freiRecht

Richtlinie (EG) 2006/86

Richtlinie (EG) 2006/86

Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen

Erwägungen

(1)
Die Richtlinie 2004/23/EG legt Qualitäts- und Sicherheitsstandards fest für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung zur Verwendung beim Menschen bestimmter menschlicher Gewebe und Zellen sowie aus menschlichen Zellen und Geweben hergestellter und zur Verwendung beim Menschen bestimmter Produkte, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen.
(2)
Um die Übertragung von Krankheiten durch zur Verwendung beim Menschen bestimmte menschliche Gewebe und Zellen zu verhindern und ein entsprechendes Qualitäts- und Sicherheitsniveau zu gewährleisten, sieht die Richtlinie 2004/23/EG die Festlegung spezifischer technischer Anforderungen für alle Verfahrensschritte bei der Verwendung menschlicher Gewebe und Zellen vor, einschließlich Standards und Spezifikationen für ein Qualitätsmanagementsystem für Gewebebanken.
(3)
Gemäß der Richtlinie 2004/23/EG sollte in den Mitgliedstaaten ein System für die Zulassung, Benennung, Genehmigung und Lizenzierung von Gewebebanken und von Aufbereitungsverfahren für Gewebe und Zellen eingerichtet werden, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. Für dieses System sind die technischen Anforderungen festzulegen.
(4)
Die Anforderungen für Zulassung, Benennung, Genehmigung und Lizenzierung von Gewebebanken sollten Organisation und Verwaltung, Personal, Ausstattung und Materialien, Einrichtungen/Räumlichkeiten, Dokumentation und Aufzeichnungen sowie Qualitätskontrolle umfassen. Zugelassene, benannte, genehmigte oder lizenzierte Gewebebanken sollten zusätzliche Anforderungen an ihre spezifischen Tätigkeiten erfüllen.
(5)
Der Luftqualitätsstandard bei der Verarbeitung von Geweben und Zellen ist ein wesentlicher Faktor, der das Risiko der Gewebe- bzw. Zellkontamination beeinflussen kann. Generell ist eine Luftqualität erforderlich, deren Teilchenzahl und Mikrobenkoloniezahl Stufe A des Europäischen Leitfadens für Gute Herstellungspraxis Anhang I und der Richtlinie 2003/94/EG der Kommission entspricht. In manchen Fällen ist allerdings eine Luftqualität mit Partikelzahl und Mikrobenkoloniezahl nach Stufe A nicht angezeigt. Unter diesen Umständen sollte nachgewiesen und dokumentiert werden, dass die gewählte Umgebung die für die betreffende Art von Gewebe und Zellen, Verfahren und Verwendung beim Menschen erforderliche Qualität und Sicherheit aufweist.
(6)
Die Richtlinie sollte gelten für die Qualität und Sicherheit menschlicher Gewebe und Zellen bei der Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung an die Gesundheitsversorgungseinrichtung, in der sie am menschlichen Körper verwendet werden. Allerdings sollte sie nicht für die Verwendung dieser Gewebe und Zellen beim Menschen gelten (wie Implantationschirurgie, Perfusion, Insemination oder Embryonentransfer). Die Vorschriften dieser Richtlinie über Rückverfolgbarkeit und die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen gelten ebenso für die Spende, Beschaffung und Testung menschlicher Gewebe und Zellen, die in der Richtlinie 2006/17/EG der Kommission geregelt sind.
(7)
Mit der Verwendung von Gewebe und Zellen beim Menschen geht ein Risiko der Krankheitsübertragung und anderer möglicher unerwünschter Reaktionen beim Empfänger einher. Um diese Wirkungen zu überwachen und zu verringern, sind spezifische Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit und ein Gemeinschaftsverfahren zur Meldung schwerwiegender unerwünschter Reaktionen und Zwischenfälle festzulegen.
(8)
Der Verdacht auf schwerwiegende unerwünschte Reaktionen beim Spender oder beim Empfänger von Geweben oder Zellen sowie schwerwiegende Zwischenfälle auf dem Weg zwischen Spende und Verteilung von Geweben oder Zellen, welche die Qualität und Sicherheit der Gewebe oder Zellen beeinflussen könnten und die auf die Beschaffung (einschließlich Spenderevaluierung und -auswahl), Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung oder Verteilung der menschlichen Gewebe oder Zellen zurückgeführt werden könnten, sollten unverzüglich der zuständigen Behörde gemeldet werden.
(9)
Schwerwiegende unerwünschte Reaktionen können während oder nach der Entnahme von lebenden Spendern sowie während oder nach der Verwendung beim Menschen entdeckt werden. Sie sollten der entsprechenden Gewebebank zur Untersuchung und Meldung an die zuständige Behörde mitgeteilt werden. Dies sollte eine Beschaffungseinrichtung oder eine für die Verwendung beim Menschen zuständige Einrichtung nicht daran hindern, die zuständige Behörde unmittelbar zu benachrichtigen. Die vorliegende Richtlinie sollte festlegen, welche Mindestdaten für die Meldung an die zuständige Behörde erforderlich sind, unbeschadet der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder einzuführen, sofern diese im Einklang mit dem Vertrag stehen.
(10)
Um die Kosten der Informationsübermittlung auf ein Minimum zu begrenzen und Überschneidungen sowie zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, sollte zur Übermittlung und Verarbeitung der vorgesehenen Daten auf moderne Informationstechnologien und elektronische Behördendienste (E-Government) zurückgegriffen werden. Diese Verfahren sollten auf einem Standardaustauschformat beruhen, das ein für die Verwaltung von Bezugsdaten geeignetes System verwendet.
(11)
Um die Rückverfolgbarkeit und die Information über die Hauptmerkmale und Eigenschaften von Geweben und Zellen zu erleichtern, ist es erforderlich, festzulegen, welche Grunddaten in einen einheitlichen europäischen Code aufzunehmen sind.
(12)
Diese Richtlinie berücksichtigt die Grundrechte und beachtet die Prinzipien, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts festgeschrieben sind.
(13)
Die Maßnahmen dieser Richtlinie entsprechen der Stellungnahme des gemäß der Richtlinie 2004/23/EG Artikel 29 eingesetzten Ausschusses —

Art. 1 Geltungsbereich

(1) Diese Richtlinie gilt für die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von

a)
zur Verwendung beim Menschen bestimmten menschlichen Geweben und Zellen und
b)
aus menschlichen Zellen und Geweben hergestellten und zur Verwendung beim Menschen bestimmten Produkten, sofern diese Produkte nicht in den Geltungsbereich anderer Richtlinien fallen.

(2) Die Bestimmungen der Artikel 5 bis 9 dieser Richtlinie zur Rückverfolgbarkeit und zur Meldung schwerwiegender unerwünschter Reaktionen und Zwischenfälle gelten ebenso für die Spende, Beschaffung und Testung menschlicher Gewebe und Zellen.

Art. 2 Definitionen

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Definitionen:
a)
„Keimzellen“: alle Gewebe und Zellen, die für die Verwendung zur assistierten Reproduktion bestimmt sind;
b)
„Partnerspende“: die Spende von Keimzellen zwischen einem Mann und einer Frau, die angeben, eine Intimbeziehung zu führen;
c)
„Qualitätssystem“: die Organisationsstruktur, festgelegten Zuständigkeiten, Verfahren, Prozesse und Ressourcen für die Durchführung des Qualitätsmanagements, einschließlich aller Tätigkeiten, die direkt oder indirekt zur Qualität beitragen;
d)
„Qualitätsmanagement“: die koordinierten Tätigkeiten zur Leitung und Kontrolle einer Einrichtung in Bezug auf Qualität;
e)
„Standardarbeitsanweisungen (SOP)“: schriftliche Anweisungen zur Beschreibung der einzelnen Schritte eines spezifischen Verfahrens, einschließlich der zu verwendenden Materialien und Methoden sowie des erwarteten Endprodukts;
f)
„Validierung“ (oder „Qualifizierung“ in Bezug auf Anlagen oder Umgebungen): Erbringung eines dokumentierten Nachweises, der mit hoher Sicherheit belegt, dass durch einen spezifischen Prozess, Ausrüstungsgegenstand oder eine Umgebung durchweg ein Produkt hergestellt wird, das den vorher festgelegten Spezifikationen und Qualitätsmerkmalen entspricht. Ein Prozess wird validiert, um zu bewerten, wie effektiv die Leistung eines Systems für den Verwendungszweck ist;
g)
„Rückverfolgbarkeit“: die Möglichkeit, das Gewebe bzw. die Zellen auf jeder Stufe von der Entnahme über die Verarbeitung, Testung und Lagerung bis zur Weitergabe an den Empfänger oder zur Entsorgung zu lokalisieren und zu identifizieren, einschließlich der Möglichkeit, den Spender und die Gewebe- oder Produktionseinrichtung, welche die Gewebe bzw. Zellen erhält, verarbeitet oder lagert, zu ermitteln, sowie der Möglichkeit, in der/den die Gewebe bzw. Zellen transplantierenden medizinischen Einrichtung(en) den/die jeweiligen Empfänger zu ermitteln; Rückverfolgbarkeit bedeutet auch die Möglichkeit, alle zweckdienlichen Daten im Zusammenhang mit den Produkten und Materialien zu lokalisieren und zu ermitteln, die mit diesen Geweben bzw. Zellen in Berührung kommen;
h)
„kritisch“: mit möglichem Einfluss auf Qualität und/oder Sicherheit oder mit den Zellen und Geweben in Berührung kommend;
i)
„Beschaffungseinrichtung“: eine Einrichtung des Gesundheitswesens oder eine Krankenhausabteilung oder eine andere Stelle, die zur Beschaffung menschlicher Gewebe und Zellen tätig wird und möglicherweise nicht als Gewebebank zugelassen, benannt, genehmigt oder lizenziert ist;
j)
„für die Verwendung beim Menschen verantwortliche Einrichtung“: Einrichtung des Gesundheitswesens oder Krankenhausabteilung oder sonstige Stelle, welche die Verwendung menschlicher Gewebe und Zellen beim Menschen vornimmt.

Art. 3 Anforderungen für die Zulassung, Benennung, Genehmigung oder Lizenzierung von Gewebebanken

Eine Gewebebank muss die in Anhang I genannten Anforderungen erfüllen.

Art. 4 Anforderungen für die Zulassung, Benennung, Genehmigung oder Lizenzierung von Verarbeitungsverfahren für Gewebe und Zellen

Die Verarbeitungsverfahren in der Gewebebank müssen die in Anhang II genannten Anforderungen erfüllen.

Art. 5 Meldung schwerwiegender unerwünschter Reaktionen

(1) Die Mitgliedstaaten stellen Folgendes sicher:

a)
Beschaffungseinrichtungen verfügen über Verfahren, um Aufzeichnungen über die beschafften Gewebe und Zellen zu führen und Gewebebanken unverzüglich über etwaige schwerwiegende unerwünschte Reaktionen beim lebenden Spender in Kenntnis zu setzen, welche sich auf Qualität und Sicherheit der Gewebe und Zellen auswirken könnten.
b)
Einrichtungen, die für die Verwendung von Geweben und Zellen beim Menschen verantwortlich sind, verfügen über Verfahren, um Aufzeichnungen über die verwendeten Gewebe und Zellen zu führen und die Gewebebanken unverzüglich über etwaige schwerwiegende unerwünschte Reaktionen in Kenntnis zu setzen, welche während und nach der klinischen Verwendung beobachtet werden und mit der Qualität und Sicherheit der Gewebe und Zellen im Zusammenhang stehen könnten.
c)
Gewebebanken, die für die Verwendung beim Menschen bestimmte Gewebe und Zellen verteilen, informieren die für die Verwendung von Geweben und Zellen beim Menschen verantwortliche Einrichtung darüber, wie diese Einrichtung schwerwiegende unerwünschte Reaktionen im Sinne von Buchstabe b melden sollte.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gewebebanken

a)
über Verfahren verfügen, um der zuständigen Behörde unverzüglich alle zweckdienlichen Informationen über einen Verdacht auf schwerwiegende unerwünschte Reaktionen im Sinne von Absatz 1 Buchstaben a und b mitzuteilen;
b)
über Verfahren verfügen, um der zuständigen Behörde unverzüglich die Schlussfolgerung der Ermittlung zur Ursachenanalyse und das entsprechende Ergebnis mitzuteilen.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen Folgendes sicher:

a)
Die in Artikel 17 der Richtlinie 2004/23/EG genannte verantwortliche Person übermittelt der zuständigen Behörde die Informationen gemäß der in Anhang III Teil A festgelegten Meldung.
b)
Die Gewebebanken melden der zuständigen Behörde, welche Maßnahmen in Bezug auf andere betroffene, zur Verwendung beim Menschen verteilte Gewebe und Zellen ergriffen wurden.
c)
Die Gewebebanken melden der zuständigen Behörde die Schlussfolgerung der Ermittlung mindestens unter Angabe der in Anhang III Teil B festgelegten Informationen.

Art. 6 Meldung schwerwiegender Zwischenfälle

(1) Die Mitgliedstaaten stellen Folgendes sicher:

a)
Beschaffungseinrichtungen und Gewebebanken verfügen über Verfahren, um Aufzeichnungen zu führen und Gewebebanken unverzüglich über etwaige schwerwiegende Zwischenfälle bei der Beschaffung in Kenntnis zu setzen, welche sich auf die Qualität und Sicherheit der Gewebe und Zellen auswirken könnten.
b)
Einrichtungen, die für die Verwendung von Geweben und Zellen beim Menschen verantwortlich sind, verfügen über Verfahren, um die Gewebebanken unverzüglich über etwaige schwerwiegende Zwischenfälle in Kenntnis zu setzen, die sich auf die Qualität und Sicherheit der Gewebe und Zellen auswirken könnten.
c)
Gewebebanken informieren die für die Verwendung von Geweben und Zellen beim Menschen verantwortliche Einrichtung darüber, wie diese Einrichtung schwerwiegende Zwischenfälle melden sollte, die sich auf die Qualität und Sicherheit der Gewebe und Zellen auswirken könnten.

(2) Bei der künstlichen Befruchtung gilt jegliche Fehlidentifizierung oder Verwechslung einer Keimzelle oder eines Embryos als schwerwiegender Zwischenfall. ²Alle für die Verwendung beim Menschen verantwortlichen Personen oder Beschaffungseinrichtungen, die künstliche Befruchtungen vornehmen, müssen solche Zwischenfälle der Herkunftsgewebebank zur Ermittlung und Meldung an die zuständige Behörde mitteilen.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gewebebanken

a)
über Verfahren verfügen, um der zuständigen Behörde unverzüglich alle zweckdienlichen Informationen über einen Verdacht auf schwerwiegende Zwischenfälle im Sinne von Absatz 1 Buchstaben a und b mitzuteilen;
b)
über Verfahren verfügen, um der zuständigen Behörde unverzüglich die Schlussfolgerung der Ermittlung zur Ursachenanalyse und das entsprechende Ergebnis mitzuteilen.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen Folgendes sicher:

a)
Die in Artikel 17 der Richtlinie 2004/23/EG genannte verantwortliche Person übermittelt der zuständigen Behörde die Informationen gemäß der in Anhang IV Teil A festgelegten Meldung.
b)
Die Gewebebanken bewerten schwerwiegende Zwischenfälle, um vermeidbare Ursachen im Prozessverlauf zu ermitteln.
c)
Die Gewebebanken melden der zuständigen Behörde die Schlussfolgerung der Ermittlung mindestens unter Angabe der in Anhang IV Teil B festgelegten Informationen.

Art. 7 Jährliche Berichte

(1) Die Mitgliedstaaten legen der Kommission bis zum 30. Juni des Folgejahres einen jährlichen Bericht über die Meldungen der schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen und Zwischenfälle vor, die bei der zuständigen Behörde eingegangen sind. ²Die Kommission legt den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten eine Zusammenfassung der eingegangenen Berichte vor. ³Die zuständige Behörde macht den Gewebebanken diese Zusammenfassung zugänglich.

(2) Die Datenübertragung entspricht den Spezifikationen für das Datenaustauschformat gemäß Anhang V Teil A und B und enthält alle Informationen, die notwendig sind, um den Absender zu identifizieren und seine Bezugsdaten zu erhalten.

Art. 8 Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden und mit der Kommission

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ihre zuständigen Behörden einander und der Kommission sachdienliche Informationen über schwerwiegende unerwünschte Reaktionen und Zwischenfälle übermitteln, um zu gewährleisten, dass geeignete Maßnahmen getroffen werden.

Art. 9 Rückverfolgbarkeit

(1) Gewebebanken müssen über wirksame und genaue Systeme verfügen, mit denen sich die eingegangenen und verteilten Gewebe und Zellen eindeutig identifizieren und kennzeichnen lassen.

(2) Gewebebanken und für die Verwendung beim Menschen verantwortliche Einrichtungen müssen die Daten gemäß Anhang VI mindestens 30 Jahre lang auf einem geeigneten und lesbaren Datenträger aufbewahren.

Art. 10 Europäisches Kodierungssystem

(1) Sämtlichem gespendeten Material ist in der Gewebebank ein einheitlicher europäischer Identifizierungscode zuzuweisen, um eine ordnungsgemäße Identifizierung des Spenders und die Rückverfolgbarkeit des gesamten gespendeten Materials sicherzustellen und Informationen über die Hauptmerkmale und Eigenschaften der Gewebe und Zellen zu liefern. ²Dieser Code muss mindestens die in Anhang VII festgelegten Informationen enthalten.

(2) Absatz 1 gilt nicht für die Partnerspende von Keimzellen.

Art. 11 Umsetzung

(1) 

Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie bis spätestens 1. September 2007 nachzukommen. ²Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit und fügen eine Entsprechungstabelle dieser Rechtsvorschriften und der vorliegenden Richtlinie bei.

Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um Artikel 10 dieser Richtlinie bis spätestens 1. September 2008 nachzukommen.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Art. 12 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Art. 13 Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

ANHANG I

Anforderungen für die Zulassung, Benennung, Genehmigung oder Lizenzierung von Gewebebanken im Sinne des Artikels 3

A.   ORGANISATION UND MANAGEMENT

1.
Es ist eine verantwortliche Person zu benennen, die über die in Artikel 17 der Richtlinie 2004/23/EG genannten Qualifikationen und Zuständigkeiten verfügt.
2.
Eine Gewebebank muss über Organisationsstrukturen und operative Verfahren verfügen, welche für die Tätigkeiten geeignet sind, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird; aus ihrem Organigramm müssen die Verantwortlichkeiten und Weisungsbefugnisse eindeutig ersichtlich sein.
3.
Jede Gewebebank muss Zugang zu einem benannten registrierten Arzt haben, der über die medizinische Tätigkeit der Einrichtung wie Spenderauswahl, Prüfung der klinischen Ergebnisse der verwendeten Gewebe und Zellen bzw. Interaktion mit den Patienten berät und Aufsicht führt.
4.
Für die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, muss ein dokumentiertes Qualitätsmanagementsystem verwendet werden, das den in der vorliegenden Richtlinie festgelegten Standards entspricht.
5.
Es ist sicherzustellen, dass die mit der Verwendung von und dem Umgang mit biologischem Material einhergehenden Risiken ermittelt und so weit wie möglich verringert werden, bei gleichzeitiger Wahrung entsprechender Qualität und Sicherheit für den Verwendungszweck der Gewebe und Zellen. Die Risiken umfassen vor allem solche in Bezug auf die für die Gewebebank spezifischen Verfahren, die Umgebung und den Gesundheitszustand des Personals.
6.
Vereinbarungen zwischen Gewebebanken und Dritten müssen Artikel 24 der Richtlinie 2004/23/EG entsprechen. In Vereinbarungen mit Dritten sind die Art der Beziehung, die Verantwortlichkeiten sowie die genauen Verfahren festzulegen, mit denen die erforderliche Leistung erbracht werden soll.
7.
Es muss ein dokumentiertes System vorhanden sein, das unter der Aufsicht der verantwortlichen Person steht und sicherstellt, dass die Gewebe und/oder Zellen den einschlägigen Anforderungen an Sicherheit und Qualität für die Freigabe und die Verteilung entsprechen.
8.
Bei Beendigung der Tätigkeiten müssen die gemäß Artikel 21 Absatz 5 der Richtlinie 2004/23/EG geschlossenen Vereinbarungen und angenommenen Verfahren Rückverfolgbarkeitsdaten und Material bezüglich der Qualität und Sicherheit der Gewebe und Zellen umfassen.
9.
Es muss ein dokumentiertes System vorhanden sein, das die Identifizierung jeder Zell- und Gewebeeinheit auf allen Stufen der Tätigkeiten sicherstellt, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird.

B.   PERSONAL

1.
Das Personal der Gewebebanken muss in ausreichender Anzahl vorhanden und für seine Aufgaben qualifiziert sein. Die Kompetenz des Personals ist regelmäßig im Rahmen des Qualitätssystems zu bewerten.
2.
¹⁵Alle Mitarbeiter müssen über klare, dokumentierte und aktuelle Aufgabenbeschreibungen verfügen. ¹⁶Ihre Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten müssen deutlich dokumentiert werden und verständlich sein.
3.
Das Personal muss einführende/grundlegende Schulung, bei Bedarf aktualisierte Schulungen bei Änderung der Verfahren oder neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie ausreichende Gelegenheiten zur entsprechenden beruflichen Entwicklung erhalten. Die Schulungsprogramme müssen sicherstellen und dokumentieren, dass alle Mitarbeiter
a)sich bei der Durchführung der ihnen zugewiesenen Aufgaben als kompetent erwiesen haben,
b)über ausreichende Kenntnisse und Verständnis der wissenschaftlichen/technischen Verfahren und Grundsätze verfügen, die für die ihnen zugewiesenen Aufgaben relevant sind,
c)den organisatorischen Rahmen, das Qualitätssystem sowie die Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften der Einrichtung, in der sie arbeiten, verstehen und
d)ausreichend über den weiteren ethischen, rechtlichen und gesetzlichen Zusammenhang ihrer Arbeit informiert sind.

C.   AUSRÜSTUNG UND MATERIALIEN

1.
Sämtliche Ausrüstungen und Materialien müssen entsprechend ihrem Verwendungszweck gestaltet und gewartet werden; sie müssen eine Gefährdung der Empfänger und/oder des Personals auf ein Minimum begrenzen.
2.
¹⁹Alle kritischen Ausrüstungen und technischen Geräte sind zu identifizieren und zu validieren, regelmäßigen Inspektionen zu unterziehen und nach den Anweisungen des Herstellers vorbeugend zu warten. ²⁰Sind durch Ausrüstung oder Material kritische Verarbeitungs- oder Lagerungsparameter berührt (z. B. Temperatur, Druck, Teilchenzahl, Höhe der mikrobiellen Kontamination), sind diese zu ermitteln und müssen Gegenstand angemessener Überwachungs-, Warn-, Alarm- bzw. Korrekturmaßnahmen sein, damit Fehlfunktionen und Defekte festgestellt werden und damit gewährleistet ist, dass die kritischen Parameter zu jedem Zeitpunkt innerhalb akzeptabler Grenzen gehalten werden. ²¹Alle Ausrüstungen mit einer kritischen Messfunktion sind, soweit verfügbar, anhand einer verfolgbaren Norm zu kalibrieren.
3.
²²Neue und reparierte Ausrüstungen sind bei der Installation zu testen und vor dem Gebrauch zu validieren. ²³Die Testergebnisse sind zu dokumentieren.
4.
Wartung, Instandsetzung, Reinigung, Desinfektion und Dekontaminierung aller kritischen Ausrüstungen sind regelmäßig durchzuführen und entsprechend zu dokumentieren.
5.
Es müssen Verfahren für den Betrieb jedes Teils der kritischen Ausrüstung vorhanden sein, die ausführlich angeben, welche Maßnahmen im Falle von Fehlfunktionen oder Versagen zu ergreifen sind.
6.
²⁶Die Verfahren für die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, müssen die Spezifikationen aller kritischen Materialien und Reagenzien ausführlich angeben. ²⁷Insbesondere sind Spezifikationen für Zusatzstoffe (z. B. Lösungen) und Verpackungsmaterial festzulegen. Kritische Reagenzien und Materialien müssen dokumentierten Anforderungen und Spezifikationen entsprechen und gegebenenfalls den Vorschriften der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte und der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika.

D.   EINRICHTUNGEN/RÄUMLICHKEITEN

1.
Eine Gewebebank muss für die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, über geeignete Einrichtungen verfügen, welche den in dieser Richtlinie festgelegten Standards entsprechen.
2.
²⁹Umfassen diese Tätigkeiten die Verarbeitung von Geweben und Zellen bei Umgebungsexposition, muss dies in einer Umgebung mit spezifizierter Luftqualität und Sauberkeit erfolgen, um das Kontaminationsrisiko, einschließlich des Risikos der Kreuzkontamination zwischen einzelnen Spenden, so gering wie möglich zu halten. ³⁰Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist zu validieren und zu überwachen.
3.
Sofern in Punkt 4 nicht anders spezifiziert, ist bei Exposition von Geweben und Zellen gegenüber der Umgebung während der Verarbeitung ohne folgendes Mikrobeninaktivierungsverfahren eine Luftqualität mit einer Teilchenzahl und Mikrobenkoloniezahl entsprechend Stufe A der Definition des aktuellen Leitfadens für Gute Herstellungspraxis Anhang 1 und der Richtlinie 2003/94/EG erforderlich mit einer für die Verarbeitung der betreffenden Gewebe/Zellen geeigneten Hintergrundumgebung, die in Bezug auf Teilchen- und Mikrobenzahl mindestens der Stufe D des Leitfadens für Gute Herstellungspraxis entspricht.
4.
Weniger strenge Anforderungen an die Umgebung als die in Punkt 3 genannten können gelten, wenn
a)ein validiertes Verfahren zur Mikrobeninaktivierung oder ein validiertes Verfahren zur Endsterilisierung angewendet wird
b)oder nachgewiesen wird, dass die Exposition gegenüber einer Umgebung der Stufe A schädliche Auswirkungen auf die erforderlichen Eigenschaften der betreffenden Gewebe oder Zellen hat,
c)oder nachgewiesen wird, dass mit der Art und Weise der Verwendung der Gewebe oder Zellen beim Empfänger ein erheblich geringeres Risiko der Übertragung einer bakteriellen oder Pilzinfektion auf den Empfänger einhergeht als bei der Zell- und Gewebetransplantation,
d)oder es technisch nicht möglich ist, das erforderliche Verfahren in einer Umgebung der Stufe A durchzuführen (beispielsweise aufgrund von Anforderungen an spezifische Ausrüstung im Verarbeitungsbereich, die mit Stufe A nicht voll vereinbar sind).
5.
³³Unter Punkt 4 Buchstaben a, b, c und d ist eine Umgebung zu spezifizieren. ³⁴Es ist nachzuweisen und zu dokumentieren, dass die gewählte Umgebung die erforderliche Qualität und Sicherheit erreicht, mindestens unter Berücksichtigung des Bestimmungszwecks, der Art der Verwendung und des Immunstatus des Empfängers. ³⁵In allen betreffenden Abteilungen der Gewebebank sind geeignete Kleidung und Ausstattung für den persönlichen Schutz und die Hygiene sowie schriftliche Hygiene- und Kleidungsvorschriften bereitzustellen.
6.
Betreffen die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, die Lagerung von Geweben und Zellen, sind die Lagerungsbedingungen festzulegen, die notwendig sind, um die erforderlichen Eigenschaften der Gewebe und Zellen, einschließlich relevanter Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit oder Luftqualität, aufrechtzuerhalten.
7.
Kritische Parameter (wie Temperatur, Feuchtigkeit oder Luftqualität) sind zu kontrollieren, zu überwachen und aufzuzeichnen, um nachzuweisen, dass die spezifizierten Lagerungsbedingungen erfüllt werden.
8.
³⁸Es sind Lagerungseinrichtungen bereitzustellen, die Gewebe und Zellen vor der Freigabe bzw. in Quarantäne eindeutig von denjenigen trennen und unterscheiden, die freigegeben werden, sowie von denjenigen, die verworfen werden, um Verwechslungen und Kreuzkontaminationen zu vermeiden. ³⁹Räumlich getrennte Bereiche oder Lagerungsvorrichtungen oder sichere Trennung innerhalb der Vorrichtung sind sowohl im Quarantäne- als auch im Freigabelagerungsbereich für bestimmte Gewebe und Zellen gemäß speziellen Kriterien vorzuhalten.
9.
Die Gewebebank muss über schriftliche Anleitungen und Verfahrensanweisungen für Zugangskontrollen, Reinigung und Wartung, Abfallentsorgung und das Verhalten im Notfall verfügen.

E.   DOKUMENTATION UND AUFZEICHNUNGEN

1.
Es muss ein System vorhanden sein, dass eine klar definierte und wirksame Dokumentation ergibt, korrekte Aufzeichnungen und Register sowie genehmigte Standardarbeitsanweisungen für die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird. ⁴²Die Dokumentation ist regelmäßig zu überprüfen und muss den in dieser Richtlinie festgelegten Standards entsprechen. ⁴³Das System muss sicherstellen, dass die geleistete Arbeit standardisiert ist und dass alle Schritte nachvollziehbar sind, d. h. Kodierung, Spendereignung, Beschaffung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung, Transport, Verteilung oder Entsorgung, einschließlich der Aspekte der Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung.
2.
Für jede kritische Tätigkeit sind die entsprechenden Materialien und Ausrüstungen sowie das Personal zu identifizieren und zu dokumentieren.
3.
In den Gewebebanken sind alle Änderungen von Dokumenten zu überprüfen, zu datieren, zu genehmigen, zu dokumentieren und unverzüglich durch befugtes Personal zu implementieren.
4.
Es ist ein Dokumentenkontrollverfahren für die Chronologie der Dokumentenüberprüfungen und -änderungen einzurichten, welches sicherstellt, dass nur die aktuellen Fassungen der Dokumente verwendet werden.
5.
Die Zuverlässigkeit der Aufzeichnungen ist nachzuweisen; sie müssen die Ergebnisse korrekt wiedergeben.
6.
Die Aufzeichnungen müssen lesbar und unauslöschlich sein; sie dürfen handgeschrieben sein oder auf ein anderes validiertes System wie einen Computer oder Mikrofilm übertragen werden.
7.
Unbeschadet Artikel 9 Absatz 2 sind alle Aufzeichnungen, einschließlich Rohdaten, die für die Sicherheit und Qualität der Gewebe und Zellen kritisch sind, so zu führen, dass der Zugang zu diesen Daten mindestens 10 Jahre nach dem Verfallsdatum, der klinischen Verwendung oder der Entsorgung sichergestellt ist.
8.
⁵⁰Die Aufzeichnungen müssen den Vertraulichkeitsvorschriften des Artikels 14 der Richtlinie 2004/23/EG entsprechen. ⁵¹Der Zugang zu Registern und Daten ist auf Personen, die von der zuständigen Person dazu die Befugnis erhalten, sowie auf die zuständige Behörde zwecks Inspektions- und Kontrollmaßnahmen zu beschränken.

F.   QUALITÄTSÜBERPRÜFUNG

1.
Für die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, muss ein Prüfsystem vorhanden sein. ⁵³Die Prüfung muss mindestens alle zwei Jahre unabhängig von geschulten und kompetenten Personen durchgeführt werden, die überprüfen, ob die genehmigten Verfahren und Vorschriften eingehalten werden. ⁵⁴Ergebnisse und Korrekturmaßnahmen sind zu dokumentieren.
2.
⁵⁵Abweichungen von den vorgeschriebenen Qualitäts- und Sicherheitsstandards müssen zu dokumentierten Untersuchungen führen, die eine Entscheidung über mögliche Korrektur- und Präventivmaßnahmen einschließen. ⁵⁶Was mit nichtvorschriftsmäßigen Geweben und Zellen geschieht, ist anhand schriftlicher Verfahrensanweisungen unter Aufsicht der verantwortlichen Person zu entscheiden und aufzuzeichnen. ⁵⁷Alle betroffenen Gewebe und Zellen müssen identifiziert und dokumentiert werden.
3.
⁵⁸Korrekturmaßnahmen sind zeitnah und effektiv zu dokumentieren, einzuleiten und abzuschließen. ⁵⁹Präventiv- und Korrekturmaßnahmen sind nach der Implementierung auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.
4.
Die Gewebebank muss über Verfahren verfügen, um die Leistung des Qualitätsmanagementsystems zu überprüfen, damit kontinuierliche und systematische Verbesserungen ermöglicht werden.

  ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1.

  ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1. Richtlinie geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003.

ANHANG II

Anforderungen für die Zulassung von Verarbeitungsverfahren für Gewebe und Zellen im Sinne des Artikels 4

Die zuständige Behörde genehmigt jedes Verfahren zur Verarbeitung von Geweben und Zellen nach Bewertung der Spenderauswahlkriterien und Beschaffungsverfahren, der Protokolle für jeden Verfahrensschritt, der Qualitätsmanagementkriterien und der endgültigen quantitativen und qualitativen Kriterien für Zellen und Gewebe. Diese Bewertung muss mindestens die in diesem Anhang genannten Anforderungen erfüllen.

A.   EINGANG BEI DER GEWEBEBANK

Beim Eingang der beschafften Gewebe und Zellen in der Gewebebank müssen die Gewebe und Zellen den Vorschriften der Richtlinie 2006/17/EG entsprechen.

B.   VERARBEITUNG

Umfassen die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, die Verarbeitung von Geweben und Zellen, muss die Gewebebank folgende Kriterien erfüllen:

1.
Die kritischen Verarbeitungsverfahren sind zu validieren und dürfen die Gewebe oder Zellen nicht klinisch unwirksam oder schädlich für den Empfänger werden lassen. Die Validierung kann auf Studien beruhen, welche die Gewebebank selbst durchgeführt hat, oder auf Daten aus Veröffentlichungen oder, bei etablierten Verarbeitungsverfahren, auf nachträglicher Bewertung der klinischen Ergebnisse für die von der Einrichtung gelieferten Gewebe.
2.
Es ist nachzuweisen, dass das validierte Verfahren vom Personal in der Gewebebank einheitlich und wirksam durchgeführt werden kann.
3.
Die Verfahren sind in Standardarbeitsanweisungen zu dokumentieren, die der validierten Methode und den in dieser Richtlinie festgelegten Standards gemäß Anhang I Buchstabe E Punkte 1 bis 4 entsprechen.
4.
Es ist sicherzustellen, dass alle Verfahren gemäß den genehmigten Standardarbeitsanweisungen durchgeführt werden.
5.
Werden die Gewebe oder Zellen einem Verfahren zur Mikrobeninaktivierung unterzogen, ist dies zu spezifizieren, zu dokumentieren und zu validieren.
6.
Vor der Implementierung einer signifikanten Änderung der Verarbeitung ist das geänderte Verfahren zu validieren und zu dokumentieren.
7.
Die Verarbeitungsverfahren sind regelmäßig kritisch zu bewerten, um sicherzustellen, dass sie weiterhin die angestrebten Ergebnisse erzielen.
8.
⁷²Die Verfahren zur Aussonderung von Gewebe und Zellen müssen die Kontamination anderer Spenden und Produkte, der Verarbeitungsumgebung und des Personals vermeiden. ⁷³Diese Verfahren müssen den einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen.

C.   LAGERUNG UND FREIGABE DER PRODUKTE

Umfassen die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, die Lagerung und Freigabe von Geweben und Zellen, muss die genehmigte Gewebebank folgende Kriterien erfüllen:

1.
Für jede Art der Lagerbedingungen ist die Höchstlagerdauer zu spezifizieren. Der gewählte Zeitraum muss unter anderem die mögliche Verschlechterung der erforderlichen Zell- und Gewebeeigenschaften berücksichtigen.
2.
⁷⁶Es muss ein Inventarsystem für Gewebe und/oder Zellen vorhanden sein, welches sicherstellt, dass sie nicht freigegeben werden können, bevor alle in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllt sind. ⁷⁷Es müssen Standardarbeitsanweisungen vorliegen, welche die Umstände, Verantwortlichkeiten und Verfahren für die Freigabe von Geweben und Zellen zur Verteilung genau angeben.
3.
Ein System zur Identifizierung von Geweben und Zellen auf allen Stufen der Verarbeitung in der Gewebebank muss eindeutig freigegebene von nicht freigegebenen (in Quarantäne befindlichen) und ausgesonderten Produkten unterscheiden.
4.
⁷⁹Die Aufzeichnungen müssen nachweisen, dass, bevor Gewebe und Zellen freigegeben werden, alle einschlägigen Spezifikationen erfüllt werden, dass insbesondere alle aktuellen Meldevordrucke, einschlägigen medizinischen Aufzeichnungen, Verarbeitungsaufzeichnungen und Testergebnisse gemäß einem schriftlichen Verfahren von einer hierzu befugten Person im Sinne des Artikels 17 der Richtlinie 2004/23/EG überprüft worden sind. ⁸⁰Werden die Ergebnisse elektronisch aus dem Labor freigegeben, muss aus einem Prüfprotokoll hervorgehen, wer für die Freigabe verantwortlich war.
5.
Die verantwortliche Person im Sinne des Artikels 17 der Richtlinie 2004/23/EG muss eine dokumentierte Risikobewertung vornehmen, damit nach der Einführung etwaiger neuer Spenderauswahl- oder Testkriterien oder etwaiger signifikant geänderter Verarbeitungsschritte zur Verbesserung von Qualität oder Sicherheit über den Verbleib aller gelagerten Gewebe und Zellen bestimmt werden kann.

D.   VERTEILUNG UND RÜCKRUF

Umfassen die Tätigkeiten, für die eine Zulassung/Benennung/Genehmigung/Lizenzierung beantragt wird, die Verteilung von Geweben und Zellen, muss die genehmigte Gewebebank folgende Kriterien erfüllen:

1.
Kritische Transportbedingungen wie Temperatur und Höchstdauer zur Erhaltung der erforderlichen Gewebe- und Zelleigenschaften sind festzulegen.
2.
⁸³Das Behältnis/die Packung muss sicher sein und gewährleisten, dass Gewebe und Zellen in dem spezifizierten Zustand erhalten bleiben. ⁸⁴Die Zweckmäßigkeit aller Behältnisse und Packungen ist zu validieren.
3.
Wird die Verteilung von Dritten vorgenommen, bedarf es einer dokumentierten Vereinbarung, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Bedingungen eingehalten werden.
4.
Innerhalb der Gewebebank muss Personal damit beauftragt werden, die Notwendigkeit eines Rückrufs zu bewerten und die nötigen Maßnahmen zu koordinieren.
5.
⁸⁷Es muss ein wirksames Rückrufverfahren vorhanden sein, einschließlich einer Beschreibung der Verantwortlichkeiten und der zu ergreifenden Maßnahmen. ⁸⁸Dies umfasst auch die Meldung an die zuständige Behörde.
6.
⁸⁹Innerhalb vorher festgelegter Zeiträume sind Maßnahmen zu ergreifen wie die Verfolgung und gegebenenfalls Rückverfolgung aller einschlägigen Gewebe und Zellen. ⁹⁰Zweck der Untersuchung ist die Ermittlung jedes Spenders, der zur Verursachung der Reaktion beim Empfänger beigetragen haben könnte, um verfügbare Gewebe und Zellen von diesem Spender zu erlangen, sowie Vermittler und Empfänger der Gewebe und Zellen, die vom selben Spender gewonnen wurden, für den Fall zu benachrichtigen, dass sie einem Risiko ausgesetzt gewesen sein könnten.
7.
⁹¹Es müssen Verfahren für den Umgang mit Anfragen nach Geweben und Zellen vorhanden sein. ⁹²Die Regeln für die Zuweisung von Geweben und Zellen an bestimmte Patienten oder Einrichtungen des Gesundheitswesens sind zu dokumentieren und den Betreffenden auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.
8.
Es muss ein dokumentiertes System für den Umgang mit zurückgeschickten Produkten vorhanden sein, einschließlich gegebenenfalls Kriterien für deren Aufnahme in den Bestand.

E.   ENDGÜLTIGE KENNZEICHNUNG FÜR DIE VERTEILUNG

1.
Das Primärpackmittel für Gewebe/Zellen muss folgende Angaben tragen:
a)Art der Gewebe und Zellen, Kennnummer oder Code der Gewebe/Zellen und gegebenenfalls Los- oder Chargennummer;
b)Kennung der Gewebebank;
c)Verfallsdatum;
d)bei autologer Spende ist „nur zur autologen Verwendung“ anzugeben, und Spender/Empfänger sind zu nennen;
e)bei Direktspende ist der Empfänger, für den die Spende bestimmt ist, auf der Primärkennzeichnung anzugeben;
f)hat ein Produkt bekanntermaßen ein positives Testergebnis für einen Marker einer relevanten Infektionskrankheit ergeben, ist hinzuzufügen: BIOLOGICAL HAZARD.
Kann eine der Informationen gemäß Buchstaben d und e nicht auf der Primärkennzeichnung angegeben werden, so ist sie auf einem gesonderten Blatt anzugeben, das der Primärpackung so beizufügen ist, dass die eindeutige Zuordnung erhalten bleibt.
2.
Die folgenden Informationen sind entweder auf dem Etikett oder in beiliegenden Unterlagen anzugeben:
a)Beschreibung (Definition) und gegebenenfalls Maße des Gewebe- oder Zellprodukts;
b)gegebenenfalls Morphologie und funktionelle Daten;
c)Datum der Gewebe-/Zellverteilung;
d)biologische Bestimmungen beim Spender und Ergebnisse;
e)Lagerungsempfehlungen;
f)Anleitung zum Öffnen des Behälters, der Verpackung und gegebenenfalls erforderliche Handhabung/Rekonstitution;
g)Verfallsdaten nach Öffnung/Handhabung;
h)Anleitung zur Meldung schwerwiegender unerwünschter Reaktionen oder Zwischenfälle gemäß Artikel 5 bis 6;
i)Vorliegen potenziell schädlicher Rückstände (z. B. Antibiotika, Äthylenoxid usw.).

F.   ÄUSSERE KENNZEICHNUNG DES TRANSPORTBEHÄLTERS

Die Erstverpackung ist in einem Transportbehälter zu transportieren, der mindestens folgende Angaben tragen muss:

a)
Kennung der Ursprungsgewebebank, einschließlich Anschrift und Telefonnummer;
b)
Kennung der für die Verwendung beim Menschen verantwortlichen Bestimmungseinrichtung, einschließlich Anschrift und Telefonnummer;
c)
die Aufschrift „VORSICHT GEWEBE UND ZELLEN“;
d)
werden lebende Zellen wie Stammzellen, Gameten und Embryonen für die Transplantation benötigt, ist die Aufschrift „NICHT BESTRAHLEN“ hinzuzufügen;
e)
empfohlene Transportbedingungen (z. B. „kühl aufbewahren“, „aufrecht aufbewahren“ usw.);
f)
Sicherheitsinstruktionen/(gegebenenfalls) Kühlverfahren.

ANHANG III

MELDUNG SCHWERWIEGENDER UNERWÜNSCHTER REAKTIONEN

ANHANG IV

MELDUNG SCHWERWIEGENDER ZWISCHENFÄLLE

ANHANG V

JAHRESMELDUNGSFORMULAR

ANHANG VI

Information über die gemäß Artikel 9 festzuhaltenden Mindestdaten über den Spender/Empfänger

A.   VON DEN GEWEBEBANKEN ZU ERTEILENDE ANGABEN

Spenderkennung

Spendenkennung, die mindestens Folgendes umfasst:

Kennung der Beschaffungseinrichtung oder Gewebebank
Eindeutige Spendenkennnummer
Datum der Beschaffung
Ort der Beschaffung
Art der Spende (z. B. Einfach- vs. ⁹⁹Mehrfachgewebespende, autolog vs. ¹⁰⁰allogen; Lebendspende vs. ¹⁰¹Totenspende)

Produktkennung, die mindestens Folgendes umfasst:

Kennung der Gewebeeinrichtung
Art von Gewebe und Zellen/Produkt (Basisnomenklatur)
(gegebenenfalls) Poolnummer
(gegebenenfalls) Splitnummer
Verfallsdatum
Gewebe-/Zellstatus (d. h. in Quarantäne, gebrauchsfertig usw.)
Beschreibung und Ursprung der Produkte, erfolgte Verarbeitungsschritte, Material und Zusätze, die mit den Geweben und Zellen in Berührung kommen und sich auf deren Qualität und/oder Sicherheit auswirken.
Kennung der Einrichtung, die die endgültige Kennzeichnung vornimmt

Kennung der Verwendung beim Menschen, die mindestens Folgendes umfasst:

Datum der Verteilung/Entsorgung
Kennung des Klinikers oder Endverbrauchers/der Einrichtung

B.   VON DEN FÜR DIE VERWENDUNG BEIM MENSCHEN VERANTWORTLICHEN EINRICHTUNGEN ZU ERTEILENDE ANGABEN

a)
Kennung der Herkunftsgewebebank
b)
Kennung des Klinikers oder Endverbrauchers/der Einrichtung
c)
Zell- und Gewebeart
d)
Produktkennung
e)
Empfängerkennung
f)
Datum der Anwendung

ANHANG VII

Im europäischen Kodierungssystem enthaltene Informationen

a)
Spendenkennung:
Eindeutige Kennnummer
Kennung der Gewebebank
b)
Produktkennung:
Produktcode (Basisnomenklatur)
(gegebenenfalls) Splitnummer
Verfallsdatum

© freiRecht.deQuelle: © Europäische Union, http://eur-lex.europa.eu, 1998–2018