Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden
(1)
Ein Arzneimittel wird als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesen, wenn der Investor nachweisen kann, daß
(2)
Die Kommission erlässt nach dem in Artikel 10a Absatz 2 genannten Regelungsverfahren die erforderlichen Bestimmungen für die Anwendung von Absatz 1 mittels einer Durchführungsverordnung.
(1) Es wird innerhalb der Agentur ein Ausschuß für Arzneimittel für seltene Leiden eingesetzt (im folgenden „Ausschuß“ genannt).
(2) Der Ausschuß hat folgende Aufgaben:
(3) Der Ausschuß setzt sich wie folgt zusammen: Jeder Mitgliedstaat benennt ein Mitglied, die Kommission benennt drei Mitglieder als Vertreter der Patientenorganisationen und drei Mitglieder auf Empfehlung der Agentur. ²Die Ausschußmitglieder werden für drei Jahre ernannt; eine Wiederernennung ist möglich. ³Sie können sich von Sachverständigen begleiten lassen.
(4) Der Ausschuß wählt seinen Vorsitzenden für drei Jahre; eine einmalige Wiederwahl ist möglich.
(5) Die Vertreter der Kommission und der Verwaltungsdirektor der Agentur oder dessen Vertreter können an allen Sitzungen des Ausschusses teilnehmen.
(6) Die Agentur übernimmt die Sekretariatsgeschäfte des Ausschusses.
(7) Die Ausschußmitglieder dürfen auch nach Ende ihres Mandats keine Informationen von der Art der Informationen preisgeben, die unter das Berufsgeheimnis fallen.
(1) Um die Ausweisung eines Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden zu erhalten, stellt der Investor bei der Agentur in einem beliebigen Stadium der Entwicklung eines Arzneimittels einen entsprechenden Antrag; dies erfolgt vor Stellung des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen.
(2) Dem Antrag sind folgende Angaben und Unterlagen beizufügen:
(3) Die Kommission erstellt in Konsultation mit den Mitgliedstaaten, der Agentur und den interessierten Parteien ausführliche Leitlinien für Form und Inhalt der Anträge auf Ausweisung von Arzneimitteln als Arzneimittel für seltene Leiden.
(4) Die Agentur prüft die Gültigkeit des Antrags und legt dem Ausschuß die Ergebnisse in Form eines Kurzberichts vor. ²Sie kann den Investor erforderlichenfalls auffordern, zusätzliche Angaben und Unterlagen bereitzustellen.
(5) Die Agentur stellt sicher, daß der Ausschuß innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt eines gültigen Antrags ein Gutachten abgibt.
(6) Der Ausschuß bemüht sich bei der Erstellung seines Gutachtens darum, einen Konsens zu erzielen. ²Gelingt dies nicht, wird das Gutachten mit Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Ausschusses angenommen. ³Das Gutachten kann im schriftlichen Verfahren erstellt werden.
(7)
Entspricht der Antrag nach dem Gutachten des Ausschusses nicht den Kriterien des Artikels 3 Absatz 1, so teilt die Agentur dies dem Investor unverzüglich mit. ²Der Investor kann innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt des Gutachtens unter Angabe ausführlicher Gründe einen Widerspruch einlegen, den die Agentur an den Ausschuß weiterleitet. ³Der Ausschuß prüft auf seiner nächsten Sitzung eine etwaige Revision seines Gutachtens.
(8)
Die Agentur übermittelt das endgültige Gutachten des Ausschusses unverzüglich der Kommission, die innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Gutachtens eine Entscheidung annimmt. ²Steht der Entscheidungsentwurf ausnahmsweise nicht im Einklang mit dem Gutachten des Ausschusses, so wird die endgültige Entscheidung nach dem in Artikel 10a Absatz 2 genannten Regelungsverfahren angenommen. ³Die Entscheidung wird dem Investor sowie der Agentur und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mitgeteilt.
(9) Als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesene Arzneimittel werden in das Gemeinschaftsregister für Arzneimittel für seltene Leiden eingetragen.
(10) Der Investor übermittelt der Agentur jährlich einen Bericht über den Entwicklungsstand des ausgewiesenen Arzneimittels.
(11) Soll die Ausweisung als Arzneimittel für seltene Leiden auf einen anderen Investor übertragen werden, so reicht der Inhaber der Ausweisung bei der Agentur einen entsprechenden Antrag ein. ²Die Kommission erstellt in Konsultation mit den Mitgliedstaaten, der Agentur und den interessierten Parteien ausführliche Leitlinien für Form und Inhalt der Anträge auf Übertragung einer Ausweisung und alle Angaben über den neuen Investor.
(12) Ein als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesenes Arzneimittel wird aus dem Gemeinschaftsregister für Arzneimittel für seltene Leiden gestrichen
(1) Der Investor von Arzneimitteln für seltene Leiden kann vor Stellung eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen bei der Agentur im Sinne des Artikels 51 Buchstabe j) der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 Auskünfte über die Durchführung der verschiedenen Tests und Versuche einholen, die zum Nachweis der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels erforderlich sind.
(2) Die Agentur legt ein Verfahren für die Entwicklung von Arzneimitteln für seltene Leiden fest, das eine ordnungsrechtliche Unterstützung bei der Festlegung des Inhalts des Genehmigungsantrags nach Artikel 6 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 vorsieht.
(1) Die für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels für seltene Leiden zuständige Person kann beantragen, daß die Genehmigung für das Inverkehrbringen des betreffenden Arzneimittels nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 von der Gemeinschaft erteilt wird, ohne daß sie nachweisen muß, daß das Arzneimittel den Bedingungen von Teil B des Anhangs jener Verordnung entspricht.
(2) Zusätzlich zu dem Zuschuß nach Artikel 57 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erhält die Agentur von der Gemeinschaft jährlich einen speziellen Zuschuß. ²Dieser dient der Agentur ausschließlich dazu, eine vollständige oder teilweise Befreiung von allen nach den Gemeinschaftsbestimmungen aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 zu entrichtenden Gebühren zu gewähren. ³Ein ausführlicher Bericht über die Verwendung dieses speziellen Zuschusses wird vom Verwaltungsdirektor der Agentur am Ende jedes Jahres vorgelegt. ⁴Etwaige Überschüsse werden jeweils auf das folgende Jahr übertragen und von dem speziellen Zuschuß für das nachfolgende Jahr abgezogen.
(3) Für Arzneimittel für seltene Leiden erteilte Genehmigungen für das Inverkehrbringen gelten ausschließlich für solche therapeutische Anwendungsgebiete, die den Kriterien des Artikels 3 entsprechen. ²Die Möglichkeit, für andere Anwendungsgebiete außerhalb des Geltungsbereichs dieser Verordnung eine getrennte Genehmigung für das Inverkehrbringen zu beantragen, bleibt davon unberührt.
(1) Wurde nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 eine Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels für seltene Leiden erteilt oder haben alle Mitgliedstaaten eine Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels nach den in den Artikeln 7 und 7a der Richtlinie 65/65/EWG oder in Artikel 9 Absatz 4 der Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten vorgesehenen Verfahren für die gegenseitige Anerkennung — unbeschadet der Vorschriften über geistiges Eigentum oder anderer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts — erteilt, so werden die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten während der nächsten zehn Jahre weder einen anderen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines ähnlichen Arzneimittels für dasselbe therapeutische Anwendungsgebiet annehmen noch eine entsprechende Genehmigung erteilen noch einem Antrag auf Erweiterung einer bestehenden Genehmigung stattgeben.
(2) Dieser Zeitraum kann jedoch auf sechs Jahre verkürzt werden, wenn am Ende des fünften Jahres in bezug auf das betreffende Arzneimittel feststeht, daß die in Artikel 3 festgelegten Kriterien nicht mehr erfüllt sind, wenn nämlich unter anderem anhand der vorliegenden Daten nachgewiesen wird, daß die Rentabilität so ausreichend ist, daß die Aufrechterhaltung des Marktexklusivitätsrechts nicht gerechtfertigt ist. ²Zu diesem Zweck teilt ein Mitgliedstaat der Agentur mit, daß das Kiterium, anhand dessen das Marktexklusivitätsrecht gewährt wurde, möglicherweise nicht erfüllt wird, und die Agentur leitet sodann das Verfahren des Artikels 5 ein. ³Der Investor übermittelt der Agentur zu diesem Zweck die erforderlichen Informationen.
(3)
Abweichend von Absatz 1 und unbeschadet der Vorschriften über geistiges Eigentum oder anderer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts kann für ein ähnliches Arzneimittel mit demselben therapeutischen Anwendungsgebiet eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gewährt werden, wenn
(4)
Die Kommission nimmt die Definition der Begriffe „ähnliches Arzneimittel“ und „klinische Überlegenheit“ mittels einer Durchführungsverordnung an.
Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 10a Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
(5) Die Kommission erstellt in Konsultation mit den Mitgliedstaaten, der Agentur und den interessierten Parteien ausführliche Leitlinien für die Anwendung dieses Artikels.
(1) Für die nach dieser Verordnung als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesenen Arzneimittel können von der Kommission und den Mitgliedstaaten Anreize zur Förderung der Erforschung, der Entwicklung und des Inverkehrbringens von Arzneimittel für seltene Leiden geschaffen werden, insbesondere Forschungshilfe zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen im Sinne der Rahmenprogramme im Bereich der Forschung und technologischen Entwicklung.
(2) Die Mitgliedstaaten machen der Kommission vor dem 22. Juli 2000 genaue Angaben zu allen Maßnahmen, die sie zur Förderung der Erforschung, der Entwicklung und des Inverkehrbringens von Arzneimitteln für seltene Leiden oder von Arzneimitteln, die als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesen werden können, erlassen haben. ²Diese Angaben werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert.
(3) Die Kommission veröffentlicht vor dem 22. Januar 2001 ein ausführliches Verzeichnis aller Anreize, die von der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten zur Erforschung, zur Entwicklung und zum Inverkehrbringen von Arzneimitteln für seltene Leiden geschaffen wurden. ²Dieses Verzeichnis wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert.
Die Kommission veröffentlicht vor dem 22. Januar 2006 einen allgemeinen Bericht über die bei der Anwendung dieser Verordnung gewonnenen Erfahrungen, in dem auch der hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit erzielte Nutzen dargelegt wird.
(1) Die Kommission wird von dem Ständigen Ausschuss für Humanarzneimittel gemäß Artikel 121 Absatz 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel unterstützt.
(2)
Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates unter Beachtung von dessen Artikel 8.
Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.
(3)
Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.
Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.
Diese Verordnung gilt ab dem Tag der Annahme der Durchführungsverordnungen nach Artikel 3 Absatz 2 und Artikel 8 Absatz 4.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
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