freiRecht
Richtlinie (EG) 2007/46

Richtlinie (EG) 2007/46

Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie)

Anlage 2

Anlage 2

Verfahren zur Bewertung der Technischen Dienste

1.   Zweck dieser Anlage

1.1
In der vorliegenden Anlage werden die Bedingungen festgelegt, nach denen die in Artikel 42 genannte zuständige Behörde die Bewertung der Technischen Dienste vorzunehmen hat.
1.2
Diese Anforderungen gelten ungeachtet ihres jeweiligen Rechtsstatus (selbstständige Organisation, Hersteller oder als Technischer Dienst fungierende Genehmigungsbehörde) für alle Technischen Dienste entsprechend.

2.   Bewertungsgrundsätze

Bei der Bewertung ist eine Reihe von Prinzipien zugrundezulegen:

Unabhängigkeit als Grundlage für Unparteilichkeit und Objektivität der Schlussfolgerungen,
evidenzbasiertes Vorgehen als Garant für zuverlässige und reproduzierbare Schlussfolgerungen.

Die Bewerter müssen Vertrauen und Integrität unter Beweis stellen. Sie müssen Vertraulichkeit und Diskretion wahren.

Sie müssen Ergebnisse und Schlussfolgerungen wahrheitsgemäß und genau schriftlich festhalten.

3.   Geforderte Fähigkeiten der Bewerter

3.1
Die Bewertungen dürfen nur von Bewertern durchgeführt werden, die über die hierfür erforderlichen fachlichen und administrativen Kenntnisse verfügen.
3.2
Die Bewerter müssen für die Bewertungstätigkeiten speziell geschult worden sein. Darüber hinaus müssen sie über das spezielle Wissen des Fachbereichs verfügen, in dem der Technische Dienst seiner Tätigkeit nachgehen wird.
3.3
Unbeschadet der Abschnitte 3.1 und 3.2 muss die Bewertung nach Artikel 42 von Bewertern durchgeführt werden, die in keinerlei Verbindung mit den zu bewertenden Tätigkeiten stehen.

4.   Antrag auf Benennung

4.1
Ein ordnungsgemäß bestellter Bevollmächtigter des betreffenden Technischen Dienstes stellt bei der zuständigen Behörde einen förmlichen Antrag, der Folgendes umfasst:
a)
allgemeine Angaben zum Technischen Dienst, einschließlich Firmenbezeichnung, Name, Anschriften, Rechtsstatus und technische Ausstattung;
b)
eine ausführliche Beschreibung der Qualifikationen der mit den Prüfungen befassten Mitarbeiter und des Managementpersonals einschließlich deren Lebensläufen sowie Studiennachweisen und Bescheinigungen über berufliche Befähigungen;
c)
bei Einsatz von virtuellen Prüfungsmethoden Nachweise der Fähigkeit des entsprechenden Technischen Dienstes in einer computergestützten Umgebung zu arbeiten;
d)
allgemeine Angaben zum Technischen Dienst, wie z. B. Tätigkeitsbereich, gegebenenfalls Eingliederung in eine größere Firmenstruktur und Anschriften aller Niederlassungen, auf die sich die Benennung erstrecken soll;
e)
eine Erklärung über die Einhaltung der Benennungsanforderungen und der anderen nach den jeweiligen Richtlinien geltenden Pflichten des Technischen Dienstes;
f)
eine Beschreibung der Leistungen für die Konformitätsbewertungen, die der Technische Dienst im Rahmen der jeweiligen Rechtsvorschriften erbringt, und ein Verzeichnis der Rechtsvorschriften, für die der Technische Dienst eine Benennung beantragt, einschließlich etwaiger Einschränkungen des Prüfumfangs;
g)
eine Kopie des Qualitätshandbuchs des Technischen Dienstes.
4.2
Die zuständige Behörde prüft die vom Technischen Dienst vorgelegten Informationen auf Angemessenheit.

5.   Ressourcenüberprüfung

Die zuständige Behörde überprüft ihre eigene Fähigkeit zur Bewertung des Technischen Dienstes anhand ihrer eigenen Leitlinien, ihrer Sachkunde und der Verfügbarkeit geeigneter Bewerter und Experten.

6.   Fremdvergabe der Bewertung

6.1
Die zuständige Behörde kann Teile der Bewertung bei anderen benennenden Behörden in Auftrag geben oder um Unterstützung durch technische Experten anderer zuständiger Behörden ersuchen. Die Auftragnehmer und Experten müssen vom antragstellenden Technischen Dienst akzeptiert werden.
6.2
Die zuständige Behörde hat Akkreditierungsbescheinigungen in angemessenem Umfang zu berücksichtigen, um auf diese Weise ihre Gesamtbewertung des Technischen Dienstes zu vervollständigen.

7.   Vorbereitung der Bewertung

7.1
Die zuständige Behörde bestellt förmlich ein Bewerterteam. Dabei achtet sie bei jeder Bestellung auf angemessene Fachkompetenz. Insbesondere muss das Team als Ganzes
a)
über angemessene Kenntnisse des speziellen Aufgabenbereichs verfügen, für den die Benennung angestrebt wird, und
b)
über ausreichende Sachkunde verfügen, um eine zuverlässige Bewertung der Kompetenz des Technischen Dienstes für die Aufgabenerfüllung im Rahmen seiner Benennung abgeben zu können.
7.2
Die zuständige Behörde legt den Arbeitsauftrag für das Bewerterteam eindeutig fest. Die Aufgabe des Bewerterteams besteht darin, die vom antragstellenden Technischen Dienst erhaltenen Unterlagen zu überprüfen und eine Bewertung an Ort und Stelle durchzuführen.
7.3
Die zuständige Behörde legt zusammen mit dem Technischen Dienst und dem bestellten Bewerterteam einen Bewertungstermin und einen Bewertungszeitplan fest. Es verbleibt jedoch in der Verantwortung der zuständigen Behörde, auf einen Termin abzustellen, der mit dem Überwachungs- und Wiederbewertungsplan im Einklang steht.
7.4
Die zuständige Behörde sorgt dafür, dass dem Bewerterteam die jeweiligen Kriteriendokumente und früheren Bewertungsaufzeichnungen sowie die einschlägigen Unterlagen und Aufzeichnungen des Technischen Dienstes zur Verfügung gestellt werden.

8.   Bewertung an Ort und Stelle

Das Bewerterteam hat die Bewertung des Technischen Dienstes in den Räumlichkeiten des Technischen Dienstes, von denen aus eine oder mehrere Kerntätigkeiten erfolgen, durchzuführen und gegebenenfalls an anderen ausgewählten Orten, an denen der Technische Dienst tätig ist, Begutachtungen („Witnessing“) vorzunehmen.

9.   Analyse der Ergebnisse und Bewertungsbericht

9.1
Das Bewerterteam hat alle relevanten Informationen und Nachweise, die während der Durchsicht der Dokumente und Aufzeichnungen und während der Bewertung an Ort und Stelle zusammengetragen wurden, zu analysieren. Diese Analyse muss so ausreichend sein, dass das Team den Grad der Kompetenz des Technischen Dienstes ermitteln und feststellen kann, inwieweit die Benennungsanforderungen erfüllt werden.
9.2
Die Berichterstattungsverfahren der zuständigen Behörde müssen die Einhaltung der nachstehenden Anforderungen gewährleisten.
9.2.1
Noch an Ort und Stelle muss eine gemeinsame Besprechung zwischen dem Bewerterteam und dem Technischen Dienst stattfinden. In dieser Besprechung muss das Bewerterteam einen schriftlichen und/oder mündlichen Bericht über die Ergebnisse der Analyse vorlegen bzw. abgeben. Dem Technischen Dienst muss Gelegenheit gegeben werden, zu den Ergebnissen, einschließlich etwaiger Mängel, und deren Grundlagen bzw. Ursachen Fragen zu stellen.
9.2.2
Dem Technischen Dienst ist umgehend ein schriftlicher Bericht über die Ergebnisse der Bewertung vorzulegen. Dieser Bewertungsbericht muss Angaben zur Kompetenz und zur Einhaltung der Anforderungen sowie Hinweise auf etwaige Mängel enthalten, die behoben werden müssen, damit alle Benennungsanforderungen erfüllt werden.
9.2.3
Der Technische Dienst muss aufgefordert werden, zu dem Bewertungsbericht Stellung zu nehmen und die speziellen Maßnahmen zu beschreiben, die ergriffen wurden oder innerhalb einer festgelegten Frist vorgesehen sind, um alle festgestellten Mängel zu beheben.
9.3
Die zuständige Behörde hat dafür zu sorgen, dass die vom Technischen Dienst genannten Abhilfemaßnahmen daraufhin überprüft werden, ob sie ausreichend und wirksam sind. Werden die Abhilfemaßnahmen als unzureichend betrachtet, müssen weitere Informationen angefordert werden. Zusätzlich können Nachweise über die tatsächliche Durchführung von Maßnahmen verlangt werden, oder es kann eine Folgebewertung durchgeführt werden, um die tatsächliche Durchführung von Abhilfemaßnahmen zu überprüfen.
9.4
Der Bewertungsbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:
a)
eindeutige Bezeichnung des Technischen Dienstes;
b)
Zeitpunkt(e) der Bewertung an Ort und Stelle;
c)
Name(n) des(der) mit der Bewertung beauftragten Bewerter(s) und/oder Experten;
d)
eindeutige Bezeichnung aller in die Bewertung einbezogenen Betriebsstätten;
e)
beantragter Umfang der Benennung, für den die Bewertung vorgenommen wurde;
f)
Erklärung darüber, dass die interne Organisation und die internen Verfahren, die der Technische Dienst festgelegt hat, um das Vertrauen in seine Kompetenz zu begründen, angemessen sind, nachdem festgestellt wurde, dass der Technische Dienst die Benennungsanforderungen erfüllt;
g)
Angaben über die Behebung aller festgestellten Mängel;
h)
Empfehlung, ob der Antragsteller als Technischer Dienst benannt bzw. seine Benennung bestätigt werden sollte, und gegebenenfalls Umfang der Benennung.

10.   Benennung bzw. Bestätigung einer Benennung

10.1
Die Genehmigungsbehörde hat ohne unangemessene Verzögerung darüber zu entscheiden, ob die Benennung aufgrund des bzw. der Berichte und aller sonstigen sachdienlichen Informationen vorgenommen, bestätigt oder ausgeweitet wird.
10.2
Die Genehmigungsbehörde muss dem Technischen Dienst eine Bescheinigung ausstellen. Die Bescheinung muss Folgendes enthalten:
a)
Name und Logo der Genehmigungsbehörde;
b)
eindeutige Bezeichnung des benannten Technischen Dienstes;
c)
Tag des Wirksamwerdens der Benennung und deren Gültigkeitsdauer;
d)
Kurzbeschreibung des Benennungsumfangs oder Angabe der Fundstellen (anwendbare Richtlinien, Verordnungen oder Teile davon);
e)
Konformitätserklärung und Verweis auf die vorliegende Richtlinie.

11.   Wiederbewertung und Überwachung

11.1
Die Wiederbewertung gleicht einer Erstbewertung mit der Ausnahme, dass die Erkenntnisse aus vorangegangenen Bewertungen berücksichtigt werden müssen. Vor-Ort-Bewertungen zu Überwachungszwecken sind weniger umfangreich als Wiederbewertungen.
11.2
Die zuständige Behörde muss ihren Plan für die Wiederbewertung und Überwachung eines jeden benannten Technischen Dienstes so gestalten, dass repräsentative Teile des Benennungsumfangs in regelmäßigen Abständen einer Bewertung unterzogen werden.

In welchen zeitlichen Abständen Vor-Ort-Bewertungen — sowohl Wiederbewertungen als auch Überwachungen — durchgeführt werden, hängt von der nachgewiesenen Stabilität ab, die der Technische Dienst erreicht hat.

11.3
Werden bei einer Überwachung oder einer Wiederbewertung Mängel festgestellt, so muss die zuständige Behörde strenge Fristen für die zu ergreifenden Abhilfemaßnahmen festlegen.
11.4
Wenn die Abhilfe- oder Verbesserungsmaßnahmen nicht innerhalb der vereinbarten Frist erfolgt sind oder als unzureichend betrachtet werden, hat die zuständige Behörde geeignete Maßnahmen zu ergreifen, indem sie beispielsweise eine weitere Bewertung vornimmt oder die Benennung für eine oder mehrere Tätigkeit(en), für die der betreffende Technische Dienst benannt wurde, aussetzt oder widerruft.
11.5
Wenn die zuständige Behörde beschließt, die Benennung eines Technischen Dienstes auszusetzen oder zu widerrufen, hat sie den betreffenden Dienst per Einschreiben davon zu unterrichten. In jedem Fall muss die zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Kontinuität der Tätigkeiten zu gewährleisten, die von dem Technischen Dienst bereits durchgeführt werden.

12.   Aufzeichnungen über benannte Technische Dienste

12.1
Die zuständige Behörde hat Aufzeichnungen über Technische Dienste zu führen, die belegen, dass die Benennungsanforderungen, einschließlich der geforderten Kompetenz, tatsächlich erfüllt wurden.
12.2
Die zuständige Behörde hat die Aufzeichnungen über Technische Dienste sicher aufzubewahren, damit die erforderliche Vertraulichkeit gewährleistet ist.
12.3
Aufzeichnungen über Technische Dienste müssen mindestens Folgendes umfassen:
a)
die einschlägige Korrespondenz,
b)
Bewertungsunterlagen und -berichte,
c)
Kopien der Benennungsbescheinigungen.