hingegen können erhebliche Anteile verlorengehen (47).
61.
In der Eliminationsphase entleeren die Würmer ihren Darm in sauberes Sediment, Messungen unmittelbar vor der Eliminationsphase werden entsprechend an Sedimenten mit kontaminiertem Darminhalt vorgenommen. Nach den ersten 4-24 h der Eliminationsphase kann dagegen davon ausgegangen werden, dass der kontaminierte Darminhalt weitgehend durch sauberes Sediment ersetzt wurde (11)(47). Die Konzentration in den Würmern der betreffenden Probe kann dann als Konzentration im Gewebe nach der Entleerung des Darminhalts betrachtet werden. Um der Verdünnung der Prüfstoffkonzentration durch unkontaminiertes Sediment während der Eliminationsphase Rechnung zu tragen, kann das Gewicht des Darminhalts auf Basis des Verhältnisses Nassgewicht/Aschegewicht des Wurms oder des Verhältnisses Trockenmasse/Aschegewicht des Wurms geschätzt werden.
62.
Wenn bei einer Untersuchung die Bioverfügbarkeit und die tatsächlichen Rückstände im Gewebe der Testorganismen ermittelt werden sollen, muss mindestens eine Unterprobe exponierter Tiere (z. B. aus drei zusätzlichen Replikatgefäßen), die vorzugsweise im Gleichgewichtszustand entnommen wurde, gewogen, 6 Stunden mit sauberem Wasser gereinigt (47) und danach vor der Analyse nochmals gewogen werden. Daten zum Gewicht der Würmer und zur Konzentration im Körpergewebe der betreffenden Unterprobe können dann mit Werten von Würmern mit Darminhalt verglichen werden. Um die Tiere nicht einer zusätzlichen Stressbelastung auszusetzen, darf der Darm der für die Messung der Elimination vorgesehenen Würmer vor der Umsetzung in sauberes Sediment nicht geleert werden.
63.
Die Analyse der Wasser-, Sediment- und Wurmproben sollte vorzugsweise direkt nach der Probenahme (d. h. innerhalb von 1 bis 2 Tagen) erfolgen, um einen Abbau oder sonstige Verluste zu vermeiden und um bei laufendem Versuch die ungefähren Aufnahme- und Eliminationsraten zu ermitteln. Durch eine umgehende Analyse werden auch Verzögerungen bei der Ermittlung des Zeitpunkts vermieden, bei dem ein Plateau einsetzt.
64.
Wenn die Analyse nicht umgehend vorgenommen wird, sind die Proben unter geeigneten Bedingungen zu lagern. Vor Beginn der Untersuchung sind Informationen über die Stabilität des betreffenden Prüfstoffs und über geeignete Lagerbedingungen einzuholen (z. B. Haltbarkeit und Lagertemperatur oder Extraktionsverfahren). Wenn diese Informationen nicht verfügbar sind, kann erforderlichenfalls gleichzeitig anhand dotierter Kontrollgewebe die Lagerfähigkeit ermittelt werden.

Qualität der Analysemethode

65.
Da Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Empfindlichkeit entscheidend für das gesamte Verfahren sind, muss experimentell sichergestellt werden, dass die Präzision und die Reproduzierbarkeit der chemischen Analysen sowie die Wiederfindung des Prüfstoffs aus Wasser-, Sediment- und Wurmproben für die jeweilige Methode mindestens bei der geringsten und bei der höchsten Prüfkonzentration ausreichend sind. Außerdem muss gewährleistet werden, dass der Prüfstoff in den Kontrollbecken nicht in Konzentrationen oberhalb der Hintergrundkonzentration nachweisbar ist. Erforderlichenfalls werden die Cw-, Cs- und Ca-Werte entsprechend den Wiederfindungsraten und den Hintergrundkonzentrationen der Kontrollen korrigiert. Alle Proben müssen während des Tests stets so behandelt werden, dass Verunreinigungen und Verluste (z. B. infolge von Adsorption des Prüfstoffs durch das Probenahmegerät) auf ein Minimum beschränkt werden.
66.
Die Gesamtwiederfindungsrate und die Wiederfindung des Prüfstoffs in Würmern, Sedimenten, Wasser und (gegebenenfalls) verwendeten Abscheidern mit Adsorberstoffen zum Auffangen des verdampfenden Prüfstoffs müssen ermittelt und im Protokoll erfasst werden.
67.
Da die Verwendung radioaktiv markierter Stoffe empfohlen wird, kann die Gesamt-Radioaktivität (d. h. von Ausgangsstoff und seinen Abbauprodukten) ermittelt werden. Wenn analysetechnisch möglich, können aus der Quantifizierung des Ausgangsstoffs und der Abbauprodukte im Gleichgewichtszustand oder am Ende der Aufnahmephase wichtige Informationen gewonnen werden. Sind derartige Messungen beabsichtigt, müssen die Proben anschließend geeigneten Extraktionsverfahren unterzogen werden, damit der Ausgangsstoff separat quantifiziert werden kann. Wenn ein wesentlicher Prozentanteil (z. B. > 10 %) der in den Testorganismen im Gleichgewichtszustand oder am Ende der Aufnahmephase gemessenen Radioaktivität auf ein nachgewiesenes Abbauprodukt entfällt, sollte dieses Abbauprodukt identifiziert werden (5).
68.
Wegen der geringen individuellen Biomasse kann die Konzentration des Prüfstoffs bei den einzelnen Würmern häufig nicht ermittelt werden, außer wenn der Test mit Branchiura sowerbyi (40-50 mg Feuchtmasse pro Wurm) durchgeführt wird (11). Daher können die aus einem Prüfgefäß entnommenen Würmer gepoolt werden; die Daten können dann allerdings nur für gewisse statistische Verfahren verwendet werden. Wird auf ein spezielles statistisches Verfahren bzw. eine bestimmte statistische Aussagekraft Wert gelegt, muss der Test unter Berücksichtigung des Poolings, des Verfahrens und der gewünschten Aussagekraft eine angemessene Anzahl an Testtieren und/oder Replikatbecken umfassen.
69.
Der BAF sollte im Verhältnis zur gesamten Feuchtmasse und zur Trockenmasse sowie, falls erforderlich (z. B. bei hochlipophilen Stoffen), im Verhältnis zum Lipidgehalt und zum TOC des Sediments ausgedrückt werden. Zur Bestimmung des Lipidgehalts sind geeignete Methoden zu verwenden (48)(49). Als Standardmethode wird die Extraktion mit Chloroform/Methanol (50) empfohlen (48). Um die Verwendung von gechlorten Lösungsmitteln zu vermeiden, kann jedoch eine in einem Ringtest geprüfte angepasste Version der Methode von Bligh and Dyer (50), wie in (51) beschrieben, verwendet werden. Da die verschiedenen Methoden möglicherweise zu unterschiedlichen Werten führen (48), ist es wichtig, die verwendete Methode anzugeben. Nach Möglichkeit, d. h., wenn genügend Wurmgewebe verfügbar ist, wird der Lipidgehalt an der Probe bzw. dem Extrakt gemessen, die bzw. der auch für die Ermittlung der Konzentration des Prüfstoffs verwendet wurde. Die Lipide müssen nämlich häufig aus dem Extrakt entfernt werden, bevor eine chromatographische Analyse durchgeführt werden kann (5). Aus praktischen Gründen empfiehlt sich allerdings, zumindest zu Beginn oder — vorzugsweise — am Ende der Aufnahmephase akklimatisierte Kontrolltiere zu verwenden, um den Lipidgehalt beispielsweise an drei Proben zu messen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

70.
Die Aufnahmekurve des Prüfstoffs ergibt sich, indem dessen Konzentration in/auf den Würmern in der Aufnahmephase gegen die Zeit auf einer arithmetischen Skala aufgetragen wird. Wenn die Kurve ein Plateau erreicht hat, wird der BAFss im Gleichgewichtszustand berechnet:

71.
Bestimmung des kinetischen Bioakkumulationsfaktors (BAFK) als Quotient ks/ke. Die Eliminationskonstante (ke) wird in der Regel aus der Eliminationskurve abgeleitet (d. h. einer grafischen Darstellung der Prüfstoffkonzentration in den Würmern während der Eliminationsphase). Die Aufnahmekonstante ks wird dann anhand der Kinetik der Aufnahmekurve berechnet. Die bevorzugte Methode zur Berechnung des BAFK und der Konstanten ks und ke ist eine computergestützte nichtlineare Parameterschätzung (siehe Anlage 2). Wenn die Ausscheidungskinetik offensichtlich nicht erster Ordnung entspricht, sollten komplexere Modelle herangezogen werden (25)(27)(52).
72.
Der Biota-Sediment-Akkumulationsfaktor (BSAF) wird durch Normalisierung des BAFK für den Lipidgehalt der Würmer und für den Gesamtgehalt des Sediments an organischem Kohlenstoff ermittelt.

Interpretation der Ergebnisse

73.
Die Prüfergebnisse sind mit Vorsicht zu bewerten, wenn die gemessenen Konzentrationen des Prüfstoffs in Testansätzen in der Nähe der Nachweisgrenze der jeweiligen Analysemethode liegen.
74.
Klar definierte Aufnahme- und Eliminationskurven sind ein Anzeichen für die gute Qualität der Bioakkumulationsdaten. Im Allgemeinen sollten die Konfidenzintervalle der BAF-Werte bei gut konzeptionierten Untersuchungen nicht 25 % übersteigen (5).

Prüfbericht

75.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfstoff

physikalischer Zustand und physikalisch-chemische Eigenschaften, z. B. log Kow, Wasserlöslichkeit;
chemische Kenndaten; Herkunft des Prüfstoffs, Bezeichnung und Konzentration der verwendeten Lösungsmittel;
bei radioaktiv markierten Prüfstoffen: die genaue Position der markierten Atome, die spezifische Radioaktivität und der Prozentanteil der mit Verunreinigungen verbundenen Radioaktivität.

Versuchstierart

wissenschaftlicher Name, Stamm, Bezugsquelle, eventuelle Vorbehandlungen, Akklimatisation, Alter, Größenbereich usw.

Prüfbedingungen

verwendetes Prüfverfahren (z. B. statisch, semistatisch oder Durchfluss);
Art und Eigenschaften der verwendeten Beleuchtung und Photoperiode(n);
Versuchsaufbau (z. B. Anzahl, Material und Größe der Prüfbecken, Wasservolumen, Sedimentmasse und -volumen, Wasseraustausch (Volumen) (bei Durchflusssystemen und bei semistatischer Erneuerung), ggf. Belüftung vor und während des Tests, Anzahl der Replikate, Anzahl der Würmer pro Replikat, Anzahl der Prüfkonzentrationen, Dauer der Aufnahme- und Eliminationsphasen, Häufigkeit der Probenahme);
Methode für die Vorbereitung des Prüfstoffs und Applikationsmethode sowie Begründung der Wahl einer bestimmten Methode;
die nominalen Prüfkonzentrationen;
Herkunft der Bestandteile des künstlichen oder natürlichen Wassers und des künstlichen oder natürlichen Sediments, Beschreibung etwaiger Vorbehandlungen, Nachweise dafür, dass die Testtiere in den verwendeten Medien leben und/oder sich vermehren, Merkmale des Sediments (pH-Wert und Ammoniakgehalt des Porenwassers (natürliche Sedimente), Gehalt an organischem Kohlenstoff (TOC), Partikelgrößenverteilung (Prozent Sand, Schluff und Ton), prozentualer Wasseranteil und sonstige vorgenommene Messungen) sowie Merkmale des Wassers (pH-Wert, Härte, Leitfähigkeit, Temperatur, Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Restchlorgehalt (wenn gemessen) und sonstige vorgenommene Messungen);
nominale und gemessene Trockenmasse in Prozent der Feuchtmasse (oder Verhältnis Trockenmasse/Feuchtmasse) des künstlichen Sediments; gemessene Trockenmasse in Prozent der Feuchtmasse (oder Verhältnis Trockenmasse/Feuchtmasse) bei Feldsedimenten;
Wasserqualität in den Prüfbecken (Temperatur, pH-Wert, Ammoniakgehalt, Gesamthärte und Konzentration des gelösten Sauerstoffs);
genaue Angaben zur Behandlung der Wasser-, Sediment- und Wurmproben, einschließlich aller Einzelheiten über Vorbereitung, Lagerung, Dotierungsverfahren und Extraktion, sowie zu Analyseverfahren (und -genauigkeit) in Bezug auf den Prüfstoff und den Lipidgehalt und Wiederauffindungsraten des Prüfstoffs.

Ergebnisse

Mortalität der Kontrollwürmer und der Würmer in den einzelnen Prüfbecken sowie festgestellte subletale Wirkungen einschließlich anomalen Verhaltens (z. B. Verlassen des Sediments, Vorhandensein oder Fehlen von Kotbällchen, fehlende Reproduktion);
gemessene Trockenmasse in Prozent der Feuchtmasse (oder Verhältnis Trockenmasse/Feuchtmasse) des Sediments und der Testorganismen (hilfreich für die Normalisierung);
Lipidgehalt der Würmer;
Kurven der Aufnahme- und Eliminationskinetiken des Prüfstoffs in den Würmern und die Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichtszustands;
Ca, Cs und Cw (gegebenenfalls mit Standardabweichung und Abweichungsbereich) für alle Probenahmen (wobei Ca in g kg– 1 Feucht- und Trockenmasse des Ganzkörpers und Cs in g kg– 1 Feucht- und Trockenmasse des Sediments und Cw in mg l– 1 ausgedrückt wird). Wird der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF, Begriffsbestimmung siehe Anlage 1) benötigt (z. B. für den Vergleich der Ergebnisse von zwei oder mehreren Tests, die mit Tieren mit unterschiedlichem Lipidgehalt durchgeführt wurden), so kann Ca zusätzlich als g kg– 1 Lipidgehalt des Organismus und Cs als g kg– 1 organischer Kohlenstoff (OC) des Sediments ausgedrückt werden;
BAF (ausgedrückt in kg Sediment (Feuchtmasse)·kg– 1 Wurm (Feuchtmasse)), Sediment-Aufnahmekonstante ks (ausgedrückt in g Sediment (Feuchtmasse) g– 1 Wurm (Feuchtmasse) d– 1) und Eliminationskonstante ke (ausgedrückt in d– 1); außerdem kann zusätzlich der BSAF (ausgedrückt in kg Sediment organischer Kohlenstoff kg– 1 Lipidgehalt des Wurms) angegeben werden;
nicht eliminierte Rückstände (NER) am Ende der Eliminationsphase;
falls gemessen: Prozentanteile des Ausgangsstoffs, Abbauprodukte und gebundener Rückstände (d. h. Gehalt an Prüfstoff, der sich nicht mit gewöhnlichen Extraktionsmethoden extrahieren lässt) in den Testtieren;
Methoden, die zur statistischen Datenanalyse verwendet wurden.

Auswertung der Ergebnisse

Übereinstimmung der Ergebnisse mit den Validitätskriterien gemäß Nummer 21;
unerwartete oder ungewöhnliche Ergebnisse, z. B. unvollständige Elimination des Prüfstoffs aus den Testtieren; in diesen Fällen können Ergebnisse aus Vorversuchen hilfreiche Informationen beinhalten.

Anlage 1

Begriffsbestimmungen und Einheiten

Künstliches Sediment oder formuliertes, rekonstituiertes oder synthetisches Sediment : ein Gemisch aus Stoffen, mit denen die physikalischen Bestandteile eines natürlichen Sediments nachgeahmt werden sollen.

Bioakkumulation : Konzentrationszunahme (Anreicherung) des Prüfstoffs in oder an einem Organismus bezogen auf die Prüfstoffkonzentration im umgebenden Medium; die Bioakkumulation ergibt sich aus Biokonzentrations- und Biomagnifikationsvorgängen (siehe unten).

Bioakkumulationsfaktor (BAF) : zu jedem beliebigen Zeitpunkt während der Aufnahmephase dieses Bioakkumulationstests der Quotient aus der Konzentration des Prüfstoffs in/an dem Testorganismus (Ca in g·kg– 1 Feucht- oder Trockenmasse) und der Konzentration des Prüfstoffs im umgebenden Medium (Cs in g·kg– 1 Feucht- oder Trockenmasse des Sediments); entsprechend den Einheiten von Ca und Cs wird der BAF in kg Sediment kg– 1 Wurm angegeben (15).

Bioakkumulationsfaktoren : die direkt anhand des Verhältnisses der Sediment-Aufnahmekonstante zu den Eliminationskonstanten (ks und ke, siehe unten) berechnet werden; werden als kinetischer Bioakkumulationsfaktor (BAFK) bezeichnet.

Biokonzentration : Konzentrationszunahme (Anreicherung) des Prüfstoffs in oder an einem Organismus, ausschließlich aufgrund der Aufnahme über die Körperoberfläche, bezogen auf die Prüfstoffkonzentration im umgebenden Medium.

Biomagnifikation : die Konzentrationszunahme (Anreicherung) des Prüfstoffs in oder an einem Organismus, die hauptsächlich aus der Aufnahme des Prüfstoffs über kontaminiertes Futter oder kontaminierte Beute resultiert, bezogen auf die Prüfstoffkonzentration im Futter bzw. in der Beute; Biomagnifikation kann zum Transfer oder zur Anreicherung des Prüfstoffs in Nahrungsketten oder -netzen führen.

Biota-Sediment-Akkumulationsfaktor (BSAF) : Quotient aus der auf den Lipidgehalt normierten Prüfstoffkonzentration in/an dem Testorganismus (Ca in g·kg-1 Lipidgehalt des Organismus) und der auf den organischen Kohlenstoffgehalt normierten Prüfstoffkonzentration im Sediment im Gleichgewichtszustand; Ca wird ausgedrückt in g·kg– 1 Lipidgehalt des Organismus; Cs wird in g·kg– 1 Gehalt des Sediments an organischen Bestandteilen angegeben.

Konditionierungsdauer : Zeitraum zur Stabilisierung der im Sediment vorhandenen Mikroorganismen und zur Abtrennung z. B. von Ammoniak, das aus Bestandteilen des Sediments erzeugt wurde; die Konditionierung erfolgt vor dem Dotieren des Sediments mit dem Prüfstoff. Gewöhnlich wird das Überstandswasser nach dem Konditionieren entsorgt.

Elimination eines Prüfstoffs : Ausscheidung des angereicherten Prüfstoffs aus dem Testorganismus durch aktive oder passive Prozesse, die unabhängig von An- oder Abwesenheit des Prüfstoffs im umgebenden Medium erfolgt.

Eliminationsphase : der Zeitraum, in dem nach Umsetzung der Testorganismen von kontaminiertem Medium in Prüfstofffreies Medium die Ausscheidung (oder der Nettoverlust) des Prüfstoffs durch die Testorganismen untersucht wird.

Eliminationskonstante (ke) : der numerische Wert, der die Geschwindigkeit der Konzentrationsabnahme des Prüfstoffs in/an dem Testorganismus nach Umsetzung der Testorganismen aus einem mit dem Prüfstoff belasteten Medium in Prüfstofffreies Medium definiert; ke wird in Tag– 1 (d– 1) angegeben.

Ausgleichszeit : Zeit zur Verteilung des Prüfstoffs zwischen Festphase, Porenwasser und Überstandswasser; der Ausgleich erfolgt nach dem Dotieren des Sediments mit dem Prüfstoff und vor der Zugabe der Testorganismen.

Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (Kow) : Verhältnis zwischen der Konzentration eines Stoffs in n-Oktanol und in Wasser im Gleichgewicht, auch als Pow-Wert ausgedrückt; der Logarithmus von Kow (log Kow) gilt als Maß für das Anreicherungspotenzial eines Stoffs in aquatischen Organismen.

Koeffizient für die Verteilung organischer Kohlenstoff/Wasser (Koc) : Verhältnis der Gleichgewichtskonzentration der Chemikalie im/am organischen Kohlenstoffanteil im Sediment zu derjenigen im Wasser.

Überstandswasser : das im Prüfgefäß über dem Sediment stehende Wasser.

Plateau oder Gleichgewichtszustand (steady state) : Gleichgewicht zwischen den während der Aufnahmephase simultan auftretenden Aufnahme- und Eliminationsvorgängen; der Gleichgewichtszustand in der grafischen Darstellung einer Probenahme des zeitbezogenen BAF ist erreicht, wenn die Kurve parallel zur Zeitachse verläuft und wenn drei aufeinander folgende BAF-Analysen an Proben, die im Abstand von mindestens zwei Tagen genommenen werden, um höchstens ± 20 % voneinander abweichen, bzw. wenn es keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Zeitabständen der drei Probenahmen gibt. Für Prüfstoffe, die nur langsam aufgenommen werden, ist ein zeitlicher Abstand zwischen den Probenahmen von sieben Tagen geeigneter (5).

Porenwasser oder Interstitialwasser : das Wasser in den Zwischenräumen zwischen Sediment- oder Bodenpartikeln.

Sediment-Aufnahmekonstante (ks) : numerischer Wert, der die Geschwindigkeitsrate der Zunahme der Prüfstoffkonzentration im/am Testorganismus bei Anreicherung des Stoffs aus dem Sediment definiert. ks wird in g Sediment g– 1 Wurm d– 1 ausgedrückt.

Dotiertes Sediment : Sediment, zu dem der Prüfstoff hinzugegeben wurde.

Bioakkumulationsfaktor im Gleichgewichtszustand (steady state) (BAFss) : BAF im Gleichgewichtszustand; ändert sich über einen längeren Zeitraum nicht wesentlich; die Konzentration des Prüfstoffs im umgebenden Medium (Cs ausgedrückt als g·kg– 1 Feucht- oder Trockenmasse des Sediments) ist während dieser Zeit konstant.

Aufnahme- oder Expositionsphase : Zeitraum, in dem die Testorganismen dem Prüfstoff ausgesetzt sind.

Anlage 2

Berechnung der Aufnahme- und Eliminationsparameter

Hauptendpunkt eines Bioakkumulationstests ist der Bioakkumulationsfaktor (BAF). Zur Berechnung des gemessenen BAF bildet man den Quotienten aus der Konzentration des Prüfstoffs im Testorganismus (Ca) und der Konzentration des Prüfstoffs im Sediment (Cs) im Gleichgewichtszustand. Wenn der Gleichgewichtszustand in der Aufnahmephase nicht erreicht wird, ist der BAF auf die gleiche Weise für Tag 28 zu berechnen. Es ist allerdings anzugeben, ob der BAF auf Konzentrationen im steady state beruht, oder nicht.

Der kinetische Bioakkumulationsfaktor (BAFK), die Konstante der Sedimentaufnahme (ks) und die Eliminationskonstante (ke) sollten vorzugsweise mit Methoden zur nicht linearen Parameterabschätzung per Computer ermittelt werden. Ausgehend von den zeitbezogenen durchschnittlichen Akkumulationsfaktoren (Ca, Mittelwerte zu den einzelnen Zeitpunkten der Probenahme/Cs, Mittelwerte zu den einzelnen Zeitpunkten der Probenahme = AF) der Aufnahmephase bezogen auf die Feuchtmasse der Würmer und des Sediments und der Modellgleichung



AF(t) = BAF × (1 – eke × t)[Gleichung 1]

wobei AF(t) = Verhältnis der Konzentration des Prüfstoffs in den Würmern und der Konzentration im Sediment zu einem beliebigen Zeitpunkt (t) während der Aufnahmephase ist, werden mit entsprechender Software die Werte für BAFK, ks und ke berechnet.

Wird während der Aufnahmephase ein Gleichgewichtszustand erreicht (d. h. t = ∞), kann Gleichung 1 reduziert werden auf:



[Gleichung 2]

Dabei sind:

ks=Aufnahmekonstante im Gewebe [g Sediment kg– 1 Wurm d– 1]
ke=Eliminationskonstante [d– 1]

Damit stellt ks/ke × Cs eine Annäherung an die Konzentration des Prüfstoffs im Wurmgewebe im Gleichgewichtszustand (Ca,ss) dar.

Der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) ist wie folgt zu berechnen:

Dabei sind:

foc = Fraktion des organischen Kohlenstoffs im Sediment wahlweise bezogen auf die Trocken- oder die Feuchtmasse;

flip = Lipidfraktion in den Würmern wahlweise bezogen auf die Trocken- oder die Feuchtmasse.

Ausgehend von einer Zeitreihe von Konzentrationswerten kann die Eliminationskinetik mit folgenden Gleichungen und einer Computer-Berechnung nach einer nicht linearen Methode zur Parameterabschätzung modelliert werden.

Als Standard-Ausgangspunkt wird der Mittelwert der gemessenen Rückstände im Gewebe am Ende der Aufnahmephase empfohlen. Der aus der Aufnahmephase modellierte/geschätzte Wert sollte nur dann verwendet werden, wenn beispielsweise der gemessene Wert signifikant von dem im Modell bestimmten Rückstand im Gewebe abweicht. Zur alternativen Vorexposition von zur Elimination vorgesehenen Würmern siehe auch Nummer 50. Bei diesem Ansatz wird davon ausgegangen, dass Proben der vorexponierten Würmer an Tag 0 der Eliminationsphase ein realistisches Bild von den Rückständen im Körper bieten, das als Grundlage für die Ermittlung der Eliminationskinetik dienen kann.

Weisen die gegen die Zeit aufgetragenen Messwerte auf eine konstante exponentielle Abnahme der Prüfstoffkonzentration in den Tieren hin, so lässt sich der Eliminationsverlauf mit einem Ein-Kompartiment-Modell (Gleichung 4) beschreiben.



[Gleichung 3]

Die Elimination kann zuweilen biphasisch verlaufen, mit einer raschen Abnahme von Ca in den Anfangsphasen und einem langsameren Verlust an Prüfstoff in den letzten Phasen der Elimination, z. B. (8)(19)(25). Erklären lassen sich die beiden Phasen mit der Annahme, dass es im Organismus zwei verschiedene Kompartimente gibt, aus denen der Prüfstoff mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten eliminiert wird. Für diese Fälle wird auf die einschlägige Literatur verwiesen (15)(16)(17)(25).

Eine Elimination in zwei Kompartimenten wird z. B. mit der folgenden Gleichung beschrieben (25):



[Gleichung 4]

A und B bezeichnen die Größe der Kompartimente (in Prozent der Summe der Rückstände im Gewebe), wobei sich der Stoffverlust in Kompartiment A rasch vollzieht und der Prüfstoff in Kompartiment B nur in geringem Umfang verloren geht. Die Summe von A und B ergibt 100 % des Volumens des vollständigen tierischen Kompartiments im Gleichgewichtszustand. ka und kb stehen für die entsprechenden Eliminationskonstanten [d– 1]. Wenn das Modell mit den beiden Kompartimenten auf die Ausscheidungsdaten übertragen wird, kann die Aufnahmekonstante ks wie folgt bestimmt werden (53)(54):



[Gleichung 5]

Trotzdem sind diese Modellgleichungen mit Vorsicht zu verwenden, insbesondere wenn sich die Bioverfügbarkeit des Prüfstoffs während des Tests ändert (42).

Alternativ zu den oben beschriebenen Modellgleichungen können die Kinetikparameter (ks und ke) auch in einem Durchlauf berechnet werden, indem die Kinetikmodellgleichung erster Ordnung auf alle Daten aus der Aufnahme- und der Eliminationsphase gemeinsam angewendet wird. Für die Beschreibung einer Methode, die eine solche kombinierte Berechnung der Aufnahme- und Eliminationskonstanten ermöglicht, wird auf (55), (56) und (57) verwiesen.

Die nicht eliminierten Rückstände (NER) sind als ein weiterer Endpunkt zu berechnen, indem das Verhältnis der durchschnittlichen Konzentration in den Würmern (Ca) an Tag 10 der Eliminationsphase zur durchschnittlichen Konzentration in den Würmern (Ca) im Gleichgewichtszustand (bzw. an Tag 28 der Aufnahmephase) mit 100 multipliziert wird:

Anlage 3

Beispiel eines Probenahmeplans bei einem 28-Tägigen Bioakkumulationstest

a)   Aufnahmephase (einschließlich einer 4-tägigen Equilibrierungsphase)



TagArbeitsschritte
– 6Herstellung einer Torfsuspension für das Sediment; Konditionieren der Suspension für 48 h;
– 4Dotieren des Sediments oder der Sedimentfraktion; Mischen aller Bestandteile des Sediments; Entnahme von Proben des Sediments mit dem Prüfstoff und des Sediments aus der Lösungsmittelkontrolle zur Bestimmung der Konzentration des Prüfstoffs; Zugabe von Überstandswasser; Inkubation unter Prüfbedingungen (Equilibrierungsphase);
– 3/– 2Entnahme der Testorganismen aus der Anzuchtkultur zwecks Akklimatisierung;
0Messung der Wasserqualität (siehe Nummer 52); Entnahme von Replikaten zur Probenahme von Wasser- und Sedimentproben zur Ermittlung der Prüfstoffkonzentration; randomisierte Verteilung der Würmer auf die Prüfbecken; Aufbewahrung einer ausreichenden Anzahl an Unterproben der Würmer zur Bestimmung des analytischen Hintergrunds; Kontrolle der Luftzufuhr bei Verwendung eines geschlossenen Prüfsystems;
1Entnahme von Replikaten zur Probenahme; Kontrolle der Luftzufuhr, des Verhaltens der Würmer und der Wasserqualität (siehe Nummer 56); Entnahme von Wasser, Sediment- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfstoffkonzentration;
2Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;
3wie Tag 1;
4 - 6wie Tag 2;
7wie Tag 1; gegebenenfalls Nachfüllen von verdunstetem Wasser;
8 - 13wie Tag 2;
14wie Tag 1; gegebenenfalls Nachfüllen von verdunstetem Wasser;
15 - 20wie Tag 2;
21wie Tag 1; gegebenenfalls Nachfüllen von verdunstetem Wasser;
22 - 27wie Tag 2;
28wie Tag 1; Messung der Wasserqualität (siehe Nummer 52); Ende der Aufnahmephase; Reservieren einer ausreichenden Anzahl von Teilproben von Würmern zur Bestimmung von analytischen Hintergrundwerten, Feucht- und Trockenmasse sowie Lipidgehalt; Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Sediment für die Eliminationsphase (ohne Entleerung des Darminhalts); Entnahme von Wasser-, Sediment- und Wurmproben aus den Lösungsmittelkontrollen; Entnahme von Abscheidelösungen (wenn Abscheider vorhanden).
Die Arbeitsschritte vor der Exponierung (Equilibrierungsphase) sind unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Prüfstoffs zu planen. Wenn erforderlich, wird das hergestellte Sediment unter dem Überstandswasser 7 Tage bei 20 ± 2 °C vorbehandelt. Das Sediment ist dann entsprechend früher herzustellen!
Die für Tag 2 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an Werktagen).

b)   Eliminationsphase



TagArbeitsschritte
– 6Herstellung einer Torfsuspension für das Sediment; Konditionieren der Suspension für 48 h;
– 4Mischen aller Bestandteile des Sediments; Entnahme von Proben des Sediments mit dem Prüfstoff und des Sediments aus der Lösungsmittelkontrolle zur Bestimmung der Konzentration des Prüfstoffs; Zugabe von Überstandswasser; Inkubation unter Prüfbedingungen;
0 (Tag 28 der Aufnahmephase)Messung der Wasserqualität (siehe Nummer 52); Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Sediment; nach 4-6 h Entnahme von Replikaten zur Probenahme von Wasser-, Sediment- und Wurmproben zur Ermittlung der Prüfstoffkonzentration; randomisierte Verteilung der Würmer auf die Becken;
1Entnahme von Replikaten zur Probenahme; Kontrolle der Luftzufuhr, des Verhaltens der Würmer und der Wasserqualität (siehe Nummer 52); Entnahme von Wasser, Sediment- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfsubstoffkonzentration;
2Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;
3wie Tag 1;
4wie Tag 2;
5wie Tag 1;
6wie Tag 2;
7wie Tag 1; gegebenenfalls Nachfüllen von verdunstetem Wasser;
8 - 9wie Tag 2;
10wie Tag 1; Ende der Eliminationsphase; Messung der Wasserqualität (siehe Nummer 52); Entnahme von Wasser-, Sediment- und Wurmproben aus den Lösungsmittelkontrollen; Entnahme von Abscheidelösungen (wenn Abscheider vorhanden).
Das Sediment wird vor Beginn der Eliminationsphase auf dieselbe Weise zubereitet wie vor der Aufnahmephase.
Die für Tag 2 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an Werktagen).

Anlage 4

Einige physikalisch-chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers



BESTANDTEILEKONZENTRATION
Partikelmaterial< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen< 2μg/l
Nichtionisiertes Ammonium< 1 μg/l
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtanteil an organophosphorhaltigen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden und polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l

ZUSAMMENSETZUNG DES EMPFOHLENEN REKONSTITUIERTEN WASSERS

(a) Calciumchloridlösung

11,76 g CaCl2 2H2O werden in entionisiertem Wasser gelöst; anschließend wird entionisiertes Wasser bis zu einem Volumen von 1 l hinzugegeben.

(b) Magnesiumsulfatlösung

4,93 g MgSO4 7H2O werden in entionisiertem Wasser gelöst; anschließend wird entionisiertes Wasser bis zu einem Volumen von 1 l hinzugegeben.

(c) Natriumbicarbonatlösung

2,59 g NaHCO3 werden in entionisiertem Wasser gelöst; anschließend wird entionisiertes Wasser bis zu einem Volumen von 1 l hinzugegeben.

(d) Kaliumchloridlösung

0,23 g KCl werden in entionisiertem Wasser gelöst; anschließend wird entionisiertes Wasser bis zu einem Volumen von 1 l hinzugegeben.

Alle Chemikalien müssen Analysequalität haben.

Die Leitfähigkeit des destillierten oder entionisierten Wassers darf höchstens 10 μScm– 1 betragen.

Von den Lösungen (a) bis (d) werden jeweils 25 ml gemischt; das Gesamtvolumen wird mit entionisiertem Wasser bis auf 1 l aufgefüllt. Die Summe der Calcium- und der Magnesiumionen in dieser Lösung beträgt 2,5 mmol/l.

Der Anteil von Ca- zu Mg-Ionen liegt bei 4:1 und der Anteil der Na- zu K-Ionen bei 10:1. Die Säurekapazität KS4,3 dieser Lösung beträgt 0,8 mmol/l.

Das Verdünnungswasser wird bis zur Sauerstoffsättigung belüftet und anschließend ohne weitere Belüftung bis zur Verwendung zwei Tage gelagert.

Ein annehmbares Verdünnungswasser sollte einen pH-Wert von 6-9 aufweisen.

Anlage 5

Künstliches Sediment — Empfehlungen für die Herstellung und Lagerung

Anders als bei den Anforderungen der Prüfmethode C.8 (40) wird für das künstliche Sediment ein Torfgehalt von 2 % (statt 10 %) Trockenmasse empfohlen, damit ähnlich wie in natürlichen Sedimenten ein niedriger bis mäßiger Gehalt an organischen Bestandteilen gegeben ist (58).

Prozentanteil trockener Bestandteile des künstlichen Sediments:



BestandteileCharakterisierung% trockenes Sediment
TorfTorfmoos, Zersetzungsgrad: „mittel“, luftgetrocknet, ohne sichtbare Pflanzenreste, fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 0,5 mm).2 ± 0,5
QuarzsandPartikelgröße: ≤ 2 mm, aber > 50 % der Partikel sollten eine Größe im Bereich 50-200 μm haben.76
Kaolin-TonKaolinitgehalt ≤ 30 %22 ± 1
FutterFolia urticae, gemahlene Blätter von Urtica sp. (Brennnessel), fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 0,5 mm) oder ein Gemisch aus gemahlenen Blättern von Urtica sp. mit Alpha-Cellulose (1:1); nach Arzneimittelstandard, zum menschlichen Verzehr; zusätzlich zum trockenen Sediment0,4 - 0,5
CalciumcarbonatCaCO3, in Pulverform, chemisch rein, zusätzlich zum trockenen Sediment0,05 - 1
Entionisiertes WasserLeitfähigkeit ≤ 10 μS/cm, zusätzlich zum trockenen Sediment30 - 50

Wenn erhöhte Ammoniakkonzentrationen erwartet werden (beispielsweise wenn bekannt ist, dass der Prüfstoff die Nitrifikation hemmt), kann es hilfreich sein, 50 % des stickstoffreichen Brennnesselpulvers durch Cellulose (z. B. α-Cellulosepulver, chemisch rein, Partikelgröße ≤ 0,5 mm) zu ersetzen.

Zubereitung

Der Torf wird luftgetrocknet und zu einem feinen Pulver (Partikelgröße ≤ 0,5 mm, keine sichtbaren Pflanzenrückstände) gemahlen. Mit einem Teil des zum trockenen Sediment hinzuzufügenden entionisierten Wassers wird mit einer Hochleistungs-Homogenisierungseinrichtung eine Suspension aus der benötigten Menge des Torfpulvers hergestellt. Zur Herstellung eines rührfähigen Torfschlamms hat sich ein Wasservolumen von 11,5 × Trockenmasse des Torfs bewährt (8).

Der pH-Wert dieser Suspension wird mit CaCO3 auf 5,5 ± 0,5 eingestellt. Die Suspension wird mindestens zwei Tage unter sanftem Rühren bei 20 ± 2 °C vorbereitet, damit sich der pH-Wert stabilisieren und ein stabiler Gehalt an Mikroorganismen entwickeln kann. Danach wird der pH-Wert nochmals gemessen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,0 ± 0,5 eingestellt. Anschließend wird die gesamte Suspension mit den übrigen trockenen Bestandteilen gemischt; dabei sind die Dotierungsanteile zu beachten. Unter Zugabe des übrigen entionisierten Wassers wird ein homogenes Sediment hergestellt. Danach wird erneut der pH-Wert gemessen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,5-7,5 eingestellt. Wenn davon ausgegangen wird, dass sich Ammoniak bildet, kann es hilfreich sein, den pH-Wert des Sediments unter 7,0 zu halten (z. B. zwischen 6,0 und 6,5). Anhand von Sedimentproben werden die Trockenmasse und der Gehalt an organischem Kohlenstoff bestimmt. Wenn eine Ammoniakbildung erwartet wird, kann das künstliche Sediment sieben Tage unter den Bedingungen des anschließenden Versuchs (z. B. Verhältnis Sediment:Wasser 1:4, Höhe der Sedimentschicht wie in den Prüfgefäßen) gelagert werden, bevor es mit dem Prüfstoff dotiert wird, d. h., das Sediment ist mit belüftetem Wasser aufzufüllen. Nach dieser Konditionierung ist das Überstandswasser zu entfernen und zu entsorgen. Anhand von Sedimentproben werden die Trockenmasse und der Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff bestimmt (z. B. anhand von drei Proben).

Anschließend wird der dotierte Quarzsand mit dem Sediment in den verschiedenen Konzentrationen gemischt; das Sediment wird auf die als Replikate zu verwendenden Prüfgefäße verteilt und mit dem Testwasser aufgefüllt (z. B. in einem Sediment-Wasser-Verhältnis von 1:4, Höhe der Sedimentschicht wie in den Prüfgefäßen). Danach werden die Gefäße unter den Bedingungen des durchzuführenden Versuchs konditioniert. Nun beginnt die Ausgleichszeit. Das Überstandswasser ist zu belüften.

Das ausgewählte Futter wird hinzugegeben, bevor oder während das Sediment mit dem Prüfstoff dotiert wird. Es kann anfänglich mit der Torfsuspension gemischt werden (s. o.). Ein übermäßiger Abbau des Futters vor der Zugabe der Testorganismen (z. B. bei langer Equilibrierungszeit) kann vermieden werden, indem der Zeitraum zwischen der Zugabe des Futters und dem Beginn der Exposition möglichst verkürzt wird. Um sicherzustellen, dass das Futter ausreichend mit dem Prüfstoff in Berührung kommt, ist das Futter spätestens am Tag der Dotierung des Prüfstoffs in das Sediment mit dem Sediment zu mischen. Ausnahmen sind möglich, wenn es aufgrund der Dauer der Equilibrierungsphase zu einem übermäßigen Abbau des Futters durch Mikroorganismen kommt, bevor die Testorganismen eingesetzt werden. Anhand von Sedimentproben werden die Trockenmasse und der Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff bestimmt (z. B. anhand von drei Proben des dotierten Sediments oder des Kontrollsediments).

Die Trockenmasse der Bestandteile (Torf, Sand und Kaolin) ist in g sowie als Prozentanteil der gesamten Trockenmasse anzugeben.

Das Volumen des bei der Herstellung des Sediments hinzuzugebenden Wassers ist ebenfalls in Prozent der gesamten Trockenmasse zu protokollieren. (Die Angabe 100 % Trockenmasse + 46 % Wasser beispielsweise bedeutet, dass auf 1 000 g (Trockenmasse) insgesamt 460 ml Wasser kommen; entsprechend ergibt sich eine Feuchtmasse des Sediments von 1 460 g.)

Lagerung

Die trockenen Bestandteile des künstlichen Sediments können an einem trockenen und kühlen Ort bei Raumtemperatur gelagert werden. Das hergestellte feuchte Sediment kann (zur späteren Verwendung ausschließlich in der Kultur) bei 4 ± 2 °C im Dunkeln über einen Zeitraum von 2-4 Wochen ab dem Tag der Herstellung aufbewahrt werden (8).

Das Sediment ist unmittelbar nach dem Auftragen des Prüfstoffs zu gebrauchen, sofern keine Informationen darüber vorliegen, dass das betreffende Sediment gelagert werden kann, ohne dass die Toxizität und Bioverfügbarkeit des Prüfstoffs beeinflusst wird. In diesem Fall können Proben des dotierten Sediments bis zur Analyse unter den für den betreffenden Prüfstoff empfohlenen Bedingungen gelagert werden.

Anlage 6

Empfohlene Oligochaeten-Arten für Bioakkumulationstests

Tubifex tubifex (MÜLLER), Tubificidae, Oligochaeta

Der Schlammröhrenwurm (Tubificidae, Oligochaeta) Tubifex tubifex (Müller) bewohnt mit Schleim ausgekleidete Röhren in Süßwassersedimenten. In diesen Röhren leben die Würmer mit dem Kopf nach unten und nehmen Sedimentpartikel auf; verwertet werden die mit den Partikeln verbundenen Mikroorganismen sowie organische Abfälle. Der hintere Teil der Würmer treibt gewöhnlich im Überstandswasser, um die Tiere mit Sauerstoff zu versorgen. Tubifex tubifex bewohnt zwar vielfältige Sedimenttypen auf der gesamten nördlichen Halbkugel, bevorzugt aber verhältnismäßig feine Partikelgrößen (59). Die Eignung dieser Art für Ökotoxizitätsprüfungen wird beispielsweise in (8)(29)(31)(39)(60)(62)(63) bestätigt.

Kulturmethoden

Damit eine ausreichende Anzahl an Würmern (Tubifex tubifex) für die Bioakkumulationstests verfügbar ist, müssen die Würmer in einer Dauerkultur vorrätig gehalten werden. Für eine T.-tubifex-Kultur wird ein System mit einem künstlichen Sediment auf der Grundlage des künstlichen Bodens gemäß Prüfmethode C.8 (40) und mit rekonstituiertem Wasser nach Prüfmethode C.1 empfohlen (8).

Als Kulturgefäße können Glas- oder Edelstahlbehältnisse mit einer Höhe von 12-20 cm verwendet werden. In die Kulturgefäße wird jeweils eine Schicht des feuchten künstlichen Sediments gefüllt, das wie in Anlage 5 beschrieben hergestellt wurde. Die Sedimentschicht muss so tief sich, dass die Würmer sich in natürlicher Weise eingraben können (bei T. tubifex mindestens 2 cm tief). Zum System wird rekonstituiertes Wasser hinzugegeben. Dabei ist darauf zu achten, dass das Sediment möglichst wenig gestört wird. Der Wasserkörper ist mit einer Pasteur-Pipette, die etwa 2 cm über der Sedimentoberfläche angesetzt wird, schwach zu belüften (z. B. 2 Blasen mit 0,45 μm gefilterter Luft pro Sekunde). Die Testtemperatur sollte 20 ± 2 °C betragen.

Die Würmer werden bis zu einer Besatzdichte von maximal 20 000 Tieren/m2 Sedimentoberfläche eingesetzt. Eine höhere Besatzdichte kann das Wachstum und die Vermehrung der Tiere beeinträchtigen (43).

In Kulturen mit künstlichen Sedimenten müssen die Würmer gefüttert werden. Als Zusatzfutter kann fein gemahlenes Fischfutter (z. B. TetraMin®) angeboten werden (8); Klerks 1994, persönliche Auskunft. Das Fütterungsprotokoll muss ein ausreichendes Wachstum und eine ausreichende Vermehrung ermöglichen und in der Kultur die Entstehung von Ammoniak und das Wachstum von Pilzenauf ein Minimum begrenzen. Das Futter kann zweimal wöchentlich bereitgestellt werden (z. B. 0,6-0,8 mg/cm2 Sedimentoberfläche). Praktische Erfahrungen haben gezeigt, dass die Bereitstellung von in entionisiertem Wasser suspendiertem und homogenisiertem Futter eine homogene Verteilung des Futters auf der Sedimentoberfläche in den Kulturbehältnissen erleichtert.

Um eine Anreicherung von Ammoniak zu vermeiden, ist das Überstandswasser mit einem Durchflusssystem oder mindestens einmal wöchentlich manuell auszutauschen. In den Stammkulturen ist das Sediment alle drei Monate zu wechseln.

Wenn ausschließlich adulte Würmer benötigt werden, kann die Entnahme aus der Kultur erfolgen, indem das Kultursediment durch ein Sieb mit einer Maschenweite von 1 mm gesiebt wird. Wenn Kokons ausgesiebt werden sollen, ist eine Maschenweite von 0,5 mm zu empfehlen; für juvenile Würmer ist eine Maschenweite von 0,25 mm geeignet. Die Siebe können nach dem Aussieben des Sediments in rekonstituiertes Wasser gestellt werden. Die Würmer verlassen dann das Sieb und können mit einer weichen Stahlpinzette oder mit einer feuerpolierten Pipette aus dem Wasser aufgenommen werden.

Zur Durchführung eines Tests und zur Anlage neuer Kulturen dürfen ausschließlich unversehrte und eindeutig identifizierte Exemplare der Art Tubifex tubifex (z. B. (64)) verwendet werden. Tote oder verletzte Würmer sowie von Pilzhyphen befallene Kokons sind zu entsorgen.

Aus einer synchronisierten Kultur können nach Bedarf in geeigneten Zeitabständen Würmer einer bestimmten Altersstufe entnommen werden. In den ausgewählten Intervallen (z. B. alle zwei Wochen) werden neue Kulturgefäße mit Tieren einer bestimmten Altersstufe (z. B. in Kokons) angesetzt. Bei den hier beschriebenen Kulturbedingungen haben die Würmer das adulte Stadium nach 8-10 Wochen erreicht. Die Kulturen können entnommen werden, wenn die Würmer neue Kokons abgelegt haben (etwa nach 10 Wochen). Die entnommenen adulten Tiere können für Tests verwendet werden, und mit den Kokons können neue Kulturen angelegt werden.

Lumbriculus variegatus (MÜLLER), Lumbriculidae, Oligochaeta

Lumbriculus variegatus, Lumbriculidae, Oligochaeta, lebt ebenfalls weltweit in Süßwassersedimenten und wird häufig in Ökotoxizitätsprüfungen verwendet. Informationen zur Biologie, zu Kulturbedingungen und zur Empfindlichkeit dieser Art sind den Quellen (1)(6)(9)(36) zu entnehmen. Lumbriculus variegatus kann in dem auch für T. tubifex empfohlenen künstlichen Sediment kultiviert werden; dabei sind allerdings gewisse Einschränkungen zu beachten (8). Da L. variegatus in der Natur gröbere Sedimente bevorzugt als T. tubifex (59), können Laborkulturen mit dem für T. tubifex verwendeten künstlichen Sediment nach 4-6 Monaten zum Erliegen kommen. Erfahrungsgemäß kann L. variegatus in einem sandigen Substrat (z. B. Quarzsand oder feiner Kies) in einem Durchflusssystem mit Fischfutter über mehrere Jahre gehalten werden, ohne dass das Substrat erneuert werden muss. Ein wichtiger Vorzug von L. variegatus gegenüber anderen aquatischen Oligochaeten ist die rasche Vermehrung mit entsprechend rascher Zunahme der Biomasse bei in Labors gezogenen Populationen ((1), (6), (9) und (10)).

Kulturmethoden

Die Kulturbedingungen für Lumbriculus variegatus werden eingehend in Phipps et al. (1993) (10), Brunson et al. (1998) (28), ASTM (2000) (1) und U.S. EPA (2000) (6) beschrieben. Im Folgenden werden diese Bedingungen kurz zusammengefasst.

Die Würmer können in großen Aquarien (57-80 l) bei 23 °C mit einer Photoperiode von 16 L:8 D (100-1 000 lx) und täglichem Austausch des natürlichen Wassers (45 — 50 l pro Aquarium) gezogen werden. Das Substrat wird hergestellt, indem ungebleichte braune Papiertücher in Streifen geschnitten und einige Sekunden mit Kulturwasser befeuchtet werden, damit ein Substrat aus kleinen Papierteilchen entsteht. Dieses Substrat kann dann umgehend im Aquarium zur Zucht von Lumbriculus verwendet werden, indem der Boden des Aquariums bedeckt wird; es kann aber auch in entionisiertem Wasser bis zur Verwendung zu einem späteren Zeitpunkt gefroren gelagert werden. In einem Becken hält das frische Substrat etwa zwei Monate.

Jede Wurmkultur wird mit 500-1 000 Würmern begonnen; die Würmer werden dreimal wöchentlich mit 10 ml einer Suspension mit 6 g Forellen-Starterfutter gefüttert (bei Erneuerung oder Durchflussbedingungen). Um der Ausbreitung von Bakterien und Pilzen entgegenzuwirken, werden statische und semistatische Kulturen seltener gefüttert. Das Futter und das Papiersubstrat werden auf die in Bioakkumulationstests zu verwendenden Stoffe untersucht.

Unter diesen Bedingungen verdoppelt sich die Anzahl der Tiere in der Kultur gewöhnlich in 10-14 Tagen.

Lumbriculus variegatus kann aus den Kulturen entnommen werden, z. B. indem das Substrat durch ein feinmaschiges Sieb gegeben wird oder indem die Organismen mit einer feuerpolierten Glaspipette mit weiter Öffnung (ca. 5 mm Durchmesser) in ein separates Becherglas gegeben werden. Wenn auch das Substrat in das Becherglas gegeben wird, ist das Glas mit den Würmern und dem Substrat über Nacht unter kontinuierlichem Durchfluss zu spülen; dabei wird das Substrat aus dem Glas abgetrennt, und die Würmer bleiben am Boden des Gefäßes zurück. Anschließend können die Würmer in die neuen Kulturbehältnisse gesetzt oder weiter im Test verwendet werden, wie in (1) und (6) beschrieben. Verletzungen und die Provokation von Autotomieverhalten sind zu vermeiden, beispielsweise durch Handhabung der Würmer mit Pipetten mit feuerpolierten Kanten oder mit Edelstahl-Zahnstochern.

Als kritisch ist zu bewerten, wenn sich L. variegatus in Tests zur Bioakkumulation in Sedimenten in der Reproduktionsphase befindet (Architomie nach Morphallaxis). Diese geschlechtslose Vermehrung führt zur Entstehung von zwei Fragmenten, die eine bestimmte Zeit keine Nahrung mehr aufnehmen, bis sich das Kopf- bzw. Schwanzende regeneriert hat (z. B. (36), (37)). Anders als bei Tubificiden, die sich nicht durch Teilung vermehren, kann bei L. variegatus keine kontinuierliche Aufnahme von Sedimenten und Verunreinigungen durch Ingestion erfolgen.

Daher sollte eine Synchronisierung vorgenommen werden, um die unkontrollierte Reproduktion und Regeneration und anschließend entsprechend große Unterschiede in den Testergebnissen zu minimieren. Diese Unterschiede können auftreten, wenn bei einigen einzelnen Tiere eine Fragmentierung stattgefunden hat und diese daher über einen bestimmten Zeitraum keine Nahrung aufnehmen und entsprechend weniger als andere Exemplare, die sich im Versuch nicht geteilt haben, durch den Prüfstoff belastet sind (38). 10-14 Tage vor Beginn der Exposition werden die Würmer manuell zerteilt (Synchronisierung) (65). Für den Test sind große Würmer zu verwenden, die keine Anzeichen einer kürzlich erfolgten Teilung aufweisen sollten. Diese Würmer können auf einen Glasträger in einen Tropfen Kulturwasser gesetzt und in der Mitte des Körpers mit einem Skalpell durchgeschnitten werden. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die hinteren Enden ähnlich groß sind. Danach wird abgewartet, bis die hinteren Enden in einem Kulturgefäß, welches das auch in der Testkultur verwendete Substrat sowie rekonstituiertes Wasser enthält, neue Kopfteile ausgebildet haben. Erst dann kann mit der Exposition begonnen werden. Die Kopfteile haben sich dann regeneriert, wenn die synchronisierten Würmer sich im Substrat eingraben. (Dass sich Kopfteile regeneriert haben, kann zusätzlich durch Sichtprüfung einer repräsentativen Teilprobe unter einem binokularen Mikroskop festgestellt werden.) Danach kann davon ausgegangen werden, dass sich die Testorganismen in einem ähnlichen physiologischen Zustand befinden. Wenn bei synchronisierten Würmern während des Versuchs eine Reproduktion durch Morphallaxis erfolgt, ist also anzunehmen, dass praktisch alle Tiere in gleichem Umfang dem dotierten Sediment ausgesetzt wurden. Die synchronisierten Würmer werden gefüttert: wenn die Würmer beginnen, sich in das Substrat einzugraben, oder 7 Tage nach dem Zerteilen. Die Fütterung sollte etwa der Fütterung der regulären Kulturen vergleichbar sein; es kann sich jedoch empfehlen, die synchronisierten Würmer mit Futter derselben Herkunft wie im eigentlichen Versuch zu versorgen. Die Würmer sind bei der vorgesehenen Versuchstemperatur zu halten (d. h. bei 20 ± 2 °C). Nach der Regeneration werden unversehrte vollständige Würmer ähnlicher Größe, die nach einem leichten mechanischen Reiz aktiv schwimmen oder zu kriechen beginnen, für den Versuch verwendet. Verletzungen und die Provokation von Autotomieverhalten sind zu vermeiden, beispielsweise durch Handhabung der Würmer mit Pipetten mit feuerpolierten Kanten oder mit Edelstahl-Zahnstochern.

Wenn Lumbriculus variegatus verwendet wird, ist während des Tests unter angemessenen Bedingungen wegen der spezifischen Reproduktionsform bei dieser Art eine Erhöhung der Anzahl der Würmer zu erwarten (6). Eine fehlende Reproduktion bei einem Bioakkumulationstest mit L. variegatus ist zu protokollieren und bei der Interpretation der Testergebnisse zu berücksichtigen.

Branchiura sowerbyi (BEDDARD), Tubificidae, Oligochaeta (im Ringtest nicht validiert)

Branchiura sowerbyi lebt in verschiedenen Sedimenttypen (in Stauseen, Seen, Teichen und Flüssen), ursprünglich in tropischen Regionen. Die Art ist aber auch in warmen Wasserkörpern in der nördlichen Hemisphäre anzutreffen. Häufiger kommt Branchiura sowerbyi allerdings in Schlamm-Ton-Sedimenten mit hohem Gehalt an organischen Bestandteilen vor. Die Würmer leben in der Sedimentschicht. Selbst das hintere Ende der Würmer ist gewöhnlich eingegraben. Diese Art ist an den Kiemenfilamenten am hinteren Teil leicht zu erkennen. Die adulten Tiere können eine Feuchtmasse von 40-50 mg und eine Länge von 9-11 cm erreichen. Sie verfügen über eine hohe Reproduktionsrate; die Populationen verdoppeln sich unter den im Folgenden beschriebenen Temperatur- und Fütterungsbedingungen in weniger als 2 Wochen (Aston et al., 1982, (65)). B. sowerbyi wurde bereits sowohl in Toxizitätstests als auch in Untersuchungen zur Bioakkumulation verwendet (Marchese und Brinkhurst 1996 (31) bzw. Roghair et al. 1996, (67)).

Kulturmethoden

Im Folgenden werden die Kulturbedingungen für Branchiura sowerbyi beschrieben (Angaben von Mercedes R. Marchese, INALI, Argentinien, und Carla J. Roghair, RIVM, Niederlande).

Die Testorganismen müssen nicht nach einem bestimmten Verfahren kultiviert werden. Die Kultivierung kann in nicht kontaminiertem, natürlichem Sediment erfolgen (31). Erfahrungsgemäß bietet ein aus natürlichem Sediment und Sand bestehendes Medium noch günstigere Lebensbedingungen für die Würmer als reines natürliches Sediment (32)(67). Für die Kultur können 3-l-Bechergläser mit einem aus 1 500  ml Sediment und Wasser bestehenden Medium mit 375 ml natürlichem nicht kontaminiertem Sediment (ca. 10 % TOC, ca. 17 % Partikel ≤ 63 μm), 375 ml sauberem Sand (M32) und 750 ml rekonstituiertem oder entchlortem Leitungswasser verwendet werden (31)(32)(67). Papiertücher sind ebenfalls als Kultursubstrat geeignet; die Vermehrung erfolgt dann allerdings langsamer als in natürlichem Sediment. In semistatischen Systemen wird die Wasserschicht im Becherglas langsam belüftet, und das Überstandswasser ist wöchentlich zu erneuern.

In jedes Becherglas werden zunächst 25 juvenile Würmer eingesetzt. Nach zwei Monaten werden die großen Würmer mit einer Pinzette aus dem Sediment genommen und in ein neues Becherglas mit frisch hergestelltem Sediment-Wasser-Medium eingesetzt. Das erste Becherglas enthält auch Kokons und juvenile Würmer. Auf diese Weise können bis zu 400 juvenile Würmer pro Becherglas gewonnen werden. Adulte Würmer können mindestens ein Jahr lang zur Vermehrung verwendet werden.

Die Kulturen sind bei einer Temperatur von 21-25 °C zu halten. Die Temperatur darf maximal um ± 2 °C schwanken. Die Entwicklung eines Embryos von der Eiablage bis zum Verlassen des Kokons dauert bei 25 °C gewöhnlich drei Wochen. Bei B. sowerbyi wurden bei einer Temperatur von 25 °C für jeden überlebenden Wurm im Schlamm 6,36 (31) bis 11,2 (30) Eier gezählt. Die Anzahl der Eier pro Kokon schwankt von 1,8-2,8 (66)(69) bis zu 8 (68).

Der Anteil des gelösten Sauerstoffs sowie die Temperatur und der pH-Wert sind wöchentlich zu messen. Fischfutter (z. B. TetraMin®) kann nach Bedarf zwei- bis dreimal wöchentlich als Suspension angeboten werden. Alternativ können die Würmer auch mit aufgetautem Salat nach Bedarf gefüttert werden.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Art ist die hohe individuelle Biomasse (bis zu 40-50 mg Feuchtmasse pro Tier). Daher kann diese Art für Bioakkumulationstests mit nicht radioaktiv markierten Prüfstoffen verwendet werden. Die Exposition kann in den auch für T. tubifex oder L. variegatus verwendeten Systemen mit jeweils einem Tier pro Replikat erfolgen (11). Wenn keine größeren Becken verwendet werden, ist die Anzahl der Replikate jedoch zu erhöhen (11). Außerdem ist bei dieser Art eine Anpassung in Bezug auf das als Validitätskriterium berücksichtigte Eingrabungsverhalten vorzunehmen.

LITERATUR

(1) ASTM International (2000). Standard guide for the determination of the bioaccumulation of sediment-associated contaminants by benthic invertebrates, E 1688-00a. In ASTM International 2004 Annual Book of Standards. Volume 11.05. Biological Effects and Environmental Fate; Biotechnology; Pesticides. ASTM International, West Conshohocken, PA.

(2) Europäische Kommission (2003). Technical Guidance Document in support of Commission Directive 93/67/EEC on Risk Assessment for new notified substances, Commission Regulation (EC) No 1488/94 on Risk Assessment for existing substances and Directive 98/8/EC of the European Parliament and of the Council concerning the placing of biocidal products on the market; Part I — IV. Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften), Luxemburg.

(3) OECD (1992a). Report of the OECD workshop on effects assessment of chemicals in sediment. OECD Monographs No. 60. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Paris.

(4) Ingersoll, C.G., Ankley, G.T., Benoit D.A., Brunson, E.L., Burton, G.A., Dwyer, F.J., Hoke, R.A., Landrum, P. F., Norberg-King, T. J., und Winger, P.V. (1995). Toxicity and bioaccumulation of sediment-associated contaminants using freshwater invertebrates: A review of methods and applications. Environ. Toxicol. Chem. 14, 1885-1894.

(5) Kapitel C.13 dieses Anhangs, Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest.

(6) U.S. EPA (2000). Methods for measuring the toxicity and bioaccumulation of sediment-associated contaminants with freshwater invertebrates. Second Edition. EPA 600/R-99/064, U.S. Environmental Protection Agency, Duluth, MN, March 2000.

(7) Kapitel C.27 dieses Anhangs, Chironomiden-Toxizitätstest in Sediment-Wasser-Systemen mit dotiertem Sediment

(8) Egeler, Ph., Römbke, J., Meller, M., Knacker, Th., Franke, C., Studinger, G. und Nagel, R. (1997). Bioaccumulation of lindane and hexachlorobenzene by tubificid sludgeworms (Oligochaeta) under standardised laboratory conditions. Chemosphere 35, 835-852.

(9) Ingersoll, C.G., Brunson, E.L., Wang N., Dwyer, F.J., Ankley, G.T., Mount D.R., Huckins J., Petty. J., und Landrum, P. F. (2003). Uptake and depuration of nonionic organic contaminants from sediment by the oligochaete, Lumbriculus variegatus. Environmental Toxicology and Chemistry 22, 872-885.

(10) Phipps, G.L., Ankley, G.T., Benoit, D.A., und Mattson, V.R. (1993). Use of the aquatic Oligochaete Lumbriculus variegatus for assessing the toxicity and bioaccumulation of sediment-associated contaminants. Environ.Toxicol. Chem. 12, 269-279.

(11) Egeler, Ph., Römbke, J., Knacker, Th., Franke, C., und Studinger, G. (1999). Workshop on „Bioaccumulation: Sediment test using benthic oligochaetes“, 26.-27.4.1999, Hochheim/Main, Deutschland. Abschlussbericht zum F + E-Vorhaben 298 67 419, Umweltbundesamt, Berlin.

(12) Egeler, Ph., Meller, M., Schallnaß, H.J., und Gilberg, D. (2006). Validation of a sediment bioaccumulation test with endobenthic aquatic oligochaetes by an international ring test. (Validierung einer Methode zur standardisierten Bioakkumulation mit endobenthischen aquatischen Oligochaeten) Report to the Federal Environmental Agency (Umweltbundesamt Dessau), UBA-FB 202 67 437.

(13) Kelly, J.R., Levine, S.N., Buttel, L.A., Kelly, A.C., Rudnick, D.T., und (1990). Effects of tributyltin within a Thalassia seagrass ecosystem. Estuaries 13, 301-310.

(14) Nendza, M. (1991). QSARs of bioaccumulation: Validity assessment of log Kow/log BCF correlations. In: R. Nagel und R. Loskill (Hrsg.): Bioaccumulation in aquatic systems. Contributions to the assessment. Zusammenfassung des internationalen Workshop, Berlin 1990. VCH, Weinheim

(15) Landrum, P.F., Lee II, H., und Lydy, M.J. (1992). Toxicokinetics in aquatic systems: Model comparisons and use in hazard assessment. Environ. Toxicol. Chem. 11, 1709-1725.

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(18) Kukkonen, J., und Landrum, P.F. (1994). Toxicokinetics and toxicity of sediment-associated Pyrene to Lumbriculus variegatus (Oligochaeta). Environ. Toxicol. Chem. 13, 1457-1468.

(19) Franke, C., Studinger, G., Berger, G., Böhling, S., Bruckmann, U., Cohors-Fresenborg, D., und Jöhncke, U. (1994). The assessment of bioaccumulation. Chemosphere 29, 1501-1514.

(20) OECD (2000). Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. OECD Environment, Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 23.

(21) U.S. EPA (1996). Special Considerations for Conducting Aquatic Laboratory Studies. Ecological effects test guidelines. OPPTS 850.1000. Public Draft. EPA 712-C-96-113. U.S. Environmental Protection Agency.

(22) Die folgenden Kapitel in diesem Anhang:

Kapitel A.4, Dampfdruck

Kapitel A.5, Oberflächenspannung

Kapitel A.6, Wasserlöslichkeit

Kapitel A.8, Verteilungskoeffizient, Schüttelmethode

Kapitel A.24, Verteilungskoeffizient, HPLC-Methode

Kapitel C.7, Abbaubarkeit, Abiotischer Abbau: Hydrolyse in Abhängigkeit vom pH-Wert

Kapitel C.4 A-F, Bestimmung leichter biologischer Abbaubarkeit

Kapitel C.19, Schätzung des Adsorptionskoeffizienten (KOC) im Boden und in Klärschlamm mittels der Hochdruck-Flüssigchromatografie (HPLC).

Kapitel C.29, Leichte biologische Abbaubarkeit — Bestimmung von CO2 in geschlossenen Flaschen (Headspace-Test)

(23) OECD (1996). Direct phototransformation of chemicals in water. OECD-Veröffentlichungen zu Gesundheit und Arbeitsschutz, Reihe „Testing and Assessment“, Nr. 3, OECD, Paris.

(24) Antoine, M.D., Dewanathan, S., und Patonay, G. (1991). Determination of critical micelles concentration of surfactants using a near-infrared hydrophobicity probe. Microchem. J. 43, 165-172.

(25) Beek, B., S. Boehling, U. Bruckmann, C. Franke, U. Joehncke & G. Studinger (2000). The assessment of bioaccumulation. In Hutzinger, O. (Hrsg.), The Handbook of Environmental Chemistry, Vol. 2 Part J (Vol. editor: B. Beek): Bioaccumulation — New Aspects and Developments. Springer-Verlag Berlin Heidelberg: 235-276.

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(33) Kapitel C.1 dieses Anhangs, Akute Toxizität für Fische.

(34) OECD (1992c). Guidelines for Testing of Chemicals No. 210. Fish, Early-life Stage Toxicity Test. OECD, Paris.

(35) Kaster, J.L., Klump, J.V., Meyer, J., Krezoski, J., und Smith, M.E. (1984). Comparison of defecation rates of Limnodrilus hoffmeisteri using two different methods. Hydrobiologia 11, 181-184.

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(40) Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität bei Regenwürmern.

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(64) Brinkhurst, R.O. (1971). A guide for the identification of British aquatic oligochaeta. Freshw. Biol. Assoc., Sci. Publ. No. 22.

(65) Egeler, Ph., Meller, M., Schallnaß, H.J., und Gilberg, D. (2005). Validation of a sediment toxicity test with the endobenthic aquatic oligochaete Lumbriculus variegatus by an international ring test. In Zusammenarbeit mit R. Nagel und B. Karaoglan. Bericht für das Umweltbundesamt Berlin, FKZ 202 67 429.

(66) Aston, R.J., Sadler, K.,und Milner, A.G.P. (1982). The effect of temperature on the culture of Branchiura sowerbyi (Oligochaeta: Tubificidae) on activated sludge. Aquaculture 29, 137-145.

(67) Roghair, C.J., Buijze, A., Huys, M.P.A., Wolters-Balk, M.A.H., Yedema, E.S.E., und Hermens, J.L.M. (1996). Toxicity and toxicokinetics for benthic organisms; II: QSAR for base-line toxicity to the midge Chironomus riparius and the tubificid oligochaete worm Branchiura sowerbyi. RIVM Report 719101026.

(68) Aston, R.J., (1984). The culture of Branchiura sowerbyi (Tubificidae, Oligochaeta) using cellulose substrate. Aquaculture 40, 89-94.

(69) Bonacina, C., Pasteris, A., Bonomi, G., und Marzuoli, D. (1994). Quantitative observations on the population ecology of Branchiura sowerbyi (Oligochaeta, Tubificidae). Hydrobiologia, 278, 267-274.

C.47.   TOXIZITÄTSPRÜFUNG AN FISCHEN IM FRÜHEN ENTWICKLUNGSSTADIUM

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 210 (2013). Mithilfe von Prüfungen an Fischen in frühen Entwicklungsstadien sollen die letalen und subletalen Wirkungen von Chemikalien auf die geprüften Entwicklungsstadien und Tierarten bestimmt werden. Die Prüfungen liefern wertvolle Informationen für die Einschätzung der chronischen letalen und subletalen Wirkungen der Chemikalie auf andere Fischarten.
2.
Die Prüfrichtlinie 210 basiert auf einem Vorschlag des Vereinigten Königreichs, der auf einer Tagung von OECD-Experten im November 1988 in Medmenham (Vereinigtes Königreich) erörtert und 2013 entsprechend den Erfahrungen bei der Anwendung der Prüfung sowie entsprechend den Empfehlungen eines OECD-Workshops über Toxizitätstests an Fischen, der im September 2010 stattfand, aktualisiert wurde (1).

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

3.
Fische in frühen Entwicklungsstadien werden der in Wasser gelösten Prüfchemikalie in einer Reihe von Konzentrationen ausgesetzt. Eine Belastung im Durchflusssystem wird bevorzugt, doch wenn diese nicht möglich ist, ist auch ein semistatisches System möglich. Nähere Informationen sind dem OECD Guidance Document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures zu entnehmen (2). Zu Beginn der Prüfung werden die befruchteten Eier in die Prüfkammern gesetzt. Die Dauer der Prüfung hängt bei jeder Tierart davon ab, wie lange die Kontrollfische brauchen, um ein juveniles Entwicklungsstadium zu erreichen. Die letalen und subletalen Wirkungen werden bewertet und mit den Kontrollwerten verglichen, um die LOEC (niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung) und somit i) die NOEC (Konzentration ohne beobachtete Wirkung) und/oder ii) den ECx-Wert (z. B. EC10, EC20) anhand eines Regressionsmodells zu bestimmen, um zu schätzen, welche Konzentration eine Veränderung der gemessenen Wirkung um x % hervorrufen würde. Die Protokollierung der Konzentrationen und Parameter, bei denen relevante Wirkungen auftreten, hängt vom jeweiligen Rechtsrahmen ab. Die Prüfkonzentrationen sollten die ECx einschließen, damit der ECx-Wert nicht extrapoliert werden muss, sondern durch Interpolation bestimmt werden kann (siehe Definitionen in Anlage 1).

ANGABEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

4.
Mit dem Begriff „Prüfchemikalie“ wird das bezeichnet, was geprüft wird. Die Wasserlöslichkeit (siehe Kapitel A.6) und der Dampfdruck (siehe Kapitel A.4) der Prüfchemikalie sollten bekannt sein, und ein zuverlässiges Analyseverfahren für die Quantifizierung der Prüfchemikalie in den Prüflösungen mit bekannter und dokumentierter Wiederfindungsrate und Bestimmungsgrenze sollte vorhanden sein. Obwohl dies für die Durchführung der Prüfung nicht notwendig ist, können die Ergebnisse einer Prüfung auf akute Toxizität (siehe Kapitel C.1 oder C.49), die vorzugsweise mit den für diese Prüfung gewählten Spezies durchgeführt wurde, nützliche Informationen liefern.
5.
Wenn die Prüfmethode zur Prüfung eines Gemischs angewandt wird, sollte die Zusammensetzung des Gemischs so genau wie möglich charakterisiert werden, z. B. durch Angabe der chemischen Identität, des quantitativen Vorkommens und der stoffspezifischen Eigenschaften der Komponenten (wie oben erwähnt). Bevor die Prüfmethode zur gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung eines Gemischs angewendet wird, sollte geprüft werden, ob sie für solche Zwecke geeignete Ergebnisse liefern kann.
6.
Zu nützlichen Informationen zählen die Strukturformel, die Reinheit des Stoffs, die Wasserlöslichkeit, die Stabilität in Wasser, die Lichtbeständigkeit, pKa, Pow und die Ergebnisse einer Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit (z. B. Kapitel C.4 oder C.29).

VALIDITÄT DER PRÜFUNG

7.
Eine Prüfung wird als valide betrachtet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die Konzentration des gelösten Sauerstoffs sollte während der gesamten Prüfdauer > 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts betragen;
die Wassertemperatur sollte während des Prüfdauer in den verschiedenen Prüfkammern und verschiedenen Zeitpunkten nicht um mehr als ± 1,51 °C schwanken und in den Temperaturbereich liegen, der für die geprüfte Tierart vorgeschrieben ist (Anlage 2);
die Prüfkonzentrationen müssen analytisch bestimmt werden;
die Gesamtüberlebensrate der befruchteten Eier und nach dem Schlüpfen in den Kontrollen und, soweit zutreffend, in den Lösungsmittelkontrollen muss mindestens den in Anlage 2 festgesetzten Grenzwerten entsprechen.
8.
Wird eine geringfügige Abweichung von den Validitätskriterien beobachtet, sollte geprüft werden, welche Folgen dies für die Zuverlässigkeit der Testdaten hat, und diese Erwägungen sollten in den Bericht aufgenommen werden. Wirkungen auf Überleben, Schlupferfolg oder Wachstum in der Lösungsmittelkontrolle im Vergleich zur Negativkontrolle sollten angegeben und im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Testdaten erörtert werden.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfkammern

9.
Es können beliebige Gefäße aus Glas, Edelstahl oder einem anderen chemisch inerten Werkstoff verwendet werden. Da Silikon bekanntermaßen stark absorbierend auf lipophile Stoffe wirkt, sollte die Verwendung von Silikonschläuchen in Durchflussstudien sowie von Silikondichtungen in Kontakt mit Wasser z. B. durch den Einsatz von Aquarien aus Monoblockglas auf ein Minimum reduziert werden. Die Gefäße sollten so bemessen sein, dass ein hinreichendes Wachstum in der Kontrolle, die Erhaltung der Konzentration an gelöstem Sauerstoff (z. B. bei kleinen Fischarten wird dies bei 7 l Fassungsvermögen erreicht) und die Einhaltung der Besatzratenkriterien gemäß Nummer 19 gewährleistet sind. Es wird empfohlen, die Prüfkammern nach dem Zufallsprinzip in dem Prüfbereich anzuordnen. Einem randomisierten Blockkonzept, bei dem jede Behandlung in jedem Block vorhanden ist, einem vollständig randomisierten Konzept vorzuziehen. Die Prüfkammern sollten vor unerwünschten Störungen geschützt werden. Das Testsystem sollte vorzugsweise so lange mit den Konzentrationen der Prüfchemikalie konditioniert werden, dass die Aufrechterhaltung stabiler Expositionskonzentrationen nachgewiesen werden kann, bevor Prüforganismen eingesetzt werden.

Auswahl der Tierart

10.
Empfohlene Fischarten werden in Tabelle 1 genannt. Dies schließt die Verwendung anderer Arten zwar nicht aus, doch ist das Testsystem unter Umständen anzupassen, um geeignete Prüfbedingungen zu schaffen. In diesem Fall sollten die Gründe für die Auswahl der Tierart und der Methode dokumentiert werden.

Haltung der Zuchtfische

11.
Nähere Angaben zur Haltung der Testspezies sind Anlage 3 und den Literaturhinweisen (3) (4) (5) zu entnehmen.

Handhabung von befruchteten Eiern, Embryonen und Larven

12.
Befruchtete Eier, Embryonen und Larven können der Prüfchemikalie anfänglich innerhalb des Hauptgefäßes in kleineren Behältern aus Glas oder Edelstahl ausgesetzt werden, die an den Seiten und Enden mit Sieben versehen sind, damit die Prüflösung durch das Gefäß hindurchfließen kann. Einen wirbelfreien Durchfluss durch diese kleinen Gefäße kann man dadurch herbeiführen, dass man diese an einem Arm aufhängt, der das Gefäß auf- und abbewegt, dabei jedoch die Organismen immer mit der Prüflösung bedeckt hält. Befruchtete Eier von Salmoniden können auf Einschüben oder Gittern gehältert werden, deren Öffnungen groß genug sind, dass die Larven nach dem Schlüpfen hindurchfallen können.
13.
Werden Eierbehälter, Gitter oder Siebe verwendet, um die Eier innerhalb des Hauptprüfgefäßes zu halten, sollten diese Rückhaltevorrichtungen nach dem Schlüpfen der Larven entfernt werden (siehe Leitlinie in Anlage 3); Siebe sollten nur bleiben, um die Larven an der Flucht zu hindern. Müssen die Larven umgesetzt werden, sollten sie nicht der Luft ausgesetzt werden, und es sollten keine Netze verwendet werden, um Fische aus Eierbehältern zu entnehmen. Der Zeitpunkt für diese Umsetzung ist von Art zu Art unterschiedlich und sollte im Bericht dokumentiert werden. Ein Umsetzen ist auch nicht immer erforderlich.

Wasser

14.
Als Testwasser kann jedes beliebige Wasser verwendet werden, in dem die zu prüfende Art über einen längeren Zeitraum überleben und wachsen kann (siehe Anlage 4). Während der gesamten Prüfdauer sollte eine konstante Wasserqualität gewährleistet sein. Um sicherzustellen, dass das Verdünnungswasser das Prüfergebnis nicht übermäßig beeinflusst (beispielsweise durch Komplexierung der Prüfchemikalie) oder sich nachteilig auf die Leistung des Zuchtbestands auswirkt, sollten in Abständen Proben zur Analyse entnommen werden. Bei Verdünnungswasser von bekanntermaßen relativ stabiler Qualität sollten beispielsweise halbjährlich der Gehalt an Schwermetallen (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), größeren Anionen und Kationen (z. B. Ca2+, Mg2+, Na+, K+, Cl-, SO42-), Ammoniak, der Gesamtgehalt an chlorierten Pestiziden, der gesamte organische Kohlenstoff (TOC) und der Schwebstoffgehalt bestimmt werden. Ist bekannt, dass die Wasserqualität schwankt, müssen die Messungen häufiger durchgeführt werden; wie häufig hängt davon ab, wie stark die Qualität schwankt. Einige chemische Merkmale eines akzeptablen Wassers sind in Anlage 4 angegeben.

Prüflösungen

15.
Bei Durchflussprüfungen ist ein System erforderlich, das eine Stammlösung der Prüfchemikalie kontinuierlich abgibt und verdünnt (z. B. Dosierpumpe, Proportionalverdünnungsvorrichtung, Sättigersystem), um den Prüfkammern eine Reihe von Konzentrationen zuzuführen. Die Durchsatzraten der Stammlösung und des Wassers sollten während der Prüfung in Abständen überprüft werden und während der gesamten Prüfung um nicht mehr als 10 % schwanken. Eine Durchsatzrate, die zumindest dem fünffachen Kammervolumen in 24 Stunden entspricht, hat sich als geeignet erwiesen (3). Wenn jedoch die unter Nummer 19 angegebene Besatzrate eingehalten wird, ist eine geringere Durchsatzrate von z. B. 2 bis 3 Prüfkammervolumina möglich, um ein schnelles Entfernen des Futters zu verhindern.
16.
Die Prüflösungen werden durch Verdünnung einer Stammlösung auf die gewünschten Konzentrationen eingestellt. Die Stammlösung sollte vorzugsweise durch einfaches Mischen oder Einrühren der Prüfchemikalie in das Verdünnungswasser mit mechanischen Mitteln (z. B. Rührwerk und/oder Ultraschall) hergestellt werden. Zur Herstellung einer Stammlösung in geeigneter Konzentration können Sättigungssäulen (Löslichkeitssäulen) oder passive Dosierungsmethoden (6) verwendet werden. Die Verwendung von Lösungsmitteln wird nicht empfohlen. Ist jedoch ein Lösungsmittel erforderlich, so sollte parallel eine Lösungsmittelkontrolle mit derselben Konzentration wie bei der Prüfchemikalie geprüft werden, d. h. das Lösungsmittelniveau sollte bei allen Konzentrationen und in der Lösungsmittelkontrolle gleich sein. Bei einigen Verdünnungssystemen kann dies technisch schwierig sein; hier sollte die Lösungsmittelkonzentration in der Lösungsmittelkontrolle der höchsten Lösungsmittelkonzentration in der Behandlungsgruppe entsprechen. Bei schwierig zu prüfenden Stoffen sollte das OECD Guidance Document No. 23 on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures herangezogen werden (2). Falls ein Lösungsmittel verwendet wird, hängt die Wahl von den chemischen Eigenschaften des Stoffs ab. Im OECD Guidance Document No. 23 wird eine Höchstkonzentration von 100 μl/l empfohlen. Um eine potenzielle Wirkung des Lösungsmittels auf die gemessenen Endpunkte zu vermeiden (7), empfiehlt es sich, die Lösungsmittelkonzentration so gering wie möglich zu halten.
17.
Bei einer semistatischen Prüfung können zwei verschiedene Verfahren zur Erneuerung des Prüfmediums eingesetzt werden. Entweder werden neue Prüflösungen in sauberen Gefäßen hergestellt und überlebende Eier und Larven vorsichtig in die neuen Behälter umgesetzt oder die Prüforganismen bleiben in den Prüfgefäßen, während ein Teil (mindestens zwei Drittel) der Prüflösung bzw. des Kontrollvolumens ausgetauscht wird.

DURCHFÜHRUNG DES TESTS

Expositionsbedingungen

Dauer

18.
Die Prüfung sollte sobald wie möglich nach der Befruchtung der Eier beginnen. Die befruchteten Eier sollten vorzugsweise vor Beginn des Blastula Stadium oder sobald wie möglich danach in die Prüflösung eingetaucht werden. Die Dauer der Prüfung ist von der verwendeten Tierart abhängig. Einige Empfehlungen sind Anlage 2 zu entnehmen.

Besatz

19.
Die Anzahl an befruchteten Eiern bei Beginn der Prüfung sollte zur Erfüllung von statistischen Anforderungen hinreichend groß sein. Die Eier sollten nach dem Zufallsprinzip auf die Behandlungen verteilt werden, und je Konzentration sollten mindestens 80 befruchtete Eier, zu gleichen Teilen auf mindestens vier parallele Prüfkammern aufgeteilt, verwendet werden. Die Besatzrate (Biomasse je Volumen an Prüflösung) sollte gering genug sein, dass während des Ei- und Larvenstadiums eine Konzentration an gelöstem Sauerstoff von mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts ohne Belüftung aufrechterhalten werden kann. Bei Durchflussprüfungen wurde eine Besatzrate von nicht mehr als 0,5 g/l Nassgewicht je 24 Stunden und nicht mehr als 5 g/l Lösung zu jeder Zeit empfohlen (3).

Licht und Temperatur

20.
Fotoperiode und Wassertemperatur sind der geprüften Fischart anzupassen (siehe Anlage 2).

Fütterung

21.
Futter und Fütterung sind von entscheidender Bedeutung. Wichtig ist, dass das für jedes Entwicklungsstadium geeignete Futter ab dem richtigen Zeitpunkt und in ausreichender Menge zur Unterstützung eines normalen Wachstums bereitgestellt wird. Die Fütterung sollte bei allen Replikaten ungefähr gleich sein, außer wenn es zur Berücksichtigung der Mortalität angepasst wird. Überschüssiges Futter und Exkremente sollten gegebenenfalls entfernt werden, um eine Anreicherung von Abfällen zu vermeiden. Ausführliche Fütterungspläne sind Anlage 3 zu entnehmen. Doch mit zunehmender Erfahrung sollten Futter und Fütterungspläne zur Optimierung von Überlebensrate und Wachstum kontinuierlich verfeinert werden. Lebendfutter sorgt für eine bessere Ausgestaltung des Lebensumfelds und sollte daher anstelle von oder zusätzlich zu Trockenfutter oder gefrorenem Futter verwendet werden, wenn es für die betreffende Fischart und das jeweilige Entwicklungsstadium geeignet ist.

Prüfkonzentrationen

22.
Normalerweise werden fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie mit mindestens vier Replikaten pro Konzentration und einem konstanten Abstandsfaktor von maximal 3,2 benötigt. Falls Daten über die akute Toxizität vorliegen, die vorzugsweise an derselben Fischart und/oder durch einen Dosisfindungstest ermittelt wurden, sollten sie bei der Wahl des Bereichs an Prüfkonzentrationen berücksichtigt werden (1). Jedoch sollten bei der Wahl des Bereichs an Prüfkonzentrationen alle Informationsquellen berücksichtigt werden, einschließlich Quellen wie z. B. read across, Daten zur akuten Toxizität bei Fischembryonen. Sollen lediglich empirische NOEC-Werte bestimmt werden, kann ein Limit-Test oder ein erweiterter Limit-Test mit weniger als fünf Konzentrationen als endgültiger Test akzeptabel sein. Die Verwendung von weniger als fünf Konzentrationen muss begründet werden. Höhere Konzentrationen der Prüfchemikalie als die LC50 über 96 Stunden oder 10 mg/l, je nachdem, welche Konzentration niedriger ist, müssen nicht geprüft werden.

Kontrollen

23.
Zusätzlich zur Reihe der Prüfchemikalienkonzentrationen sollten eine Verdünnungswasserkontrolle und gegebenenfalls eine Lösungsmittelkontrolle, die nur den Lösungsmittelträger enthält, durchgeführt werden (siehe Nummer 16).

Häufigkeit von Analysen und Messungen

24.
Vor Beginn der Exposition ist sicherzustellen, dass das System zur Verteilung der Chemikalie auf alle Replikate einwandfrei funktioniert (z. B. durch Messung der Prüfkonzentrationen). Die erforderlichen Analysemethoden, einschließlich einer geeigneten Bestimmungsgrenze, sollten festgelegt werden, und die Stabilität der Chemikalie im Prüfsystem muss hinreichend bekannt sein. Zur Beschreibung der Exposition sind die Konzentrationen der Prüfchemikalie während der Prüfung in regelmäßigen Zeitabständen zu bestimmen. Mindestens fünf Bestimmungen sind notwendig. In Durchflusssystemen sollte die Prüfchemikalie mindestens einmal pro Woche in einem Replikat pro Konzentration analysiert werden, wobei systematisch zwischen den Replikaten abzuwechseln ist. Durch zusätzliche Analysen lässt sich die Qualität des Prüfergebnisses häufig verbessern. Es kann erforderlich sein, die Proben zu filtrieren (z. B. mit einer Porengröße von 0,45 μm) oder zu zentrifugieren, um Partikel zu entfernen und sicherzustellen, dass die Bestimmungen an der Prüfchemikalie in echter Lösung vorgenommen werden. Um die Adsorption der Prüfchemikalie zu verringern, sollten die Filter vor der Verwendung gesättigt werden. Werden die gemessenen Konzentrationen nicht innerhalb von 80 bis 120 % der Nominalkonzentration gehalten, so sollten die Konzentrationen, die Wirkungen hervorrufen, bestimmt und im Fall von Durchflussprüfungen im Verhältnis zum arithmetischen Mittel der Konzentration (zur Berechnung des arithmetischen Mittels siehe Anlage 6 der Prüfmethode C.20 (8)) und im Fall von semistatischen Prüfungen im Verhältnis zum geometrischen Mittel der gemessenen Konzentrationen ausgedrückt werden (siehe Kapitel 5 im OECD Guidance Document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures (2)).
25.
Während der Prüfung sind in allen Prüfgefäßen der gelöste Sauerstoff, der pH-Wert und die Temperatur mindestens wöchentlich sowie der Salzgehalt und die Härte, falls relevant, am Anfang und Ende der Prüfung zu messen. Es wird empfohlen, dass die Temperatur in mindestens einem Prüfgefäß kontinuierlich überwacht wird.

Beobachtungen

26.Stadium der Embryonalentwicklung : Das Embryonalstadium zu Beginn der Exposition gegenüber der Prüfchemikalie sollte so genau wie möglich überprüft werden. Dies kann mithilfe einer repräsentativen Probe von Eiern erfolgen, die in geeigneter Form aufbewahrt und gereinigt wurden.
27.Schlüpfen und Überleben

:

Beobachtungen zum Schlüpfen und Überleben sollten zumindest einmal pro Tag erfolgen, und die jeweiligen Zahlen sollten protokolliert werden. Ist in einem frühen Stadium der Embryonalentwicklung Schimmelbefall bei Eiern zu beobachten (z. B. an Tag 1 oder 2 der Prüfung), sollten diese Eier gezählt und entfernt werden. Tote Embryonen, Larven und Jungfische sollten sofort nach Feststellung entfernt werden, da sie sich rasch zersetzen und durch die anderen Fische zerlegt werden können. Bei der Entfernung ist äußerste Sorgfalt angezeigt, um benachbarte Eier/Larven nicht körperlich zu beschädigen. Je nach Fischart und Entwicklungsstadium gelten unterschiedliche Kriterien zur Bestimmung des Todes:

bei befruchteten Eiern: insbesondere in den frühen Stadien ein deutlich erkennbarer Verlust an Lichtdurchlässigkeit und eine Veränderung der Färbung, hervorgerufen durch Gerinnung und/oder Ausfällung von Eiweiß, was zu einem weiß-opaken Aussehen führt;
bei Embryonen, Larven und Jungfischen: fehlende Körperbewegung und/oder fehlende Atembewegung und/oder fehlender Herzschlag und/oder fehlende Reaktion auf mechanische Reize.
28.Abnormes Aussehen : Die Anzahl der Larven oder Jungfische, die eine abnorme Körperform aufweisen, sollte in angemessenen Abständen in Abhängigkeit von der Dauer der Prüfung und der Art der beschriebenen Abnormität protokolliert werden. Zu beachten ist, dass abnorme Larven und Jungfische auch von Natur aus auftreten und bei einigen Arten in der Größenordnung von mehreren Prozent bei den Kontrollen liegen können. Bei so schwerwiegenden Fehlbildungen mit den entsprechenden abnormen Verhaltensweisen, dass der Organismus erheblich leidet und keine Erholung mehr eintritt, kann dieser aus der Prüfung entfernt werden. Solche Tiere sollten getötet und bei der anschließenden Datenanalyse als Sterbefälle behandelt werden. Bei den meisten in dieser Prüfmethode empfohlenen Arten wurde eine normale Embryonalentwicklung dokumentiert (9) (10) (11) (12).
29.Abnormes Verhalten : Abnormitäten, z. B. Hyperventilation, unkoordiniertes Schwimmen, atypische Ruhe und atypisches Fressverhalten, sollten in angemessenen Abständen in Abhängigkeit von der Dauer der Prüfung protokolliert werden (z. B. einmal täglich bei Warmwasserarten). Diese Auswirkungen lassen sich zwar nur schwer quantifizieren, können aber bei der Interpretation von Mortalitätsdaten helfen.
30.Gewicht : Am Ende des Tests werden alle überlebenden Fische mindestens auf Replikatbasis gewogen (wobei die Anzahl der Tiere im Replikat und das mittlere Gewicht pro Tier angegeben wird): das Nassgewicht (trocken getupft) wird bevorzugt, jedoch kann auch das Trockengewicht angegeben werden (13).
31.Länge : Am Ende des Tests wird die Länge der einzelnen Fische gemessen. Empfohlen wird die Messung der Gesamtlänge; kommt es jedoch zu Schwanzflossenfäule oder Flossenerosion, kann die Standardlänge herangezogen werden. Bei allen Fischen in einem bestimmten Test sollte dieselbe Methode angewandt werden. Die Fische können z. B. entweder mit einem Messschieber, einer Digitalkamera oder einem geeichten Okularmikrometer gemessen werden. Die typischen Mindestlängen sind in Anlage 2 festgelegt.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

32.
Der Versuchsplan und die gewählte Statistikmethode sollten eine ausreichende statistische Aussagekraft (mindestens 80 %) besitzen, damit Änderungen von biologischer Bedeutung bei den Endpunkten erkannt werden können, für die eine NOEC anzugeben ist. Die Angabe der Konzentrationen und Parameter, bei denen relevante Wirkungen auftreten, kann vom jeweiligen Rechtsrahmen abhängen. Ist eine ECx anzugeben, sollten der Versuchsaufbau und das gewählte Regressionsmodell es erlauben, die ECx so zu schätzen, dass i) das für die ECx angegebene 95 %-Konfidenzintervall keine Null enthält und nicht übermäßig breit ist, ii) das 95 %-Konfidenzintervall für den vorhergesagten Mittelwert bei der ECx nicht den Mittelwert der Kontrolle enthält, und iii) das Regressionsmodell keinen signifikanten Lack-of-Fit gegenüber den Daten aufweist. Bei beiden Ansätzen muss die prozentuale Änderung bei jedem Endpunkt festgestellt werden, der nachgewiesen oder geschätzt werden muss. Der Versuchsaufbau sollte entsprechend angepasst werden. Wenn die obigen Bedingungen für die Bestimmung der ECx nicht erfüllt sind, sollte der NOEC-Ansatz angewandt werden. Da es unwahrscheinlich ist, dass derselbe Prozentsatz bei allen Endpunkten zutrifft oder dass ein durchführbarer Versuch geplant werden kann, der diese Kriterien bei allen Endpunkten erfüllt, sollte man sich bei der Versuchsplanung auf die Endpunkte konzentrieren, die für den jeweiligen Versuch von Bedeutung sind. Die Flussdiagramme und Leitlinien für die statistische Vorgehensweise bei jedem Ansatz sind den Anlagen 5 und 6 zu entnehmen und können bei der Auswertung der Daten und bei der Wahl der am besten geeigneten statistischen Methode oder des zu verwendenden Modells als Leitlinie herangezogen werden. Es können andere statistische Ansätze angewandt werden, sofern sie wissenschaftlich begründet sind.
33.
Streuungen innerhalb jeder Reihe von Replikaten müssen durch Varianzanalyse oder Kontingenztabellenverfahren analysiert werden, und es müssen geeignete statistische Analysemethoden basierend auf dieser Analyse angewandt werden. Für einen Mehrfachvergleich zwischen den Ergebnissen bei den einzelnen Konzentrationen und den Ergebnissen der Kontrollen werden der Jonckheere-Terpstra-Test (Step-Down) oder der Williams-Test bei kontinuierlichen Wirkungen und der Cochran-Armitage-Test (Step-Down) bei quantalen Wirkungen, die einer monotonen Konzentrations-Wirkungs-Beziehung entsprechen und keine Hinweise auf eine extrabinomiale Varianz zeigen, empfohlen (14). Sind Hinweise auf eine extrabinomiale Varianz vorhanden, wird die Rao-Scott-Abwandlung des Cochran-Armitage-Tests (15) (16) oder der Williams- oder Dunnett-Test (nach einer Arkussinus-Quadratwurzeltransformation) oder der auf Replikatanteile angewandte Jonckheere-Terpstra-Test empfohlen. Entsprechen die Daten keiner monotonen Konzentrations-Wirkungs-Beziehung, können die Dunnett- oder Dunn- oder Mann-Whitney-Methode bei kontinuierlichen Wirkungen und der exakte Test nach Fisher bei quantalen Wirkungen hilfreich sein (14) (17) (18). Bei der Anwendung jeder statistischen Methode oder jedes statistischen Modells muss darauf geachtet werden, dass die Anforderungen der Methode bzw. des Modells erfüllt werden (z. B. Schätzung der Variabilität von Kammer zu Kammer und Berücksichtigung bei der Versuchsplanung oder dem verwendeten Modell). Die Normalität der Daten ist zu bewerten. In Anlage 5 wird angegeben, wie die Residuen einer ANOVA zu behandeln sind. Anlage 6 enthält zusätzliche Erwägungen zum Regressionsansatz. Zur Einhaltung der Anforderungen eines statistischen Tests sollten Transformationen in Betracht gezogen werden. Jedoch erfordern Transformationen, die die Anpassung eines Regressionsmodells ermöglichen, große Sorgfalt, da beispielsweise eine 25 %ige Änderung bei der nicht transformierten Wirkung nicht einer 25 %igen Änderung bei einer transformierten Wirkung entspricht. In allen Analysen bildet die Prüfkammer und nicht der einzelne Fisch die Analyse- und Versuchseinheit, und sowohl die Hypothesentests als auch die Regression sollten dies widerspiegeln (3) (14) (19) (20).

Prüfbericht

34.
Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie:

Einkomponentiger Stoff:

physikalisches Erscheinungsbild, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar usw. (einschließlich des Gehalts an organischem Kohlenstoff, falls zutreffend)

Mehrkomponentiger Stoff, UVCB-Stoffe und Gemische:

so weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten

Geprüfte Fischart:

wissenschaftliche Bezeichnung, Stamm, Herkunft und Art der Sammlung der befruchteten Eier sowie anschließende Handhabung

Prüfbedingungen:

angewandtes Prüfverfahren (z. B. semistatisches oder Durchflussverfahren, Besatz);
Fotoperiode(n);
Testdesign (z. B. Anzahl der Prüfkammern und Replikate, Anzahl an Eiern je Replikat, Material und Größe der Prüfkammer (Höhe, Breite, Volumen), Wasservolumen pro Prüfkammer;
Methode zur Herstellung von Stammlösung und Häufigkeit der Erneuerung (falls verwendet, sind der Lösungsvermittler und seine Konzentration anzugeben);
Methode zur Dosierung der Prüfchemikalie (z. B. Pumpen, Verdünnungssysteme);
Wiederfindungsrate der Methode und nominelle Prüfkonzentrationen, Bestimmungsgrenze, Mittel der gemessenen Werte mit ihren Standardabweichungen in den Prüfgefäßen sowie das Verfahren, durch das diese ermittelt wurden, sowie Nachweise dafür, dass sich die Messungen auf die Konzentrationen der Prüfchemikalie in echter Lösung beziehen;
Eigenschaften des Verdünnungswassers: pH-Wert, Härte, Temperatur, Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Restchlor (falls gemessen), gesamter organischer Kohlenstoff (falls gemessen), Schwebstoffe (falls gemessen), Salzgehalt des Prüfmediums (falls gemessen) sowie alle sonstigen durchgeführten Messungen;
Wasserqualität innerhalb der Prüfgefäße: pH-Wert, Härte, Temperatur und Konzentration des gelösten Sauerstoffs;
ausführliche Angaben zur Fütterung (z. B. Art des Futters, Herkunft, Fütterungsmenge und -häufigkeit).

Ergebnisse, einzeln (oder auf Replikatbasis) sowie als Mittelwert und gegebenenfalls Variationskoeffizient für die folgenden Endpunkte angegeben:

Nachweis, dass die Kontrollen den allgemeinen Standard bezüglich der Annehmbarkeit der Überlebensraten für die geprüfte Art erfüllen (Anlage 2);
Daten zur Mortalität in jedem Stadium (Embryo, Larve und Jungfisch) sowie Gesamtmortalität;
Tage bis zum Schlüpfen, Anzahl der täglich geschlüpften Larven und Ende des Schlüpfens;
Anzahl der gesunden Fische am Ende der Prüfung;
Angaben zur Länge (entweder Standard- oder Gesamtlänge angeben) und zum Gewicht der überlebenden Tiere;
Vorkommen, Beschreibung und Anzahl morphologischer Abnormitäten, soweit zutreffend;
Vorkommen, Beschreibung und Anzahl von Auswirkungen auf das Verhalten, soweit zutreffend;
Ansatz der statistischen Analyse (Regressionsanalyse oder Varianzanalyse) und Auswertung der Daten (angewandter statistischer Test oder angewandtes Modell);
NOEC (No Observed Effect Concentration) für jede bewertete Wirkung;
LOEC (Lowest Observed Effect Concentration) (bei p = 0,05) für jede bewertete Wirkung;
ECx für jede bewertete Wirkung, falls zutreffend, und Konfidenzintervalle (z. B. 90 % oder 95 %) und ein Diagramm des angepassten Modells, das für deren Berechnung benutzt wurde, die Steigung der Konzentrations-Wirkungs-Kurve, die Formel des Regressionsmodells, die geschätzten Modellparameter und deren Standardfehler.

Eine eventuelle Abweichung von der Prüfmethode.

Erörterungen der Ergebnisse, einschließlich etwaiger Einflüsse von Abweichungen von der Prüfmethode auf das Ergebnis der Prüfung.



Tabelle 1

Für die Prüfung empfohlene Fischarten

SÜSSWASSERFLUSSMÜNDUNGS- und SALZWASSER

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle

Cyprinodon variegatus

Edelsteinkärpfling

Pimephales promelas

Dickkopfelritze

Menidia sp.

Silverside

Danio rerio

Zebrabärbling

Oryzias latipes

Japanischer Reiskärpfling Medaka

LITERATURHINWEISE

(1) OECD (2012), Fish Toxicity Testing Framework, Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 171, OECD, Paris.

(2) OECD (2000), Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures, Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment. No. 23, OECD Paris.

(3) ASTM (1988), Standard Guide for Conducting Early Life-Stage Toxicity Tests with Fishes. American Society for Testing and Materials, E 1241-88. 26 ff.

(4) Brauhn, J.L. und R.A. Schoettger (1975), Acquisition and Culture of Research Fish: Rainbow trout, Fathead minnows, Channel catfish and Bluegills, Ecological Research Series, EPA-660/3-75-011, Duluth, Minnesota.

(5) Brungs, W.A. und B.R. Jones (1977), Temperature Criteria for Freshwater Fish: Protocol and Procedures, Ecological Research Series EPA-600/3-77-061, Duluth, Minnesota.

(6) Adolfsson-Erici, et al. (2012), A flow-through passive dosing system for continuously supplying aqueous solutions of hydrophobic chemicals to bioconcentration and aquatic toxicity tests, Chemosphere 86, 593-599.

(7) Hutchinson, T.H. et al. (2006), Acute and chronic effects of carrier solvents in aquatic organisms: A critical review, Aquatic Toxicology, 76, 69-92.

(8) Kapitel C.20, Daphnia magna-Reproduktionstest.

(9) Hansen, D.J. und P.R. Parrish (1977), Suitability of sheepshead minnows (Cyprindon variegatus) for life-cycle toxicity tests, In Aquatic Toxicology and Hazard Evaluation (edited by F.L. Mayer and J.L. Hamelink), ASTM STP 634.

(10) Kimmel, H. B. et al. (1995), Stages of embryonic development of the zebrafish. Developmental Dynamics, 203:253-310.

(11) Gonzalez-Doncel, M. et al. (2005), A quick reference guide to the normal development of Oryzias latipes (Teleostei, Adrinichthydae) Journal of Applied Ichthyology, 20:1-14.

(12) Devlin, E.W. et al. (1996), Prehatching Development of the Fathead Minnow, Pimephales promelas Rafinesque. EPA/600/R-96/079. USEPA, Office of Research and Development, Washington, D.C.

(13) Oris, J.T., S.C. Belanger und A.J. Bailer, (2012), Baseline characteristics and statistical implications for the OECD 210 Fish Early Life Stage Chronic Toxicity Test, Environmental Toxicology and Chemistry 31; 2, 370-376.

(14) OECD (2006). Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application, Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 54, OECD, Paris.

(15) Rao, J.N.K. und A.J. Scott (1992), A simple method for the analysis of clustered binary data, Biometrics 48, 577-585.

(16) Rao, J.N.K. und A.J. Scott (1999), A simple method for analyzing overdispersion in clustered Poisson data, Statistics in Medicine 18, 1373-1385.

(17) Dunnett C.W. (1955), A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control, Journal of American Statistical Association, 50, 1096--1121.

(18) Dunnett C.W. (1964), New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics, 20, 482-491.

(19) Rand, G.M. und S.R. Petrocelli (1985), Fundamentals of Aquatic Toxicology. Hemisphere Publication Corporation, New York.

(20) McClave, J.T., J.H. Sullivan und J.G. Pearson (1980). Statistical Analysis of Fish Chronic Toxicity Test Data, Proceedings of 4th Aquatic Toxicology Symposium, ASTM, Philadelphia.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

ECx : (Konzentration mit einer Wirkung von x %) die Konzentration, die innerhalb einer gegebenen Expositionsdauer im Vergleich zur Kontrolle eine Wirkung von x % auf die Prüforganismen kommt. Eine EC50 beispielsweise ist die Konzentration, bei der davon ausgegangen wird, dass sie bei 50 % einer exponierten Population während einer bestimmten Expositionsdauer eine Wirkung auf einen Endpunkt im Test hat.

Gabellänge : die Länge von der Spitze des Fischmauls bis zum Ende der mittleren Schwanzflossenstrahlen; wird bei Fischen verwendet, bei denen das Ende der Wirbelsäule schwer zu bestimmen ist (www.fishbase.org)

Gesamtlänge :
die Länge von der Spitze des Fischmauls bis zur Spitze des längeren Lappens der Schwanzflosse; wird gewöhnlich mit entlang der Mittellinie zusammengehaltenen Lappen gemessen. Es wird in gerader Linie gemessen, nicht entlang der Körperkrümmung. (www.fishbase.org)
Abbildung 1
Beschreibung der verschiedenen verwendeten Längen

IUPAC : International Union of Pure and Applied Chemistry.

Lowest observed effect concentration (LOEC) : die niedrigste geprüfte Konzentration einer Prüfchemikalie, bei der sich im Vergleich zur Kontrolle eine signifikante Wirkung beobachten lässt (bei p < 0,05). Alle Prüfkonzentrationen oberhalb der LOEC müssen jedoch eine schädigende Wirkung haben, die den bei der LOEC beobachteten Wirkungen entspricht oder größer ist. Können diese beiden Bedingungen nicht erfüllt werden, muss ausführlich erklärt werden, wie die LOEC (und damit auch die NOEC) ausgewählt wurde. Weitere Hinweise sind den Anlagen 5 und 6 zu entnehmen.

No observed effect concentration (NOEC) : die Prüfkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC, die im Vergleich zur Kontrolle innerhalb eines angegebenen Expositionszeitraums keine statistisch signifikante Wirkung (p < 0,05) hat.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

SMILES : Simplified Molecular Input Line Entry Specification.

Standardlänge : die Länge eines Fisches, gemessen von der Spitze des Fischmauls bis zum hinteren Ende des letzten Wirbels oder bis zum hinteren Ende des mittellateralen Teils der Hypuralplatte. Einfach ausgedrückt, wird bei diesem Maß die Schwanzflosse nicht mitgemessen (www.fishbase.org)

UVCB-Stoffe : Stoffe mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

Anlage 2

PRÜFBEDINGUNGEN, DAUER UND ÜBERLEBENSKRITERIEN FÜR EMPFOHLENE FISCHARTEN



FISCHARTPRÜFBEDINGUNGENEMPFOHLENE TESTPRÜFDAUERTypische mittlere Mindestgesamtlänge der Kontrollfische am Ende der Prüfung (mm) (1)ÜBERLEBENSRATE IN DER KONTROLLE (Minimum)
Temperatur (°C)Salzgehalt (0/00)Fotoperiode (Std.)SchlupferfolgNach dem Schlüpfen
Süßwasser

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle

10 ± 1,5 (2)12 - 16 (4)2 Wochen nach freiem Fressen der Kontrollfische (oder 60 Tage nach Schlüpfen)4075 %75 %

Pimephales promelas

Dickkopfelritze Fathead minnow

25 ± 1,51632 Tage ab Beginn des Tests (oder 28 Tage nach dem Schlüpfen)1870 %75 %

Danio rerio

Zebrabärbling

26 ± 1,512 - 16 (4)30 Tage nach dem Schlüpfen1170 %75 %

Oryzias latipes

Japanischer Reiskärpfling Medaka

25 ± 212 - 16 (3)30 Tage nach dem Schlüpfen1780 %80 %
Flussmündungswasser und Salzwasser

Cyprinodon variegatus

Edelsteinkärpfling Sheepshead minnow

25 ± 1,515-35 (5)12 - 16 (4)32 Tage ab Beginn des Tests (oder 28 Tage nach dem Schlüpfen)1775 %80 %
Menidia sp.22 - 2515-35 (5)1328 Tage2080 %60 %

(1)   Die typische mittlere Mindestgesamtlänge ist zwar kein Validitätskriterium, jedoch sollten Abweichungen unterhalb des angegeben Werts sorgfältig im Hinblick auf die Empfindlichkeit der Prüfung untersucht werden. Die mittlere Mindestgesamtlänge wird von einer Auswahl der zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegenden Daten abgeleitet.

(2)   Der jeweils geprüfte Regenbogenforellenstamm muss möglicherweise bei anderen Temperaturen gehalten werden. Der Zuchtbestand muss bei derselben Temperatur gehalten werden wie die Eier. Nach Erhalt der Eier von einem kommerziellen Züchter ist nach dem Eintreffen eine kurze Anpassung (z. B. 1-2 Stunden) an die Prüftemperatur notwendig.

(3)   Dunkelheit für Larven bis eine Woche nach dem Schlüpfen, außer wenn sie überprüft werden, dann gedämpfte Beleuchtung während der gesamten Prüfung (12-16 Stunden Fotoperiode) (4).

(4)   Bei gegebenen Prüfbedingungen sollten die Lichtverhältnisse konstant sein.

(5)   Darf bei keiner Prüfung um mehr als ± 2 0/00 schwanken.

Anlage 3

LEITLINIE ZUR FÜTTERUNG UND HANDHABUNG VON ZUCHT- UND PRÜFTIEREN DER EMPFOHLENEN ARTEN



FISCHARTFUTTER (*1)UMSETZZEIT-PUNKT NACH DEM SCHLÜPFENZEIT BIS ZUR ERSTEN FÜTTERUNG
ZuchtfischeFrisch geschlüpfte LarvenJungfische
TypHäufigkeit
Süßwasser:

Oncorhynchus mykiss

Regenbogenforelle

Forellenfutterkein Futter ()Startfutter für Regenbogenforellen, BSN2-4 Fütterungen pro Tag14-16 Tage nach dem Schlüpfen oder beim Aufschwimmen (fakultativ)19 Tage nach dem Schlüpfen oder beim Aufschwimmen

Pimephales promelas

Dickkopfelritze

BSN, Flockenfutter, FBSBSNBSN48, Flockenfutter2-3-mal täglichbei Schlupfrate von 90 %2 Tage nach dem Schlüpfen

Danio rerio

Zebrabärbling

BSN, FlockenfutterHandelsübliches Larvenfutter, Protozoa (), Protein ()BSN48, Flockenfutter,BSN einmal täglich; Flockenfutter 2-mal täglichbei Schlupfrate von 90 %2 Tage nach dem Schlüpfen

Oryzias latipes

Japanischer Reiskärpfling

FlockenfutterBSN, Flockenfutter (oder Protozoa oder Rädertierchen)BSN48, Flockenfutter (oder Rädertierchen)BSN einmal täglich; Flockenfutter 2-mal täglich oder Flockenfutter und Rädertierchen einmal täglichnicht zutreffend6-7 Tage nach dem Laichen
Flussmündungs- und Salzwasser:

Cyprinodon variegatus

Edelsteinkärpfling

BSN, Flockenfutter, FBSBSNBSN482-3 Fütterungen pro Tagnicht zutreffend1 Tag nach dem Schlüpfen/Aufschwimmen

Menidia sp.

Gezeiten-Ährenfisch

BSN48, FlockenfutterBSNBSN482-3 Fütterungen pro Tagnicht zutreffend1 Tag nach dem Schlüpfen/Aufschwimmen

(*1)   Futter sollte bis zur Sättigung gegeben werden. Überschüssiges Futter und Exkremente sollten erforderlichenfalls entfernt werden, um eine Ansammlung von Abfällen zu vermeiden.

(1)   Larven mit Dottersack benötigen kein Futter

(2)   filtriert aus gemischter Kultur

(3)   Granulate aus Fermentationsprozess

FBS Frozen Brine Shrimps (gefrorene Artemia), adulte Artemia sp

BSN Brine Shrimp Nauplii (Artemianauplien), frisch geschlüpft

BSN48 Brine Shrimp Nauplii (Artemianauplien), 48 Stunden alt

Anlage 4

CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN EINES GEEIGNETEN VERDÜNNUNGSWASSSERS



KomponenteHöchstkonzentration
Partikel5 mg/l
Gesamter organischer Kohlenstoff2 mg/l
Nicht ionisierter Ammoniak1 μg/l
Restchlor10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden und polychlorierten Biphenylen50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor25 ng/l
Aluminium1 μg/l
Arsen1 μg/l
Chrom1 μg/l
Cobalt1 μg/l
Kupfer1 μg/l
Eisen1 μg/l
Blei1 μg/l
Nickel1 μg/l
Zink1 μg/l
Cadmium100 ng/l
Quecksilber100 ng/l
Silber100 ng/l

Anlage 5

LEITLINIE FÜR DIE STATISTISCHE ANALYSE DER NOEC-BESTIMMUNG

Allgemeines

Analyseeinheit ist das Replikatgefäß. Bei kontinuierlichen Messungen, wie z. B. Größe, sollte der Mittelwert oder Median der Replikate berechnet werden, und diese Replikatwerte sind die zu analysierenden Daten. Die Aussagekraft der durchgeführten Prüfungen sollte nachgewiesen werden, vorzugsweise auf der Grundlage einer historischen Datenbank für jedes Labor. Die Größenordnung der Wirkung, die bei einer statistischen Aussagekraft von 75-80 % festgestellt wird, sollte für jeden Endpunkt bei dem zu verwendenden statistischen Test angegeben werden.

In den Datenbanken, die zum Zeitpunkt der Entwicklung dieser Prüfmethode verfügbar sind, ist die Aussagekraft, die im Rahmen der empfohlenen statistischen Verfahren möglich ist, angegeben. Ein Labor sollte nachweisen, dass es diese geforderte statistische Aussagekraft erreichen kann, indem es entweder eine eigene Analyse der Teststärke anstellt oder nachweist, dass der Variationskoeffizient (VK) bei jeder Wirkung nicht über dem 90. Perzentil der bei der Ausarbeitung der Prüfrichtlinie herangezogenen Variationskoeffizienten liegt. Diese Variationskoeffizienten sind in Tabelle 1 angegeben. Sind nur Replikat-Mittelwerte oder -Mediane verfügbar, kann der Variationskoeffizient innerhalb der Replikate ignoriert werden.



Tabelle 1

90. Perzentil der Variationskoeffizienten für ausgewählte Süßwasserarten

SpeziesWirkungVK_zwischen ReplikatenVK_innerhalb von Replikaten
RegenbogenforelleLänge17,49,8
Gewicht10,128
DickkopfelritzeLänge16,913,5
Gewicht11,738,7
ZebrabärblingLänge43,711,7
Gewicht11,932,8

Bei fast allen statistischen Tests zur Bewertung von Labor-Toxizitätsstudien geht es um den Vergleich zwischen Behandlungsgruppen und Kontrollen. Aus diesem Grund ist es nicht angezeigt, vor einem Dunnett- oder Williams-Test einen statistisch signifikanten ANOVA-F-Test oder vor einem Jonckheere-Terpstra-, Mann-Whitney- oder Dunn-Test einen statistisch signifikanten Kruskal-Wallis-Test zu verlangen (Hochberg und Tamhane 1987, Hsu 1996, Dunnett 1955, 1964, Williams 1971, 1972, 1975, 1977, Robertson et al. 1988, Jonckheere 1954, Dunn 1964).

Der Dunnett-Test beinhaltet eine integrierte Multiplizitätsanpassung, und durch die Anwendung des F-Tests als Referenz werden die Falsch-Positiv- und Falsch-Negativ-Raten negativ beeinflusst. Ebenso erhalten der Williams- (Step-Down) und Jonckheere-Terpstra-Test unter Verwendung eines Signifikanzwerts von 0,05 bei jedem Schritt eine Falsch-Positiv-Rate von insgesamt 5 %, wobei diese Rate und die Aussagekraft der Tests durch Verwendung des F-Tests oder Kruskal-Wallis-Tests als Referenz negativ beeinflusst werden. Der Mann-Whitney- und Dunn-Test müssen hinsichtlich der Multiplizität angepasst werden und die Bonferroni-Holm-Korrektur wird empfohlen.

Im Dokument OECD (2006) ist eine ausführliche Erörterung der meisten Empfehlungen zur Hypothesentestung und zur Überprüfung der diesen Tests zugrunde liegenden Annahmen sowie eine umfassende Bibliographie zu finden.

Behandlung der Kontrollen bei Verwendung eines Lösungsmittels

Wird ein Lösungsmittel verwendet, sollte sowohl eine Verdünnungswasserkontrolle als auch eine Lösungsmittelkontrolle einbezogen werden. Die beiden Kontrollen sollten in Bezug auf jede Wirkung verglichen und für die statistische Analyse miteinander kombiniert werden, falls kein signifikanter Unterschied zwischen ihnen festgestellt wird. Ansonsten sollte die Lösungsmittelkontrolle für die NOEC-Bestimmung oder ECx-Schätzung verwendet und die Verdünnungswasserkontrolle nicht verwendet werden. Siehe Einschränkung der Validitätskriterien (Nummer 7).

Für Länge, Gewicht, Anteil an ausgeschlüpften Eiern, Larvenmortalität oder abnorme Larven sowie den ersten oder letzten Schlüpf- oder Aufschwimmtag sollten die Verdünnungswasserkontrolle und die Lösungsmittelkontrolle unter Verwendung eines Signifikanzwerts von 0,05 mit einem T-Test oder Mann-Whitney-Test verglichen werden, wobei alle Behandlungsgruppen außer Acht gelassen werden. Die Ergebnisse dieser Tests sollten angegeben werden.

Größenmessungen (Länge und Gewicht)

Die einzelnen Fischlängen- und Fischgewichtswerte können normalverteilt oder logarithmisch normalverteilt sein. In beiden Fällen tendieren die Mittelwerte der Replikate zu einer Normalverteilung entsprechend dem Zentralen Grenzwertsatz, was durch Daten aus mehr als 100 ELS-Studien an drei Süßwasserarten bestätigt wurde. Wenn die Daten oder historischen Datenbanken auf eine logarithmische Normalverteilung bei individuellen Fischgrößenwerten hindeuten, kann der mittlere Logarithmus der Replikate der einzelnen Fischwerte berechnet werden, und die Daten für die Analyse können dann die Antilogarithmen dieser mittleren Logarithmen der Replikate sein.

Die Daten sollten auf Übereinstimmung mit einer Normalverteilung und die Einhaltung der Varianzhomogenität überprüft werden. Zu diesem Zweck sollten die Residuen eines ANOVA-Modells mit der Konzentration als einzige erläuternde Variable verwendet werden. Die visuelle Bestimmung anhand von Streudiagrammen und Histogrammen oder Stamm-Blatt-Diagrammen stellt ebenfalls eine Möglichkeit dar. Alternativ kann ein formaler Test wie z. B. Shapiro-Wilk oder Anderson-Darling durchgeführt werden. Die Einhaltung der Varianzhomogenität kann anhand einer visuellen Überprüfung desselben Streudiagramms oder formal durch einen Levene-Test bewertet werden. Nur parametrische Tests (z. B. Williams, Dunnett) müssen hinsichtlich Normalität oder Varianzhomogenität bewertet werden.

Etwaige Ausreißer und deren Auswirkung auf die Analyse sollten beachtet werden. Der Ausreißertest nach Tukey und die visuelle Überprüfung der oben beschriebenen Residuendiagramme können herangezogen werden. Ferner ist zu beachten, dass es sich bei Beobachtungen um ganze Replikate handelt, sodass ein Ausreißer nur nach sorgfältiger Abwägung in der Analyse unberücksichtigt bleiben sollte.

Die statistischen Tests, bei denen die Merkmale des Versuchsplans und die biologischen Erwartungen genutzt werden, sind Step-Down-Trendtests, wie z. B. Williams und Jonckheere-Terpstra. Bei den Tests wird von einer monotonen Konzentrations-Wirkungs-Beziehung ausgegangen, und die Daten sollten auf Übereinstimmung mit dieser Annahme überprüft werden. Dies kann visuell anhand eines Streudiagramms der Replikat-Mittelwerte im Verhältnis zur Prüfkonzentration erfolgen. Dieses Streudiagramm sollte mit einem linearen Diagramm überlagert werden, bei dem die nach Replikatprobengröße gewichteten Konzentrationsmittelwerte miteinander verbunden werden. Eine starke Abweichung dieses linearen Diagramms von der Monotonie würde darauf hindeuten, dass möglicherweise andere Tests als Trendtests verwendet werden sollten. Alternativ können formale Tests verwendet werden. Bei einem einfachen linearen Test werden die linearen und quadratischen Kontraste der Konzentrationsmittelwerte berechnet. Wenn der quadratische Kontrast signifikant und der lineare Kontrast nicht signifikant ist, deutet dies auf ein mögliches Monotonieproblem hin, das anhand von Diagrammen näher untersucht werden sollte. Wenn Normalität oder Varianzhomogenität möglicherweise ein Problem darstellen, können diese Kontraste aus in Rangfolge transformierten Daten abgeleitet werden. Alternative Verfahren wie beispielsweise der Monotonietest nach Bartholomew können zwar verwendet werden, erhöhen aber die Komplexität.

Abbildung 2

NOEC-Flussdiagramm für Größenmessungen (Länge und Gewicht)

Die NOEC wird durch eine Step-Down-Anwendung des Williams- oder Jonckheere-Terpstra-Tests bestimmt, außer wenn die Daten die Anforderungen dieser Tests nicht erfüllen. Nähere Informationen über diese Verfahren sind OECD (2006) zu entnehmen. Bei Daten, die die Anforderungen eines Step-Down-Trendtests nicht erfüllen, kann der Dunnett- oder der Tamhane-Dunnett-Test (T3) angewandt werden, die beide Anpassungen hinsichtlich der Multiplizität enthalten. Bei diesen Tests wird von Normalität und im Fall von Dunnett von Varianzhomogenität ausgegangen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, kann der nichtparametrische Test nach Dunn angewandt werden. Nähere Informationen zu all diesen Tests sind OECD (2006) zu entnehmen. Abbildung 2 zeigt eine Übersicht als Entscheidungshilfe für die Wahl des am besten geeigneten Tests.

Schlupferfolg und Überlebensrate der Larven

Die Daten beziehen sich auf die Anteile an ausgeschlüpften Eiern oder an überlebenden Larven in den einzelnen Replikaten. Diese Anteile sollten in Bezug auf extrabinomiale Varianz überprüft werden, die bei solchen Messungen zwar üblich ist, aber nicht generell auftritt. Das Flussdiagramm in Abbildung 3 dient als Orientierung für die Auswahl des Tests; ausführliche Beschreibungen sind dem Text zu entnehmen.

Im Allgemeinen kommen zwei Tests zur Anwendung. Hierbei handelt es sich um den Tarone-C(α)-Test (Tarone, 1979) und den Chi-Quadrat-Test, die jeweils separat bei jeder Prüfkonzentration angewandt werden. Wird auch in nur einer Prüfkonzentration extrabinomiale Varianz festgestellt, dann sollten dementsprechende Methoden angewandt werden.

Formel 1

Tarone-C(α)-Test (Tarone 1979)

Hierbei gilt: ̂p ist der mittlere Anteil bei einer bestimmten Konzentration, m ist die Anzahl der Replikatgefäße, nj ist die Anzahl der Versuchssubjekte in Replikat j und xj ist die Anzahl der reagierenden Versuchssubjekte in diesem Replikat, z. B. nicht geschlüpft oder tot. Der Test wird auf jede Konzentration separat angewandt. Dieser Test kann als angepasster Chi-Quadrat-Test angesehen werden, jedoch haben von Tarone durchgeführte Limited-Power-Simulationen gezeigt, dass er eine stärkere Aussagekraft besitzt als ein Chi-Quadrat-Test.

Abbildung 3

NOEC-Flussdiagramm für Schlupferfolg und Larvenmortalität

Gibt es keine signifikanten Hinweise auf eine extrabinomiale Varianz, kann der Cochran-Armitage-Test (Step-Down) angewandt werden. Bei diesem Test werden Replikate ignoriert. Wenn daher solche Hinweise vorliegen, wird die Rao-Scott-Anpassung des Cochran-Armitage-Tests (RSCA) empfohlen, bei der Replikate, Replikatgrößen und extrabinomiale Varianz berücksichtigt werden. Zu alternativen Tests zählen die Williams- und Jonckheere-Terpstra-Tests (Step-Down) sowie der Dunnett-Test, wie bei den Größenmessungen beschrieben. Diese Tests gelten unabhängig davon, ob eine extrabinomiale Varianz vorliegt oder nicht, besitzen aber eine etwas geringere Aussagekraft (Agresti 2002, Morgan 1992, Rao und Scott 1992, 1999, Fung et al. 1994, 1996).

Erster oder letzter Schlüpf- oder Aufschwimmtag

Das Ergebnis ist eine ganze Zahl, die den Versuchstag angibt, an dem die betreffende Beobachtung bei einem bestimmten Replikatgefäß festgestellt wird. Der Wertebereich ist im Allgemeinen sehr begrenzt und umfasst häufig hohe Anteile von verbundenen Werten, z. B. in der Form, dass der erste Schlüpftag in allen Kontrollreplikaten und vielleicht in ein oder zwei der niedrigen Prüfkonzentrationen identisch ist. Parametrische Tests wie z. B. der Williams- und der Dunnett-Test sind für solche Daten ungeeignet. Außer wenn Hinweise auf eine erhebliche Nicht-Monotonie vorliegen, ist der Jonckheere-Terpstra-Test (Step-Down) ein leistungsfähiges Instrument, um die Wirkungen der Prüfchemikalie nachzuweisen. Ansonsten kann der Dunn-Test angewandt werden.

Abnormitäten von Larven

Das Ergebnis ist die Anzahl an Larven, bei denen irgendeine Art von Abnormität festgestellt wird. Die Inzidenz ist häufig gering. Außerdem zeigen sich z. T. die gleichen Probleme wie beim ersten Schlüpftag sowie eine unregelmäßige Konzentrations-Wirkungs-Beziehung. Wenn die Daten zumindest grob einen monotonen Verlauf der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung ergeben, stellt der Jonckheere-Terpstra-Test (Step-Down) ein leistungsfähiges Instrument zum Nachweis der Wirkungen dar. Andernfalls kann der Dunn-Test angewandt werden.

LITERATURHINWEISE

Agresti, A. (2002); Categorical Data Analysis, zweite Auflage, Wiley, Hoboken.

Dunnett C.W. (1955); A multiple comparison procedure for comparing several treatments with a control, J. American Statistical Association 50, 1096-1121.

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Dunnett C.W. (1964); New tables for multiple comparisons with a control, Biometrics 20, 482-491.

Fung, K.Y., D. Krewski, J.N.K. Rao, A.J. Scott (1994); Tests for Trend in Developmental Toxicity Experiments with Correlated Binary Data, Risk Analysis 14, 639-648.

Fung, K.Y, D. Krewski, R.T. Smythe (1996); A comparison of tests for trend with historical controls in carcinogen bioassay, Canadian Journal of Statistics 24, 431-454.

Hochberg, Y. und A. C. Tamhane (1987); Multiple Comparison Procedures, Wiley, New York.

Hsu, J.C. (1996); Multiple Comparisons: Theory and Methods; Chapman and Hall/CRC Press, Boca Raton.

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Morgan, B.J.T. (1992); Analysis of Quantal Response Data, Chapman and Hall, London.

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Rao J.N.K. und Scott A.J. (1992) — A simple method for the analysis of clustered binary data, Biometrics 48, 577-585.

Rao J.N.K. und Scott A.J. (1999) — A simple method for analyzing overdispersion in clustered Poisson data, Statistics in Medicine 18, 1373-1385.

Robertson T., Wright F.T. und Dykstra R.L. (1988); Order restricted statistical inference, Wiley.

Tarone, R.E. (1979); Testing the goodness of fit of the Binomial distribution, Biometrika 66, 585-590.

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Williams D.A. (1972); The comparison of several dose levels with a zero dose control, Biometrics 28, 519-531.

Williams D.A. (1975); The Analysis of Binary Responses from Toxicological Experiments Involving Reproduction and Teratotlogy, Biometrics 31, 949-952.

Williams D.A. (1977); Some inference procedures for monotonically ordered normal means, Biometrika 64, 9-14.

Anlage 6

LEITLINIE FÜR STATISTISCHE REGRESSIONSANALYSEN

Allgemeines

Die zur Anpassung eines Modells verwendeten Beobachtungen sind die Mittelwerte von Länge und Gewicht je Replikat oder der Anteile ausgeschlüpfter Eier und toter Larven in jedem Replikat (OECD 2006).

Im Allgemeinen wird eine gewichtete Regression unter Verwendung der Replikat-Probengröße als Gewichtung empfohlen. Jedoch sind auch andere Gewichtungen möglich, wie z. B. die Gewichtung nach vorhergesagter mittlerer Wirkung oder eine Kombination dieser Gewichtung mit der Gewichtung nach Replikat-Probengröße. Von der Gewichtung mit dem Kehrwert der Varianz in der Probe bei einer bestimmten Konzentration wird abgeraten (Bunke et al. 1999, Seber and Wild, 2003, Motulsky und Christopoulos 2004, Huet et al. 2003).

Bei der Transformation der Wirkungen vor der Analyse sollte die Unabhängigkeit der Beobachtungen erhalten bleiben. Ferner sollten die ECx und die Grenzen ihres Konfidenzintervalls in den ursprünglichen und nicht in den transformierten Maßeinheiten ausgedrückt werden. Beispielsweise entspricht eine 20 %ige Änderung des Logarithmus der Länge nicht einer 20 %igen Änderung der Länge (Lyles et al. 2008, Draper und Smith 1999).

Das Flussdiagramm in Anlage 4 zeigt einen Überblick über die ECx-Schätzungen. Die Einzelheiten werden nachfolgend beschrieben.

Abbildung 4

Flussdiagramm für die Schätzung der ECx für die mittlere Länge, das mittlere Gewicht und den mittleren Anteil an geschlüpften Eiern oder toten Larven je Replikat (Erläuterungen im Text)

Erwägungen zum Schlüpfe n der Eier und zur Larvenmortalität

Im Hinblick auf das Schlüpfen der Eier und die Larvenmortalität empfiehlt sich normalerweise die Anpassung eines Modells mit abnehmendem Kurvenverlauf, außer wenn wie nachfolgend beschrieben ein Probit-Modell angepasst wird. Das heißt, dass der Anteil an Eiern, die nicht schlüpfen, oder an Larven, die sterben, modelliert werden sollte. Der Grund hierfür liegt darin, dass die ECx eine Konzentration ist, bei der eine Änderung auftritt, die x % der mittleren Wirkung der Kontrolle entspricht. Wenn 5 % der Kontrolleier nicht schlüpfen und das Nichtschlüpfen modelliert wird, dann bezeichnet die EC20 eine Konzentration, bei der eine Änderung von 20 % der 5 % nicht geschlüpften Kontrolleier auftritt, d. h. eine Änderung von 0,2 × 0,05 = 0,01 oder um 1 Prozentpunkt auf 6 % nicht geschlüpfte Eier. Eine solch geringfügige Änderung kann anhand der verfügbaren Daten nicht sinnvoll geschätzt werden und ist biologisch ohne Bedeutung. Würde hingegen der Anteil an geschlüpften Eiern modelliert, so würde der Anteil in den Kontrollen in diesem Beispiel 95 % betragen, und eine 20 %ige Verringerung gegenüber dem Mittelwert der Kontrolle würde eine Änderung von 0,95 × 0,2 = 0,18 bedeuten, d. h. der Schlupferfolg würde von 95 % auf 77 % (= 95-18) zurückgehen. Die Konzentration, bei der diese Wirkung auftritt, kann bestimmt werden und wäre vermutlich von größerem Interesse. Bei Größenmessungen tritt dieses Problem nicht auf, wenngleich nachteilige Auswirkungen auf die Größe im Allgemeinen eine Verringerung der Größe bedeuten.

Modelle für Größe (Länge oder Gewicht) und Schlupferfolg oder Überlebensrate der Larven

Abgesehen vom Hormesis-Modell von Brain-Cousens werden all diese Modelle in OECD (2006) beschrieben und empfohlen. Die Modelle OECD 2 bis 5 werden auch für die Ökotoxiziätsversuche in Slob (2002) erläutert. Selbstverständlich gibt es zahlreiche andere Modelle, die sinnvoll sein könnten. In Bunke et al. (1999) werden zahlreiche Modelle aufgeführt, die hier nicht genannt sind, und es gibt zahlreiche Verweise auf andere Modelle. Die nachfolgend aufgeführten Modelle werden als besonders geeignet für Ökotoxiziätsversuche empfohlen und häufig verwendet.

Bei fünf Prüfkonzentrationen plus Kontrolle

Bruce-Versteeg
Einfach exponentiell (OECD 2)
Exponentiell mit Formparameter (OECD 3)
Einfach exponentiell mit Untergrenze (OECD 4)

Bei sechs oder mehr Prüfkonzentrationen plus Kontrolle

Exponential mit Formparameter und Untergrenze (OECD 5)
Michaelis-Menten
Hill

Wenn sichtbare Anzeichen von Hormesis vorhanden sind (unwahrscheinlich bei Schlupferfolg oder Überleben der Larven, jedoch manchmal bei Größenbeobachtungen festzustellen)

Brain-Cousens Hormetic; Brain und Cousens (1989)

Alternative Modelle für nicht geschlüpfte Eier und Larvenmortalität

Liegen keine Hinweise auf extrabinomiale Varianz vor, können Modelle mit ansteigendem Kurvenverlauf für diese Wirkungen durch (logistische) Probit-Modelle angepasst werden; die Inzidenz der Kontrolle wird in der Modellanpassung geschätzt. Dies ist nicht die bevorzugte Methode, da das Individuum und nicht das Replikat als Analyseeinheit ausgewertet wird (Morgan 1992, O'Hara Hines und Lawless 1993, Collett 2002, 2003).

Anpassungsgüte eines einzelnen Modells

Visueller Vergleich der beobachteten und der vorhergesagten prozentualen Abnahme bei jeder Prüfkonzentration (Motulsky und Christopoulos 2004, Draper und Smith 1999).
Vergleich des mittleren Fehlerquadrats der Regression mit dem reinen mittleren Fehlerquadrat anhand eines F-Tests (Draper und Smith 1999).
Überprüfung, ob jeder Term in dem Modell signifikant von Null abweicht (d. h. Bestimmung, ob alle Modellterme wichtig sind) (Motulsky and Christopoulos 2004).
Diagramme der Residuen aus der Regression im Verhältnis zur Prüfkonzentration, eventuell auf einer logarithmischen Skala der Konzentration. Dieses Diagramm sollte kein Muster ergeben; die Punkte sollten zufällig um eine waagerechte Linie auf Nullhöhe verstreut sein.
Die Daten sollten wie in Anlage 5 beschrieben hinsichtlich Normalität und Varianzhomogenität bewertet werden.
Darüber hinaus sollte die Normalität der Residuen des Regressionsmodells anhand der Methoden, die in Anlage 5 für die Residuen der ANOVA beschrieben werden, bewertet werden.

Vergleich der Modelle

Anwendung der AICc-Werte nach Akaike. Kleinere AICc-Werte bedeuten eine höhere Anpassungsgüte, und wenn AICc(B) — AICc(A) ≥ 10, ist Modell A mit ziemlicher Sicherheit besser als Modell B (Motulsky und Christopoulos (2004)).
Visueller Vergleich der beiden Modelle in Bezug darauf, inwieweit sie die obigen Modellkriterien erfüllen.
Es wird empfohlen, das Sparsamkeitsprinzip anzuwenden, wobei das einfachste Modell, das den Daten hinreichend gut entspricht, verwendet werden sollte (Ratkowsky 1993, Lyles et al., 2008).

Qualität der ECx-Bestimmung

Das Konfidenzintervall für die ECx sollte nicht zu breit sein. Es ist statistisches Urteilsvermögen erforderlich, um zu entscheiden, wie breit das Konfidenzintervall sein darf, damit die ECx noch nützlich ist. Simulationen von Regressionsmodellen mit Anpassung an Daten zu Schlupferfolg und Größe zeigen, dass etwa 75 % der Konfidenzintervalle für die ECx (x=10, 20 oder 30) höchstens zwei Prüfkonzentrationen umfassen. Dies liefert eine Leitlinie dafür, was akzeptabel und erreichbar ist. Zahlreiche Autoren bekräftigen, dass für alle Modellparameter Konfidenzintervalle angegeben werden müssen und dass breite Konfidenzintervalle bei Modellparametern auf inakzeptable Modelle schließen lassen (Ott und Longnecker 2008, Alvord und Rossio 1993, Motulsky und Christopoulos 2004, Lyles et al. 2008, Seber and Wild 2003, Bunke et al. 1999, Environment Canada 2005).

Das Konfidenzintervall der ECx (oder jedes anderen Modellparameters) sollte nicht Null enthalten (Motulsky and Christopoulos 2004). Dies ist die Regression, die dem signifikanten Mindestunterschied entspricht, der häufig in Hypothesentestungsansätzen angeführt wird (z. B. Wang et al. 2000). Dies entspricht ferner dem Konfidenzintervall für die mittleren Wirkungen bei der LOEC, wobei der Mittelwert der Kontrolle nicht darin enthalten ist. Es stellt sich die Frage, ob die Schätzungen der Parameter wissenschaftlich plausibel sind. Wenn z. B. das Konfidenzintervall für y0 ± 20 % beträgt, ist keine EC10-Schätzung plausibel. Wenn das Modell eine 20 %ige Wirkung bei der Konzentration C vorhersagt und die maximale beobachtete Wirkung bei C und geringeren Konzentration 10 % beträgt, dann ist die EC20 nicht plausibel (Motulsky und Christopoulos 2004, Wang et al. 2000, Environment Canada 2005).

Die ECx sollte keine Extrapolation außerhalb des Bereichs positiver Konzentrationen erfordern (Draper und Smith 1999, OECD 2006). Beispielsweise könnte eine allgemeine Leitlinie sein, dass die ECx maximal etwa 25 % unter der niedrigsten geprüften Konzentration oder über der höchsten geprüften Konzentration liegen sollte.

LITERATURHINWEISE

Alvord, W.G., Rossio, J.L. (1993); Determining confidence limits for drug potency in immunoassay, Journal of Immunological Methods 157, 155-163.

Brain P. and Cousens R. (1989); An equation to describe dose responses where there is stimulation of growth at low doses. Weed res. 29: 93-96.

Bunke, O., Droge, B. and Polzehl, J. (1999). Model selection, transformations and variance estimation in nonlinear regression. Statistics 33, 197-240.

Collett, D. (2002); Modelling Binary Data, second edition, Chapman and Hall, London.

Collett, D. (2003); Modelling Survival Data in Medical Research, second edition, Chapman and Hall, London.

Draper, N.R. and Smith, H. (1999); Applied Regression Analysis, third edition. New York: John Wiley & Sons.

Environment Canada (2005); Guidance Document on Statistical Methods for Environmental Toxicity Tests, Report EPS 1/RM/46

Huet, S., A. Bouvier, M.-A. Poursat, E. Jolivet (2003); Statistical Tools for Nonlinear Regression: A Practical Guide with S-PLUS and R Examples, Springer Series in Statistics, New York.

Lyles, R. H., C. Poindexter, A. Evans, M. Brown, and C.R. Cooper (2008); Nonlinear Model-Based Estimates of IC50 for Studies Involving Continuous Therapeutic Dose-Response Data, Contemp Clin Trials. 2008 November; 29(6): 878–886.

Morgan, B.J.T. (1992); Analysis of Quantal Response Data, Chapman and Hall, London.

Motulsky, H., A. Christopoulos (2004); Fitting Models to Biological Data Using Linear and Nonlinear Regression: A Practical Guide to Curve Fitting, Oxford University Press, USA.

O'Hara Hines, R. J. and J. F. Lawless (1993); Modelling Overdispersion in Toxicological Mortality Data Grouped over Time, Biometrics Vol. 49, pp. 107-121

OECD (2006); Current approaches in the statistical analysis of ecotoxicity data: A guidance to application. Series Testing and Assessment, No. 54, Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD, Paris.

Ott, R.L., M.T. Longnecker, An Introduction to Statistical Methods and Data Analysis, sixth edition, 2008, Brooks-Cole, Belmont, CA

Ratkowsky, D.A. (1993); Principles of nonlinear regression, Journal of Industrial Microbiology 12, 195-199.

Seber, G.A.F., C.J. Wild, Nonlinear Regression, Wiley, 2003

Slob W. (2002); Dose-response modelling of continuous endpoints. Toxicol. Sci., 66, 298-312

Wang, Q., D.L. Denton, and R. Shukla (2000); Applications and Statistical Properties Of Minimum Significant Difference-Based Criterion Testing In a Toxicity Testing Program, Environmental Toxicology and Chemistry, Vol. 19, pp. 113–117, 2000.

C.48.   KURZZEIT-REPRODUKTIONSTEST AN FISCHEN

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 229 (2012). Die Entwicklung und Validierung eines Fischtests, mit dem endokrin aktive Chemikalien nachgewiesen werden können, geht auf die Befürchtung zurück, dass in der Umwelt vorhandene Chemikalien aufgrund ihrer Interaktion mit dem endokrinen System die Gesundheit von Mensch und Natur gefährden. 1998 hat die OECD vorrangig mit der Änderung bestehender und der Entwicklung neuer Leitlinien für Screening-Tests und die Untersuchung potenziell endokriner Disruptoren begonnen. Ein Teil dieser Arbeit bestand in der Entwicklung einer Prüfrichtlinie für das Screening von Chemikalien mit Wirkung auf das endokrine System von Fischen. Der Kurzzeit-Reproduktionstest an Fischen wurde im Rahmen laborübergreifender Untersuchungen an ausgewählten Chemikalien umfassend validiert, um die Relevanz und die Zuverlässigkeit des Tests für den Nachweis von Chemikalien mit Auswirkung auf die Reproduktion von Fischen durch verschiedene Mechanismen, einschließlich endokriner Modalitäten, zu demonstrieren (1) (2) (3) (4) (5). Alle Endpunkte der OECD-Prüfrichtlinie wurden an Dickkopfelritzen und eine Teilmenge der Endpunkte an Japanischen Reiskärpflingen (d. h. Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale) und Zebrabärblingen (d. h. Vitellogenin) validiert. Die Validierungsarbeit wurde einem Peer-Review durch eine Gruppe von Experten, die von den nationalen Koordinatoren des OECD Prüfrichtlinien-Programms ernannt wurden (6), und eine unabhängige Gruppe von Experten, die von der US-Umweltschutzbehörde (US-EPA) beauftragt wurde (29), unterzogen. Der Test ist nicht dafür vorgesehen, spezifische endokrinschädigende Wirkmechanismen zu identifizieren, denn die getesteten Fische besitzen eine intakte Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HHG- Achse), die auf unterschiedlichen Ebenen auf Chemikalien, die auf die HHG-Achse einwirken, reagieren kann.
2.
Die vorliegende Prüfmethode entspricht einem In-vivo-Screening-Assay, bei dem geschlechtsreife männliche und weibliche Fische gemeinsam gehalten und für einen begrenzten Teil ihres Lebenszyklus (21 Tage) einer Chemikalie ausgesetzt werden. Nach dieser 21-tägigen Exposition werden bei männlichen und weiblichen Fischen zwei Biomarker-Endpunkte als Indikatoren einer endokrinen Wirkung der Prüfchemikalie gemessen; diese Endpunkte sind Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale. Vitellogenin wird bei Dickkopfelritzen, bei Japanischen Reiskärpflingen und bei Zebrabärblingen, die sekundären Geschlechtsmerkmale werden bei Dickkopfelritzen und Japanischen Reiskärpflingen gemessen. Darüber hinaus wird die quantitative Fruchtbarkeit während der Prüfung täglich überwacht. Ferner werden Gonaden konserviert. Anhand der Histopathologie kann die Reproduktionsleistung der Versuchstiere bewertet und der evidenzbasierten Bewertung anderer Endpunkte hinzugefügt werden.
3.
Dieser Bioassay dient dem In-vivo-Screening der Reproduktion und seine Anwendung ist im Zusammenhang mit dem OECD Conceptual Framework for the Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals (30) zu sehen. In diesem konzeptionellen Rahmen wird der Kurzzeit-Reproduktionstest an Fischen auf Stufe 3 als In-vivo-Test vorgeschlagen, um Daten über ausgewählte endokrine Mechanismen/Wirkungspfade zu erhalten.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

4.
Vitellogenin (VTG) wird gewöhnlich von der Leber weiblicher oviparer Vertebraten in Reaktion auf im Blutkreislauf zirkulierendes endogenes Östrogen produziert. VTG ist ein Vorläufer von Eidotterproteinen und wandert, einmal in der Leber produziert, über die Blutbahn zum Eierstock, wo es aufgenommen und von sich entwickelnden Eiern modifiziert wird. Vitellogenin ist im Plasma noch nicht geschlechtsreifer weiblicher und männlicher Fische kaum nachweisbar, da sich bei diesen noch nicht genügend zirkulierendes Östrogen gebildet hat. Die Leber kann Vitellogenin jedoch in Reaktion auf eine exogene Östrogenstimulation synthetisieren und absondern.
5.
Die Messung der VTG-Konzentration ermöglicht den Nachweis von Chemikalien mit unterschiedlichen östrogenen Wirkungsweisen. Östrogen-wirksame Chemikalien können durch Messung der VTG-Induktion bei männlichen Fischen nachgewiesen werden, was in wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit Peer Review umfassend dokumentiert wurde (z. B. (7)). VTG-Induktion wurde auch nach Exposition gegenüber aromatisierbaren Androgenen nachgewiesen (8) (9). Eine Reduktion des im Körper weiblicher Tiere zirkulierenden Östrogens, beispielsweise durch Hemmung der Aromatase, die endogenes Androgen in das natürliche Östrogen 17β-Östradiol umwandelt, bewirkt eine Verringerung der VTG-Konzentration, die zum Nachweis von Chemikalien mit aromatasehemmenden Eigenschaften verwendet wird (10) (11). Die biologische Relevanz der VTG-Reaktion nach einer Östrogen-/Aromatasehemmung ist erwiesen und wurde umfassend dokumentiert. Die VTG-Produktion bei weiblichen Tieren kann aber auch durch allgemeine Toxizität und nichtendokrine toxische Wirkungsweisen (z. B. durch Hepatotoxizität) beeinflusst werden.
6.
Für Routinemessungen haben sich verschiedene standardisierte Verfahren bewährt, so der artspezifische ELISA (Enzyme-Linked Immunosorbent Assay), bei dem das in kleinen Blut- oder Leberproben einzelner Fische produzierte VTG immundiagnostisch quantifiziert wird (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18). Die VTG-Messungen werden an Blutproben und/oder Kopf-/Schwanz-Homogenaten von Dickkopfelritzen und Zebrabärblingen sowie an Leberproben Japanischer Reiskärpflinge vorgenommen. Bei Japanischen Reiskärpflingen besteht eine ausgeprägte Korrelation zwischen dem im Blut und in der Leber gemessenen VTG (19). Anlage 6 enthält Empfehlungen für Verfahren zur Entnahme von Proben für VTG-Analysen. Kits für Vitellogenin-Messungen sind allgemein erhältlich; sie sollten auf einem validierten artspezifischen ELISA beruhen.
7.
Sekundäre Geschlechtsmerkmale männlicher Fische bestimmter Arten sind äußerlich sichtbar und quantifizierbar und reagieren auf zirkulierende Mengen endogen wirkender Androgene. Dies gilt für Dickkopfelritzen und für Japanische Reiskärpflinge, nicht aber für Zebrabärblinge, die keine quantifizierbaren sekundären Geschlechtsmerkmale besitzen. Weibliche Tiere behalten die Fähigkeit bei, sekundäre männliche Geschlechtsmerkmale zu entwickeln, wenn sie in Wasser androgen wirksamen Chemikalien ausgesetzt werden. In der Fachliteratur wird auf mehrere Studien hingewiesen, die diese Art von Reaktion bei Dickkopfelritzen (20) und Japanischen Reiskärpflingen (21) belegen. Ein Rückgang sekundärer Geschlechtsmerkmale bei männlichen Fischen sollte aufgrund der geringen statistischen Aussagekraft mit Vorsicht interpretiert werden; jede Wertung sollte sich auf Expertenurteile und die Beweiskraft der Daten stützen. Zebrabärblinge sind für diesen Test nur begrenzt geeignet, da quantifizierbare sekundäre Geschlechtsmerkmale fehlen, die auf androgen wirksame Chemikalien reagieren könnten.
8.
Bei Dickkopfelritzen ist die Zahl der Laichknoten („Nuptialtuberkel“ ) am Maul weiblicher Fische Hauptindikator einer exogenen Androgenexposition. Wichtigster Marker einer exogenen Exposition gegenüber androgen wirkenden Chemikalien bei weiblichen Japanischen Reiskärpflingen ist die Zahl der Papillenprozesse. Die Anlagen 5A und 5B enthalten Empfehlungen für Verfahren zur Bewertung von Geschlechtsmerkmalen bei Dickkopfelritzen bzw. Japanischen Reiskärpflingen.
9.
Der 21-Tage-Test an Fischen umfasst die Bewertung der quantitativen Eiproduktion und die Konservierung der Gonaden für die optionale histopathologische Untersuchung. Einige Regulierungsbehörden fordern diesen Endpunkt eventuell für eine vollständigere Bewertung der Reproduktionsleistung der Versuchstiere oder in Fällen, in denen Vitellogenin und die sekundären Geschlechtsmerkmale nicht auf die Exposition gegenüber der Chemikalie reagiert haben. Obwohl einige Endpunkte stark diagnostisch sind (z. B. VTG-Induktion bei männlichen Tieren und Tuberkelbildung bei weiblichen Tieren), sind nicht alle Endpunkte (z. B. Fruchtbarkeit und Histopathologie der Gonaden) in dem Test auf die Identifizierung spezifischer zellularer Wirkmechanismen ausgerichtet. Vielmehr erlaubt die Reihe der Beobachtungen insgesamt Rückschlüsse auf mögliche endokrine Störungen und bildet somit eine Leitlinie für weitere Tests. Obwohl die Fruchtbarkeit nicht endokrinspezifisch ist, ist sie aufgrund ihrer nachgewiesenen Empfindlichkeit bei bekannten Chemikalien mit endokriner Wirkung (5) ein wichtiger zu berücksichtigender Endpunkt; wenn die Fruchtbarkeit und andere Endpunkte nicht betroffen sind, kann leichter geschlossen werden, dass eine Verbindung wahrscheinlich keine endokrine Wirkung hat. Ist die Fruchtbarkeit allerdings betroffen, stellt dies in Rückschlüssen bei evidenzbasierten Bewertungen einen erheblichen Beitrag dar. Diese Prüfmethode enthält auch eine Leitlinie für die Auswertung der Daten und die Akzeptanz der Testergebnisse.
10.
Definitionen der in dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe sind Anlage 1 zu entnehmen.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

11.
Beim Assay werden geschlechtsreife männliche und weibliche Fische in Prüfgefäßen gemeinsam einer Prüfchemikalie ausgesetzt. Da die Tiere ausgewachsen und geschlechtsreif sind, kann leicht zwischen den Geschlechtern unterschieden und folglich eine geschlechtsspezifische Analyse der einzelnen Endpunkte vorgenommen werden, und die Sensitivität gegenüber exogenen Chemikalien ist gewährleistet. Bei Testende wird das Geschlecht der Fische durch makroskopische Untersuchung der Gonaden nach bauchseitiger Öffnung des Abdomens mit einer Schere bestimmt. Anlage 2 fasst die wichtigsten Bedingungen des Bioassays zusammen. Der Test wird gewöhnlich mit einer Auswahl an Fischen aus einer Laichpopulation begonnen; seneszente Tiere sollten nicht verwendet werden. Der Abschnitt über die Auswahl der Fische enthält Hinweise zum Alter und zur Geschlechtsreife der Fische. Der Test wird mit drei Konzentrationen der Prüfchemikalie und einer Wasserkontrolle sowie erforderlichenfalls einer Lösungsmittelkontrolle durchgeführt. Bei Zebrabärblingen werden je Konzentration zwei Gefäße oder Replikate verwendet (jedes Gefäß mit fünf männlichen und fünf weiblichen Fischen). Bei Dickkopfelritzen werden je Konzentration vier Gefäße oder Replikate verwendet (jedes Gefäß mit zwei männlichen und vier weiblichen Fischen). Damit soll dem Territorialverhalten männlicher Dickkopfelritzen Rechnung getragen und gleichzeitig hinreichende Aussagekraft gewährleistet werden. Bei Japanischen Reiskärpflingen werden je Konzentration vier Gefäße oder Replikate verwendet (jedes Gefäß mit drei männlichen und drei weiblichen Fischen). Die Exposition erfolgt über einen Zeitraum von 21 Tagen; die Fische werden an Tag 21 nach Beginn der Exposition beprobt. Die quantitative Fruchtbarkeit wird täglich überwacht.
12.
Am Tag der Beprobung (Tag 21) sind alle Tiere möglichst schmerzfrei zu töten. Bei Dickkopfelritzen und Japanischen Reiskärpflingen werden sekundäre Geschlechtsmerkmale gemessen (siehe Anlagen 5A und 5B). Zur Bestimmung der VTG-Konzentration werden von Zebrabärblingen und Dickkopfelritzen Blutproben entnommen; alternativ kann die VTG-Konzentration bei Zebrabärblingen auch anhand von Kopf- und Schwanzproben ermittelt werden (Anlage 6). Bei Japanischen Reiskärpflingen werden zur VTG-Analyse Leberproben entnommen (Anlage 6). Gonaden werden entweder im Ganzen oder seziert für die potenzielle histopathologische Bewertung konserviert (22).

GÜLTIGKEITSKRITERIEN

13.
Die Testergebnisse sind gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
Die Mortalität in den Wasser- (oder Lösungsmittel-)kontrollen darf am Ende der Exposition höchstens 10 % betragen;
die Konzentration an gelöstem Sauerstoff sollte während der gesamten Exposition mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswerts betragen;
die Wassertemperatur der Prüfgefäße sollte während der Exposition zu keinem Zeitpunkt um mehr als ± 1,51 °C schwanken und bei einer Toleranz von 21 °C in dem Temperaturbereich liegen, der für die Testspezies vorgesehen ist (Anlage 2);
es muss belegt werden, dass die Konzentrationen der Prüfchemikalie in der Lösung mit einer Toleranz von ± 20 % bezogen auf die gemessenen Mittelwerte aufrechterhalten wurden;
es muss nachgewiesen werden, dass die Fische in allen Replikaten vor Einleitung der Exposition gegenüber der Chemikalie und in den Kontrollreplikaten während des Tests aktiv laichen.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

14.
Übliche Laborausrüstung und insbesondere die folgenden Geräte:
a.
Sauerstoff- und pH-Messgeräte;
b.
Geräte zur Messung von Wasserhärte und Alkalität;
c.
geeignete Apparaturen zur Temperaturregelung und einer möglichst kontinuierlichen Überwachung;
d.
Becken aus chemisch inertem Material und mit für das empfohlene Besatzverhältnis und die empfohlene Besatzdichte geeignetem Fassungsvermögen (siehe Anlage 2);
e.
Laichsubstrat für Dickkopfelritzen und Zebrabärblinge (für Einzelheiten siehe Anlage 4);
f.
Waage mit angemessener Genauigkeit (± 0,5 mg).

Wasser

15.
Als Testwasser kann jedes beliebige Wasser verwendet werden, in dem die Testspezies über einen längeren Zeitraum überleben und wachsen können. Während der gesamten Testdauer sollte eine konstante Wasserqualität gewährleistet sein. Der pH-Wert des Wassers sollte im Bereich 6,5 bis 8,5 liegen und im Test um nicht mehr als ± 0,5 pH-Einheiten schwanken. Um sicherzustellen, dass das Verdünnungswasser das Testergebnis nicht übermäßig stark beeinflusst (beispielsweise durch Komplexierung der Prüfchemikalie), sind regelmäßig Proben zu analysieren. Das Wasser ist auf Schwermetalle (z. B. Cu, Pb, Zn, Hg, Cd und Ni), dominante Anionen und Kationen (z. B. Ca2+, Mg2+, Na+, K+, Cl– und SO42–), Pestizide (z. B. den Gesamtgehalt an phosphororganischen und chlororganischen Pestiziden), den gesamten organischen Kohlenstoff und suspendierte Feststoffe zu untersuchen (beispielsweise alle drei Monate, wenn bekannt ist, dass das Wasser qualitativ gesehen relativ konstant ist). Ist die Wasserqualität nachweislich mindestens ein Jahr lang konstant geblieben, so können die Analysen seltener durchgeführt und die Abstände zwischen den Analysen verlängert werden (beispielsweise auf sechs Monate). Einige chemische Merkmale akzeptablen Verdünnungswassers sind in Anlage 3 aufgeführt.

Prüflösungen

16.
Die Prüflösungen werden durch Verdünnung einer Stammlösung in den gewünschten Konzentrationen zubereitet. Die Stammlösung sollte möglichst durch einfaches mechanisches Vermischen oder Schütteln (z. B. durch Rühren oder mit Ultraschall) der Prüfchemikalie in Verdünnungswasser hergestellt werden. Zur Herstellung einer Stammlösung in geeigneter Konzentration können Sättigungssäulen (Löslichkeitssäulen) verwendet werden. Die Verwendung von Lösungsmittelträgern wird nicht empfohlen. Ist jedoch ein Lösungsmittel erforderlich, so sollte zeitgleich in derselben Lösungsmittelkonzentration wie bei der chemischen Behandlung eine Lösungsmittelkontrolle verwendet werden. Bei schwierig zu prüfenden Chemikalien sollte das OECD Guidance Document on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures herangezogen werden (23). Welches Lösungsmittel zu verwenden ist, hängt von den chemischen Eigenschaften des Stoffs oder Gemischs ab. Der OECD-Leitfaden empfiehlt höchstens 100 μl/l; dieser Wert sollte eingehalten werden. In einer kürzlich durchgeführten Untersuchung (24) wurde jedoch auf weitere Bedenken hinsichtlich der Verwendung von Lösungsmitteln in Tests zur Prüfung endokriner Wirkungen verwiesen. Daher sollte die Lösungsmittelkonzentration (wenn überhaupt ein Lösungsmittel verwendet werden muss) so weit wie technisch möglich minimiert werden (je nach physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfchemikalie).
17.
Für die Prüfung ist ein Durchflusssystem zu verwenden. Ein solches System gibt kontinuierlich eine Stammlösung der Prüfchemikalie ab und verdünnt diese (z. B. mit einer Dosierpumpe, einem Proportionalverdünner oder einer Sättigungsvorrichtung), damit unterschiedliche Konzentrationen in die Prüfkammern gelangen. Die Durchflussraten von Stammlösungen und Verdünnungswasser sind während der Prüfung regelmäßig — vorzugsweise täglich — zu kontrollieren und dürfen während der Prüfung um höchstens 10 % schwanken. Insbesondere sind Kunststoffleitungen aus minderwertigem Material oder sonstige Materialien zu vermeiden, die biologisch aktive Chemikalien enthalten könnten. Bei der Auswahl des Materials für das Durchflusssystem ist eine mögliche Adsorption der Prüfchemikalie an das Material zu berücksichtigen.

Halten der Fische

18.
Die zu prüfenden Fische sollten aus einer Laborpopulation stammen, vorzugsweise aus einem einzelnen Bestand, der mindestens zwei Wochen vor dem Test bei ähnlicher Wasserqualität und ähnlichen Lichtverhältnissen wie im Test akklimatisiert wurde. Besatz(verhältnis) und Besatzdichte (Definitionen siehe Anlage 1) müssen der jeweils verwendeten Art entsprechen (siehe Anlage 2).
19.
Nach einer 48-stündigen Akklimatisierung werden die Mortalitäten erfasst; dabei gelten die folgenden Kriterien:
Bei Mortalitäten von mehr als 10 % der Population innerhalb von sieben Tagen: Die gesamte Charge verwerfen.
Bei Mortalitäten zwischen 5 und 10 % der Population: Akklimatisierung der Fische für weitere sieben Tage; wenn die Mortalität auch in den zusätzlichen sieben Tagen noch über 5 % liegt: Die gesamte Charge verwerfen.
Bei Mortalitäten von weniger als 5 % der Population innerhalb sieben Tagen wird die Charge akzeptiert.
20.
Während der Akklimatisierung, der Präexposition und der eigentlichen Exposition sollten die Fische nicht gegen Krankheiten behandelt werden.

Präexposition und Auswahl der Fische

21.
Eine ein- bis zweiwöchige Präexposition wird empfohlen; dabei werden die Fische in prüfgefäßähnliche Becken gesetzt. Während der gesamten Haltungsdauer und während der Exposition werden die Fische ad libitum gefüttert. Die Expositionsphase beginnt mit sexuell dimorphen adulten, aktiv laichenden Fischen aus einer Laborpopulation geschlechtsreifer Tiere (z. B. mit deutlichen sekundären Geschlechtsmerkmalen bei Dickkopfelritzen und bei Japanischen Reiskärpflingen). Als Faustregel (nur im Kontext der Beobachtung des tatsächlichen Reproduktionsstatus einer bestimmten Charge von Fischen anzuwenden) gilt, dass Dickkopfelritzen ca. 20 (± 2) Wochen alt sein sollten, vorausgesetzt, sie wurden während ihrer gesamten Lebensdauer bei einer Temperatur von 25 ±21 °C gehalten. Unter denselben Bedingungen sollten Japanische Reiskärpflinge etwa 16 (± 2) Wochen alt sein. Zebrabärblinge sollten etwa 16 (± 2) Wochen alt sein, sofern sie während ihres gesamten Lebens bei 26 ± 21 °C gehalten wurden. Die Eiproduktion sollte während der Präexpositionsphase täglich bewertet werden. Es wird empfohlen, das Laichen in allen Replikatgefäßen vor der Einleitung der Expositionsphase des Tests zu beobachten. In dieser Phase kann nicht festgelegt werden, wie viele Eier pro Tag produziert werden sollten, doch im Allgemeinen werden bei jeder Tierart durchschnittlich > 10 Eier/Weibchen/Tag beobachtet. Um eine ausgewogene Verteilung der Replikate sicherzustellen, sollten sie den verschiedenen Versuchsebenen nach einem randomisierten Blockkonzept entsprechend der Eiproduktion zugeordnet werden.

VERSUCHSPLAN

22.
Für den Test sind drei Konzentrationen der Prüfchemikalie, eine Kontrolle (Wasser) und erforderlichenfalls eine Lösungsmittelkontrolle zu verwenden. Die Daten können analysiert werden, um statistisch signifikante Unterschiede zwischen Behandlungs- und Kontrollreaktion festzustellen. Diese Analysen dienen eher der Feststellung, ob die Chemikalie in weiteren Langzeittests auf unerwünschte Wirkungen (nämlich Überleben, Entwicklung, Wachstum und Reproduktion) untersucht werden muss, als der Verwendung für Risikobewertungen (25).
23.
Bei den Zebrabärblingen werden an Tag 21 der Prüfung männliche und weibliche Tiere aus jeder Konzentrationsgruppe (jedes der beiden Replikate enthält fünf männliche und fünf weibliche Fische) und aus der/den Kontrollgruppe(n) für die Untersuchung auf Vitellogenin beprobt. Bei den Japanischen Reiskärpflingen werden an Tag 21 der Prüfung männliche und weibliche Tiere aus jeder Konzentrationsgruppe (jedes der beiden Replikate enthält drei männliche und drei weibliche Fische) und aus der/den Kontrollgruppe(n) für die Untersuchung auf Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale beprobt. Bei den Dickkopfelritzen werden an Tag 21 der Exposition männliche und weibliche Tiere (jedes der vier Replikate enthält zwei männliche und vier weibliche Fische) und aus der/den Kontrollgruppe(n) für die Untersuchung auf Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale beprobt. Die Fruchtbarkeit muss quantitativ bewertet werden, und die Gonadengewebe sollten erforderlichenfalls im Ganzen fixiert oder für eine potenzielle histopathologische Bewertung seziert werden.

Auswahl der Prüfkonzentrationen

24.
Für die Zwecke dieser Prüfung sollte die höchste Prüfkonzentration auf die in einem Vorversuch bestimmte oder aus anderen Toxizitätsdaten hervorgehende höchste noch verträgliche Konzentration (Maximum Tolerated Concentration, MTC) oder auf 10 mg/l oder auf den Höchstwert der Wasserlöslichkeit festgesetzt werden, je nachdem, welcher Wert der niedrigere ist. Der MTC-Wert gilt als die höchste Prüfkonzentration der Chemikalie, bei der die Mortalität weniger als 10 % beträgt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass empirische Daten zur akuten Toxizität oder sonstige Toxizitätsdaten vorliegen, anhand deren der MTC-Wert bestimmt werden kann. Die Schätzung des MTC-Wertes kann ungenau sein und setzt in der Regel Fachkenntnis voraus.
25.
Benötigt werden drei Testkonzentrationen mit einem konstanten Abstandsfaktor von maximal 10 und eine Verdünnungswasserkontrolle (sowie bei Bedarf eine Lösungsmittelkontrolle). Empfohlen werden Abstandsfaktoren zwischen 3,2 und 10.

VERFAHREN

Auswahl und Wiegen der Testfische

26.
Wichtig ist, dass die Gewichtsunterschiede der Fische zu Beginn der Prüfung möglichst gering sind. Für geeignete Größenbereiche für die empfohlenen Tierarten siehe Anlage 2. Bei der gesamten Charge der in dieser Prüfung verwendeten Fische sollte bei männlichen und weiblichen Tieren das individuelle Gewicht möglichst im Bereich von ± 20 % des arithmetischen Mittelgewichts der Fische gleichen Geschlechts liegen. Um das Mittelgewicht zu bestimmen, wird empfohlen, vor der Prüfung eine Teilprobe des Fischbestands zu wiegen.

Expositionsbedingungen

Dauer

27.
Der Test dauert 21 Tage nach vorheriger Präexposition. Es wird eine ein- bis zweiwöchige Präexposition empfohlen.

Fütterung

28.
Die Fische werden ad libitum so oft mit geeignetem Futter (Anlage 2) versorgt, wie es für eine normale Entwicklung der Tiere nötig ist. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Vermehrung von Mikroorganismen und nicht zu einer Eintrübung des Wassers kommt. Im Allgemeinen kann die Tagesration auf zwei oder drei gleiche Portionen verteilt werden, die in mindestens dreistündigem Abstand zu verabreichen sind. Insbesondere an Wochenenden kann eine einzige, größere Ration gegeben werden. 12 Stunden vor der Probenahme/Sektion sollten die Fische nicht mehr gefüttert werden.
29.
Das Fischfutter ist auf Verunreinigungen wie chlororganische Pestizide, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und polychlorierte Biphenyle (PCB) zu untersuchen. Futter mit erhöhtem Gehalt an Phytoöstrogenen, die die Testreaktion auf bekannte Östrogenagonisten (z. B. 17-b-Östradiol) beeinträchtigen würden, darf nicht verwendet werden.
30.
Nicht aufgenommenes Futter und Fäkalien sind mindestens zweimal wöchentlich aus den Prüfgefäßen zu entfernen (etwa durch vorsichtiges Absaugen vom Beckenboden).

Licht und Temperatur

31.
Fotoperiode und Wassertemperatur sind der Testspezies anzupassen (siehe Anlage 2).

Häufigkeit der Analysen und Messungen

32.
Vor Beginn der Exposition ist zu überprüfen, ob die Chemikalienbeschickung einwandfrei funktioniert. Es dürfen ausschließlich anerkannte Analysemethoden angewandt werden, und die Stabilität der Chemikalie im Prüfsystem muss hinreichend bekannt sein. Während des Tests sind die Konzentrationen der Prüfchemikalie in regelmäßigen Zeitabständen wie folgt zu bestimmen: Die Zuflussmengen der Verdünnungslösung und der Stammlösung der Prüfchemikalie sind regelmäßig — vorzugsweise täglich, jedoch mindestens zweimal wöchentlich — zu kontrollieren und sollten während des gesamten Tests um maximal 10 % schwanken. Die tatsächlichen Konzentrationen der Prüfchemikalie sollten zu Beginn des Tests in allen Gefäßen und danach wöchentlich gemessen werden.
33.
Die Ergebnisse sollten auf gemessenen Konzentrationen basieren. Wurde die Konzentration der Chemikalienlösung während der gesamten Prüfung jedoch zufriedenstellend innerhalb der nominellen Konzentration (± 20 %) gehalten, so können sich die Ergebnisse auf die nominalen oder die gemessenen Werte beziehen.
34.
Unter Umständen müssen die Proben gefiltert (z. B. mit Filtern einer Porengröße von 0,45 μm) oder zentrifugiert werden. Erforderlichenfalls ist Zentrifugierung vorzuziehen. Prüfchemikalien, die sich nachweislich nicht an Filter adsorbieren, können auch filtriert werden.
35.
Während der Prüfung sollten bei allen Prüfgefäßen mindestens einmal wöchentlich der gelöste Sauerstoff, die Temperatur und der pH-Wert gemessen werden. Die Gesamthärte und die Gesamtalkalität sollten in den Kontrollen und in einem Gefäß mit höchster Testkonzentration ebenfalls mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Es wird empfohlen, dass die Temperatur in mindestens einem Prüfgefäß kontinuierlich überwacht wird.

Beobachtungen

36.
Im Laufe oder am Ende des Tests sind verschiedene allgemeine Reaktionen (z. B. Überleben) sowie biologische Reaktionen (z. B. VTG-Gehalt) zu bestimmen. Die Fruchtbarkeit muss täglich quantitativ überwacht werden. Die Messung und Auswertung dieser Endpunkte und die Verwendbarkeit der Ergebnisse werden im Folgenden erläutert.

Überleben

37.
Die Fische sind während des Tests täglich zu kontrollieren; Todesfälle sind zu protokollieren und tote Fische so bald wie möglich zu entfernen. Tote Fische dürfen weder in Kontroll- noch in Prüfgefäße eingesetzt werden. Das Geschlecht der im Test gestorbenen Fische wird durch makroskopische Gonadenuntersuchung bestimmt.

Verhalten und Aussehen

38.
Jegliches anomale Verhalten (gemessen an den Kontrollen) ist zu protokollieren. Dies gilt für Anzeichen allgemeiner Toxizität ebenso wie für Hyperventilation, unkoordinierte Schwimmbewegungen, Gleichgewichtsverluste und atypische Apathie oder ungewöhnliches Fressverhalten. Zudem sind äußerliche Auffälligkeiten (z. B. Blutungen oder Verfärbungen) aufzuzeichnen. Derartige Anzeichen einer toxischen Wirkung sind bei der Datenauswertung insoweit sorgfältig zu berücksichtigen, als sie auf Konzentrationen hinweisen können, bei denen die Biomarker endokriner Wirkungen keine zuverlässigen Rückschlüsse gestatten. Diese Verhaltensauffälligkeiten können auch wertvolle qualitative Informationen liefern, an denen sich künftige Fischtests orientieren können. Bei Dickkopfelritzen wurde unter Einwirkung von Androgenen beispielsweise aggressives Territorialverhalten bei normalen Männchen oder maskulinisierten Weibchen beobachtet. Bei Zebrabärblingen hemmen Östrogene oder Anti-Androgene das typische Paarungs- und Laichverhalten bei einsetzender Morgendämmerung.
39.
Da sich verschiedene äußere Merkmale (in erster Linie die Farbe) beim Hantieren der Fische rasch verändern können, sind qualitative Beobachtungen vor der Entnahme von Fischen aus dem Prüfsystem wichtig. Bisherige Erfahrungen mit Dickkopfelritzen führen zu dem Schluss, dass einige endokrin wirkende Chemikalien anfangs zu Veränderungen der folgenden äußeren Merkmale führen: Körperfarbe (hell oder dunkel), Farbmusterung (Auftreten vertikaler Streifen) und Körperform (im Kopf- oder Schwanzbereich). Daher muss im Laufe und am Ende des Tests das äußere Erscheinungsbild der Fische kontrolliert werden.

Fruchtbarkeit

40.
Die Laichmengen sollten täglich für jedes Replikat protokolliert werden. Die Eiproduktion sollte als Anzahl Eier pro überlebendem weiblichen Tier pro Tag auf für jedes Replikat protokolliert werden. Die Eier werden täglich aus den Prüfkammern genommen. Die Laichsubstrate sollten für Dickkopfelritzen und Zebrabärblinge so in die Prüfkammern gelegt werden, dass die Fische unter normalen Bedingungen laichen können. Anlage 4 enthält weitere Informationen zu den empfohlenen Laichsubstraten für Zebrabärblinge (Anlage 4A) und Dickkopfelritzen (Anlage 4B). Bei Reiskärpflingen wird die Bereitstellung eines Laichsubstrats nicht als notwendig erachtet.

Schmerzfreies Töten

41.
An Tag 21, d. h. bei Ablauf der Expositionsdauer, sind die Fische mit angemessenen Mengen Tricain (Tricainmethansulfonat, Metacain, MS-222 (CAS 886-86-2), 100-500 mg/l gepuffert mit 300 mg/l NaHCO3 (Natriumbicarbonat, CAS 144-55-8) zu töten, um Schleimhautreizungen zu begrenzen. Anschließend wird zur VTG-Bestimmung Blut oder Gewebe entnommen, wie im Abschnitt über Vitellogenin beschrieben.

Untersuchung sekundärer Geschlechtsmerkmale

42.
Manche endokrin wirkende Chemikalien können Veränderungen spezifischer sekundärer Geschlechtsmerkmale (Anzahl Laichknoten („Nuptialtuberkel“ ) bei männlichen Dickkopfelritzen oder bei männlichen Japanischen Reiskärpflingen) zur Folge haben. Insbesondere Chemikalien mit bestimmten Wirkungsweisen können bei Tieren des jeweils anderen Geschlechts zu Anomalien der sekundären Geschlechtsmerkmale führen. So können Androgenrezeptor-Agonisten wie Trenbolon, Methyltestosteron und Dihydrotestosteron bewirken, dass weibliche Dickkopfelritzen ausgeprägten Laichausschlag („Nuptialtuberkel“ ) entwickeln oder dass bei weiblichen Japanischen Reiskärpflingen Papillenprozesse auftreten (11) (20) (21). Außerdem wurde berichtet, dass Östrogenrezeptor-Agonisten dazu führen können, dass sich die Zahl der Laichknoten und die Größe des dorsalen Nackenaufwuchses bei adulten männlichen Dickkopfelritzen verringern (26) (27). Diese wesentlichen morphologischen Beobachtungen können auch eine qualitativ und quantitativ wertvolle Informationsgrundlage für potenzielle künftige Fischtests liefern. Anzahl und Größe der Laichknoten bei Dickkopfelritzen und Papillenprozesse bei Japanischen Reiskärpflingen können entweder direkt oder — bequemer — an konservierten Exemplaren gezählt werden. Die Anlagen 5A und 5B enthalten Empfehlungen für Verfahren zur Beurteilung sekundärer Geschlechtsmerkmale bei Dickkopfelritzen bzw. Japanischen Reiskärpflingen.

Vitellogenin (VTG)

43.
Das für die VTG-Bestimmung erforderliche Blut wird mit einem heparinisierten Mikrohämatokrit-Kapillarröhrchen aus der Schwanzarterie/-vene oder alternativ durch Herzpunktion mit einer Spritze entnommen. Je nach Größe der Fische werden bei Dickkopfelritzen 5-60 μl und bei Zebrabärblingen 5-15 μl Blut (jeweils pro Fisch) benötigt. Das Plasma wird durch Zentrifugieren vom Blut getrennt und mit Proteasehemmern bis zur Vitellogenin-Analyse bei – 80 1 °C aufbewahrt. Alternativ kann bei Japanischen Reiskärpflingen die Leber verwendet werden. Bei Zebrabärblingen kommen Kopf-/Schwanz-Homogenate als Gewebematerial für die VTG-Analyse in Betracht (Anlage 6). Die VTG-Messung sollte nach einer validierten homologen ELISA-Methode mit homologem VTG-Standard und homologen Antikörpern erfolgen. Empfohlen werden Methoden, mit denen kleinste VTG-Gehalte (wenige ng/ml Plasma oder ng/mg Gewebe, die der Hintergrundkonzentration bei nicht exponierten männlichen Fischen entsprechen) ermittelt werden können.
44.
Die Qualitätskontrolle der VTG-Analyse erfolgt anhand von Standards, Blindproben und zumindest Doppelanalysen. Für jede ELISA-Methode ist ein Test auf Matrixeffekte (Effekte der Probenverdünnung) vorzunehmen, um den Mindestverdünnungsfaktor zu ermitteln. Alle für VTG-Analysen verwendeten ELISA-Platten müssen zumindest auch folgende Proben für die Qualitätskontrolle enthalten: sechs Kalibrierstandards für den gesamten Bereich der erwarteten VTG-Konzentrationen und eine nicht spezifische Binding-Assay-Blindprobe (doppelt zu analysieren). Die Absorption dieser Blindproben sollte weniger als 5 % der maximalen Absorption des Kalibrierstandards betragen. Von jeder Verdünnung sind mindestens zwei Aliquoten (Muldenduplikate) zu analysieren. Duplikatmulden mit über 20 % Differenz sollten ein zweites Mal analysiert werden.
45.
Der Korrelationskoeffizient (R2) für Kalibrierkurven sollte größer als 0,99 sein. Eine hohe Korrelation reicht jedoch nicht aus, um in allen Bereichen Konzentrationen adäquat vorabzuschätzen. Neben der Notwendigkeit einer hinreichend hohen Korrelation für die Kalibrierkurve sollten alle aus der Kalibrierkurve errechneten Konzentrationen der einzelnen Standards im Bereich von 70-120 % der jeweiligen nominellen Konzentration liegen. Wenn die nominellen Konzentrationen tendenziell von der Regressionsgeraden abweichen (beispielsweise bei niedrigeren Konzentrationen), muss die Kalibrierkurve möglicherweise in niedrige und hohe Bereiche aufgeteilt oder ein nicht lineares Modell für die Absorptionsdaten verwendet werden. Bei geteilten Kurven muss der Korrelationskoeffizient R2 bei beiden Segmenten > 0,99 sein.
46.
Als Nachweisgrenze wird die Konzentration des niedrigsten Analysestandards bezeichnet; die Quantifizierungsgrenze ist die Konzentration des niedrigsten Analysestandards multipliziert mit dem niedrigsten Verdünnungsfaktor.
47.
An den Tagen, an denen VTG-Analysen stattfinden, ist eine mit einem Inter-Assay-Referenzstandard hergestellte Anreicherungsprobe zu analysieren (Anlage 7). Das Verhältnis der erwarteten zur gemessenen Konzentration ist zusammen mit den Ergebnissen der an diesem Tag durchgeführten Testreihen aufzuzeichnen.

Histopathologische Bewertung der Gonaden

48.
Zur Untersuchung des Zielorgans auf der HPG-Achse nach der Exposition gegenüber der Chemikalie kann von einigen Regulierungsbehörden die histopathologische Bewertung der Gonaden gefordert werden. Hierzu werden die Gonaden entweder im Ganzen oder seziert fixiert. Ist die Histopathologie erforderlich, wird bei der Untersuchung der endokrinen Wirkung der Prüfchemikalie nach spezifischen endokrinbezogenen Reaktionen an den Gonaden gesucht. Zu diesen diagnostischen Wirkungen gehören im Wesentlichen das Auftreten von testikulären Oozyten, Leydig-Zell-Hyperplasie, verminderte Dotterbildung, vermehrte Spermatogonien und perifollikuläre Hyperplasie. Andere Läsionen der Gonaden wie z. B. Atresie, testikuläre Degeneration und Veränderungen der Reifestufen können verschiedene Ursachen haben. Im Leitfaden zur Histopathologie von Fischgonaden werden Verfahren angegeben, die beim Sezieren, Fixieren und Schneiden sowie bei der histopathologischen Bewertung der Gonaden angewandt werden (22).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung von Biomarkerreaktionen durch Varianzanalyse (ANOVA)

49.
Um die potenzielle Aktivität einer Chemikalie zu ermitteln, werden die Wirkungen in den Prüf- und in den Kontrollgefäßen mittels Varianzanalyse (ANOVA) verglichen. Wird eine Lösungsmittelkontrolle verwendet, sollten Verdünnungswasser und Lösungsmittelkontrollen zur Bestimmung des jeweiligen Endpunkts nach geeigneten Methoden statistisch analysiert werden. Für Leitlinien zur Verwendung der Daten über Verdünnungswasser und Lösungsmittelkontrollen für die anschließende statistische Analyse siehe OECD 2006c (28). Alle Daten zu biologischen Reaktionen sind nach Geschlechtern zu analysieren und aufzuzeichnen. Sind die Voraussetzungen für parametrische Methoden nicht erfüllt, d. h. keine Normalverteilung (z. B. Shapiro-Wilk-Test) oder heterogene Varianz (Bartlett-Test oder Levene-Test), sollte vor der ANOVA eine Datentransformation zur Varianzhomogenisierung in Betracht gezogen oder eine gewichtete ANOVA durchgeführt werden. Bei nicht monotonen Dosis-Wirkungs-Beziehungen kann der (parametrische) Dunnett-Test (Paarvergleiche) oder ein (nicht parametrischer) Mann-Whitney-Test mit Anpassung nach Bonferroni durchgeführt werden. Andere statistische Tests kommen ebenfalls in Betracht (z. B. ein Jonckheere-Terpstra- oder ein Williams-Test), wenn die Dosis-Wirkungs-Beziehung annähernd monoton ist. Das statistische Flussdiagramm in Anlage 8 soll die Auswahl des jeweils am besten geeigneten statistischen Tests erleichtern. Für weitere Informationen siehe OECD-Dokument Current Approaches to Statistical Analysis of Ecotoxicity Data (28).

Testergebnisse

50.
Die Versuchsdaten sollten Folgendes umfassen:

Prüfinstitut:

verantwortliche Mitarbeiter und ihre jeweiligen Zuständigkeiten im Rahmen der Prüfung;
jedes Labor muss seine Eignung anhand repräsentativer Chemikalien nachweisen.

Prüfchemikalie:

Charakterisierung der Prüfchemikalie;
physikalischer Zustand und physikalisch-chemische Eigenschaften;
Methode und Häufigkeit der Herstellung von Prüfkonzentrationen;
Angaben zur Stabilität und zur biologischen Abbaubarkeit.

Lösungsmittel:

Charakterisierung des Lösungsmittels (Beschaffenheit und verwendete Konzentration);
Gründe für die Wahl des jeweiligen Lösungsmittels (wenn nicht nur Wasser als Lösungsmittel verwendet wird).

Versuchstiere:

Art und Stamm;
Bezugsquelle und Angaben zur jeweiligen Bezugsanlage;
Alter der Fische zu Beginn der Prüfung und Reproduktions-/Laichstatus;
Angaben zum Akklimatisierungsverfahren;
Körpergewicht der Fische zu Beginn der Exposition (aus einer Teilprobe des Fischbestands).

Prüfbedingungen:

angewandte Prüfmethode (Testtyp, Besatz(verhältnis), Besatzdichte usw.);
Methode für die Herstellung der Stammlösungen und Durchflussrate;
nominelle Prüfkonzentrationen, wöchentlich gemessene Konzentrationen der Prüflösungen und angewandte Analysemethode, mittlere Messwerte und Standardabweichungen in den Prüfgefäßen sowie Nachweis, dass sich die Messungen auf die Konzentrationen der Prüfchemikalie in echter Lösung beziehen;
Merkmale des Verdünnungswassers (pH-Wert, Härte, Alkalität, Temperatur, Konzentration an gelöstem Sauerstoff, Restchlorgehalt, Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff und suspendierten Feststoffen und andere ermittelte Messwerte);
Wasserqualität in den Prüfgefäßen: pH-Wert, Härte, Temperatur und Konzentration des gelösten Sauerstoffs;
detaillierte Angaben zur Fütterung (Art des Futters, Bezugsquelle/Herkunft, verfütterte Menge und Häufigkeit der Fütterung sowie, soweit vorhanden, Analysen zur Feststellung etwaiger Schadstoffe (z. B. PCB, PAH und chlororganische Pestizide).

Ergebnisse

Nachweis, dass die Kontrollen die Akzeptanzkriterien der Prüfung erfüllen;
Daten zu Mortalitäten für Prüfkonzentrationen und Kontrolle;
angewandte statistische Analysemethoden, Datenauswertung und Gründe für die Wahl der angewandten Methoden;
Daten zu biologischen Beobachtungen (deutliche morphologische Änderungen u. a. der sekundären Geschlechtsmerkmale, Eiproduktion und VTG-Konzentration);
Ergebnisse der Datenanalysen, vorzugsweise in tabellarischer und in grafischer Form;
ungewöhnliche Reaktionen der Fische sowie jegliche sichtbare Wirkungen der Prüfchemikalie.

LEITLINIEN FÜR DIE AUSWERTUNG UND AKZEPTANZ DER TESTERGEBNISSE

51.
Dieser Abschnitt enthält Empfehlungen für die Auswertung der Testergebnisse für die gemessenen Endpunkte. Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren, wenn die Prüfchemikalie eindeutig toxisch wirkt oder den Allgemeinzustand der Versuchstiere verschlechtert.
52.
Bei der Festlegung der Bandbreite der Prüfchemikalienkonzentrationen ist darauf zu achten, dass die für eine aussagekräftige Datenauswertung höchste noch verträgliche Konzentration nicht überschritten wird. Wichtig ist dabei, dass bei mindestens einer Konzentration keine Anzeichen einer toxischen Wirkung festgestellt werden. Krankheitssymptome und Anzeichen toxischer Wirkungen sind gründlich zu untersuchen und aufzuzeichnen. Beispielsweise kann die VTG-Produktion bei weiblichen Tieren auch durch allgemeine Toxizität und nichtendokrine toxische Wirkungsweisen (z. B. durch Hepatotoxizität) beeinträchtigt werden. Die Wirkungsauswertung lässt sich jedoch durch andere Konzentrationen untermauern, die nicht durch systemische Toxizität beeinträchtigt werden.
53.
Um Testergebnisse als gültig anerkennen zu können, müssen bestimmte Aspekte berücksichtigt werden. Als Faustregel gilt, dass sich die VTG-Konzentrationen in Kontrollgruppen männlicher und weiblicher Fische bei Dickkopfelritzen und bei Zebrabärblingen in etwa um mindestens drei Größenordnungen und bei Japanischen Reiskärpflingen in etwa um mindestens eine Größenordnung unterscheiden müssen. Für Beispiele für den Konzentrationsbereich bei Kontroll- und Behandlungsgruppen siehe Validierungsberichte (1) (2) (3) (4). Hohe VTG-Konzentrationen bei männlichen Kontrollfischen könnten die Aussagekraft der Prüfung und ihre Fähigkeit zum Nachweis schwacher Östrogen-Agonisten beeinträchtigen. Und niedrige VTG-Konzentrationen bei weiblichen Kontrollfischen könnten die Aussagekraft der Prüfung und ihre Fähigkeit zum Nachweis von Aromatasehemmern und Östrogen-Antagonisten beeinträchtigen. Diese Leitlinie beruht auf diesen Validierungsstudien.
54.
Bei der Quantifizierung der Eiproduktion können starke Schwankungen auftreten [der Variationskoeffizient kann zwischen 20 und 60 % schwanken], was die Fähigkeit der Prüfung zum Nachweis einer erheblichen Verringerung der Eiproduktion um weniger als 70 %, wenn sich der Variationskoeffizient 50 % oder mehr nähert, beeinträchtigt. Ist der Variationskoeffizient auf niedrigere Werte (ca. 20-30 %) begrenzt, hat die Prüfung eine akzeptable Aussagekraft (80 %) für den Nachweis einer Verringerung der Eiproduktion um 40-50 %. Der für Dickkopfelritzen verwendete Versuchsplan, der vier Replikate je Behandlungsstufe umfasst, sollte eine bessere Aussagekraft für den Endpunkt „Fruchtbarkeit“ gewährleisten als ein Versuchsplan mit nur zwei Replikaten.
55.
Führt ein Labor die Prüfung zum ersten Mal durch oder wurden wesentliche Änderungen vorgenommen (beispielsweise Änderungen des Fischstammes oder der Bezugsquelle), sollte eine technische Eignungsprüfung durchgeführt werden. Nach Möglichkeit sollten Chemikalien verwendet werden, die ein breites Spektrum an Wirkungsweisen oder Wirkungen auf mehrere Test-Endpunkte abdecken. Die Labors werden aufgefordert, für männliche und weibliche Tiere eigene historische Kontrolldaten zu sammeln und eine positive Kontrollchemikalie (z. B. 17β-Östradiol in einer Konzentration von 100 ng/l oder einen bekannten schwachen Agonisten) auf östrogene Wirkung mit erhöhter VTG-Konzentration in männlichen Fischen, eine positive Kontrollchemikalie (z. B. Fadrozol oder Prochloraz in einer Konzentration von 300 μg/l) auf Aromatosehemmung mit reduzierter VTG-Konzentration in weiblichen Fischen und eine positive Kontrollchemikalie (z. B. 17β-Trenbolon in einer Konzentration von 5 μg/l) auf androgene Wirkung und resultierender Induktion sekundärer Geschlechtsmerkmale bei weiblichen Dickkopfelritzen und weiblichen Japanischen Reiskärpflingen zu prüfen. Diese Daten können insgesamt mit verfügbaren Daten aus den Validierungsstudien (1) (2) (3) verglichen werden, um die Eignung des jeweiligen Labors sicherzustellen.
56.
Grundsätzlich gelten VTG-Messungen als positiv, wenn eine statistisch signifikante (p < 0,05) Erhöhung der VTG-Konzentration in männlichen Fischen oder eine statistisch signifikante (p < 0,05) Reduzierung bei weiblichen Fischen zumindest bei der höchsten geprüften Dosis im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt wird und keine Anzeichen einer allgemeinen Toxizität vorliegen. Ein positives Ergebnis wird auch durch Nachweis einer biologisch plausiblen Beziehung zwischen der Dosis und der Wirkungskurve bestätigt. Wie bereits erläutert, muss eine Reduzierung der VTG-Konzentration nicht unbedingt endokrinen Ursprungs sein. Ein positives Ergebnis sollte jedoch grundsätzlich als In-vivo-Nachweis einer endokrinen Wirkung ausgelegt werden und zur Klärung weitere Untersuchungen nach sich ziehen.
57.
Die Regulierungsbehörden können eine Histopathologie der Gonaden verlangen, um die Reproduktionsfähigkeit der Versuchstiere zu bestimmen und eine evidenzbasierte Bewertung der Testergebnisse zu ermöglichen. Eine solche Histopathologie der Gonaden muss u. U. nicht durchgeführt werden, wenn entweder VTG oder die sekundären Geschlechtsmerkmale positiv sind (d. h. VTG-Zunahme oder -Abnahme oder Induktion sekundärer Geschlechtsmerkmale).

LITERATURHINWEISE

(1) OECD (2006a). Report of the Initial Work Towards the Validation of the 21-Day Fish Screening Assay for the Detection of Endocrine active Substances (Phase 1A). OECD Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 60.

(2) OECD (2006b). Report of the Initial Work Towards the Validation of the 21-Day Fish Screening Assay for the Detection of Endocrine active Substances (Phase 1B). OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 61, Paris.

(3) OECD (2007). Final report of the Validation of the 21-day Fish Screening Assay for the Detection of Endocrine Active Substances. Phase 2: Testing Negative Substances. OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 78, Paris.

(4) Owens JW (2007). Phase 3 report of the validation of the OECD Fish Screening Assay. CEFIC LRI Project, Endocrine. http://www.cefic-lri.org/index.php?page=projects (accessed 18/09/08).

(5) US EPA (2007). Validation of the Fish Short-Term Reproduction Assay: Integrated Summary Report.15. Dezember 2007. US Environmental Protection Agency, Washington, DC. 104 ff.

(6) OECD (2008). Report of the Validation Peer Review for the 21-Day Fish Endocrine Screening Assay and Agreement of the Working Group of the National Coordinators of the Test Guidelines Programme on the Follow-up of this Report. OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 94, Paris.

(7) Sumpter J.P. und S. Jobling (1995). Vitellogenesis as a biomarker for estrogenic contamination of the aquatic environment. Environmental Health Perspectives; 103 Suppl 7:173-8 Review.

(8) Pawlowski S., et al. (2004). Androgenic and estrogenic effects of the synthetic androgen 17alpha-methyltestosterone on sexual development and reproductive performance in the fathead minnow (Pimephales promelas) determined using the gonadal recrudescence assay. Aquatic Toxicology; 68(3):277-91.

(9) Andersen L., et al. (2006). Short-term exposure to low concentrations of the synthetic androgen methyltestosterone affects vitellogenin and steroid levels in adult male zebrafish (Danio rerio). Aquatic Toxicology; 76(3-4):343-52.

(10) Ankley G.T., et al. (2002). Evaluation of the aromatase inhibitor fadrozole in a short-term reproduction assay with the fathead minnow (Pimephales promelas). Toxicological Sciences; 67(1):121-30.

(11) Panter G.H., et al. (2004). Successful detection of (anti-)androgenic and aromatase inhibitors in pre-spawning adult fathead minnows (Pimephales promelas) using easily measured endpoints of sexual development. Aquatic Toxicology; 70(1):11-21.

(12) Parks L.G., et al. (1999). Fathead minnow (Pimephales promelas) vitellogenin: purification, characterization and quantitative immunoassay for the detection of estrogenic compounds. Comparative Biochemistry and Physiology. Part C Pharmacology, toxicology and endocrinology; 123(2):113-25.

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(22) OECD (2010). Guidance Document on Fish Gonadal Histopathology. OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 123, Paris.

(23) OECD (2000) Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. Environmental Health and Safety Publications. Series on Testing and Assessment. No. 23. Paris

(24) Hutchinson T.H., et al. (2006a). Acute and chronic effects of carrier solvents in aquatic organisms: A critical review. Review. Aquatic Toxicology, 76; 69-92.

(25) Hutchinson T.H., et al. (2006b). Screening and testing for endocrine disruption in fish-biomarkers as „signposts,“ not „traffic lights,“ in risk assessment. Environmental Health Perspectives; 114 Suppl 1:106-14.

(26) Miles-Richardson S.R., et al. (1999). Effects of waterborne exposure to 17β -estradiol on secondary sex characteristics and gonads of the fathead minnow (Pimephales promelas). Aquat. Toxicol. 47, 129-145.

(27) Martinovic D., et al. (2008). Characterization of reproductive toxicity of vinclozolin in the fathead minnow and co-treatment with an androgen to confirm an anti-androgenic mode of action. Environ. Toxicol. Chem. 27, 478-488.

(28) OECD (2006c), Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application, OECD Environmental Health and Safety Publications Series on Testing and Assessment No. 54, OECD, Paris.

(29) US EPA (2008), Peer-Review Results for the Fish Short-Term Reproduction Assay, dated 30 January 2008, US Environmental Protection Agency, Washington DC. 110 S.

(30) OECD (2012), OECD Conceptual Framework for Testing and Assessment of Endocrine Disrupters, OECD Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 150, OECD, Paris.

Anlage 1

ABKÜRZUNGEN UND DEFINITIONEN

Besatz : Verhältnis des Nassgewichts der Fische zum Wasservolumen.

Besatzdichte : Anzahl Fische je Wasservolumen.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

ELISA : Enzyme-Linked Immunosorbent Assay.

HPG-Achse : Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse.

MTC : Maximum Tolerated Concentration, höchste noch verträgliche Konzentration, etwa 10 % des LC50-Werts.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

VK : Variationskoeffizient.

VTG : Vitellogenin ist ein Phospholipoglycoprotein-Vorläufer für Eidotterprotein, das in der Regel bei geschlechtlich aktiven weiblichen Tieren aller eierlegenden Arten vorkommt.

Anlage 2

VERSUCHSBEDINGUNGEN FÜR DEN FISCH-SCREENING-TEST ZUR BESTIMMUNG ENDOKRINER WIRKUNGEN



1.  Empfohlene Arten

Dickkopfelritze

(Pimephales promelas)

Japanischer Reiskärpfling

(Oryzias latipes)

Zebrabärbling

(Danio rerio)

2.  TesttypDurchflusssystemDurchflusssystemDurchflusssystem
3.  Wassertemperatur25 ± 2 °C25 ± 2 °C26 ± 2 °C
4.  BeleuchtungLeuchtstofflampen (breites Spektrum)Leuchtstofflampen (breites Spektrum)Leuchtstofflampen (breites Spektrum)
5.  Lichtintensität10-20 μE/m2/s, 540-1 000 lx oder 50-100 ft-c (Laborqualität)10-20 μE/m2/s, 540-1 000 lx oder 50-100 ft-c (Laborqualität)10-20 μE/m2/s, 540-1 000 lx oder 50-100 ft-c (Laborqualität)
6.  Fotoperiode (Morgen-/Abenddämmerungsphasen optional; nicht unbedingt erforderlich)16 Std. Licht, 8 Std. Dunkelheit12-16 Std. Licht, 12-8 Std. Dunkelheit12-16 Std. Licht, 12-8 Std. Dunkelheit
7.  Besatz< 5 g/l< 5 g/l< 5 g/l
8.  Größe der Prüfkammern10 l (mind.)2 l (mind.)5 l (mind.)
9.  Volumen der Testlösung8 l (mind.)1,5 l (mind.)4 l (mind.)
10.  Erneuerung der TestlösungenMindestens 6-mal täglichMindestens 5-mal täglichMindestens 5-mal täglich
11.  Alter der TestorganismenSiehe Nummer 21Siehe Nummer 21Siehe Nummer 21
12.  Ungefähres Nassgewicht der adulten Fische (g)

Weibchen: 1,5 ± 20 %

Männchen: 2,5 ± 20 %

Weibchen: 0,35 ± 20 %

Männchen: 0,35 ± 20 %

Weibchen: 0,65 ± 20 %

Männchen: 0,4 ± 20 %

13.  Anzahl Fische pro Prüfgefäß6 (2 Männchen, 4 Weibchen)6 (3 Männchen, 3 Weibchen)10 (5 Männchen, 5 Weibchen)
14.  Anzahl der Behandlungen= 3 (sowie entsprechende Kontrollen)= 3 (sowie entsprechende Kontrollen)= 3 (sowie entsprechende Kontrollen)
15.  Anzahl Gefäße je BehandlungMindestens 4Mindestens 4Mindestens 2
16.  Anzahl der Fische je Testkonzentration16 adulte Weibchen und 8 Männchen (4 Weibchen und 2 Männchen pro Replikatgefäß)12 adulte Weibchen und 12 Männchen (3 Weibchen und 3 Männchen pro Replikatgefäß)10 adulte Weibchen und 10 Männchen (5 Weibchen und 5 Männchen pro Replikatgefäß)
17.  FütterungsregimeLebende oder tiefgefrorene adulte Salinenkrebse oder Salinenkrebs-Nauplien zwei- bis dreimal täglich (ad libitum), handelsübliches Futter oder beides in KombinationSalinenkrebs-Nauplien zwei- bis dreimal täglich (ad libitum), handelsübliches Futter oder beides in KombinationSalinenkrebs-Nauplien zwei- bis dreimal täglich (ad libitum), handelsübliches Futter oder beides in Kombination
18.  BelüftungKeine, es sei denn, der Gehalt an gelöstem Sauerstoff fällt unter eine Luftsättigung von 60 %Keine, es sei denn, der Gehalt an gelöstem Sauerstoff fällt unter eine Luftsättigung von 60 %Keine, es sei denn, der Gehalt an gelöstem Sauerstoff fällt unter eine Luftsättigung von 60 %
19.  VerdünnungswasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes Wasser oder entchlortes LeitungswasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes Wasser oder entchlortes LeitungswasserSauberes Oberflächen- oder Brunnenwasser oder rekonstituiertes Wasser oder entchlortes Leitungswasser
20.  Präexpositionmöglichst 7-14 Tagemöglichst 7-14 Tagemöglichst 7-14 Tage
21.  Expositionsdauer21 Tage21 Tage21 Tage
22.  Biologische Endpunkte

— Überleben

— Verhalten

— Fruchtbarkeit

— sekundäre Geschlechtsmerkmale

— VTG

— optional Histopathologie der Gonaden

— Überleben

— Verhalten

— Fruchtbarkeit

— sekundäre Geschlechtsmerkmale

— VTG

— optional Histopathologie der Gonaden

— Überleben

— Verhalten

— Fruchtbarkeit

— VTG

— optional Histopathologie der Gonaden

23.  Akzeptanz des TestsGelöster Sauerstoff ≥ 60 % Sättigung; mittlere Temperatur 25 ± 2 °C; 90 %ige Überlebensrate der Fische in den Kontrollen; gemessene Testkonzentrationen innerhalb von 20 % der mittleren Messwerte je Behandlungsstufe.Gelöster Sauerstoff ≥ 60 % Sättigung; mittlere Temperatur 25 ± 2 °C; 90 %ige Überlebensrate der Fische in den Kontrollen; gemessene Testkonzentrationen innerhalb von 20 % der mittleren Messwerte je Behandlungsstufe.Gelöster Sauerstoff ≥ 60 % Sättigung; mittlere Temperatur 26 ± 2 °C; 90 %ige Überlebensrate der Fische in den Kontrollen; gemessene Testkonzentrationen innerhalb von 20 % der mittleren Messwerte je Behandlungsstufe.

Anlage 3

CHEMISCHE MERKMALE EINES GEEIGNETEN VERDÜNNUNGSWASSERS



BESTANDTEILKONZENTRATIONEN
Partikel< 20 mg/l
Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff< 2 mg/l
Nichtionisierter Ammoniak< 1 μg/l
Restchlor< 10 μg/l
Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden< 50 ng/l
Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen< 50 ng/l
Gesamtgehalt an organischem Chlor< 25 ng/l

Anlage 4A

LAICHSUBSTRAT FÜR ZEBRABÄRBLINGE

Laichschale : beliebige Instrumentenschale aus Glas, beispielsweise 22 × 15 × 5,5 cm (L × B × T), abgedeckt mit abnehmbarem Maschendrahtgitter aus Edelstahl (Maschenweite 2 mm); das Gitter sollte die Schale unterhalb des Randes komplett abdecken.

Auf dem Gitter das Laichsubstrat fixieren. Dabei eine Struktur gewährleisten, in die sich die Fische zurückziehen können. Geeignet sind beispielsweise Aquarienpflanzen aus grünem Kunststoff. (Hinweis: Eine mögliche Adsorption der Prüfchemikalie an das Kunststoffmaterial muss in diesem Fall berücksichtigt werden.) Das Kunststoffmaterial in einer ausreichenden Menge warmen Wassers waschen, um sicherzustellen, dass etwa vorhandene Chemikalien ausgetrieben werden und nicht in das Testwasser gelangen. Bei Verwendung von Materialien aus Glas ist sicherzustellen, dass die Fische weder verletzt noch bei heftigen Schwimmbewegungen eingeengt werden.

Der Abstand zwischen der Schale und den Glasscheiben muss mindestens 3 cm betragen, damit die Laichablage nicht außerhalb der Schale erfolgt. Die in die Schale abgelegten Eier fallen durch das Gitter und können 45-60 Minuten nach Einschalten der Beleuchtung entnommen werden. Die transparenten Eier haften nicht aneinander an und können bei transversaler Beleuchtung leicht gezählt werden. Bei fünf Weibchen pro Gefäß gelten bis zu 20 Eier/Tag als wenig, bis zu 100 Eier/Tag als mittel und über 100 Eier/Tag als viel. Die Laichschale herausnehmen, die Eier einsammeln und die Laichschale wieder in das Prüfgefäß stellen — entweder so spät wie möglich am Abend oder sehr früh am Morgen. Bis zum erneuten Einstellen darf höchstens eine Stunde vergehen, da der vom Laichsubstrat ausgehende Reiz dazu führen kann, dass es zu ungewöhnlichen Zeitpunkten zu Paarung und Laichablage kommt. Wird die Laichschale dennoch später in das Prüfbecken gestellt, so sollte dies frühestens 9 Stunden nach dem Einschalten der Beleuchtung geschehen. Zu diesem späten Tageszeitpunkt erfolgt keine Laichablage mehr.

Anlage 4B

LAICHSUBSTRAT FÜR DICKKOPFELRITZEN

Zwei oder drei kombinierte Platten und Schalen aus Kunststoff/Keramik/Glas oder Edelstahl als Laichunterlage in die Prüfkammern (z. B. 80 mm lange graue halbrunde Rinnen, aufgesetzte auf eine gebördelte, 130 mm lange Schale) stellen (siehe Abbildung). Gut akklimatisierte PVC- oder Keramikkacheln haben sich als Laichunterlage bewährt (Thorpe et al., 2007).

Die Platten anrauen, um die Haftung zu verbessern. Wenn nicht erwiesen ist, dass die Eier zuverlässig an der Laichunterlage haften, die Schalen außerdem mit einem Gitter abdecken, damit die Fische nicht an herabgefallene Eier gelangen.

Die Unterlage soll alle Eier aufnehmen können, die nicht an der Plattenoberfläche haften bleiben und folglich auf den Boden des Beckens fallen (sowie alle Eier, die direkt auf der flachen Kunststoffunterlage abgelegt werden). Alle Laichunterlagen sind vor Gebrauch mindestens 12 Stunden mit Verdünnungswasser zu spülen, um etwa vorhandene Schadstoffe auszutreiben.

Thorpe, K.L., Benstead, R., Hutchinson, T.H., Tyler, C.R., 2007. An optimised experimental test procedure for measuring chemical effects on reproduction in the fathead minnow, Pimephales promelas. Aquatic Toxicology, 81, 90-98.

Anlage 5A

BEWERTUNG DER SEKUNDÄREN GESCHLECHTSMERKMALE BEI DICKKOPFELRITZEN ZUM NACHWEIS BESTIMMTER CHEMIKALIEN MIT ENDOKRINER WIRKUNG

Überblick

Für Tests zum Nachweis endokriner Disruptoren potenziell wichtige äußere Merkmale bei adulten Dickkopfelritzen sind die Körperfarbe (hell/dunkel), die Farbmusterung (Vorhandensein oder Nichtvorhandensein senkrechter Streifen), die Körperform (Kopf- und Rumpfform, abdominale Distension) sowie spezifische sekundäre Geschlechtsmerkmale (Zahl und Größe der Laichknoten (Nuptialtuberkel), Größe des dorsalen Nackenaufwuchses und des Ovipositors).

Laichausschlag (Nuptialtuberkel) tritt am Kopf (dorsaler Aufwuchs) paarungsbereiter männlicher Dickkopfelritzen auf, gewöhnlich beidseitig symmetrisch (Jensen et al. 2001). Bei weiblichen Kontrollfischen sowie juvenilen männlichen und weiblichen Fischen zeigen sich keine Tuberkel (Jensen et al. 2001). Um die Augen und zwischen den Nasenöffnungen männlicher Tiere können sich bis zu acht Tuberkel bilden. Die meisten und größten Tuberkel finden sich in zwei parallelen Reihen unmittelbar unter den Nasenöffnungen und über dem Maul. Bei vielen Fischen befinden sich Tuberkelgruppierungen auch unterhalb des Unterkiefers; die in unmittelbarer Nähe des Mauls befindlichen Tuberkel treten gewöhnlich als einzelnes Paar auf; ventral können sich Gruppen von bis zu vier Tuberkeln entwickeln. In der Regel bilden sich selten mehr als 30 Tuberkel (typischerweise 18-28; Jensen et al. 2001). Zumeist (quantitativ gesehen) entwickeln sich Nuptialtuberkel als einzelne, verhältnismäßig runde Ausstülpungen, deren Höhe in etwa ihrem Radius entspricht. Die meisten paarungsbereiten Männchen weisen zumindest auch einige Tuberkel auf, die derart groß und auffällig sind, dass sie als Einzelstrukturen kaum noch erkennbar sind.

Einige Arten endokrin wirkender Chemikalien können beim jeweils anderen Geschlecht zu anomalen sekundären Geschlechtsmerkmalen führen. So können Androgenrezeptor-Agonisten wie 17α-Methyltestosteron oder 17β-Trenbolon bewirken, dass sich bei weiblichen Dickkopfelritzen Nuptialtuberkel bilden (Smith 1974; Ankley et al. 2001; 2003), während Östrogenrezeptor-Agonisten bei männlichen Tieren zu einer Verringerung der Anzahl oder Größe der Tuberkel führen können (Miles-Richardson et al. 1999; Harries et al. 2000).

Laichausschlag bei Dickkopfelritzen wird nachstehend nach Verfahren charakterisiert, wie sie im Labor der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency) in Duluth, MN, üblich sind. Spezifische Produkte und/oder Geräte können durch verfügbare vergleichbare Materialien ersetzt werden.

Eine Sichtprüfung erfolgt am besten unter einem beleuchteten Vergrößerungsglas oder einem beleuchteten Stereomikroskop mit Dreifach-Vergrößerung. Die Fische dorsal mit der vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend (d. h. Kopf zum Betrachter hin) untersuchen.

Fisch mit der vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend und in Bauchlage in eine kleine Petrischale (z. B. 100 mm Durchmesser) legen. Sucher scharf einstellen, damit die Tuberkel erkennbar werden. Fisch vorsichtig und langsam von einer Seite auf die andere drehen, um die Areale mit Tuberkeln zu bestimmen. Tuberkel zählen und einstufen.
Untersuchung an der ventralen Kopfseite wiederholen; dazu den Fisch mit der dorsalen vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend in die Petrischale legen.
Die Untersuchung sollte pro Fisch nicht länger als 2 Minuten dauern.

Zählen und Einstufen der Laichknoten (Nuptialtuberkel)

Zur Bewertung der Ausprägung des Laichausschlags bei adulten Dickkopfelritzen wurden sechs Areale identifiziert. Zur Darstellung der Region und der Zahl vorhandener Tuberkel wurde eine Vorlage (Formular) entwickelt (siehe Ende dieser Anlage). Die Zahl der Tuberkel aufzeichnen, und die Tuberkel der Größe nach wie folgt einstufen: 0 — keine Tuberkel, 1 — präsent, 2 — vergrößert und 3 — ausgeprägt (Abb. 1).

Bewertung 0 bedeutet, dass keine Tuberkel vorhanden sind. Bewertung 1 — Tuberkel präsent — betrifft jeden Knoten, bei dem eine einzelne Ausstülpung in etwa dem Radius des Knotens entspricht. Bewertung 2 — vergrößerter Tuberkel — betrifft Knoten mit sternförmig ausgebildetem Gewebe, das sich in der Regel durch eine große Grundfläche mit von der Mitte ausgehenden Rillen oder Furchen auszeichnet. Nach oben sind die Tuberkel häufig stärker gezackt, können aber auch abgerundet sein. Bewertung 3 — ausgeprägter Laichausschlag — bedeutet in der Regel, dass das Areal verhältnismäßig groß und abgerundet und weniger strukturiert ist. Manchmal verschmelzen diese Tuberkel entlang einer oder mehrerer Regionen (B, C und D; s. u.). Farbe und Form sind ähnlich wie bei Bewertung 2, was manchmal die Unterscheidung erschwert. Eine Einstufung nach diesem System ergibt bei normalen männlichen Kontrollexemplaren mit 18-20 Tuberkeln einen Gesamtwert von < 50 Tuberkeln (Jensen et al. 2001).

Abbildung 1

Die tatsächliche Anzahl Tuberkel kann bei bestimmten Fischen größer sein als es das Formularfeld für das einzustufende Ausschlagareal zulässt. In diesem Fall können rechts oder links neben dem betreffenden Feld zusätzliche Einstufungen angegeben werden. Die Vorlage muss daher nicht unbedingt Symmetrie aufzeigen. Eine weitere Methode zur Veranschaulichung paarweise auftretender oder vertikal auf der horizontalen Ebene des Mauls verbundener Tuberkel besteht in der doppelten Markierung zweier Einstufungen innerhalb eines einzigen Feldes.

Darzustellende Tuberkelregionen:

A — Augenregion: Dorsal bis ventral um den vorderen Augenrand; in der Regel viele Tuberkel bei geschlechtsreifen männlichen Kontrollexemplaren; bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent; in der Regel paarweises Auftreten (jeweils ein Tuberkel in der Nähe des Auges) bzw. Einzelvorkommen bei androgen-exponierten weiblichen Tieren.

B — Nasenregion zwischen Nasengruben (Sensorkanalporen): bei männlichen Kontrollexemplaren in der Regel paarweises Auftreten in stärkerer Ausprägung (2 — vergrößert — oder 3 — stark ausgeprägt); bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent, jedoch vereinzeltes Vorkommen bei androgen-exponierten weiblichen Tieren.

C — Nasenregion unmittelbar vor den Nasengruben, parallel zum Maul: in der Regel vergrößert oder stark ausgeprägt bei geschlechtsreifen männlichen Kontrollexemplaren; bei weniger entwickelten männlichen Tieren oder androgen-exponierten weiblichen Tieren präsent oder vergrößert.

D — Maulregion (entlang der Maullinie): bei männlichen Kontrollexemplaren in der Regel ausgeprägt; bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent; bei androgen-exponierten weiblichen Tieren können jedoch Tuberkel vorkommen.

E — Unterkieferregion (nahe am Maul): gewöhnlich klein und gepaart; bei männlichen Kontroll- oder exponierten Fischen unterschiedlich ausgeprägt.

F — Rumpfregion (ventral zu E): in der Regel klein und gepaart; bei männlichen Kontrollexemplaren und androgen-exponierten weiblichen Tieren präsent.

LITERATURHINWEISE

(1) Ankley GT, Jensen KM, Kahl MD, Korte JJ, Makynen ME. 2001. Description and evaluation of a short-term reproduction test with the fathead minnow (Pimephales promelas). Environ Toxicol Chem 20:1276-1290.

(2) Ankley, G.T., Jensen, K.M., Makynen, E.A., Kahl, M.D., Korte, J.J., Hornung, M.W., Henry, T.R., Denny, J.S., Leino, R.L., Wilson, V.S., Cardon, M.C., Hartig, P.C., Gray, E.L. 2003. Effects of the androgenic growth promoter 17-β trenbolone on fecundity and reproductive endocrinology of the fathead minnow. Environ Toxicol Chem 22:1350-1360.

(3) Harries JE, Runnalls T, Hill E, Harris CA, Maddix S, Sumpter JP, Tyler CR. 2000. Development of a reproductive performance test for endocrine disrupting chemicals using pair-breeding fathead minnows (Pimephales promelas). Environ Sci Technol 34:3003-3011.

(4) Jensen KM, Korte JJ, Kahl MD, Pasha MS, Ankley GT. 2001. Aspects of basic reproductive biology and endocrinology in the fathead minnow (Pimephales promelas). Comp Biochem Physiol C 128:127-141.

(5) Kahl, M.D., Jensen, K.M., Korte, J.J., Ankley, G.T. 2001. Effects of handling on endocrinology and reproductive performance of the fathead minnow. J Fish Biol 59:515-523.

(6) Miles-Richardson, S.R., Kramer, V.J., Fitzgerald, S.D., Render, J.A., Yamini, B., Barbee, S.J., Giesy, J.P. 1999. Effects of waterborne exposure of 17-estradiol on secondary sex characteristics and gonads of fathead minnows (Pimephales promelas). Aquat Toxicol 47:129-145.

(7) Smith, R.J.F. 1974. Effects of 17α-methyltestosterone on the dorsal pad and tubercles of fathead minnows (Pimephales promelas). Can J Zool 52:1031-1038.

Anlage 5B

BEWERTUNG DER SEKUNDÄREN GESCHLECHTSMERKMALE BEI JAPANISCHEN REISKÄRPFLINGEN ZUM NACHWEIS BESTIMMTER CHEMIKALIEN MIT ENDOKRINER WIRKUNG

Im Folgenden wird die Messung von Papillenprozessen  als sekundäre Geschlechtsmerkmale Japanischer Reiskärpflinge (Oryzias latipes) beschrieben.

(1) Nach Ausräumung der Leber (Anlage 6) den Fisch in ein konisches Rohr mit etwa 10 ml 10 %igem neutral gepuffertem Formalin legen (Kopf nach oben, Schwanz nach unten). Wenn die Gonaden in einer anderen Lösung als 10 %igem neutral gepuffertem Formalin fixiert werden, den Körper zwischen dem vorderen Bereich der Afterflosse und dem After mit einer Rasierklinge transversal durchtrennen, ohne die Genitalpapillen und die eigentlichen Gonaden zu beschädigen (Abb. 3). Den Fisch mit der kranialen Seite in die Fixierlösung legen, um die Gonaden zu konservieren; die Schwanzseite in die 10 %ige neutral gepufferte Formalinlösung legen (s. o.).

(2) Nach Einlegen des Fisches in 10 %iges neutral gepuffertes Formalin den vorderen Bereich der Afterflosse mit einer Pinzette fassen und für etwa 30 Sekunden spreizen, um die Afterflosse offen zu halten. Beim Greifen mit einer Pinzette einige Flossenstrahlen im vorderen Bereich vorsichtig mitfassen, um Kratzer auf den Papillen zu vermeiden.

(3) Nach dem Spreizen der Afterflosse für etwa 30 Sekunden den Fisch bis zur Messung der Papillenprozesse in 10 %igem neutral gepuffertem Formalin bei Raumtemperatur aufbewahren. (Die Messung frühestens nach 24-stündiger Fixierung vornehmen.)

Messung

(1) Nach Fixieren des Fischkörpers in 10 %iger neutral gepufferter Formalinlösung für mindestens 24 Stunden die Körper aus dem konischen Rohr nehmen; das Formalin mit Filterpapier (oder Papiertüchern) abtupfen.

(2) Den Fisch mit der Bauchseite nach oben legen. Die Afterflosse mit einer kleinen Sezierschere vorsichtig abtrennen (vorzugsweise mit etwas Pterygiophorgewebe).

(3) Den vorderen Teil der abgetrennten Afterflosse mit einer Pinzette aufnehmen und mit einigen Tropfen Wasser auf einem Glasträger fixieren. Die Afterflosse mit einem Deckglas abdecken. Beim Fassen mit der Pinzette darauf achten, dass die Papillen nicht zerkratzt werden.

(4) Die verbundenen Flossenplatten mit Papillenprozessen mit Hilfe des Zählers unter einem Biomikroskop (aufrechtes oder Inversmikroskop) zählen. Papillenprozesse liegen vor, wenn am hinteren Rand der verbundenen Platte kleine Papillenbildungen zu erkennen sind. Die Zahl der verbundenen Platten mit Papillenprozessen für jeden einzelnen Flossenstrahl auf dem Arbeitsblatt vermerken (z. B. erster Flossenstrahl: 0, zweiter Flossenstrahl: 10, dritter Flossenstrahl: 12 usw.); die Summe dieser Zahlen, aufgeschlüsselt nach Fischen, in den Excel-Kalkulationsbogen eingetragen. Falls erforderlich, die Afterflosse fotografieren und die Zahl der verbundenen Flossenplatten mit Papillenprozessen auf dem Foto ermitteln.

(5) Nach der Messung die Afterflosse zur Konservierung und Aufbewahrung in das unter Nummer 1 beschriebene konische Rohr legen.

Abb. 1

Schaubild zur Veranschaulichung der an Form und Größe der Afterflosse erkennbaren Geschlechtsunterschiede; A — männlich; B — weiblich. Oka, T. B., 1931. On the processes on the fin rays of the male of Oryzias latipes and other sex characters of this fish. J. Fac. Sci., Tokyo Univ., IV, 2: 209-218.

Abb. 2

A — Prozesse auf verbundenen Afterflossenplatten. J.P. — verbundene Platte; A.S. — axialer Bereich; P — Prozess. B — Distales Ende des Flossenstrahls; Actinotrichien (Act.) an der Spitze; Oka, T. B., 1931. On the processes on the fin rays of the male of Oryzias latipes and other sex characters of this fish. J. Fac. Sci., Tokyo Univ., IV, 2: 209-218.

Abb. 3

Foto eines Fischkörpers mit Schnittstelle bei Fixierung der Gonaden in einer anderen Fixierlösung als 10 %iges neutral gepuffertes Formalin. In diesem Fall wird der restliche Körper zwischen der vorderen Region der Afterflosse und dem After mit einer Rasierklinge (rote Linie) abgetrennt; die Kopfseite des Fisches wird in die Fixierlösung für Gonaden, die Schwanzseite in 10 %iges neutral gepuffertes Formalin gelegt.

Anlage 6

EMPFOHLENE VERFAHREN FÜR DIE ENTNAHME VON PROBEN FÜR DIE VITELLOGENIN-ANALYSE

Es ist darauf zu achten, dass es nicht zu Kreuzkontaminationen zwischen den VTG-Proben männlicher und weiblicher Tiere kommt.

Verfahren 1A:   Dickkopfelritze, Blutentnahme aus der Schwanzvene/-arterie

Nach der Betäubung den Schwanzansatz mit einem Skalpell teilweise durchtrennen und mit einem heparinisierten Mikrohämatokrit-Kapillarröhrchen aus der Schwanzvene/-arterie Blut entnehmen. Nach der Blutentnahme das Plasma schnell durch 3-minütige Zentrifugierung mit 15 000  g (bzw. alternativ 10 min. mit 15 000  g bei einer Temperatur von 4 °C) isolieren. Soweit erwünscht, kann nach der Zentrifugierung der Hämatokritwert (in %) ermittelt werden. Anschließend das Plasma aus dem Mikrohämatokrit-Röhrchen entnehmen und in einem Zentrifugenröhrchen mit 0,13 Einheiten Aprotinin (einem Protease-Inhibitor) bei – 80 °C aufbewahren, bis die VTG-Konzentration bestimmt werden kann. Je nach (geschlechtsabhängiger) Größe der Dickkopfelritze können pro Fisch in der Regel 5-60 μl Plasma entnommen werden (Jensen et al. 2001).

Verfahren 1B:   Dickkopfelritze, Blutentnahme aus dem Herzen

Alternativ kann Blut auch durch Herzpunktion mittels heparinisierter Spritze (1 000  Einheiten Heparin pro ml) entnommen werden. Das Blut anschließend in Eppendorf-Röhrchen (auf Eis) geben und zentrifugieren (5 min, 7 000  g, Raumtemperatur). Das Plasma in saubere Eppendorf-Röhrchen füllen (in Aliquoten, wenn das Plasmavolumen dies zulässt), umgehend auf -80 oC einfrieren und bis zur Analyse aufbewahren (Panter et al., 1998).

Verfahren 2A:   Japanische Reiskärpflinge, Exzision der Leber

Entnahme der Prüffische aus dem Prüfbecken

(1) Testfische mit dem kleinen Löffelsieb aus dem Prüfbecken nehmen. Dabei darauf achten, dass die Fische nicht in andere Becken fallen.

(2) Die Fische grundsätzlich in nachstehender Reihenfolge entnehmen: Kontrolle, (gegebenenfalls) Lösungsmittelkontrolle, niedrigste Konzentration, mittlere Konzentration, höchste Konzentration und Positivkontrolle. Außerdem aus einem Prüfbecken zunächst alle männlichen Tiere entnehmen, dann die weiblichen.

(3) Anhand der äußerlichen (sekundären) Geschlechtsmerkmale (z. B. Form der Afterflosse) das Geschlecht der Fische bestimmen.

(4) Die Prüffische in ein Transportbehältnis setzen und zur Exzision der Leber an einen Arbeitsplatz bringen. Die Beschriftung des Prüfbeckens und des Transportbehältnisses auf Richtigkeit überprüfen, um sicherzustellen, dass die Zahl der aus dem Prüfbecken entnommenen Fische mit der Zahl der noch darin verbliebenen Fische übereinstimmt.

(5) Kann das Geschlecht anhand der äußerlichen Merkmale nicht bestimmt werden, alle Fische aus dem Prüfbecken entnehmen. In diesem Fall das Geschlecht durch Sichtprüfung der Gonaden oder der sekundären Geschlechtsmerkmale unter einem Stereomikroskop bestimmen.

Exzision der Leber

(1) Die Prüffische aus dem Transportbehältnis nehmen und mit dem kleinen Löffelsieb in die Betäubungslösung setzen.

(2) Nach dem Betäuben den Prüffisch mit einer (handelsüblichen) Pinzette auf Filterpapier (oder ein Papiertuch) legen. Dabei die Pinzette beidseitig am Kopf ansetzen, damit der Schwanz nicht bricht.

(3) Die Oberfläche des Fisches mit Filterpapier (oder einem Papiertuch) trockentupfen.

(4) Den Fisch mit der Bauchseite nach oben legen. Mit einer kleinen Sezierschere zwischen ventralem Halsbereich und Bauchmitte einen kleinen transversalen Einschnitt vornehmen.

(5) Die Sezierschere in diesen kleinen Einschnitt einführen und den Bauch auf einer kaudal zum Kiemenbogen angesetzten Schnittlinie entlang der Bauchmittellinie bis hin zur kranialen Seite des Afters öffnen. Um Leber und Gonaden nicht zu beschädigen, die Sezierschere nicht zu tief einführen.

(6) Unter dem Stereomikroskop folgende Schritte vornehmen:

(7) Den Fisch mit der Bauchseite nach oben auf das Papiertuch (oder eine gläserne Petrischale oder einen Glasträger) legen.

(8) Die Wände der Bauchhöhle mit Präzisionspinzetten spreizen und die inneren Organe freilegen. Falls erforderlich, kann dazu eine Seite der Bauchhöhle entfernt werden.

(9) Den anhaftenden Teil der Leber und der Gallenblase mit einer weiteren Präzisionspinzette freilegen. Den Gallengang fassen und die Gallenblase abtrennen. Dabei darauf achten, dass letztere nicht beschädigt wird.

(10) Die Speiseröhre fassen, und auf die gleiche Weise den Magen-Darm-Trakt von der Leber abtrennen. Darauf achten, dass kein Magen-Darm-Inhalt austritt. Den Magen-Darm-Trakt schwanzseitig vom After trennen und aus der Bauchhöhe nehmen.

(11) Fett und sonstiges Gewebe um die Leber entfernen. Die Leber darf dabei nicht beschädigt werden.

(12) Den Leberausgang mit der Präzisionspinzette fassen und die Leber aus der Bauchhöhle entnehmen.

(13) Die Leber auf den Glasträger legen. Mit der Präzisionspinzette erforderlichenfalls Fett und sonstiges externes Gewebe (z. B. Bauchfell) von der Leberoberfläche entfernen.

(14) Das Gewicht der Leber mit einem 1,5-ml-Mikroröhrchen (Leergewicht) und einer elektronischen Analysewaage bestimmen. Den Messwert in das Arbeitsblatt eintragen (auf 0,1 mg genau). Mit den Angaben auf dem Etikett des Mikroröhrchens abgleichen.

(15) Das Mikroröhrchen mit der Leber verschließen und in ein Kühlgestell (oder ein Eis-Rack) setzen.

(16) Nach Exzision einer Leber die Sezierinstrumente reinigen oder wechseln.

(17) Die Lebern aller Fische im Transportbehältnis entnehmen, wie oben beschrieben.

(18) Nach Exzision der Lebern aller Fische im Transportbehältnis (d. h. aller männlichen oder allen weiblichen Tieren in einem Prüfbecken) die Leberproben in ein etikettiertes Reagenzglasgestell setzen und in einen Gefrierschrank stellen. Sind die Lebern kurz nach der Exzision einer Vorbehandlung zu unterziehen, die Proben in einem Kühlgestell (oder Eis-Rack) zum nächsten Arbeitsplatz bringen.

Nach Exzision der Lebern steht der Fischkörper zur Histologie der Gonaden und Messung der sekundären Geschlechtsmerkmale zu Verfügung.

Leberproben

Die von den Prüffischen entnommenen Leberproben bei ≤ – 70 °C lagern, sofern sie nicht kurz nach der Exzision vorbehandelt werden sollen.

Verfahren 2 B:   Japanische Reiskärpflinge (Oryzias latipes), Vorbehandlung der Leber für die Vitellogenin-Analyse

Die Flasche mit dem Homogenatpuffer aus dem ELISA-Kit nehmen und mit zerstoßenem Eis kühlen (Temperatur der Lösung: ≤ 4 °C). Wird Homogenatpuffer aus dem EnBio-ELISA verwendet, die Lösung zunächst bei Raumtemperatur auftauen und die Flasche anschließend auf zerstoßenem Eis kühlen.

Das Volumen des Homogenatpuffers für die Leber richtet sich nach dem Lebergewicht (pro mg Leber je 50 μl Homogenatpuffer.) Wiegt die Leber beispielsweise 4,5 mg, so beträgt das Volumen des Homogenatpuffers 225 μl. Die Volumina der Homogenatpuffer für sämtliche Lebern in einer Liste erfassen.

Vorbereitung der Lebern zur Vorbehandlung

(1) Das 1,5-ml-Mikroröhrchen mit der Leber erst unmittelbar vor der Vorbehandlung aus dem Gefrierschrank nehmen.

(2) Um Vitellogenin-Kontaminationen zu vermeiden, die Lebern männlicher Fische vor den Lebern der weiblichen Fische vorbehandeln. Die Vorbehandlung der Testgruppen sollte zudem in der folgenden Reihenfolge ablaufen: Kontrolle, (gegebenenfalls) Lösungsmittelkontrolle, niedrigste Konzentration, mittlere Konzentration, höchste Konzentration und Positivkontrolle.

(3) Aus dem Gefrierschrank immer nur so viel 1,5-ml-Mikroröhrchen mit Leberproben entnehmen, wie auch gleichzeitig zentrifugiert werden können.

(4) Die 1,5-ml-Mikroröhrchen mit den Leberproben in der Reihenfolge der Nummern der Proben aus dem Eis-Rack anordnen. (Die Lebern brauchen nicht aufgetaut zu werden.)

Vorbehandlung

1)   Zugabe des Homogenatpuffers

Nachdem anhand der Liste geprüft wurde, welches Volumen des Homogenatpuffers jeweils für ein Leberpräparat zu verwenden ist, die Mikropipette (Volumenbereich: 100-1 000  μl) auf das entsprechende Volumen einstellen. Eine saubere Spitze aufsetzen.

Homogenatpuffer aus der Reagenzflasche entnehmen und in die 1,5-ml-Mikroröhrchen mit Leber geben.

Homogenatpuffer allen leberhaltigen 1,5-ml-Mikroröhrchen wie oben beschrieben zugeben. Die Spitze der Mikropipette braucht nicht gewechselt zu werden. Ist die Spitze jedoch verunreinigt oder wird vermutet, dass sie verunreinigt ist, muss sie jedoch ausgewechselt werden.

2)   Homogenisieren der Leber

Am Homogenisator ein neues Pistill befestigen.
Das Pistill in das 1,5-ml-Mikroröhrchen einführen. Dabei den Mikroröhrchen-Homogenisator so halten, dass die Leber zwischen Pistill-Oberfläche und innere Wand des 1,5-ml-Mikroröhrchens gedrückt wird.
Den Mikroröhrchen-Homogenisator für 10-20 Sekunden bedienen. Danach das 1,5-ml-Mikroröhrchen auf zerstoßenem Eis abkühlen.
Das Pistill aus dem 1,5-ml-Mikroröhrchen nehmen und die Probe etwa 10 Sekunden ruhen lassen. Anschließend eine Sichtprüfung des Suspensionszustands vornehmen.
Sind Leberstückchen in der Suspension zu erkennen, die Schritte (3) und (4) wiederholen, um ein zufriedenstellendes Leberhomogenat zu erhalten.
Das suspendierte Leberhomogenat bis zum Zentrifugieren auf dem Eis-Rack abkühlen.
Das Pistill bei jedem neuen Homogenat auswechseln.
Alle Lebern mit dem Homogenatpuffer homogenisieren, wie oben beschrieben.

3)   Zentrifugen des suspendierten Leberhomogenats

Sicherstellen, dass die gekühlte Zentrifugierkammer eine Temperatur von ≤ 5 °C aufweist.
Die 1,5-ml-Mikroröhrchen mit dem suspendierten Leberhomogenat in die gekühlte Zentrifuge stellen (erforderlichenfalls nach einer Ausbalancierung).
Das suspendierte Leberhomogenat für 10 Minuten bei einer Temperatur von ≤ 5 °C mit 13 000  g zentrifugieren. Wird der Überstand in geeigneter Weise abgetrennt, können Zentrifugalkraft und Zeitdauer jedoch nach Bedarf eingestellt werden.
Nach der Zentrifugierung kontrollieren, ob der Überstand angemessen abgetrennt wurde (Oberfläche: lipid; Zwischenschicht: Überstand, untere Schicht: Lebergewebe). Bei unangemessener Trennung die Suspension unter denselben Bedingungen erneut zentrifugieren.
Alle Proben aus der gekühlten Zentrifuge nehmen und in der Reihenfolge der Nummern der Proben auf dem Eis-Rack anordnen. Dabei darauf achten, dass die getrennten Schichten nach der Zentrifugierung nicht resuspendieren.

4)   Entnahme des Überstands

Vier 0,5-ml-Mikroröhrchen zur Entnahme des Überstands in das Reagenzglasgestell setzen.
Jeweils 30 μl Überstand (als Zwischenschicht abgetrennt) mit der Mikropipette entnehmen und in eines der 0,5-ml-Mikroröhrchen geben. Dabei darauf achten, dass kein Lipidmaterial (Oberfläche) oder Lebergewebe (untere Schicht) aufgenommen wird.
Den Überstand entnehmen und wie oben beschrieben in zwei weitere 0,5-ml-Mikroröhrchen dispensieren.
Übrigen Überstand mit der Mikropipette entnehmen (möglichst ≥ 100 μl) und in das verbleibende 0,5-ml-Mikroröhrchen geben. Dabei darauf achten, dass kein Lipidmaterial (Oberfläche) oder Lebergewebe (untere Schicht) aufgenommen wird.
Das 0,5-ml-Mikroröhrchen verschließen und auf dem Etikett das Volumen des Überstands notieren. Danach die Mikroröhrchen sofort auf dem Eis-Rack kühlen.
Für jeden Überstand die Spitze der Mikropipette wechseln. Haftet sehr viel Lipidmaterial an der Spitze an, die Spitze umgehend auswechseln, um das Leberextrakt nicht mit Fett zu kontaminieren.
Den gesamten zentrifugierten Überstand wie oben beschrieben in vier 0,5-ml-Mikroröhrchen geben.
Danach alle etikettierten 0,5-ml-Mikroröhrchen in das Reagenzglasgestell setzen und im Gefrierfach einfrieren. Werden die VTG-Konzentrationen unmittelbar nach der Vorbehandlung gemessen, ein 0,5-ml-Mikroröhrchen (mit 30 μl des Überstands) im Reagenzglasgestell abkühlen und an den Arbeitsplatz bringen, an dem der ELISA durchgeführt werden soll. In diesem Fall die übrigen Mikroröhrchen in die Reagenzglasgestelle setzen und im Gefrierschrank einfrieren.
Nach Entnahme des Überstands den verbleibenden Rückstand angemessen entsorgen.

Lagerung der Probe

Die 0,5-ml-Mikroröhrchen mit dem Überstand des Leberhomogenats bis zur Durchführung des ELISA bei ≤ – 70 °C lagern.

Verfahren 3A:   Zebrabärblinge, Blutentnahme aus der Schwanzvene/-arterie

Unmittelbar nach der Betäubung den Schwanzansatz mit einem Skalpell teilweise durchtrennen und mit einem heparinisierten Mikrohämatokrit-Kapillarröhrchen aus der Schwanzvene/-arterie Blut entnehmen. Die Blutvolumen betragen je nach Größe der Fische 5 bis 15 μl. In das Mikrokapillarrohr die gleiche Menge Aprotininpuffer (6 μg/ml in PBS) geben, und das Plasma durch Zentrifugieren (5 Minuten bei 600 g) vom Blut trennen. Das Plasma in den Teströhrchen auffangen und bis zur Bestimmung der VTG-Konzentration oder anderer relevanter Proteine bei -20 oC lagern.

Verfahren 3B:   Zebrabärblinge, Blutentnahme durch Herzpunktion

Um eine Koagulierung des Bluts und einen Proteinabbau zu vermeiden, die Proben mit heparinisierter (1 000 Einheiten/ml) phosphatgepufferter Salzlösung (PBS) und dem Proteasehemmer Aprotinin (2 TIU/ml) entnehmen. Als Pufferbestandteile werden Heparin-Ammoniumsalz und lyophilisiertes Aprotinin, für die Blutentnahme Spritzen (1 ml) mit fixierter dünner Nadel (z. B. Braun Omnikan-F) empfohlen. Die Spritze muss mit der Pufferlösung vorgefüllt sein (ca. 100 μl), damit die geringen Blutvolumina der einzelnen Fische vollständig eluiert werden können. Die Blutproben durch Herzpunktion entnehmen. Dazu die Fische zunächst mit MS-222 (100 mg/l) betäuben. Bei angemessener Betäubung ist der Herzschlag der Zebrabärblinge wahrnehmbar. Beim Punktieren des Herzens den Spritzenkolben unter leichter Spannung halten. Die zu entnehmendem Blutvolumina liegen zwischen 20 und 40 μl. Nach der Herzpunktion das Blut-/Puffer-Gemisch in die Teströhrchen geben. Das Plasma durch Zentrifugieren (20 min mit 5 000  g) vom Blut trennen und bis zur Analyse bei -80 oC lagern.

Verfahren 3C:   Standardarbeitsverfahren (SOP): Zebrabärblinge, Homogenisierung von Kopf- und Schwanzgewebe

1.
Die Fische betäuben und töten, wie für den Test beschrieben.
2.
Kopf und Schwanz der Fische abtrennen, siehe Abbildung 1.

Wichtig: Alle Sezierinstrumente und das Sezierbrett sind nach jedem Fisch abzuspülen und ordnungsgemäß zu reinigen (z. B. mit 96 %igem Ethanol), um „VTG-Kontaminationen“ nicht induzierter Männchen durch weibliche Fische oder induzierte Männchen zu vermeiden.

Abbildung 1

3.
Das Gewicht der gepoolten Kopf- und Schwanzteile auf 1 mg genau abmessen.
4.
Nach dem Wiegen die Teile in geeignete Röhrchen (z. B. 1,5 ml Eppendorf) geben und bei -80 oC bis zur Homogenisierung einfrieren oder unmittelbar mit zwei Kunststoff-Pistillen auf Eis homogenisieren. (Alternativ können auch andere Methoden angewendet werden, sofern sie auf Eis durchgeführt werden und eine homogene Masse entsteht.) Wichtig: Die Röhrchen sind ordnungsgemäß zu nummerieren, damit die Kopf- und Schwanzteile für die histologische Gonadenuntersuchung dem jeweiligen Rumpf zugeordnet werden können.
5.
Nach Herstellung einer homogenen Masse das Vierfache des Gewebegewichts des eisgekühlten Homogenisierungspuffers  hinzugeben. Mit den Pistillen weiterarbeiten, bis eine homogene Mischung entsteht. Wichtiger Hinweis: Für jeden Fisch ist ein frisches Pistill zu verwenden.
6.
Die Proben bis zur Zentrifugierung (4 °C, 50 000  g, 30 Minuten) auf Eis legen.
7.
Mit einer Pipette 20 μl-Portionen des Überstands in mindestens zwei Röhrchen geben; dabei die Spitze der Pipette durch die oberflächige Fettschicht führen und den Überstand vorsichtig ansaugen, ohne jedoch Fett- oder Pelletfraktionen mitaufzunehmen.
8.
Die Röhrchen bis zur Verwendung bei – 80 oC lagern.

Anlage 7

VITELLOGENIN-ANGEREICHERTE PROBEN UND INTER-ASSAY-REFERENZSTANDARD

An jedem Tag, an dem VTG-Bestimmungen vorgenommen werden, ist eine nach einem Inter-Assay-Referenzstandard hergestellte Anreicherungsprobe zu analysieren. Das für den Inter-Assay-Referenzstandard verwendete VTG muss aus einer anderen Charge als das VTG stammen, das zur Herstellung der Kalibrierstandards für den durchzuführenden Assay verwendet wurde.

Die Anreicherungsprobe wird hergestellt, indem eine bekannte Menge des Inter-Assay-Standards einer Plasmaprobe männlicher Kontrollfische zugegeben wird. Die Probe anreichern, bis eine VTG-Konzentration erreicht wird, die 10- bis 100-mal höher ist als die bei männlichen Kontrollfischen erwartete VTG-Konzentration. Die so angereicherte Probe kann von einem einzelnen Fisch oder von mehreren Fischen stammen.

In mindestens zwei Mulden eine Teilprobe nicht angereicherten Plasmas männlicher Kontrolltiere analysieren. Die angereicherte Probe auch in mindestens zwei Duplikatmulden analysieren. Die mittlere VTG-Menge in den beiden nicht angereicherten Plasmaproben männlicher Kontrollfische der berechneten VTG-Menge hinzurechnen, die zur Anreicherung der Proben zugegeben wurde, um die erwartete Konzentration zu bestimmen. Das Verhältnis dieser erwarteten zur gemessenen Konzentration zusammen mit den Ergebnissen der an dem betreffenden Tag durchgeführten Assays protokollieren.

Anlage 8

FLUSSDIAGRAMM ALS ENTSCHEIDUNGSHILFE FÜR DIE STATISTISCHE ANALYSE

C.49.   PRÜFUNG AUF AKUTE TOXIZITÄT AN FISCHEMBRYONEN (FET)

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 236 (2013). Darin wird der Fischembryonentest auf akute Toxizität (FET) an Zebrabärblingen (Danio rerio) beschrieben. Mit diesem Test soll die akute Toxizität von Chemikalien bei Fischen im Embryonalstadium bestimmt werden. Der FET-Test basiert auf Studien und Validierungen, die an Zebrabärblingen durchgeführt wurden (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14). Er wurde erfolgreich an einem breiten Spektrum von Chemikalien mit verschiedener Wirkungsweise, Löslichkeit, Flüchtigkeit und Hydrophobie getestet (15 und 16).
2.
Die in dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

3.
Frisch befruchtete Eier von Zebrabärblingen werden der Prüfchemikalie über einen Zeitraum von 96 Stunden ausgesetzt. In Abständen von 24 Stunden werden bis zu vier apikale Beobachtungen als Letalitätsindikatoren protokolliert (6): i) Koagulation der befruchteten Eier, ii) fehlende Somitenbildung, iii) fehlende Abtrennung der Schwanzknospe vom Dottersack und iv) fehlender Herzschlag. Am Ende des Expositionszeitraums wird die akute Toxizität basierend auf einem positiven Ergebnis bei einer der vier protokollierten apikalen Beobachtungen bestimmt und die LC50 berechnet.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

4.
Zu nützlichen Informationen über stoffspezifische Eigenschaften zählen Strukturformel, Molekulargewicht, Reinheit, Stabilität in Wasser, die Lichtbeständigkeit, pKa und Kow, Wasserlöslichkeit und Dampfdruck sowie die Ergebnisse einer Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit (Kapitel C.4 (17) oder Kapitel C.29 (18)). Aus der Wasserlöslichkeit und dem Dampfdruck kann die Henry-Konstante berechnet werden, der zu entnehmen ist, ob erhebliche Verluste der Prüfchemikalie aufgrund von Verdampfung zu erwarten sind. Die Konzentration des Stoffs in den Prüflösungen sollte nach einer zuverlässigen Analysemethode mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und Nachweisgrenze bestimmt werden.
5.
Wird die Prüfmethode zur Prüfung eines Gemischs angewandt, sollte die Zusammensetzung des Gemischs so genau wie möglich charakterisiert werden, z. B. durch Angabe der chemischen Identität, des quantitativen Vorkommens und der stoffspezifischen Eigenschaften der Komponenten (siehe Nummer 4). Bevor die Prüfmethode zur gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung eines Gemischs angewendet wird, sollte geprüft werden, ob sie für solche Zwecke geeignete Ergebnisse liefert.
6.
Was durch Metabolisierung aktivierbare Stoffe betrifft, so gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Embryonen von Zebrabärblingen Biotransformationsfähigkeiten besitzen (19) (20) (21) (22). Jedoch ist die metabolische Kapazität embryonaler Fische nicht immer mit derjenigen von Jungfischen oder adulten Fischen vergleichbar. So wurden beispielsweise die protoxischen Eigenschaften von Allylalkohol (9) im FET-Test nicht erkannt. Liegen daher Anzeichen vor, dass Metaboliten oder andere relevante Transformationsprodukte toxischer als die Ausgangsverbindung sind, empfiehlt es sich ferner, den Test mit diesen Metaboliten/Transformationsprodukten durchzuführen und diese Ergebnisse bei den Schlussfolgerungen zur Toxizität der Prüfchemikalie ebenfalls zu berücksichtigen oder alternativ einen anderen Test durchzuführen, bei dem die Metabolisierung stärker berücksichtigt wird.
7.
Bei Stoffen mit einem Molekulargewicht ≥ 3 kDa und einer sehr massigen Molekularstruktur sowie Stoffen, die zu einem verzögerten Schlüpfen führen, wodurch die Exposition nach dem Schlüpfen verhindert oder verringert werden kann, wird aufgrund der beschränkten Bioverfügbarkeit des Stoffs nicht von einer Empfindlichkeit der Embryonen ausgegangen. In solchen Fällen sind andere Toxizitätstests u. U. besser geeignet.

VALIDITÄT DER PRÜFUNG

8.
Die Testergebnisse sind gültig, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
a)
Die Gesamtbefruchtungsrate aller entnommenen Eier sollte in der getesteten Charge ≥ 70 % sein.
b)
Die Wassertemperatur in den Prüfkammern sollte während der gesamten Prüfdauer bei 26 ± 11 °C gehalten werden.
c)
Die Gesamtüberlebensrate der Embryonen in der Negativkontrolle (Verdünnungswasser) und gegebenenfalls in der Lösungsmittelkontrolle sollte bis zum Ende der 96 Stunden dauernden Exposition ≥ 90 % betragen.
d)
Die Exposition gegenüber der Positivkontrolle (z. B. 4,0 mg/l 3,4-Dichloranilin bei Zebrabärblingen) sollte zu einer Mortalität von mindestens 30 % am Ende der Expositionsdauer von 96 Stunden führen.
e)
Die Schlupfrate in der Negativkontrolle (und gegebenenfalls in der Lösungsmittelkontrolle) sollte am Ende der 96stündigen Exposition ≥ 80 % betragen.
f)
Am Ende der Expositionsdauer von 96 Stunden sollten die Konzentration an gelöstem Sauerstoff in der Negativkontrolle und die höchste Prüfkonzentration ≥ 80 % der Sättigung betragen.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

9.
Anlage 2 enthält einen Überblick über die empfohlenen Haltungs- und Prüfbedingungen.

Apparatur

10.
Die folgende Ausrüstung wird benötigt:
a)
Fischbecken aus chemisch inertem Material (z. B. Glas) und mit für den empfohlenen Besatz geeignetem Fassungsvermögen (siehe „Haltung der Zuchtfische“ , Nummer 14);
b)
Inversmikroskop und/oder Stereomikroskop mit mindestens 80-facher Vergrößerung. Falls die Temperatur in dem Raum, in dem die Beobachtungen protokolliert werden, nicht auf 26 ± 11 °C eingestellt werden kann, sind ein Kreuztisch mit Temperaturregelung oder andere Methoden zum Halten der Temperatur notwendig;
c)
Prüfkammern; z. B. standardmäßige 24-Well-Platten mit einer Tiefe von ca. 20 mm (siehe „Prüfkammern“ , Nummer 11);
d)
z. B. Selbstklebefolie zum Abdecken der 24-Well-Platten;
e)
Inkubator oder klimatisierter Raum mit geregelter Temperatur, sodass eine Temperatur von 26 ± 11 °C in den Wells (oder Prüfkammern) gehalten werden kann;
f)
pH-Messgerät;
g)
Sauerstoffmessgerät;
h)
Gerät zur Messung von Wasserhärte und Leitfähigkeit;
i)
Laichschale: Instrumentenschalen aus Glas, Edelstahl oder anderen inerten Materialien; Drahtgitter (Maschenweite 2 ± 0,5 mm) aus Edelstahl oder anderem inerten Material zum Schutz der Eier nach dem Legen; Laichsubstrat (z. B. künstliche Pflanzen aus inertem Material) (Kapitel C.48, Anlage 4a (23));
j)
Pipetten mit verbreiterten Öffnungen zum Entnehmen der Eier;
k)
Glasgefäße zum Ansetzen der Prüfkonzentrationen und des Verdünnungswassers (Becher, Messkolben, Messzylinder und Messpipetten) oder zum Entnehmen der Zebrabärblingseier (z. B. Becher, Kristallisierschalen);
l)
bei Verwendung alternativer Expositionssysteme für die Durchführung der Prüfung, wie z. B. Durchflusssystemen (24) oder passiven Dosierungssystemen (25), werden entsprechende Einrichtungen und Geräte benötigt.

Prüfkammern

11.
Es sollten Prüfkammern aus Glas oder Polystyrol verwendet werden (z. B. 24-Well-Platten mit einem Fassungsvermögen von 2,5-5 ml pro Well). Falls eine Adsorption an Polystyrol vermutet wird (z. B. bei unpolaren, planaren Stoffen mit hohem KOW-Wert), sollten inerte Materialien (Glas) verwendet werden, um die adsorptionsbedingten Verluste gering zu halten (26). Die Prüfkammern sollten nach dem Zufallsprinzip in den Inkubator gestellt werden.

Wasser und Prüfbedingungen

12.
Es wird empfohlen, das Haltungswasser zu verdünnen, um die für verschiedenste Oberflächengewässer typischen Wasserhärtewerte zu erreichen. Das Verdünnungswasser sollte aus rekonstituiertem Wasser zubereitet werden (27). Der resultierende Härtegrad sollte 100-300 mg/l CaCO3 entsprechen, um eine übermäßige Ausfällung von Calciumcarbonat zu verhindern. Es kann auch anderes gut charakterisiertes Oberflächen- oder Brunnenwasser verwendet werden. Das rekonstituierte Wasser kann durch Verdünnung mit entionisiertem Wasser bis zu einem Verhältnis von 1:5 zum Erreichen einer Mindesthärte von 30-35 mg/l CaCO3. an Haltungswasser mit geringer Härte angepasst werden. Vor Zugabe der Prüfchemikalie wird das Wasser bis zur Sauerstoffsättigung belüftet. Während der gesamten Prüfung sollte die Temperatur in den Wells bei 26 ± 11 °C gehalten werden. Der pH-Wert sollte im Bereich zwischen 6,5 und 8,5 liegen und während der Prüfung um höchstens 1,5 Einheiten schwanken. Wird davon ausgegangen, dass der pH-Wert nicht in diesem Bereich bleibt, sollte der pH-Wert vor Durchführung der Prüfung angepasst werden. Der pH-Wert ist so anzupassen, dass die Konzentration der Stammlösung nicht in erheblichem Maß verändert und keine chemische Reaktion oder Ausfällung der Prüfchemikalie verursacht wird. Es wird empfohlen, zur Korrektur des pH-Werts in den Lösungen mit der Prüfchemikalie Chlorwasserstoff (HCl) und Natriumhydroxid (NaOH) zu verwenden.

Prüflösungen

13.
Die Prüflösungen mit den gewünschten Konzentrationen können z. B. durch Verdünnung einer Stammlösung zubereitet werden. Die Stammlösungen sollten vorzugsweise durch einfaches Mischen oder Einrühren der Prüfchemikalie in das Verdünnungswasser mit mechanischen Mitteln (z. B. Rührwerk und/oder Ultraschall) hergestellt werden. Ist die Prüfchemikalie nur schwer in Wasser löslich, sollten die im OECD Guidance Document No. 23 on aquatic toxicity testing of difficult substances and mixtures beschriebenen Verfahren angewandt werden (28). Die Verwendung von Lösungsmitteln sollte vermieden werden, kann jedoch in einigen Fällen notwendig sein, um eine Stammlösung mit geeigneter Konzentration herzustellen. Wird für die Zubereitung der Stammlösung dennoch ein Lösungsmittel verwendet, so sollte die Endkonzentration 100 μl/l nicht überschreiten und in allen Prüfgefäßen gleich sein. Bei Verwendung eines Lösungsmittels ist eine zusätzliche Lösungsmittelkontrolle erforderlich.

Haltung der Zuchtfische

14.
Für die Eiproduktion wird ein Zuchtbestand von nicht exponierten Wildtyp-Zebrabärblingen mit hinreichend dokumentierter Befruchtungsrate der Eier verwendet. Die Fische dürfen keine makroskopisch erkennbaren Infektions- und Krankheitssymptome aufweisen und zwei Monate vor dem Laichen keiner (akuten oder prophylaktischen) pharmazeutischen Behandlung unterzogen worden sein. Die Zuchtfische werden in Aquarien mit einer empfohlenen Besatzkapazität von 1 Liter Wasser pro Fisch und einer festgelegten Fotoperiode von 12-16 Stunden gehalten (29) (30) (31) (32) (33). Die Filtrationsraten sind optimal einzustellen; zu hohe Filtrationsraten, die zu einer starken Störung des Wassers führen, sind zu vermeiden. Hinweise zur Fütterung sind Anlage 2 zu entnehmen. Überfütterung ist zu vermeiden, und die Wasserqualität und die Sauberkeit der Aquarien sollten regelmäßig kontrolliert und erforderlichenfalls in den anfänglichen Zustand zurückversetzt werden.

Leistungstests

15.
Um die Empfindlichkeit des verwendeten Fischstamms zu prüfen, sollte vorzugsweise zweimal pro Jahr ein Test mit 3,4-Dichloranilin als Referenzchemikalie (in den Validierungsstudien (1) (2) verwendet) in einem vollständigen Konzentrations-Wirkungs-Bereich durchgeführt werden. Alle Labors, die diese Prüfmethode erstmals anwenden, müssen die Referenzchemikalie verwenden. Labors können diese Chemikalie verwenden, um ihre technische Kompetenz zur Durchführung des Tests nachzuweisen, bevor sie Daten für regulatorische Zwecke einreichen.

Eiproduktion

16.
Die Zebrabärblingseier können mithilfe von Laichgruppen (in einzelnen Laichbecken) oder durch Massenlaichen (in Haltungsbecken) produziert werden. Im Fall von Laichgruppen werden die Männchen und Weibchen (z. B. im Verhältnis 2:1) einer Zuchtgruppe am Tag vor der Prüfung einige Stunden vor Einbruch der Dunkelheit in Laichbecken eingesetzt. Da es gelegentlich vorkommen kann, dass Laichgruppen von Zebrabärblingen nicht laichen, wird die parallele Verwendung von mindestens drei Laichbecken empfohlen. Um eine genetische Verzerrung zu vermeiden, werden Eier von mindestens drei Zuchtgruppen entnommen, gemischt und randomisiert ausgewählt.
17.
Für das Entnehmen der Eier werden am Tag vor der Prüfung vor Einbruch der Dunkelheit oder am Tag der Prüfung vor Beginn der Lichtphase Laichschalen in die Laich- oder Haltungsbecken gelegt. Damit die Eier nicht von adulten Zebrabärblingen gefressen werden, sind die Laichschalen mit einem inertem Drahtgitter mit geeigneter Maschenweite (ca. 2 ± 0,5 mm) abzudecken. Künstliche Pflanzen aus inertem Material (z. B. Kunststoff oder Glas) können als Laichstimulans an dem Gitter befestigt werden, falls dies für notwendig gehalten wird (3) (4) (5) (23) (35). Es sollten verwitterte Kunststoffmaterialien, die nicht auslaugen (z. B. Phthalate), verwendet werden. Paarung, Laichen und Befruchtung finden innerhalb von 30 Minuten nach Beginn der Lichtphase statt, und die Laichschalen mit den gesammelten Eiern können vorsichtig entnommen werden. Es wird empfohlen, die Eier nach dem Entnehmen aus den Laichschalen mit rekonstituiertem Wasser zu spülen.

Differenzierung der Eier

18.
Die befruchteten Eier durchlaufen nach 15 Minuten bei 261 °C die erste Furchung. Bei den nachfolgenden synchronen Furchungen werden 4-, 8-, 16- und 32-zellige Blastomeren gebildet (siehe Anlage 3) (35). Nach diesen Phasen können die befruchteten Eier anhand der Entwicklung einer Blastula eindeutig identifiziert werden.

VERFAHREN

Expositionsbedingungen

19.
20 Embryonen pro Konzentration (ein Embryo pro Mulde) werden der Prüfchemikalie ausgesetzt. Die Exposition sollte so sein, dass ± 20 % der nominalen Chemikalienkonzentration während der Prüfung erhalten bleiben. Ist dies in einem statischen System nicht möglich, sollte ein handhabbares semistatisches Erneuerungsintervall angewendet werden (z. B. Erneuerung alle 24 Stunden). In diesen Fällen müssen die Expositionskonzentrationen mindestens bei der höchsten und bei der niedrigsten Prüfkonzentrationen am Anfang und am Ende jedes Expositionsintervalls überprüft werden (siehe Nummer 36). Wenn eine Expositionskonzentration von ± 20 % der nominalen Konzentrationen nicht gehalten werden kann, müssen alle Konzentrationen am Anfang und am Ende jedes Expositionsintervalls überprüft werden (siehe Nummer 36). Bei der Erneuerung sollte darauf geachtet werden, dass die Embryonen noch von einer geringen Menge der alten Prüflösungen bedeckt sind, damit sie nicht austrocknen. Der Versuchsplan kann entsprechend den Prüfanforderungen der spezifischen Stoffe angepasst werden (z. B. Durchfluss- (24) oder passive Dosierungssysteme (25) bei leicht abbaubaren oder hoch adsorptiven Stoffen (29) oder sonstige Systeme bei flüchtigen Stoffen (36) (37)). In jedem Fall sollte darauf geachtet werden, möglichst wenig Stress für die Embryonen zu verursachen. Die Prüfkammern sollten vor Durchführung des Tests mindestens 24 Stunden den Prüflösungen ausgesetzt werden. Anlage 2 enthält eine Übersicht über die Prüfbedingungen.

Prüfkonzentrationen

20.
Normalerweise sind fünf Konzentrationen der Prüfchemikalie mit einem konstanten Abstandsfaktor von maximal 2,2 erforderlich, um die statistischen Anforderungen zu erfüllen. Die Verwendung von weniger als fünf Konzentrationen muss begründet werden. Die höchste geprüfte Konzentration sollte vorzugsweise zu 100 % Letalität führen, und die niedrigste geprüfte Konzentration sollte keine zu beobachtende Wirkung haben, wie unter Nummer 28 definiert. Der geeignete Konzentrationsbereich kann im Rahmen eines Tests zur Bestimmung des Konzentrationsbereichs vor der endgültigen Prüfung bestimmt werden. Für die Dosisfindung werden in der Regel zehn Embryonen pro Konzentration verwendet. Die folgenden Anweisungen beziehen sich auf die Durchführung des Tests in 24-Well-Platten. Werden andere Prüfkammern (z. B. kleine Petrischalen) verwendet oder mehr Konzentrationen getestet, müssen die Anweisungen entsprechend angepasst werden.
21.
Details und visuelle Anweisungen für die Verteilung der Konzentrationen auf die 24-Well-Platten sind unter Nummer 27 und in Abbildung 1 in Anlage 4 zu finden.

Kontrollen

22.
Kontrollen mit Verdünnungswasser sind sowohl als Negativkontrolle als auch als Kontrolle innerhalb einer Platte erforderlich. Falls in der Plattenkontrolle mehr als ein toter Embryo vorgefunden wird, ist die Platte zu verwerfen, sodass sich die Anzahl der Konzentrationen, die zum Ableiten der LC50 verwendet wird, verringert. Wird eine komplette Platte verworfen, sind die beobachteten Wirkungen u. U. schwerer zu bewerten und zu unterscheiden, insbesondere, wenn es sich bei der verworfenen Platte um die Lösungsmittelkontrollplatte oder eine Platte handelt, bei der auch behandelte Embryonen betroffen sind. Im ersten Fall muss die Prüfung wiederholt werden. Im zweiten Fall kann der Wegfall einer kompletten Behandlungsgruppe aufgrund der Mortalität innerhalb der internen Kontrolle die Fähigkeit zur Bewertung der Wirkungen und zur Bestimmung der LC50-Werte beeinträchtigen.
23.
Bei jeder geprüften Charge von Eiern wird eine Positivkontrolle bei einer festgelegten Konzentration von 4 mg/l 3,4-Dichloranilin durchgeführt.
24.
Wird ein Lösungsmittel verwendet, wird eine zusätzliche Gruppe von 20 Embryonen dem Lösungsmittel auf einer separaten 24-Well-Platte ausgesetzt und dient somit als Lösungsmittelkontrolle. Damit der Test als akzeptabel gilt, sollte nachgewiesen werden, dass das Lösungsmittel weder signifikante Auswirkungen auf Schlüpfzeitpunkt oder Überlebensrate hat noch sich nachteilig auf die Embryonen auswirkt (siehe Nummer 8 Buchstabe c).

Beginn der Exposition und Dauer der Prüfung

25.
Die Prüfung beginnt sobald wie möglich nach der Befruchtung der Eier und endet nach 96 Stunden Exposition. Die Embryonen sollten vor Beginn des Blastula-Stadiums oder spätestens im 16-Zellen-Stadium in die Prüflösungen eingetaucht werden. Um die Exposition baldmöglichst zu beginnen, wird mindestens die doppelte Anzahl der pro Behandlungsgruppe benötigten Eier randomisiert ausgewählt und spätestens 90 Minuten nach der Befruchtung in die jeweiligen Konzentrationen und Kontrollen gelegt (z. B. in 100 ml-Kristallisierschalen; die Eier sollten vollständig bedeckt sein).
26.
Lebensfähige befruchtete Eier sollten von unbefruchteten Eiern getrennt und innerhalb von 180 Minuten nach der Befruchtung in 24-Well-Platten umgesetzt werden, die 24 Stunden lang vorkonditioniert und mit 2 ml/Well frisch zubereiteten Prüflösungen wieder befüllt wurden. Befruchtete Eier, die eine Spaltung durchlaufen und keine offensichtlichen Unregelmäßigkeiten während der Spaltung (z. B. Asymmetrie, Vesikelbildung) oder Verletzungen des Chorions zeigen, werden unter einem Stereomikroskop (vorzugsweise ≥ 30-fache Vergrößerung) ausgewählt. Siehe Abbildungen 1 und 3 in Anlage 3 und Abbildung 2 in Anlage 4 bezüglich Entnahme und Trennung der Eier.

Verteilung der Eier auf die 24-Well-Platten

27.
Die Eier werden wie folgt auf die Well-Platten verteilt (siehe auch Abbildung 1 in Anlage 4):
20 Eier auf eine Platte für jede Prüfkonzentration;
20 Eier als Lösungsmittelkontrolle auf eine Platte (falls erforderlich);
20 Eier als Positivkontrolle auf eine Platte;
4 Eier in Verdünnungswasser als Kontrolle innerhalb einer Platte auf jede der obigen Platten;
24 Eier in Verdünnungswasser als Negativkontrolle auf eine Platte.

Beobachtungen

28.
An jedem geprüften Embryo werden folgende apikale Beobachtungen durchgeführt: Koagulation der Embryonen, fehlende Somitenbildung, fehlende Abtrennung des Schwanzes und fehlender Herzschlag (Tabelle 1). Anhand dieser Beobachtungen wird die Letalität bestimmt: Ein positiver Befund bei einer dieser Beobachtungen bedeutet, dass der Zebrabärblingsembryo tot ist. Darüber hinaus wird das Schlüpfen in den Behandlungs- und Kontrollgruppen nach 48 Stunden täglich protokolliert. Die Beobachtungen werden alle 24 Stunden bis zum Ende der Prüfung protokolliert.



Tabelle 1

Apikale Beobachtungen der akuten Toxizität in Zebrabärblingsembryonen 24 bis 96 Stunden nach der Befruchtung

Expositionszeiten
24 Std.48 Std.72 Std.96 Std.
Koagulierte Embryonen++++
Fehlende Somitenbildung++++
Fehlende Abtrennung des Schwanzes++++
Fehlender Herzschlag+++
29.
Koagulation des Embryos: Die koagulierten Embryonen sind milchig weiß und erscheinen unter dem Mikroskop dunkel (siehe Abbildung 1 in Anlage 5). Die Anzahl der koagulierten Embryonen wird nach 24, 48, 72 und 96 Stunden bestimmt.
30.
Fehlende Somitenbildung: Bei 26 ± 11 °C haben sich bei einem sich normal entwickelnden Zebrabärblingsembryo nach 24 Stunden ungefähr 20 Somiten (siehe Abbildung 2 in Anlage 5) entwickelt. Ein normal entwickelter Embryo zeigt spontane Bewegungen (Kontraktionen von Seite zu Seite). Spontane Bewegungen deuten auf die Bildung von Somiten hin. Das Fehlen von Somiten wird nach 24, 48, 72 und 96 Stunden protokolliert. Eine fehlende Somitenbildung nach 24 Stunden könnte auf eine allgemeine Entwicklungsverzögerung zurückzuführen sein. Die Somitenbildung sollte sich spätestens nach 48 Stunden zeigen. Ist dies nicht der Fall, werden die Embryonen als tot betrachtet.
31.
Fehlende Abtrennung des Schwanzes: Bei einem sich normal entwickelnden Zebrabärblingsembryo wird die Abtrennung des Schwanzes (siehe Abbildung 3 in Anlage 5) vom Dotter nach der hinteren Verlängerung des Embryokörpers beobachtet. Die fehlende Abtrennung des Schwanzes wird nach 24, 48, 72 und 96 Stunden protokolliert.
32.
Fehlender Herzschlag: Bei einem sich normal entwickelnden Zebrabärblingsembryo ist bei 26 ± 11 °C der Herzschlag nach 48 Stunden erkennbar (siehe Abbildung 4 in Anlage 5). Dieser Endpunkt ist besonders sorgfältig zu protokollieren, denn ein unregelmäßiger Herzschlag ist nicht als letal zu protokollieren. Darüber hinaus wird ein sichtbarer Herzschlag ohne Zirkulation in der Aorta abdominalis als nicht-letal betrachtet. Zur Protokollierung dieses Endpunkts sollten Embryonen, die keinen Herzschlag zeigen, mindestens eine Minute bei einer mindestens 80-fachen Vergrößerung beobachtet werden. Ein fehlender Herzschlag wird nach 48, 72 und 96 Stunden protokolliert.
33.
Die Schlupfraten aller Behandlungs- und Kontrollgruppen sollten nach 48 Stunden protokolliert und berichtet werden. Das Schlüpfen ist zwar kein für die Berechnung des LC50-Werts verwendeter Endpunkt, gewährleistet aber die Exposition des Embryos ohne die potenzielle Barriere in Form des Chorions und kann daher die Interpretation der Daten vereinfachen.
34.
Ausführliche Beschreibungen der normalen Entwicklung (35) und Beispiele einer anomalen Entwicklung von Zebrabärblingsembryonen sind den Anlagen 3 und 5 zu entnehmen.

Analytische Messungen

35.
Am Anfang und am Ende der Prüfung werden pH-Wert, Gesamthärte und Leitfähigkeit in der bzw. den Kontrollen und in der höchsten Prüfchemikalienkonzentration gemessen. Bei semistatischen Erneuerungssystemen sollte der pH-Wert vor und nach der Erneuerung des Wassers gemessen werden. Die Konzentration an gelöstem Sauerstoff wird am Ende der Prüfung in den Negativkontrollen und in der höchsten Prüfkonzentration mit lebensfähigen Embryonen gemessen, wobei dies mit den Validitätskriterien der Prüfung im Einklang stehen sollte (siehe Nummer 8 Buchstabe f). Wird befürchtet, dass die Temperatur innerhalb der 24-Well-Platten schwanken könnte, so wird die Temperatur in drei randomisiert ausgewählten Gefäßen gemessen. Die Temperatur sollte während der Prüfung vorzugsweise kontinuierlich oder mindestens täglich protokolliert werden.
36.
In einem statischen System sollte die Konzentration der Prüfchemikalie mindestens bei den höchsten und niedrigsten Prüfkonzentrationen, jedoch vorzugsweise in allen Behandlungsgruppen am Anfang und Ende der Prüfung gemessen werden. Für semistatische (Erneuerungs-)Tests, bei denen davon ausgegangen wird, dass die Konzentration der Prüfchemikalie innerhalb von ± 20 % der Nominalwerte bleibt, wird empfohlen, mindestens die höchsten und niedrigsten Prüfkonzentrationen nach der frischen Zubereitung und unmittelbar vor der Erneuerung zu analysieren. Bei Prüfungen, bei denen nicht davon ausgegangen wird, dass die die Konzentration der Prüfchemikalie innerhalb von ± 20 % der Nominalwerte bleibt, müssen alle Prüfkonzentrationen nach der frischen Zubereitung und unmittelbar vor der Erneuerung analysiert werden. Reicht das Volumen für die Analyse nicht aus, kann das Mischen der Prüflösungen oder die Verwendung von Surrogatkammern aus dem gleichem Material und mit dem gleichen Volumen/Oberflächen-Verhältnis wie 24-Well-Platten hilfreich sein. Die Ergebnisse sollten unbedingt auf gemessenen Konzentrationen basieren. Wenn die Konzentrationen nicht innerhalb von 80 bis 120 % der nominalen Konzentration bleiben, sollten die Konzentrationen, die eine Wirkung hervorrufen, relativ zum geometrischen Mittel der gemessenen Konzentrationen ausgedrückt werden; nähere Informationen sind Kapitel 5 des OECD Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures zu entnehmen (28).

LIMIT-TEST

37.
Nach den in dieser Prüfmethode beschriebenen Verfahren kann ein Limit-Test bei einer Konzentration der Prüfchemikalie von 100 mg/l oder an der Grenze ihrer Löslichkeit im Prüfmedium (je nachdem, welcher Wert niedriger ist) durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass die LC50 über dieser Konzentration liegt. Der Limit-Test sollte an jeweils 20 Embryonen in der Behandlungsgruppe, in der Positivkontrolle und gegebenenfalls in der Lösungsmittelkontrolle sowie an 24 Embryonen in der Negativkontrolle durchgeführt werden. Wenn der Letalitätsprozentsatz bei der geprüften Konzentration die Mortalität in der Negativkontrolle (oder Lösungsmittelkontrolle) um 10 % überschreitet, sollte eine vollständige Prüfung durchgeführt werden. Alle beobachteten Wirkungen sollten protokolliert werden. Übersteigt die Mortalität in der Negativkontrolle (oder Lösungsmittelkontrolle) 10 %, so ist die Prüfung ungültig und sollte wiederholt werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

38.
Bei dieser Prüfung werden die einzelnen Wells für die statistische Analyse als unabhängige Replikate betrachtet. Die Prozentsätze der Embryonen, bei denen mindestens eine der apikalen Beobachtungen nach 48 und/oder 96 Stunden positiv ist, werden gegen die Prüfkonzentrationen aufgetragen. Zur Berechnung der Steigungen der Kurve, der LC50-Werte und der Konfidenzgrenzen (95 %) sollten geeignete statistische Methoden angewandt (38) und das OECD Guidance Document on Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data konsultiert werden (39).

Prüfbericht

39.
Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

Prüfchemikalie:

Einkomponentiger Stoff:

physikalisches Erscheinungsbild, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar usw. (einschließlich des Gehalts an organischem Kohlenstoff, falls zutreffend)

Mehrkomponentiger Stoff, UVCB-Stoffe und Gemische:

so weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten

Prüforganismen:

wissenschaftliche Bezeichnung, Stamm, Herkunft und Art der Sammlung der befruchteten Eier sowie anschließende Handhabung

Prüfbedingungen:

angewandtes Prüfverfahren (z. B. semistatisches Erneuerungssystem);
Fotoperiode;
Versuchsplan (z. B. Anzahl der Prüfkammern, Arten der Kontrollen);
Qualität des für die Haltung der Fische verwendeten Wassers (z. B. pH-Wert, Härte, Temperatur, Leitfähigkeit, gelöster Sauerstoff);
Konzentration an gelöstem Sauerstoff, pH-Wert, Gesamthärte, Temperatur und Leitfähigkeit der Prüflösungen am Anfang und nach 96 Stunden;
Methode zur Herstellung von Stammansätzen und Prüflösungen sowie Häufigkeit der Erneuerung;
Begründung der Verwendung des Lösungsmittels und der Auswahl des Lösungsmittels, falls nicht Wasser;
die nominalen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse aller Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfchemikalie in den Prüfgefäßen; die Wiederfindungsrate der Methode und die Bestimmungsgrenze sollten ebenfalls protokolliert werden;
Nachweis, dass die Kontrollen die Validitätskriterien für die Gesamtüberlebensrate erfüllen;
Befruchtungsrate der Eier;
Schlupfrate in den Behandlungs- und Kontrollgruppen.

Ergebnisse:

höchste Konzentration, die während der Dauer der Prüfung keine Mortalität verursacht;
Mindestkonzentration, die während der Dauer der Prüfung 100 % Mortalität verursacht;
kumulative Mortalität bei jeder Konzentration zu den empfohlenen Beobachtungszeitpunkten;
LC50-Werte nach 96 Stunden (und optional nach 48 Stunden) für Mortalität mit 95 %-Konfidenzgrenze, falls möglich;
Darstellung der Konzentrations-Mortalitäts-Kurve am Ende der Prüfung;
Mortalität in den Kontrollgruppen (Negativkontrollen, Kontrollen innerhalb einer Platte sowie Positivkontrolle und gegebenenfalls verwendete Lösungsmittelkontrollen);
Angaben zum jeweiligen Ergebnis der vier apikalen Beobachtungen;
Vorkommen und Beschreibung morphologischer und physiologischer Abnormitäten, soweit zutreffend (siehe Beispiele in Abbildung 2 in Anlage 5);
Vorfälle während der Prüfung, die die Ergebnisse beeinflusst haben könnten;
statistische Analyse und Auswertung der Daten (Probit-Analyse, logistische Regression und geometrisches Mittel für LC50);
Steigung und Konfidenzgrenzen der Regression der (transformierten) Konzentrations-Wirkungs-Kurve.

Eine eventuelle Abweichung von der Prüfmethode und entsprechende Erläuterungen.

Diskussion und Interpretation der Ergebnisse.

LITERATURHINWEISE

(1) OECD (2011) Validation Report (Phase 1) for the Zebrafish Embryo Toxicity Test: Part I and Part II. Series on Testing and Assessment No. 157, OECD, Paris.

(2) OECD (2012) Validation Report (Phase 2) for the Zebrafish Embryo Toxicity Test: Part I and Part II (Annexes). Series on Testing and Assessment No. 179, OECD, Paris.

(3) Braunbeck, T., Böttcher, M., Hollert, H., Kosmehl, T., Lammer, E., Leist, E., Rudolf, M. und Seitz, N. (2005) Towards an alternative for the acute fish LC50 test in chemical assessment: The fish embryo toxicity test goes multi-species-an update. ALTEX 22: 87-102.

(4) ISO (2007) Internationale Norm, Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der akuten Toxizität von Abwasser auf Zebrafisch-Eier (Danio rerio). ISO 15088:2007(E) International Organization for Standardization.

(5) Nagel, R. (2002) DarT: The embryo test with the zebrafish (Danio rerio)a general model in ecotoxicology and toxicology. ALTEX 19: 38-48.

(6) Schulte, C. und Nagel, R. (1994) Testing acute toxicity in embryo of zebrafish, Brachydanio rerio as alternative to the acute fish testpreliminary results. ATLA 22, 12-19.

(7) Bachmann, J. (2002) Development and validation of a teratogenicity screening test with embryos of the zebrafish (Danio rerio). Doktorarbeit, Technische Universität Dresden, Deutschland.

(8) Lange, M., Gebauer, W., Markl, J. und Nagel, R. (1995) Comparison of testing acute toxicity on embryo of zebrafish (Brachydanio rerio), and RTG-2 cytotoxicity as possible alternatives to the acute fish test. Chemosphere 30/11: 2087-2102.

(9) Knöbel, M., Busser, F.J.M., Rico-Rico, A., Kramer, N.I., Hermens, J.L.M., Hafner, C., Tanneberger, K., Schirmer, K., Scholz, S. (2012). Predicting adult fish acute lethality with the zebrafish embryo: relevance of test duration, endpoints, compound properties, and exposure concentration analysis. Environ. Sci. Technol. 46, 9690-9700.

(10) Kammann, U., Vobach, M. und Wosniok, W. (2006) Toxic effects of brominated indoles and phenols on zebrafish embryos. Arch. Environ. Contam. Toxicol., 51: 97-102.

(11) Groth, G., Kronauer, K. und Freundt, K.J. (1994) Effects of N,N-diemethylformamide and its degradation products in zebrafish embryos. Toxicol. In Vitro 8: 401-406.

(12) Groth, G., Schreeb, K., Herdt, V. und Freundt, K.J. (1993) Toxicity studies in fertilized zebrafish fish eggs treated with N-methylamine, N,N-dimethylamine, 2-aminoethanol, isopropylamine, aniline, N-methylaniline, N,N-dimethylaniline, quinone, chloroacetaldehyde, or cyclohexanol. Bull. Environ. Contam. Toxicol. 50: 878-882.

(13) Nguyen, L.T. und Janssen, C.R. (2001) Comparative sensitivity of embryo-larval toxicity assays with African catfish (Clarias gariepinus) and zebra fish (Danio rerio). Environ. Toxicol. 16: 566-571.

(14) Cheng, S.H., Wai, A.W.K., So, C.H. und Wu, R.S.S. (2000) Cellular and molecular basis of cadmium-induced deformities in zebrafish embryos. Environ. Toxicol. Chem. 19: 3024-3031.

(15) Belanger, S. E., Rawlings J. M. und Carr G. J. (2013). Use of Fish Embryo Toxicity Tests for the Prediction of Acute Fish Toxicity to Chemicals. Environmental Toxicology and Chemistry 32: 1768-1783.

(16) Lammer, E., Carr, G. J., Wendler, K., Rawlings, J. M., Belanger, S. E., Braunbeck, T. (2009) Is the fish embryo toxicity test (FET) with the zebrafish (Danio rerio) a potential alternative for the fish acute toxicity test? Comp. Biochem. Physiol. C Toxicol. Pharmacol.: 149 (2), 196-209

(17) Kapitel C.4: Biologische Abbaubarkeit — Bestimmung der „leichten“ biologischen Abbaubarkeit.

(18) Kapitel C.29: Leichte biologische Abbaubarkeit, Bestimmung von CO2 in geschlossenen Flaschen (Head-Space-Test).

(19) Weigt, S., Huebler, N., Strecker, R., Braunbeck, T., Broschard, T.H. (2011) Zebrafish (Danio rerio) embryos as a model for testing proteratogens. Toxicology 281: 25-36.

(20) Weigt, S., Huebler, N., Strecker, R., Braunbeck, T., Broschard, T.H. (2012) Developmental effects of coumarin and the anticoagulant coumarin derivative warfarin on zebrafish (Danio rerio) embryos. Reprod. Toxicol. 33: 133-141.

(21) Incardona, J.P, Linbo, T.L., Scholz, N.L. (2011) Cardiac toxicity of 5-ring polycyclic aromatic hydrocarbons is differentially dependent on the aryl hydrocarbon receptor 2 isoform during zebrafish development. Toxicol. Appl. Pharmacol. 257: 242-249.

(22) Kubota, A., Stegeman, J.J., Woodin, B.R., Iwanaga, T., Harano, R., Peterson, R.E., Hiraga, T., Teraoka, H. (2011) Role of zebrafish cytochrome P450 CYP1C genes in the reduced mesencephalic vein blood flow caused by activation of AHR2. Toxicol. Appl. Pharmacol. 253: 244-252.

(23) Kapitel C.48: Kurzzeit-Reproduktionstest an Fischen. Siehe Anlage 4a.

(24) Lammer, E., Kamp, H.G., Hisgen, V., Koch, M., Reinhard, D., Salinas, E.R., Wendlar, K., Zok, S., Braunbeck, T. (2009) Development of a flow-through system for the fish embryo toxicity test (FET) with zebrafish (Danio rerio). Toxicol. in Vitro 23: 1436-1442.

(25) Brown, R.S., Akhtar, P., Åkerman, J., Hampel, L., Kozin, I.S., Villerius, L.A., Klamer, H.J.C., (2001) Partition controlled delivery of hydrophobic substances in toxicity tests using poly(dimethylsiloxane) (PDMS) films. Environ. Sci. Technol. 35, 4097-4102.

(26) Schreiber, R., Altenburger, R., Paschke, A., Küster, E. (2008) How to deal with lipophilic and volatile organic substances in microtiter plate assays. Environ. Toxicol. Chem. 27, 1676-1682.

(27) ISO (1996) Internationale Norm. Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der akuten letalen Toxizität von Substanzen gegenüber einem Süßwasserfisch [Brachydanio rerio Hamilton-Buchanan (Teleostei, Cyprinidae)] ISO 7346-3: Durchflussverfahren. Verfügbar unter: [http://www.iso.org].

(28) OECD (2000) Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. Series on Testing and Assessment No. 23, OECD, Paris.

(29) Laale, H.W. (1977) The biology and use of zebrafish, Brachydanio rerio, in fisheries research. A literature review. J. Fish Biol. 10: 121-173.

(30) Westerfield, M. (2007) The zebrafish book: A guide for the laboratory use of zebrafish (Brachydanio rerio). 5th edition. Eugene, University of Oregon Press, Institute of Neuroscience, USA.

(31) Canadian Council on Animal Care (2005) Guidelines on: the Care and Use of Fish in Research, Teaching and Testing, ISBN: 0-919087-43-4 http://www.ccac.ca/Documents/Standards/Guidelines/Fish.pdf

(32) Europäische Kommission (2007) Empfehlung 2007/526/EG der Kommission vom 18. Juni 2007 mit Leitlinien für die Unterbringung und Pflege von Tieren, die für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendet werden (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 2525) [http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:197:0001:0089:DE:PDF]

(33) Europäische Union (2010) Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere. Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 33-79

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:276:0033:0079:DE:PDF

(34) Nagel, R. (1986) Untersuchungen zur Eiproduktion beim Zebrabärbling (Brachydanio rerio, Ham.-Buch.). J. Appl. Ichthyol. 2: 173-181.

(35) Kimmel, C.B., Ballard, W.W., Kimmel, S.R., Ullmann, B. und Schilling, T.F. (1995) Stages of embryonic development of the zebrafish. Dev. Dyn. 203: 253-310.

(36) Kapitel C.2: Daphnia sp.-Test auf akute Schwimmunfähigkeit.

(37) Weil, M., Scholz, S., Zimmer, M., Sacher, F., Duis, K. (2009) Gene expression analysis in zebrafish embryos: a potential approach to predict effect conentrations in the fish early life stage test. Environ. Toxicol. Chem. 28: 1970-1978

(38) ISO (2006) Internationale Norm. Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die statistische Auswertung von Ökotoxizitätsdaten. ISO TS 20281. Verfügbar unter: [http://www.iso.org].

(39) OECD (2006) Guidance Document on Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: a Guidance to Application. Series on Testing and Assessment, No. 54. OECD, Paris.

(40) Braunbeck, T., Lammer, E., 2006. Detailed review paper „Fish embryo toxicity assays“ . UBA-Bericht (Vertragsnummer 20385422), Deutsches Umweltbundesamt, Berlin. 298 ff.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Apikaler Endpunkt : Auslösen einer Wirkung auf Populationsebene.

Blastula : Zellbildung um den animalen Pol, die einen bestimmten Teil des Dotters abdeckt.

Chemikalie : Stoff oder Gemisch.

Durchflussprüfung : Prüfung mit einem kontinuierlichen Fluss der Prüflösungen durch das Prüfsystem während des Expositionszeitraums.

Epibolie : eine massive Proliferation von überwiegend epidermalen Zellen in der Gastrulationsphase des Embryos und deren Bewegung von der dorsalen zur ventralen Seite, wodurch die Schichten entodermaler Zellen in einem invaginationsähnlichen Prozess internalisiert werden und der Dotter in den Embryo integriert wird.

Haltungswasser : Wasser, in dem die adulten Fische gehalten werden.

Kontrolle innerhalb einer Platte : interne Kontrolle bestehend aus vier mit Verdünnungswasser befüllten Wells pro 24-Wells-Platte, um eine potenzielle Kontaminierung der Platten durch den Hersteller oder durch den Wissenschaftler während des Verfahrens sowie etwaige Wirkungen der Platte, die das Testergebnis möglicherweise beeinflussen (z. B. Temperaturgefälle), festzustellen.

IUPAC : International Union of Pure and Applied Chemistry — Internationale Union für reine und angewandte Chemie.

Mediane letale Konzentration (LC50) : Konzentration einer Prüfchemikalie, die schätzungsweise auf 50 % der Prüforganismen während der Prüfdauer letal wirkt.

Prüfchemikalie : Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird.

Semistatische Erneuerungsprüfung : Prüfung mit regelmäßiger Erneuerung der Prüflösungen nach festgelegten Zeiträumen (z. B. alle 24 Stunden).

SMILES : Simplified Molecular Input Line Entry Specification.

Somit : In einem sich entwickelnden Wirbeltierembryo sind Somiten lateral zum Neuralrohr verteilte Mesodermmassen, die schließlich Dermis (Dermatom), Skelettmuskel (Myotom) und Wirbelsäule (Sklerotom) bilden.

Statische Prüfung : Prüfung, bei der die Prüflösungen während der Prüfdauer unverändert bleiben.

UVCB-Stoffe : Stoffe mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

Anlage 2

VERSUCHSBEDINGUNGEN FÜR DEN FISCH-SCREENING-TEST ZUR BESTIMMUNG ENDOKRINER WIRKUNGEN



Zebrabärbling (Danio rerio)
Herkunft der ArtIndien, Myanmar, Malakka, Sumatra
Sexualdimorphismus

Weibchen: vorgewölbter Bauch beim Tragen von Eiern

Männchen: schlanker, orangefarben mit blauen Längsstreifen (insbesondere an der Afterflosse sichtbar)

FütterungsregimeTrockenflocken (max. 3 % des Fischgewichts pro Tag) 3 bis 5-mal täglich; zusätzlich Salinenkrebse (Artemia), Nauplien und/oder kleine Daphnien in geeigneter Größe aus unkontaminierter Quelle. Es sollte möglichst Lebendfutter verwendet werden, da es für eine bessere Ausgestaltung des Lebensumfelds sorgt. Um eine optimale Wasserqualität sicherzustellen, sollten überschüssiges Futter und Exkremente ungefähr eine Stunde nach der Fütterung entfernt werden.
Ungefähres Gewicht der adulten Fische

Weibchen: 0,65 ± 0,13 g

Männchen: 0,5 ± 0,1 g

Haltung der ElternfischeBeleuchtungLeuchtstofflampen (breites Spektrum); 10-20 μE/m2/s, 540-1 080  lux oder 50-100 ft-c (Laborqualität); Fotoperiode von 12 bis 16 Stunden
Wassertemperatur26 ± 1 °C
WasserqualitätO2 ≥ 80 % Sättigung, Härte: z. B. ~30-300 mg/l CaCO3, NO3-: ≤ 48 mg/l, NH4+ und NO2-: < 0,001 mg/l, Restchlor < 10 μg/l, Gesamtgehalt an organischem Chlor < 25 ng/l, pH = 6,5-8,5
Weitere WasserqualitätskriterienPartikel < 20 mg/l, Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff < 2 mg/l, Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden < 50 ng/l, Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen < 50 ng/l
Beckengröße für die Haltungz. B. 180 l, 1 Fisch/l
WasserreinigungPermanent (mit Aktivkohlefilter); andere Möglichkeiten sind Kombinationen mit semistatischem Erneuerungssystem oder Durchflusssystem mit kontinuierlichem Wasseraustausch
Für die Zucht empfohlenes Verhältnis Männchen/Weibchen2:1 (oder Massenlaichen)
Laichbeckenz. B. 4 l-Becken mit Stahlgitterboden und künstlichen Pflanzen als Laichstimulans; externe Wärmematten oder Massenlaichen in den Haltungsbecken
Struktur und Aussehen der EierStabiles Chorion (d. h. hochtransparent, nicht klebrig, Durchmesser ~ 0,8-1,5 mm)
LaichrateEin geschlechtsreifes Weibchen legt mindestens 50-80 Eier pro Tag. Je nach Stamm können die Laichraten erheblich höher sein. Die Befruchtungsrate sollte ≥ 70 % betragen. Bei Fischen, die zum ersten Mal laichen, können die Befruchtungsraten bei den ersten Laichen geringer sein.
PrüfungstypStatisch, semistatische Erneuerung, Durchfluss, 26 ± 1 °C, 24 Stunden konditionierte Prüfkammern (z. B. 24-Well-Platten, 2,5-5 ml pro Mulde)

Anlage 3

NORMALE ENTWICKLUNG VON ZEBRABÄRBLINGEN BEI 26 °C

Abb. 1: Ausgewählte Stufen der frühen Entwicklung von Zebrabärblingen(Danio rerio): 0,2-1,75 Stunden nach der Befruchtung (aus Kimmel et al., 1995 (35)). Anhand des zeitlichen Ablaufs einer normalen Entwicklung kann die Befruchtung und Lebensfähigkeit der Eier beurteilt werden (siehe Nummer 26: Auswahl der befruchteten Eier).

Abb. 2: Ausgewählte Stufen der späten Entwicklung von Zebrabärblingen (Danio rerio) (entchorionierter Embryo zur besseren Veranschaulichung): 22-48 Stunden nach der Befruchtung (aus Kimmel et al., 1995 (35)).

Abb. 3: Normale Entwicklung von Zebrabärblingsembryonen (Danio rerio): (1) 0,75 Stunden, 2-Zellen-Stadium; (2) 1 Stunde, 4-Zellen-Stadium; (3) 1,2 Stunden, 8-Zellen-Stadium; (4) 1,5 Stunden, 16-Zellen-Stadium; (5) 4,7 Stunden, beginnende Epibolie; (6) 5,3 Stunden, ca. 50 % Epibolie (aus Braunbeck & Lammer 2006 (40)).

Anlage 4

Abb. 1

Einteilung von 24-Well-Platten

1-5=fünf Prüfkonzentrationen/Chemikalie;
nC=Negativkontrolle (Verdünnungswasser);
iC=Kontrolle innerhalb einer Platte (Verdünnungswasser);
pC=Positivkontrolle (3,4-DCA 4mg/l);
sC=Lösungsmittelkontrolle

Abb. 2

Schema der Toxizitätsprüfung an Embryonen von Zebrabärblingen (von links nach rechts): Produktion der Eier, Entnehmen der Eier, Präexposition unmittelbar nach der Befruchtung in Glasgefäßen, Auswahl der befruchteten Eier unter einem Invers- oder Stereomikroskop und Verteilung der befruchteten Eier auf die 24-Well-Platten mit den Prüfkonzentrationen bzw. Kontrollen, n = Anzahl der erforderlichen Eier pro Prüfkonzentration/Kontrolle (hier 20), hpf = Stunden nach Befruchtung.

Anlage 5

ATLAS DER LETALEN ENDPUNKTE FÜR DIE PRÜFUNG AUF AKUTE TOXIZITÄT AN EMBRYONEN VON ZEBRABÄRBLINGEN

Die folgenden apikalen Endpunkte deuten auf akute Toxizität und somit den Tod der Embryonen hin: Koagulation des Embryos, fehlende Abtrennung des Schwanzes, fehlende Somitenbildung und fehlender Herzschlag. Die folgenden mikroskopischen Aufnahmen wurden zur Veranschaulichung dieser Endpunkte ausgewählt.

Abb. 1

Koagulation des Embryos:

Unter Hellfeldbeleuchtung weisen koagulierte Zebrabärblingsembryonen verschiedene nichttransparente Einschlüsse auf.

Abb. 2

Fehlende Somitenbildung:

Obwohl es um ca. 10 Stunden entwicklungsverzögert ist, zeigt der 24 Stunden alte Zebrabärblingsembryo in a) gut entwickelte Somiten (→), während der Embryo in b) keine Anzeichen einer Somitenbildung aufweist (→). Obwohl es ein ausgeprägtes Dottersacködem aufweist (*), zeigt der 48 Stunden alte Zebrabärblingsembryo in c) eine deutliche Somitenbildung (→), während der 96 Stunden alte Zebrabärblingsembryo in d) keine Anzeichen einer Somitenbildung zeigt (→). Ferner sind die Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) und das perikardiale Ödem (*) in dem Embryo in d) zu beachten

Abb. 3

Fehlende Abtrennung der Schwanzknospe in der Seitenansicht

(a: →; 96 Stunden alter Zebrabärblingsembryo). Zu beachten ist auch die fehlende Augenknospe (*).

Abb. 4

Fehlender Herzschlag

Fehlender Herzschlag ist definitionsgemäß in einer mikroskopischen Aufnahme schwer darzustellen. Ein fehlender Herzschlag wird durch Nichtzucken des Herzens angezeigt (Doppelpfeil). Die Unbeweglichkeit der Blutzellen, z. B.in der Aorta abdominalis (→ im Insert), ist kein Hinweis auf einen fehlenden Herzschlag. Zu beachten ist auch die fehlende Somitenbildung bei diesem Embryo (*), Muskelgewebe erscheinen homogen statt segmental). Die Beobachtungszeit zur Protokollierung eines fehlenden Herzschlags sollte mindestens eine Minute bei einer mindestens 80-fachen Vergrößerung betragen.

C.50.   SEDIMENTFREIER MYRIOPHYLLUM SPICATUM-TOXIZITÄTSTEST

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 238 (2014). Sie dient zur Beurteilung der Toxizität von Chemikalien bei Myriophyllum spicatum, einer submersen zweikeimblättrigen Wasserpflanzenart, die der Familie der Tausendblattgewächse angehört. Sie basiert auf einer vorhandenen Prüfmethode nach ASTM (1), die in ein sedimentfreies Testsystem abgeändert wurde (2), um die intrinsische Ökotoxizität von Prüfchemikalien zu schätzen (unabhängig vom Verhalten der Prüfchemikalie in Bezug auf die Verteilung zwischen Wasser und Sediment). Ein sedimentfreies Testsystem weist eine geringe analytische Komplexität auf (nur in der Wasserphase). Die Ergebnisse können parallel zu denjenigen aus dem Lemna sp.-Test (3) analysiert oder hiermit verglichen werden; ferner können dank der erforderlichen sterilen Bedingungen die Wirkungen von Mikroorganismen und Algen (Aufnahme/Abbau der Chemikalie usw.) möglichst gering gehalten werden. Diese Prüfung stellt keinen Ersatz für andere aquatische Toxizitätstests dar, sondern sollte als Ergänzung solcher Tests verwendet werden, sodass eine umfassendere Gefahren- und Risikobewertung im Hinblick auf Wasserpflanzen möglich ist. Die Prüfmethode wurde in einem Ringtest validiert (4).
2.
Die Durchführung von Tests sowohl mit Erneuerung der Testlösung (semistatisch) als auch ohne Erneuerung der Testlösung (statisch) wird detailliert beschrieben. Abhängig von den Zielsetzungen der Tests sowie von rechtlichen Anforderungen wird der Einsatz von semistatischen Methoden empfohlen, z. B. für Stoffe, die durch Verflüchtigung, Adsorption, Photoabbau, Hydrolyse, Ausfällung oder biologischen Abbau rasch verloren gehen. Weitere Informationen sind Quelle (5) zu entnehmen. Diese Methode gilt für Stoffe, bei denen die Prüfmethode validiert wurde (siehe Ringtest-Bericht (4)), oder für Formulierungen oder bekannte Gemische; wird ein Gemisch geprüft, sollten dessen Komponenten soweit wie möglich identifiziert und quantifiziert werden. Die sedimentfreie Myriophyllum spicatum-Prüfmethode ergänzt den Myriophyllum spicatum-Toxizitätstest im Wassersediment (6). Bevor die Prüfmethode für die Prüfung eines Gemischs zu gesetzgeberischen Zwecken eingesetzt wird, sollte geprüft werden, ob, und falls ja, warum, sie für diesen Zweck geeignete Ergebnisse liefert. Solche Erwägungen entfallen, wenn die Prüfung des Gemischs von Rechts wegen vorgeschrieben ist.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

3.
Kontinuierlich wachsende Pflanzenkulturen von Myriophyllum spicatum (nur in modifiziertem Andrews-Medium, siehe Anlage 2) lässt man als Monokulturen in verschiedenen Konzentrationen der Prüfchemikalie über einen Zeitraum von 14 Tagen in einem sedimentfreien Testsystem wachsen. Ziel der Prüfung ist es, die durch die Chemikalie bedingten Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum während dieses Zeitraums basierend auf der Auswertung ausgewählter Messvariablen zu quantifizieren. Die Messvariablen sind das Wachstum der Sprosslänge, der Seitenäste und der Wurzeln, die Entwicklung der Frisch- und Trockenmasse und die Zunahme der Wirtel. Darüber hinaus werden markante qualitative Veränderungen der Testorganismen berücksichtigt, wie z. B. Deformation oder Chlorose oder Nekrose, was sich als Gelbfärbung oder weißbraune Verfärbung zeigt. Um die durch die Chemikalie bedingten Auswirkungen zu quantifizieren, wird das Wachstum in den Testlösungen mit dem Wachstum der Kontrollpflanzen verglichen. Ferner wird die Konzentration, die eine festgelegte Wachstumshemmung von x % hervorruft, bestimmt und als ECx ausgedrückt; „x“ kann ein beliebiger Wert je nach regulatorischen Anforderungen sein, z. B. EC10, EC20, EC50. Es ist zu beachten, dass Schätzungen der EC10- und EC20-Werte nur in Tests zuverlässig und angemessen sind, bei denen die für die Kontrollpflanzen bestimmten Variationskoeffizienten unter dem zu schätzenden Wirkungsniveau liegen, d. h. die Variationskoeffizienten sollten für die zuverlässige Schätzung eines EC20-Werts < 20 % sein.
4.
Sowohl die durchschnittliche Wachstumsrate (geschätzt aus Bewertungen der Hauptsprosslänge und drei weiteren Messvariablen) als auch der Zuwachs (geschätzt aus der Zunahme der Hauptsprosslänge und drei weiteren Messvariablen) der unbehandelten und behandelten Pflanzen sollten bestimmt werden. Anhand der spezifischen Wachstumsrate (r) und des Zuwachses (y) werden anschließend ErCx (z. B. ErC10, ErC20, ErC50) bzw. EyCx (z. B. EyC10, EyC20, EyC50) bestimmt.
5.
Außerdem können die niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung (LOEC) und die höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete Wirkung (NOEC) statistisch bestimmt werden.

ANGABEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

6.
Es sollte eine Analysemethode mit geeigneter Empfindlichkeit für die Quantifizierung der im Prüfmedium enthaltenen Prüfchemikalie verfügbar sein. Zur Festlegung der Testbedingungen hilfreiche Informationen zur Prüfchemikalie sind die Strukturformel, die Reinheit und Verunreinigungen, die Wasserlöslichkeit, die Stabilität in Wasser, die Lichtbeständigkeit, die Säuredissoziationskonstante (pKa), der Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Kow), der Dampfdruck und die biologische Abbaubarkeit. Aus der Wasserlöslichkeit und dem Dampfdruck kann die Henry-Konstante berechnet werden, aus der zu entnehmen ist, ob während der Testdauer erhebliche Verluste der Prüfchemikalie zu erwarten sind. Die Konstante gibt Aufschluss darüber, ob bestimmte Maßnahmen zur Überwachung dieser Verluste durchgeführt werden sollten. Wenn zur Löslichkeit und zur Stabilität der Prüfchemikalie keine zuverlässigen Informationen vorliegen, sollten diese Merkmale unter den Testbedingungen (Nährmedium, Temperatur und Beleuchtung) untersucht werden.
7.
Der Einhaltung des pH-Werts des Prüfmediums kommt besondere Bedeutung zu, z. B. beim Testen von Metallen oder hydrolytisch instabilen Stoffen. Weitere Hinweise zur Prüfung von Chemikalien mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind dem OECD Guidance Document (5) zu entnehmen.

VALIDITÄT DES TESTS

8.
Die Testergebnisse sind gültig, wenn die Zeit bis zur Verdopplung der Hauptsprosslänge in der Kontrolle weniger als 14 Tage beträgt. Für die Medien und Testbedingungen gemäß dieser Prüfmethode kann dieses Kriterium mit dem Prüfprotokoll eines statischen oder semistatischen Tests erfüllt werden.
9.
Der mittlere Variationskoeffizient für den Zuwachs basierend auf Messungen der Sprossfrischmasse (d. h. von Testbeginn bis Testende) und den zusätzlichen Messvariablen (siehe Nummer 37) bei den Kontrollkulturen beträgt maximal 35 % zwischen Replikaten.
10.
Mehr als 50 % der Replikate der Kontrollgruppe werden über den Expositionszeitraum von 14 Tagen steril gehalten, was bedeutet, dass sie sichtbar frei von Verunreinigung durch andere Organismen wie z. B. Algen, Pilze und Bakterien sind (klare Lösung). Hinweis: Leitlinien für die Bewertung der Sterilität sind dem Ringtest-Bericht zu entnehmen (4).

REFERENZCHEMIKALIE

11.
Um das Prüfverfahren zu testen, können Referenzchemikalien, wie z. B. das im Ringtest (4) verwendete 3,5-Dichlorphenol, geprüft werden; auf der Grundlage der Daten aus dem Ringtest liegen die mittleren EC50-Werte von 3,5-DCP für die verschiedenen Reaktionsvariablen (siehe Nummern 37-41 dieser Prüfmethode) zwischen 3,2 mg/l und 6,9 mg/l (siehe Ringtest-Bericht bezüglich des Konfidenzintervalls für diese Werte). Die Referenzchemikalien sollten mindestens zweimal jährlich bzw. — wenn die Tests seltener durchgeführt werden — gleichzeitig mit der Bestimmung der Toxizität einer Prüfchemikalie getestet werden.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Apparatur

12.
Sämtliche Geräte, die mit dem Prüfmedium in Berührung kommen, müssen aus Glas oder einem sonstigen chemisch inerten Material bestehen. Die zur Kultivierung und für die Tests verwendeten Glasgeräte müssen steril sein und von chemischen Verunreinigungen befreit werden, die in das Prüfmedium gelangen könnten. Die Prüfgefäße müssen so lang sein, dass die Sprosse in den Kontrollgefäßen in der Wasserphase wachsen können, ohne die Oberfläche des Prüfmediums am Ende der Testdauer zu erreichen. Empfohlen werden dickwandige Teströhrchen aus Borosilikatglas ohne Lippe mit einem Innendurchmesser von ca. 20 mm und einer Länge von ungefähr 250 mm mit Aluminiumkappen.
13.
Da das modifizierte Andrews-Medium Saccharose enthält (die das Wachstum von Pilzen und Bakterien anregt), müssen die Testlösungen unter sterilen Bedingungen zubereitet werden. Alle Flüssigkeiten und Geräte werden vor dem Gebrauch sterilisiert. Die Sterilisation wird durch Behandlung mit erhitzter Luft (2101 °C) über einen Zeitraum von 4 Stunden oder durch 20-minütiges Autoklavieren bei 1211 °C durchgeführt. Darüber hinaus werden alle Flaschen, Gefäße, Schalen usw. sowie sonstige Geräte unmittelbar vor der Verwendung einer Flammbehandlung auf einem sterilen Arbeitstisch unterzogen.
14.
Kulturen und Prüfgefäße dürfen nicht zusammen gelagert werden. Daher werden am besten getrennte Wachstumskammern bzw. getrennte Inkubatoren verwendet oder getrennte Räume genutzt. Beleuchtung und Temperatur sollten zu regeln sein, und für Beleuchtung und Temperatur müssen gleichbleibende Werte aufrechterhalten werden können.

Testorganismus

15.
Myriophyllum spicatum — eine submerse zweikeimblättrige Wasserpflanze — gehört zur Familie der Tausendblattgewächse. Zwischen Juni und August ragen unscheinbare rosaweiße Blüten aus dem Wasser hervor. Die Pflanzen sind im Boden mit einem System aus robusten Rhizomen verwurzelt. Sie sind auf der gesamten Nordhalbkugel in eutrophischen, jedoch unverschmutzten und kalkhaltigeren Stillgewässern mit schlammigem Untergrund anzutreffen. Myriophyllum spicatum bevorzugt Süßwasser, ist aber auch in Brackwasser zu finden.
16.
Für den sedimentfreien Toxizitätstest sind sterile Pflanzen erforderlich. Wenn das Prüflabor nicht über reguläre Myriophyllum spicatum-Kulturen verfügt, kann steriles Pflanzenmaterial bei anderen Labors bezogen werden oder (unsteriles) Pflanzenmaterial aus der Natur entnommen oder von einem kommerziellen Lieferanten geliefert werden; stammen die Pflanzen aus der Natur, sollte eine taxonomische Überprüfung der Spezies ins Auge gefasst werden. Bei Entnahme aus der Natur oder im Falle der Lieferung durch einen kommerziellen Lieferanten sollten die Pflanzen sterilisiert (1) und mindestens acht Wochen vor der Verwendung in dem Medium kultiviert werden, das auch für die Tests verwendet wird. Orte in der freien Natur, aus denen die Ausgangskulturen entnommen werden, dürfen keinen offensichtlichen Quellen von Verunreinigungen ausgesetzt sein. Bei der Entnahme von Myriophyllum spicatum aus der Natur, insbesondere in Regionen, wo es zu Hybridisierungen mit anderen Myriophyllum-Arten kommen könnte, sollte unbedingt sichergestellt werden, dass die richtige Art entnommen wird. Wenn die Kulturen aus einem anderen Labor bezogen werden, sollten sie mindestens drei Wochen unter ähnlichen Bedingungen kultiviert werden. Die Herkunft des Pflanzenmaterials und die Arten, die für die Tests verwendet werden, sind systematisch zu protokollieren.
17.
Qualität und Einheitlichkeit der für die Tests verwendeten Pflanzen haben erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis der Tests; entsprechend sorgfältig müssen die Pflanzen ausgewählt werden. Nach Möglichkeit sollten junge, rasch wachsende Pflanzen ohne sichtbare Läsionen oder Verfärbungen (Chlorose) verwendet werden. Anlage 4 enthält nähere Informationen über die Vorbereitung des Testorganismus.

Kultivierung

18.
Um den Kultivierungsaufwand zu reduzieren (z. B. wenn über einen bestimmten Zeitraum keine Tests mit Myriophyllum vorgesehen sind), können die Kulturen bei verringerter Beleuchtung und niedrigerer Temperatur (50 μE m– 2 s– 1, 20 ± 21 °C) gelagert werden. Nähere Informationen zur Kultivierung sind Anlage 3 zu entnehmen.
19.
Mindestens 14-21 Tage vor Durchführung der Prüfung wird eine hinreichende Anzahl an Testorganismen keimfrei in ein frisches steriles Medium überführt und 14-21 Tage unter Testbedingungen als Vorkultur kultiviert. Anlage 4 enthält nähere Informationen über die Herstellung einer Vorkultur.

Prüfmedium

20.
Für Myriophyllum spicatum in einem sedimentfreien Testsystem, wie in Anlage 2 beschrieben, wird nur ein Nährmedium empfohlen. Für die Kultivierung und Prüfung mit Myriophyllum spicatum wird ein modifiziertes Andrews-Medium empfohlen, wie in (1) beschrieben. Das modifizierte Andrews-Medium wird aus fünf separat zubereiteten Stamm-Nährlösungen mit Zugabe von 3 % Saccharose hergestellt. Anlage 2 enthält nähere Informationen über die Zubereitung des Mediums.
21.
Für die Herstellung der Testlösungen (gegebenenfalls durch Verdünnung) wird ein 10-fach konzentriertes modifiziertes Andrews-Medium benötigt. Die Zusammensetzung dieses Mediums ist Anlage 2 zu entnehmen.

Testlösungen

22.
Die Testlösungen werden gewöhnlich durch Verdünnung einer Stammlösung hergestellt. Zum Herstellen von Stammlösungen der Prüfchemikalie wird die Chemikalie im Allgemeinen in entmineralisiertem (d. h. entionisiertem oder destilliertem Wasser) gelöst. Die Zugabe der Nährstoffe wird durch Verwendung des 10-fach konzentrierten modifizierten Andrews-Mediums erreicht.
23.
Die Stammlösungen der Prüfchemikalie können durch 20-minütiges Autoklavieren bei 1211 °C oder durch sterile Filtration sterilisiert werden, vorausgesetzt, dass die Prüfchemikalie durch die verwendete Sterilisationsmethode nicht denaturiert wird. Die Testlösungen können auch in sterilem entmineralisiertem Wasser oder Medium unter sterilen Bedingungen zubereitet werden. Bei der Auswahl der Sterilisationsmethode für die Stammlösungen der Prüfchemikalie sollten die thermische Stabilität und die Adsorption an verschiedenen Oberflächen berücksichtigt werden. Daher wird empfohlen, die Stammlösungen unter sterilen Bedingungen, d. h. unter Verwendung von sterilem Material für die Lösung der Prüfchemikalie unter sterilen Bedingungen (z. B. Flammsterilisation, Laminar-Flow-Hauben usw.) in sterilem Wasser, zuzubereiten. Diese Methode für die Zubereitung von sterilen Stammlösungen gilt sowohl für Stoffe als auch für Gemische.
24.
Die höchste getestete Konzentration der Prüfchemikalie sollte in der Regel die Wasserlöslichkeit der Chemikalie bei den jeweiligen Testbedingungen nicht überschreiten. Bei Prüfchemikalien mit geringer Wasserlöslichkeit muss unter Umständen mit einem organischen Lösungsmittel oder einem Dispergiermittel eine konzentrierte Stammlösung oder eine Dispersion der Chemikalie hergestellt werden, damit die exakten Mengen der Prüfchemikalie zum Prüfmedium leichter hinzugegeben werden können und die Dispergierung und die Auflösung der Chemikalie begünstigt wird. Die Verwendung dieser Materialien sollte unbedingt vermieden werden. Durch die Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln sollte keine Phytotoxizität entstehen. Häufig verwendete Lösungsmittel, die bei Konzentrationen bis zu 100 μl/l keine phytotoxische Wirkung haben, sind z. B. Aceton und Dimethylformamid. Wenn ein Lösungsmittel oder ein Dispergiermittel verwendet wird, muss die Endkonzentration protokolliert und auf ein Minimum (≤ 100 μl/l) beschränkt werden; alle behandelten Proben und die Kontrollproben müssen das Lösungsmittel bzw. das Dispergiermittel in derselben Konzentration enthalten. Weitere Informationen zur Verwendung von Dispergiermitteln sind Quelle (5) zu entnehmen.

Test- und Kontrollgruppen

25.
Die vorherige Kenntnis der Toxizität der Prüfchemikalie für Myriophyllum spicatum aufgrund eines Tests zur Bestimmung des Konzentrationsbereichs erleichtert die Auswahl geeigneter Testkonzentrationen. Beim definitiven Toxizitätstest werden in der Regel fünf (wie im Lemna-Wachstumsinhibitionstest, Kapitel C.26 dieses Anhangs) bis sieben Testkonzentrationen in einer geometrischen Reihe angeordnet; sie sollten so gewählt werden, dass die NOEC- und EC50-Werte im Konzentrationsbereich liegen (siehe unten). Die Testkonzentrationen sollten sich um einen Faktor von höchstens 3,2 unterscheiden; bei einer schwachen Steigung der Konzentrations-Wirkungs-Kurve kommen jedoch auch höhere Werte in Betracht. Die Verwendung von weniger als fünf Konzentrationen muss begründet werden. Für jede Testkonzentration sind mindestens fünf Replikate zu verwenden.
26.
Beim Festlegen des Testkonzentrationsbereichs (zur Dosisfindung und/oder für den definitiven Toxizitätstest) sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

Um ein angemessenes Konfidenzintervall sicherzustellen, müssen bei der Bestimmung eines ECx-Wertes die Testkonzentrationen so gewählt werden, dass der ECx-Wert darin eingeschlossen ist. Bei der Ermittlung von EC50 beispielsweise muss die höchste Testkonzentration größer als der EC50-Wert sein. Wenn der EC50-Wert außerhalb des Testkonzentrationsbereichs liegt, sind die entsprechenden Konfidenzintervalle groß, und das verwendete statistische Modell ist eventuell nicht geeignet.

Wenn die LOEC- oder NOEC-Werte bestimmt werden sollen, muss die niedrigste Testkonzentration so gering sein, dass das Wachstum nicht signifikant kleiner als das Wachstum der Kontrollgruppe ist. Außerdem muss die höchste Testkonzentration so hoch sein, dass das Wachstum signifikant geringer ist als das Wachstum der Kontrollgruppe. Andernfalls muss der Test mit einem anderen Konzentrationsbereich wiederholt werden (wenn die höchste Konzentration nicht an der Löslichkeitsgrenze bzw. bei der höchstens erforderlichen Grenzkonzentration [z. B. 100 mg/l] liegt).

27.
Die Tests beinhalten jeweils Kontrollen, bei denen das gleiche Nährmedium, der gleiche Testorganismus (Wahl des Pflanzenmaterials so homogen wie möglich, frische Seitenäste aus Vorkulturen, gekürzt auf 2,5 cm ab Stängel) und die gleichen Umgebungsbedingungen und Verfahren wie in den Prüfgefäßen gegeben sind und nur die Prüfchemikalie fehlt. Wenn ein zusätzliches Lösungs- oder Dispergiermittel verwendet wird, muss eine zusätzliche Kontrolle mit der gleichen Konzentration des Lösungs-/Dispergiermittels wie in den Prüfansätzen getestet werden. Die Anzahl der Kontrollgefäße zur Durchführung von Replikaten (sowie gegebenenfalls der Lösungsmittelgefäße) muss mindestens zehn betragen.
28.
Wenn die NOEC nicht bestimmt werden muss, kann das Prüfprotokoll geändert werden, indem die Anzahl der Konzentrationen erhöht und die Anzahl der Replikate je Konzentration verringert wird. Allerdings sollten in jedem Fall mindestens zehn Kontrollreplikate verwendet werden.

Exposition

29.
Frische Seitenäste aus der Vorkultur, die auf 2,5 cm ab Stängel gekürzt wurden, werden den Prüfgefäßen randomisiert unter keimfreien Bedingungen zugeordnet; jedes Gefäß sollte einen 2,5 cm langen Seitenast mit einem Apikalmeristem an einem Ende enthalten. Das gewählte Pflanzenmaterial sollte in allen Prüfgefäßen die gleiche Qualität aufweisen.
30.
Die Prüfgefäße müssen randomisiert im Inkubator angeordnet werden, um die Auswirkungen räumlich unterschiedlicher Lichtintensitäten und Temperaturen zu minimieren. Außerdem sind die Gefäße blockweise anzuordnen oder zufällig umzustellen (oder häufiger umzustellen), wenn die Messungen vorgenommen werden.
31.
Wenn aufgrund eines Tests zur vorläufigen Charakterisierung der Stabilität anzunehmen ist, dass die Prüfchemikalienkonzentration nicht über die gesamte Testdauer (14 Tage) aufrechterhalten werden kann (d. h. wenn die gemessene Konzentration unter 80 % der gemessenen Ausgangskonzentration fällt), wird ein semistatischer Test empfohlen. In diesem Fall sollten die Pflanzen während des Tests mindestens einmal (z. B. an Tag 7) in frisch hergestellte Test- und Kontrolllösungen gegeben werden. Wie häufig eine Exposition gegenüber dem frischen Medium erfolgt, hängt von der Stabilität der Prüfchemikalie ab. Bei sehr instabilen oder flüchtigen Chemikalien ist unter Umständen eine häufigere Exposition erforderlich, um die Konzentrationen annähernd konstant zu halten.
32.
Das Expositionsszenario beim Besprühen wird in dieser Prüfmethode nicht berücksichtigt.

Prüfbedingungen

33.
Durch fluoreszierende Beleuchtung mit warmem und/oder kaltweißem Licht wird eine Bestrahlungsstärke hergestellt, die bei Messung unter photosynthetisch aktiver Strahlung (400-700 nm) an Punkten jeweils in demselben Abstand von der Lichtquelle wie der Boden der Prüfgefäße bei ca. 100-150 μE m– 2 s– 1 liegt (entsprechend etwa 6 000 -9 000  lx). Es wird ein Hell-/Dunkel-Zyklus von 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit verwendet. Dabei ist zu beachten, dass die Messwerte von der Methode zur Feststellung und zur Messung der Lichtintensität (insbesondere vom Sensortyp) abhängen. Kugelförmige Sensoren (die auf Licht aus allen Winkeln über und unter der Messebene reagieren) sowie „Kosinus“ -Sensoren (die auf Licht aus allen Winkeln über der Messebene ansprechen) sind gegenüber unidirektionalen Sensoren zu bevorzugen, da diese Sensoren bei Mehrpunkt-Lichtquellen des hier beschriebenen Typs höhere Messwerte ergeben.
34.
Die Temperatur der Prüfgefäße beträgt 23 ± 21 °C. Erhöhte Sorgfalt ist bei der Beurteilung von Verschiebungen des pH-Wertes in Sonderfällen geboten (z. B. beim Testen instabiler Chemikalien oder beim Testen von Metallen). Der pH-Wert sollte im Bereich von 6-9 bleiben. Weitere Informationen in diesem Zusammenhang sind Quelle (5) zu entnehmen.

Dauer

35.
Die Prüfung wird 14 Tage nach Einsetzen der Pflanzen in die Prüfgefäße beendet.

Messungen und analytische Bestimmungen

36.
Bei Beginn der Prüfung beträgt die Hauptsprosslänge des Testorganismus 2,5 cm (siehe Nummer 29). Sie wird mit einem Lineal (siehe Anlage 4) oder durch Fotografie und Bildanalyse gemessen. Die Hauptsprosslänge des normal oder anomal aussehenden Testorganismus ist am Anfang der Prüfung, mindestens einmal während der 14-tägigen Expositionsdauer und am Ende der Prüfung zu bestimmen. Hinweis: Ist eine Bildanalyse nicht möglich, kann alternativ, sofern der Arbeitstisch vor der Zugabe der Pflanzen in die Prüfgefäße sterilisiert wird, ein steriles Lineal zum Messen der Hauptsprosslänge am Anfang und Ende der Prüfung verwendet werden. Änderungen in der Entwicklung der Pflanzen, z. B. Deformation der Sprosse, Änderungen des Aussehens, Anzeichen für eine Nekrose, Chlorose, Aufwölbungen oder der Verlust der Schwimmfähigkeit sowie Veränderungen der Wurzellänge oder der sonstigen Beschaffenheit der Wurzeln, sind zu protokollieren. Wesentliche Merkmale des Prüfmediums (z. B. Vorliegen nicht gelösten Materials oder Algen-, Pilz- oder Bakterienwachstum im Prüfgefäß) werden ebenfalls vermerkt.
37.
Ergänzend zur Ermittlung der Hauptsprosslänge während der Prüfung sind auch die Auswirkungen der Prüfchemikalie auf drei (oder mehrere) der folgenden Messvariablen zu bewerten:
i.
Gesamtseitenastlänge
ii.
Gesamtsprosslänge
iii.
Gesamtwurzellänge
iv.
Frischmasse
v.
Trockenmasse
vi.
Anzahl der Wirteln

Hinweis 1: Die Beobachtungen während des Dosisfindungstests könnten bei der Auswahl der relevanten zusätzlichen Messungen aus den sechs oben genannten Messvariablen helfen.

Hinweis 2: Die Frisch- und Trockenmasse (Parameter iv und v) sollten unbedingt bestimmt werden.

Hinweis 3: Aufgrund der Tatsache, dass sich Saccharose und Licht (Exposition der Wurzeln gegenüber Licht während des Tests) auf Auxin (Pflanzenwachstumshormon)-Träger auswirken können und einige Chemikalien eine auxinähnliche Wirkungsweise haben, ist fraglich, ob die wurzelbezogenen Endpunkte (Parameter iii) einbezogen werden sollten.

Hinweis 4: Die Ringtest-Ergebnisse zeigen hohe Variationskoeffizienten (> 60 %) für die Gesamtseitenastlänge (Parameter i). Die Gesamtseitenastlänge liegt in jedem Fall innerhalb der Messung der Gesamtsprosslänge (Parameter ii), die akzeptablere Variationskoeffizienten < 30 % zeigt.

Hinweis 5: Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ergeben sich die folgenden empfohlenen Hauptendpunkte: Gesamtsprosslänge, Frisch- und Trockenmasse (Parameter ii, iv und v); Parameter vi (Anzahl der Wirteln) bleibt dem Ermessen des Versuchsleiters überlassen.

38.
Hauptsprosslänge und Anzahl der Wirteln haben jeweils den Vorteil, dass sie am Anfang, während und am Ende der Prüfung für jedes Prüf- und Kontrollgefäß durch Fotografie und Bildanalyse bestimmt werden können, obwohl auch ein (steriles) Lineal verwendet werden kann.
39.
Gesamtseitenastlänge, Gesamtwurzellänge (als Summe aller Seitenäste oder Wurzeln) und Gesamtsprosslänge (als Summe aus Hauptsprosslänge und Gesamtseitenastlänge) kann am Ende der Exposition mit einem Lineal gemessen werden.
40.
Die Trocken- und/oder Frischmasse werden am Anfang der Prüfung an einer Probe der Vorkultur ermittelt, die typisch für das am Anfang der Prüfung verwendete Material ist; eine weitere Feststellung erfolgt am Ende der Prüfung anhand des Pflanzenmaterials jeweils aus den Prüfgefäßen und aus den Kontrollgefäßen.
41.
Gesamtseitenastlänge, Gesamtsprosslänge, Gesamtwurzellänge, Frischmasse, Trockenmasse und Anzahl der Wirten können wie folgt bestimmt werden:
i.Gesamtseitenastlänge : Die Seitenastlänge kann durch Messen aller Seitenäste mit einem Lineal am Ende der Exposition ermittelt werden. Die Gesamtseitenastlänge ist die Summe aller Seitenäste in jedem Prüf- und Kontrollgefäß.
ii.Gesamtsprosslänge : Die Hauptsprosslänge kann durch Bildanalyse oder mit einem Lineal ermittelt werden. Die Gesamtsprosslänge ist die Summe aus Gesamtseitenastlänge und Hauptsprosslänge in jedem Prüf- und Kontrollgefäß am Ende der Exposition.
iii.Gesamtwurzellänge : Die Wurzellänge kann durch Messen aller Wurzeln mit einem Lineal am Ende der Exposition ermittelt werden. Die Gesamtwurzellänge ist die Summe aller Wurzeln in jedem Prüf- und Kontrollgefäß.
iv.Frischmasse : Die Frischmasse kann durch Wiegen der Testorganismen am Ende der Exposition bestimmt werden. Das gesamte Pflanzenmaterial in jedem Prüf- und Kontrollgefäß wird mit destilliertem Wasser abgespült und mit Zellulosepapier trockengetupft. Nach dieser Vorbereitung wird die Frischmasse durch Wiegen ermittelt. Die Ausgangsbiomasse (Frischmasse) wird anhand einer Probe von Testorganismen aus derselben Charge bestimmt, aus der die Prüfgefäße beimpft wurden.
v.Trockenmasse : Nach den Vorbereitungen zur Bestimmung der Frischmasse werden die Testorganismen bei 601 °C auf eine konstante Masse getrocknet. Diese Masse ist die Trockenmasse. Die Ausgangsbiomasse (Trockenmasse) wird anhand einer Probe von Testorganismen aus derselben Charge bestimmt, aus der die Prüfgefäße beimpft wurden.
vi.Anzahl der Wirteln : Es werden alle Wirteln entlang des Hauptsprosses gezählt.

Häufigkeit der Messungen und der analytischen Bestimmungen

42.
Bei statischen Tests wird jeweils am Anfang und am Ende der Prüfung der pH-Wert der behandelten Lösungen gemessen. Bei semistatischen Tests wird für alle Chargen der „frischen“ Testlösung jeweils vor den Erneuerungen der pH-Wert ermittelt; außerdem ist der pH-Wert der „verbrauchten“ Lösungen zu bestimmen.
43.
Die Lichtintensität wird in der Wachstumskammer, im Inkubator oder im jeweiligen Raum in dem Abstand von der Lichtquelle gemessen, der auch bei den Testorganismen gegeben ist. Während der Prüfung wird mindestens eine Messung vorgenommen. Die Temperatur des Mediums in einem Surrogatgefäß unter den gleichen Bedingungen wie in der Wachstumskammer bzw. im Inkubator oder im jeweiligen Raum ist mindestens täglich (oder kontinuierlich mit einem Datenlogger) zu protokollieren.
44.
Während der Prüfung wird die Konzentration der Prüfchemikalie(n) in geeigneten Intervallen bestimmt. Bei statischen Tests ist die Konzentration mindestens am Anfang und am Ende der Prüfung zu ermitteln.
45.
Bei semistatischen Tests, bei denen davon ausgegangen wird, dass die Konzentrationen der Prüfchemikalie(n) nicht im Bereich von ± 20 % der Nominalkonzentration aufrechterhalten werden können, müssen alle frisch hergestellten Testlösungen sowie alle Lösungen jeweils nach der Erneuerung analysiert werden. Bei Tests, bei denen die gemessenen Ausgangskonzentrationen der Prüfchemikalie(n) zwar nicht ± 20 % der Nominalkonzentration betragen, für die aber hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die Ausgangskonzentrationen wiederholbar und stabil sind (d. h. dass die Konzentrationen im Bereich von 80-120 % der Ausgangskonzentration liegen), sind chemische Bestimmungen nur bei der höchsten und der niedrigsten Konzentration erforderlich. In jedem Fall brauchen die Prüfchemikalienkonzentrationen für alle Testkonzentrationen vor der Erneuerung jeweils nur bei einem einzigen Replikat (bzw. bei Gefäßen mit zusammengefassten Replikaten jeweils bei nur einem Gefäß) erneut bestimmt zu werden.
46.
Wenn nachgewiesen wird, dass die Testkonzentration während des Tests zufriedenstellend in Höhe von ± 20 % der Nominalkonzentration oder der gemessenen Ausgangskonzentration aufrechterhalten werden konnte, können die Ergebnisse auch ausgehend von den Nominalwerten bzw. von den gemessenen Ausgangswerten analysiert werden. Beträgt die Abweichung von der Nominalkonzentration oder von der gemessenen Ausgangskonzentration mehr als ± 20 %, sollte bei der Analyse der Ergebnisse vom geometrischen Mittel der Konzentration während der Expositionsdauer oder von Modellen ausgegangen werden, die den Rückgang der Prüfchemikalienkonzentration beschreiben (5).

Limit-Test

47.
Unter bestimmten Umständen, z. B. wenn ein Vorversuch darauf hindeutet, dass die Prüfchemikalie bei Konzentrationen bis zu 100 mg/l bzw. bis zur Grenze der Löslichkeit im Prüfmedium oder im Falle einer Formulierung bis zur Dispersibilitätsgrenze keine toxische Wirkung hat, kann ein Limit-Test durchgeführt werden, in dem die Reaktionen einer Kontrollgruppe und einer Behandlungsgruppe (100 mg/l bzw. eine mit der Löslichkeitsgrenze identische Konzentration) verglichen werden. Es wird nachdrücklich empfohlen, diese Tests durch Analysen der Expositionskonzentration zu verifizieren. Für einen Limit-Test gelten alle oben beschriebenen Testbedingungen und Validitätskriterien; allerdings sollte die Anzahl der behandelten Replikate mindestens doppelt so hoch sein. Das Wachstum der Kontrollgruppe und der Behandlungsgruppe kann mit einem statistischen Test zum Vergleich der Mittelwerte analysiert werden (z. B. mit einem Student-t-Test).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Reaktionsvariablen

48.
Mit der Prüfung sollen die Wirkungen einer Prüfchemikalie auf das vegetative Wachstum von Myriophyllum spicatum bestimmt werden. In dieser Prüfmethode werden zwei Reaktionsvariablen beschrieben.
a)Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate : Diese Reaktionsvariable wird auf der Grundlage von Veränderungen der Logarithmen der Hauptsprosslänge sowie ausgehend von Veränderungen der Logarithmen sonstiger Messparameter, d. h. Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln während eines bestimmten Zeitraums (jeweils pro Tag ausgedrückt) in den Kontrollen und einzelnen Behandlungsgruppen berechnet. Hinweis: Für die Messparameter „Gesamtseitenastlänge“ und „Gesamtwurzellänge“ kann die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate nicht berechnet werden. Am Anfang der Prüfung besitzt der Testorganismus weder Seitenäste noch Wurzeln (basierend auf der Zubereitung aus der Vorkultur). Ausgehend vom Nullwert ist die Berechnung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate nicht definiert.
b)Zellertrag : Diese Reaktionsvariable wird auf der Grundlage von Veränderungen der Hauptsprosslänge sowie ausgehend von Veränderungen sonstiger Messparameter, d. h. vorzugsweise Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln sowie sonstiger Parameter, die als notwendig erachtet werden, in den Kontrollen und einzelnen Behandlungsgruppen bis zum Testende berechnet.
49.
Die Toxizitätsschätzungen sollten auf der Hauptsprosslänge und drei zusätzlichen Messvariablen (d. h. vorzugsweise Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln, siehe Nummer 37 und Hinweise 2, 4 und 5 unter dieser Nummer) beruhen, da sich manche Chemikalien erheblich stärker auf andere Messvariablen auswirken können als die Hauptsprosslänge. Diese Auswirkungen würden nicht festgestellt werden, wenn ausschließlich die Hauptsprosslänge berechnet würde.

Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate

50.
Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate in einem bestimmten Zeitraum wird als logarithmische Zunahme der Wachstumsvariablen, d. h. Hauptsprosslänge und drei weitere Messvariablen (Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln) für die einzelnen Replikate der Kontrollen und Behandlungsgruppen mit der nachstehenden Formel berechnet:

Dabei sind:

μi-j : durchschnittliche spezifische Wachstumsrate vom Zeitpunkt i bis zum Zeitpunkt j

Ni : Messvariable im Prüfgefäß bzw. im Kontrollgefäß zum Zeitpunkt i

Nj : Messvariable im Prüfgefäß bzw. im Kontrollgefäß zum Zeitpunkt j

t : Zeitraum vom Zeitpunkt i bis zum Zeitpunkt j

Für jede Behandlungsgruppe und für jede Kontrollgruppe sind die mittlere Wachstumsrate und die Varianzschätzungen zu berechnen.

51.
Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate wird für die gesamte Testdauer berechnet. (In der vorstehenden Formel bezeichnet „i“ den Beginn der Prüfung und „j“ das Ende der Prüfung.) Für alle Konzentrationen der Testlösungen und der Kontrolllösungen sind ein Mittelwert für die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate zu berechnen und die entsprechenden Varianzschätzungen vorzunehmen. Außerdem muss die abschnittsbezogene Wachstumsrate bestimmt werden, um die Auswirkungen der Prüfchemikalie während der Expositionsdauer beurteilen zu können (z. B. durch Prüfung der logarithmisch transformierten Wachstumskurven).
52.
Die Hemmung der Wachstumsrate in Prozent (Ir) kann anschließend für jede Testkonzentration (Behandlungsgruppe) nach der folgenden Formel berechnet werden:

Dabei sind:

% Ir : Hemmung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate in Prozent

μC : Mittelwert für μ in der Kontrollgruppe

μT : Mittelwert für μ in der Behandlungsgruppe

Zellertrag

53.
Die Auswirkungen auf den Zellertrag werden ausgehend von der Messvariablen „Hauptsprosslänge“ und drei weiteren Messvariablen (d. h. vorzugsweise Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln) der jeweiligen Prüfgefäße am Anfang und am Ende der Prüfung bestimmt. Für die Frisch- oder Trockenmasse wird die Ausgangsbiomasse anhand einer Probe von Testorganismen aus derselben Charge bestimmt, aus der die Prüfgefäße beimpft wurden. Für jede Testkonzentration und Kontrolllösung ist ein mittlerer Zellertrag zu berechnen; die Varianzen sind jeweils zu schätzen. Die mittlere prozentuale Hemmung des Zellertrags ( % Iy) kann für jede Behandlungsgruppe wie folgt berechnet werden:

Dabei sind:

% Iy : Verringerung des Zellertrags in Prozent

bC : Biomasse am Ende der Prüfung abzüglich der Biomasse am Anfang der Prüfung (Kontrollgruppe)

bT : Biomasse am Ende der Prüfung abzüglich der Biomasse am Anfang der Prüfung (Behandlungsgruppe)

Verdopplungszeit

54.
Um die Dauer bis zur Verdopplung der Hauptsprosslänge (Td) zu bestimmen und um sicherzustellen, dass dieses Validitätskriterium erfüllt wird (siehe Nummer 8), sind die Daten der Kontrollgefäße in die folgende Gleichung einzusetzen:

Td = ln 2/μ

Dabei steht μ für die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate, die wie unter den Nummern 50-52 beschrieben bestimmt wurde.

Darstellung der Konzentrations-Wirkungs-Kurven

55.
Die Konzentrations-Wirkungs-Kurven der mittleren Hemmung der Reaktionsvariablen in Prozent (Ir oder Iy berechnet gemäß der Anweisung unter Nummer 53) und die logarithmische Konzentration der Prüfchemikalie werden grafisch dargestellt.

ECx-Schätzung

56.
Schätzungen der ECx-Werte sollten sowohl auf der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate (ErCx) als auch auf dem Zellertrag (EyCx) beruhen, und beide Werte sollten ihrerseits von der Hauptsprosslänge und eventuell weiteren Messvariablen (d. h. vorzugsweise Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln) ausgehen, weil sich manche Chemikalien unterschiedlich auf die Hauptsprosslänge und sonstige Messvariablen auswirken. Die gewünschten Toxizitätsparameter bestehen entsprechend aus vier ECx-Werten für alle berechneten Hemmkonzentrationen x: ErCx (Hauptsprosslänge), ErCx (d. h. vorzugsweise Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln), EyCx (Hauptsprosslänge) und EyCx (d. h. vorzugsweise Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln).
57.
Es wird darauf hingewiesen, dass die mit diesen beiden Reaktionsvariablen berechneten ECx-Werte nicht vergleichbar sind; der entsprechende Unterschied muss bei der Verwendung der Testergebnisse berücksichtigt werden. Die mit der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate (ErCx) berechneten Werte für ECx werden im Allgemeinen höher sein als die anhand des Zellertrags (EyCx) ermittelten Werte, wenn die für diese Prüfmethode vorgesehenen Bedingungen eingehalten werden; dies ist auf die unterschiedliche mathematische Grundlage der beiden Berechnungsverfahren zurückzuführen. Die auftretenden Unterschiede sollten jedoch nicht als Anzeichen für eine unterschiedliche Empfindlichkeit der beiden Reaktionsvariablen betrachtet werden; die Werte sind einfach mathematisch verschieden.

Statistische Verfahren

58.
Ziel ist die Ermittlung einer quantitativen Konzentrations-Wirkungs-Beziehung durch Regressionsanalyse. Im Anschluss an eine linearisierte Transformation der Reaktionsdaten (z. B. nach dem Probit-, Logit- oder Weibull-Modell) (7) kann eine gewichtete lineare Regression vorgenommen werden; nicht-lineare Regressionsverfahren, mit denen die unvermeidlichen Unregelmäßigkeiten der Daten und Abweichungen von gleichförmigen Verteilungen besser verarbeitet werden können, werden jedoch bevorzugt. Im Bereich von Null bzw. der vollständigen Hemmung können diese Unregelmäßigkeiten durch die Transformation vergrößert werden und die Analyse beeinträchtigen (7). Es wird darauf hingewiesen, dass Standard-Analysemethoden mit Probit-, Logit- oder Weibull-Transformationen für quantale Daten (z. B. Mortalität oder Überlebensrate) vorgesehen sind und zur Verwendung in Verbindung mit Wachstums- oder Zellertragsdaten entsprechend modifiziert werden müssen. Spezifische Verfahren zur Bestimmung von ECx-Werten aus kontinuierlichen Daten sind den Quellen (8), (9) und (10) zu entnehmen.
59.
Für jede zu analysierende Reaktionsvariable sind aufgrund der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung ECx-Werte zu ermitteln. Nach Möglichkeit sollten für jeden ECx-Wert die 95 %-Konfidenzintervalle bestimmt werden. Die Qualität der Übereinstimmung der Reaktionsdaten mit dem Regressionsmodell sollte grafisch oder statistisch bewertet werden. Die Regressionsanalyse wird mit den Reaktionen der einzelnen Replikate (und nicht mit den Mittelwerten der Behandlungsgruppe) durchgeführt.
60.
Schätzwerte für EC50 und für die Konfidenzintervalle können auch durch lineare Interpolation mit einem Bootstrapping-Algorithmus (10) erzielt werden, wenn die verfügbaren Regressionsmodelle/-methoden für die betreffenden Daten nicht geeignet sind.
61.
Für eine Schätzung der LOEC-Werte und entsprechend auch der NOEC-Werte müssen die Mittelwerte der behandelten Lösungen durch Varianzanalyseverfahren (ANOVA) verglichen werden. Der Mittelwert der einzelnen Konzentrationen ist dann mit einer geeigneten Methode zur Durchführung von Mehrfachvergleichen bzw. zur Durchführung von Trendtests mit dem Mittelwert der Kontrollgruppe zu vergleichen. Dunnett- und Williams-Tests können hilfreich sein (12) (13) (14) (15) (16). Die ANOVA-Annahme der Varianzhomogenität muss einer Überprüfung unterzogen werden. Die entsprechende Bewertung kann anhand einer grafischen Darstellung oder aufgrund eines formalen Tests vorgenommen werden (15). Geeignet sind Levene- und Bartlett-Tests. Wenn die Annahme der Varianzhomogenität nicht erfüllt ist, kann gelegentlich eine Korrektur durch logarithmische Datentransformation erfolgen. Bei außerordentlicher Varianzheterogenität, die durch Transformation nicht korrigiert werden kann, sollten Analysen durch Methoden wie z. B. Jonckheere-Trendtests (Step-Down) erwogen werden. Weitere Hinweise zur Bestimmung von NOEC-Werten sind Quelle (10) zu entnehmen.
62.
Aufgrund neuer Forschungsergebnisse wird empfohlen, das Konzept der NOEC aufzugeben und durch Punktschätzungen von ECx-Werten zu ersetzen, die durch Regression ermittelt wurden. Für diesen Myriophyllum-Test wurde noch kein geeigneter Wert für x definiert. Ein Bereich von 10 bis 20 % scheint jedoch geeignet (abhängig von der ausgewählten Reaktionsvariablen); vorzugsweise sollten sowohl EC10 und EC20 als auch deren Konfidenzgrenzen protokolliert werden.

Berichterstattung

63.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfchemikalie

Einkomponentiger Stoff:

physikalisches Erscheinungsbild, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar usw. (einschließlich des Gehalts an organischem Kohlenstoff, falls zutreffend).

Mehrkomponentiger Stoff, UVCB-Stoffe und Gemische:

so weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten.

Testspezies

wissenschaftliche Bezeichnung und Herkunft.

Prüfbedingungen

angewandtes Testverfahren (statisch oder semistatisch).
Datum des Testbeginns und Dauer des Tests.
Prüfmedium.
Beschreibung des Prüfprotokolls: Prüfgefäße und Abdeckungen, Lösungsvolumina, Hauptsprosslänge pro Prüfgefäß am Anfang des Tests.
Testkonzentrationen (Nominalkonzentrationen bzw. gemessene Konzentrationen) und Anzahl der Replikate pro Konzentration.
Methoden zur Herstellung von Stamm- und Testlösungen einschließlich der Verwendung von Lösungsmitteln und Dispergiermitteln.
Temperatur während des Tests.
Lichtquelle, Lichtintensität und Homogenität des Lichts.
pH-Werte der Prüfmedien und der Kontrollmedien.
Methode zur Analyse der Prüfchemikalie mit geeigneten Daten zur Qualitätsbewertung (Validierungsstudien, Standardabweichungen oder Konfidenzgrenzen der Analysen).
Methoden zur Bestimmung der Hauptsprosslänge und sonstiger Messvariablen, z. B. Gesamtseitenastlänge, Gesamtsprosslänge, Gesamtwurzellänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln.
Zustand der Kultur (steril oder nicht steril) für jedes Prüf- und Kontrollgefäß bei jeder Beobachtung.
Sämtliche Abweichungen von dieser Prüfmethode.

Ergebnisse

Rohdaten: Hauptsprosslänge und sonstige Messvariablen der einzelnen Prüf- und Kontrollgefäße bei jeder Beobachtung und Analyse.
Mittelwerte und Standardabweichungen der einzelnen Messvariablen.
Wachstumskurven für jede Messvariable.
Berechnete Reaktionsvariablen für alle behandelten Replikate mit Mittelwerten und dem Variationskoeffizienten für Replikate.
Grafische Darstellung der Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung.
Schätzungen der Endpunkte der Toxizität für die verschiedenen Reaktionsvariablen (z. B. EC50, EC10, EC20) und entsprechende Konfidenzintervalle. Wenn berechnet, sind die LOEC-Werte und/oder die NOEC-Werte sowie die zur jeweiligen Berechnung verwendeten statistischen Methoden anzugeben.
Bei Durchführung von Varianzanalysen (ANOVA) der Umfang der nachweisbaren Auswirkungen (z. B. geringster signifikanter Unterschied).
Jegliche in behandelten Proben festgestellte Wachstumsstimulation.
Alle offensichtlichen Anzeichen einer Phytotoxizität sowie Beobachtungen an den Testlösungen.
Diskussion der Ergebnisse einschließlich aller Auswirkungen auf das Testergebnis, die auf Abweichungen von dieser Prüfmethode zurückzuführen sind.

LITERATURHINWEISE

(1) ASTM Designation E 1913-04, Standard Guide for Conducting Static, Axenic, 14-Day Phytotoxicity Tests in Test Tubes with the Submersed Aquatic Macrophyte, Myriophyllum sibiricum Komarov.

(2) Maletzki, D. et al. (2010), Myriophyllum spicatum als ökotoxikologischer Testorganismus: Methodenentwicklung eines sedimentfreien Testsystems und erste Ergebnisse mit 3,5-Dichlorphenol, Umweltwiss Schadst Forsch, Nr. 22, 702-710.

(3) Kapitel C.26 dieses Anhangs: Lemna sp. — Wachstumsinhibitionstest.

(4) OECD (2014), Myriophyllum spicatum Toxicity Test: Results of an inter-laboratory ring test using a sediment-free test system , OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series Testing and Assessment, No. 205, OECD Publishing, Paris.

(5) OECD (2000), Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures, OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment, No. 23, OECD Publishing, Paris.

(6) Kapitel C.51 dieses Anhangs: Myriophyllum spicatum-Toxizitätstest im Wassersediment

(7) Christensen, E.R., N. Nyholm (1984), Ecotoxicological Assays with Algae: Weibull Dose-Response Curves, Environmental Science & Technology, Vol. 18/9, 713-718.

(8) Nyholm, N. et al. (1992), Statistical treatment of data from microbial toxicity tests, Environmental Toxicology and Chemistry, Vol. 11/2, 157-167.

(9) Bruce, R.D., D.J. Versteeg (1992), A statistical procedure for modelling continuous toxicity data, Environmental Toxicology and Chemistry, Vol. 11/10, 1485-1494.

(10) OECD (2006), Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application, OECD Environmental Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment No. 54, OECD, Paris.

(11) Norberg-King, T.J. (1988), An interpolation estimate for chronic toxicity: The ICp approach, National Effluent Toxicity Assessment Center Technical Report 05-88, US EPA, Duluth, MN.

(12) Dunnett, C.W. (1955), A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control, Journal of the American Statistical Association, Vol. 50/272, 1096-1121.

(13) Dunnett, C.W. (1964), New tables for multiple comparisons with a control, Biometrics, Vol. 20/3, 482-491.

(14) Williams, D.A. (1971), A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control, Biometrics, Vol. 27/1, 103-117.

(15) Williams, D.A. (1972), The comparison of several dose levels with a zero dose control, Biometrics, Vol. 28/2, 519-531.

(16) Brain, P., R. Cousens (1989), An equation to describe dose-responses where there is stimulation of growth at low doses, Weed Research, Vol. 29/2, 93-96.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Biomasse ist die Frisch- und/oder Trockenmasse des in einer Population enthaltenen lebenden Materials. In diesem Test entspricht die Biomasse der Summe aus Hauptspross, allen Seitenästen und allen Wurzeln.

Chemikalie ist ein Stoff oder Gemisch.

Chlorose ist eine Farbveränderung von grün nach gelb des Testorganismus, insbesondere der Wirteln.

ECx ist die Konzentration der im Prüfmedium aufgelösten Prüfchemikalie, bei der sich binnen einer festgelegten Expositionsdauer eine Reduzierung des Wachstums von Myriophyllum spicatum um x % (z. B. 50 %) ergibt. (Die Expositionsdauer ist ausdrücklich zu nennen, wenn die Dauer von der vollständigen oder normalen Testdauer abweicht.) Um einen von der Wachstumsrate bzw. vom Zellertrag abgeleiteten EC-Wert eindeutig zu kennzeichnen, wird die Bezeichnung „ErC“ für die Wachstumsrate und „EyC“ für den Zellertrag jeweils gefolgt von der verwendeten Messvariablen (z. B. ErC (Hauptsprosslänge) verwendet.

Endpunkt des Tests beschreibt den allgemeinen Faktor, der als Testziel durch die Prüfchemikalie gegenüber der Kontrollprobe verändert wird; bei dieser Prüfmethode ist der Endpunkt des Tests die Wachstumshemmung; diese kann durch verschiedene Reaktionsvariablen ausgedrückt werden, die jeweils auf mindestens einer Messvariablen beruhen.

Lowest Observed Effect Concentration (LOEC) ist die niedrigste geprüfte Konzentration, bei der beobachtet wurde, dass die Chemikalie binnen einer bestimmten Expositionsdauer gegenüber der Kontrollprobe eine statistisch signifikante Wachstumsreduzierung bewirkt (bei p < 0,05). Alle Testkonzentrationen oberhalb der LOEC müssen jedoch eine schädigende Wirkung haben, die gleich den bei der LOEC beobachteten Wirkungen oder größer als diese ist. Können diese beiden Bedingungen nicht erfüllt werden, muss ausführlich erklärt werden, wie die LOEC (und damit auch die NOEC) ausgewählt wurde.

Messvariablen sind alle Variablentypen, die gemessen werden, um mit mindestens einer Reaktionsvariablen den Endpunkt des Tests zu beschreiben. Bei dieser Prüfmethode bilden Hauptsprosslänge, Gesamtseitenastlänge, Gesamtsprosslänge, Gesamtwurzellänge, Frischmasse, Trockenmasse und Anzahl der Wirteln die Messvariablen.

Monokultur ist eine Kultur mit einer Pflanzenart.

Nekrose ist abgestorbenes (d. h. weißes oder dunkelbraunes) Gewebe des Testorganismus.

No Observed Effect Concentration (NOEC) ist die Testkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

Prüfchemikalie bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der bzw. das nach dieser Methode geprüft wird.

Prüfmedium ist das gesamte synthetische Nährmedium, in dem die zu prüfenden Pflanzen wachsen, wenn sie der Prüfchemikalie ausgesetzt werden; die Prüfchemikalie wird im Allgemeinen im Prüfmedium aufgelöst.

Reaktionsvariable ist eine Variable für die geschätzte Toxizität, abgeleitet aus beliebigen gemessenen Variablen zur Beschreibung der Biomasse durch verschiedene Berechnungsmethoden. Bei dieser Prüfmethode sind die Wachstumsrate und der Zellertrag die Reaktionsvariablen, die aus Messvariablen wie z. B. Hauptsprosslänge, Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln abgeleitet werden.

Semistatischer (Erneuerungs-)Test ist ein Test, bei dem die Testlösung während der Testdauer regelmäßig in bestimmten Intervallen erneuert wird.

Statischer Test ist eine Prüfmethode, bei der die Testlösung während der Testdauer nicht erneuert wird.

UVCB-Stoffe sind Stoffe mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

Wachstum ist eine Zunahme der Messvariablen, z. B. Hauptsprosslänge, Gesamtseitenastlänge, Gesamtsprosslänge, Gesamtwurzellänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln während der Testdauer.

Wachstumsrate (durchschnittliche spezifische Wachstumsrate) ist die logarithmische Zunahme der Messvariablen während der Expositionsdauer. Hinweis: Die auf die Wachstumsrate bezogenen Reaktionsvariablen sind unabhängig von der Testdauer, solange das Wachstumsmuster der nicht exponierten Kontrollorganismen exponential ist.

Zellertrag ist der Wert einer Messvariablen zur Beschreibung der Biomasse am Ende der Expositionsdauer abzüglich der Messvariablen am Anfang der Expositionsdauer. Hinweis: Im Falle eines exponentialen Wachstumsmusters der nicht exponierten Organismen verringern sich die auf den Zellertrag bezogenen Reaktionsvariablen mit der Testdauer.

Anlage 2

MODIFIZIERTES ANDREWS-MEDIUM FÜR STAMM- UND VORKULTUR

Das modifizierte Andrews-Medium, das für die Stamm- und Vorkultur benötigt wird, wird aus fünf separat zubereiteten Stamm-Nährlösungen unter Zugabe von 3 % Saccharose hergestellt.



Tabelle 1

Zusammensetzung der Andrews-Nährlösung: (ASTM Designation E 1913-04)

Herstellung der Stamm-NährlösungenHerstellung der Nährlösung
StammlösungChemikalieAusgangsgewicht pro 1 000  mlml pro 5 l Nährlösung
1KCl74,6 mg50
KNO38,08 g
Ca(NO3)2 × 4 H2O18,88 g
2MgSO4 × 7 H2O9,86 g50
3Siehe nachstehende Stammlösung 3.150
4KH2PO42,72 g50
5FeSO4 × 7 H2O0,278 g50
Na2EDTA × 2 H2O0,372 g

Stammlösungen können 6 Monate lang in einem Kühlschrank aufbewahrt werden (bei 5-10 °C). Nur die Stammlösung Nr. 5 besitzt eine verringerte Haltbarkeit (zwei Monate).



Tabelle 2

Herstellung der Stammlösung 3.1 für die Zubereitung der Stammlösung 3

ChemikalieAusgangsgewicht g/100 ml
MnSO4 × 4 H2O0,223
ZnSO4 × 7 H2O0,115
H3BO30,155
CuSO4 × 5 H2O0,0125
(NH4)6Mo7O24 × 4 H2O0,0037

Nach der Herstellung der Stammlösung 3.1 (Tabelle 2) wird diese in ca. 11 ml-Aliquoten (bei mindestens – 18 °C) eingefroren. Die eingefrorenen Partien sind fünf Jahre haltbar.

Zur Herstellung der Stammlösung 3 wird die Stammlösung 3.1 aufgetaut, 10 ml davon in einen 1 l-Messkolben gefüllt und Reinstwasser bis zur Marke zugegeben.

Um modifiziertes Andrews-Medium zu erhalten, werden ca. 2500 ml Reinstwasser in einen 5 l-Messkolben gefüllt. Nach dem Hinzugeben von 50 ml jeder Stammlösung werden 90 % des Messkolbens mit Reinstwasser befüllt und der pH-Wert auf 5,8 eingestellt.

Anschließend werden 150 g gelöste Saccharose (3 % pro 5 l) hinzugegeben und der Messkolben bis zur Marke mit Reinstwasser befüllt. Schließlich wird die Nährlösung in 1 l-Schott-Flaschen gefüllt und 20 Minuten bei 121 °C autoklaviert.

Die somit gewonnene Nährlösung kann drei Monate lang in einem Kühlschrank (bei 5-10 °C) steril gehalten werden.

Modifiziertes Andrews-Medium für sedimentfreien Toxizitätstest

Aus den fünf Stamm-Nährlösungen, die bereits in den Tabellen 1 und 2 genannt wurden, wird ein 10-fach konzentriertes, modifiziertes Andrews-Medium, das für die Herstellung der Testlösungen benötigt wird, unter Zugabe von 30 % Saccharose zubereitet. Hierzu werden ca. 100 ml Reinstwasser in einen 1 l-Messkolben gefüllt. Nach der Zugabe von 100 ml von jeder der Stammlösungen wird der pH-Wert auf 5,8 eingestellt. Anschließend werden 30 % gelöste Saccharose (300 g pro 1 000  ml) hinzugegeben und der Messkolben bis zur Marke mit Reinstwasser befüllt.

Schließlich wird die Nährlösung in 0,5 l-Schott-Flaschen gefüllt und 20 Minuten bei 121 °C autoklaviert.

Die somit gewonnene 10-fach konzentrierte, modifizierte Nährlösung kann drei Monate lang in einem Kühlschrank (bei 5-10 °C) steril gehalten werden.

Anlage 3

HALTUNG DER STAMMKULTUR

In der vorliegenden Anlage 3 wird die Stammkultur von Myriophyllum spicatum L , einer submersen zweikeimblättrigen Wasserpflanzenart, die der Familie der Tausendblattgewächse angehört, beschrieben. Zwischen Juni und August ragen unscheinbare rosaweiße Blüten aus dem Wasser hervor. Die Pflanzen sind im Boden mit einem System aus robusten Rhizomen verwurzelt und auf der gesamten Nordhalbkugel in eutrophischen, jedoch unverschmutzten und kalkhaltigeren Stillgewässern mit schlammigem Untergrund anzutreffen. Myriophyllum spicatum bevorzugt Süßwasser, ist aber auch in Brackwasser zu finden.

Für eine sedimentfreie Stammkultur unter Laborbedingungen sind sterile Pflanzen erforderlich. Sterile Pflanzen können vom Ökotoxikologielabor des deutschen Umweltbundesamts bezogen werden.

Alternativ können Testorganismen aus nichtsterilen Pflanzen gemäß ASTM Designation E 1913-04 zubereitet werden. Das Verfahren für die Kultivierung von aus der Natur entnommenem Myriophyllum sibiricum ist wie folgt (Auszug aus dem ASTM Standard Guide):

„Wenn aus der Natur entnommene, nichtsterile Pflanzen als Ausgangsmaterial verwendet werden sollen, werden M. sibiricum-Stängel im Herbst gesammelt. Die Stängel werden in ein 20 l-Aquarium mit 5 cm sterilem Sediment gelegt, das mit Quarzsand oder beispielsweise Turface® und 18 l Reagenzwasser bedeckt ist. Das Aquarium wird belüftet und es wird eine Temperatur von 15 °C und eine Flussrate von 200-300 μmol m– 2 s– 1 während 16 Stunden pro Tag eingehalten. Die Pflanzenkultur im Aquarium kann als Reservequelle für Pflanzen gehalten werden, falls die sterilen Pflanzenkulturen durch eine mechanische Funktionsstörung im Wachstumsschrank, durch Verunreinigung oder aus anderem Grund zerstört werden. Die im Aquarium gewachsenen Pflanzen sind nicht steril und sterile Kulturen können nicht in einem Batch-Kultursystem gehalten werden. Zum Sterilisieren der Kultur werden die Pflanzen aus dem Aquarium entnommen und ca. 0,5 Stunden unter fließendem entionisiertem Wasser abgespült. Die Pflanzen werden dann höchstens 20 Minuten unter keimfreien Bedingungen in einer Laminar-Airflow-Kabine in einer 3 %igen (w/v) Natriumhypochloridlösung mit 0,01 % eines geeigneten Tensids (bis das Pflanzengewebe größtenteils gebleicht und lediglich die wachsende Spitze noch grün ist) desinfiziert. Das Desinfektionsmittel und das Pflanzenmaterial werden verrührt. Segmente mit mehreren Knoten werden in sterile Kulturröhrchen mit 45 ml sterilisiertem, modifiziertem Andrews-Medium umgesetzt, die mit einfachen Kulturröhrchenverschlüssen versehen werden. In jede Prüfkammer wird nur ein Pflanzensegment gelegt. Der Verschluss wird mit Labor-Dichtfolie am Kulturröhrchen befestigt. Nach der Herstellung einer sterilen Kultur sollten Pflanzensegmente, die mehrere Knoten enthalten, alle 10-12 Tage in neue Prüfkammern mit frischem flüssigem Nährmedium umgesetzt werden. Wie durch Kultivierung auf Agarplatten nachgewiesen, müssen die Pflanzen steril sein und acht Wochen steril bleiben, bevor die Prüfung gestartet werden kann.“

Da das modifizierte Andrews-Medium Saccharose enthält (die das Wachstum von Pilzen und Bakterien anregt), müssen bei sämtlichen Materialien, Lösungen und Kultivierungsvorgängen sterile Bedingungen gegeben sein. Alle Flüssigkeiten und Geräte werden vor dem Gebrauch sterilisiert. Die Sterilisation wird durch Behandlung mit erhitzter Luft (210 °C) über einen Zeitraum von 4 Stunden oder durch 20-minütiges Autoklavieren bei 121 °C durchgeführt. Darüber hinaus werden alle Flaschen, Gefäße, Schalen usw. sowie sonstige Geräte unmittelbar vor der Verwendung einer Flammbehandlung auf einem sterilen Arbeitstisch unterzogen.

Die Stammkulturen können über längere Zeiträume bei verringerter Beleuchtung und niedrigeren Temperaturen (50 μE m– 2 s– 1, 20 ± 2 °C) gebrauchsfähig gelagert werden. Das Myriophyllum-Nährmedium sollte identisch mit dem für die Tests verwendeten Nährmedium sein; für Stammkulturen können jedoch auch andere nährstoffreiche Medien verwendet werden.

Die Pflanzensegmente werden axenisch auf mehrere 500 ml-Erlenmeyer- und/oder 2 000  ml-Fernbach-Kolben, die jeweils mit ca. 450 bzw. 1 000  ml modifiziertem Andrews-Medium befüllt sind, verteilt. Dann werden die Kolben axenisch mit einem Cellulosestopfen verschlossen.

Darüber hinaus müssen die Geräte unmittelbar vor dem Gebrauch unbedingt einer sorgfältigen Flammbehandlung auf einem sterilen Arbeitstisch unterzogen werden. Je nach Anzahl und Größe werden die Pflanzen ungefähr alle drei Wochen in frische Nährlösung umgesetzt.

Für diese erneuerte Kultur können Spitzen sowie Segmente aus der Stängelmitte verwendet werden. Anzahl und Größe der umgesetzten Pflanzen (oder Pflanzensegmente) sind davon abhängig, wie viele Pflanzen benötigt werden. Beispielsweise können fünf Sprosssegmente in einen Fernbach-Kolben und drei Sprosssegmente in einen Erlenmeyer-Kolben, jeweils mit einer Länge von 5 cm, umgesetzt werden. Verwurzelte, blühende, abgestorbene oder anderweitig auffällige Teile sollten verworfen werden.

Abbildung 1

Schneiden der Pflanzen für die Stamm- und Vorkultur nach 3 Wochen Kultivierung.

Die Pflanzen werden in 500 ml-Erlenmeyer- und 2 000  ml-Fernbach-Kolben in einem Kühlinkubator bei 20 ± 2 °C mit kontinuierlicher Beleuchtung bei 100-150 μE m– 2 s– 1 oder 6 000 -9 000  Lux (abgestrahlt durch die Kammerbeleuchtung mit der Farbtemperatur „warmweiß“) kultiviert.

Abbildung 2

Kultivierung der Pflanzen in einem Kühlinkubator mit Kammerbeleuchtung.

Bei den Prüfungen werden chemisch reine (mit Säure gereinigte) und sterile gläserne Kulturgefäße verwendet, die keimfrei zu handhaben sind. Ist die Stammkultur z. B. durch Algen, Pilze und/oder Bakterien verunreinigt, sollte eine neue Kultur zubereitet oder eine Stammkultur aus einem anderen Labor für die Erneuerung der einen Kultur verwendet werden.

Anlage 4

HALTUNG DER VORKULTUR UND VORBEREITUNG DES TESTORGANISMUS FÜR DEN TEST

Zur Herstellung der Vorkultur werden die Sprosse der Stammkultur in Segmente mit jeweils zwei Wirteln geschnitten; die Segmente werden in Fernbach-Kolben, die mit modifiziertem Andrews-Medium (mit 3 % Saccharose) befüllt sind, eingesetzt. Jeder Kolben kann bis zu 50 Sprosssegmente enthalten. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Segmente vital sind und weder Wurzeln noch Seitenäste oder Astknospen aufweisen (siehe Abbildung 1 in Anlage 3).

Die Vorkulturorganismen werden 14-21 Tage unter sterilen Bedingungen in einer Klimakammer mit einem Hell-/Dunkel-Zyklus von 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit kultiviert. Die Lichtintensität liegt im Bereich von 100-150 μE m– 2 s– 1. Die Temperatur der Prüfgefäße beträgt 23 ± 2 °C.

Da das modifizierte Andrews-Medium Saccharose enthält (die das Wachstum von Algen, Pilzen und Bakterien anregt), sollten die Zubereitung der Prüfchemikalienlösungen und die Kultivierung unter sterilen Bedingungen erfolgen. Alle Flüssigkeiten und Geräte werden vor dem Gebrauch sterilisiert. Die Sterilisation wird durch Behandlung mit erhitzter Luft (210 °C) über einen Zeitraum von 4 Stunden oder durch 20-minütiges Autoklavieren bei 121 °C durchgeführt. Darüber hinaus werden alle Flaschen, Gefäße, Schalen usw. sowie sonstige Geräte unmittelbar vor der Verwendung einer Flammbehandlung auf einem sterilen Arbeitstisch unterzogen.

Die Sprosse werden axenisch aus den Vorkulturkolben entfernt, wobei möglichst homogenes Material ausgesucht wird. Für jede Prüfung werden mindestens 60 Testorganismen benötigt (Prüfung mit acht Prüfchemikalienkonzentrationen). Für die Prüfung werden frische Seitenäste aus den Vorkulturen entnommen, auf 2,5 cm ab Stängel gekürzt (mit Lineal gemessen) und in ein Becherglas mit sterilem modifiziertem Andrews-Medium eingesetzt. Diese frischen Seitenäste können für den sedimentfreien Myriophyllum spicatum-Toxizitätstest verwendet werden.

Abbildung 2

Schneiden der Pflanzen aus der Vorkultur für den sedimentfreien Myriophyllum spicatum-Toxizitätstest.

C.51.   MYRIOPHYLLUM SPICATUM-TOXIZITÄTSTEST IM WASSERSEDIMENT

EINLEITUNG

1.
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 239 (2014). Es sind Prüfmethoden für Lemna-Arten (schwebende, einkeimblättrige Wasserpflanze) (1) und Algenarten (2) verfügbar. Diese Methoden werden routinemäßig für die Gewinnung von Daten in Bezug auf die Gefährdung von Nichtziel-Wasserpflanzenarten durch Prüfchemikalien, insbesondere herbizidaktive Chemikalien, verwendet. Jedoch sind in einigen Fällen eventuell Daten für weitere Wasserpflanzenarten erforderlich. In neueren Leitlinien, die im Rahmen des Workshops „Aquatic Macrophyte Risk Assessment for Pesticides“ (AMRAP) der Society of Environmental Toxicology and Chemistry (SETAC) veröffentlicht wurden, wird darauf hingewiesen, dass u. U. Daten für eine bewurzelte Wasserpflanzenart für Prüfchemikalien benötigt werden, sofern Lemna und Algen bekanntermaßen unempfindlich gegenüber der Wirkungsweise sind oder wenn eine Verteilung im Sediment befürchtet wird, was zu einer Exposition durch Aufnahme über die Wurzel führt (3). Auf der Grundlage der gegenwärtigen Erkenntnisse und Erfahrung wurde Myriophyllum spp. als bevorzugte Art für solche Fälle ausgewählt, in denen Daten für eine submerse, bewurzelte zweikeimblättrige Art benötigt werden (4) (5) (6). Diese Prüfung stellt keinen Ersatz für andere aquatische Toxizitätstests dar, sondern sollte als Ergänzung solcher Tests verwendet werden, sodass eine umfassendere Gefahren- und Risikobewertung im Hinblick auf Wasserpflanzen möglich ist. Der Myriophyllum spicatum-Toxizitätstest im Wassersediment ergänzt den sedimentfreien Myriophyllum spicatum-Toxizitätstest (7).
2.
In diesem Dokument wird eine Prüfmethode beschrieben, mit der die Wirkungen einer Prüfchemikalie auf die bewurzelte Wasserpflanzenart Myriophyllum spicatum, die in einem Wassersedimentsystem wächst, bewertet werden können. Die Prüfmethode basiert teilweise auf vorhandenen Methoden (1) (2) (8) und berücksichtigt die aktuellen Forschungsarbeiten zur Risikobewertung für Wasserpflanzen (3). Die Methode im Wassersediment wurde durch einen internationalen Ringtest validiert, der unter statischen Bedingungen an Myriophyllum-Arten durchgeführt wurde, die der Prüfchemikalie durch Applikationen über die Wassersäule ausgesetzt wurden (9). Jedoch lässt sich das Testsystem problemlos anpassen, um die Exposition über gespiktes Sediment oder über die Wasserphase in semistatischen oder auf Impulsdosierung basierenden Szenarios zu ermöglichen, obwohl diese Szenarios keinem formalen Ringtest unterzogen wurden. Darüber hinaus kann die allgemeine Methode für andere bewurzelte, submerse oder emerse Arten, einschließlich anderer Myriophyllum-Arten (z. B. Myriophyllum aquaticum und Glyceria maxima), verwendet werden (10). Bei solchen alternativen Arten sind u. U. Änderungen der Prüfbedingungen, des Versuchsplans und der Dauer notwendig. Insbesondere sind weitere Arbeiten erforderlich, um geeignete Verfahren für Myriophyllum aquaticum zu definieren. Auf diese Optionen wird in dieser Prüfmethode, in der der Standardansatz für die Exposition von Myriophyllum spicatum in einem statischen System über die Wasserphase beschrieben wird, nicht näher eingegangen.
3.
Diese Prüfmethode gilt für Stoffe, bei denen die Prüfmethode validiert wurde (siehe Ringtest-Bericht (9)), oder für Formulierungen oder bekannte Gemische. Ein Myriophyllum-Test kann durchgeführt werden, um eine Anforderung hinsichtlich Tier-1-Daten, die durch eine potenzielle Verteilung der Prüfchemikalie im Sediment oder Probleme mit Wirkungsweise/Selektivität ausgelöst wurde, zu erfüllen. Ebenso ist möglicherweise ein laborbasierter Myriophyllum-Test im Rahmen einer höherstufigen Strategie erforderlich, um Bedenken wegen des Risikos für Wasserpflanzen auszuräumen. Der Expositionspfad (d. h. über Wasser oder Sediment) wird durch den spezifischen Grund für die Durchführung eines Tests bestimmt. Bevor diese Prüfmethode für die Prüfung eines Gemischs zu gesetzgeberischen Zwecken eingesetzt wird, sollte geprüft werden, ob, und falls ja, warum, sie für diesen Zweck geeignete Ergebnisse liefert. Solche Erwägungen entfallen, wenn die Prüfung des Gemischs von Rechts wegen vorgeschrieben ist.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

4.
Der Test wird zur Bewertung der durch die Chemikalie bedingten Auswirkungen auf das vegetative Wachstum von Myriophyllum-Pflanzen, die in standardisierten Medien (Wasser, Sediment und Nährstoffe) wachsen, verwendet. Zu diesem Zweck werden Sprossspitzen von gesunden, nicht blühenden Pflanzen in standardisiertes, künstliches Sediment, das mit zusätzlichen Nährstoffen angereichert wird, um ein angemessenes Pflanzenwachstum sicherzustellen, eingesetzt und in Smart & Barko-Medium gehalten (Anlage 1). Nach einem Etablierungszeitraum, in dem sich Wurzeln bilden können, werden die Pflanzen einer Reihe von Testkonzentrationen, die der Wassersäule zugesetzt werden, ausgesetzt. Alternativ kann die Exposition über das Sediment durch Dotierung des künstlichen Sediments mit der Prüfchemikalie und Einsetzen der Pflanzen in dieses gespikte Sediment simuliert werden. In beiden Fällen werden die Pflanzen anschließend 14 Tage unter kontrollierten Umgebungsbedingungen gehalten. Die Auswirkungen auf das Wachstum werden anhand von quantitativen Bewertungen der Sprosslänge, der Frischmasse und der Trockenmasse sowie qualitativen Beobachtungen von Symptomen wie z. B. Chlorose, Nekrose oder Fehlwachstum ermittelt.
5.
Um die durch die Chemikalie bedingten Wirkungen zu quantifizieren, wird das Wachstum in den Testlösungen mit dem Wachstum der Kontrollpflanzen verglichen. Ferner wird die Konzentration, die eine festgelegte Wachstumshemmung von x % hervorruft, bestimmt und als ECx ausgedrückt; „x“ kann ein beliebiger Wert je nach regulatorischen Anforderungen sein, z. B. EC10, EC20 und EC50. Es ist zu beachten, dass Schätzungen der EC10- und EC20-Werte nur in Tests zuverlässig und angemessen sind, bei denen die für die Kontrollpflanzen bestimmten Variationskoeffizienten unter dem zu schätzenden Wirkungsniveau liegen, d. h. die Variationskoeffizienten sollten für die zuverlässige Schätzung eines EC20-Werts < 20 % sein.
6.
Sowohl die durchschnittliche Wachstumsrate (geschätzt aus Bewertungen der Sprosslänge, der Sprossfrischmasse und der Sprosstrockenmasse) als auch der Zellertrag (geschätzt aus der Zunahme der Sprosslänge, der Sprossfrischmasse und der Sprosstrockenmasse) der unbehandelten und behandelten Pflanzen sollten bestimmt werden. Anhand der spezifischen Wachstumsrate (r) und des Zellertrags (y) werden anschließend ErCx (z. B. ErC10, ErC20, ErC50) bzw. EyCx (z. B.EyC10, EyC20, EyC50) bestimmt.
7.
Falls erforderlich, können die niedrigste Konzentration mit beobachteter Wirkung (LOEC) und die höchste geprüfte Konzentration ohne beobachtete Wirkung (NOEC) statistisch anhand von Schätzungen der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsraten und des Zellertrags bestimmt werden.

ANGABEN ZUR PRÜFCHEMIKALIE

8.
Es sollte eine Analysemethode mit geeigneter Empfindlichkeit für die Quantifizierung der im Prüfmedium enthaltenen Chemikalien verfügbar sein.
9.
Zur Festlegung der Testbedingungen hilfreiche Informationen zur Prüfchemikalie sind die Strukturformel, die Zusammensetzung im Falle von mehrkomponentigen Stoffen, UVCB-Stoffen, Gemischen oder Formulierungen, die Reinheit, die Wasserlöslichkeit, die Stabilität in Wasser, die Lichtbeständigkeit, die Säuredissoziationskonstante (pKa), der Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient (Kow), falls verfügbar Kd für Sedimente, der Dampfdruck und die biologische Abbaubarkeit. Aus der Wasserlöslichkeit und dem Dampfdruck kann die Henry-Konstante berechnet werden, aus der zu entnehmen ist, ob während der Testdauer erhebliche Verluste der Prüfchemikalie zu erwarten sind. Wenn Verluste der Prüfchemikalien wahrscheinlich sind, sollten die Verluste quantifiziert und die nachfolgenden Schritte zur Eindämmung solcher Verluste dokumentiert werden. Wenn zur Löslichkeit und zur Stabilität der Prüfchemikalie(n) keine zuverlässigen Informationen vorliegen, sollten diese Merkmale unter den Testbedingungen (Nährmedium, Temperatur und Beleuchtung) untersucht werden. Hinweis: Bei der Prüfung von lichtabhängigen peroxidierenden Herbiziden sollte die verwendete Laborbeleuchtung das gleiche UV-Licht enthalten, das auch in natürlichem Sonnenlicht zu finden ist.
10.
Der pH-Wert sollte gemessen und gegebenenfalls im Prüfmedium angepasst werden. Der Einhaltung des pH-Wertes des Prüfmediums kommt besondere Bedeutung zu, z. B. beim Testen von Metallen oder hydrolytisch instabilen Chemikalien. Weitere Hinweise zur Prüfung von Chemikalien mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind dem OECD Guidance Document (11) zu entnehmen.

VALIDITÄT DES TESTS

11.
Die Testergebnisse sind gültig, wenn die mittlere Gesamtsprosslänge und die mittlere Gesamtsprossfrischmasse der Kontrollpflanzen sich während der Expositionsphase des Tests mindestens verdoppeln. Darüber hinaus dürfen die Kontrollpflanzen keine sichtbaren Anzeichen von Chlorose zeigen und sollten optisch frei von Verunreinigung durch andere Organismen wie z. B. Algen und/oder bakterielle Filme auf den Pflanzen, auf der Sedimentoberfläche und im Prüfmedium sein.
12.
Der mittlere Variationskoeffizient für den Zellertrag basierend auf Messungen der Sprossfrischmasse (d. h. von Testbeginn bis Testende) bei den Kontrollkulturen beträgt maximal 35 % zwischen Replikaten.

REFERENZCHEMIKALIE

13.
Um das Prüfverfahren im Zeitverlauf zu testen, sollten Referenzchemikalien wie z. B. das im Ringtest (9) verwendete 3,5-Dichlorphenol in regelmäßigen Abständen geprüft werden. Die Daten aus dem Ringtest deuten darauf hin, dass die mittleren EC50-Werte von 3,5-Dichlorphenol für die verschiedenen Reaktionsvariablen zwischen 4,7 mg/l und 6,1 mg/l liegen (siehe Ringtest-Bericht bezüglich des Konfidenzintervalls für diese Werte). Die Referenzchemikalien sollten mindestens zweimal jährlich bzw. — wenn die Tests seltener durchgeführt werden — gleichzeitig mit den definitiven Toxizitätstests getestet werden. Eine Leitlinie für die erwarteten EC50-Werte von 3,5-Dichlorphenol ist dem statistischen Bericht des internationalen Ringtests (9) zu entnehmen.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Apparatur

14.
Der Test sollte unter kontrollierten Umgebungsbedingungen durchgeführt werden, d. h. in einer Wachstumskammer, einem Wachstumsraum oder einem Labor mit regelbarer Tageslänge, Beleuchtung und Temperatur (siehe Abschnitt „Prüfbedingungen“ Nrn. 56-58). Die Stammkulturen sollten getrennt von den Prüfgefäßen gehalten werden.
15.
Der Versuch sollte unter Verwendung von Prüfgefäßen aus Glas wie z. B. Aquarien oder Kolben durchgeführt werden; in der Regel werden 2 l-Glaskolben (ca. 24 cm Höhe und 11 cm Durchmesser) verwendet. Jedoch können andere (d. h. größere) Gefäße geeignet sein, sofern eine ausreichende Wassertiefe vorhanden ist, um ein unbegrenztes Wachstum zu ermöglichen und die Pflanzen während der Testdauer unter Wasser zu halten.
16.
Pflanztöpfe aus Kunststoff oder Glas (ca. 9 cm Durchmesser, 8 cm Höhe und 500 ml Volumen) können als Behältnisse für das Einsetzen der Pflanzen in das Sediment verwendet werden. Alternativ können Glaskolben verwendet werden, die in einigen Fällen auch bevorzugt werden (z. B. Prüfen von hydrophoben Chemikalien oder Chemikalien mit hohem Kow-Wert).
17.
Neben der Wahl der Prüfgefäße und des bevorzugten Versuchsplans (siehe unten) muss die Wahl der Topf-/Kolbengröße ebenfalls berücksichtigt werden. Bei Verwendung von Versuchsplan A (ein Spross pro Topf und drei Töpfe pro Gefäß) werden möglicherweise kleinere Töpfe oder größere Gefäße benötigt. Bei Verwendung von Versuchsplan B (drei Sprosse pro Topf und ein Topf pro Gefäß) sollten die angegebenen Topf- und Gefäßgrößen angemessen sein. In allen Fällen sollte die Überstandswassertiefe mindestens 12 cm über der Sedimentoberfläche betragen. Das Verhältnis zwischen Sediment- und Wasseroberfläche sowie das Verhältnis zwischen Sediment- und Wasservolumen sollten protokolliert werden.

Testorganismus

18.
Die in dieser Prüfmethode beschriebenen allgemeinen Ansätze können zum Prüfen verschiedener Wasserpflanzenarten verwendet werden. Jedoch sind die in dieser Prüfmethode angegebenen Bedingungen auf die Prüfung des Myriophyllum spicatum zugeschnitten. Diese Art gehört der Familie der Tausendblattgewächse (Haloragaceae) an.
19.
Myriophyllum spicatum (Ähriges Tausendblatt) ist eine submerse, bewurzelte Art, die ein breites Spektrum an Bedingungen toleriert und in stehenden und fließenden Gewässern anzutreffen ist. M. spicatum ist eine mehrjährige Pflanze, die im Winter bis auf die Wurzeln zurückgeht. Die Pflanzen blühen in der Regel und setzen frei Samen ab. Jedoch ist die vegetative Vermehrung von Achselknospen oder Stängelfragmenten, die sich auf natürliche Weise oder nach Störung ablösen, oftmals die primäre Kolonisierungsmethode.

Kultivierung des Testorganismus

20.
Die Pflanzen können aus natürlichen Populationen gewonnen oder über Lieferanten von Wasserpflanzen bezogen werden. In beiden Fällen sollte die Herkunft der Pflanzen dokumentiert und die Art überprüft werden. Bei der Entnahme von Myriophyllum spicatum aus der Natur, insbesondere in Regionen, wo es zu Hybridisierungen mit anderen Myriophyllum-Arten kommen könnte, sollte unbedingt sichergestellt werden, dass die richtige Art entnommen wird. Im Zweifelsfall wird die Verwendung von überprüften Laborkulturen aus bekannten Quellen empfohlen. Pflanzen, die chemischen Verunreinigungen ausgesetzt waren oder an bekanntermaßen verunreinigten Orten entnommen wurden, sollten in diesem Test nicht verwendet werden.
21.
In Regionen, in denen M. spicatum in den Wintermonaten schwer zu beschaffen ist, kann die langfristige Haltung von Stammkulturen unter Treibhaus- oder Laborbedingungen notwendig sein. Die Stammkulturen sollten unter ähnlichen Bedingungen wie die Prüfbedingungen gehalten werden, obwohl Bestrahlungsstärke und Temperatur verringert werden können, um den Kultivierungsaufwand zu reduzieren (z. B. wenn über einen bestimmten Zeitraum keine Tests mit Myriophyllum vorgesehen sind). Um Raum für die Ausbreitung zu schaffen, sollten größere Aquarien und Pflanztöpfe als bei den Prüfungen verwendet werden. Die Zusammensetzung des Sediments und der Wassermedien wäre identisch mit derjenigen bei den Prüfungen, obwohl alternative Methode der Sedimentdüngung angewandt werden können (z. B. Verwendung von kommerziellen Langzeitdüngerformulierungen).
22.
Die Stammpflanzen sollten frei von sichtbaren Verunreinigung durch andere Organismen, einschließlich Schnecken, Fadenalgen, Pilzen und Insekten, z. B. Eier oder Larven des Schmetterlings Paraponyx stratiotata sowie Larven oder adulte Tiere des Zünslers Eubrychius velutus, sein. Zum Beseitigen einer sichtbaren Verunreinigung muss das Pflanzenmaterial eventuell in Frischwasser gespült werden. Darüber hinaus sollte die Verunreinigung durch einzellige Algen und Bakterien auf ein Minimum reduziert werden, obwohl eine vollständige Sterilität des Pflanzenmaterials nicht notwendig ist. Die Stammkulturen sollten überwacht und gegebenenfalls umgesetzt werden, um eine Verunreinigung durch Algen und Bakterien zu vermeiden. Die Belüftung der Stammkulturen kann von Vorteil sein, falls eine Verunreinigung durch Algen oder Bakterien zum Problem werden sollte.
23.
In allen Fällen werden die Pflanzen unter ähnlichen, jedoch nicht unbedingt identischen Bedingungen wie die Prüfbedingungen über einen angemessenen Zeitraum (d. h. > 2 Wochen) vor ihrer Verwendung in dem Test kultiviert/akklimatisiert.
24.
Blühende Stammkulturen sollten in einem Test nicht verwendet werden, da die vegetativen Wachstumsraten während und nach der Blüte allgemein sinken.

Sediment

25.
Für diesen Test wird das folgende formulierte Sediment, das auf dem in Kapitel C.28 dieses Anhangs (8) verwendeten künstlichen Sediment basiert, empfohlen. Das Sediment wird wie für Prüfmethode C.28 beschrieben zubereitet, außer dass die nachfolgend beschriebenen Nährstoffe zugegeben werden:
a)
4-5 % Torf (bezogen auf die Trockenmasse, entsprechend 2 ± 0,5 % organischem Kohlenstoff), möglichst mit einem pH-Wert von 5,5-6,0. Wichtig ist, dass der Torf in Pulverform, fein gemahlen (bevorzugte Partikelgröße ≤ 1 mm) und ausschließlich luftgetrocknet verwendet wird.
b)
20 % (bezogen auf die Trockenmasse) Kaolin-Ton (Kaolingehalt vorzugsweise über 30 %).
c)
75-76 % (bezogen auf die Trockenmasse) Quarzsand (hauptsächlich Feinsand mit mehr als 50 % Partikeln mit einer Größe von 50 bis 200 μm).
d)
Es wird ein wässriges Nährmedium zugegeben, sodass die endgültige Sediment-Charge 200 mg/kg Trockensediment aus Ammoniumchlorid und Natriumphosphat enthält und der Feuchtigkeitsgehalt des endgültigen Gemischs im Bereich von 30-50 % liegt.
e)
Chemisch reines Calciumcarbonat (CaCO3) wird zugegeben, um den pH-Wert des fertigen Sedimentgemischs auf 7,0 ± 0,5 einzustellen.
26.
Die Herkunft von Torf, Kaolin-Ton und Sand sollte bekannt sein und dokumentiert werden. Ist die Herkunft unbekannt oder bedenklich, sollten die betreffenden Komponenten auf Nichtvorhandensein von chemischen Verunreinigungen (z. B. Schwermetalle, chlororganische Verbindungen, phosphororganische Verbindungen) überprüft werden.
27.
Die trockenen Komponenten des Sediments sollten homogen gemischt werden, bevor die wässrige Nährlösung unter das Sediment gemischt wird. Das feuchte Sediment sollte mindestens zwei Tage vor der Verwendung vorbereitet werden, damit der Torf gut durchweichen kann und um zu verhindern, dass hydrophobe Torfpartikel an die Oberfläche treiben, wenn das Sediment mit den Medien überdeckt wird. Vor der Verwendung kann das feuchte Sediment im Dunkeln gelagert werden.
28.
Für den Test wird das Sediment in Behältnisse von geeigneter Größe umgesetzt, wie z. B. Pflanztöpfe mit einem Durchmesser, der in die Glasgefäße passt (die Sedimentoberfläche sollte mindestens ca. 70 % der Gefäßoberfläche abdecken). In Fällen, in denen der Boden des Behältnisses Löcher aufweist, kann durch Abdecken des Bodens mit Filterpapier das Sediment im Behältnis zurückgehalten werden. Die Töpfe werden so mit dem Sediment befüllt, dass die Sedimentoberfläche eben ist, bevor sie mit einer dünnen Schicht (~ 2-3 mm) eines inerten Materials wie z. B. Sand, feinem Gartensand (oder gemahlenen Korallen) abgedeckt wird, um das Sediment an Ort und Stelle zu halten.

Prüfmedium

29.
Für die Kultivierung und Prüfung von Myriophyllum spicatum wird Smart & Barko-Medium (12) empfohlen. Die Zubereitung dieses Mediums wird in Anlage 1 beschrieben. Der pH-Wert der Medien (Wasserphase) sollte zu Beginn der Prüfung für ein optimales Pflanzenwachstum zwischen 7,5 und 8,0 liegen.

Versuchsplan

30.
Die Prüfung sollte mindestens sechs Replikat-Prüfgefäße für die unbehandelte Kontrolle und jeweils mindestens vier Replikat-Prüfgefäße für mindestens fünf Konzentrationsstufen umfassen.
31.
Wenn die NOEC nicht bestimmt werden muss, kann das Prüfprotokoll geändert werden, indem die Anzahl der Konzentrationen erhöht und die Anzahl der Replikate verringert wird.
32.
Jedes Prüfgefäß entspricht einem Replikat mit drei Sprossen. Für die Kultivierung der drei Sprosse in jedem Prüfgefäß gibt es zwei Optionen:
Versuchsplan A: 1 Spross je Topf und 3 Töpfe pro Gefäß.
Versuchsplan B: 3 Sprosse je Topf und 1 Topf pro Gefäß.
Alternative Versuchspläne, die einen Spross pro Topf pro Gefäß vorsehen, sind unter der Voraussetzung akzeptabel, dass die Wiederholung entsprechend angepasst wird, sodass die erforderlichen Validitätskriterien erfüllt sind.
33.
Die einzelnen Prüfgefäße sollten den Behandlungsgruppen randomisiert zugeordnet werden. Die Prüfgefäße müssen randomisiert im Prüfraum angeordnet werden, um die Auswirkungen räumlich unterschiedlicher Lichtintensitäten und Temperaturen zu minimieren.

Prüfchemikalienkonzentrationen und Kontrollgruppen

34.
Die Konzentrationen sollten normalerweise einer geometrischen Reihe folgen; die Testkonzentrationen sollten sich um einen Faktor von höchstens 3,2 unterscheiden. Die vorherige Kenntnis der Toxizität der Prüfchemikalie aufgrund eines Dosisfindungsversuchs erleichtert die Auswahl geeigneter Testkonzentrationen.
35.
Um ein angemessenes Konfidenzintervall sicherzustellen, müssen bei der Bestimmung eines ECx-Wertes die Testkonzentrationen so gewählt werden, dass der ECx-Wert eingeschlossen ist. Bei der Ermittlung von EC50 beispielsweise muss die höchste Testkonzentration größer als der EC50-Wert sein. Wenn der EC50-Wert außerhalb des Testkonzentrationsbereichs liegt, sind die entsprechenden Konfidenzintervalle groß, und das verwendete statistische Modell ist eventuell nicht geeignet. Die Verwendung weiterer Testkonzentrationen führt zu einem engeren Konfidenzintervall um den resultierenden ECx-Wert.
36.
Zur Bestimmung der LOEC/NOEC-Werte (optionaler Endpunkt) sollte die niedrigste Testkonzentration so gering sein, dass das Wachstum nicht stark von dem Wachstum bei den Kontrollpflanzen abweicht. Außerdem muss die höchste Testkonzentration so hoch sein, dass das Wachstum signifikant geringer ist als das Wachstum der Kontrollgruppe. Bei Verwendung von mehr Replikaten steigt die statistische Aussagekraft des NOEC/ANOVA-Plans.

Limit-Test

37.
Wenn ein Dosisfindungstest darauf hindeutet, dass die Prüfchemikalie bei Konzentrationen bis zu 100 mg/l bzw. bis zur Grenze der Löslichkeit im Prüfmedium oder im Falle einer Formulierung bis zur Dispersibilitätsgrenze keine schädigende Wirkung hat, kann ein Limit-Test durchgeführt werden, in dem die Reaktionen einer Kontrollgruppe und einer Behandlungsgruppe (100 mg/l bzw. eine mit der Löslichkeitsgrenze identische Konzentration oder 1 000  mg/kg Trockensediment) verglichen werden. Dieser Test sollte den allgemeinen Grundsätzen eines standardmäßigen Dosis-Wirkungs-Tests folgen, jedoch mit der Ausnahme, dass eine Erhöhung der Mindestanzahl an Replikaten auf sechs Prüfgefäße pro Kontrolle und Konzentration empfohlen wird. Das Wachstum der Kontrollgruppe und der Behandlungsgruppe kann mit einem statistischen Test zum Vergleich der Mittelwerte analysiert werden (z. B. mit einem Student-t-Test).

Testlösungen

38.
Die Testlösungen werden gewöhnlich durch Verdünnung einer Stammlösung hergestellt, die durch Lösung oder Dispergierung der Prüfchemikalie in Smart & Barko-Medium unter Verwendung von entmineralisiertem (d. h. destilliertem oder entionisiertem) Wasser hergestellt wird (siehe Anlage 1).
39.
Die höchste Testkonzentration sollte in der Regel die Wasserlöslichkeit der Prüfchemikalie oder im Falle von Formulierungen die Dispersibilität bei den jeweiligen Testbedingungen nicht überschreiten.
40.
Bei Prüfchemikalien mit geringerer Wasserlöslichkeit muss unter Umständen mit einem organischen Lösungsmittel oder einem Dispergiermittel eine konzentrierte Stammlösung oder eine Dispersion der Chemikalie hergestellt werden, damit die exakten Mengen der Prüfchemikalie zum Prüfmedium leichter hinzugegeben werden können und die Dispergierung und die Auflösung der Chemikalie begünstigt wird. Die Verwendung solcher Lösungs- oder Dispergiermittel sollte unbedingt vermieden werden. Durch die Verwendung von Lösungs- oder Dispergiermitteln sollte keine Phytotoxizität entstehen. Häufig verwendete Lösungsmittel, die bei Konzentrationen bis zu 100 μl/l keine phytotoxische Wirkung haben, sind z. B. Aceton und Dimethylformamid. Wenn ein Lösungsmittel oder ein Dispergiermittel verwendet wird, muss die Endkonzentration protokolliert und auf ein Minimum (≤ 100 μl/l) beschränkt werden. Unter diesen Umständen müssen alle behandelten Proben und die Kontrollproben das Lösungsmittel bzw. das Dispergiermittel in derselben Konzentration enthalten. Unbehandelte Kontrollreplikate, die kein Lösungs- oder Dispergiermittel enthalten, werden ebenfalls in den Versuchsplan eingeschlossen. Weitere Informationen zur Verwendung von Dispergiermitteln sind einem OECD Guidance Document (11) zu entnehmen.

TESTVERFAHREN

41.
Das Testverfahren variiert je nach Applikationsweg der Prüfchemikalie (d. h. über die Wasser- oder Sedimentphase). Das wahrscheinliche Verhalten der Prüfchemikalie in einem Wasser-Sediment-System sollte bei der Wahl der in der Prüfung verwendeten Expositionscharakteristik (d. h. statisch oder statisch mit Erneuerung, gespiktes Wasser oder gespiktes Sediment) berücksichtigt werden. Bei Chemikalien, die sich voraussichtlich stark im Sediment verteilen, sind in einigen Fällen Prüfungen mit gespiktem Sediment vorzuziehen.

Etablierungsphase

42.
Von den Kulturpflanzen werden gesunde Sprossspitzen, d. h. ohne Seitensprosse, abgeschnitten, sodass man eine Sprosslänge von 6 cm (± 1 cm) erhält. Bei Versuchsplan A (ein Spross pro Topf und drei Töpfe pro Gefäß) werden einzelne Sprossspitzen in jeden Topf eingepflanzt. Bei Versuchsplan B (drei Sprosse pro Topf und ein Topf pro Gefäß) werden vier bis fünf Sprossspitzen in jeden Topf mit Sediment eingepflanzt.
43.
In beiden Fällen sollten zusätzliche Töpfe bepflanzt werden, damit zu Beginn der Prüfung einheitliche Pflanzen ausgewählt werden können und damit Ersatzpflanzen vorhanden sind, an denen das Wurzelwachstum unmittelbar vor der Behandlung überprüft werden kann. Diese Ersatzpflanzen sollten zudem für Biomasse- und Längenmessungen an Sprossen an Tag 0 verwendet werden.
44.
Die Sprosse werden so eingesetzt, dass sich ca. 3 cm, wobei mindestens zwei Knoten abgedeckt sind, unter der Sedimentoberfläche befinden.
45.
Die Töpfe werden dann unter den gleichen Expositionsbedingungen wie in der Expositionsphase in die Prüfgefäße umgesetzt und sieben Tage in Smart & Barko-Medium gehalten, um Wurzelbildung hervorzurufen.
46.
Nach dieser Zeit sollten mehrere Pflanzen in Ersatztöpfen entfernt werden, um das Wurzelwachstum zu überprüfen. Ist kein Wurzelwachstum erkennbar (d. h. sind keine Wurzelspitzen sichtbar), sollte die Etablierungsphase verlängert werden, bis Wurzelwachstum festzustellen ist. Mit diesem Schritt soll sichergestellt werden, dass die Pflanzen zum Zeitpunkt des Testbeginns aktiv wachsen.

Auswahl von einheitlichem Pflanzenmaterial

47.
Bei Versuchsplan A (ein Spross pro Topf und drei Töpfe pro Gefäß) werden die Töpfe vor Testbeginn nach Einheitlichkeit ausgesucht. Bei Versuchsplan B (drei Sprosse pro Topf und ein Topf pro Gefäß) werden überschüssige Pflanzen entfernt, sodass drei Pflanzen, die in Größe und Aussehen einheitlich sind, übrig bleiben.

Exposition über die Wasserphase

48.
Die nach Einheitlichkeit ausgesuchten Töpfe werden entsprechend den Anforderungen des Versuchsplans in die Prüfgefäße gestellt. Anschließend wird den Prüfgefäßen Smart & Barko-Medium hinzugegeben. Dabei ist darauf zu achten, dass das Sediment nicht gestört wird. Zu diesem Zweck können die Medien mithilfe eines Trichters hinzugegeben werden oder unter Zuhilfenahme einer Kunststoffscheibe, mit der das Sediment während des Einfüllens des Mediums in die Prüfgefäße abgedeckt wird, sofern die Scheibe unmittelbar danach wieder entfernt wird. Alternativ können die Pflanztöpfe nach Zugabe der Medien in die Prüfgefäße gestellt werden. In beiden Fällen können am Anfang der Expositionsphase gegebenenfalls frische Medien verwendet werden, um die potenzielle Algen- und Bakterienbildung auf ein Minimum zu beschränken und die Vorbereitung einzelner Testlösungschargen für die Replikate zu ermöglichen
49.
Die Sprosslänge über dem Sediment wird entweder vor oder nach Zugabe des Mediums gemessen.
50.
Die jeweiligen Mengen der Prüfchemikalie können dem Prüfmedium hinzugefügt werden, bevor dieses in die Prüfgefäße gegeben wird. Alternativ kann die Prüfchemikalie nach dem Hinzugeben in die Prüfgefäße in das Medium gegeben werden. In diesem Fall sollte sichergestellt werden, dass die Prüfchemikalie innerhalb des Testsystems ohne Störung des Sediments homogen verteilt wird.
51.
In allen Fällen wird das Aussehen (z. B. klar, trüb usw.) der Prüfmedien am Anfang der Prüfung protokolliert.

Exposition über das Sediment

52.
Gespikte Sedimente der gewählten Konzentration werden durch Zugabe einer Lösung der Prüfchemikalie direkt in frisches Sediment hergestellt. Eine Stammlösung der in entionisiertem Wasser gelösten Prüfchemikalie wird mittels Walzwerk, Mischwerk oder Mischen von Hand mit dem formulierten Sediment gemischt. Falls in Wasser schlecht löslich, kann die Prüfchemikalie in einer möglichst geringen Menge eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Hexan, Aceton oder Chloroform) gelöst werden. Diese Lösung wird dann für ein Prüfgefäß mit ca. 10 g feinem Quarzsand gemischt. Anschließend lässt man das Lösungsmittel verdampfen. Der Sand wird dann mit einer geeigneten Menge an Sediment pro Prüfgefäß gemischt. Zum Lösen, Dispergieren oder Emulgieren der Prüfchemikalie dürfen nur leicht flüchtige Mittel verwendet werden. Es ist zu beachten, dass das Volumen/Gewicht des mit der Prüfchemikalie gespikten Sands bei der endgültigen Herstellung des Sediments berücksichtigt werden muss (d. h. dass das Sediment mit weniger Sand hergestellt werden sollte). Die Prüfchemikalie sollte mit dem Sediment gut durchmischt werden, um eine homogene Verteilung im Sediment zu gewährleisten.
53.
Das gespikte Sediment wird in die Töpfe gefüllt (wie oben beschrieben). Die nach Einheitlichkeit und adäquatem Wurzelsystem ausgewählten Pflanzen werden aus den während der Etablierungsphase verwendeten Töpfen genommen und wie oben beschrieben in das gespikte Sediment umgesetzt.
54.
Die Töpfe werden entsprechend den Anforderungen des Versuchsplans in die Prüfgefäße gestellt. Anschließend wird Smart & Barko-Medium vorsichtig hinzugegeben (z. B. mithilfe eines Trichters), um eine Störung des Sediments zu vermeiden. Die Sprosslänge über dem Sediment wird entweder vor oder nach dem Hinzugeben der Medien gemessen.

Erhaltung der Wasserpegel während der Testdauer

55.
Das endgültige Wasservolumen muss protokolliert und der Wasserpegel an jedem Prüfgefäß markiert werden. Wenn mehr als 10 % Wasser während der Prüfung verdampfen, sollte der Wasserpegel mit destilliertem Wasser aufgefüllt werden. Die Prüfgefäße können gegebenenfalls mit einer transparenten Abdeckung wie z. B. transparenten Kunststoffdeckeln locker bedeckt werden, um die Verdampfung und Verunreinigung mit Algensporen auf ein Minimum zu beschränken.

Prüfbedingungen

56.
Durch fluoreszierende Beleuchtung mit warmem und/oder kaltweißem Licht wird eine Bestrahlungsstärke hergestellt, die bei Messung unter photosynthetisch aktiver Strahlung (400-700 nm) an der Wasseroberfläche bei ca. 140 (± 20) μE·m– 2 s– 1 liegt. Dabei wird ein Hell-/Dunkel-Zyklus von 16 Stunden Licht und 8 Stunden Dunkelheit verwendet. Abweichungen von der gewählten Bestrahlungsstärke dürfen im Testbereich höchstens ± 15 % betragen.
57.
Die Temperatur der Prüfgefäße beträgt 20 ± 2 °C.
58.
Der pH-Wert des Kontrollmediums darf während des Tests höchstens um 1,5 Einheiten ansteigen. Auch bei Abweichungen von mehr als 1,5 Einheiten sind Testergebnisse dann nicht ungültig, wenn nachgewiesen werden kann, dass die oben angegebenen Validitätskriterien erfüllt sind.

Testdauer

59.
Die Expositionsdauer beträgt 14 Tage.

Messungen und analytische Bestimmungen

60.
Nach der Etablierungsphase und unmittelbar vor der Behandlung (d. h. an Tag 0) werden Ersatzpflanzen aus fünf randomisiert ausgewählten Töpfen bei dem Versuchsplan mit drei Pflanzen je Topf oder 15 Töpfen bei dem Versuchsplan mit einer Pflanze je Topf entnommen, um die Sprosslänge und die Frisch- und Trockenmasse wie nachfolgend beschrieben zu bewerten.
61.
Bei Pflanzen, die in der Expositionsphase transferiert werden, werden die in Tabelle 1 angegebenen Bewertungen wie folgt vorgenommen:
Die Bewertungen der Hauptsprosslänge, der Anzahl der Seitensprosse und der Seitensprosslänge werden mindestens am Ende der Expositionsphase protokolliert (z. B. an Tag 14).
Die optischen Bewertungen der Pflanzengesundheit werden mindestens dreimal während der Expositionsphase protokolliert (z. B. an den Tagen 0, 7 und 14).
Die Bewertungen der Sprossfrisch- und -trockenmasse werden am Testende durchgeführt (d. h. an Tag 14).
62.
Die Sprosslänge wird mit einem Lineal gemessen. Falls Seitensprosse vorhanden sind, sollten deren Anzahl bestimmt und deren Länge gemessen werden.
63.
Die optischen Bewertungen der Pflanzengesundheit werden durch Protokollierung des Aussehens der Pflanzen und des allgemeinen Zustands des Prüfmediums durchgeführt. Folgende Beobachtungen sind zu protokollieren:
Nekrose, Chlorose oder sonstige Verfärbung wie z. B. übermäßige Rötung im Vergleich zu den Kontrollpflanzen;
Entwicklung von Verunreinigung durch Bakterien oder Algen;
Wachstumsanomalien wie z. B. Verkümmerung, veränderter Internodienabstand, gekrümmte Sprosse/Blätter, Wucherung der Seitensprosse, Blattverlust, Turgorverlust und Stängelfragmentierung.
Die optischen Bewertungen der Wurzelgesundheit werden am Testende durchgeführt, indem das Sediment vorsichtig von den Wurzeln abgewaschen wird, damit das Wurzelsystem untersucht werden kann. Folgende Skala wird für die Bewertung im Vergleich zu den Kontrollpflanzen vorgeschlagen:

 

1) keine Wurzeln vorhanden

2) wenige Wurzeln vorhanden

3) mäßige Wurzelbildung

4) sehr gute Wurzelbildung, vergleichbar mit den Kontrollpflanzen

64.
Die Bewertungen der Frischmasse werden am Testanfang und -ende durchgeführt, indem der Spross auf Sedimenthöhe abgeschnitten und dann vor dem Wiegen trockengetupft wird. Sedimentpartikel, die unten an der Sprosse haften könnten, sind vorsichtig zu entfernen. Das Sprossmaterial wird dann in einen Trocknungsofen bei 601 °C gelegt und auf ein konstantes Gewicht getrocknet, bevor es erneut gewogen und die Trockenmasse protokolliert wird.
65.
Eine Übersicht über die biologischen Bewertungen, die während der Testdauer mindestens durchgeführt werden müssen, ist Tabelle 1 zu entnehmen.



Tabelle 1

Bewertungsplan

Tag nach Behandlung

(DAT)

Myriophyllum spicatum
Sprosslänge, Seitensprosslänge und -anzahlOptische Bewertung der Sprosse

Sprossfrisch- und -trockenmasse

Optische Bewertung der Wurzeln

pH

O2

0AAAA
4
7AA
14AAAA

A: Bewertungen erforderlich

—: keine Bewertungen erforderlich

Häufigkeit der Messungen und der analytischen Bestimmungen

66.
Die Temperatur des Mediums in einem in der Wachstumskammer bzw. im Inkubator oder im jeweiligen Raum unter denselben Bedingungen gehaltenen Zusatzgefäß ist mindestens täglich (oder kontinuierlich mit einem Datenlogger) zu protokollieren.
67.
In allen Replikatgefäßen sind der pH-Wert und die Konzentration an gelöstem Sauerstoff im Prüfmedium am Anfang der Prüfung, mindestens einmal während der Prüfung und am Ende der Prüfung zu messen. Die Messungen sollten jeweils zur selben Tageszeit erfolgen. Wenn bei der Zubereitung aller Replikate bei jeder Testkonzentration Bulklösungen verwendet werden, ist eine einzige Messung jeder Bulklösung an Tag 0 akzeptabel.
68.
Die Lichtintensität sollte in der Wachstumskammer, im Inkubator oder im jeweiligen Raum an Punkten gemessen werden, die dem Niveau der Wasseroberfläche entsprechen. Die Messungen sollten mindestens am Anfang der Prüfung oder während der Prüfung vorgenommen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Messwerte von der Methode zur Feststellung und zur Messung der Lichtintensität (insbesondere vom Sensortyp) abhängen. Kugelförmige Sensoren (die auf Licht aus allen Winkeln über und unter der Messebene reagieren) sowie „Kosinus“ -Sensoren (die auf Licht aus allen Winkeln über der Messebene ansprechen) sind gegenüber unidirektionalen Sensoren zu bevorzugen, da diese Sensoren bei Mehrpunkt-Lichtquellen des hier beschriebenen Typs höhere Messwerte ergeben.

Analytische Messungen der Prüfchemikalie

69.
Die korrekte Applikation der Prüfchemikalie sollte durch analytische Messungen der Prüfchemikalienkonzentrationen unterstützt werden.
70.
Unmittelbar nach Beginn der Prüfung (d. h. am Tag der Applikation bei stabilen Prüfchemikalien oder eine Stunde nach Applikation bei instabilen Chemikalien) und am Ende der Prüfung sollten Wasserproben für die Analyse der Prüfchemikalie bei allen Testkonzentrationen entnommen werden.
71.
Die Konzentrationen im Sediment und Porenwasser sollten am Anfang und am Ende der Prüfung mindestens bei der höchsten Testkonzentration bestimmt werden, außer wenn die Prüfchemikalien bekanntermaßen in Wasser stabil sind (> 80 % des Nominalwerts). Die Messungen im Sediment und Porenwasser sind u. U. nicht notwendig, wenn die Verteilung der Prüfchemikalie zwischen Wasser und Sediment in einem Wasser/Sediment-Versuch unter vergleichbaren Bedingungen (d. h. Sediment/Wasser-Verhältnis, Applikationsmethode, Sedimenttyp) eindeutig bestimmt wurde.
72.
Durch die Entnahme von Sedimentproben am Anfang der Prüfung wird das Testsystem wahrscheinlich gestört. Somit können zusätzliche behandelte Prüfgefäße notwendig sein, um analytische Messungen am Anfang und am Ende der Prüfung zu ermöglichen. Wenn Zwischenbewertungen als erforderlich angesehen werden, d. h. an Tag 7, und bei den Analysen größere Sedimentmengen benötigt werden, die nicht ohne Weiteres aus dem Testsystem entnommen werden können, sollten die analytischen Messungen ebenfalls anhand von zusätzlichen Prüfgefäßen durchgeführt werden, die auf dieselbe Weise behandelt wurden wie die für die biologischen Bewertungen verwendeten Prüfgefäße.
73.
Zum Trennen des Porenwassers wird eine Zentrifugierung, z. B. bei 10 000  g und 41 °C für 30 Minuten, empfohlen. Wenn sich die Prüfchemikalie jedoch nachweislich nicht an Filter adsorbiert, ist auch eine Filtration akzeptabel. Bei zu kleinen Probenvolumina kann es vorkommen, dass sich die Konzentrationen im Porenwasser nicht analysieren lassen.
74.
Bei semistatischen Prüfungen (d. h. Exposition über die Wasserphase), bei denen nichtdavon ausgegangen wird, dass die Konzentration der Prüfchemikalie(n) während der Testdauer ohne Erneuerung der Testlösungen innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration konstant bleibt, sollten bei jeder Erneuerung gebrauchte und frisch zubereitete Testlösungen für Analysen der Prüfchemikalienkonzentration entnommen werden.
75.
In Fällen, in denen die gemessene Ausgangskonzentration der Prüfchemikalie zwar nicht innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration liegt, für die aber hinreichend nachgewiesen werden kann, dass die Ausgangskonzentrationen wiederholbar und stabil sind (d. h. dass die Konzentrationen im Bereich von 80-120 % der Ausgangskonzentration liegen), sind chemische Bestimmungen nur bei der höchsten und der niedrigsten Konzentration erforderlich.
76.
In allen Fällen braucht die Bestimmung der Prüfchemikalienkonzentrationen nur an einem Replikatgefäß bei jeder Testkonzentration vorgenommen zu werden. Alternativ können die Testlösungen aller Replikate für jede Konzentration für Analysen zusammengefasst werden.
77.
Wenn nachgewiesen wird, dass die Prüfchemikalienkonzentration während des Tests zufriedenstellend innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration oder der gemessenen Ausgangskonzentration aufrechterhalten werden konnte, kann die Analyse der Ergebnisse und die anschließende Ableitung der Endpunkte auch ausgehend von den Nominalwerten bzw. von den gemessenen Ausgangswerten erfolgen.
78.
In diesen Fällen sollten die Wirkungskonzentrationen auf den nominalen oder gemessenen Wasserkonzentrationen am Anfang der Prüfung basieren.
79.
Wird jedoch nachgewiesen, dass die Konzentration während der Prüfung abgenommen hat (d. h. nicht innerhalb von ± 20 % der Nominalkonzentration oder der gemessenen Ausgangskonzentration in der behandelten Kammer aufrechterhalten werden konnte), sollte bei der Analyse der Ergebnisse vom geometrischen Mittel der Konzentration während der Expositionsdauer oder von Modellen ausgegangen werden, die den Rückgang der Prüfchemikalienkonzentration in der behandelten Kammer beschreiben (11).

AUSWERTUNG DER DATEN

80.
In Fällen, in denen ein Lösungs-/Dispergiermittel erforderlich ist, können die Daten aus Lösungsmittel- und unbehandelten Kontrollen für statistische Analysen zusammengefasst werden, sofern die Reaktionen der Lösungsmittel- und unbehandelten Kontrollen nicht statistisch signifikant unterschiedlich sind.

Reaktionsvariablen

81.
Mit der Prüfung sollen die Wirkungen der Prüfchemikalie auf das vegetative Wachstum der Testspezies unter Verwendung von zwei Reaktionsvariablen, der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate und des Zellertrags, bestimmt werden:

Durchschnittliche spezifische Wachstumsrate

82.
Diese Reaktionsvariable wird auf der Grundlage von Veränderungen der Logarithmen der Hauptsprosslänge, der Gesamtsprossfrischmasse und der Gesamtsprosstrockenmasse im Zeitablauf in den Kontrollen und einzelnen Behandlungsgruppen berechnet. Diese Variable wird für jedes Replikat jeder Kontroll- und Behandlungsgruppe berechnet. Die mittlere Länge und das mittlere Gewicht der drei Pflanzen pro Prüfgefäß (Replikat) und anschließend die Wachstumsrate für jedes Replikat sollten anhand der folgenden Formel berechnet werden:

Dabei sind:

μi-:durchschnittliche spezifische Wachstumsrate vom Zeitpunkt i bis zum Zeitpunkt j
Ni:Messvariable im Prüfgefäß bzw. im Kontrollgefäß zum Zeitpunkt i
Nj:Messvariable im Prüfgefäß bzw. im Kontrollgefäß zum Zeitpunkt j
t:Zeitraum vom Zeitpunkt i bis zum Zeitpunkt j
83.
Anhand der Reaktionen der Replikate sind für jede Behandlungsgruppe und für jede Kontrollgruppe die mittlere Wachstumsrate und die Varianzschätzungen zu berechnen.
84.
Die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate wird für die gesamte Testdauer berechnet. (In der vorstehenden Formel bezeichnet „i“den Beginn der Prüfung und „j“ das Ende der Prüfung.) Für alle Konzentrationen der Testlösungen und der Kontrolllösungen sind ein Mittelwert für die durchschnittliche spezifische Wachstumsrate zu berechnen und die entsprechenden Varianzschätzungen vorzunehmen.
85.
Die Hemmung der Wachstumsrate in Prozent (Ir) kann anschließend für jede Testkonzentration (Behandlungsgruppe) nach der folgenden Formel berechnet werden:

Dabei sind:

% Ir:Hemmung der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate in Prozent
μC:Mittelwert für μ in der Kontrollgruppe
μT:Mittelwert für μ in der Behandlungsgruppe

Zellertrag

86.
Diese Reaktionsvariable wird auf der Grundlage von Veränderungen der Gesamtsprosslänge, der Gesamtsprossfrischmasse und der Gesamtsprosstrockenmasse im Zeitablauf in den Kontrollen und einzelnen Behandlungsgruppen berechnet. Die mittlere prozentuale Hemmung des Zellertrags ( % Iy) kann für jede Behandlungsgruppe wie folgt berechnet werden:

Dabei sind:

% Iy:Verringerung des Zellertrags in Prozent
bC:Biomasse am Ende des Tests abzüglich der Biomasse am Anfang des Tests (Kontrollgruppe)
bT:Biomasse am Ende des Tests abzüglich der Biomasse am Anfang des Tests (Behandlungsgruppe)

Darstellung der Konzentrations-Wirkungs-Kurven

87.
Die Konzentrations-Wirkungs-Kurven der mittleren Hemmung der Reaktionsvariablen in Prozent (Ir oder Iy, wie oben beschrieben berechnet) und die logarithmische Konzentration der Prüfchemikalie werden grafisch dargestellt.

ECx-Schätzung

88.
Schätzungen der ECx-Werte (z. B. EC50) sollten sowohl auf der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate (ErCx) als auch auf dem Zellertrag (EyCx) beruhen, und beide Werte sollten ihrerseits von der Gesamtsprossfrischmasse, Gesamtsprosstrockenmasse und der Gesamtsprosslänge ausgehen.
89.
Es wird darauf hingewiesen, dass die mit diesen beiden Reaktionsvariablen berechneten ECx-Werte nicht vergleichbar sind; der entsprechende Unterschied muss bei der Verwendung der Testergebnisse berücksichtigt werden. Die mit der durchschnittlichen spezifischen Wachstumsrate (ErCx) berechneten Werte für ECx werden im Allgemeinen höher sein als die anhand des Zellertrags (EyCx) ermittelten Werte, wenn die für diese Prüfmethode vorgesehenen Bedingungen eingehalten werden; dies ist auf die unterschiedliche mathematische Grundlage der beiden Berechnungsverfahren zurückzuführen. Die auftretenden Unterschiede sollten jedoch nicht als Anzeichen für eine unterschiedliche Empfindlichkeit der beiden Reaktionsvariablen betrachtet werden; die Werte sind einfach mathematisch verschieden.

Statistische Verfahren

90.
Ziel ist die Ermittlung einer quantitativen Konzentrations-Wirkungs-Beziehung durch Regressionsanalyse. Im Anschluss an eine linearisierte Transformation der Reaktionsdaten (z. B. in Einheiten nach dem Probit-, Logit- oder Weibull-Modell) (13) kann eine gewichtete lineare Regression vorgenommen werden; nicht-lineare Regressionsverfahren, mit denen die unvermeidlichen Unregelmäßigkeiten der Daten und Abweichungen von gleichförmigen Verteilungen besser verarbeitet werden können, werden jedoch bevorzugt. Im Bereich von Null bzw. der vollständigen Hemmung können diese Unregelmäßigkeiten durch die Transformation vergrößert werden und die Analyse beeinträchtigen (13). Es wird darauf hingewiesen, dass Standard-Analysemethoden mit Probit-, Logit- oder Weibull-Transformationen für quantale Daten (z. B. Mortalität oder Überlebensraten) vorgesehen sind und zur Verwendung in Verbindung mit Wachstums- oder Zellertragsdaten entsprechend modifiziert werden sollten. Spezifische Verfahren zur Bestimmung von ECx-Werten aus kontinuierlichen Daten sind den Quellen (14) (15) (16) (17) zu entnehmen.
91.
Für jede zu analysierende Reaktionsvariable sind aufgrund der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung ECx-Werte zu ermitteln. Die 95 %-Konfidenzgrenzen sollten für jeden ermittelten Wert bestimmt werden. Die Qualität der Übereinstimmung der Reaktionsdaten mit dem Regressionsmodell sollte grafisch oder statistisch bewertet werden. Die Regressionsanalyse wird mit den Reaktionen der einzelnen Replikate (und nicht mit den Mittelwerten der Behandlungsgruppe) durchgeführt.
92.
Schätzwerte für EC50 und für die Konfidenzintervalle können auch durch lineare Interpolation mit einem Bootstrapping-Algorithmus (18) erzielt werden, wenn die verfügbaren Regressionsmodelle/-methoden für die betreffenden Daten nicht geeignet sind.
93.
Für eine Schätzung der LOEC-Werte und entsprechend auch der NOEC-Werte müssen die Mittelwerte der behandelten Lösungen durch Varianzanalyseverfahren (ANOVA) verglichen werden. Der Mittelwert der einzelnen Konzentrationen ist dann anhand einer geeigneten Prüfmethode mit dem Mittelwert der Kontrollgruppe zu vergleichen (z. B. Dunnett-Test, Williams-Test) (19) (20) (21) (22). Die ANOVA-Annahme der Normalverteilung (NV) und der Varianzhomogenität (VH) muss einer Überprüfung unterzogen werden. Diese Überprüfung sollte durch einen Shapiro-Wilks-Test (NV) oder Levene-Test (VH) durchgeführt werden. Wenn die Annahme der Normalverteilung und der Varianzhomogenität nicht erfüllt ist, kann gelegentlich eine Korrektur durch logarithmische Datentransformation erfolgen. Bei außerordentlicher Varianzheterogenität und/oder Abweichung von der Normalverteilung, die durch Transformation nicht korrigiert werden kann, sollten Analysen durch Methoden wie z. B. Bonferroni-Welch-t-Test, Jonckheere-Terpstra-Test (Step-Down) und Bonferroni-Median-Test erwogen werden. Weitere Hinweise zur Bestimmung von NOEC-Werten sind Quelle (16) zu entnehmen.

BERICHTERSTATTUNG

94.
Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

Prüfchemikalie

Einkomponentiger Stoff:

physikalisches Erscheinungsbild, Wasserlöslichkeit und weitere relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;
chemische Bezeichnung, wie z. B. IUPAC- oder CAS-Bezeichnung, CAS-Nummer, SMILES- oder InChI-Code, Strukturformel, Reinheit, chemische Zusammensetzung von Verunreinigungen, soweit zutreffend und praktisch durchführbar, usw.

Mehrkomponentiger Stoff, UVCB-Stoffe und Gemische:

so weit wie möglich charakterisiert durch die chemische Zusammensetzung (siehe oben), das quantitative Vorkommen und die relevanten physikalisch-chemischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten.

Testspezies

wissenschaftliche Bezeichnung und Herkunft.

Prüfbedingungen

Dauer und Bedingungen der Etablierungsphase;
angewandtes Testverfahren (statisch, semistatisch, gepulst);
Datum des Testbeginns und Dauer des Tests;
Prüfmedium, d. h. Sediment und flüssiges Nährmedium;
Beschreibung des Prüfprotokolls: Wachstumskammer/-raum oder Labor, Prüfgefäße und Abdeckungen, Lösungsvolumina, Länge und Gewicht der Testpflanzen pro Prüfgefäß am Anfang des Tests, Verhältnis zwischen Sediment- und Wasseroberfläche, Verhältnis zwischen Sediment- und Wasservolumen;
Testkonzentrationen (Nominalkonzentrationen bzw. gemessene Konzentrationen) und Anzahl der Replikate pro Konzentration;
Methoden zur Herstellung von Stamm- und Testlösungen einschließlich der Verwendung von Lösungsmitteln und Dispergiermitteln;
Temperatur während des Tests;
Lichtquelle, Bestrahlungsstärke (μE·m– 2 s– 1)
pH-Werte der Prüf- und Kontrollmedien sowie Aussehen der Prüfmedien bei Beginn und am Ende des Tests;
Sauerstoffkonzentrationen;
Analysemethode mit geeigneten Daten zur Qualitätsbewertung (Validierungsstudien, Standardabweichungen oder Konfidenzgrenzen der Analysen);
Methoden zur Bestimmung der Messvariablen, z. B. Länge, Trockenmasse, Frischmasse;
sämtliche Abweichungen von dieser Prüfmethode.

Ergebnisse

Rohdaten: Sprosslänge und Sprossmasse der Pflanzen/Topf und sonstige Messvariablen in jedem Prüf- und Kontrollgefäß bei jeder Beobachtung und Analyse gemäß dem in Tabelle 1 enthaltenen Bewertungsplan;
Mittelwerte und Standardabweichungen der einzelnen Messvariablen;
Wachstumskurven für jede Konzentration;
Verdopplungszeit/Wachstumsraten in der Kontrolle basierend auf Sprosslänge und Frischmasse, einschließlich Variationskoeffizient für den Zellertrag der Frischmasse;
berechnete Reaktionsvariablen für alle behandelten Replikate mit Mittelwerten und dem Variationskoeffizienten für Replikate;
grafische Darstellung der Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung;
Schätzung der toxischen Endpunkte für die Reaktionsvariablen, z. B. EC50, und entsprechende Konfidenzintervalle. Wenn berechnet, sind die LOEC-Werte und/oder die NOEC-Werte sowie die zur jeweiligen Berechnung verwendeten statistischen Methoden anzugeben;
bei Durchführung von Varianzanalysen (ANOVA) der Umfang der nachweisbaren Auswirkungen (z. B. geringster signifikanter Unterschied);
jegliche in behandelten Proben festgestellte Wachstumsstimulation;
alle offensichtlichen Anzeichen einer Phytotoxizität sowie Beobachtungen an den Testlösungen;
Diskussion der Ergebnisse einschließlich aller Auswirkungen auf das Testergebnis, die auf Abweichungen von dieser Prüfmethode zurückzuführen sind.

LITERATURHINWEISE

(1) Kapitel C.26 dieses Anhangs: Lemna sp. — Wachstumsinhibitionstest.

(2) Kapitel C.3 dieses Anhangs: Süßwasseralgen und Cyanobakterien: Wachstumsinhibitionstest.

(3) Maltby, L. et al. (2010), Aquatic Macrophyte Risk Assessment for Pesticides, Guidance from the AMRAP Workshop in Wageningen (NL), 14.-16. Januar 2008.

(4) Arts, G.H.P. et al. (2008), Sensitivity of submersed freshwater macrophytes and endpoints in laboratory toxicity tests, Environmental Pollution, Vol. 153, 199-206.

(5) ISO 16191:2013 Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der toxischen Wirkung von Sedimenten auf das Wachstumsverhalten von Myriophyllum aquaticum.

(6) Knauer, K. et al. (2006), Methods for assessing the toxicity of herbicides to submersed aquatic plants, Pest Management Science, Vol. 62/8, 715-722.

(7) Kapitel C.50 dieses Anhangs: Sedimentfreier Myriophyllum spicatum-Toxizitätstest.

(8) Kapitel C.28 dieses Anhangs: Chironomiden-Toxizitätstest in Sediment-Wasser-Systemen mit gespiktem Wasser.

(9) Ratte, M., H. Ratte (2014), Myriophyllum Toxicity Test: Result of a ring test using M. aquaticum and M. spicatum grown in a water-sediment system, OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment, No. 206, OECD Publishing, Paris.

(10) Davies, J. et al. (2003), Herbicide risk assessment for non-target aquatic plants: sulfosulfurona case study, Pest Management Science, Vol. 59/2, 231 — 237.

(11) OECD (2000), Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures, OECD Environment, Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment, No. 23, OECD Publishing, Paris.

(12) Smart, R.M., J.W. Barko (1985), Laboratory culture of submersed freshwater macrophytes on natural sediments, Aquatic Botany, Vol. 21/3, 251-263.

(13) Christensen, E.R., N. Nyholm (1984), Ecotoxicological Assays with Algae: Weibull Dose-Response Curves, Environmental Science Technology, Vol. 18/9, 713-718.

(14) Nyholm, N. et al. (1992), Statistical treatment of data from microbial toxicity tests, Environmental Toxicology and Chemistry, Vol. 11/2, 157-167.

(15) Bruce, R.D., D.J. Versteeg (1992), A statistical procedure for modelling continuous toxicity data, Environmental Toxicology and Chemistry, Vol. 11/10, 1485-1494.

(16) OECD (2006), Current Approaches in the Statistical Analysis of Ecotoxicity Data: A Guidance to Application, OECD Environmental Health and Safety Publications (EHS), Series on Testing and Assessment No. 54, OECD, Paris.

(17) Brain, P., R. Cousens (1989), An equation to describe dose-responses where there is stimulation of growth at low doses, Weed Research, Vol. 29/2, 93-96.

(18) Norberg-King, T.J. (1988), An interpolation estimate for chronic toxicity: The ICp approach, National Effluent Toxicity Assessment Center Technical Report 05-88. US EPA, Duluth, MN.

(19) Dunnett, C.W. (1955), A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control, Journal of the American Statistical Association, Vol. 50/272, 1096-1121.

(20) Dunnett, C.W. (1964), New tables for multiple comparisons with a control, Biometrics, Vol. 20/3, 482-491.

(21) Williams, D.A. (1971), A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control, Biometrics, Vol. 27/1, 103-117.

(22) Williams, D.A. (1972), The comparison of several dose levels with a zero dose control, Biometrics, Vol. 28/2, 519-531.

Anlage 1

ZUSAMMENSETZUNG DES SMART & BARKO-MEDIUMS



KomponenteReagenzmenge, die Wasser zugesetzt wir (*1) (mg/l)
CaCl2 · 2 H2O91,7
MgSO4 *7 H2O69,0
NaHCO358,4
KHCO315,4
pH (Luftgleichgewicht)7,9
(*1)   entmineralisiertes (d. h. destilliertes oder entionisiertes) Wasser

Anlage 2

DEFINITIONEN

Biomasse ist die Frisch- und/oder Trockenmasse des in einer Population enthaltenen lebenden Materials. In diesem Test entspricht die Biomasse der Summe aus Hauptspross, allen Seitenästen und allen Wurzeln.

Chemikalie ist ein Stoff oder Gemisch.

Chlorose ist eine Farbveränderung von grün nach gelb des Testorganismus, insbesondere der Wirteln.

ECx ist die Konzentration der im Prüfmedium aufgelösten Prüfchemikalie, bei der sich binnen einer festgelegten Expositionsdauer eine Reduzierung des Wachstums von Myriophyllum spicatum um x % (z. B. 50 %) ergibt. (Die Expositionsdauer ist ausdrücklich zu nennen, wenn die Dauer von der vollständigen oder normalen Testdauer abweicht.) Um einen von der Wachstumsrate bzw. vom Zellertrag abgeleiteten EC-Wert eindeutig zu kennzeichnen, wird die Bezeichnung „ErC“ für die Wachstumsrate und „EyC“ für den Zellertrag jeweils gefolgt von der verwendeten Messvariablen (z. B. ErC (Hauptsprosslänge) verwendet.

Endpunkt des Tests beschreibt den allgemeinen Faktor, der als Testziel durch die Prüfchemikalie gegenüber der Kontrollprobe verändert wird; bei dieser Prüfmethode ist der Endpunkt des Tests die Wachstumshemmung; diese kann durch verschiedene Reaktionsvariablen ausgedrückt werden, die jeweils auf mindestens einer Messvariablen beruhen.

Lowest Observed Effect Concentration (LOEC) ist die niedrigste geprüfte Konzentration, bei der beobachtet wurde, dass die Chemikalie binnen einer bestimmten Expositionsdauer gegenüber der Kontrollprobe eine statistisch signifikante Wachstumsreduzierung bewirkt (bei p < 0,05); Alle Testkonzentrationen oberhalb der LOEC müssen jedoch eine schädigende Wirkung haben, die gleich den bei der LOEC beobachteten Wirkungen oder größer als diese ist. Können diese beiden Bedingungen nicht erfüllt werden, muss ausführlich erklärt werden, wie die LOEC (und damit auch die NOEC) ausgewählt wurde.

Messvariablen sind alle Variablentypen, die gemessen werden, um mit mindestens einer Reaktionsvariablen den Endpunkt des Tests zu beschreiben. Bei dieser Prüfmethode bilden Hauptsprosslänge, Gesamtseitenastlänge, Gesamtsprosslänge, Gesamtwurzellänge, Frischmasse, Trockenmasse und Anzahl der Wirteln die Messvariablen.

Monokultur ist eine Kultur mit einer Pflanzenart.

Nekrose ist abgestorbenes (d. h. weißes oder dunkelbraunes) Gewebe des Testorganismus.

No Observed Effect Concentration (NOEC) ist die Testkonzentration unmittelbar unterhalb der LOEC.

Prüfchemikalie bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der bzw. das nach dieser Methode geprüft wird.

Prüfmedium ist das gesamte synthetische Nährmedium, in dem die zu prüfenden Pflanzen wachsen, wenn sie der Prüfchemikalie ausgesetzt werden; die Prüfchemikalie wird im Allgemeinen im Prüfmedium aufgelöst.

Reaktionsvariable ist eine Variable für die geschätzte Toxizität, abgeleitet aus beliebigen gemessenen Variablen zur Beschreibung der Biomasse durch verschiedene Berechnungsmethoden. Bei dieser Prüfmethode sind die Wachstumsrate und der Zellertrag die Reaktionsvariablen, die aus Messvariablen wie z. B. Hauptsprosslänge, Gesamtsprosslänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln abgeleitet werden.

Semistatischer (Erneuerungs-)Test ist ein Test, bei dem die Testlösung während der Testdauer regelmäßig in bestimmten Intervallen erneuert wird.

Statischer Test ist eine Prüfmethode, bei der die Testlösung während der Testdauer nicht erneuert wird.

UVCB-Stoffe sind Stoffe mit unbekannter oder schwankender Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte oder biologische Materialien.

Wachstum ist eine Zunahme der Messvariablen, z. B. Hauptsprosslänge, Gesamtseitenastlänge, Gesamtsprosslänge, Gesamtwurzellänge, Frischmasse, Trockenmasse oder Anzahl der Wirteln während der Testdauer.

Wachstumsrate (durchschnittliche spezifische Wachstumsrate) ist die logarithmische Zunahme der Messvariablen während der Expositionsdauer. Hinweis: Die auf die Wachstumsrate bezogenen Reaktionsvariablen sind unabhängig von der Testdauer, solange das Wachstumsmuster der nicht exponierten Kontrollorganismen exponential ist.

Zellertrag ist der Wert einer Messvariablen zur Beschreibung der Biomasse am Ende der Expositionsdauer abzüglich der Messvariablen am Anfang der Expositionsdauer. Hinweis: Im Falle eines exponentialen Wachstumsmusters der nicht exponierten Organismen verringern sich die auf den Zellertrag bezogenen Reaktionsvariablen mit der Testdauer.


CBoden = Csoil=Ausgangskonzentration im Boden (mg·kg-1); kgsoil = kgBoden
A=Aufwandrate (kg· ha-1); l = Dicke der Bodenschicht am Feldstandort (m); d = Bodendichte des trockenen Bodens (kg· m-3).
Gasdicht beschichtete Septa werden empfohlen und sind bei flüchtigen Chemikalien unbedingt zu verwenden. (Einige handelsübliche Septa sind verhältnismäßig dünn (weniger als 0,5 cm) und werden undicht, wenn sie mit einer Spritzennadel durchstochen werden.)
Septa aus Butylkautschuk (etwa 1 cm) werden für nicht flüchtige Prüfchemikalien empfohlen (denn sie bleiben normalerweise auch nach dem Durchstechen gasdicht).
Vor dem Versuch sind die Septa sorgfältig auf Gasdichtheit nach dem Durchstechen zu prüfen.
(50 mm Tris-HCl pH 7,4; Proteasehemmer-Cocktail (1 %) (Sigma): 12 ml Tris-HCl pH 7,4 + 120 μl Proteasehemmer-Cocktail.
TRIS: TRIS-ULTRA PURE (ICN) z. B. Bie & Berntsen, Dänemark.
Proteasehemmer-Cocktail: Sigma (Säugetiergewebe) Produktnummer P 8340.
Hinweis: Der Homogenisierungspuffer ist am Tag der Herstellung zu verbrauchen. Während der Verwendung muss die Pufferlösung auf Eis liegen.

M=in die Säule eingebrachte Menge [μg]
A=Applikationsrate [kg · ha– 1]
D=Durchmesser der Bodensäule [cm]
π=3,14.

Sandboden 1,66 g · ml– 1

lehmiger Sandboden 1,58 g · ml– 1

Lehmboden 1,17 g · ml– 1

Schluffboden 1,11 · g ml– 1

(50 mm Tris-HCl pH 7,4; Proteasehemmer-Cocktail (1 %) (Sigma): 12 ml Tris-HCl pH 7,4 + 120 μl Proteasehemmer-Cocktail.
TRIS: TRIS-ULTRA PURE (ICN) z. B. Bie & Berntsen, Dänemark.
Proteasehemmer-Cocktail: Sigma (Säugetiergewebe) Produktnummer P 8340.

HINWEIS: Der Homogenisierungspuffer ist am Tag der Herstellung zu verbrauchen. Während der Verwendung muss die Pufferlösung auf Eis liegen.

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